Schlaganfall - Das Übungsbuch - Cornelia Cox - E-Book

Schlaganfall - Das Übungsbuch E-Book

Cornelia Cox

0,0
22,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: TRIAS
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Gemeinsam stark für eine erfolgreiche Rehabilitation

Ein Apoplex, landläufig als Schlaganfall bekannt, kommt oft ohne Vorwarnung, jedoch mit schwerwiegenden Folgen: Störungen in der Neurologie wie Sprach-, Bewegungs-, Wahrnehmungs- und Schluckstörungen schränken die Lebensqualität stark ein. Eine frühzeitige Therapie ist dabei entscheidend für die erfolgreiche Genesung. Cornelia Cox, Therapiedirektorin der Rehaklinik Zihlschlacht, begleitet in diesem Ratgeber Angehörige und Betreuende von der Stroke Unit bis zur Rückkehr in den Alltag.

  • Übungen aus der Physiotherapie: Fördern Sie gezielt die Wiedererlangung sprachlicher und motorischer Fähigkeiten.
  • Praktische Tipps zu Raumgestaltung, Lagerung, Transfers und Hilfsmittelversorgung.
  • Verständliches Fachwissen: Kennen Sie die Risikofaktoren und beugen Sie einem erneuten Schlaganfall vor.

Holen Sie sich Unterstützung, um Betroffene auf dem Weg zur größtmöglichen Selbstständigkeit zu begleiten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 180

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Schlaganfall – Das Übungsbuch

Mobil werden mit gezieltem Bewegungstraining aus der Physiotherapie

Cornelia Cox

1. Auflage 2024

Vorwort

Eine intensive Rehabilitation und ein ganzheitlicher, langfristiger Behandlungsansatz bilden bei der Erholung nach einem Schlaganfall einen wichtigen Baustein auf dem Weg zurück in den Alltag. Zum Zeitpunkt der Entlassung nach Hause oder in eine Pflegeeinrichtung besteht weiterhin großes Potenzial zur Besserung der Beschwerden. Auch für Angehörige wird mit der Diagnose »Schlaganfall« das Leben von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt. Ihnen soll dieser Ratgeber helfen, einen Schlaganfall frühzeitig zu erkennen und umgehend die richtigen Maßnahmen einzuleiten. Zudem möchte er Sie während der Rehabilitation und im Umgang mit der neuen Situation im Alltag begleiten.

Das erste Kapitel des Buches befasst sich mit den theoretischen Grundlagen und erklärt, welche Ursachen und Risikofaktoren es für einen Schlaganfall gibt und was genau dabei im Körper passiert.

Das zweite Kapitel widmet sich der Rehabilitation nach einem Schlaganfall. Dabei gehen wir ausführlich auf einzelne Symptome nach einem Schlaganfall ein und erläutern wissenschaftlich empfohlene Therapiemaßnahmen und Übungen, die Sie zu Hause mit den Betroffenen durchführen und so einen wertvollen Beitrag zur Rehabilitation leisten können.

Im dritten Kapitel werden alltagsrelevante Themen für die Zeit nach der Entlassung aus der Klinik erläutert. Sie erhalten Hilfestellung für die Lagerung in bestimmten Situationen, für Transfers (etwa vom Bett in den Rollstuhl) und bekommen Tipps zu Hilfsmitteln und Anlaufstellen. Zudem erhalten Sie Anregungen, wie Sie für sich selbst sorgen und wo Sie sich Unterstützung holen können.

Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.Galileo Galilei

Geleitwort

Trotz großer Fortschritte in der Akutbehandlung von Schlaganfällen in den letzten Jahrzehnten ist die Neurorehabilitation für viele Betroffene entscheidend für das Wiedererlernen von Alltagsfähigkeiten. Die Betroffenen werden nach einem Schlaganfall pflegerisch, therapeutisch und ärztlich betreut. Die Neurorehabilitation beginnt ab dem ersten Tag auf der Stroke-Unit. Die Betroffenen werden danach möglichst nahtlos in einer stationären Rehabilitationsabteilung weiterbetreut. Für die Wiedereingliederung ins Leben sind in der Regel auch tagesklinische oder ambulante Weiterbehandlungen notwendig. Es ist wichtig für den Erfolg, die Angehörigen (Familie, Freunde, Bekannte) in den Neurorehabilitationsprozess früh einzubeziehen. Ziel ist eine bestmögliche Lebensqualität für die Betroffenen wie für die Angehörigen.

