Secret Crush. Der Star der Mannschaft (Secret-Reihe) - Mimi Heeger - E-Book
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Mimi Heeger

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Beschreibung

**Liebe nicht, wen du nicht leiden kannst** Die schüchterne Journalistik-Studentin Lauren kann sich wirklich Schöneres vorstellen, als zwei Wochen lang einem arroganten Fußballstar an den Fersen zu hängen. Ausgerechnet sie soll über den berüchtigten Frauenheld Scott Peterson berichten und ihn in der Öffentlichkeit als einen repräsentablen und sympathischen jungen Mann darstellen. Und das ist leichter gesagt als getan, denn der verboten gut aussehende Sportler könnte sich nicht weniger um sein Image scheren und setzt alles daran, Lauren ihre Arbeit zur Hölle zu machen. Doch soviel Mühe sich die beiden auch geben einander zu hassen, das Knistern zwischen ihnen können sie nicht verleugnen … Ein Sportler zum Verlieben Studentin trifft auf Fußballstar – endlich geht es weiter! Nach »Secret Kiss. Die Tochter vom Coach« erzählt Mimi Heeger nun die Geschichte von Maggies Bruder, dem Star der Mannschaft. //Alle Bände der Sports-Romance-Buchserie bei Impress:     -- Secret Kiss. Die Tochter vom Coach     -- Secret Crush. Der Star der Mannschaft   -- Secret Match. Team wider Willen Es geht weiter! Die Kinder der beliebten Figuren aus der »Secret«-Serie haben ihre eigene Geschichte erhalten. Alle Bände der Spin-off-Serie »To Me and You« bei Impress:  -- To Me and You. Grace & Adam  -- To Me and You 2 (Januar 2021)   -- To Me and You 3 (Mai 2021)// Jeder Roman dieser Serie steht für sich und kann unabhängig von den anderen gelesen werden. 

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Mimi Heeger

Secret Crush. Der Star der Mannschaft

**Liebe nicht, wen du nicht leiden kannst** Die schüchterne Journalistik-Studentin Lauren kann sich wirklich Schöneres vorstellen, als zwei Wochen lang einem arroganten Fußballstar an den Fersen zu hängen. Ausgerechnet sie soll über den berüchtigten Frauenheld Scott Peterson berichten und ihn in der Öffentlichkeit als einen repräsentablen und sympathischen jungen Mann darstellen. Und das ist leichter gesagt als getan, denn der verboten gut aussehende Sportler könnte sich nicht weniger um sein Image scheren und setzt alles daran, Lauren ihre Arbeit zur Hölle zu machen. Doch soviel Mühe sich die beiden auch geben einander zu hassen, das Knistern zwischen ihnen können sie nicht verleugnen …

Wohin soll es gehen?

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Vita

Danksagung

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© privat

Michaela Heeger wurde 1983 in Kreuztal geboren und wohnt mit ihrem Mann, ihren zwei Söhnen und einem kleinen Hund im Siegerland. Die zweite Welt, in der sie lebt, ist die der Bücher. Tag und Nacht taucht sie mit Figuren aus den verschiedensten Genres in deren Geschichten ein. Das eigene Schreiben von Romanen ist schon seit Kindheitstagen ein Wunsch, der schnell zur Leidenschaft und schließlich zum großen Traum wurde.

Folge immer deinem Herzen …

Prolog

Scott

Ich hasse Sonntagabende. Sonntag ist Familientag. Aber ich bin allein. Na ja, zugegeben nicht ganz, aber es fühlt sich verdammt noch mal so an.

»Soll ich dir was zu trinken besorgen?«

Sie soll einfach still sein. Wenn sie mich weiter so nervt, kommt ihr Rausschmiss schneller als geplant.

Candy versucht sich von hinten an mich zu schmiegen. »Du warst gestern echt gut«, haucht sie gegen mein Ohr und alles in mir schreit danach, sie einfach aus dem Bett zu kicken.

»Du hast mein Spiel gesehen?«

Es ist immer das Gleiche. Sie geben vor, ein großer Fan zu sein, wissen aber oft nicht mal, welche Sportart ich betreibe.

»Ja klar«, säuselt sie und ihre Hand wandert meinen Rücken entlang.

»Und was denkst du?«, ködere ich sie und drehe mich auf den Rücken, um ihr Gesicht zu sehen. Sie ist echt hübsch. Aber das ändert leider nichts. »War Bristol wirklich so schlecht, wie die Presse hinterher gesagt hat?«

»Na ja«, druckst sie rum, »ich würde sagen, ja.«

Sie schiebt sich das wasserstoffblonde Haar hinter die Ohren. Ein Jammer für sie, dass wir gestern nicht gegen Bristol gespielt haben.

»Du solltest jetzt wirklich gehen, Candy.«

»Cassy«, korrigiert sie mich mit zusammengebissenem Kiefer.

»Auch gut«, stöhne ich und klettere aus meinem Bett. Ihren Schmollmund und das genervte Seufzen zu ignorieren wird das Beste sein. Ich schlurfe durch mein dunkles Penthouse und schenke mir einen Orangensaft ein.

»Ich gehe dann«, höre ich Candys oder Cassys Stimme und der Fahrstuhl, der sich in diesem Moment öffnet, flutet etwas Licht ins Dunkel.

»Hm«, knurre ich nur, ohne mich von der Fensterfont abzuwenden. Der Ausblick war der Grund, warum ich diese Wohnung vor sechs Monaten gemietet habe. Eigentlich mag ich sie nicht mal besonders. Ich bin anders groß geworden. Bescheiden. Klein. Gemütlich. Aber das ist eine Ewigkeit her.

Ich blicke in die Sterne über London und frage mich, was noch eine Rolle spielt, wenn Ruhm und Geld nicht mehr wichtig sind. Momentan dreht sich alles nur um den Erfolg. Mein ganzes Leben wird bestimmt durch meinen Erfolg. Aber was bleibt übrig, wenn all das vorbei ist?

***

Lauren

Ich liebe Sonntagabende. Sonntag ist Familientag. Da ist man nie allein. Ich liebe die Essen, die wir abwechselnd bei uns oder den Middlestones veranstalten.

»Soll ich dir noch was zu trinken holen?«

David liegt neben mir auf seinem Bett und wir sehen uns schon seit Stunden alte Game of Thrones-Folgen an.

»Ich brauche nichts, danke«, sage ich und kuschle mich ein bisschen enger in seinen Arm. Ich genieße die Stunden, die wir zu zweit sind. Meine Hand fährt unter sein Shirt und die weiche Haut seines flachen Bauches wärmt meine Hand.

»Lauren, komm schon.« David zieht meine Hand hervor und nimmt sie in seine. »Du weißt, dass ich das nicht mag.«

Der tiefe Seufzer, der in meiner Kehle aufsteigt, lässt sich nicht zurückhalten.

Mein Freund nimmt mich etwas fester in den Arm und breitet eine Decke über uns aus. »So musst du auch nicht frieren. Lass uns noch eine letzte Folge schauen, dann bringe ich dich rüber.« Wir wohnen nur einen Katzensprung von den Middlestones entfernt.

»Ich bin müde. Ich denke, ich werde jetzt direkt gehen.«

Ich bin wirklich müde. Das ist keine Lüge.

