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Riv Zell

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Beschreibung

Eine Frau wird in eine von der Außenwelt abgeschnittene Hütte verschleppt. Während sie sich zu Befreien versucht, jagt die Polizei einen Serientäter, der seine Taten zu ihr in die Hütte überträgt.

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Riv Zell

Schneenebel

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

I.Mira

Mira hielt die Augen geschlossen, sie wussten nicht wie lange sie schon in diesem Zustand war. Wie lange es her war, dass ihr Bewusstsein wieder an die Oberfläche gedrungen war, ob es sich um Sekunden, Minuten oder Stunden handelte.

Sie versuchte sich zu erinnern, wie sie hergekommen war. Sie konnte auch nicht beschreiben warum sie Angst davor hatte die Augen zu öffnen. Da war irgendetwas, was ihr verborgen blieb. Sie versuchte mit ihren anderen verbliebenen Sinnen, Informationen über ihre Umgebung zu sammeln, um vorbereitet zu sein. Vorbereitet zu sein, auf das Unbekannte.

Sie atmete langsam ein und aus. Zuerst versuchte sie sich einen Überblick über den Zustand ihres Körpers zu verschaffen. Langsam ein und aus. Sie spürte in ihre Füße, ihre Beine, in ihre Hände, in ihre Arme, in ihren Oberkörper und ihren Kopf. Sie hatte Angst davor sich allzu sehr zu bewegen, weil das könnte ihren Peiniger aufschrecken, ihn aufmerksam auf sie machen. Sie hatte vor dieses Überraschungsmoment zu ihren Gunsten zu nutzen.

Langsam ein und aus. Ok Mira, du bist wahrscheinlich nicht gefesselt. Das ist gut. Sie spürte den weichen Untergrund in ihrem Rücken. Es fühlte sich ein bisschen so an, wie ein altes samtenes Sofa. Wenn sie sich genug konzentrierte, konnte sie sogar die durchgesessenen Federn an ihren Schulterblättern spüren.

Mit den Fingerspitzen befühlte sie den Stoff. Zweifelsohne lag sie auf einem Sofa. Erleichtert atmete sie zu laut aus. Ihr Atem halte von den Wänden wider. Sie befand sich in einem Raum. Dieser Raum war nicht dunkel. Er war zumindest schummrig beleuchtet. Vielleicht lag sie in einem dunklen Verlies, auf einem Sofa und wurde von einer einzelnen verschmutzen Glühbirne beleuchtet. Nein. Er waren keine Metallwände. Es hatte die Klangcharakteristik von Holz. Sie roch Holz und Staub.

Ok. Du liegst auf einem Sofa. Irgendwo. Du hast keine Ahnung, wie du hierhergekommen bist, aber du weißt du befindest dich in Gefahr. Du befindest dich in Gefahr. Konzentriere dich, ermahnte sie sich.

Sie versuchte sich nun ganz auf die Umgebungsgeräusche zu konzentrieren. Wenn sie nicht in einer solch prekären Lage gewesen wäre, hätte es eine Meditationsübung sein können.

Dieses Heulen, dieses leise Flüstern. Da war ein Heulen, ein Pfeifen, das könnte der Wind sein. Das heulendes Windes, das Knarzen des Holzes. Knarzendes Holz und heulender Wind. Befand sie sich vielleicht in einer Hütte?

In solchen Momenten der Verzweiflung bastelt sich die menschliche Psyche oft etwas zusammen, um das ängstliche Wesen in uns zu beruhigen. Was sollte sie tun? Wenn ihr Gegner über ihr lauerte, dann wäre es vom Vorteil, wenn sie abrupt hochschrecken würde, wenn nicht, dann das er nicht bemerken würde, dass sie bereits wach war. Sie beschloss nicht länger darüber nachzudenken. Sie hielt den Atem an. Sie beschloss ihr rechtes Auge ganz langsam zu öffnen, nur ein Spalt weit. Sie schien tatsächlich auf einem Sofa zu liegen, der Bezug hatte einen verblasten Grünton. Sie starrte auf eine Holzdecke. Sie versuchte den Kopf nicht zu bewegen, und schaute nach unten. Sie trug ihre schwarze Trainingshose ihr schwarzes Top. Sie konnte sich nicht erinnern, diese Kleidung angezogen zu haben, als sie gestern Abend das Haus verlassen hatte.