Der vorliegende Ratgeber von Cornelia Cox, Therapiedirektorin der Rehaklinik Zihlschlacht (Kanton Thurgau, Schweiz), richtet sich in erster Linie an Angehörige. In verständlicher Sprache erklärt er Ursachen und Folgen eines Schlaganfalls, die Möglichkeiten einer modernen Neurorehabilitation und gibt praktische Tipps für die Angehörigen für den Alltag.

Es gibt bereits etliche Ratgeber für Betroffene und Therapeuten. Aber ein detaillierter Ratgeber speziell für Angehörige fehlte bisher, diese Lücke schließt das vorliegende Buch. Wir sind überzeugt, dass es die Angehörigen bei der erfolgreichen Rückkehr der Betroffenen ins Leben wesentlich unterstützen wird.

Prof. Dr. phil. Tim Vanbellingen (Leiter Forschungsentwicklung VAMED Schweiz AG) und Prof. Dr. med. Stephan Bohlhalter (Chefarzt und Klinikleiter der Klinik für Neurologie und Neurorehabilitation am Luzerner Kantonsspital)

Inhaltsverzeichnis

Titelei

Vorwort

Geleitwort

Der Schlaganfall

Was ist ein Schlaganfall?

Ursachen

Wie unser Nervensystem funktioniert

Wie das Gehirn aussieht

Typische Symptome

Risikofaktoren

Prävention

Wie man einen Schlaganfall erkennt

Die Rehabilitation

Motorisches Lernen

Grundprinzipien der motorischen Rehabilitation

Eine Halbseitenschwäche ausgleichen

Arm-, Hand- und Beinfunktion

Reize erhalten die Repräsentation im Gehirn

Training durch Alltagsbewegungen

Methoden der Rehabilitation in Fachpraxen

Arm-Basis-Training bei hochgradigen Lähmungen

Übung: Faust machen und Finger strecken

Übung: Ellenbogen beugen und strecken

Übung: Arm nach vorne hochstrecken und senken

Spiegeltherapie

Übung: Bewegungsbeobachtung im Spiegel

Übung: Bewegungserfahrung mit Spiegel

Übung: Berührungserfahrung mit Spiegel

Mentales Training

Übung: Bewegungsvorstellung

Umgang mit Handödem

Training bei mittelgradigen bis leichten Lähmungen

Übungen: Für die Feinmotorik

Constraint-induced movement therapy (CIMT)

Übung: mCIMT für den forcierten Armgebrauch

Krafttraining

Übung: Krafttraining für die Finger

Übung: Krafttraining für den Unterarm

Übung: Mit den Händen krabbeln

Übung: Rudern mit Thera-Band

Übung: Abstoßen mit Thera-Band

Wiedererlangung der Rumpfstabilität

Übung: Sitzstabilität trainieren

Übung: Ballon spielen

Übung: Streckübung

Übung: Ball prellen

Übung: Rumpfdrehung

Übung: Käferübung

Wieder richtig gehen lernen

Trainingsmethoden

HIIT-Training

Training mit technischen Hilfsmitteln

Krafttraining

Übung: Kräftemessen

Übung: Gymnastikball rollen

Übung: Auf der Stelle gehen

Übung: Fußball spielen

Übung: In den Stand drücken

Übung: Mini-Kniebeugen

Übung: Die Brücke

Übung: Kniebeugen

Übung: Step up

Übung für Fortgeschrittene: Ausfallschritte

Übung: Die Muschel

Ausdauertraining

Unterstützung durch mentales Training

Gleichgewichtstraining

Übung: Seiltänzer

Übung: Gangvariationen

Übung: Zehen-/Fersenschaukel

Wahrnehmungsstörungen ausgleichen

Training der Sensibilität

Übung: Ausstreichen mit verschiedenen Materialien

Übung: Linsenbad

Spezialfall: Halbseitenvernachlässigung (Neglect)