»Soll ich mitgehen?« Echte Sorge steht in Davids Augen. Er kümmert sich immer gut um mich.

»Nein«, sage ich und streichle ihm über die glatte Wange. »Das schaffe ich gerade noch.«

Die Nächte in Plumpton sind schwarz. Es gibt so gut wie keine Straßenlaternen und in den wenigen Häusern, die um diese Uhrzeit beleuchtet sind, sind die Vorhänge zugezogen.

Am Tor unseres weißen Gartenzaunes bleibe ich stehen und blicke in den sternenklaren Himmel über Südengland. Manchmal, wenn ich ganz allein bin, erlaube ich mir mich zu fragen, was da draußen auf mich wartet. Was wenn ich meine wohlgesteckten Grenzen einfach überschreite und mir nehmen würde, was das Leben mir gibt? Immer wieder treibt mich der Gedanke an meine Grenzen. Was wäre, wenn …

Ich ziehe das knarrende Tor hinter mir zu. Träumereien. Das sind nichts als dumme Mädchenträumereien.

Kapitel 1

Scott

»Zu glauben es reicht, wenn du Tore schießt und ein Sixpack hast wie Channing Tatum, war ein grober Fehler. Das wirst du schon bald am eigenen Leib spüren, wenn du so weitermachst. Das verspreche ich dir.«

Ich habe schon vor ungefähr zwanzig Minuten auf Durchzug geschaltet. Derrek kann mich volllabern, wenn er sich dadurch besser fühlt, aber er sollte sich langsam von dem Gedanken verabschieden, dass ich ihm oder irgendwelchen Sponsoren in den Hintern krieche, nur weil er daraus ein Geschäft machen könnte. Das ist einfach nicht meine Art.

»… Das ist jetzt vorbei …«

Ich spiele an dem Verschluss meiner Wasserflasche, während ich gelangweilt auf den grauen Fliesenboden starre. Derreks Büro liegt genau wie die anderen in einem der Gebäude, die direkt ans Stadion angrenzen. In letzter Zeit musste ich öfter lernen, dass in den höheren Ligen die Bürokratie mindestens genauso wichtig ist wie wir Spieler. So sehr mir das auch auf die Nerven geht. Eine weitere bittere Pille, die man als Profisportler schlucken muss. Genauso wie die ewigen Vorträge unseres Marketingchefs, der mal wieder davon besessen ist, aus mir einen Superstar zu machen. Und dabei denkt er nicht an den Platz. Fußball spielen kann ich auch ohne ihn. Das beweise ich schließlich jede Woche.

»Ich habe es lange genug auf die sanfte Tour versucht, Scott.«

»Komm schon, Derrek«, stöhne ich und fahre mir durch das noch nasse Haar. In der Regel dauern seine Standpauken nicht so lange, es muss ihm also wirklich ernst sein.

»Ich ziehe das jetzt durch, ob es dir gefällt oder nicht. Die Leute lieben dich … zumindest auf dem Feld. Jetzt nehmen wir den Rest auch endgültig in Angriff. Das ist eine Riesenchance.«

Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon er spricht, und ehrlich gesagt juckt es mich auch kein Stück.

»Du hast überhaupt nicht zugehört, habe ich recht?«

Jetzt ist es unser Marketingexperte, der stöhnt und sich in seinem überdimensionalen Sessel zurückfallen lässt. Er verschränkt die speckigen Finger vor seinem Bierbauch und trommelt auf seinen Handrücken herum.

»Mein Junge … Ich weiß nicht, wie ich es netter formulieren soll … Du bist echt ein Idiot.«

»Kein Ding«, sage ich, meine aber eigentlich etwas ganz anderes. Soll er sich doch zum Teufel scheren. Ich gebe alles für das Team. Ohne mich wären wir nicht da, wo wir stehen, das ist uns beiden klar. Die Saison läuft nicht mal seit vier Monaten und ich habe schon mehr Tore geschossen als mein Vorgänger im ganzen Jahr. Wenn das der Lohn dafür ist, dann vielen Dank für nichts, London Silvers.

»Du bist ein Spitzensportler. Wenn du mir nur ein wenig entgegengekommen wärst, hätten wir das sicher anders lösen können. Aber du willst es scheinbar mit dem Hammer.«

Langsam fängt diese Unterhaltung wirklich an komisch zu werden. Das Training war anstrengend. Mein Oberschenkelmuskel bereitet unserem Physiotherapeuten Kummer und ich will einfach nur noch auf meine Couch. Soll er langsam zum Punkt kommen, oder ich bin weg.

»Also«, beginne ich ohne genau zu wissen, wie ich aus diesem stickigen Büro mit den fleischfarbenen Wänden entkommen kann. Keine Ahnung, warum ein Spitzenverein der Championship nicht in der Lage ist, seine Büros in einem angemesseneren Farbton zu streichen.

»Nichts also«, unterbricht Derrek meine unpassenden Gedanken. »Der Plan steht. Sie kommt morgen an. Alles Nötige ist in die Wege geleitet und steht in der E-Mail.«

»Wovon zum Teufel redest du? Es gibt nichts in die Wege zu leiten, und welche gottverdammte E-Mail?«

»Ich weiß nicht, wofür ich überhaupt mit dir rede.« Mit aufgeblähten Nasenflügeln lässt Derrek die Luft aus seinem massigen Oberkörper entweichen und sein Atem, der nach einer Mischung aus Kaffee und Zigaretten riecht, weht mir entgegen. »Noch mal zum Mitschreiben, für diejenigen unter uns, die offensichtlich zu viele Bälle gegen den Kopf bekommen haben.« Seine Stimme wird mit jeder Silbe lauter und mir schwant nichts Gutes. »Die GB-Life will eine Story über dich. Morgen kommt Miss …«, er wühlt in den Unterlagen, die vor ihm ausgebreitet sind, »… Bell und wird dir die kommenden zwei Wochen über die Schulter blicken.«

»Was?«, raune ich und meine Wasserflasche erzeugt auf der Glasoberfläche des Schreibtischs ein klirrendes Geräusch, als ich sie mit einem unsanften Knall abstelle. »Du weißt, dass ich keine privaten Interviews mache.«

Das kann er sowas von vergessen! Ich werde mich nicht für irgendein dämliches Lifestylemagazin ablichten lassen, in dem sie den Leuten irgendeinen Scheiß auftischen, nur damit sie mit meinem Namen ein bisschen mehr Geld scheffeln können.

»Und du, mein Junge, hast keine Wahl. Nicht dieses Mal.« Derrek stützt sein Doppelkinn auf die Hände und kratzt durch seinen grauen Vollbart. »Im Ernst, Scott.« Langsam entspannt sich seine Stimmlage und ich weiß nicht, ob mich das beruhigen oder beängstigen soll. »Diese Reporterin wird kommen. Du wirst sie zwei Wochen lang an deiner Seite ertragen. Ob du trainierst, spielst, isst oder einfach nur irgendwo in einer Ecke rumhängst, um der größte Idiot Englands zu werden. Verdammt …«, wird er wieder lauter, »selbst wenn du deine dreckigen Socken wechselst, wird sie dabei sein.«

»Und wenn ich Nein sage?«

Denn das kommt auf keinen Fall infrage. Meine feuchten Hände kleben auf dem Polyester meiner Trainingshose, während ich meine Finger fest in meine Oberschenkel kralle. Scheiß auf die getapten Muskeln.

