Sensible Trauma- und Erlebnispädagogik -  - E-Book

Sensible Trauma- und Erlebnispädagogik E-Book

0,0
31,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.

Mehr erfahren.
Beschreibung

Erlebnis- und Traumapädagogik stellen seit vielen Jahrzehnten etablierte und wirksame pädagogische Ansätze im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe dar. In der Regel werden beide unabhängig voneinander betrachtet und eingesetzt. Der hohe Anteil an jungen Menschen mit traumatischen Lebenserfahrungen erfordert es allerdings, erlebnispädagogische Angebote in der Kinder- und Jugendhilfe mit traumapädagogischen Konzepten bzw. Herangehensweisen zu verbinden. Das Buch stellt das im Rahmen eines Modellprojekts an der Kiwo Jugendhilfe in Dülmen entwickelte integrative Konzept "Sensible Trauma- und Erlebnis-Pädagogik" (STEP) vor, ordnet es ein und zeigt die konkrete Umsetzung anhand von mehreren Praxisbeispielen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 207

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Ralf Klausfering • Joachim Klein • Ute Thaleikis-Carstensen • Heiner van Mil (Hg.)

Sensible Trauma- und Erlebnispädagogik

Mit 6 Abbildungen und 6 Tabellen

Mit Beiträgen von Rainald Baig-Schneider, Jacob Bausum, Laura Borgers, Anke Dalhoff, Corinna Eißing, Monika Feist-Ortmanns, Isabella Hagemann, Rut Hagemann, Ralf Klausfering, Joachim Klein, Michael Macsenaere, Jasmin Roth, Kevin Roth, Clara Sartingen, Stephan Siebenkotten-Dalhoff, Mario Tenhumberg, Ute Thaleikis-Carstensen, Heiner van Mil

Ernst Reinhardt Verlag München

Ralf Klausfering, Diplom-Sozialpädagoge, Erlebnispädagoge be® ist Bereichsleiter bei der Kiwo Jugendhilfe in Dülmen.

Joachim Klein, Diplom-Sportwissenschaftler, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Institut für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ) und an der Katholischen Hochschule Mainz.

Ute Thaleikis-Carstensen, Diplom-Psychologin, systemische Familientherapeutin (DGSF) und Traumapädagogin / Traumazentrierte Fachberaterin (DeGPT / FVTP) ist Bereichsleiterin bei der Kiwo Jugendhilfe in Dülmen.

Heiner van Mil, Rehabilitations- und Erziehungswissenschaftler und Traumapädagoge / Traumazentrierter Fachberater (DeGPT / FVTP) ist Leiter des Institut Trauma & Pädagogik (Eifel) und Vorsitzender des Fachverband Traumapädagogik.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über >http://dnb.d-nb.de< abrufbar.

ISBN 978-3-497-03300-3 (Print)

ISBN 978-3-497-61978-8 (PDF-E-Book)

ISBN 978-3-497-61979-5 (EPUB)

© 2025 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, München, unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen in andere Sprachen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Verlag Ernst Reinhardt GmbH & Co KG behält sich eine Nutzung seiner Inhalte für Text- und Data-Mining i.S.v. § 44b UrhG einschließlich Einspeisung / Nutzung in KI-Systemen ausdrücklich vor.

Dieses Werk kann Hinweise / Links zu externen Websites Dritter enthalten, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat und die der Haftung der jeweiligen Seitenanbieter oder -betreiber unterliegen. Ohne konkrete Hinweise auf eine Rechtsverletzung ist eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten nicht zumutbar. Sollten jedoch entsprechende Rechtsverletzungen bekannt werden, werden die betroffenen externen Links soweit möglich entfernt.

Printed in EU

Covermotiv: © istock.com / ProfessionalStudioImages (Agenturfoto. Mit Models gestellt)

Satz: Katharina Ehle

Ernst Reinhardt GmbH & Co KG, Kemnatenstr. 46, D-80639 München

Net: www.reinhardt-verlag.de E-Mail: [email protected]

Inhalt

Vorwort

1Sensible Trauma- und Erlebnispädagogik – Theoretische Basis

1.1Traumapädagogik – eine Einführung

1.2Erlebnispädagogik – eine Einführung

1.3Sensible Trauma- und Erlebnis-Pädagogik – eine Zusammenführung (Synopse)