Behandlung eines Neglects

Übung: Ich sehe was, was du nicht siehst

Übung: Schuhe ordnen

Übung: Rätsel lösen

Übung: Fotos erkunden

Spezialfall: Pusher-Syndrom

Training bei einem Pusher-Syndrom

Spezialfall: Halbseitenblindheit (Hemianopsie)

Verbesserung durch Augentraining

Sakkadentraining mittels Computerprogramm

Behandlung von Schluckstörungen

Schluckstörung (Dysphagie)

Untersuchung des Schluckaktes

Therapie

Behandlung von Sprach- und Sprechstörungen

Auswirkungen im Alltag

Behandlung durch Logopädie

Nonverbales Training

Apps für die Aphasie- und Dysarthrie-Therapie

Kognitionsstörungen und ihre Behandlung

Was ist eine exekutive Dysfunktion?

Vermindertes Störungsbewusstsein

Behandlung exekutiver Dysfunktionen

Kognitives Training per App

Verhaltensmanagement

Zielmanagement-Training

Anpassungen der Umgebung

Checklisten und Erinnerungshilfen erstellen

Instruktionen anbringen

Behandlung von Gedächtnisstörungen

Routinen erarbeiten

Pausen einlegen

Gedichte aufsagen und Lieder singen

Erinnerungen und Emotionen wecken

App Lumosity

Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen

Training bei Aufmerksamkeitsstörungen

Gestaltung des häuslichen und des Arbeitsumfelds

Regeln für die Kommunikation

App Lumosity

Weitere Symptome und ihre Behandlung

Ataxie

Training bei Ataxie des Rumpfes

Übung: Ball rollen

Übung: Ziele antippen

Training bei Ataxie des Arms

Übung: Tennisball rollen

Übung: Tennisball werfen

Spastik

Behandlung einer Spastik

Übung: Stehen

Übung: Bein durchbewegen

Übung: Arm durchbewegen

Übung: Arm-Massage mit einem Igelball

Apraxie

Training bei einer leichten Apraxie

Training bei einer mittleren bis schweren Apraxie

Durchschlafstörungen

Extreme Müdigkeit

Depression

Ursachen für eine Depression

Professionelle Hilfe und Behandlung

Ihre Unterstützung zählt

Angststörung

Tipps für den Alltag

Lagerung und Transfers

Art und Wirkung der Lagerung

Neutralstellung (LIN)

Sitzen

Lagerung auf der nicht betroffenen Seite

Lagerung auf der betroffenen Seite

Rückenlage

Verschieben im Bett

Lagerung im Sitzbett

Transfers

Vorbereitung

Ablauf des Transfers

Aufstehen von einem Stuhl

Hoher Transfer über den Stand

Halbhoher Transfer

Tiefer Transfer zu zweit

Wenn sich die Person sperrt

Der Bodentransfer

Der Autotransfer

Hilfsmittel und unterstützende Maßnahmen

Orthesen

Mobilitätshilfen

Rollator

Rollstuhl

Alltagshelfer

Notfallmelder

Wohnraumanpassung

Autofahren nach Schlaganfall

Medizinisch-psychologisches Gutachten

Mobilität im öffentlichen Raum

Parkausweis

Öffentlicher Verkehr

Euro-WC-Schlüssel

Rolle der Angehörigen

Unterstützung zulassen

Wenn es zu viel wird

Danksagung

Service

Quellenangaben

Literaturverzeichnis

Autorenvorstellung

Verzeichnisse

Impressum/Access Code

© Ratirath/stock.adobe.com |

Der Schlaganfall

Ein Schlaganfall kommt gar nicht so selten vor. Wird er gleich erkannt und sofort eine Behandlung eingeleitet, bessern sich die Aussichten auf Heilung erheblich.

Was ist ein Schlaganfall?

Ein Schlaganfall ist ein Notfall, der schnellstmöglich medizinisch behandelt werden muss, um das Risiko eines schweren Verlaufes zu reduzieren.