»Diese Option gibt es nicht.«

»Und wenn ich darauf bestehe?«

»Scheiße noch mal, Scott, dann bist du raus!«

Okay, jetzt schreit er wieder und ich muss sagen, es beruhigt mich ganz und gar nicht. Im Gegenteil.

Ich springe so schnell von meinem Stuhl auf, dass er zu kippen droht. »Du willst mich doch verarschen.« Auch meine Stimme hebt sich, denn langsam fällt es mir schwer, mein Temperament in Schach zu halten. »Das ist euer Dank für meine Leistung? Ich soll meine Seele an irgendeine Klatschpressentussi verkaufen oder ich bin raus aus dem Team?«

»Scott«, sagt Derrek betont ruhig und deutet auf meinen Stuhl, auf den ich mich widerwillig fallen lasse. »Ich habe dich in den letzten neun Monaten ein dutzend Mal hierher bestellt. Ich habe gebeten, geflucht und schlussendlich gebettelt.« Da ich auf seinen Mist nicht reagiere, fährt er ungehindert mit seinem bescheuerten Vortrag fort. »Erst die Partyfotos auf Instagram. Dann die Sache mit dem Reporter.«

Im Ernst? Das will er mir vorwerfen? Der Kerl wollte Fotos von Grace machen und hat es einfach nicht sein lassen. Kein Mensch kommt meiner kleinen Nichte zu nahe. Ich würde ihn jederzeit wieder auf den Gehweg schubsen.

»Du benimmst dich unmöglich. Beratungsresistent nennt man sowas. Das kann so nicht weitergehen. Da muss endlich was passieren.« Er blickt kurz zum Fenster, durch das nicht viel zu sehen ist außer die Betonwände des angrenzenden Gebäudes. »Und das wird es jetzt.«

Mein Mund öffnet und schließt sich abwechselnd, ohne dass etwas dabei herauskommt. Das hier ist hoffentlich ein riesengroßer Scherz und jeden Moment springt mein Coach hinter der Tür hervor, um mich zu erlösen.

Mein Blick gleitet zwischen Derrek und der grünen Eingangstür hin und her. Aber sie öffnet sich nicht.

»Scott.« Derreks graue Strähnen fallen ihm in die Stirn, als er sich zu mir beugt.

»Lass stecken«, fauche ich, schnappe mir mein Wasser und verlasse mit großen Schritten das Zimmer. Das hier können sie sowas von vergessen. Es wird keine Story über Scott Petersons Leben in der GB-Life geben. Da können sie schicken, wen sie wollen.

***

Lauren

»Mum, bitte. Es ist London und nicht New York.«

Ich unterdrücke ein Augenrollen und konzentriere mich lieber auf Davids Hand, die meinen Oberschenkel unter dem weißen Tischtuch besänftigend drückt.

»Und du bist erst einundzwanzig und London ein gefährliches Pflaster. Ich verstehe es einfach nicht. Da muss es doch irgendjemanden geben können, der für diese Aufgabe qualifizierter ist.« Ihre blassen Handflächen streichen zum dutzendsten Mal an diesem Nachmittag das Tischtuch glatt.

»Na ja …«, druckse ich herum und mein Magen grummelt. Wie seit Tagen ist es eine gefährliche Mischung aus Angst, Neugierde, Aufregung und Heimweh. Und das, obwohl ich noch nicht mal weg bin. Aber abgesehen davon, dass ich nicht will, bin ich auch zu unqualifiziert? Ich habe keine Ahnung.

»Deine Mutter hat vollkommen recht, Lauren.« Mrs Middlestone schmiert akribisch hauchdünn die Butter auf ihren Scone. »Dich in deinem Alter allein nach London zu schicken ist unverantwortlich. Wie kann die Uni das zulassen?«

Ihr Blick richtet sich auf ihren Sohn, der umständlich mit seiner freien Hand versucht den Kuchen zu zerlegen.

»So wenig es mir gefällt, Lauri gehen zu lassen. Dass die Unis solche Projekte verteilt, ist nicht ungewöhnlich und eigentlich eine große Ehre für sie.«

Ich schenke meinem Freund ein warmes Lächeln. Dankbar, dass er mich unterstützt. Auch wenn ich weiß, wie sehr ihn die Tatsache mitnimmt, zwei Wochen auf mich verzichten zu müssen. Und ganz ehrlich, ich war auch etwas erstaunt, dass ausgerechnet ich die Chance bekomme, eine Story für die GB-Life zu schreiben. Die University of Sussex verteilt regelmäßig außerordentlich tolle Projekte an ihre Journalismusstudenten. Aber direkt eine mehrteilige Reihe und ein zweiwöchiger Aufenthalt ist eher selten.

»Du könntest diesen Tennisspieler genauso gut über das Internet interviewen. Sonst wird doch heute alles über diese Teile geregelt«, sagt meine Mum mit einem abfälligen Blick auf meinen Laptop, der neben mir auf der Gartenbank liegt. Es ist außergewöhnlich warm für Oktober und wir können unseren Sonntagstee draußen genießen. Die Kastanienblätter schimmern in der Sonne in den schönsten Rot- und Orangetönen.

»Fußball«, verbessere ich sie und stecke ein weiteres Stück Scone in meinen Mund.

»Das sind die Schlimmsten«, keucht Davids Mutter und entlockt ihrem Sohn ein genervtes Räuspern.

»Und sie soll sogar in seiner Wohnung schlafen«, fügt meine Mutter hinzu und eine leichte Brise weht ihre roten Wellen aus der hohen Stirn. Meine Haarfarbe habe ich ganz sicher von ihr.

Ich beschenke sie mit einem bösen Blick. Keinem von uns passt es, dass ich zwei Wochen an der Seite eines aufgeblasenen Sportlers leben muss. Mir am allerwenigsten. Die Tatsache, dass ich auch die Nächte in seinem Apartment verbringen soll, müssen wir nicht jedes Mal wieder breittreten. Es ist meine erste Story, da werde ich nicht direkt anfangen Forderungen zu stellen. Und Professor Kensington ist der Meinung, dass ich so am ehesten einen Eindruck vom Alltag des Sportlers bekomme.

»Der Verlag will eben einen Reality-Bericht mit Einsicht in sein privates Leben. Ich werde nicht allein dort sein. Es gibt auch Fotografen, die uns ab und zu begleiten.« Ich unterstütze diese wenig besänftigende Tatsache mit zusammengepressten Lippen und nicke meinem Freund zu. »Es wird halb so wild«, schiebe ich hinterher und ergreife seine Hand auf meinem Bein. Mein Professor und der Chefredakteur der GB-Life haben mir unmissverständlich klargemacht, dass ich an der Seite dieses aufgeblasenen Fußballers bleiben und alles aufsaugen soll, was ich an Informationen bekommen kann. Positiv wie negativ.

»Ich werde dich trotzdem schrecklich vermissen.«

Ich erkenne, dass Davids Lächeln nicht von Herzen kommt. In Wahrheit macht es ihn verrückt, dass wir so lange getrennt sein werden. Seit unserem ersten Kuss in der siebten Klasse haben wir keine Woche ohne den anderen verbracht. Unser Glück, dass unsere Familien eng befreundet und, wenn überhaupt, gemeinsam in den Urlaub gefahren sind. Die Middlestones sind nach Plumpton gezogen, als ich vier war. Seitdem sind David und ich unzertrennlich. Zuerst waren wir Freunde und dann irgendwann ein Paar.

