Schule (E-Book) - Rolf Dubs - E-Book

Schule (E-Book) E-Book

Rolf Dubs

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  • Herausgeber: hep verlag
  • Kategorie: Bildung
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2023
Beschreibung

Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen. Der bekannte Wirtschaftspädagoge und Förderer der Berufsbildung Dr. hc. mult. Rolf Dubs geht mit viel Erfahrung und Weitblick auf ausgewählte, aktuelle Bildungsthemen ein: Kompetenzorientierter Unterricht, Digitalisierung, neue Lehrpläne und selbstständiges Lernen. Mit seinen Ausblicken und Anmerkungen will er zu einer Schule anregen, die den Lernenden auch in Zukunft Sicherheit gibt.

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Seitenzahl: 112

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Rolf Dubs

Schule

Ausgewählte Fragen und Lösungen zum Unterricht

ISBN Print: 978-3-0355-2373-7

ISBN E-Book: 978-3-0355-2374-4

1. Auflage 2023

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 hep Verlag AG, Bern

hep-verlag.com

Inhalt

1 Vorwort

2 Grundlegung

2.1 Einleitung

2.2 Konstruktivismus

2.3 Lernziele und Taxonomien

2.4 Schlüsselqualifikationen

2.5 Kompetenzorientierter Unterricht

2.6 Handlungskompetenzorganisierter Unterricht

2.7 Personalisiertes Lernen

2.8 Selbstständiges Lernen

2.9 Digitalisierung der Schule

2.10 Wissenschaftliche Einzelthemen

2.11 Zwischenbemerkung

3 Fragen zu Lehrplänen

3.1 Verbindlichkeit von Lehrplänen und Freiräume für Lehrpersonen

3.2 Hinweise zur Gestaltung von Lehrplänen

3.3 Ein Konstruktionsmodell für die Lehrplangestaltung

3.4 Lehrpläne mit Fächern oder mit Themen

3.5 Die Bedeutung des Wissens

3.6 Neue Lehrpläne und die Weiterbildung der Lehrpersonen

3.7 Zwischenbemerkungen

3.8 Einige persönliche Anmerkungen

4 Frontalunterricht

4.1 Gegebenheiten

4.2 Empirische Forschung zum Frontalunterricht

4.3 Unterrichtspraktische Hinweise zum Frontalunterricht

4.4 Die Aufgaben der Lehrpersonen im Frontalunterricht

4.5 Planung von Frontalunterricht

5 Selbstständiges Lernen (selbstreguliertes oder selbstgesteuertes Lernen)

5.1 Grundlagen

5.2 Wissenschaftliche Untersuchungen und Berichte

5.3 Merkmale des selbstständigen Lernens

5.4 Selbstlernkompetenzen

5.5 Denkanstösse

5.6 Schema und Beispiel für selbstständiges Lernen

6 Digitalisierung

6.1 Digitale Transformation

6.2 Die Verunsicherung der Lehrerschaft

6.3 Ergebnisse aus der empirischen Forschung

6.4 Formen des digitalen Unterrichts

6.5 Das SAMR-Modell

6.6 Unterrichtsplanung für die Digitalisierung

6.7 21st Century Skills

6.8 Denkanstösse für Lehrerinnen und Lehrer

6.9 Ein Unterrichtsbeispiel zu selbstständigem Lernen mit Hilfe der Informatik

7 Schulbehörden und Schulleitungen

7.1 Schulbehörden

7.2 Schulleitungen

7.3 Organisation der Informatik in einer Schule

7.4 Obligatorische Weiterbildung der Lehrpersonen

8 Nachwort zum Unterricht in Politik und Wirtschaft

1 Vorwort

Die Ansprüche an die Schule und an die Lehrerschaft werden immer grösser. Als Folge davon entwickeln Forschende, Schulberatende, Eltern und die Politik neue Ideen für eine aus ihrer Sicht bessere Schule. Dabei glauben viele von ihnen, sie wüssten am besten, wie die Schulen in Zukunft moderner zu gestalten seien. Einzelne von ihnen werden dann auch aktiv und bemühen sich, ihre Vorstellungen durchzusetzen. Viele von ihnen berufen sich dabei auf wissenschaftliche Forschungserkenntnisse, ohne zu beachten, dass die pädagogische Forschung immer widersprüchlicher wird. Andere folgen dogmatischen Ideen, häufig ohne zu erkennen, dass sie falsch sind. Ernsthafte Überlegungen zur «guten» Schule verlieren leider immer mehr an Bedeutung, weil sie auch immer widersprüchlicher