Bei einem Verdacht auf einen Schlaganfall, auch bei Unsicherheit, ob es sich dabei wirklich um einen solchen handeln könnte, sollte umgehend der Rettungsdienst gerufen werden. (Wie Sie einen Schlaganfall erkennen können, wird im Kapitel ▶ »Wie man einen Schlaganfall erkennt« beschrieben.) Denn laut Robert Koch-Institut sind Schlaganfälle »die häufigste Ursache für bleibende Behinderung im Erwachsenenalter«. ▶ [1] So haben heutzutage viele Erwachsene in ihrem Umfeld schon von einer Person gehört, die einen Schlaganfall erlitten hat. Tatsächlich ist in Deutschland jede 40. erwachsene Person davon betroffen. Jährlich treten hierzulande rund 200 000 erstmalige sowie 70 000 wiederholte Schlaganfälle (Rezidive) auf, in der Schweiz und Österreich sind es etwa 21 000 bzw. 25 000 erstmalige Schlaganfälle. Wichtig zu wissen ist, dass eine frühe Erkennung und optimale Therapie das Risiko um rund 80 Prozent senken können, einen erneuten Schlaganfall zu erleiden. Dank Fortschritten in der Forschung, einer Verbesserung in der Vorbeugung wie auch in der Therapie ist die Neuerkrankungs- und Sterberate erfreulicherweise stetig rückläufig. Allerdings nimmt aufgrund der immer älter werdenden Bevölkerung die absolute Zahl von Schlaganfällen weiterhin zu.

Ursachen

Es gibt zwei Arten von Schlaganfällen. Ein ischämischer Schlaganfall(Hirninfarkt) wird durch eine Verstopfung einer Gehirnarterie verursacht, wodurch die Blutversorgung der entsprechenden Hirnregion reduziert oder blockiert wird. Dies geschieht meistens durch eine Embolie (eingeschwemmtes Blutgerinnsel) oder eine Thrombose (lokales Blutgerinnsel). Bereits nach wenigen Minuten Sauerstoffmangel beginnen Nervenzellen abzusterben. Ein hämorrhagischer Schlaganfall(Hirnblutung) beruht auf einer Blutung aus einer Gehirnarterie, wodurch im betroffenen Gebiet das Hirngewebe direkt (durch Druck) beschädigt wird. Eine Arterie kann z. B. durch Bluthochdruck bersten oder durch einen Unfall verletzt werden. Eine Blutung kann im Gehirn, zwischen den Hirnhäuten oder direkt unter der Schädeldecke vorkommen. Ein ischämischer Schlaganfall tritt deutlich häufiger auf. Die Symptome werden durch die Lokalisation der Schädigung sowie die Dauer der Minderdurchblutung beeinflusst. Wenn sich die Symptome rasch zurückbilden (innerhalb von weniger als 60 Minuten), spricht man von einer transitorischen ischämischen Attacke, kurz TIA (Streifung) . Bei einer TIA kommt es nicht zu einer bleibenden Schädigung der Gehirnzellen, weshalb sie in der Magnetresonanztomographie (MRI) nicht sichtbar ist.

Damit Sie genau verstehen, was sich bei einem Schlaganfall abspielt, sehen wir uns zunächst an, wie das Nervensystem aussieht und funktioniert sowie wie die Anatomie des Gehirns beschaffen ist.

Wie unser Nervensystem funktioniert

Das Nervensystem ist das mit Abstand komplexeste Organ des Menschen. Die Nerven, die unseren gesamten Körper durchziehen, steuern lebenswichtige Prozesse. Dank unseres Nervensystems können wir fühlen, denken, uns freuen oder uns erinnern. Es reguliert den Herzschlag, die Bewegungen, das Sprechen, Schlucken und noch vieles mehr. Durch einen Schlaganfall können all diese Funktionen beeinträchtigt und somit die Lebensqualität deutlich vermindert werden.

Das menschliche Gehirn besteht aus ca. 100 Milliarden Nervenzellen, ebenso viele sogenannte Gliazellen kommen noch als Stützgewebe hinzu. Somit ist unser Hirn eine Art Milchstraße auf kleinstem Raum.