»Ich werde dich auch vermissen«, wiederhole ich seine Worte und lehne mich vor, um ihm einen hauchzarten Kuss auf die Wange zu geben.

»Ohhh«, schnurren unsere Mütter im Gleichtakt wie schmusige Katzen. Sie blicken erst uns an und dann einander. Wahrscheinlich gehen sie telepathisch bereits das Aufgebot durch.

Davids Wangen färben sich rosa und er legt meine Hand zurück auf meinen eigenen Oberschenkel und seine beide auf den Tisch.

»Ihr habt ohne uns angefangen?«

Die Stimme meines Dads unterbricht den Moment und alle Augen richten sich auf ihn und Davids Vater, die durch das Holztor unseren Garten betreten. Noch in Gummistiefeln und grünen Fleecejacken.

»Wenn wir warten wollen, bis was angebissen hat, wären wir längst verhungert«, gibt meine Mum zurück, ohne die Lippen auch nur zu einem Lächeln zu verziehen.

Mein Dad nimmt ohne zu zögern seinen Platz vor Kopf ein. »Wenn du wüsstest, dass ich ein reichliches Abendessen an Land gezogen habe, wärst du nachsichtiger mit mir, Liebling.«

Richard Middlestone und mein Dad gehen schon seit Jahren gemeinsam angeln. Meist recht unerfolgreich, aber sie genießen es.

»Und, Lauren, schon aufgeregt?« Richard klopft mir auf die Schulter und stützt sich anschließend hinter mir und seinem Sohn auf der weißen Holzbank ab. »Große Nummer, die du da vorhast.«

»Als hätte sie eine Wahl gehabt«, geht Rosie Middlestone dazwischen.

Und sie hat vollkommen recht. Denn die hatte ich nicht. Sosehr meine Mum sich sorgt, dass ich in London unter die Räder komme. Und sosehr mein Dad Profisportler und deren Leben verabscheut. Und egal, wie furchtbar es für meinen Freund ist, dass ich zwei Wochen mit einem anderen Mann verbringen muss. Ich. Hatte. Keine. Wahl. Mich fragt niemand danach, wie ich die Verantwortung finde, als erstes großes Projekt direkt eine mehrteilige Story zu schreiben. Und das auch noch über einen Fußballer, der, wie es scheint, ein arroganter Schnösel ist. Manchmal erlaube ich mir, mich selbst zu fragen, wie ich das finde. Und die Wahrheit ist, ich habe Angst. Grauenvolle Angst davor, das zu vermasseln.

Was, wenn ich meine erste richtige Reportage in den Sand setze, weil ich keinen Schimmer von Fußball oder irgendeiner anderen Sportart habe? Und es graut mir davor, mein Zuhause, meine Eltern und vor allem David so lange zu verlassen. Völlig abgesehen davon hält sich meine Motivation wahrlich in Grenzen, diesen Mann kennenzulernen, den ich allein durch sein Instagramprofil schon furchtbar finde. Die ganzen Bilder von Frauen, die ihm billig am Hals hängen, und seine Autos, die im Sonnenlicht in Pose gestellt werden. Ich hasse sowas. Aber all das ändert nichts. Morgen früh werde ich nach London fahren. Ich werde um acht Uhr dreißig im Trainingsgelände der London Silvers aufschlagen und ich werde vierzehn Tage mein Bestes geben. Professionell und diskret. Und dann werde ich der GB-Life einen Bericht abliefern, der meinen Professor stolz machen wird. Und wer weiß, vielleicht decke ich ja einen Skandal auf oder entlarve jemanden wegen Dopings.

»Ich bin mir sicher, du machst das gut.«

Mein Dad glaubt immer an mich. Ganz gleich, was ich tue.

»Danke, Daddy.«

Meine Mum lädt ihm zwei Scones auf seinen Teller und schenkt mir ein künstliches Lächeln, während sie ihm Kaffee einschenkt. Sie kommt einfach nicht aus ihrer Haut, wenn sie sich um mich sorgt.

Wie von einem Magneten angezogen wandert mein Blick zu David, der sich mit seinem Dad unterhält. Sein Profil ist makellos. Sein Teint ist von der Sommersonne noch leicht gebräunt und seine Wangen schlagen kleine Fältchen, wenn er lächelt. Sein blau kariertes Hemd passt perfekt zu der Farbe seiner Augen und spannt ganz leicht, als er auf dem Tisch die Hände faltet. Meine Finger zucken, weil sie zu gern in das kurze braune Haar fassen möchten, aber ich verbiete es ihnen. Ich weiß, wie unangenehm es ihm ist, wenn wir uns vor unseren Eltern berühren. Eine heimliche Berührung unter dem hübsch gedeckten Tisch ist alles, worauf ich hoffen kann. Allein dass ich ihm einen Kuss auf die Wange gegeben habe, wird mir sicher später einen Rüffel einbringen, wenn wir zu zweit sind.

Alle unterhalten sich angeregt über Barsche und Karpfen, während ich unsere Runde betrachte. Das hier ist alles, was ich brauche. Es macht mich glücklich, mit meiner Familie hinter unserem schiefergedeckten Haus mit den braunen Fensterläden zu sitzen und den Nachmittagstee zu genießen.

In Plumpton ist alles herrlich ruhig und überschaubar. Das Leben hinter den weißen Gartenzäunen ist behütet und sorgenfrei. David und ich wurden konservativ erzogen und respektieren und lieben unsere Eltern.

Genau das ist es, was ich mir für meine Zukunft wünsche. Für unsere Zukunft. Ich sehe das alles vor mir. Ein kleines Haus, das wir im Garten der Middlestones bauen werden. Zwei Kinder. Ein Mädchen und ein Junge. Ich backe Scones und wir genießen den Tee, wenn David aus der Schule kommt. Ich bin mir sicher, er wird ein großartiger Geschichtslehrer.

So viele Menschen irren durchs Leben, ohne zu wissen, wohin ihre Reise führen soll. Ich bin dankbar, dass ich meinen Weg bereits genau kenne.

Die zwei Wochen, die ich vorher bei diesem dämlichen aufgepumpten Sportidioten verbringen muss, sind nur eine winzige Hürde zu meiner glorreichen Zukunft mit einem liebevollen Ehemann. In diesem Fall nützt alles nichts. Da heißt es Augen zu und durch. Immerhin ist das nur ein Job. Ich muss ihn nicht mögen. Ganz im Gegenteil. Ich darf diesen aufgeblasenen Kerl sogar hassen. Und umso länger ich darüber nachdenke oder mir seine Bilder im Netz ansehe, umso sicherer bin ich, dass ich das auch tun werde.

Kapitel 2

Scott

»Mann, Alter, dein Leben hätte ich gern.«

Mir entweicht ein Schnauben, das sich anhört, als wäre mir der letzte Schluck Red Bull im Rachen stecken geblieben.