werden. Sogar für Lehrpersonen wird es schwieriger die «gute» Schule zu charakterisieren. In letzter Zeit werden und wurden vielerorts neue Lehrpläne eingeführt, welche viele Schulleitungen und Lehrpersonen verunsichern. Damit beschäftigt sich diese kleine Schrift, die nicht streng wissenschaftlich aufgebaut und geprägt ist. Sie spricht viel mehr einzelne aktuelle Fragen an, welche bei Lehrplanentwicklungen und in der Lehrerschaft umstritten sind. Ihr Ziel ist es, diese Fragen zu klären und Antworten zu geben, die differenziert und praxisorientiert beschrieben werden. Grundlage dazu bleiben Forschungsergebnisse, die so weit als möglich gesichert und nicht übergeneralisiert sind. Dazu kommen eigene praktische Schulerfahrungen, die nicht widersprüchlich oder bloss modernistisch sind. Ziel dieser kleinen Schrift ist es, Anregungen zu aktuellen Fragen der Schule zu geben, um Streitfragen in einer differenzierten Form darzustellen. Angestrebt wird eine vielseitige und zukunftsgerichtete Schule, die den Lernenden Sicherheit geben sollte.

2 Grundlegung

2.1 Einleitung

Schon immer gab es im Verlaufe der Zeit neue Theorien und Modelle für den schulischen Unterricht. Verantwortlich dafür sind verschiedene Gründe: Gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Entwicklungen, neue Ideen von markanten pädagogisch Forschenden, Politikerinnen und Politikern sowie Lehrpersonen, die sich nicht selten persönlich profilieren wollen, oder von beratenden Institutionen, welche glauben, die Schule grundlegend verbessern zu können. Nicht selten nehmen Schulbehörden, Gruppen von Lehrpersonen, Eltern und politisch Aktive die neuen Ideen mit Beifall auf, ohne sich aber Gedanken darüber zu machen, dass alle pädagogischen Neuerungen nicht nur Vorteile, sondern auch immer Nachteile bringen (Aussage des deutschen Pädagogen Eduard Spranger).

In den vergangenen Jahren entwickelten in der Schweiz drei Gruppen von pädagogisch Forschenden und Interessenvertretern, von Behörden und von Lehrpersonen neue Lehrpläne: den Lehrplan 21 für die Volksschulen, die Lehrpläne für kaufmännische Berufsschulen und Detailhandelsberufe sowie für die Gymnasien. Dass bei diesen Gruppen jeweils zum Teil grosse Meinungsverschiedenheiten über die Gestaltung der Lehrpläne entstanden sind, ist selbstverständlich. Ebenso klar ist, dass in allen drei Fällen unterschiedliche pädagogische Vorstellungen und Konzepte zugrunde gelegt wurden. In Lehrplanfragen gibt es aber nie ein Richtig oder Falsch. Ärgerlich ist jedoch, dass in allen drei Fällen gesicherte pädagogische Forschungsergebnisse gewollt oder ungewollt weitgehend übersehen wurden, sei es, weil pädagogische interessierte Leute einseitige pädagogische Neuerung einbringen wollten, oder sei es, dass Kompromisse in Streitfragen zu keinen überzeugenden Lösungen geführt haben. Vor allem zu den neuen Lehrplänen für die kaufmännischen Berufe gab es viel Kritik, wobei zwei Dinge im Vordergrund standen: Einerseits tendierten die Lehrplankonstrukteure zu modischen Neuerungen, die aus der Sicht der Forschung fragwürdig blieben. Und andererseits wollten die Verantwortlichen zu viele Lerninhalte in den Lehrplan aufnehmen, sodass die Lehrpläne überladen und zu wenig differenziert ausfielen und die Formen und Methoden der Unterrichtsgestaltung zu wenig vielgestaltig waren.

Die dargestellten Ideen und Gedanken sowie die kritischen Anmerkungen richten sich in erster Linie an die Lehrerschaft und deren Vorgesetzte. Ziel ist es, theoretische und schulpraktische Grundlagen für die Unterrichtsentwicklung und Unterrichtsgestaltung zu schaffen, die pädagogische Forschung und praktische Erfahrung verbindet. Dazu wird der Vielgestaltigkeit von Unterricht viel Aufmerksamkeit geschenkt.

