Satanische Verhandlungskunst - Wladislaw Jachtchenko - E-Book
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Satanische Verhandlungskunst E-Book

Jachtchenko Wladislaw

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Beschreibung

Dieses Buch enthüllt die fiesesten Verhandlungstricks aus zwei Jahrhunderten. In dieser ungewöhnlichen Zusammenschau von Verhandlungstaktik, Gesprächsführung und rhetorischen Strategien aus dem 20. und dem 21. Jahrhundert findet der Leser bewährte Manipulationsmethoden, die man nur entlarven kann, wenn man von ihrer Existenz weiß. Wladislaw Jachtchenko, der Erfinder der "Dunklen Rhetorik", und Wolf Ruede-Wissmann, Grandseigneur der Verhandlungskunst, analysieren die diabolischen Taktiken, denen man am Verhandlungstisch immer wieder begegnet. Für jeden, der beim nächsten Deal nicht manipuliert werden will, eine absolute Pflichtlektüre!

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Wladislaw Jachtchenko

Wolf Ruede-Wissmann

SATANISCHE Verhandlungs-KUNST

Die gemeinsten Tricks aus zwei Jahrhunderten – und wie man sich dagegen wehrt

Distanzierungserklärung: Mit dem Urteil vom 12.05.1998 hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Ausbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seite gegebenenfalls mit zu verantworten hat. Dies kann, so das Landgericht, nur dadurch verhindert werden, dass man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Wir haben in diesem E-Book Links zu anderen Seiten im World Wide Web gelegt. Für alle diese Links gilt: Wir erklären ausdrücklich, dass wir keinerlei Einfluss auf die Gestaltung und die Inhalte der gelinkten Seiten haben. Deshalb distanzieren wir uns hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller gelinkten Seiten in diesem E-Book und machen uns diese Inhalte nicht zu Eigen. Diese Erklärung gilt für alle in diesem E-Book angezeigten Links und für alle Inhalte der Seiten, zu denen Links führen.

© 2021 Langen Müller Verlag GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Sabine Schröder

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 978-3-7844-8411-2

www.langenmueller.de

Einleitung: Das Böse bekämpfen können

Die Welt wird nicht bedroht von Menschen, die böse sind,

sondern von denen, die das Böse zulassen.

Albert Einstein

Die ganze Welt versucht, uns zu guten Menschen zu erziehen. Eltern und Lehrer bringen uns Respekt, Anstand, Wissen und Hilfsbereitschaft bei – und die Gesetze unseres Landes sorgen für ein friedliches Zusammenleben. Einziges Problem: Es gibt trotz dieser edlen Bemühungen dennoch viele Betrüger, Manipulanten, Narzissten, Psychopathen und sonstige »schlechte Äpfel«, die uns das gute Leben mit ihrer Unart verderben. Einige Menschen sind einfach von Natur aus »schlecht« – andere werden durch die Umstände zur Schlechtigkeit getrieben. Diese rücksichtslosen und egomanischen Menschen zu bekehren ist, die Älteren unter uns wissen das, vergebliche Liebesmüh.

Manche dieser durchtriebenen Menschen sind sofort erkennbar und können leicht gemieden werden. Sie pöbeln herum, sprechen nur über sich, hören nie zu, setzen uns unter Druck und wollen ständig etwas von uns, ohne je etwas zurückzugeben. Doch leider gibt es unter ihnen auch geschicktere Genossen: die Wölfe im Schafspelz. Wir nennen sie satanische Verhandlungskünstler. Sie sind Meister der Verstellung. Sie nutzen diabolische Taktiken. Sie betrachten uns als Feinde. Sie wollen um jeden Preis gewinnen. Sie nehmen keine Rücksicht. Vor allem aber wollen sie, dass wir uns ihrem Willen beugen, auch wenn wir uns dadurch dauerhaft selbst schaden.

Wer sind diese Menschen? Einige werden jetzt vielleicht zuallererst an skrupellose Politiker, Versicherungsvertreter und Autoverkäufer denken. Doch natürlich manipulieren uns auch unsere geschätzten Führungskräfte, unsere netten Kollegen und unsere geliebten Lebenspartner, die hin und wieder in diese diabolische Rolle schlüpfen können. Natürlich ist es fies und gemein, wenn diese satanischen Verhandlungskünstler mit unfairen Deals andere Menschen für ihre Zwecke ausnutzen. Doch in Anlehnung an das Einstein-Zitat: Die Welt wird in Wirklichkeit nicht vom bösen Verhandlungskünstler bedroht, sondern wir haben es selbst in der Hand, diabolische Taktiken durch unser Wissen zu entlarven und der Manipulation in jeder Verhandlung und in jedem Gespräch ein Ende zu bereiten. Dieses Buch wird den aufmerksamen Leser dazu befähigen, sich gegen moderne wie auch klassische Verhandlungstricks wehren zu können. Manipuliert werden war gestern! Die diabolischen Taktiken können entwaffnet und das Böse besiegt werden!

Eine Warnung vorab: Der moderne satanische Verhandlungskünstler des 21. Jahrhunderts ist kein leichter Gegner. Er nutzt sogenannte »kognitive Verzerrungen«, welche die meisten von uns nicht einmal kennen und die erst vor Kurzem von der Wissenschaft ausfindig gemacht wurden. Was diese kognitiven Verzerrungen sind und wie wir uns gegen diese neuartige psychologische Manipulation wehren können, darum geht es im ersten Teil des Buches. Hierbei wird die aktuellste psychologische Forschung der letzten fünfzig Jahre in den Blick genommen, die der moderne Manipulant für seine Tricks nutzen kann.

Doch es gibt natürlich auch althergebrachte rhetorische Verhandlungstricks des 20. Jahrhunderts, die zu den Klassikern des satanischen Instrumentariums gehören und deren Kenntnis mindestens genauso wichtig ist. Um die fiesesten verbalen und auch nonverbalen Tricks wird es dann im zweiten Teil dieses Buches gehen.