2Sensible Trauma- und Erlebnispädagogik – Praxisangebote

2.1Einführung in die STEP-Praxis

2.2Mountainbike Academy

2.3Das grüne Haus

2.4In the River

2.5Outdoorküche

2.6Auf dem Weg und in der Höhle

2.7Booster – STEP als Energieschub

2.8Blicke aus der Praxis

3Sensible Trauma- und Erlebnispädagogik – Qualitätsrahmen

3.1Wissenschaftliche Begleitung der STEP-Entwicklung – Evaluationsergebnisse

3.2Vertiefende Reflexion im Fallverstehen

4Literatur

5Autorinnen und Autoren

6Register

DEFINITION

STEP – Sensible Trauma- und Erlebnis-Pädagogik ist ein integratives Konzept im Bereich der Jugendhilfe, das traumapädagogische und erlebnispädagogische Elemente synergetisch verbindet.

Durch dieses Konzept eröffnen sich für junge Menschen ganzheitliche Erfahrungsräume, in denen ihre Verletzlichkeit sowie ihre Ressourcen wahrgenommen werden. Sie erhalten dadurch Heilungs- und Entwicklungsmöglichkeiten im Sinne individueller und kollektiver Selbstbemächtigung.

STEP umfasst mehr als nur exklusive Angebote; es schließt unmittelbar an das pädagogisch-therapeutische Milieu an und kann die Arbeit in diesem ergänzen und vertiefen.

Vorwort

Von Mario Tenhumberg und Monika Feist-Ortmanns

Als Direktorin des Instituts für Kinder- und Jugendhilfe (IKJ) und Geschäftsführer der KIWO Jugendhilfe gGmbH freuen wir uns sehr, dieses Fachbuch Sensible Trauma- und Erlebnis-Pädagogik (in der Folge als STEP bezeichnet) vorstellen zu dürfen. Es ist das Ergebnis eines mehrjährigen Projektes, das wir in einem Zeitraum von drei Jahren gemeinsam in Dülmen durchgeführt und in dessen Verlauf wir intensiv an der Zusammenführung der traumapädagogischen und erlebnispädagogischen Ansätze gearbeitet haben. Das Projekt wurde als Modellprojekt von der Stiftung Wohlfahrtspflege NRW gefördert. Mit dieser Publikation möchten wir die zentralen Erfahrungen und Erkenntnisse, die sich im Projektverlauf ergeben haben, sowie den von uns gemeinsam entwickelten Qualitätsrahmen (s. dazu auch KIWO Jugendhilfe 2024a) zur Umsetzung von STEP teilen und damit einen Beitrag zur Weiterentwicklung dieser wichtigen pädagogischen Herangehensweise leisten.

Die zwei vorhandenen und „getrennten“ Schwerpunkte des KIWO führten mit der Zeit zwangsläufig zu Berührungspunkten, Überschneidungen und Abgrenzungen innerhalb der Einrichtung, die die Frage provozierten, wie sich denn nun die beiden Fachlichkeiten zueinander verhalten. Stoßen sie sich ab, laufen sie unbeeinflusst nebeneinanderher oder befruchten sie sich sogar in ihrer Wirksamkeit? Das Gefühl der Fachpersonen im KIWO wies in die Richtung letzterer Annahme, jedoch nur unter bewussten und geordneten Bedingungen und Beziehungen – eben einer Achtsamkeit und Sensibilität – der beiden Fachlichkeiten zueinander.

Als starker Impuls für die (Weiter-)Entwicklung der Einrichtung lag es also nahe, genau diesem Gefühl nachzugehen, es zu prüfen und im besten Fall wissenschaftlich basiert Kriterien aufzustellen, die ein Milieu schaffen, dass diese beiden Fachlichkeiten gelingend miteinander wirken. Bisher gab es hierzu keine Forschung und kein wissenschaftliches Fundament, welches ausreichend Schlüsse zugelassen hätte.

Das Projekt bot die Chance, eine breit angelegte Qualifizierung in der Einrichtung auf das o. g. Zusammenwirken zu schaffen, die Fachlichkeit auszubauen und natürlich auch neue Wege zu gehen.