Dass sie angezogen war und offensichtlich nicht gefesselt beruhigte sie etwas. Sie sah mit dem einen Auge nur die Holzdecke, welche 2 Meter von ihr entfernt war, die Linke Seite des Raumes, oder wo immer sie hier gefangen war, blieb ihr verborgen. Langsam öffnete sie auch das linke Auge.

Bewegungslos lag sie mit offenen Augen da. Sie nahm all ihren Mut zusammen und richtete sich langsam auf und es geschah ... Nichts! Sie hatte mit allen gerechnet nur damit nicht.

Sie setzte sich langsam auf. Sie schien beruhigt zu sein. War sich vielleicht doch nicht in einer ausweglosen oder gar gefährlichen Situation? Nun ja, sie wusste noch immer nicht, wo sie war. Sie schätzte diesen Raum in welchem sie sich befand auf circa viermal acht Meter. Neben dem Sofa befand sich ein Esstisch in der Hütte. Direkt gegenüber vom Sofa befand sich ein alter Röhrenfernseher. Langsam setzte sie ihre Füße auf den Boden und macht es sich daran, ihre Umgebung zu erkunden. Auf Zehenspitzen schlich sie von Diele zu Diele, und erschrak jedes Mal, wenn sie ein Knarzen vernahm. War sie wirklich allein?

Der Esstisch war leer, aber die Kratzer und Furchen, welche ihn zierten zeugten von einem aufregenden Leben dieses Möbelstückes. Sie schaute sich weiter um, es gab 2 Türen. Die Türe, welche gegenüber vom Sofa lag, vermutete sie, ist die Tür, welche nach draußen führte. Ein großes N prangerte auf ihr. Die zweite Tür, führte vermutlich in einen weiteren Raum der Hütte. Sie wägte ab, welches die richtige Tür für sie sein sollte.

Sie hatte sich schon für die vermeintliche Eingangstür entschieden, als sie entdeckte, dass dort ihre Schuhe, sauber aufgestellt auf einem Fußabtreter aus Jute standen. Leider standen dort noch andere Schuhe, klobige Stiefel. Sie war also nicht alleine. Langsam näherte sie sich der vermeintlichen Ausgangstüre. Voller Hoffnung berührte sie den kalten, silbernen Türknauf. Eine eisige Kugel, welche sich drehen ließ. Die Tür war verschlossen. Sie konnte noch nicht einmal sagen, ob der Türknauf sich überhaupt drehen ließ, oder ob man diese Art von Tür nur mit einem Schlüssel öffnen konnte. Sie betrachtete die klobigen Stiefel erneut. Da erspähte sie neben diesen noch 2 Paar Kinderstiefel. Was ging hier vor?

Sie vernahm ein Geräusch. Schnell drehte sie den Kopf herum. Das Geräusch hatte seinen Ursprung offensichtlich hinter der zweiten Türe. Welche sich an der gegenüberliegenden Längsseite neben dem Esstisch befand.

Sie schaute sich nach einem Gegenstand, welcher sich als Waffe eignen könnte um. Hinter dem Sofa stand ein Regal voll mit Büchern. Ein kleiner Ofen stand neben dem Fernseher, nahe dem Fenster. Neben dem Tisch befanden sich zwei Fenster, und ein größeres an der kurzen Seite des Innenraums, zwischen den dem Sofa und Ofen. An der Innenseite des Fensters kondensierte das Wasser und folgte der Schwerkraft. Es musste wirklich kalt vor der Hütte sein.

Das Geräusch erklang wieder. Es war ein Schaben, welches lauter und dringlicher wurde. Sie schaute wieder auf den Tisch. Auf den Tisch stand ein schwerer, blauer, sauberer Aschenbecher, warum hatte sie diesen nicht schon früher bemerkt?