Wirklichen Schutz vor Verhandlungsmanipulationen hat der Leser nur, wenn er die Tricks beider Jahrhunderte kennt. Wir – Wolf Ruede-Wissmann, Grandseigneur der Verhandlungskunst und Wladislaw Jachtchenko, Experte der Dunklen Rhetorik – erläutern die wichtigsten diabolischen Taktiken anhand von praktischen Fällen, denen man am Verhandlungstisch begegnen kann – und zeigen, wie man das Böse besiegt.

München, April 2021

Dr. Dr. Wolf Ruede-Wissmann und Wladislaw Jachtchenko

Satanische Tricks

des 21. Jahrhunderts

Die Psyche

infiltrieren

Einführung: Böse Absichten, neue Instrumente

Es ist leichter, Menschen zu manipulieren,

als sie zu überzeugen, dass sie manipuliert wurden.

Mark Twain

Es ist schon ziemlich gemein, die Schwächen von Menschen auszunutzen, um den eigenen Willen durchzudrücken. Doch der satanische Verhandlungskünstler des 21. Jahrhunderts geht noch einen Schritt weiter: Er nutzt jene Schwächen der Menschen aus, die sie nicht einmal selbst kennen. Selbst Wochen nach dem Deal ahnen die Opfer nicht, mit welchen Tricks sie um den Finger gewickelt wurden. Doch was sind nun die modernen satanischen Tricks dieses Jahrhunderts?

Das teuflische Instrumentarium hat sich in den letzten Jahrzehnten immens erweitert, und zwar um sogenannte kognitive Verzerrungen. Auch wenn der Begriff etwas sperrig ist, hinter ihm steckt eine revolutionäre Erkenntnis: Unser Gehirn ist voller ausnutzbarer Softwarefehler. Unser Denken ist verzerrt. Unsere Wahrnehmung ist verzerrt. Unsere Erinnerung ist verzerrt. Und das Besondere: Der satanische Verhandlungskünstler ist so geschickt, dass du nicht einmal Monate nach der Manipulation bemerkst, dass deine Psyche infiltriert wurde.

Es gibt heute etwa 200 kognitive Verzerrungen, die von der Wissenschaft experimentell bestätigt wurden. Das Erstaunliche: In jedem meiner Verhandlungsseminare stelle ich den Teilnehmern am Anfang dieselbe Frage: »Kennt jemand von euch eine kognitive Verzerrung?« – und nur selten können sie mit diesem Begriff überhaupt etwas anfangen. Du kannst dir also vorstellen, welch leichte Beute die meisten Menschen für den modernen satanischen Verhandlungskünstler sind! Und Hand aufs Herz: »Wie viele kognitive Verzerrungen kannst du jetzt aus dem Stand nennen?«

Das wirklich Unangenehme dabei: Selbst wenn wir die Verzerrungen kennen, heißt es nicht, dass wir nicht auf sie hereinfallen können. Sie sind in unserem Gehirn so fest eingraviert, dass wir sie nie gänzlich loswerden. Doch erhöht sich mit ihrer Kenntnis die Wahrscheinlichkeit immens, dass wir den Psycho-Tricks nicht auf den Leim gehen.

Schon mal vom »Bias Blind Spot« gehört?

Wir Menschen sind stolze Wesen. Vor allem sind wir stolz auf unsere eigene Intelligenz. Wir schimpfen schon mal auf unser Erinnerungsvermögen, wenn wir den Vornamen unseres neuen Nachbarn nach fünf Minuten vergessen haben. Aber niemand sagt: »Meine Denkfähigkeit ist so fehlerhaft, ich kann überhaupt keine rationalen Entscheidungen treffen!« Oder in den Worten des Philosophen René Descartes:

Der gesunde Verstand ist das, was in der Welt am besten verteilt ist; denn jedermann meint damit so gut versehen zu sein, dass selbst Personen, die in allen anderen Dingen schwer zu befriedigen sind, doch an Verstand nicht mehr, als sie haben, sich zu wünschen pflegen.1

Das schrieb Descartes im Jahr 1637. Doch an der Wahrheit seiner Aussage hat sich auch in knapp 400 Jahren nichts verändert. Was sich jedoch verändert hat, ist, dass diese eigene Intelligenz-Verliebtheit einen Namen bekommen hat. Sie heißt Bias Blind Spot – oder auf Deutsch »Verzerrungsblindheit«. Diesen schönen Begriff haben Forscher2 aus Princeton erst vor einigen Jahren geprägt, in Anlehnung an den blinden Fleck unseres Auges. Wir können diesen nicht spüren, doch gerade beim Autofahren hat er eine große Bedeutung. Wenn wir nur in den Rückspiegel schauen und dann die Spur wechseln, kann es sein, dass wir in ein anderes Auto krachen. Deswegen, so predigen Fahrlehrer, sollten wir unseren Kopf nach hinten drehen, bevor wir die Spur wechseln, damit wir nicht Opfer unseres blinden Flecks werden.

Es gibt über 20000 Fahrlehrer in Deutschland, die auf unseren optischen blinden Fleck hinweisen. Doch wie viele Denklehrer gibt es, die auf die zweihundertfach ausgeprägte Verzerrungsblindheit hinweisen? Nicht viele. Und daher hat der satanische Verhandlungskünstler mit uns leichtes Spiel.

Fast schon absurd mutet es dabei an, dass wir, wie die Forschung zeigt, uns selbst für kaum beeinflussbar halten, während wir andere gerne als leicht manipulierbar hinstellen.3 Wir sind schon recht hochmütige Wesen! Doch wie heißt es im Volksmund so schön: Hochmut kommt vor dem Fall. Die Einsicht, dass wir verzerrungsblind sind, soll dich aber nicht demotivieren. Im Gegenteil: Sie ist die wichtigste Voraussetzung dafür, demütiger zu sein und den Kampf gegen dieses neue teuflische Instrumentarium aufzunehmen!

Kognitive Verzerrungen – wer hat’s erfunden?