Ein maßgeblicher Meilenstein in der wissenschaftlichen Entwicklung des Projekts war die zu Beginn durchgeführte synoptische Zusammenführung der Grundsätze von Traumapädagogik und Erlebnispädagogik. Diese Synopse ermöglichte uns, ein gemeinsames Verständnis beider Ansätze zu entwickeln und daraus das STEP-Konzept (Sensible Trauma- und Erlebnis-Pädagogik) zu gestalten. Die enge fachliche Verknüpfung dieser beiden pädagogischen Herangehensweisen führte schließlich zur Ausarbeitung eines fachlichen Qualitätsrahmens, der das Fundament für die Sensible Trauma- und Erlebnis-Pädagogik bildet.

Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts und die umfangreichen Evaluationsergebnisse, die in seinem Verlauf gewonnen wurden, zeigen eindrucksvoll, wie die Integration von Trauma- und Erlebnispädagogik zu einer signifikanten Verbesserung der pädagogischen Arbeit mit traumatisierten oder von Traumatisierung bedrohten Kindern und Jugendlichen führen kann. Die Evaluation des STEP-Projekts bestätigt, dass die jungen Menschen, die an den erlebnispädagogischen Angeboten teilnahmen, nicht nur ihr Selbstbewusstsein und ihre Selbstwirksamkeit steigern, sondern auch in ihren sozialen Kompetenzen, ihrer Fähigkeit zur Selbstregulation und in der Beziehungsfähigkeit wesentliche Fortschritte erzielen konnten.

Die Sensible Trauma- und Erlebnis-Pädagogik setzt darauf, Kindern und Jugendlichen durch handlungsorientierte Angebote einen Erfahrungsraum zu bieten, in dem sie sich selbst neu erleben und ihre Fähigkeiten in einem sicheren, geschützten Rahmen erproben können. Hierbei spielt die Gestaltung von Angeboten, die Freude und Abenteuer ermöglichen, eine zentrale Rolle. Denn gerade diese Momente des Erlebens, in denen die jungen Menschen sich auf etwas Positives einlassen können, sind für den Prozess der Heilung und des Wachstums von großer Bedeutung.

Der von uns innerhalb des Projekts entwickelte Qualitätsrahmen betont, dass die erlebnispädagogischen Angebote stets in einem sicheren Rahmen stattfinden müssen, der sowohl den äußeren Schutz als auch die innere Sicherheit der Kinder gewährleistet. Die Angebote sind darauf ausgerichtet, die Kinder und Jugendlichen in ihrer Expert:innenschaft ernst zu nehmen und ihnen eine aktive Beteiligung zu ermöglichen. So erfahren sie Selbstwirksamkeit, was für ihre Entwicklung und Stabilisierung von entscheidender Bedeutung ist. Dieser Qualitätsrahmen (KIWO Jugendhilfe 2024a) ist geeignet, einen Träger, eine gesamte Einrichtung oder auch nur ausgewählte Systeme zu Sensiblen Trauma- und Erlebnispädagogischen Gebilden zu entwickeln.

Ein zentrales Anliegen der Sensiblen Trauma- und Erlebnis-Pädagogik ist der behutsame Umgang mit Angst, Unsicherheit und anderen intrinsischen Barrieren. Die pädagogischen Fachpersonen schaffen Räume, in denen die Kinder und Jugendlichen die Möglichkeit haben, sich mit ihren Ängsten auseinanderzusetzen, ohne dabei überfordert zu werden. Indem sie die Erfahrung machen, dass sie ihre Ängste bewältigen und auch schwierige Situationen meistern können, stärken sie ihr Vertrauen in sich selbst und in die Welt um sie herum.

Die Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleitung des IKJ zeigen auch, wie wichtig die Bindungspädagogik in diesem Zusammenhang ist. Die Evaluationsergebnisse bestätigen, dass die Sensible Trauma- und Erlebnis-Pädagogik zu einer deutlichen Verbesserung der Beziehungsqualität zwischen den pädagogischen Fachpersonen und den jungen Menschen führen kann. Diese Beziehungen sind ein zentraler Faktor für den Erfolg der pädagogischen Arbeit. Die Pädagog:innen bieten den Kindern und Jugendlichen Halt, Sicherheit und eine verlässliche Begleitung. Sie schaffen damit die Voraussetzungen für korrigierende Bindungserfahrungen, die den Kindern helfen, ihr Vertrauen in andere Menschen wieder aufzubauen.

