SEKTION EINES MORDFALLES - R. S. Gordon - E-Book

SEKTION EINES MORDFALLES E-Book

R. S. Gordon

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  • Herausgeber: BookRix
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2021
Beschreibung

Ein Arzt und seine Haushälterin werden ermordet aufgefunden. Der Verdacht fällt auf eine faszinierend schöne Frau, die im Gefängnis dem Verhandlungstermin entgegenfiebert. Sie hat die Hoffnung nicht aufgegeben. Noch steht nicht fest, ob die Indizien für einen Schuldspruch ausreichen...    Mit   SEKTION EINES MORDFALLES   von Robert S. Gordon veröffentlicht der Apex-Verlag nach   Cover-Girls sterben einsam   den zweiten spannungsgeladenen Roman um den Privatdetektiv James Fenimore Cooper, einen geradezu klassischen Crime-Noir-(Anti-)Helden. 

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Ähnliche


 

 

 

 

Robert S. Gordon

 

 

Sektion eines Mordfalles

 

Roman

 

 

 

 

Apex Crime, Band 249

 

 

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

SEKTION EINES MORDFALLES 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

 

 

Das Buch

 

Ein Arzt und seine Haushälterin werden ermordet aufgefunden.

Der Verdacht fällt auf eine faszinierend schöne Frau, die im Gefängnis dem Verhandlungstermin entgegenfiebert. Sie hat die Hoffnung nicht aufgegeben. Noch steht nicht fest, ob die Indizien für einen Schuldspruch ausreichen...

 

Mit Sektion eines Mordfalles von Robert S. Gordon veröffentlicht der Apex-Verlag nach Cover-Girls sterben einsam den zweiten spannungsgeladenen Roman um den Privatdetektiv James Fenimore Cooper, einen geradezu klassischen Crime-Noir-(Anti-)Helden. 

   SEKTION EINES MORDFALLES

 

 

 

 

 

 

 

  Erstes Kapitel

 

 

April 1967.

Es wurde verhältnismäßig zeitig dunkel, aber daran war sicher das Gewitter schuld. Der breite Pasadena Freeway glänzte im Regen, und die meisten der entgegenkommenden Fahrzeuge hatten ihre Scheinwerfer eingeschaltet.

Der Mann, der in dem schwarzen Chrysler saß, war nicht mehr jung, aber dafür hatte er sich das Gewicht angeschafft, welches einem gutsituierten Bürger, der dank seiner Jahre nicht mehr auf die sportliche Linie zu achten braucht, den Anschein des etwas behäbigen, aber desto erfolgreicheren Mannes gab.

Der Scheibenwischer des großen Wagens summte im gleichbleibenden Rhythmus über das breitgewölbte Glas. Der Hauptverkehr hatte um diese Zeit schon etwas nachgelassen, nur auf der Gegenfahrbahn war mehr Betrieb. So war es jeden Abend. Obwohl Pasadena genug zu bieten hatte, fuhren die meisten Vergnügungssüchtigen nach Los Angeles.

Der Mann sah auf seine Armbanduhr, deren breitgliedrige Goldkette im Licht eines entgegenkommenden Scheinwerfers sekundenlang aufleuchtete.

»Zwanzig Uhr«, sagte er leise vor sich hin. Der rechte Fuß drückte etwas fester auf das Gaspedal. Als der Mann aber auf der rechten Seite die weiße Farbe der Highway Patrol sah, nahm er die Geschwindigkeit wieder zurück. Er hatte immer etwas gegen die Polizei, aber an diesem Abend konnte er ein Strafmandat am allerwenigsten gebrauchen. Er verließ die Autostraße am Park Arryo Drive und fuhr nun geradewegs nach Norden. Er kreuzte den Colorado Freeway und bog am Devils Gate Reservoir nach Altadena ab. Auf der Lincoln Avenue wurde es immer einsamer, je weiter er zum Angeles National Forrest kam. Ziemlich am Ende, auf einer kleinen Anhöhe, lag sein Haus. Er hatte es zu einer Zeit gekauft, als die Umgebung kaum bebaut war. Zweimal war es umgebaut worden, jetzt hatte es die moderne breitflächige Bungalowform.