Bevor wir nun starten mit den wichtigsten kognitiven Verzerrungen im Verhandlungsprozess, stellt sich die Frage, woher dieses Konzept überhaupt kommt. Die Antwort ist schnell gegeben: Es waren die beiden Forscher Daniel Kahneman und Amos Tverski,4 die den Begriff cognitive bias (kognitive Verzerrung) in den 1970er-Jahren in die Forschung eingeführt haben. Einer der beiden, der spätere Nobelpreisträger Kahneman, macht uns übrigens wenig Hoffnung, wenn er schreibt, dass sich intuitive Denkfehler nur schwer verhindern lassen.5 Doch schwer heißt ja nicht, dass es unmöglich ist! Deswegen wird in den folgenden Kapiteln immer auch mindestens ein Gegengift gegen jede Verzerrung vorgestellt.

Während jedoch die Forscher in bester Absicht uns auf Denk- und Wahrnehmungsfehler hinweisen wollen, damit wir ihren Effekt zumindest teilweise reduzieren können, möchte der satanische Verhandlungskünstler genau das Gegenteil: Für ihn sind kognitive Verzerrungen der neuste Trend, Verhandlungspartner über den Tisch zu ziehen. Doch nun genug der einleitenden Worte. Es wird Zeit, das aktuelle teuflische Instrumentarium genauer unter die Lupe zu nehmen!

I. Priming: Manipulation durch Vorinformation

Nichts ist im Verstand, was nicht zuvor

in der Wahrnehmung wäre.

Thomas von Aquin

Es ist unglaublich, wie sehr uns Vorinformationen subtil beeinflussen können. Denn Vorinformationen bilden Vor-Urteile. Und wenn der satanische Verhandlungskünstler eine manipulierte Vorinformation in unser Gehirn einpflanzt, entsteht hier ein manipuliertes Vor-Urteil. Und damit ist es dann gar nicht mehr so schwer, uns anschließend zu einem manipulierten Urteil zu bringen. Doch was genau sind nun diese ominösen Vorinformationen, die unsere Urteilskraft benebeln?

Tatsächlich können Zahlen, Wörter, Bilder, Gerüche, Klänge und natürlich auch bewusst gesetzte inhaltliche Assoziationen – und sogar deren Reihenfolge – unsere Entscheidungen auf magische Weise beeinflussen. Fangen wir mit Zahlen an: Hättest du zum Beispiel gedacht, dass allein der Name eines Restaurants dich dazu manipulieren kann, mehr Geld für ein Abendessen auszugeben? In einer Studie6 hieß das Restaurant einmal »Studio 97« – an einem anderen Tag »Studio 17«. Wo waren die Leute bereit, mehr für ihr Essen zu bezahlen? Natürlich dort, wo die Zahl im Namen des Restaurants größer war! Zur Manipulation durch Zahlen, dem sogenannten »Ankern«, kommen wir später noch zurück.

Man kann Menschen jedoch nicht nur mit Zahlen manipulieren, sondern auch mit Bildern oder kleinen Zeichnungen. In einem anderen Experiment7 sollte eine Gruppe lange Linien auf ein Blatt Papier zeichnen. Eine zweite Gruppe hatte die gleiche Aufgabe, jedoch mit der Maßgabe, dass ihre Linien kurz sein sollten. Anschließend sollte jede Gruppe die Länge des Mississippi schätzen. Wo waren die Schätzungen deutlich höher? Natürlich in der Gruppe mit den langen Linien!

Oder wie wäre es mit einer Manipulation durch Klänge? In einer weiteren Studie8 wurde in einem Geschäft mehr vom französischen Wein gekauft, wenn dort französische Lieder als Hintergrundmusik ertönten. Und bei deutschen Liedern kam der deutsche Wein häufiger in den Einkaufswagen. So viel zum unmanipulierbaren Homo sapiens!

Doch kommen wir nun zu einem meiner Lieblingsexperimente zum Thema Priming.9 Wer hätte es gedacht: Selbst die Reihenfolge der Fragen, die ich meinem Gegenüber stelle, manipuliert ihn immens. Einer Versuchsgruppe wurden diese beiden Fragen in dieser Reihenfolge vorgelegt:

Wie glücklich sind Sie zurzeit?Wie viele Dates hatten Sie im vergangenen Monat?

Haben die beiden Fragen denn überhaupt etwas miteinander zu tun? Auf den ersten Blick nicht. So gab es zwischen den Antworten überhaupt keine Korrelation. Was ja auch wenig überraschend ist: Es gibt glückliche Menschen mit vielen Dates und mit wenigen Dates sowie unglückliche Menschen mit vielen Dates und mit wenigen Dates. Doch was passierte, wenn man die beiden Fragen bei anderen Versuchspersonen in genau der umgekehrten Reihenfolge stellte? Machte es einen Unterschied, erst nach den Dates im vergangenen Monat und anschließend nach dem Glückszustand zu fragen?

Du ahnst die Antwort sicher schon: Es machte einen riesigen Unterschied! Diesmal gab es einen hohen Korrelationskoeffizienten von 0,66. Das bedeutet, dass Menschen mit mehr Dates häufig angaben, glücklicher zu sein. Und Menschen mit wenigen Dates antworteten öfter, unglücklich zu sein. Der Grund, dass so unterschiedlich geantwortet wurde: Die erste Frage war spezifisch und wie eine Linse, durch die der Proband die zweite Frage interpretiert hat. Dadurch war die Anzahl der Dates prägend für den eigenen Glückszustand. Mit spezifischen Fragen vor allgemeinen kann man die gewünschte Antwort also anbahnen oder neudeutsch primen.

Das Priming in Verkaufsgesprächen

Jetzt hast du ein gutes Verständnis dafür, dass alles, was vor dem entscheidenden Moment, zum Beispiel einem Kauf, passiert, einen extremen und gleichzeitig unsichtbaren Eindruck auf uns macht. Jetzt wird es Zeit für unseren ersten Verhandlungsfall in der Business-Welt!