Nervenzellen Die Nervenzellen bestehen aus einem Zellkörper, der den Zellkern und somit genetisches Material enthält, sowie zwei Arten von Fortsätzen, den Dendriten und dem Axon. Man kann sich dieses Gebilde vorstellen wie einen Baum: Das Axon bildet dabei den Baumstamm, es kann wenige Tausendstel Millimeter bis einen Meter (im Rückenmark) lang sein und ist für die Reizweiterleitung von einer Nervenzelle zur nächsten verantwortlich. Die Dendriten sind indes wie die Äste des Baumes und in jeder Nervenzelle zahlreich vorhanden. Sie nehmen über Synapsen Impulse von anderen Nervenzellen auf und leiten die Informationen zum Zellkern weiter. Der Zellkern liegt im Zentrum des Baumes, zwischen den Dendriten und dem Axon.

Aufbau einer Nervenzelle

Dieses hochkomplexe Gebilde aus Nervenzellen wird in drei unterschiedliche Systeme unterteilt, die sich nicht nur in ihrer Lage, sondern auch in ihrer Funktion unterscheiden:

zentrales Nervensystem (ZNS): Es umfasst die Nervenzellen des Gehirns und des Rückenmarks.

peripheres Nervensystem (PNS): Es gehört weder zum Gehirn noch zum Rückenmark, sondern es verbindet diese mit der Umwelt, indem es Informationen aus dem Körper, z. B. bei einer Berührung, an das ZNS weiterleitet. Zudem empfängt es Informationen aus dem ZNS, das wiederum die Körperfunktionen und Bewegungen steuert.

vegetatives Nervensystem (VNS): Es steuert viele lebenswichtige Körperfunktionen, wie etwa die Atmung, die Verdauung und den Stoffwechsel. In Stress-Situationen regelt das VNS u. a. die Freisetzung von Adrenalin. Dann steigt der Puls, die Atemfrequenz wird erhöht und die Muskeln spannen sich an.

Zusammenspiel der Nervensysteme Bei einem äußeren Reiz greifen die einzelnen Nervensysteme ineinander und bewirken, was wir als Reaktion wahrnehmen. Stellen Sie sich vor, Sie berühren eine heiße Herdplatte. Bestimmt haben Sie schon einmal beobachtet, dass es einen Moment dauert, bis Sie die Hand wegziehen. Dieses Phänomen hat damit zu tun, dass nicht die Hand den Schmerz spürt und die Entscheidung zum Wegziehen trifft, sondern das Gehirn.

Das funktioniert wie folgt: Das PNS leitet den Reiz vom Finger entlang des Nervs durch den Arm zum Rückenmark, wo der Impuls an eine Zelle des ZNS übergeben wird. Diese leitet den Impuls dann durch das Rückenmark hoch ins Gehirn, das ihn verarbeitet und »entscheidet«, dass es schmerzt. In diesem Moment spüren Sie den Schmerz, können aber noch nicht reagieren. Denn nun leitet erst das ZNS die Information, dass die Hand weggezogen werden soll, über das Rückenmark zurück, wo sie wieder dem PNS übergeben und zur Hand weitergeleitet wird. Erst in diesem Augenblick ziehen Sie die Hand weg. Nebenbei verarbeitet das VNS den Stress und reagiert oft mit einem erhöhten Puls oder auch mit einem Schweißausbruch. Dieses Beispiel zeigt, wie komplex die Funktionen des Nervensystems sind und was es für einen Menschen in Alltagssituationen bedeuten kann, wenn ein Teil dieses Systems aus dem Gleichgewicht gerät oder verletzt wird. Ein Schlaganfall könnte dazu führen, dass beispielsweise Schmerzen oder Hitze nicht mehr wahrgenommen werden oder dass die Fähigkeit fehlt, die Hand wegzuziehen, und so erhebliche Verletzungen entstehen.