Eins zwei Schritte. Langsam nahm sie diesen Aschenbecher und zog ihn über den Kopf mit der rechten Hand zurück. Mit der linken näherte sie sich langsam der Türe. Sie schloss die Augen und atmete einmal ganz langsam aus. Mit den Worten: >>Ich bring dich um du Hurensohn<<, riss sie die Türe auf.

Die Kälte traf sie wie eine Eisenfaust. Der dahinterliegende Raum, musste mindestens 10 wenn nicht gar 20 Grad kälter sein, als der Raum, in dem sie aufgewacht war. Ansonsten war der Raum wenig spektakulär. Er maß vielleicht einen Quadratmeter und es befand sich in ihm eine Sitzgelegenheit mit einem Loch, eine wenig einladende Toilette. Das Geräusch war auch schnell ausgemacht, es war ein Fenster, welches nicht richtig verschlossen war und in welchem der Sturm ein leichtes Opfer gefunden hatte.

Ein kleines Fenster, ein Fenster so klein, durch welches sie auf keinen Fall entkommen konnte. Sie schloss die Tür und ihr wurde klar, dass sie tatsächlich allein in dieser Hütte war, und ihr Peiniger eventuell zurückkommen würde. Sie musste Vorbereitungen treffen. Warum diese Schuhe? Das gab zum gegenwärtigen Zeitpunkt alles keinen Sinn. Endlich hatte sie den Mut gefasst, sich etwas freier, schneller und rustikaler zu bewegen. Nicht mehr auf Zehenspitzen. Sie versuchte kein Lärm zu vermeiden. Sie war alleine, das wusste sie jetzt, auch wenn sie noch keinen Schimmer hatte, wie sie hierhergekommen war. Sie beschloss das Rekapitulieren, darüber zu verschieben und sich erst einmal Gedanken darüber zu machen wie sie aus dieser Situation entkommen konnte.

Die Tür schien stabil, aber das Schloss hätte vermutlich jeder vernünftige Schlossknacker in ein paar Minuten geknackt. Schlossknacker was für ein albernes Wort. Mit dem richtigen Werkzeug konnte sie vermutlich auch das Türschloss sprengen. Die Tür war eine Option aber warum in die Ferne schweifen, wenn das Gute ist so nahe? Sie schaute sich die Fenster etwas genauer an. Sie beschloss sich zuerst dem Doppelfenster nahe dem Sofa zu widmeten. Die unteren Hälften der Fenster waren mit weißen Gardinen bedeckt und glichen damit etwas dem Ambiente, wie man es in bayerischen Wirtshäusern vorfand. Sie wischte etwas vom Tau ab, und versuchte einen Blick nach draußen zu erhaschen. Sie schirmte mit der Hand das Licht ab und drückte ihr Gesicht gegen das kalte Fensterglas. Es schien dunkel. War es noch Tag oder war es noch Nacht? War das vielleicht alles nur ein Albtraum? Wie lange befand sie sich schon hier? Hatte sie Hunger? Hatte ihr Magen die letzten Stunden geknurrt? Wann hatte sie das letzte Mal etwas gegessen? Dunkelheit. Nur Dunkelheit. Sie überlegte, ob sie das Licht in der Hütte löschen sollte, entschied sich dann aber dafür das Fenster zu öffnen. Der Wind fuhr ihr durch die Haare. Eisig. Stark. Schneeflocken verirrten sich in das Innere der Hütte. Sie wirbelten orientierungslos umher, bevor sie auf dem Boden in Wasser vergingen. Es tobte ein gewaltiger Schneesturm. Schnell schloss sie das Fenster wieder. Sie fühlte sich nun geborgen, niemand, da war sie sich sicher, konnte sie hier erreichen, und vielleicht war sie deshalb hier. Wer hatte sie verschleppt? Sie marschierte auf und ab. Sie konnte in Bewegung besser denken. Sie schaute sich die Kinderstiefel etwas genauer an. Die Stiefel hatten die Größe wie sie vermutlich Vorschulkinder trugen. Ein Paar war Orange, ihre Lieblingsfarbe dachte sie, das andere war Pink.

Sie umrundete die grüne Couch, welcher ihre Einschätzung nach, aus den späten 50ern war, und ihre beste Zeit hinter sich hatte. Sie strich mit der linken Hand sanft über den weichen Bezug und widmete sich dem Bücherregal.