Die Entwicklung bzw. Umsetzung von STEP hatte aber nicht nur positive Auswirkungen auf die Beziehungsqualität zwischen Fachkräften und jungen Menschen. Darüber hinaus sind auch positive Effekte auf die allgemeine Zusammenarbeit der pädagogischen Fachkräfte untereinander und eine nachhaltige Verbesserung des pädagogischen Arbeitsklimas feststellbar. So gaben z. B. 93 % der befragten Mitarbeitenden an, dass das Modellprojekt ihre Identifikation mit dem pädagogischen Konzept der Einrichtung gestärkt hat.

Die Integration der Trauma- und Erlebnispädagogik in einem Konzept wie STEP zeigt, dass es Wege gibt, Kindern und Jugendlichen mit traumatischen Erfahrungen einen sicheren und wirksamen Raum für ihre Entwicklung zu bieten. Es ist eine Arbeit, die nicht nur auf methodischer Kompetenz basiert, sondern in hohem Maße von der Haltung und Empathie der pädagogischen Fachkräfte getragen wird.

Dementsprechend liegt aus Sicht der Einrichtung ein weiterer großer Wert dieses Modellprojekts in der Beschreibung hoher Wirkungsgrade durch hohe Fachlichkeit und Haltung. Mit Blick auf den aktuell diskutierten Fachkräftemangel und die (mehr oder weniger) einfachen politischen Antworten der Arbeitsverteilung auf Nichtfachkräfte unterstreichen die Projektergebnisse eindrucksvoll die hohe Bedeutung pädagogischer Fach- und Methodenkompetenz.

Mit diesem Buch möchten wir alle Fachkräfte, die in der Alltags- und / oder Angebotsgestaltung mit traumatisierten oder von Traumatisierung bedrohten Kindern und Jugendlichen tätig sind, ermutigen, sich auf den Weg der Sensiblen Trauma- und Erlebnis-Pädagogik zu begeben. Die hier dargestellten Konzepte, Methoden und Erfahrungen sollen Ihnen Anregungen und Unterstützung bieten, damit Sie in Ihrer eigenen Arbeit Wege finden, die jungen Menschen in ihrem Prozess der Heilung, des Wachstums und der Selbstfindung zu begleiten.

Ein besonderer Dank geht abschließend an alle, die zum Entstehen dieses Buchs beigetragen haben – insbesondere an die Autor:innen der Praxisbeiträge, die sich neben ihrer täglichen pädagogischen Tätigkeit für diese Publikation auf einen durchaus aufwändigen Schreibprozess eingelassen haben und mit ihren lebendigen und zugleich fachlich reflektierten Beiträgen eindrucksvolle Einblicke in die facettenreiche Welt der STEP-Angebote am KIWO geben.

Wir wünschen Ihnen eine inspirierende Lektüre und hoffen, dass dieses Buch einen wichtigen Grundstein zur Verbreitung einer Sensiblen Trauma- und Erlebnis-Pädagogik leisten kann.

1Sensible Trauma- und Erlebnispädagogik – Theoretische Basis

1.1Traumapädagogik – eine Einführung

Von Jacob Bausum

Psychotraumatologie – Was Kinder alles erleben und was die Folgen sind

Gewalt gegen Kinder und Jugendliche ist kein seltenes Phänomen. Wenig vermitteltes Wissen zu diesem Themenkomplex in der Gesellschaft, aber auch innerhalb der pädagogischen Professionen, Tabuisierungen, blinde Flecken und die damit verbundene Scham der Betroffenen verschleiern allerdings die tatsächlichen Zahlen und führen zu einer hohen Dunkelziffer. Für alle pädagogischen Handlungsfelder gilt: Überall da wo Kinder und Jugendliche sind, gibt es mit großer Wahrscheinlichkeit auch Kinder und Jugendliche, die traumatische Erfahrungen gemacht haben oder aktuell im Kontext von Traumatisierung leben.

Psychotraumatologie und Traumapädagogik sind also keine fachlichen Nischenthemen der Pädagogik, sondern Themen von hoher fachlicher Relevanz. Sie dienen dem Verstehen und Einordnen von auffälligem Verhalten. Dieses Verständnis ist eine zentrale Grundlage der Gestaltung pädagogischer Angebote, die Kinder und Jugendliche mit traumatischen Erfahrungen zur Selbstbemächtigung, zur Sicherheit und zur sozialen Teilhabe begleiten können.