Das Zusammenspiel des zentralen, peripheren und vegetativen Nervensystems

Wie das Gehirn aussieht

Um dies besser verstehen zu können, schauen wir uns nun die Anatomie und die Funktionen des Gehirns genauer an: Das Gehirn besteht aus dem Großhirn (Cerebrum), dem Zwischenhirn (Diencephalon), dem Kleinhirn (Cerebellum) sowie dem Hirnstamm. Das ZNS wird von drei Hirnhäuten umhüllt. Die Funktionen dieser einzelnen Bereiche werden in den folgenden Kapiteln genauer erläutert.

Großhirn Die Großhirnrinde, die äußere Schicht des Großhirns, ist in Falten und Furchen geformt und in eine rechte und eine linke Gehirnhälfte (Hemisphäre) unterteilt, die wiederum durch eine von vorne nach hinten verlaufende tiefe Furche voneinander getrennt sind. Ein Faserbündel verbindet die zwei Hemisphären und überträgt Nachrichten von einer Seite zur anderen. Jede Hemisphäre kontrolliert größtenteils die gegenüberliegende Körperseite. Wenn also ein Schlaganfall auf der rechten Seite des Gehirns auftritt, ist meist die linke Körperseite betroffen, in weitaus selteneren Fällen auch die rechte Seite, was im Alltag jedoch oft nicht erkennbar ist. Somit müsste man korrekterweise von einer weniger und einer stärker betroffenen Seite sprechen. Der Einfachheit halber werde ich sie als betroffene und als nicht betroffene Seite bezeichnen.

Die beiden Gehirnhälften haben unterschiedliche Funktionen. Während die linke hauptsächlich für die Sprache, das Rechnen sowie das Schreiben verantwortlich ist, steuert die rechte die Kreativität, die künstlerischen und musikalischen Fähigkeiten sowie die Fähigkeit zur räumlichen Wahrnehmung. Bei Rechtshändern dominiert die linke Hemisphäre den Handgebrauch und die Sprache, bei Linkshändern ist es andersherum.

Jede Hemisphäre besteht aus vier Lappen. Der Frontallappen, der von der Stirn bis zum Scheitel reicht, kontrolliert vor allem exekutive Funktionen, die unter anderem die Persönlichkeit oder das Treffen von Entscheidungen beinhalten, sowie die Bewegungen der Beine. Der Parietallappen, der vom Scheitel zum oberen Hinterkopf reicht, verarbeitet sensorische Informationen. Somit befähigt er uns, zu erkennen, wo wir uns im Raum befinden, und Bewegungen zu steuern. Der Temporallappen in der Region des Ohres spielt eine wichtige Rolle beim Hören, Riechen, Sprechen und beim Sprachverständnis, beim Gedächtnis und bei der Gesichtserkennung. Der Okzipitallappen unter dem Hinterhaupt ist hauptsächlich für die Sehfähigkeit verantwortlich.

Zwischenhirn Das Zwischenhirn ist oberhalb des Hirnstammes zwischen den Temporallappen zu finden. Es besteht unter anderem aus dem Thalamus und dem Hypothalamus. Der Thalamus, auch als »Tor zum Bewusstsein« bezeichnet, wirkt wie eine Sammelstelle für fast alle Sinneseindrücke. Die Eindrücke des Sehens, Hörens, Fühlens und der Temperatur- und Schmerzempfindung werden hier auf dem Weg zur Großhirnrinde umgeschaltet. Der Hypothalamus fungiert als zentrale Regulationsstelle zwischen dem Hormonsystem und dem Nervensystem. Er steuert vegetative Funktionen des Organismus wie die Nahrungs- und Wasseraufnahme, die Körpertemperatur, den Kreislauf, das Schlaf- sowie das Sexualverhalten.

Kleinhirn Das Kleinhirn sitzt am Hinterhaupt unterhalb der beiden Hemisphären. Es kontrolliert die Koordination der Muskelbewegungen, plant die Bewegungen, sorgt für eine aufrechte Haltung und ist essenziell für das Gleichgewicht. Die Koordination der Muskelbewegungen ist nicht nur für das Bewegen der Arme und Beine wichtig – auch beim Sprechen werden viele Muskeln beansprucht.