Es befand sich eine Unmenge an Büchern darin. Es war bestimmt 3 Meter lang und erstreckte sich vom Boden bis zur Decke. Es musste sich um mehrere hundert Bücher handeln. Die Auswahl war variationsreich. Mit ihrem Zeigefinger glitt sie über die Buchrücken, und zog wahllos eines der Bücher heraus. War es nicht eine Ironie des Schicksals, dass das Buch ausgerechnet ein lustiges Taschenbuch war. Ein Buch voll von Stereotypen, dem geizigen Onkel Dagobert, dem dämlichen Donald Duck und seinen 3 neunmal kluge Neffen. Bevor sie noch länger darüber nachdenken konnte, forderte plötzlich ein Rauschen wie von tausend Flüssen ihre Aufmerksamkeit.

Der Fernseher hatte sich eingeschaltet. Damit hatte sich für sie die Frage beantwortet, welche sie sich gestellt hatte, ob dieser alte Röhrenfernseher noch funktionierte.

Statisches Rauschen drang aus den Lautsprechern. Auf der Bildschirmoberfläche zeigte sich dieses schwarz-weiß Muster, welches man früher scherzhaft als Ameisenrennen bezeichnet hatte. Nicht wenige Leute waren der Überzeugung, dass man in diesem Rauschen und in diesen Bildern ein Muster erkennen konnte. Manche glaubten sogar, dass man mit Hilfe solcher Geräte mit den Toten sprechen konnte. Sie näherte sich dem rauschenden Gerät, so langsam, so vorsichtig als befürchtete sie, dass es sich bei diesem Gerät um keinen gewöhnlichen Fernseher handeln würde, als ginge eine dunkle Macht von ihm aus.

Das Gerät stand auf einem kleinen Unterschrank und als sie nach dem Ausschalter suchte, roch sie den Staub, welcher von der Wärme des Geräts aufgewirbelt wurde. Sie fand den Schalter und schaltete das Gerät ab und setzte sich auf das Sofa um sich ihrem Fund aus dem Bücherschrank zu widmen. Sie konnte sich ihr Verhalten nur mit der unklaren Bedrohungslage erklären, vielleicht wollte sie sich beruhigen? Sie blätterte durch das Disney Comic, als der Fernseher sich erneut anschaltete und das Licht wie von Geisterhand gedämmt wurde. Der Fernseher hatte nun ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Sie versuchte in den verrauschten Bildern und Klängen etwas zu erkennen.

II.Mira

Sie musste nicht allzu lange warten, bis das Rauschen sich klärte und das Video startete. Das Fernsehbild zeigte einen Raum. Sie konnte erst gar nicht erkennen, ob das Bild schwarz-weiß oder farbig war, so dunkel war das Video. Eine Frau lag regungslos auf einem Metalltisch, unheilvolle Musik erklang aus den Lautsprechern.

Neben ihr befand sich noch ein Mann in dem Raum. Er trug einen Arztkittel und einen Mundschutz. Er beugte sich über die Patientin. Er sprach mit verzerrter Stimme: >>Keine Sorge Frau Doktor ich werde ihre Augen eines nach dem anderen entfernen. Wirkt die Narkose schon?<<

Die Frau wirkte panisch. Erst jetzt nahm Mira wahr, dass diese gefesselt war. Sie zuckte und versuchte dem Skalpell zu entkommen. Langsam beugte sich der Arzt mit dem Skalpell über die Frau. Mira musste näher an den Bildschirm herangehen um besser zu erkennen, was vorging. Sie näherte sich der Kathodenstrahlröhre so nahe, dass die statische Aufladung der Bildschirmoberfläche, die feinen Haare in ihrem Gesicht aufstellten.

>>Gleich haben Sie es geschafft.<< Die Frau schrie panisch auf. Blut schien aus ihrer einen Augenhöhle zu laufen. >>So noch das zweite Auge und sie sind erlöst.<< Die Frau winselte und krümmte sich.

>>Sie wollen etwas sagen? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt, dann hätte ich Ihnen doch den Knebel aus dem Mund genommen<<, obwohl die Stimme stark verfremdet war die gehässige Tonlage des Folterers, nicht zu überhören.