Das ganze Grundstück war von einer mittelhohen Mauer umgeben, die durch ein breites, kostbar gearbeitetes Holztor unterbrochen wurde.

Der Mann bremste den Wagen ab, stieg aus und lächelte, als er das Holztor angelehnt fand. Er drückte die beiden Flügel auseinander, ging zurück zu seinem Wagen und fuhr direkt bis vor das Haus. Um das Tor kümmerte er sich nicht mehr.

Mit einem Blick überflog er das ganze Haus. Es lag still da, nichts rührte sich. Da es direkt am Hügel lag, war die der Stadt zugekehrte Seite etwas höher und von einer Terrasse umgeben, die auf zwei dicken Säulen ruhte.

Der Mann fuhr den Wagen etwas weiter nach rechts, drückte seinen breitkrempigen Hut fester in die Stirn und stieg aus. Mit verkniffenem Gesicht ging er zur Haustür. Dort drehte er sich nochmals um. Das nächste Haus lag hundertfünfzig Yards entfernt, aber er wusste, dass die alte Dame, die das obere Stockwerk des Hauses bewohnte, sehr oft mit einem Fernglas die Nachbarn beobachtete.

Er drückte auf den dicken Knopf an der Haustür, und sofort hörte man im Haus den Dreiklang der Röhren. Wieder sah der Mann auf seine Uhr... Es war fünfzehn Minuten nach zwanzig Uhr. Er nickte vor sich hin und drückte erneut auf die Klingel, aber diesmal wollte er nicht länger warten. Er hatte sich jedoch noch nicht ganz weggedreht, als die Tür geöffnet wurde.

Der Mann zögerte, seine Augenbrauen zogen sich zusammen, er machte einen hilflosen Eindruck, so, als wüsste er nicht genau, was er machen sollte. Dann trat er durch die offene Tür in die Empfangsdiele und hörte im nächsten Moment die Tür hinter seinem Rücken wieder ins Schloss fallen. Er knipste das Licht an, legte seine Ledertasche auf eine dafür vorhandene Ablage und drehte sich um.

Die Empfangsdiele war leer, aber er sah sofort, wie sich der geraffte Vorhang, der die Diele vom ersten Raum abtrennte, bewegte.

»He...«, begann er, kam aber nicht weiter.

Eine Pistole, die im gleichen Moment am Vorhang sichtbar wurde, spie Feuer. Der Mann in der Diele riss die Arme hoch, wurde zurückgeschleudert, flog gegen den großen Spiegel und zertrümmerte ihn. Seine Knie knickten ein, und er rutschte zu Boden. Die untere Seite seines dicklichen Gesichts war aufgerissen, ein Blutstrom spritzte gegen die Wände. Er versuchte etwas zu sagen, aber es wurde nur ein heiseres Gurgeln. Er gestikulierte, als die Hand mit der Pistole näher kam. Noch einmal dröhnte ein Schuss durch das Haus.

Hundertfünfzig Yards weiter legte eine alte Dame ein großes, wertvolles Fernglas aus der Hand.

 

Los Angeles, Hollywood 1969.

»Nein, Sie haben wirklich keinen Grund. Ihre Frau hat den Neger nicht mehr wiedergesehen.« Jimmy Cooper hielt den Telefonhörer etwas weiter weg, während der reiche Konservenfabrikant seine Meinung zum Besten gab, dann verzog Jimmy sein Gesicht. »Okay, wie Sie wollen, dann beobachte ich sie eben weiter.« Er legte den Hörer auf die Gabel und schüttelte sich. Eifersüchtige Ehemänner sind furchtbar und nur durch eines zu übertreffen: durch eifersüchtige Ehefrauen.