Fall 1: Der smarte Small Talk des Versicherungsvertreters

Volker ist Versicherungsvertreter und ein guter Verkäufer. Er besucht zum allerersten Mal einen Kunden, von dem er weiß, dass dieser noch keine Berufsunfähigkeitsversicherung hat. Doch bevor er über die Details und Kosten spricht, fragt er ihn nach seinem letzten Urlaub. Nachdem der Kunde ihm von den wunderschönen Seychellen erzählt hat, trumpft Volker mit einer geschickten Story seiner Freundin Monika auf. Sie hätte nämlich eine Last-Minute-Reise nach Madagaskar gebucht, sich spontan für diese Reise entschieden und es nicht bereut. Manchmal trifft man die besten Entscheidungen im Leben ganz schnell. Hätte die Freundin lange nachgedacht und eine Nacht drüber geschlafen, dann hätte sie möglicherweise den bestenUrlaub ihres Lebens verpasst. Spontan sei eben manchmal doch besser. Erst nach dieser Geschichte beginnt Volker dann mit der Bedarfsanalyse des Kunden und den Details zur Versicherung. Er weiß: Durch die smarte Vorgeschichte über die Seychellen hat er den Kunden bereits vor dem eigentlichen Verkaufsgespräch schon quasi in der Tasche.

Wie du richtig vermutest, hat unser Versicherungsvertreter hier das Priming exzellent angewendet. Er hat die Monika-Geschichte erzählt, um beim Kunden die Idee einzupflanzen, dass spontane Entscheidungen gut sind. Hier geht es um die Parallele: Natürlich soll der Kunde sich deswegen auch spontan für die Versicherung entscheiden und würde die Entscheidung, wie Monika ihren Spontan-Urlaub, nicht bereuen.

Dieses Priming im Vorgespräch wird noch intensiver, wenn unser Versicherungsvertreter die Begriffe, die oben hervorgehoben sind, mit seiner Stimme besonders positiv herausstreicht und mit melodisch-fröhlicher Intonation untermalt. Dieses affektiv-assoziative Priming wird der Kunde nie bemerken. Es wird aber mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Abschluss führen. Dass Emotionen beim Kauf eine Rolle spielen, ist dir ja sicherlich bekannt. Spannend ist aber, dass beim Priming selbst inhaltlich irrelevante Sachverhalte und Emotionen auf die Kaufentscheidung übertragen werden.10

Das Priming der Mitarbeiter durch den Chef

Wir haben also gesehen, dass geschickte Versicherungsvertreter uns durch das Priming unbemerkt um den Finger wickeln können. Aber natürlich kann auch die liebe Führungskraft uns so unbemerkt zu mehr Arbeit motivieren.

Ausgangspunkt für die diabolischen Überlegungen ist wieder eine wissenschaftliche Studie, in welcher die Teilnehmer aufgefordert wurden, aus einzelnen Wörtern möglichst viele unterschiedliche Sätze zu bilden.11 Die erste Gruppe bekam positive Begriffe wie »erfolgreich«, »Wettkampf« und »gewinnen«, während der zweiten Gruppe neutrale Wörter wie »Lampe« oder »grün« vorgegeben wurden. Als die beiden Gruppen damit fertig waren, gab man ihnen zum Schluss, und nur beiläufig, eine letzte kleine Aufgabe: Sie sollten aus einem einfachen Stück Draht möglichst viele Dinge formen.

Jetzt die Frage an dich: »Welche der beiden Gruppen war kreativer?« Es war natürlich die positiv geprimte Gruppe. Und daraus bezieht unser satanischer Verhandlungskünstler, diesmal in Gestalt einer Führungskraft, seine Inspiration.

Fall 2: Die smarte E-Mail der Führungskraft

Frau Schmid ist unzufrieden mit ihrem Team. In Einzelgesprächen mahnte sie ihre Mitarbeiter zu mehr Disziplin und Eigeninitiative, doch leider vergebens. Bisher appellierte sie an ihre Leute ständig in einem tadelnden Ton und beschwerte sich regelmäßig über ihre schlechten Ergebnisse. Doch nachdem sie vom positiven Priming gehört hatte, schrieb sie eine ganz andere E-Mail an ihre Mitarbeiter: »Liebes Team, morgen ist wieder Quartalssitzung, und ich freue mich auf eine effiziente Sitzung mit euch. Ihr seid perfekt vorbereitet, wenn ihr das kurze und übersichtliche Memo im Anhang sofort lest. Ich bin sicher, das Memo regt euch zu tollen Ideen an, mit denen wir im nächsten Quartal mehr Gewinne einheimsen. Erfolg ist ja die Folge eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses, den wir gemeinsam gehen werden.«

Wenn man Probanden mit positivem Priming zu besseren Leistungen bringen kann, sollten wir natürlich auch darauf achten, wie wir unsere täglichen E-Mails formulieren. Psychologisch gibt es ja einen riesigen Unterschied zwischen der Formulierung »Zur Vorbereitung lesen Sie bitte die Datei im Anhang« und dem, wie flott und positiv Frau Schmid das kurze Memo in ihrer obigen E-Mail angepriesen hat. Das Schöne für Frau Schmid, wenn sie solche E-Mails verfasst, sind aber am Ende des Tages nicht nur die positivere Laune und die bessere Leistung ihres Teams. Das Schöne für Frau Schmid ist auch, dass ihre Mitarbeiter denken werden, sie sei eine kooperative und inspirierende Führungskraft. Dabei will sie ja nur mehr Leistung aus dem Team herauspressen und mehr Gewinn für ihre Abteilung machen. Zum Glück fällt das keinem Mitarbeiter auf. Gegen Freundlichkeit und Positivität kann sich nun mal kein Mensch wehren.

Das Priming des Geschäftspartners

Gerade wenn es um Millionendeals geht, sollte man ganz besonders auf die verwendeten Wörter vor dem Verhandlungsbeginn achten. Denn Wörter verändern nicht nur die Wahrnehmung, sondern auch das Verhalten von Menschen. Es macht also bei großen Summen umso mehr Sinn, das verwendete Vokabular akribisch zu planen.