Kinder und Jugendliche erleben körperliche Gewalt, psychische Gewalt, sexualisierte Gewalt und Vernachlässigung oder sie werden Zeugen von Gewalt der Eltern untereinander. Sie erleben, dass es in ihrem Umfeld nur sehr wenige oder gar keine Menschen gibt, die davon Notiz nehmen, ihre Belastungen sehen und Unterstützung anbieten. Sie erleben, dass das gewalttätige Verhalten von Erwachsenen bagatellisiert wird und ihr eigenes Verhalten, das sie auf Grund der traumatischen Umstände entwickeln mussten, als Vergesslichkeit, Faulheit oder Frechheit interpretiert wird. Kinder mit traumatischen Erfahrungen erleben große Ungerechtigkeit und große Einsamkeit.

Diese traumatischen Erfahrungen sind vielfältig und individuell und dennoch gibt es einige Gemeinsamkeiten. Wenn wir von Trauma sprechen, sprechen wir in der Regel nicht über ein Phänomen, sondern eigentlich von drei unterschiedlichen Ereignissen, die in unmittelbarem Zusammenhang stehen (Bausum / Karau 2023).

1Das traumatische Ereignis

Wie oben beschrieben gibt es eine Reihe an Ereignissen, die Kinder und Jugendliche traumatisieren können. In der Regel handelt es sich bei diesen Ereignissen nicht um einmalige Belastungen. Wenn Kinder und Jugendliche im Kontext innerfamiliärer Gewalt leben, erleben sie traumatische Erfahrungen häufig über mehrere Jahre hinweg. Außerdem sind es in der Regel mehrere unterschiedliche Erfahrungen, denen Kinder und Jugendliche ausgesetzt sind, beispielsweise häusliche Gewalt, körperliche Gewalt, psychische Gewalt und Vernachlässigung gleichzeitig.

2Die unmittelbare Reaktion auf dieses Ereignis

Alle Menschen, die mit Belastungen konfrontiert werden, entwickeln eine große Menge Energie, die sie zum Kämpfen oder Flüchten benötigen. Die individuellen Möglichkeiten und Fähigkeiten zum „Kämpfen oder Flüchten“, um sich der bedrohlichen Situation zu entziehen oder zu erwehren, sind abhängig von vielen Faktoren, beispielsweise dem Alter, der sozialen Bindung zur Gewalt ausübenden Person, den eigenen Resilienzen und anderem mehr. Traumatische Ereignisse sind überwältigend. Kampf oder Flucht ist nicht möglich, es kommt zwangsläufig zur Erstarrung und dem intensiven Erleben von Ohnmacht und Angst. Die Eindrücke während des traumatischen Ereignisses sind derart intensiv, dass die Gedanken, Wahrnehmungen und Sinneseindrücke zersplittern.

3Die Langzeitfolgen des intensiven und wiederholten Erlebens von Ohnmacht, Angst und Erstarrung

Wenn Menschen sehr intensiv und / oder über einen langen Zeitraum Erstarrung, Ohnmacht und Angst erleben, hat das deutliche Auswirkungen auf mehreren Ebenen zur Folge. Diese Folgen sind nicht zeitlich begrenzt, sondern können als Reaktionsbereitschaft, verknüpft mit vergangenen Erfahrungen, auch nach vielen Jahren noch präsent werden. Insbesondere wenn Kinder und Jugendliche traumatischen Erfahrungen ausgesetzt sind, beeinträchtigen die Auswirkungen dieser Erfahrungen jeden weiteren Entwicklungsschritt in der Entwicklung von Identität und Persönlichkeit.

Peter Levine und Maggie Kline (2007) beschreiben die Folgen traumatischer Erfahrungen als sekundäre Traumasymptome und ordnen diese in drei Symptomgruppen.

■Chronische Übererregung: z. B. Panikattacken, Ängste und Phobien, Flashbacks, extreme Licht- und Geräuschempfindlichkeit, sich von gefährlichen Situationen angezogen fühlen, regressive Verhaltensweisen

■Dissoziation: z. B. Ablenkbarkeit und Unaufmerksamkeit, Gedächtnisverlust und Vergesslichkeit, Gefühle von Isolation und Getrenntsein, abgeschwächte oder verringerte emotionale Reaktionen, die es erschweren, sich an andere Menschen zu binden, wenig Energie und leichte Ermüdbarkeit

■Erstarrung: z. B. Kopfschmerzen, Magenschmerzen, Verdauungsprobleme, Gefühle von Schuld und Scham, Bettnässen und Einkoten, Vermeidungsverhalten, Haltungs- und Koordinationsprobleme.