Jimmy sah auf den billigen Werbekalender, der an der Wand hing. In ein paar Tagen war mal wieder die Miete fällig. Er zahlte für zwei Zimmer und ein winziges Büro neunzig Dollar, die Garage im Keller kostete fünf, Telefon und Licht an die fünfzig. Und manchmal glaubte er, er müsste sich, einschränken. Dann erinnerte er sich an eine Verabredung mit Pritty James Westcott. Er schloss seine Wohnung ab, fuhr mit dem klapprigen Fahrstuhl in die Kellergarage und holte sein Auto. Am Santa Monica Boulevard bog er nach Nordosten ein. Ganz in der Nähe vom Griffith Park hatte James Westcott sowohl Wohnung als auch Anwaltspraxis. Jimmy stellte seinen Wagen auf der gegenüberliegenden Seite auf einen Parkstreifen.

In der zweiten Etage des Hauses empfing ihn ein junges Mädchen mit dem typisch niedlichen Hollywoodgesicht. Er hätte zehn Dollar gewettet, dass in ihrem Zimmer ein Bild von Kim Novak an der Wand hing - und sie sich jeden Morgen genauso zurechtmachte.

Pritty saß noch in seinem Arbeitszimmer.

»Gut, dich mal wiederzusehen, Jimmy.«

Jimmy setzte sich auf die elegante, breite Couch und grinste Pritty an.

»Du hast ja schon wieder ein neues Mädchen. Ich denke, es gibt kein Personal?«

Pritty, ein untersetzter Mann, dreiundvierzig Jahre alt, verzog sein Gesicht.

»Kein Personal? Man braucht bloß ab und zu an die Tore der großen Ateliers zu fahren, dort findest du sie dutzendweise. Sie kommen irgendwoher und wollen zum Film, aber der Film will nicht zu ihnen, und irgendetwas müssen sie doch machen, also verdingen sich die Vernünftigen unter ihnen im Haushalt oder im Büro.« Er überlegte einen Moment, dann wurde er ernst. »Aber reden wir tachles, Jimmy.«

»Hast du was für mich? Ich werde in Scheidungssachen mein Honorar erhöhen, nimm es gleich zur Kenntnis.«

Westcott lächelte müde. Er stand auf und holte aus einem Schrank zwei Gläser und eine Flasche.

»Mit Soda?«

Jimmy schüttelte den Kopf. Kurze Zeit später tranken sie sich zu. Westcott stellte sein Glas ab, ging wieder zu seinem Schreibtisch und schlug ein umfangreiches Aktenbündel auf.

»Du kennst ja den Fall Price.« Es war keine Frage, sondern eine Feststellung. »Nächste Woche beginnt der Prozess und ich bin, ehrlich gesagt, nicht weitergekommen.«

Jimmy schob die Unterlippe vor.

»Tut mir leid, Pritty, aber es ist dein Problem. Du weißt, wir haben uns über Jane Bentley ausgiebig unterhalten. Meiner Meinung nach kämpfst du auf verlorenem Posten.«

Westcott schlug die Akte wieder zu und sah Jimmy sehr ernst an.

»Und wenn Ich dir immer wieder sage, sie war es nicht?«

Jimmy blieb unbeeindruckt.

»Du musst es sagen, du bist ihr Anwalt... und ich glaube, sie hätte keinen besseren bekommen können - außer Perry Mason«, fügte er lächelnd hinzu.

Westcott lächelte nicht.

»Jimmy, wenn ich sie nicht loseise, geht sie unweigerlich in die Gaskammer.«

Cooper nahm sich eine Zigarette und zündete sie an.

»Du bist in sie verknallt, Pritty, weiter nichts. Sie ist hübsch, aber ich finde, es wäre doch verdammt ungerecht, wenn eine Frau, die einen Doppelmord ersann, davonkommt, nur weil sie hübsch ist.«

»Wie oft soll ich dir noch sagen, sie ist unschuldig?«

»Natürlich, sie hat es nur geplant«, Jimmy winkte ab, »geschossen hat ihr Freund. Dafür wird er ihr in der Gaskammer den Vortritt lassen.«

Westcott legte seine Hände flach auf den Schreibtisch. Er kannte James Cooper lange genug. Nicht umsonst besaß er in einer Stadt, die von Privatdetektiven nur so wimmelte, einen guten Ruf. Jimmy hatte eine eigene Art von Humor, aber er war in einer unehrlichen Welt ehrlich und unbestechlich.