Falls du noch einen Hauch von Zweifel an der Bedeutsamkeit des Primings haben solltest, hier ein letztes schönes Experiment aus der Forschung.12 Probanden wurde gesagt, sie würden einen Sprachfähigkeitstest machen. Der Gruppe 1 wurden dabei insgesamt 30 Wörter vorgegeben, aus denen sie dann ihre Sätze bauen sollten. Dabei war die Hälfte der Wörter mit Unhöflichkeit konnotiert, beispielsweise »aggressiv«, »arrogant«, »eindringen«, »stören«, »unterbrechen« und so weiter. Die Gruppe 2 hingegen bekam Begriffe, die mit Höflichkeit in Verbindung gebracht werden, wie »Respekt«, »Ehre«, »vorsichtig«, »geduldig«, »rücksichtsvoll«. Gruppe 3, also die Kontrollgruppe, bekam neutrale Wörter, aus denen sie ihre Sätze konstruieren sollte.

Als alle Gruppen mit dem Test fertig waren, sollten sie den Versuchsleiter im Nebenzimmer aufsuchen und ihre nächste Aufgabe bekommen. Am Ende des Experiments wollte man beobachten, ob sich die Teilnehmer durch das höfliche bzw. unhöfliche Priming entsprechend den vorher zugespielten Wörtern verhalten würden. Der Clou: Der Versuchsleiter im Nebenzimmer gab vor, in ein Gespräch mit einem Kollegen verwickelt zu sein. Jetzt wird es spannend: Hat die auf Unhöflichkeit geprimte Gruppe dieses Gespräch früher unterbrochen? Nachdem du jetzt schon ein paar Studien zum Priming kennengelernt hast, vermutest du sicher bereits richtig: Von den auf Unhöflichkeit geprimten Personen haben das Gespräch insgesamt 67 Prozent gestört – aus der Höflichkeitsgruppe unterbrachen lediglich 17 Prozent. Bei der Kontrollgruppe mit den neutralen Wörtern unterbrachen übrigens 38 Prozent.

Die Wissenschaft spricht eine eindeutige Sprache: Das Verhalten lässt sich direkt von der vorhergehenden Wortwahl manipulieren. Mit diesem Wissen steigen wir in den nächsten Verhandlungsfall ein, bei dem es diesmal um Millionen geht.

Fall 3: Der sehr faire Vorschlag des sehr fairen Geschäftsmanns

»Bevor ich Ihnen mein Angebot vorstelle«, sagte unser smarter Geschäftsmann seinem Gegenüber, »möchte ich betonen, dass ich an einer langfristigen Zusammenarbeit mit Ihnen interessiert bin. Für mich zählt bei einer ehrlichen Zusammenarbeit das Bestreben, immer eine Win-win-Situation zu finden. Deswegen werde ich Ihnen einen sehr fairen Vorschlag machen, weil Gerechtigkeit für mich einen der höchsten Werte in einer Geschäftsbeziehung darstellt. Und weil ich möchte, dass Sie von meinem Angebot genauso profitieren wie ich.« Danach präsentierte der Geschäftsmann sein Angebot, was schnell und ohne Änderungen auch angenommen wurde.

Im Leben, so ein bekanntes Bonmot, bekommt man ja nicht das, was man verdient, sondern das, was man aushandelt. Preise sind nie objektiv und Angebote nie fair. Was ein fairer Preis ist, darüber sind sich Käufer und Verkäufer naturgemäß uneins. Doch kann man mit dem Priming bei der Interpretation des Angebots nachhelfen und einfach – wie unser Geschäftsmann es vorbildlich getan hat – behaupten, dass das Angebot fair sei. Auch der Hinweis, dass er langfristig kooperieren wolle, ist sehr schlau gewählt. Denn so erweckt er den Eindruck, als würde er nach Unterzeichnung nicht weglaufen. Auch die Betonung einer Win-win-Situation soll auf einen ehrbaren Geschäftsmann und ein faires Angebot hinweisen (dazu später mehr im Abschnitt zur Pseudo-Harvard-Methode). Natürlich werden nicht alle Menschen auf dieses Priming hereinfallen. Aber es reicht ja, wenn einige es tun.

Fassen wir zusammen: Der satanische Verhandlungskünstler weiß also um die starke Kraft eines wirkungsvollen Primings. Er wird nie sofort zur Sache kommen, sondern die Entscheidung seines Opfers anbahnen. Mal mit Adjektiven, mal mit Storys, mal mit Musik, mal mit Videos – auf jeden Fall mit der Vorinformation, die sein Gegenüber gedanklich oder emotional in die richtige Richtung lenkt. Und beachten müssen wir auch: Der satanische Verhandlungskünstler hat viele Gesichter. Nicht nur Politiker, Werbeleute und Autoverkäufer, sondern auch unsere lieben Führungskräfte, unsere netten Kollegen und unsere angebeteten Lebenspartner könnten in diese diabolische Rolle schlüpfen. Gerade bei seinen Nächsten sollte man besonders auf der Hut sein!

Das Priming unter Freunden

Natürlich funktioniert das Priming auch im Privatleben! Wer hat gesagt, dass die satanischen Verhandlungskünstler sich nur im beruflichen Umfeld tummeln? In einem anderen Buch hatte ich schon vor Jahren geschrieben, dass wir in einer »Welt der Manipulation«13 leben, in der die Manipulationsgefahr besonders von den Menschen ausgeht, von denen wir psychologische Tricks gar nicht erwarten: von Familienmitgliedern, Freunden, Bekannten – und natürlich auch von unseren lieben Lebenspartnern.

Im ersten Praxisfall haben wir gesehen, wie durch eine gut platzierte Vorgeschichte im Small Talk der Kunde geprimt werden kann, eine Versicherung zu kaufen. Und wir haben bereits gelernt, dass sich durch die Reihenfolge von Fragen bestimmte Antworten anbahnen lassen. Der satanische Verhandlungskünstler hat aber noch mehr auf dem Kasten. Denn er kann eine Frage so stellen, dass er sein Opfer durch eine positive Selbstbeschreibung in die Falle lockt.

Schauen wir uns wieder ein schönes Beispiel aus der Forschung14 an: In einem Supermarkt hat man Menschen gebeten, an einer kurzen Umfrage teilzunehmen. Das Ergebnis: Nur 29 Prozent hielten an und machten dabei mit.