Orientiert an der von Bessel van der Kolk (2017) beschriebenen ‚Entwicklungsbezogenen Traumastörung‘ können die Folgen traumatischer Erfahrungen auf drei Ebenen beschrieben werden.

■psychisch / kognitiv: Selbstzweifel, Unwirksamkeitserfahrungen, Angst, beeinträchtigte Wahrnehmung,

■körperlich: Selbstverletzendes Verhalten, Essstörungen, Körperschemastörungen, mangelnde Hygiene,

■sozial: Misstrauen gegenüber Gleichaltrigen und Erwachsenen, Schwierigkeiten sich auf Beziehungen einzulassen, sich ausgegrenzt fühlen.

Kombiniert man diese beiden Systeme, entsteht ein Raster, das hilfreich sein kann, um das problematische und nicht nachvollziehbare Verhalten von Kindern und Jugendlichen in den Kontext traumatischer Erfahrungen zu setzen, auch wenn wir selbst keine Information über diese traumatischen Erfahrungen haben (Tab. 1).

Natürlich gibt es hier Überschneidungen, so hat beispielsweise das Verstecken von Essen auch einen Bezug zur Kognition und möglicherweise auch Auswirkungen auf soziale Interaktionen. Diese Tabelle soll kein Diagnose-Modell sein, sondern vielmehr Erklärungs- und Verstehensmodell. Es soll die individuellen, vielfältigen und unterschiedlichen Auswirkungen traumatischer Erfahrungen sichtbar machen. Es soll helfen, das Verhalten von Kindern und Jugendlichen, das im pädagogischen Alltag als unverständlich, störend und belastend auffällt, in Bezug zu traumatischen Erfahrungen zu setzen.

Tab. 1: Verhalten von Kindern und Jugendlichen im Kontext traumatischer Erfahrungen

 

Psychisch / Kognitiv

Körperlich

Sozial

Übererregung

Leichte AblenkbarkeitUnkonzentriertheit

ZerstörungenGewaltEssen verstecken

GewaltManipulationStehlen

Dissoziation

VergesslichkeitTagträumenUnordentlichkeit

Selbstverletzung (Ritzen)Eingehen wahlloser sexueller Beziehungen

Vermeidung von BeteiligungAbwertung von AngebotenVermeintliches Lügen

Erstarrung

Panikattacken

Einkoten

Sozialer Rückzug / Isolation

Dieser Bezug ist von zentraler Bedeutung bei der Planung, Durchführung und Reflexion pädagogischer Interaktionen und zwar ganz unabhängig davon, ob es um alltägliche Themen geht, wie beispielsweise die Frage, ob nach dem Essen noch Fußball gespielt werden darf, oder um komplexe Themen, wie etwa die konzeptionelle Beschreibung und Gestaltung von Ankommensprozessen.

Folgen für die pädagogischen Handlungsfelder

Während das traumatische Ereignis und die unmittelbare Reaktion auf diese Ereignisse in der Regel noch gut miteinander in Zusammenhang gebracht werden können, ist das Einordnen und Verknüpfen der Langzeitfolgen nicht grundsätzlich im Fokus pädagogischer Überlegungen (Krautkrämer-Oberhoff et al. 2014). Mit Blick auf die vielfältigen und lang andauernden Folgen traumatischer Erfahrungen liegen die Konsequenzen für den pädagogischen Alltag offen vor uns. Kinder und Jugendliche stören mit ihren auffälligen und belastenden Verhaltensweisen das Gruppengeschehen. Sie wirken abwesend und desinteressiert und werten Gruppenangebote ab. Sie manipulieren andere Kinder oder die Pädagog:innen und sind nur schwer zu erreichen. Sie verletzen sich selbst oder andere und treffen immer wieder gegen besseres Wissen Entscheidungen, die ihnen selbst schaden.