»Sicher, Jimmy, die Indizien sind erdrückend«, entgegnete Westcott ruhig, »aber du weißt, wie oft man unschuldig in die Enge getrieben werden kann und wie schwer es ist, sich wieder herauszudrehen. Ich wollte dich bitten, die Akte durchzulesen. Ich bin Anwalt, aber kein Detektiv. Vielleicht findest du doch noch etwas, was sie entlastet.«

»Wie kommst du darauf, dass ausgerechnet ich...?«

Westcott gab ihm die Akte.

»Es war ihre Idee, Jimmy. Ich sprach von dir, und sie sagte sofort, ich sollte mich mit dir in Verbindung setzen.«

Jimmy zog die Luft hörbar durch die Nase ein.

»Na gut. Aber unsere Polizei ist durchaus tüchtig.« Trotzdem klappte er die Akte auf und las die Anklage. Sie war klar und präzise abgefasst. Die Aussagen der Jane Bentley hatte er schon vor Monaten in den verschiedenen Zeitungen gelesen. So kurz vor der Verhandlung war die schöne Jane wieder das Pin-up-Girl der Zeitungen und Magazine, wenn auch in recht makabrer Weise. Doppelmord bleibt Doppelmord, ob ihn ein pervertierter Halbwilder oder eine schöne Frau begeht. Sie hatte in ihren ganzen Aussagen gelogen, und eine Lüge war nach der anderen geplatzt. Natürlich war es ihr gutes Recht, aber sie hatte alles viel zu ungeschickt angefangen, die Lügen waren zu durchsichtig, die Versuche, sich ein Alibi zu zimmern, dumm und geschmacklos. Jimmy klappte die Akte wieder zu.

»Sieht böse aus, Pritty. Aber du glaubst trotzdem, dass sie unschuldig ist?«

»Ich habe Gründe, logische Gründe, aber ich kann sie nicht beweisen, sie werden bei der Jury nicht akzeptiert werden. Ich brauche mehr, Jimmy, ich brauche den Mörder! Ich brauche den Mann, der vor zwei Jahren den Arzt Dr. Hammond Price in seiner Villa in Altadena mit zwei Schüssen getötet hat!«

Jimmy trank seinen Whisky aus.

»Ich mache dir einen Vorschlag, Pritty«, sagte er. »Ich nehme den ganzen Salat mit nach Hause. Wenn ich etwas finde, was einen berechtigten Zweifel an ihrer Schuld zulässt, dann bin ich dein Mann, Pritty.« Er stand auf. Westcott begleitete ihn bis zur Tür. Jimmy blieb stehen.

»Wer verteidigt ihren Freund?«

»Etzel Martin. Er ist kaum bekannt, aber ein Fuchs. Willst du mit ihm sprechen?«

»Nein, ich muss mir erst ein Bild machen. Ich habe ja manches über den Fall gelesen, aber... Na ja.«

»Ich rufe dich morgen an«, sagte Westcott. »Du bist unsere letzte Hoffnung!« 

 

 

 

 

  Zweites Kapitel

 

 

Der Tag begann für Jim mit Kopfschmerzen. Brummend stand er auf und suchte seine Sachen zusammen, die er jeden Abend wahllos im Schlafzimmer verteilte. Gähnend stand er unter der kalten Dusche, und gähnend nahm er sein Frühstück ein. Nachdem er sich angezogen hatte, nahm er die Akte und ging durch eine Verbindungstür von der Wohnung direkt in sein Büro.