Das Büchlein setzt sich aus drei Bereichen zusammen: Erstens werden die Theorien für den Unterricht im Verlaufe der Zeit dargestellt, um Erfolge und Misserfolge von Theorien aufzuzeigen. Zweitens werden ausgewählte Aspekte für gute Lehrpläne angesprochen. Und drittens werden Formen von herkömmlichen und neuen Theorien und Ideen zum Unterricht behandelt und differenziert bearbeitet.

2.2 Konstruktivismus

In den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts haben sich in erster Linie amerikanische Universitäten für den Schulalltag mit dem Konstruktivismus zu befassen begonnen. Ihre Vertreter lehnten den bisherigen Unterricht mit Lehrpersonen, welche die Lernenden belehren, ab. Sie verwarfen die einfachen (reduktionistischen) Unterrichtsmodelle von belehrenden Lehrpersonen und richteten den Unterricht auf komplexe, lebens- und berufsnahe Grundlagen im eigenständigen Lernen aus. Dieser Unterricht musste grundsätzlich selbstständig und selbstreguliert sein. Die Lehrpersonen unterstützen die Lernenden höchstens so weit, als sie eine Hilfe der Lehrperson benötigen. Ihr Unterricht beschränkt sich allerdings nicht nur auf das kognitive Lernen, auch die Gefühle und Werte sowie die persönliche Identifikation waren sehr wesentliche Lerninhalte. Tests und Prüfungen wurden strikt abgelehnt (z. B. von Glasersfeld 1996, Duffy & Jonassen 1992). Diese Form des Konstruktivismus wurde als radikaler Konstruktivismus bezeichnet. Trotz vieler schulpraktischer Anwendungen in den Vereinigten Staaten hat sich dieser radikale Konstruktivismus nicht durchgesetzt. An seine Stelle trat der gemässigte Konstruktivismus. Ziel des gemässigten Konstruktivismus ist ein Unterricht, in dem nur noch problemorientiert unterrichtet wird, die Lehrperson aber eine Vielzahl von Lehr- und Lernformen und Freiräumen in den Unterricht einbringt, um das selbstständige Lernen zu fördern.

Einen wesentlichen Einfluss auf den gemässigten Konstruktivismus hatte Achtenhagen (Achtenhagen, John et al. 1998) mit seiner Entwicklung von komplexen Lehr-Lern-Arrangements, ein Unterricht, der sich auf Fallbeispiele, Dialoge, Simulationen usw. ausrichtet und Wert auf Wissensstrukturen legte. Abbildung 1 zeigt ein Modell für den Aufbau eines komplexen Lehr-Lern-Arrangements.

Abbildung 1: Schema für den Unterricht mit dem gemässigten Konstruktivismus

2.3 Lernziele und Taxonomien

Einen weltweit bedeutenden Durchbruch für die Entwicklung des Lernens in Schulen brachte Robert F. Mager (1962). Sein Ziel war es, die Schülerinnen und Schüler durch die Lehrenden anzuleiten, um vorgegebene Lernziele zu erreichen. Deshalb entwickelte er die Idee von Lernzielen, die zielgerichtet vergeben werden und den Lernerfolg problemlos messbar machen. In einfacher und klarer Formulierung beschreiben die Lernziele also den angestrebten Lerngewinn (Lernerfolg) der Lernenden für einen bestimmten Lernstoff. Anfänglich waren die Lernziele blosse Inhaltsangaben in lernaktivierender Form. Bloom & Krathwohl (1956) entwickelten auf den Lernzielen aufbauende Stufen mit einer Taxonomie. Eine Taxonomie ist ein Verfahren (Klassifikationssystem), in dem (neben anderem) Lernziele nach bestimmten Kriterien klassifiziert werden. Abbildung 2 zeigt die kognitiven Taxonomiestufen.

Kognitive Taxonomiestufen

Wissen K1

Verstehen K2

Anwenden K3

Analyse K4

Synthese K5

Beurteilung K6

Abbildung 2: Kognitive Taxonomie

Anfänglich wurden nur kognitive Taxonomien verwendet. 1960 haben Krathwohl, Bloom et al. eine affektive Taxonomie entwickelt (siehe Abbildung 3). Anderson, Krathwohl et al. haben eine kleine Revision vorgenommen, die aber für den Schulalltag keine wesentliche Veränderung brachte.