Immer noch werden diese Kinder und Jugendlichen nicht als Menschen mit traumatischen Erfahrungen wahrgenommen, die Unterstützung benötigen, sondern als schwierige, faule oder freche Kinder und Jugendliche. Sie werden von Gruppenangeboten ausgeschlossen oder es wird in bester Absicht versucht, mit veralteten Erziehungsmethoden, wie dem Androhen von Strafen und Sanktionen, das Verhalten der Kinder und Jugendlichen einigermaßen unter Kontrolle zu halten. Verstehen, Entwicklung und Selbstwirksamkeitserfahrungen für Kinder und Jugendliche, aber auch für Pädagog:innen ist so nur bedingt möglich.

Traumapädagogik und die Bedeutung der traumapädagogischen Haltung

Wer mit Kindern arbeitet, arbeitet sehr wahrscheinlich auch mit Kindern, die traumatische Erfahrungen gemacht haben. Es ist also wichtig, Traumata zu verstehen und Ideen zu haben, diese Kinder zu versorgen und zu begleiten.

Auch wenn die Traumapädagogik eine verhältnismäßig junge Fachrichtung ist, entstand sie nicht „aus einem theoretischen Vakuum heraus“ (Bausum et al. 2023). Sie bezieht sich auf theoretische Konstrukte wie beispielsweise die Psychotraumatologie, die Bindungstheorie, das Modell von Übertragung und Gegenübertragung, auf pädagogische Konzepte wie die Antiautoritäre Pädagogik, die Arbeit von Janus Korczak und auf gesellschaftliche Entwicklungen wie die Heimkampagne in den späten 1960er-Jahren sowie die Enttabuisierung sexualisierter Gewalt der 1980er-Jahren (Bausum et al. 2023).

Traumapädagogik ist also nicht eine Theorie oder eine Methode, sondern die Zusammenführung vieler unterschiedlicher Erfahrungen, Gedanken und Konzepte zu einer pädagogischen Haltung. In diesem Sinne ist die Traumapädagogik entwicklungsoffen und noch immer ist „eine große Dynamik in der Entwicklung von Traumapädagogik festzustellen“ (van Mil 2023, 322 ff.). Letztendlich ist der vorliegende Band, in dem die Zusammenführung von Traumapädagogik und Erlebnispädagogik vorgestellt wird, der naheliegendste Beleg für die Vielfältigkeit und Dynamik traumapädagogischer Entwicklungen.

Die Vielzahl und Unterschiedlichkeit der traumapädagogischen Entwicklungen führt möglicherweise zum Eindruck, dass Traumapädagogik etwas Ausgefranstes oder gar Beliebiges zu sein scheint. Dem ist nicht so, das Gegenteil ist der Fall. Der Kern der Traumapädagogik ist die Traumapädagogische Haltung. Diese gemeinsame Haltung, die praktischer pädagogischer Arbeit, theoretischen Konzepten, Forschungen und anderem mehr zu Grunde liegt, ist die verbindende Klammer (z. B. Bausum 2023a).

■Die Annahme des guten Grundes

„Alles, was ein Mensch zeigt, macht Sinn in seiner Geschichte.“

■Wertschätzung

„Es ist gut, so, wie du bist.“

■Partizipation

„Ich traue dir etwas zu und überfordere dich nicht.“

■Expert:innenschaft

„Du hast eine besondere Lebenskompetenz.“

■Transparenz

„Jeder hat jederzeit Recht auf größtmögliche Klarheit“

■Spaß und Freude

„Viel Freude trägt viel Belastung.“

Der Nutzen dieser gemeinsamen traumapädagogischen Grundhaltung ist vielfältig und dient immer wieder der Orientierung auf allen Ebenen der pädagogischen Arbeit und Entwicklung: persönlich, kollegial und fachlich (Bausum 2023b)

Beispiele zentraler traumapädagogischer Konzepte

Die Pädagogik des Sicheren Ortes

Martin Kühn (2008) beschreibt mit der Pädagogik des Sicheren Ortes, wie äußere Sichere Orte gestaltet und entwickelt werden können und orientiert dazu auf drei Ebenen.