Das war nicht gerade komfortabel eingerichtet. Außer einem einfachen Schreibtisch und dem obligaten Wasserspender mit den Pappbechern, stand nur noch ein kleines Blumentischchen mit einer Blattpflanze am Fenster, zwei Stühle und zwei Sessel vervollständigten das Mobiliar. Zwei billige Drucke von Abe Lincoln und George Washington hingen nebeneinander, und eine fast immer offene Tür führte in den Miniaturkorridor. Unter Lincoln stand noch ein Karteikasten, der allerdings fast nur leere Karten enthielt, denn Jimmy hielt nicht viel von Schreibarbeiten.

Er setzte sich und schlug die Akte auf. Er wusste ganz genau, dass ihm gestern, kurz vor dem Einschlafen, manches aufgefallen war. Deswegen begann er wieder von vorn. Ein Detektiv ist kein Wundertier, und Erfolge müssen hart erarbeitet werden.

Saul E. Portman, der in diesem Fall der Ankläger war, hatte seine Ansicht in einem kurzen Schriftsatz dargelegt.

»Anklageschrift im Verfahren gegen Jane Bentley und Clifford Winter wegen Doppelmordes, begangen an dem Arzt Dr. Hammond Price und seiner Haushälterin Elizah Turner. Die Tat wurde nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wie folgt begangen:

Jane Bentley (34), Mannequin, lernte im Dezember des Jahres 1964 den Arzt Dr. Hammond Price bei einem Besuch in Graumanns Chinesischem Theater kennen. Sie saß neben ihm und begann nach der Vorstellung ein Gespräch mit dem Arzt. Sie verabredeten sich für das nächste Wochenende, und von diesem Zeitpunkt an war Jane Bentley die Geliebte Dr. Prices. Sie trafen sich ziemlich regelmäßig zweimal in der Woche und verbrachten sehr oft gemeinsam das Wochenende. Sie unternahmen auch Urlaubsreisen nach Canada und Mexiko.

Dr. Hammond Price (58), zweimal geschieden, Vater von Sidney Price, ebenfalls Arzt, bewohnte ein Haus in Altadena. In diesem Haus wirtschaftete seine langjährige Haushälterin Elizah Turner (47), die über viele Jahre hinaus das feste Verhältnis des Arztes war.

Dr. Price erwarb Anfang 1965 ein großes Grundstück in Desert D’Or, dessen Wert mit dem darauf entstandenen Bungalow auf etwa vierhundertfünfzigtausend Dollar geschätzt wird. Ende des Jahres 1965 vermachte Dr. Price das ganze Grundstück mit dem Bungalow Jane Bentley, die hier nach seinem Tode leben sollte. Bereits ein Jahr später hatten sich aber die Beziehungen der beiden sehr abgekühlt, und als Dr. Price soweit war, den Besitz in Desert D’Or verkaufen zu wollen, erwachte in Jane Bentley der Wunsch, diesen Verkauf zu vereiteln. Jane Bentley hatte in San Francisco einen Jugendfreund, den Artisten Clifford Winter (38), an den sie sich wandte. Die Beziehungen Winters zu Jane Bentley dürften eindeutig sein.

Der Plan der Bentley war folgender: Sie erzählte Price, sie hätte einen Käufer, einen Mexikaner mit Namen Pietro Solares, der am 22. April in Los Angeles wäre und mit ihm über den Ankauf des Besitzes in Desert D’Or sprechen wolle Hammond Price versprach ihr, dem Mexikaner sein Haus zu zeigen und ihr, sollte es zu einem Verkauf des Grundstückes in Desert D’Or kommen, eine Provision zu zahlen.