Er nahm der Frau den Knebel aus dem Mund. Diese antwortete, wie in einem schlechten B Movie, erwartungsgemäß: >>Warum tun Sie das? Wer sind Sie?<<

Bei diesem Worten schlich er langsam kopfseitig um die auf dem Tisch liegende Frau herum. Er streifte dabei mit der rechten Hand über ihre Schläfe.

>>Mit dieser Qualität der Fragen werden sie vermutlich nicht ihr zweites Auge retten können.<<

>>Nein, bitte lassen sie mich gehen. <<

>>Tut mir leid das ist leider keine Option, die ich in Erwägung ziehe. Sie müssen sich schon etwas mehr anstrengen, sonst gehen Sie hier im besten Fall blind heraus. Nun denken Sie nicht auch, dass ein Serientäter immer ein Motiv hat?<< Er hielt kurz innen. >>Hoppla, da habe ich ihnen doch schon einen Tipp gegeben<<, mit diesen Worten wandte er sich selbst zufrieden ab, und suchte etwas auf dem Metallenem Rolltisch, welcher neben der Bare stand.

Mira fing an sich zu fragen warum ihr Entführer sie mit schlecht gemachten Horrorfilmen folterte. Sie liebte Gruselfilme, gute Gruselfilme aber das traf auf das gebotene nicht zu. Sie vergrößerte den Abstand zum Fernseher etwas und war schon im Begriff sich wieder auf das Sofa zu setzen um über ihre Situation nachzudenken und darüber wie sie sich aus der Hüte befreien konnte, der Mann hielt das blutige Skalpell in die Kamera, um sich anschließend weder seinem hilflosen Opfer zuzuwenden. Mira war auf halber Strecke zwischen Sofa und Fernseher sitzen geblieben und verfolgte den Film nur noch mit wenig Aufmerksamkeit.

>>Und Haben Sie schon eine Idee, wieso das alles hier passiert?<<

Die Frau versuchte sich zu befreien. Erst jetzt erkannte Mira, dass sie mit Fesseln am Tisch fixiert war.

>>Nun ich möchte Ihnen noch ein Tipp geben Sie sind tatsächlich kein Zufallsopfer, Ute. Na sind sie noch immer nicht darauf gekommen, warum sie hier sind, Ute?<<

>>Sie müssen mich verwechseln.<<

>>Nein, das glaube ich nicht.<<

Er beugte sich über die Frau.

>>Wenn ich in einen Tipp geben darf, bewegen Sie sich nicht so schnell sonst steche ich vielleicht zu tief und treffe nicht nur ihr Auge.<<

>>Nein, nein, nein. Hilfe helfen Sie mir doch!<<

>>Sie? Wenn das nicht ein Ruf nach unserem Telefonjoker ist.<<

Die dramatische Musik verstummte und er wendete sich von der Frau ab.

>>Mira was meinst du?<< fragte er herausfordernd direkt in die Kamera. Sie robbte auf allen vieren zurück und stieß gegen das Sofa. >>Hoppla, habe ich dich erschreckt? Die Liebe kleine Mira. Glaubst du, du kannst die Frau retten?<<

Mira erkannte, dass es keine OP Begleitung war, welche der Mann trug, sondern ein Bettlaken in welches Löcher geschnitten waren.

>>Wer sind Sie? Was wollen Sie von mir? Wie haben Sie mich hierhergebracht?<< Er schwenkte tadelnd den Zeigefinger. >>So viele Fragen auf einmal. Mira. Die liebe Mira. Findest du nicht, dass die Belange der einäugigen Dame Vorrang haben sollte?<<

>>Mit wem sprechen Sie?<<

>>Halt die Fresse du Hexe, oder ich schneide dir die Zunge sofort raus. Also Mira wie denkst du könntest du der Dame helfen.<< Die Gedanken rannten durch Miras Kopf.

>>Mira huhu<<, der Mann klopfte gegen die Kamera und es hätte sie nicht wenig verwundert, wenn dieser durch die Bildschirmoberfläche herausgetreten wäre. Sie ertappte sich beim Gedanken, dass dies tatsächlich kein altmodischer Fernseher, sondern lediglich ein Fenster war, welches den Raum des Folterers vom Hütteninneren trennte.