Gregs Hand streicht über den polierten Kotflügel meines neusten BMW und seine Augen funkeln wie die eines Kindes unterm Weihnachtsbaum. »Vierhundert PS«, sagt er verträumt, ehe sein Blick wieder zu mir wandert. »Keine Ahnung, was bei dir nicht stimmt, aber jeder halbwegs normale Kerl hätte nicht nur ein Dauergrinsen im Gesicht, wenn er so einen Wagen in der Garage stehen hat.«

Ohne mich oder meinen angeekelten Blick zu beachten, schleicht er um den M5 wie eine Katze. Sicher, der Wagen ist ein Traum, aber Greg fährt darauf ab, als wäre er die Lösung aller Probleme dieser Welt.

Greg Stevens ist mein ältester Freund. So lange ich denken kann, haben wir für denselben Verein gekickt. Erst bei den Knirpsen und später haben wir einige Erfolge mit dem Team meines Dads eingefahren. Die Ramsgate Firebirds sind in den letzten Jahren ein paarmal aufgestiegen, haben es aber nie über die National League hinausgeschafft. Ich hätte nie gedacht, dass sich unsere Wege mal trennen, aber Greg hat schon vor mir den Verein verlassen und als ich vor neun Monaten von den Firebirds abgeworben wurde, musste ich nicht lange überlegen.

»Hier«, ich werfe ihm den Schlüssel zu, den er reflexartig auffängt, ehe er gegen das matte Silber des Wagens knallen kann, »du darfst mich zum Training fahren.«

»Du denkst, ich spiele für dich den Chauffeur? Vergiss es, Peterson.«

Er wirft den Schlüssel zurück und ich fange ihn ebenso geschickt. Ich weiß, wie es ihm in den Fingern juckt, den Wagen zu fahren, aber Greg ist ein sturer irischer Hund. Die Gier auf Geschwindigkeit steht nicht über seinem Stolz.

»Ich muss eh los. Camilla wartet mit dem Frühstück.«

Als er erfahren hat, dass ein neues Spielzeug in der Garage steht, war mir klar, dass es nicht lange dauern würde, bis er hier vorbeischneit. Dass dies sogar noch vor dem Frühstück der Fall ist, hatte ich nicht erwartet.

»Oh … Miss Ich-bin-die-Schönste-im-ganzen-Land darf man natürlich nicht warten lassen.«

»Ach leck mich, Peterson.«

Ich kann ein Arsch sein. So viel ist sicher. Aber Camilla Withaker ist einfach eine eingebildete Schlange und sicher nicht die Richtige für meinen besten Freund. Und das weiß er selbst. Nicht zuletzt, weil ich es ihm bei jeder Gelegenheit unter die Nase reibe. Aber es ist hoffnungslos. Weil Greg Stevens nämlich seit seiner Jugend unsterblich in meine kleine Schwester verliebt ist. Und das, obwohl Maggie schon seit fünf Jahren glücklich vergeben ist. Falls das nicht Grund genug ist, sie ist auch verheiratet und Mutter. Er sucht verzweifelt nach einem passenden Ersatz. Sosehr er sich auch bemüht, das wird nichts. Ich bin mir sicher, er wird niemals eine Frau so vergöttern wie meine Schwester.

»Heute nicht. Vielleicht morgen«, schmettere ich zurück und zeige ihm mit einem breiten Grinsen meinen Mittelfinger. »Ich muss auch los.«

»Jetzt schon zum Training?«, fragt Greg und wirft einen Blick auf seine glänzende Armbanduhr. »So früh?«

»Bekomme vorher noch eine Massage, der Muskel macht Probleme.« Ich reibe mir kurz über den Oberschenkel, der unter meiner Trainingshose bereits seit Wochen getaped ist. Meine Turnschuhsohlen quietschen auf dem glatten Boden der Tiefgarage, als ich mit einem Knopfdruck die Heckklappe öffne, um meine Tasche ins Auto zu werfen, die mir mit ihrem Gewicht schwer auf der Schulter hängt.

Ich nehme meinen Job ernst. Fußball ist mein Leben. Das Training für mich harte Arbeit. Als gelernter Fitnesstrainer weiß ich, worauf es ankommt, und gebe alles, was mein Körper hergibt. Aber so lächerlich es klingt, ich bin keine achtzehn mehr. Ich merke, wie der Hochleistungssport an meinem Körper zehrt. Und das, obwohl meine Karriere gerade erst ihren Höhepunkt erreicht hat.

»Hau rein, Alter, und pass auf dich auf.« Greg hält mir die Hand hin und ich schlage freundschaftlich ein.

»Viel Vergnügen mit Londons größter Dramaqueen«, flüstere ich ihm dabei ins Ohr und fange mir dafür einen mehr oder weniger freundschaftlichen Schlag in die Rippen ein. Wir lachen beide und ich gebe Greg einen Klaps auf den Hinterkopf. »Säg sie endlich ab, Stevens.«

»Sagt der Mann, der seit Jahren keine Beziehung auf die Kette kriegt.« Mein Freund drückt auf den Knopf seines Autoschlüssels und die Lichter seines Jeeps leuchten kurz auf. Es ist noch nicht mal acht und die Tiefgarage, die zum Penthouse gehört, ist schon so gut wie leer. Die meisten Menschen, die hier wohnen, sind absolute Workaholics. Ich weiß nicht einmal, wer meine Nachbarn sind.

»Ich brauche keine Beziehung. Wofür? Um mich die nächsten zwanzig Jahre mit ein und derselben Frau zu streiten? Nein danke.«

»Du bist hoffnungslos, Peterson«, sagt Greg, während er bereits auf dem Fahrersitz hockt und das Starten des Motors von den kahlen Betonwänden widerhallt.

»Ich habe nie etwas anderes behauptet«, rufe ich noch und er hebt nur kurz die Hand, um im nächsten Moment die Tür zu schließen und an mir vorbei zu donnern.

Lachend schüttle ich den Kopf und setze mich hinter das Steuer meines neuen Spielzeugs. Während ich das Parkhaus verlasse und mich in den dichten Verkehr Londons einfädle, habe ich zwischen all den Taxis und Touristen, die keine Ahnung haben, auf welcher Seite sie fahren müssen, Zeit, um nachzudenken.

Mit heulendem Motor schlängle ich mich durch das Stop and Go und werde sentimental, als ich an all den Mist denke, den Greg und ich schon gemeinsam erlebt haben. Früher gab es keine Party ohne uns. Wir waren immer da, wo es was zu feiern gab. Und auch schon mal da, wo es nach Ärger roch. Beim Gedanken an so manche Kneipenschlägerei muss ich schmunzeln.

Ich drehe das Radio einen Tick lauter und die Arctic Monkeys erklingen in voller Lautstärke über die Surroundanlage. Auch wenn Greg und ich nach wie vor gute Freunde sind, wird es nie wieder so wie früher. Spätestens seit ich mein Hobby zum Beruf gemacht habe, sind Drogen und Alkohol tabu. Die regelmäßigen Bluttests erlauben so gut wie keine Ausnahmen. Ich tue mich immer noch schwer damit, weil das Trinken für mich oft ein Ventil war, mit dem ich einiges an Frust ablassen konnte. Stattdessen kaufe ich mir jetzt teure Autos und viel zu große Penthäuser. Auch wenn das sicher genauso einen Adrenalinkick auslöst wie eine Schlägerei mitten in Joes Pub nach einem verpatzten Premier League Spiel, macht es nur halb so viel Spaß. Aber ich bin nicht dumm. Ich erkenne meine Chancen und nutze sie. Und abgesehen davon, würde mein Dad mir die Hölle heiß machen, wenn ich nicht alles für den Sport täte.