In einem zweiten Versuchsdurchlauf haben die Forscher eine geschickte Vorfrage gestellt: »Würden Sie sich als eine hilfsbereite Person beschreiben?« Nachdem fast alle diese Frage bejaht hatten, wurden sie gebeten, an der kurzen Umfrage teilzunehmen. Die Zustimmungsrate lag jetzt bei satten 77,3 Prozent. Warum es mit dieser Vorfrage funktioniert hat? Ganz einfach: Menschen müssten sich ja selbst widersprechen, wenn sie sich zunächst als hilfsbereit beschreiben und anschließend direkt eine Hilfsanfrage ausschlagen würden. Um diesen inneren Widerspruch zu umgehen, stimmen sie der Umfrage letztlich zu. Menschen hassen es nämlich, sich selbst zu widersprechen, und vermeiden um jeden Preis die sogenannte kognitive Dissonanz. Also lieber ein paar Minuten für eine Umfrage verlieren, als sein eigenes öffentlich aufgestelltes positives Image fallen zu lassen. Und genau daraus ergibt sich auch unser zweiter Verhandlungsfall, diesmal aus dem Privatleben.

Fall 4: Die smarte Vorfrage der Freundin

Susanne möchte unbedingt ein teures Kleid als Geschenk. Sie weiß, dass ihr Freund bei Geschenken über 100 Euro die Krise bekommt. Doch so einfach aufgeben will sie nicht. Was macht sie? Zunächst einmal zählt sie locker beim Frühstück mit ihrem Angebeteten die Situationen auf, wo er hilfsbereit ihren Eltern beim Umzug geholfen und ihr einen Urlaub auf Ibiza spendiert hat. Anschließend kommt sie darauf, dass er auch seinem Vater zum Jubiläum ein teures Bild geschenkt hat – und nach dieser Aufzählung kommt ihre Priming-Frage: »Bist du nicht ein wirklich spendabler, großzügiger Mann?« Was wird der Freund darauf schon sagen können? Natürlich wird er die Frage bejahen. Und sie koppelt ihre Anfrage jetzt noch mit einem versteckten Kompliment, wenn sie sagt: »Hab ich Glück gehabt mit dir! Übrigens: Da gibt es so ein schönes Kleid, das ich mir schon lange wünsche… «

Ähnlich wie beim Experiment mit der Umfrage im Supermarkt gibt es keine hundertprozentige Garantie, dass dieses Priming durch die Vorfrage funktionieren wird. Aber wir haben in der Studie oben gesehen, dass die Zustimmung um das 2,5-Fache gestiegen ist. Heißt also: Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass sie ihr schönes Kleid auch bekommt. Wichtig bei diesem Priming durch vorherige positive Selbstzuschreibung ist, dass der Gefragte sich selbst als positiv, spendabel oder großzügig sieht. Das hat Susanne im obigen Beispiel genau richtig gemacht.

Priming 2.0: technische Manipulation für Fortgeschrittene

Es ist schon schwer genug, die oben beschriebenen Priming-Tricks zu bemerken. Doch was wäre, wenn es eine Möglichkeit gäbe, uns bei einer Verhandlung zusätzlich noch über schnelle visuelle Reize zu primen? Unglücklicherweise kann sich nämlich unser mit allen Wassern gewaschener satanischer Verhandlungskünstler auch moderner technologischer Hilfsmittelchen bedienen. Wie das geht, verrät ein aktuelles Priming-Experiment aus den USA.15

Man hat Probanden auf einem Bildschirm Informationen über zwei Länder gezeigt: Moldawien und Slowenien. Hauptsächlich waren es geografische Informationen, wie beispielsweise »Das Klima variiert von Region zu Region« oder »Die Sonne scheint ungefähr 2000 Stunden pro Jahr« und weitere 13 neutrale Aussagen. Das Besondere: Vor jeder der insgesamt 15 Aussagen wurde genau 23,5 Millisekunden lang ein Bild eines einfachen fröhlichen oder traurigen Smileys gezeigt: und. Die Wissenschaftler haben in einer Versuchsreihe den positiven Smiley ausschließlich vor den Informationen zu Moldawien gezeigt – und den negativen Smiley ausschließlich vor den Informationen zu Slowenien. In einer anderen Versuchsreihe haben sie es umgedreht, um sicherzugehen, dass der Name des Landes keinen Einfluss auf die anschließende Antwort der Probanden hatte. Anschließend wurden die Probanden gefragt, wie »freundlich«, »warmherzig«, »großzügig« und »ehrlich« die Menschen des jeweiligen Landes seien.

Das Ergebnis: Die Teilnehmer, die mit positiven Smileys geprimt wurden, haben die Bürger des jeweiligen Landes als viel wärmer beschrieben. Die Teilnehmer, die mit negativen Smileys geprimt wurden, assoziierten die Einwohner jenes Landes weitaus häufiger mit Begriffen wie »aggressiv«, »arrogant«, »dickköpfig« und »humorlos«. Es ist unglaublich, aber allein durch einen kurz eingeblendeten Smiley, den Menschen nur unterbewusst wahrnehmen konnten, waren Forscher in der Lage, bei den Probanden ein positives beziehungsweise negatives Vorurteil zu einem unbekannten Land aufzubauen.

Da die Forscher selbst über das Ergebnis erstaunt waren, wandelten sie ihr zweites Experiment16 etwas ab, um zu sehen, ob dieses visuelle Priming auch mit Begriffen und Bildern funktionieren würde. Diesmal waren die beiden Länder, die Probanden miteinander vergleichen sollten, Eritrea und Mauretanien. Statt Smileys zu zeigen, nutzten sie jetzt emotionale Wörter (positive wie »Party« und »Kätzchen«; negative wie »Gefahr« und »Schmerz«) sowie positive und negative Bilder, die sie wieder 23,5 Millisekunden vor den Aussagen zum jeweiligen Land einblendeten.