>>OK, wie du willst, dann werde ich eben mit meiner Operation fortfahren<<, wobei er das Wort Operation besonders hervorhob, was Mira auch durch die verfremdete Stimme nicht entging. Er wendete sich wieder von ihr ab.

>>Nein, tun Sie das nicht.<<

Er fuhr herum.

>>Dann solltest du mir vielleicht sagen, warum ich es nicht tun sollte, oder vielleicht viel mehr warum ich es tue.<< Er verharrte. Es verstrichen Sekunden oder Minuten.

>>Ist das alles, was du mir zu sagen hast? Dann werde ich mich wohl wieder um die liebe Dame hier kümmern. Es soll schließlich keiner sagen sie hätte sich in meiner Obhut nicht entwickeln können.<<

>>Nein, warten Sie.<< Er winkte ab. >>Tut mir leid die Zeit ist knapp.<< Er holte vom Tablet eine Runde Schwarze Eieruhr und stellte diese auf 45 Minuten.

>>Falls du dich nun fragst was in 45 Minuten mit dieser Frau passieren wird dann habe ich dich wohl etwas falsch eingeschätzt. Die Frage ist viel mehr, was mit dir in 45 Minuten passieren wird ... Ich denke, es dürfte nicht sehr erfreulich sein und aller guten Dinge sind Drei. Baboom.<<

Plötzlich drang nur noch Rauschen aus den Lautsprechern und der Fernseher zeigte das krieselige Bild.

III.Mira

Sie wusste nicht was in 45 Minuten passieren würde, aber sie wusste sehr wohl, dass sie sich aus dieser Hüte befreien musste. Wer war diese Frau? Und vor allem wie war sie hierhergekommen und wo war sie eigentlich? Sie war auf einer Party von einem Geschäftskollegen, aber war sie das wirklich oder war das nicht schon vorletztes Wochenende? Keine Zeit über so was nachzudenken, ermahnte sie sich. Sie konnte später darüber nachdenken, wenn sie sich aus dieser Hütte befreit hatte.

Sie warf sich mit voller Wucht gegen die Eingangstür. Diese gab keinen Zentimeter nach, und nicht nur das, es schien viel mehr sogar, dass diese nicht aus Holz, sondern aus massivem Stahl war, welcher lediglich das Aussehen von Holz angenommen hatte. Das Schloss schien ebenfalls ein Sicherheitsschloss zu sein, welches sich nicht allzu leicht Knacken lassen würde.

Die Fenster. Sie rannte zu den Fenstern und stellte beim Öffnen fest, dass der Sturm an Intensität noch zugelegt hatte und massive Eisenstangen ein Entkommen verhindern würden.

Sie musste Irgendeinen Gegenstand finden, welcher ihr einen Ausbruch ermöglichte. Sie dachte so scharf nach, dass sie vergaß zu atmen und hörte ein Geräusch welches sich unter dem Heulen des Windes versteckt hatte.

Ein Ticken. Ein Ticken, welches sie daran erinnerte, dass ihr die Zeit davonlief. Sie schloss die Augen und drehte langsam den Kopf. Die Geräuschquelle schien durch den Raum zu schweben. Sie näherte sich dem Fernseher. Darunter befand sich ein kleiner Unterstellschrank, aus welchem das Ticken zu kommen schien. Langsam näherte sie sich dem großen braunen Kasten und konnte nur schwer den Gedanken verdrängen, welcher vorhin bezüglich des Fernsehers in ihr aufgestiegen war.

Sie ging in die Knie und öffnete langsam eine der beiden Türen. Sie befürchtete, dass jeden Moment eine Hand mit einem Skalpell daraus hervorschnellte, stattdessen fiel ihr Blick auf eine Eieruhr, wie sie sie soeben in der Videoübertragung gesehen hatte.

Sie griff nach der Eieruhr. Jetzt erkannte sie das die Uhr eine schwarze Billardkugel darstellte und das diese noch 35 Minuten anzeigte. Sie zog die Uhr aus dem Schränkchen dabei zog sie etwas mit, das mit Drähten mit der Uhr verbunden war und welches auf den Boden fiel.