Die Tat war für den 22. April 1967 geplant. An diesem Tag holte Jane Bentley mit ihrem Wagen Clifford Winter nach Los Angeles, versteckte ihn in ihrer Wohnung, schrieb auf ihrer Schreibmaschine, die man übrigens in der Wohnung der Bentley sicherstellen konnte, einen Brief, den sie Pietro Solares alias Clifford Winter mitgab, falls Elizah Turner misstrauisch werden sollte. Am Abend fuhren sie gemeinsam nach Altadena. Sie wartete in ihrem Wagen, bis Winter in Prices Haus eingelassen wurde. Winter erschoss im Haus Elizah Turner und wartete dann in der Diele auf Dr. Hammond Price. Dieser kam gegen acht Uhr, schloss die Tür auf und wurde von Winter mit zwei Schüssen niedergestreckt. Der Mörder verließ, nachdem er die Pistole dem Opfer in die Hand gedrückt hatte, das Haus und wurde von Jane Bentley wieder zurück nach San Francisco gefahren. Die Anklage wird in der Verhandlung gegen Jane Bentley und Clifford Winter wegen Doppelmordes diese Theorie durch Zeugen beweisen.«

Portmans Unterschrift war ein einziger Schnörkel. So konnte es gewesen sein.

Westcott hatte noch einige Zeugenaussagen in die Mappe gelegt, die, wenn sie stimmten, die Bentley in manchen Dingen entlasteten. Aber dann kamen die zwei Geständnisse.

Jim angelte sich eine Zigarette, zündete sie an und versuchte sich ganz auf diesen Mordfall zu konzentrieren.

Jane Bentley hatte eine sechzehnjährige Tochter, die eines Tages zu Saul E. Portman gegangen war und dort behauptete, ihre Mutter hätte ihr die Mordtat in allen Einzelheiten gestanden. Damit war die Sensation perfekt. Wochen danach kam ein Zellengenosse Winters und behauptete, auch Winter hätte ihm den Mord gestanden. Für Portman war der Fall klar und für die elf Geschworenen sicher kein Rätsel. Leider behaupteten Jane Bentley und Clifford Winter, dass diese Geständnisse Lügen wären. Sie behaupteten es mit aller Entschiedenheit, obwohl sie sich untereinander unmöglich verständigen konnten.

Jim griff zum Telefonhörer. Pritty war in seiner Kanzlei.

»Du hast dich schnell entschieden, Jimmy. Ich freue mich.«

»Hör mal, Pritty, ich habe alles genau durchgeackert, aber ich weiß nicht, wo man es anpacken soll. Dazu wette ich hundert Dollar gegen ein paar alte Stiefel, dass Portman noch ein paar Trümpfe im Ärmel hat.«

Es blieb einen Moment still, dann räusperte sich Westcott.

»Ich habe eine Sprecherlaubnis für dich beantragt. Du hast sicher ein paar Fragen an sie.«

»Also gut. Für wann ist sie?«

»Heute Nachmittag, alter Junge.«

Jimmy stöhnte.

»He, sag mal, wann hast du denn die Genehmigung beantragt?«

Er brauchte Pritty nicht zu sehen, er spürte dessen Grinsen.

»Vor drei Tagen, Jimmy. Ich komme übrigens mit, gemeinsam werden wir es schon schaffen.«

Jim legte den Hörer auf.

»Dein Wort in Gottes Ohr«, murmelte er.

 

Jane Bentley war in der Frauenabteilung des Polizeigefängnisses untergebracht. Sie wurde gut behandelt, hatte die Möglichkeit, alle Zeitungen zu lesen, sich ihr Essen von dem nahegelegenen Restaurant kommen zu lassen und zu schreiben.

Natürlich war es mit diesen Vergünstigungen vorbei, wenn sie in einem ordentlichen Verfahren für schuldig erkannt würde. Dann käme die Überführung nach St. Quentin, wenn man sie mit dem Tode bestrafen sollte, für eine lebenslange Haft womöglich Folsom. Die letzte Anstalt war sehr gefürchtet, aber dort saßen keine Todeskandidaten, die gab es nur in St. Quentin, in dem großen Block, an der »Straße der Verdammten«. Wenn Portman die Jury zu einem einstimmigen Schuldig bringen konnte, dann wäre dort Jane Bentleys letzter Aufenthalt, bis Wärter in die Zelle mit den grüngestrichenen Stahlwänden kommen würden, ihr ein Kleid anmessen, welches sie zu einer bestimmten Stunde in einer bestimmten kleinen Zelle tragen müsste, auf einem Stuhl, dessen Sitz und Umrandung aus Stahl und unzähligen kleinen Löchern besteht, Riemen über der Brust, an den Armen und an den Beinen.