Mitchel Peterson war fast zwanzig Jahre lang mein Coach und sieht genau, wenn ich nicht voll dabei bin. Für meinen Dad geht ein Traum in Erfüllung, weil ich es ganz nach oben geschafft habe.

Das Klingeln meines iPhones reißt mich aus meinen Gedanken. Mit einem Knopfdruck lege ich das Gespräch auf die Lautsprecher des Wagens.

»Hi, Nervensäge«, begrüße ich meine Schwester und unterdrücke ein Schmunzeln.

»Hi, Blödmann«, erwidert Maggie. »Bist du schon unterwegs? Es hört sich an, als stehst du auf dem Flughafen.«

»Neuer Wagen.« Ich setze den Blinker und nachdem eine Horde Menschen wie eine Armee Ameisen die Straße überquert hat, biege ich auf die Lincoln Road, um zum Stadion zu gelangen.

»Schon wieder? Du spinnst doch. Was ist mit dem Audi passiert?«

Sie spielt die Vernünftige, schon klar. Dabei ist sie es, die sich heimlich den TT ausleiht, wenn ihr Mann Sam auf die Kleine aufpasst. Wie auf Kommando höre ich meine Nichte im Hintergrund brabbeln und mein Herz erwärmt sich augenblicklich.

»Der steht in der Garage. Darfst ihn dir gern jederzeit holen, kleine Schwester«, necke ich sie. »Wie geht’s Gracy?«

»Ganz ehrlich?« Maggie stöhnt übertrieben laut, was sich über die vielen Lautsprecher des M5 etwas gruselig anhört. »Sie treibt mich in den Wahnsinn.«

Ich lache laut und herzhaft, weil ich es einfach nur köstlich finde, wie die kleine speckige Prinzessin mit nicht mal einem Jahr zwei Erwachsene an den Rand ihrer Kräfte treibt.

»Das ist nicht witzig, Scott.« Meine Schwester klingt müde und ausgelaugt, aber dennoch kann sie ihre Belustigung nicht gänzlich verstecken. »Wir können gern tauschen. Du nimmst Grace und ich erzähle dafür der Reporterin bei einem Kaffee, wie du dir mit neun an Halloween in die Hose gemacht hast.«

Mit der flachen Hand donnere ich auf das hochwertige Lederlenkrad. Diese blöde Zeitungstussi hatte ich schon völlig vergessen. Oder besser verdrängt.

»Du hast sie vergessen, stimmt’s?«, liest meine Schwester meine Gedanken.

»Könnte sein«, gestehe ich und krame fieberhaft in meinem Gehirn nach den Details, die Derrek mir vor ein paar Tagen in einer Mail geschrieben hat.

»O Mann, Scotty. Reiß dich ja zusammen. Der Coach macht dich platt, wenn du das vergeigst.«

»Nett, dass du mich daran erinnerst.«

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Maggie unseren Dad als Coach betrachtet. Er war zeit meines Lebens mein Trainer. Er ist der Coach ihres Mannes Sam. Und da Maggie den Großteil unseres Familienlebens auf dem Fußballfeld verbracht hat, ist er für sie eben auch der Coach.

»Bitte sag mir, dass du Samstag nicht auch vergessen hast.«

»Wie könnte ich …«, lüge ich. Denn tatsächlich fällt mir erst jetzt wieder ein, dass ich nach wie vor kein Geburtstagsgeschenk für meine Nichte habe. Ich dachte an eine Hüpfburg oder ein Pony, aber Sam dreht mir den Hals um. Er hasst es, wenn ich Gracy teure Geschenke mache.

»Dann kann ich der Journalistin Bilder von dir zeigen, als du noch keine Zähne, dafür aber einen Pferdeschwanz hattest.«

»Bye, Maggie«, flöte ich und lege auf, obwohl sie noch nicht fertig war mit ihren irrwitzigen Drohungen.

Bis Samstag habe ich die Sache mit dem Artikel längst abgehakt. Zwei Wochen mit einer Reporterin. Derrek spinnt doch. Ich wette, sie hält es keine drei Tage bei mir aus.

***

Lauren

Seit ich mit David auf der Station Road in Plumpton Green in dichten Oktobernebel getaucht auf meinen Bus gewartet habe, habe ich mit keinem Menschen gesprochen. Und obwohl das erst zwei Stunden her ist, fühle ich mich einsamer denn je. Immer wieder denke ich an den Moment, als David mir einen letzten Kuss auf die Stirn gedrückt hat und ich als einziger Fahrgast zu dem Busfahrer gestiegen bin. Ich habe es nicht über mich gebracht, aus dem Fenster noch einmal nach ihm zu sehen, und als die schmalen ländlichen Straßen immer städtischer wurden, wollte ich mir verbieten noch länger zurückzudenken, aber es will mir einfach nicht gelingen. Ich wünschte, er wäre bei mir und könnte mir gut zureden, mein Gepäck tragen oder einfach darauf achten, dass ich in die richtige Richtung laufe.

Ich bin einundzwanzig Jahre alt, soll eine Reportage über einen Profisportler aus London schreiben und bin schon allein mit der Zugfahrt vollkommen überfordert. In Haywards Heath sollte ich in den Zug nach London umsteigen. Und obwohl der Bahnhof nur vier Gleise hat und wir meine Route zu Hause immer und immer wieder durchgegangen sind, habe ich es geschafft, am falschen zu stehen. Die Verspätung von circa einer Stunde ist nicht das tragische an meiner Misere, ich hatte mir einen zeitlichen Puffer eingerichtet. Viel schlimmer ist, dass ich fast verdurste, gleichzeitig wirklich dringend auf die Toilette muss und keine Ahnung habe, ob der Zug, in dem ich nun sitze, in die richtige Richtung fährt. Bei der ersten Durchsage des Schaffners hat der Mann neben mir so laut und durchdringend gehustet, dass ich kein Wort verstanden habe und bei der zweiten habe ich schlichtweg nicht aufgepasst, weil ich im Kopf immer und immer wieder den Fragenkatalog für Mister Fußball-Obermacker durchgegangen bin.

Als nun endlich die kratzige Stimme im Lautsprecher Clapham Junction ankündigt, fallen mir gleich mehrere Steine vom Herzen. Nur noch eine Station und ich bin mitten in London. Das Problem bei der Sache ist, dass meine eigentliche Aufgabe dann erst beginnt und sich daher nicht wirklich Erleichterung in meinem Bauch einnisten will.

Ich kämpfe mich an dem Mann vorbei, der definitiv ein bronchiales Problem hat, achte darauf, möglichst viel Abstand zu bewahren und schaffe es nach einer gefühlten Ewigkeit und mehreren Ellbogen, die unsanft in meinen Rippen landen, endlich mitten in der Victoria Station zu stehen. Mein Blick gleitet durch die riesige Halle, in der die Stimmen der vielen Menschen sich mit den Ankündigungen über die Lautsprecher vermischen. Überall wehen britische Flaggen und es durftet abwechselnd nach Kaffee oder Burgern, als ich meinen überdimensionalen Koffer durch die Vorhalle ziehe. Er ist noch von Grandpa George und mir scheint es, als schleife ich ihn mehr hinterher, als dass die Rollen wirklich rollen.