DYNAMIT! Dachte sie und machte umgehend zwei Schritte rückwärts. Aus der Entfernung betrachtete sie die zwei Deodosen großen roten Stangen. Die Drähte waren abgerissen und die Explosion verhindert worden. Erleichtert atmete sie aus. Da war irgendetwas. Sie entschloss sich die Eieruhr auf 0 zu drehen. Nachdem das Klingeln verstummt war, hatte sie Gewissheit. Aller guten Dinge sind Drei, und da das Ticken in der Hütte noch nicht verstummt war, musste sie die anderen beiden Uhren finden, bevor es zu spät war.

Sie schloss die Augen und drehte sich langsam um die eigene Achse. Das Bücherregal. Ein Ticken kam zweifelslos aus dessen Richtung. Dieses viel zur große Bücherregal mit diesem Potpourri aus Büchern, es schien, als hätten sämtliche Personen der Stadt zwischen 6 und 99 Jahren ihre Bücher in dieses Regal verbracht.

Ein Buch nach dem anderen zog sie aus dem Regal. Die wilde Mixtur aus Fachliteratur, Kindergeschichten und Fantasy Romanen schien, ihre innere Gefühlswelt wider zu spiegeln. Ein Buch nach dem anderen. Buch für Buch. Die Zeit. Die mahnende tickende Uhr in den Trommelfellen. Bis es irgendwann Klick machte.

Sie fuhr mit der Hand durch das Regal und fegte die Bücher von ihren Böden. Diese Wut hatte sie nicht kommen sehen. Diese unglaubliche Wut. Sie riss die Bücher heraus und warf sie gleich einem wütenden Kind, welches nicht mehr Herr seiner Sinne war, auf den Boden. Dieser Anfall von Wut endete erst als alle Regalböden leer waren, und sämtliche Bücher auf dem Boden lagen.

Schwitzend und außer Atem beobachtete sie ihr Werk. Ihr Herzschlag schien das Ticken fast zu übertönen, es kam nun aus einer anderen Richtung, aber wie war das möglich? Jede Sekunde, welche sie darüber nachdachte wurde ihr durch das Ticken bewusst.

Die Bücher! Die zweite Eieruhr musste in einem der Bücher sein. Sie suchte nach den größeren Büchern und fand in einem Lexikon, welches man durch Herausschneiden der Seiten zu einem Bücher Tresor umgebaut hatte, die zweite Bombe. Wieder hatte die Eieruhr die Form einer Billardkugel und wieder waren zwei Stangen, vermutlich Dynamit, damit verbunden. So es eine dritte Uhr gab, blieben er noch 8 Minuten.

Nachdem sie die Uhr von den Stangen getrennt hatte, drehte sie auch diese auf Null. Das Ticken. Es war kein Ticket zu hören. Nur der Wind, der gegen die Fenster drückte. Sie wünschte sich, dass dieser für einen Moment verstummen würde, damit sie die letzte Uhr finden konnte.

Auf Zehenspitzen schlich sie durch die Hütte und versuchte ein verräterisches Geräusch ausfindig zu machen. Sie öffnete die Tür zur Toilette. Auch dieses Mal, war der Raum nicht wärmer. Sie beugte sich langsam über das Schwarze Loch. Wenn man nur lange genug in die Dunkelheit schaute, dann wird man von dieser verschlungen. Sie wurde aus den Gedanken gerissen, als die Tür hinter ihr zuflog. Sie fuhr herum und erschrak, als sie ihr eigenes Gesicht aus einem Blinden zerkratzten Metallspiegel anstarrte. Sie sah mitgenommen aus. Ihre schwarzen schulterlangen Haare, zerzaust, die Ringe unter den Augen ... Das Blinzeln und das Grinsen. Der Ausdruck von Angst. Spielten ihr ihre Nerven hier einen Streich, oder hatte sie gerade tatsächlich gegrinst? Neben dem Spiegel befand sich noch ein Schalter, ohne Funktion, in dieser eisigen Zelle.