Hirnstamm Der Hirnstamm verbindet das Groß- und Kleinhirn mit dem Rückenmark. Er ist der entwicklungsgeschichtlich älteste Teil des Gehirns und steuert die automatischen Körperfunktionen wie Atmung, Herzfrequenz, Körpertemperatur und Blutdruck. Außerdem ist er für den Lidschluss, den Schluck- sowie den Hustenreflex zuständig und kontrolliert den Schlaf sowie die Traumphasen.

Hirnhäute Die Hirnhäute ummanteln das Gehirn sowie das Rückenmark und bilden eine Hülle für die Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit (Liquor). Sie bestehen aus drei Schichten, die zusammen mit dem Liquor das Gehirn vor mechanischen Einflüssen und vor größeren Temperaturschwankungen schützen.

Die Hirnhäute heißen von außen nach innen:

Dura mater (harte Hirnhaut)

Arachnoidea (Spinngewebshaut)

Pia mater (weiche Hirnhaut)

Blutversorgung Durch die Blutversorgung wird das Gehirn mit Sauerstoff, Glukose und anderen Nährstoffen versorgt, und Stoffwechselprodukte sowie Kohlenstoffdioxid werden abtransportiert. Sie erfolgt über die rechte und linke innere Halsschlagader (Arteria carotis interna) sowie die Arteria vertebralis. In der Basis des Zwischenhirns verbinden sich die Arterien zu einem Gefäßring, von dem verschiedene Bahnen in die entsprechenden Hirnregionen abzweigen. Die Arteria cerebri anterior versorgt den vorderen und oberen Teil des Gehirns, die Arteria cerebri media die beiden Seiten in der Region der Ohren. Der hintere Bereich wird indes durch die Arteria cerebri posterior versorgt. Von der Arteria vertebralis gehen die Arteria basilaris sowie die Arteriae cerebelli hervor, die den Hirnstamm und das Kleinhirn versorgen. Je nachdem, welche Arterie betroffen ist, können unterschiedliche Symptome auftreten.

Typische Symptome

Zu den typischen Symptomen eines Infarktes der A. cerebri anterior zählen Auffälligkeiten der exekutiven Funktionen. Diese können sich unter anderem in einer Sprechstörung oder in Schwierigkeiten bei der Bewegungsplanung zeigen. Häufig tritt auch eine Schwäche oder ein reduziertes Gefühl im Bein gegenüber der geschädigten Seite oder eine Inkontinenz auf. Aber auch eine Persönlichkeitsveränderung kann Folge eines Infarktes der A. cerebri anterior sein.

Am häufigsten tritt ein Infarkt im Versorgungsgebiet der A. cerebri media auf. Typischerweise beobachtet man eine meist armbetonte Schwäche oder ein reduziertes Gefühl auf der gegenüberliegenden Körperseite. Zudem kann eine Sprach- oder Sprechstörung oder ein Neglect (die Vernachlässigung einer Raum- oder Körperhälfte) vorkommen. Sprachstörungen treten vor allem bei Schlaganfällen in der linken Gehirnhälfte, ein Neglect bei Schädigung der rechten Gehirnhälfte auf.

Bei einer Schädigung der A. cerebri posterior können Sehstörungen auftreten. Je nach Region können zusätzlich Gefühlsstörungen auf der gegenüberliegenden Seite der Schädigung entstehen. Auch Kopfschmerzen, Schwindel, Verwirrung oder Alexia ohne Agraphia (die Unfähigkeit zu lesen, jedoch nicht zu schreiben) sind typische Symptome. Ein Schlaganfall in dieser Arterie kommt jedoch eher selten vor.

Ich empfehle Ihnen in jedem Fall, einen Austausch mit den behandelnden Neurologen bzw. Neurologinnen zu suchen, die die Zusammenhänge zwischen den betroffenen Hirnregionen und den beobachteten Symptomen im Einzelfall erklären können. Weitere Informationen zu den typischen Schlaganfallsymptomen erhalten Sie im Kapitel ▶ »Wie man einen Schlaganfall erkennt« sowie im Kapitel ▶ »Die Rehabilitation«.