Bis vor einer Stunde hatte ich mir fest vorgenommen, den Weg vom Bahnhof zum Fußballstadion zu laufen, um mich ein bisschen auf London einzustimmen. Aber das scheint mir jetzt genauso wenig reizvoll wie die U-Bahn zu nehmen, in der ich mich sicherlich verlaufen werde und mindestens fünf bis sechs weitere ungewollte Körperkontakte einkassieren muss. Meine Füße tun jetzt schon weh und ich muss langsam wirklich dringend aufs Klo.

Am liebsten würde ich mich wie ein kleines Mädchen auf den Boden kauern und David anrufen, dass er kommt und mich rettet. Anstatt einem weißen Pferd würde mir der alte Honda seiner Mum völlig ausreichen. Aber schon jetzt aufzugeben kommt nicht infrage. Also straffe ich die Schultern, die in dem zu großen Blazer meiner Mutter überhaupt keine Chance haben, gestrafft auszusehen, und trete auf den Gehweg, um mir ein Taxi zu rufen. Ich bin eine erwachsene Frau und ich werde diese Tage professionell durchziehen. Auch wenn in meinem Bauch alles, aber auch wirklich alles, danach schreit, nach Hause zu wollen.

Bleibt nur zu hoffen, dass dieser Fußball-Heini wenigstens ein kleines bisschen nett ist und mich dabei unterstützt, eine vernünftige Story abzuliefern. Auch wenn diese Hoffnung nur ein winziger Funken ist. So wie mein Professor mir berichtete, ist er auf dem Spielfeld ein absoluter Profi und auf der Spitze seiner Karriere. Schon ein bisschen eine Berühmtheit in seinen Kreisen. Privat allerdings gibt er so gut wie keine Interviews und hat den Ruf eines unsensiblen Weiberhelden. Heute Morgen soll der Marketingchef der London Silvers mich empfangen und mich anschließend mit Scott Peterson bekannt machen. Tja, und dann werde ich wohl oder übel mit ihm die nächsten vierzehn Tage verbringen müssen.

Irgendwie habe ich das Gefühl, das kann nur schiefgehen.

***

»Und machen Sie sich keine Sorgen. Das wird schon schiefgehen.«

Derrek, ein etwas übergewichtiger, aber freundlicher Mann, klopft mir noch einmal etwas zu fest auf die Schulter und ist im Begriff, kehrtzumachen.

»Sie …«, stottere ich zum hundertsten Mal an diesem Morgen, »… kommen nicht mit?«

Sein Blick gleitet an mir vorbei durch einen langen Flur, der in Rot- und Grautönen gehalten ist. Nachdem ich in seinem Büro eine kurze Begrüßung inklusive feuchtem Händedruck und lauwarmem Kaffee bekommen habe, durfte ich gnädigerweise seine Toilette benutzen, ehe er mich ins Stadion geführt hat, in dem die Mannschaft derzeit trainiert. Dafür, dass er so kurze Beine hat, ist Derrek förmlich durch die Gänge geflogen. Aber ein geduldiger Blick lag auf seinem Gesicht, während er mir Unmengen an Glastüren aufgehalten hat, damit ich mein Gepäck hinter mir her wuchten konnte. Ich hatte Mühe, seinen Erklärungen zu den einzelnen Abschnitten zu folgen. Zumindest habe ich mir aber merken können, dass wir im Bereich der Heimmannschaft, also der Silvers sind, in dem unter anderem heute ein Indoor Krafttraining für die Spieler ansteht.

»Ab hier schaffen Sie es allein. Einfach den Gang entlang und dann werden Sie die Jungs schon irgendwo finden.« Er streicht sich über die rot gestreifte Krawatte, die über seinem Bauch liegt. »Sollte er …« Er richtet den Knoten und sieht mir nicht in die Augen. »Na ja, also sollte es irgendwie Probleme geben, rufen Sie mich an«, bringt er sein Gestammel zu Ende und ist schneller verschwunden, als zu erwarten war.

Und dann wird es plötzlich still. Nichts ist zu hören. Der schwarze Teppichboden schluckt meine Schritte, als ich mich langsam vorwärts bewege. Eins, zwei, drei. Vier Türen weiter ist immer noch kein Laut zu hören, außer meinem Atem, der ungewohnt schnell geht. Meine Hände kleben am Griff meines Koffers und meine Bluse auf meiner verschwitzten Haut. Ich komme mir lächerlich vor in meiner schwarzen Beerdigungshose und der Kleidung meiner Mutter. Meine Haare sehen ganz sicher furchtbar aus und garantiert riecht alles an mir nach Angstschweiß.

Kurz davor doch noch die Flucht zu ergreifen und auf das alles hier einfach zu verzichten, schwingt die Tür vor meiner Nase auf und eine Horde Männer kommt mir entgegen. Eine menschliche Massenkarambolage ist ein Witz gegen das hier. Ich und mein gigantischer Koffer sorgen dafür, dass es mitten im Türrahmen einen menschlichen Superstau gibt, aber die Fußballer schlängeln sich an allen Seiten an mir vorbei.

»Äh … Hi«, versuche ich zu einem von ihnen Kontakt aufzunehmen, aber sie laufen einfach um mich herum und verschwinden einen Raum weiter. Als die schwere Eisentür sich hinter dem Letzten von ihnen schließt, ist es wieder genauso ruhig wie vor einer Minute.

Das ist einer der Momente, in denen man nicht sicher sein kann, ob man sich die letzten Sekunden nur eingebildet hat oder sie wirklich passiert sind. Aber der Duft nach Duschgel und ein leichter Schwall Feuchtigkeit beweisen, dass ich noch nicht verrückt geworden bin. Und so lege ich mein Ohr leicht an die Tür, durch die sie gekommen sind. Nichts. Diese Räume scheinen schallisoliert zu sein. Oder das waren die Letzten und ich habe Mister Peterson verpasst.

Mein Blick zuckt zu der Eisentür, durch die sie gegangen sind. Ich hätte ihn doch erkannt. Oder? Andererseits ging alles viel zu schnell.

Ehe ich doch noch den Verstand verliere, nehme ich all meinen Mut zusammen und klopfe zaghaft an. Als ich schon fast nicht mehr daran glaube, dass sich irgendetwas tun wird, öffnet sich die schwere Türe einen Spaltbreit und ein dunkelhäutiger Spieler blickt auf mich herab. Seine Haut ist so schwarz, dass das Weiß seiner Augen heftig hervorsticht.

»Ähm …«, stottere ich schon wieder wie ein kleines Schulmädchen. »Hi.« Ich strecke ihm meine Hand entgegen, aber er zieht lediglich eine Augenbraue in die Höhe. »Also«, stammle ich weiter und lasse meine Hand wieder sinken, »mein Name ist Lauren Bell. Ich komme von der GB-Life und soll einen Bericht über Scott Peterson schreiben. Ich …«

Ich komme nicht dazu weiterzusprechen, denn schon nach dem Scott und spätestens bei der letzten Silbe von Peterson zeigt der Kerl vor mir auf eine weitere Tür hinter sich und kehrt mir den Rücken zu. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als mit Grandpa Georges Koffer im Schlepptau in die vollbesetzte Umkleidekabine der London Silvers zu stiefeln. Es ist nicht mal die Tatsache, dass die meisten Männer nur halb bekleidet sind, dass ich mich fühle, als liefe ich geradewegs in die allseits bekannte Höhle des Löwen.