Sie würde diesen letzten Gang aus einer geraden Linie von vierunddreißig kleinen Stahl- und Betonzellen direkt in die Ewigkeit gehen. Es gab nicht wenige, die behaupteten, die eigentliche Strafe wären die Schritte von dem Gitter der Todeszelle bis zu der kleinen Gaskammer.

Jimmy stellte seinen Wagen auf dem großen Parkplatz des Polizeigefängnisses ab.

»Wenn alles schiefgeht, hat sie immer noch eine größere Chance als Winter«, sagte er zu Westcott.

»Meinst du? Ich sage dir, wenn es schiefgeht, ist es mit beiden vorbei.«

Sie zeigten ihre Legitimation und Jim die Sprechgenehmigung, dann stiegen sie die breite Treppe empor.

»Es ist selten, dass eine so schöne Frau zum Tode verurteilt wird. Auch Geschworene sind nur Menschen.«

Sie gingen den langen Korridor entlang. Die Fenster waren alle vergittert. Ihre Schritte hallten laut auf dem glänzenden Linoleum des Bodens.

Jim erinnerte sich. Jane würde nicht die erste Frau sein, die in Kalifornien zum Tode verurteilt wurde. Zwei waren ihr schon vorausgegangen. Würde Jane Bentley die dritte Frau sein?

Westcott blieb an einem Gitter stehen. Abermals mussten sie ihre Ausweise zeigen, dann wurden sie eingelassen.

»Wir sind da. Bitte, geh voraus!«

Dann standen sie vor der Zelle einundzwanzig. Als Privatdetektiv hatte Jimmy die Genehmigung bekommen, im Beisein ihres Anwalts und ohne weitere Zuhörer mit der Angeklagten in ihrer Zelle sprechen zu können. Sekunden später stand Jim Cooper vor Jane Bentley.

Er hatte von ihr gehört, hatte Bilder von ihr in der Presse gesehen, aber es war nichts gegen die Wirklichkeit. Jane war fast einssiebzig groß, schlank, ohne mager zu sein, weißblond mit langen Locken, großen graugrünen Augen und einem Gesicht wie ein Engel. Sie hatte eine unwahrscheinliche Ausstrahlung, und Jim hoffte für sie, dass sich dies auch auf den Gerichtssaal und, was noch wichtiger war, auch auf die Geschworenen aus wirken würde.

Westcott stellte sie einander vor. Jim hatte eiskalte Burschen kennengelernt, die, ohne eine Miene zu verziehen, den Finger um den Abzug krümmten - und die ein Schuldkonto hatten, welches jeder Schlange Scham auf die gespaltene Zunge getrieben hätte. Aber Jane Bentley war entweder jedem Mörder an Kaltblütigkeit überlegen - oder sie war unschuldig.

»Ich freue mich, dass Sie gekommen sind, Mr. Cooper«, sagte sie mit leicht heiserer, fast rauchiger Stimme. »Mr. Westcott hat Ihnen sicher gesagt, dass Sie unsere große Hoffnung sind?«

Jim lächelte, dann sah er auf Pritty, der umständlich seine große Aktentasche öffnete.

»Mrs. Bentley, es mag manches in unserem Staatssystem nicht so ganz richtig sein, ich weiß es nicht, denn ich kenne kein besseres, aber man wird Sie nicht verurteilen, wenn Sie nicht schuldig sind.«

Jane sah ihn erstaunt an.