Risikofaktoren

Manche Risiken für einen Schlaganfall lassen sich nicht beeinflussen. So kann etwa eine genetische Vorbelastung eine Rolle spielen, ebenso wie das Lebensalter (ungefähr 50 % der Schlaganfälle ereignen sich in der Altersgruppe der über 75-Jährigen) oder das Geschlecht, denn Männer haben ein höheres Schlaganfall-Risiko als Frauen. Andere Faktoren hingegen kann man durch einen entsprechenden Lebensstil abschwächen oder sogar ausschalten, wie es auch für koronare Herzerkrankungen und andere Gefäßerkrankungen gilt. Der wichtigste Risikofaktor ist Bluthochdruck. Außerdem spielen Vorhofflimmern, Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen und Diabetes mellitus sowie ungünstige Verhaltensweisen wie Bewegungsmangel und Rauchen eine wichtige Rolle. Kommen mehrere Risikofaktoren zusammen, erhöht sich das Gesamtrisiko, einen Schlaganfall zu erleiden.

Prävention

Zu den wirksamsten Präventionsstrategien gehört die gezielte Behandlung oder Veränderung jener Aspekte des Lebensstils, die die Risikofaktoren fördern. Neben einer gesunden, ausgewogenen Ernährung ist die körperliche Aktivität wichtig. Dabei kommt es nicht so sehr auf die Form der Aktivität an. Auch einen strikten Trainingsplan zu befolgen, der keinen Spaß macht, ist wenig sinnvoll, weil man ihn dann erfahrungsgemäß nach einer gewissen Zeit wieder aufgibt und wieder in alte, der Gesundheit wenig förderliche Gewohnheiten verfällt. Erfolgversprechender ist es, sich solche körperlichen Betätigungen auszusuchen, die einem Freude bereiten und die man infolgedessen regelmäßig ausführt. Oft kann es helfen, sich mit einer anderen Person zusammenzutun oder sich einer Gruppe anzuschließen. Zudem können ein gesunder Lebensstil sowie eine medikamentöse Therapie (z. B. des Blutdrucks) das Risiko erheblich senken, einen Schlaganfall zu erleiden. Um das Risiko eines zweiten Schlaganfalls sowie von Folgeereignissen anderer Gefäßerkrankungen zu reduzieren, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) neben regelmäßiger körperlicher Aktivität den täglichen Verzehr von frischem Obst und Gemüse und eine mediterrane Ernährung, inklusive Fisch. Dazu gehören auch Vollkorn- und Milchprodukte, Hülsenfrüchte, der moderate Verzehr von Fleisch (weniger rotes als helles Fleisch, vor allem Geflügel) sowie die Verwendung hochwertiger Fette, vor allem Olivenöl. Indes gibt es keine Beweise eines Vorteils durch den Konsum von Nahrungsergänzungsmitteln oder Vitaminpräparaten. Der Salz- und Alkoholkonsum sollte reduziert und auf Rauchen vollständig verzichtet werden.

Bewegung bietet mehr als ein Herz-Kreislauf-Training

Das Ausüben von Sport bei moderater Intensität kann auch die Intensität des Schlafs verbessern. Und ein erholsamer Schlaf hat wiederum einen positiven Effekt auf die mentale Gesundheit und innere Ausgeglichenheit. So schöpft man Energie, um die Herausforderungen des täglichen Lebens angehen zu können. Empfohlen wird, 3 × wöchentlich 60 Minuten zu trainieren.

Menschen, die sich sportlich wenig betätigen, erkranken mit einer fast doppelt so hohen Wahrscheinlichkeit an Depressionen wie sportlich Aktive. Zudem leiden sie deutlich häufiger an Angstzuständen.

Finden Sie eine Aktivität, die Spaß macht, wie z. B. Wandern, Fahrradfahren, Schwimmen, Tanzen, Yoga, Qigong oder Tennis, um nur einige zu nennen.

Ein gesunder Geist und Körper beugen Krankheiten vor

Auch die mentale Gesundheit beeinflusst das physische Wohlbefinden und sollte in die Prävention einbezogen werden. Hier erfahren Sie, welche Maßnahmen helfen können, Schlaganfällen vorzubeugen.

Es ist wissenschaftlich belegt, dass sich die genannten Präventivmaßnahmen (Kapitel ▶ »Prävention«