Du kannst das Ergebnis wahrscheinlich schon ahnen: Wieder ließen sich Probanden – für sie völlig unbemerkt – durch schnell aufblitzende Begriffe und Bilder primen und schätzten bei negativen Begriffen und Bildern die Bevölkerung des jeweiligen Landes charakterlich negativ ein, bei positiven Begriffen und Bildern dagegen positiv. Unbewusst ließen sich Menschen also von Smileys, Begriffen und Bildern manipulieren, die ihnen nur Millisekunden lang gezeigt wurden.

Für den satanischen Verhandlungskünstler ist dieses Experiment natürlich ein gefundenes Fressen. Mit moderner Software ist es ein Leichtes, bei einem wichtigen Meeting die Zielperson mit den »richtigen« Begriffen und Bildern zu bombardieren, ohne dass diese es merkt – und dadurch das gewünschte Ergebnis hervorzurufen.

Fall 5: Der technikaffine Immobilienmakler

Immobilienmakler Ingo hat seinem Interessenten drei Objekte gezeigt. Der Kunde hat sie alle bereits zweimal gesehen, doch er kann sich einfach nicht für eines entscheiden. Natürlich würde Ingo am liebsten das teuerste Objekt verkaufen, weil dann die größte Provision fließt. Wie hilft er nach? Ganz einfach: Er lädt seinen Interessenten zu einem Entscheidungsmeeting ein und zeigt ihm die drei Objekte hintereinander. Dabei blendet er vor den beiden billigeren Immobilien für 23,5 Millisekunden Bilder von schlechtem Wetter, Stau und Flugzeugen ein, bevor das Bild der jeweiligen Immobilie für längere Zeit sichtbar wird. Bei der teuersten Immobilie macht er das Gleiche, nur mit Fotos von Sonnenschein, fröhlichen Menschen und positiven Smileys. Natürlich wundert Ingo sich nicht, dass sich der Interessent am Ende des Meetings für das teure Objekt entscheidet. Das Einstellen der blitzartig gezeigten Bilder war zwar aufwendig, aber für eine saftige sechsstellige Provision hat er es gern gemacht.

Dieses Kapitel hat deutlich gezeigt, wie leicht man dich durch Vorinformationen jeglicher Art manipulieren kann. Jetzt stellst du dir bestimmt die Frage, wie du dich gegen dieses Priming – ob in Form von Wörtern, Zahlen, Musik, Storys und Ähnlichem – wehren kannst.

Das Gegengift: Wie wehrst du dich gegen das Priming?

Zunächst die schlechte Nachricht: Weil unser Gehirn nun mal fehleranfällig gebaut ist, wird es nie möglich sein, selbst bei Kenntnis dieser Methode der satanischen Verhandlungskunst, nicht darauf hereinzufallen. Wenn also selbst der Psychologe und Nobelpreisträger Kahneman in unzähligen Interviews wiederholt, dass er sich von kognitiven Verzerrungen nicht befreien kann, worauf sollen dann wir Laien hoffen?

Natürlich macht dich die Kenntnis des mächtigen Priming-Effekts kurzfristig immun. Doch seien wir ehrlich: Nach ein paar Tagen ist die Erinnerung an dieses Kapitel nicht mehr so stark. Was du aber brauchst, ist ein dauerhaftes Gegengift. Gibt es so etwas?

Die gute Nachricht ist: Ja! Gegen das Priming helfen dir sogenannte implementation intentions, also konkrete »Umsetzungsabsichten«. Dieses Konzept wurde vor noch nicht allzu langer Zeit in die Forschung eingeführt17 und beschreibt eine Möglichkeit zur Selbstregulation. Im Gegensatz zu Zielintentionen (zum Beispiel 10 Kilo abnehmen) definiert ein Mensch das genaue WAS, WANN, WO und WIE seines gewünschten Verhaltens in sogenannten Wenn-dann-Aussagen. Beispielsweise könnte jemand, der abnehmen möchte, die folgende Umsetzungsabsicht formulieren: »Wenn ich am Nachmittag Hunger bekomme, dann werde ich eine Möhre essen.« Obwohl wir also in der Werbung vielleicht Bilder von leckeren Chips oder knackiger Schokolade gezeigt bekommen, ist es wahrscheinlicher, dass wir mit dieser Wenn-dann-Aussage zur Möhre greifen, als wenn wir uns einfach nur das Ziel vornehmen. Wenn-dann-Intentionen sind also hilfreich bei der Kontrolle des eigenen Verhaltens. Doch wie können wir diese Einsichten auf das Priming übertragen?

Zum Glück zeigen Studien,18 dass wir uns mit Umsetzungsabsichten selbst dann vor dem Priming schützen können, wenn wir nicht wissen, ob und wann wir manipuliert wurden. So hat man bei einem Experiment19 zwei Gruppen von Probanden auf Schnelligkeit geprimt und anschließend getestet, ob sie durch Wenn-dann-Aussagen, also konkrete Umsetzungsabsichten, gegen das Priming immun werden. Konkret mussten zwei Gruppen eine intellektuelle Aufgabe möglichst schnell lösen und anschließend in einem Fahrsimulator Auto fahren. Beide Gruppen wurden also vor dem Fahren auf Schnelligkeit geprimt.

Dabei hat die erste Gruppe lediglich eine Zielintention festgelegt, nämlich: Ich werde nur so schnell fahren, wie es die Fahrsicherheit erlaubt.

Die zweite Gruppe sollte eine konkrete Umsetzungsabsicht festlegen, nämlich: Ich werde nur so schnell fahren, wie es die Fahrsicherheit erlaubt. Wenn ich mich einer Kurve nähere, werde ich langsamer. Und wenn ich auf eine gerade Strecke komme, beschleunige ich.

Das Ergebnis? Die erste Gruppe, die lediglich eine Zieldefinition aufgestellt hatte, ist deutlich schneller gefahren und hat im Fahrsimulator mehr Fehler als die zweite Gruppe gemacht. Sich also nur ein Ziel vorzunehmen, hat nicht gegen das vorherige Priming geholfen. Erst wenn Menschen konkrete Umsetzungsabsichten, also implementation intentions, formulieren, am besten so konkret wie möglich, können sie sich gegen Priming-Tricks schützen. Was bedeutet das für dich in der Verhandlungspraxis? Dazu der folgende Fall.