Aufmerksam werden

Reagieren

Werten

Organisieren und Ordnen von Werten

Charakterisieren durch Werte/Wertestruktur

(Bildung der Persönlichkeit)

Abbildung 3: Affektive Taxonomie

Die Wahl der Lernziele muss in Lehrplänen und anfänglich auch im täglichen Unterricht auf mittelmässige Lernende ausgerichtet sein. Empfehlenswert sind die folgenden Regeln: Prüfungsrelevant sollen die Lernziele von durchschnittlich Lernenden sein, um vernünftige Vorgaben zu machen. Die Lehrpersonen sollten über Freiräume verfügen, damit sie die Lernfortschritte der Lernenden gezielt sichtbar machen können.

In der Schweiz fanden Lernziele und Taxonomien ab 1968 in berufsausbildende Lehrpläne (Dubs & Metzger 1974) Eingang. Heute wird häufig von Leistungszielen gesprochen, die aber nur das Kognitive betreffen. Noch immer gibt es Lehrpersonen, die Lernziele und Taxonomien als unwirksam bezeichnen. Dies trifft zu, wenn der Unterricht nicht vielgestaltig ausgerichtet ist (z. B. immer nur die kognitiven Taxonomiearten K1 und K2 in Lehrplänen eingesetzt werden).

Die Abbildung 4 zeigt ein Beispiel eines Lernziels mit verschiedenen Taxonomiestufen.

Ein Lehrplankonstrukteur legt einen ersten Lernzielentwurf mit der kognitiven Taxonomiestufe K1 vor: «Sie skizzieren die Gliederung und den Aufbau der Rechtsordnung.» Die andern Lehrplankonstrukteure schlagen anspruchsvollere Lernziele vor. Die unten dargestellten Formen werden diskutiert:

Wissen K1 Lernziel

Gliederung und Aufbau der Rechtsordnung skizzieren

Verstehen K2 Lernziel

Den Zweck der Gliederung und des Aufbaus der Rechtsordnung erklären

Anwenden K3 Lernziel

Rechtliche Beispiele in die Gliederung und den Aufbau der Rechtsordnung einordnen

Analyse K4 Lernziel

Aus historischer und gegenwärtiger Sicht die Gliederung und den Aufbau der Rechtsordnung darlegen und begründen

Synthese K5 Lernziel

Gliederung und Aufbau der Rechtsordnung auf deren Zweckmässigkeit überprüfen

Beurteilung K6 Lernziel

Gliederung und Aufbau der Rechtsordnung mit anderen Ländern vergleichen und beurteilen.

Abbildung 4: Beispiel von Varianten eines Lernziels

Für den Unterricht ist zu entscheiden, welches Lernziel behandelt werden soll (abhängig von der verfügbaren Unterrichtszeit oder dem Vorwissen).

Variante 1: Die erste Fassung (K1) wird beibehalten. Aber die Lehrpersonen erhalten neue Freiräume, in denen sie selbst entscheiden können, welche Lernziele verbindlich bleiben und welche Lernziele sie mit ihren Freiräumen in den Unterricht einbringen wollen.

Variante 2: Die Lernenden können eine anspruchsvollere Variante (K3 bis K5) selbst wählen. Sie interessieren und entscheiden sich für K5. Für die Lehrperson entsteht dann oft ein Zeitproblem im Unterricht. In diesem Fall muss die Lehrperson K2 einsetzen. Damit wird das Kernproblem sichtbar: Ist der Lehrplan insgesamt überlastet, so müssen sich die Lehrpersonen immer für K2 entscheiden. Haben sie Freiräume, so dürfen sie K5 einsetzen.