Kapitel 3

Scott

Ganz gleich, wie Leon sich meinem Oberschenkel auch widmet, ich werde das dumme Gefühl nicht los, dass mein Muskel schon genug von der Saison hat. Und das stinkt mir gewaltig.

»Wir versuchen es diese Woche weiter mit extra Massagen und Tapen. Wenn es nächste Woche nicht besser wird, sollte der Coach dich aussetzen lassen.«

Leon, der mich irgendwie an Dwayne the Rock Johnson erinnert, hat trotz seiner riesigen Pranken unendlich viel Gefühl in den Händen. Ich traue seiner Einschätzung, aber ich werde es auf keinen Fall zu einem Ausfall kommen lassen.

»Es ist diese Woche schon viel besser geworden«, lüge ich und bete innerlich, dass sich das in den nächsten Tagen bewahrheiten wird. Am Wochenende auf dem Rasen zu stehen, ist alles, was in meinem Leben von Bedeutung ist.

»Übertreib’s nicht, Scott«, warnt er mich, während er seine öligen Hände an einem Handtuch abwischt.

Die Physioabteilung der Silvers bietet mehr als jedes luxuriöse Fitnessstudio in London und ein bisschen tut es mir leid, dass ich die bequeme Liege gegen den regnerischen Platz eintauschen muss. Aber der Coach gibt sich heute nicht mit Krafttraining zufrieden und hat noch eine weitere Einheit auf dem Feld angeordnet. Also erhebe ich mich langsam, setze mich auf die Kante und lasse relaxt die Beine in der Luft baumeln, als jemand hereinkommt. Aber es ist nicht wie erwartet Brane, der als Nächster in den Genuss von Leons Fähigkeiten kommt.

»Ähm … Ich … Also …«, stottert ein junges Mädchen, das sich erstens ganz offensichtlich verlaufen hat und zweitens von meinem beinahe nackten Körper irritiert zu sein scheint. Wie von allein gleitet mein Blick an ihr hinunter. »Wenn ich … Ich wollte nicht …«, geht ihr Gestotter weiter und sie hält eine Hand vor ihr Gesicht. Fast als würde ich sie wie die Sonne blenden. Interessant. »Ich kann später wieder…«

Leon, der sich sein Schmunzeln besser verkneifen kann als ich, räuspert sich. »Können wir vielleicht irgendwie helfen?«

Sie wuchtet den Koffer, den sie hinter sich hergezogen hat, in eine aufrechte Stellung. Jetzt ist er beinahe so groß wie sie und verdeckt den Blick auf ihre Beine. Die Augen starr auf Leon gerichtet, lässt sie ihre dichten rötlichen Haare, die ein ganzes Stück über ihre Schultern hängen, wie einen Vorhang vor ihr Gesicht fallen, um mich aus ihrem Blickwinkel verschwinden zu lassen.

»Mein Name ist Lauren Bell«, sagt sie so leise, dass ich sie kaum hören kann, aber im gleichen Moment, in dem sie weiterspricht, macht es auch schon Klick bei mir. »Ich bin auf der Suche nach Scott Peterson.«

Leons Blick gleitet zu mir. Ihrer folgt und ich kann nicht glauben, dass dieses Kind mein soziales Image in den Händen hält. Sie ist es? Das kann nur ein schlechter Scherz von der GB-Life sein. Das junge Ding kann maximal auf die Highschool gehen.

Sie scheint von mir genauso überrascht zu sein. Mit wem oder was hat sie denn bitte gerechnet? Also, wenn Derrek meint, er könne mir ein Schulmädchen an die Seite stellen, ohne dass ich mir einen Spaß daraus mache, hat er sich gewaltig getäuscht.

Ich lehne mich zurück und stütze mich mit den Handflächen auf dem glatten Leder ab. Dann wollen wir die Spiele mal beginnen lassen.

»Du willst meine neue Reporterfreundin sein?«, reize ich sie. Ihre Nervosität umgibt sie wie eine flauschige Wolke. »Ich hab gehört, wir wohnen sogar zusammen.«

Sie reagiert nicht. Fummelt am Reißverschluss ihrer Jacke herum, ohne mich anzusehen.

»Na dann solltest du besser ein bisschen genauer hinsehen«, raune ich ihr zu und ein diabolisches Grinsen stiehlt sich auf mein Gesicht, während sich auf ihrem elfenbeinfarbenen Dekolleté hektische Flecken ausbreiten.

»Ich … Also sind Sie …«

Zuerst tritt sie einen Schritt vor und streckt ihre winzige Hand nach mir aus. Aber als ihr Blick von meinem Gesicht zu meinen Füßen und wieder zurück gleitet, zieht sie sie schnell zurück und geht wieder bei ihrem altmodischen Koffer in Deckung. Ich habe schon eine Menge junger Mädchen vor mir gehabt, aber nie zuvor habe ich erlebt, dass mein Körper eine solche Wirkung auf eine von ihnen hatte. Ganz offensichtlich kommt sie nicht klar damit, dass ich außer meiner Boxershorts nichts trage. Eine Tatsache, die mich kitzelt, sie noch etwas mehr aus dem Konzept zu bringen.

»Sollten Sie nicht etwas zu schreiben dabeihaben, damit Sie keine wichtigen Details verpassen?«, schmunzle ich und springe mit einem Satz von der Liege. Wie ein Tiger nähere ich mich ihr. Ganz nah. »Immerhin zählt der erste Eindruck, oder nicht?«, schnurre ich keine zwanzig Zentimeter vor ihrem Gesicht. Am liebsten würde ich herzhaft loslachen, weil ich in aller Seelenruhe dabei zusehen kann, wie ihr Kopf die Farbe einer Tomate annimmt.

»Ja klar … Ich …«, stottert sie erneut drauflos und schaut alles in diesem Raum an außer mir. Als ihr Blick endlich in mein Gesicht zuckt, hebe ich abwartend die Augenbrauen. Im Hintergrund höre ich Leon kichern, was bei seiner gigantischen Gestalt wirklich albern wirkt. Miss Bell hingegen wird immer nervöser und fängt doch tatsächlich an in ihrer Tasche zu kramen. Die Situation ist zu köstlich.

Ganz der Arsch, der ich bin, verschränke ich die Arme vor der Brust und blicke auf sie hinunter.

»Ich hab’s gleich«, flüstert sie mehr zu sich selbst und krönt unsere Begrüßung damit, dass ihr der Henkel ihrer Tasche aus der Hand rutscht und sich der komplette Inhalt auf meine nackten Füßen entleert. »Ach du meine Güte«, kreischt sie und ist schneller auf den Knien, als ich gucken kann.

Auch wenn ich es eigentlich genieße, wenn ein junges Mädchen vor mir auf die Knie geht, kann ich jetzt nur mit dem Kopf schütteln. Dieses Mäuschen kann nicht ernsthaft Derreks Plan zu meinem großen Medienerfolg sein.

»Mach’s gut, Leon«, sage ich völlig gleichgültig und steige über Kleingeld, Tampons, Handy und Schokoriegel, um nicht zu spät zum Training zu kommen.

***