Fall 6: Der chancenlose Verkäufer einer Waschmaschine

Peter möchte sich eine Waschmaschine kaufen. Er ist sich nicht sicher, worauf er achten soll. Das Internet liefert zu viele Produkteigenschaften, daher will er sich in einem Elektroladen persönlich von einem Experten beraten lassen. Er weiß, dass der Verkäufer ihm wahrscheinlich eines der teuren Geräte aufschwatzen möchte. Zudem weiß Peter, dass die Umgebung des Ladens ihn auf teure Geräte primen soll, indem diese auf der Ladefläche besser in Szene gesetzt und wertiger beschrieben werden. Wenn Peter sich das Ziel vornimmt, für die Waschmaschine maximal 550 Euro auszugeben, kann es leicht passieren, dass er bei einem »guten« Verkäufer schnell bei 750 Euro landet. Deswegen schützt sich Peter mit einer konkreten Umsetzungsabsicht, indem er sich vorher einbläut: »Ich möchte maximal 550 Euro für die Waschmaschine ausgeben. Wenn mir der Verkäufer eine teurere Waschmaschine anbietet, sage ich ihm noch einmal, dass ich maximal 550 Euro ausgeben möchte.« Gesagt, getan. Der Verkäufer hatte gegen Peters konkrete Umsetzungsabsicht keine Chance.

Natürlich wirst du nicht für alle Lebenssituationen Wenn-dann-Aussagen formulieren können und wollen. Schließlich sind wir ja keine Roboter. Doch empfehle ich dir dringend, vor wichtigen Verhandlungssituationen und Kaufentscheidungen ganz konkrete Umsetzungsabsichten über das WAS, WANN, WO und WIE zu formulieren, am besten sogar auf einem Blatt zu notieren – und nicht mehr auf das Priming des satanischen Verhandlungskünstlers hereinzufallen.

II. Motivated Reasoning: Mit Wunschdenken beeinflussen

Die Menschen glauben fest an das, was sie sich wünschen.

Julius Caesar

Der satanische Verhandlungskünstler manipuliert uns nicht nur mit klug gesetzter Vorinformation, sondern mit unseren eigenen Wünschen und Träumen. Das Gute für ihn: Alle Menschen haben Wünsche und Träume. Er muss sie nur in einem Vorgespräch erfahren und anzapfen – und schon läuft die Verhandlung ganz in seinem Sinn. Dabei nutzt er eine kognitive Verzerrung, die in der Forschung als motivated reasoning bezeichnet wird.20 Dieser Begriff beschreibt die Tatsache, dass Menschen durch eine vorhandene Motivation ihr Denken in eine bestimmte Richtung lenken, damit sie das von ihnen gewünschte Endergebnis bekommen. Oder umgekehrt formuliert: Menschen wollen keine Argumente suchen, die zu Schlussfolgerungen führen, die sie nicht akzeptieren möchten.

Diese kognitive Verzerrung ist verwandt mit dem sogenannten Bestätigungsfehler (confirmation bias), bei dem wir bevorzugt jene Informationen konsumieren, die unsere Sichtweise bestätigen. Es ist ein alltägliches Phänomen: Konservative Wähler lesen bevorzugt konservative Zeitungen. Liberale Wähler lesen bevorzugt liberale Zeitungen. Und so wird die eigene Sichtweise immer weiter bestätigt. Alternative Sichtweisen möchte der Mensch in der Regel ausblenden, weil sie das eigene Meinungssystem stören.

Das motivated reasoning kann man als die nächste Stufe des Bestätigungsfehlers betrachten, weil es nicht bloß um die Suche nach Informationen und deren Interpretation geht, sondern um das eigenständige Konstruieren von Argumentationsketten, bei denen aber das (gewünschte) Ergebnis von vornherein feststeht. Wir selbst konstruieren Gründe für eine These, deren Wahrheit wir unbedingt bestätigen wollen – auch wenn es Gegenargumente gibt. Diese blenden wir aus, weil wir ja nur eine bestimmte Schlussfolgerung tolerieren wollen. Wie lässt sich nun diese kognitive Verzerrung in einer Verhandlung gegen uns einsetzen?

Die beiden Manipulationsschritte beim »motivated reasoning«

Der satanische Verhandlungskünstler wird im ersten Schritt unsere Motivation auf einen für ihn günstigen Wunschzustand lenken und uns weismachen, dass es unser eigener Wunschzustand ist. Im zweiten Schritt wird er uns beim Bauen der Argumentationsketten für diesen Wunschzustand helfen. Denn ein ganz wichtiges Prinzip ist jedem fiesen Verhandler klar: Menschen können sich nicht gegen Argumente wehren, die von ihnen selbst stammen!

Fall 7a: Der Online-Marketer und seine Vision für einen Kunden

Melanie möchte als Yoga-Lehrerin erfolgreicher sein. Sie gibt aktuell Yoga-Stunden an der Volkshochschule, doch der Stundensatz dort ist ihr zu gering. Sie möchte versuchen, mithilfe von Facebook-Werbung eigene Teilnehmer für ihre Kurse zu finden, und eine höhere Kursgebühr verlangen. Auf der Suche im Internet stößt sie auf den Online-Marketer Olaf, der sie wie folgt motiviert: »Melanie, ich sehe bei dir sehr viel Potenzial. Mit kluger Facebook-Werbung wirst du mit meiner Hilfe zum Leuchtturm der Yoga-Branche. Du wirst die Yoga-Lehrerin Nummer eins in Deutschland. Du siehst gut aus, hast bereits zufriedene Teilnehmer – jetzt können wir dich, mit etwas Werbebudget, deutschlandweit bekannt machen. Schon nach ein paar Wochen kannst du dich vor Anfragen gar nicht mehr retten! Was denkst du, wie sollen wir dich am besten präsentieren? Mit Fotos und Videos?«