2.4 Schlüsselqualifikationen

In den sechziger Jahren verstärkte sich die Kritik an der Lernzielbewegung. Sie wurde als theoriearm beurteilt und in der Praxis entstanden vielerorts lange Lernziellisten, welche konzeptionelle Schwächen beinhalten. Deshalb hat Mertens (1974) die Idee von Schlüsselqualifikationen entwickelt, mit denen er die Nachteile der arbeitsplatzbezogenen Qualifikationen in der Berufsbildung überwinden wollte. Er stellte richtigerweise fest, dass arbeitsbezogene Qualifikationen angesichts des raschen Wandels zu schnell überholt sind und sich daher für die berufliche Bildung nicht mehr eignen. Deshalb schlug er die Einführung von Schlüsselqualifikationen vor, nämlich «solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmter disparater praktischer Tätigkeit erbringen, sondern sich für eine grosse Zahl von Positionen und Funktionen zum gleichen Zeitpunkt und für die Bewältigung einer Sequenz von meist unvorhergesehenen Änderungen von Anforderungen in Laufe des Lebens eignen». Die Sicherung der Flexibilität soll angesichts ungesicherter Prognosen mittels vier Typen von Schlüsselqualifikationen erfolgen. Basisqualifikationen (Qualifikation höherer Ordnung mit Transfer auf spezielle Wissens- und Anwendungsgebiete), Horizontalqualifikationen (Nutzung der Informationshorizonte), Breitenelemente (Allgemein bildungserfordernisse) und Vintagefaktoren (Bildungsinhalte, welche Bildungsdifferenzen zwischen Generationen aufheben). Mertens und seine Gefolgsleute wollten mit ihren Schlüsselqualifikationen die bisherige Gliederungen der Ausbildung in verschiedenen Zweige beseitigen (Schultypen, Lehrpläne, Lernziele, Lerninhalte) und eine moderne Gesellschaft entwickeln, deren pädagogische Ziele lauten: (1) Entfaltung der eigenen Persönlichkeit, (2) Fundierung der eigenen Persönlichkeit, (3) Herausbildung sozialen Verhaltens. Deshalb wird die Gliederung zwischen Allgemeinbildung und Berufsbildung hinfällig. Im Verlaufe der Zeit wurden viele Listen von Bezeichnungen oder Kompetenzen zur Umschreibung der Schlüsselkompetenzen entworfen (siehe beispielsweise Schlüsselkompetenzen für die nachhaltige Entwicklung (Riechmann 2013). Angesichts der starken Kritik hat sich aber das Konzept der Schlüsselqualifikationen nicht durchgesetzt: Gegen eine Umsetzung spricht das Fehlen von Prognoseinstrumenten, eine Bestimmung des Begriffs der angezielten Persönlichkeit sowie die Beschleunigung des Fortschritts, die Qualifikationen immer schneller obsolet werden lässt.

2.5 Kompetenzorientierter Unterricht

Heute beruhen viele Lehrpläne auf Kompetenzen. In der Schweiz wurden sie mit der Einführung des «Lehrplan 21» für die Volksschule verbindlich erklärt. Im Projekt «Weiterentwicklung der gymnasialen Maturität» wird seit längerer Zeit immer noch diskutiert. Die wissenschaftliche Seite beschäftigt sich schon seit etwa zwanzig Jahren mit dem kompetenzorientierten Lernen, was zu vielen Definitionen mit verschiedenartigen Modellen zu unterschiedlichen Meinungen vor allem in der Lehrerschaft führt. Viele Lehrpersonen lehnen das Konzept der Kompetenzen für Lehrpläne und Unterricht ab, weil es ihrer Meinung nach nichts Neues für die Schule bringt. Meinungsverschiedenheiten bei der Lehrplanentwicklung bestehen auch häufig hinsichtlich der Merkmale für die gymnasialen und die beruflichen Kompetenzen, obschon die Ziele konzeptionell in vielem ähnlich sind.

Pädagogisch wertvoll für die Schule ist der Wert von Kompetenzen, die mit den Lernzielen in Verbindung gebracht werden können. Deshalb gewann die Kompetenzorientierung im Zusammenhang mit dem Lernen immer mehr an Bedeutung. Die Folge davon ist eine Vielzahl von Definitionen, was nicht selten zu Missverständnissen führte und führt. Immer wieder wird von drei Kompetenzkategorien gesprochen: der Kompetenz in der Berufswelt, der Kompetenz im Schulwesen und der Frederick-Kompetenz. Häufig versteht man unter der Kompetenz in der Berufswelt auch die Frage, ob und wie Mitarbeitende ihre jeweiligen Aufgaben erfüllen, das heisst, betrachtet werden die Qualifikationen, was nicht immer zukunftsgerecht ist. Deshalb wird im Interesse der Klärung heute in der Berufswelt von Handlungskompetenzen gesprochen, welche definiert werden als «Voraussetzung für die Teilhabe an der sich wandelnden Wirtschafts- und Arbeitswelt, einschliesslich einer berufsbegleitenden Auseinandersetzung und Mitgestaltung derselben»