»Mr. Cooper, hat es denn noch nie einen Justizmord gegeben?«

»Auch die Jury besteht nur aus Menschen, aber man wird immer gewissenhafter, bevor man ein Schuldig spricht. Sagen Sie, haben Sie irgendeinen Anhaltspunkt oder einen Verdacht, auch wenn er Ihnen noch so unbegründet erscheint? Ich verspreche Ihnen, ich werde jeder Spur nachgehen, auch wenn sie noch so klein ist.« Jane Bentley atmete ein paarmal schwer. Sie drückte die Hände fest gegeneinander, und es sah für ein paar Sekunden so aus, als wollte sie weinen, aber sie nahm sich mit bewundernswerter Kraft wieder zusammen.

»Entschuldigen Sie, Mr. Cooper, aber ich habe schon lange nicht mehr daran geglaubt, außer Mr. Westcott, noch einen zu finden, der mich für unschuldig hält. Glauben Sie mir, ich habe es nicht getan, wenn auch alles gegen mich spricht; ich war es nicht!«

Jim sah sie prüfend an. Sie spielte nicht, wenn sie es auch gekonnt hätte. Soweit glaubte er sich mit den Frauen auszukennen. Trotz aller zur Schau getragenen Sicherheit, war sie an der Grenze dessen, was ein Mensch ertragen kann, ohne wahnsinnig zu werden. »Wer könnte es getan haben?«, fragte er.

Die Antwort kam von Westcott.

»Warum nicht sein Sohn Sidney? Price war mit ihm verzankt, sein Sohn hätte nichts bekommen. Jetzt besitzt er alles, soviel ich schätzen kann, anderthalb Millionen Dollar!«

 

Jim sah Westcott an.

Jetzt war die Katze aus dem Sack.

Pritty hatte also von Anfang an den Hintergedanken gehabt, ihn auf Sidney Price zu setzen.

Jim erinnerte sich, dass auch Sid zuerst unter den Verdächtigen war, aber nach eingehenden polizeilichen Recherchen war jedweder Verdacht gegen ihn zusammengebrochen.

»Price ist der einzige Erbe, Jimmy. So etwas ist doch von Anfang an verdächtig. Er stand mit seinem Vater nicht sehr gut, war von der geschiedenen Mutter erzogen worden, und seine Stellung als Arzt im Hospital brachte nicht sehr viel ein.«

Jim nickte und sah dann Jane in die ausdrucksvollen Augen.

»Glauben Sie es auch?«

Sie antwortete nicht gleich, sie blickte ihn nur an, weiter nichts. Einige Sekunden vergingen, und erst als Westcott sich leise räusperte, meinte sie:

»Ich kann es nicht glauben. Mr. Westcott hat Sid wohl schon die ganze Zeit in Verdacht, aber ich kann es nicht glauben. Ja, er stand sich nicht gut mit Ham, aber er würde ihn niemals getötet haben.«

»Er selbst nicht«, warf Westcott ein, »sicher nicht. Aber - er kann sich einen Mörder engagiert haben. So was ist in unserer modernen Zeit nicht sehr schwierig. Ich könnte mir denken, dass Sidney Price sich ein großartiges Alibi verschaffte, den ganzen Verdacht auf Mrs. Bentley lenkte und in aller Ruhe abwarten konnte.«

Jim gefiel die Theorie nicht sehr, er hatte zu viel Respekt vor der Polizei.

»Soviel ich weiß, hat der Sohn selbst das ganze Verfahren in Gang gebracht. Ich kann mir nicht denken, dass er so abgebrüht ist, wenn er selbst als Täter in Frage kommt. Der Aberglaube, die Polizei wäre dumm, ist schon manchem Verbrecher zum Verhängnis geworden.«

»Na ja, sehr schlau haben sie sich damals nicht benommen.«

»Ein einfaches Revier in Altadena - was verlangst du von den Cops? Aber jetzt hat es die Mordkommission in Los Angeles durchgekaut, und die Jungs sind schwer in Ordnung.«

Auch Jane Bentley nickte.

»Wenn Sid damit zu tun hätte, wäre es ja das perfekte Verbrechen, und ich denke, so etwas gibt es nicht.«

Jimmy musste lächeln.