■Der Sichere Ort

Kinder und Jugendliche, die traumatische Erfahrungen gemacht haben, entwickeln ein ausgeprägtes Gefühl der inneren Unsicherheit. Sie misstrauen erwachsenen Bezugspersonen, meiden bestimmte Situationen oder Orte und sind aufgrund innerer Ängste aggressiv, vermeidend oder manipulativ im Kontakt zu Gleichaltrigen. Um wieder eine innere Sicherheit entwickeln zu können, brauchen Kinder und Jugendliche einen äußeren Sicheren Ort. Wie sollen Räume gestaltet sein, dass sich Kinder und Jugendliche geborgen fühlen? Was brauchen junge Menschen, um sich mit einer Gruppe zu identifizieren? Wie können alltägliche Angebote, wie beispielsweise gemeinsame Mahlzeiten, als sicher erlebbar gestaltet werden?

■Der emotional orientierte Dialog

Kinder und Jugendliche, die im Kontext innerfamiliärer Gewalt aufgewachsen sind oder durch ihre Familie nicht geschützt wurden, haben erwachsene Bezugspersonen als gefährlich erlebt. Es ist also nur allzu gut nachvollziehbar, dass sie Pädagog:innen gegenüber mindestens skeptisch, meist aber auch abwehrend und abwertend agieren. Basis jeder pädagogischen Interaktion ist die Beziehung. Es liegt in der Verantwortung der Pädagog:innen, das Verhalten der Kinder als logische Konsequenz ihrer Erfahrungen zu verstehen, nicht auf Anfeindungen und Aggressionen einzugehen, sondern eben in einem emotional orientierten Dialog zum einen heilende Erfahrungen anzubieten, aber zum anderen auch gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen die Dynamik dieses Verhaltens zu ergründen, zu verstehen und lernen alternativ zu versorgen.

■Der geschützte Handlungsraum

Die Arbeit im Kontext von Trauma und Gewalt ist auf vielen Ebenen belastend. Ein zentrales Handwerkszeug dieser herausfordernden Tätigkeit ist die eigene Persönlichkeit. Eigene biografische Erfahrungen, persönliche Wertvorstellungen, aktuelle Lebensumstände, Fachwissen und individuelle Praxiserfahrungen bilden die Grundlage jeder pädagogischen Interaktion. Wenn es dann zu unvermeidlichen traumatischen Übertragungen, Abwertungen und Verstrickungen im Kontakt mit den Kindern und Jugendlichen kommt, braucht es eine entsprechend umfassende Unterstützung für Pädagog:innen. Hier entsteht eine besondere Verantwortung für sich selbst bzw. kollegial untereinander und ein deutlicher Versorgungs- und Schutzauftrag an die Leitungen pädagogischer Einrichtungen.

Dieses Modell des Sicheren Ortes ist vielfältig anwendbar. Es eignet sich zur Reflexion von Schlüsselprozessen und Ritualen, zur Entwicklung neuer pädagogischer Angebote, zur Team- und Organisationsentwicklung und vielem anderem mehr.

Die Pädagogik der Selbstbemächtigung

Die im Kontext von Trauma erlebte Ohnmacht und Erstarrung kann sich als Langzeitfolge deutlich auf das Selbstbild auswirken. Wilma Weiß (2013) beschreibt in der Pädagogik der Selbstbemächtigung, wie es gelingen kann, dass Kinder und Jugendliche vom Objekt traumatischer Erfahrungen zum Subjekt ihrer selbst werden.

■Selbstverstehen: Wenn Kinder und Jugendliche ihre Gefühle, Gedanken und Handlungsimpulse im Sinne des Konzeptes des Guten Grundes, als logische Folge ihrer biografischen Erfahrungen einordnen können, so verfügen sie über ein ausreichendes Maß an Selbstverstehen.

■Selbstwahrnehmung: Während des traumatischen Ereignisses werden eigene Gefühle und Körperempfindungen vom Bewusstsein abgespalten. Dieser Schutzmechanismus dient dazu, hoch belastende Situationen psychisch zu überleben. Nach der traumatischen Erfahrung verselbstständigt sich dieser Überlebensmechanismus und erschwert emotionale und körperliche Wahrnehmung, auch wenn gar keine Gefahr mehr droht. Pädagog:innen müssen junge Menschen anleiten, wieder Gefühle und Körperempfindungen wahrnehmen und einordnen zu können.

■Selbstregulation: Junge Menschen mit traumatischen Erfahrungen befinden sich häufig in der Untererregung oder in der Übererregung. Es gelingt ihnen selten, in eine ausgeglichene Mitte zu kommen, in der es möglich ist zu entspannen, kreativ oder aufnahmefähig zu sein. Durch die Selbsteinschätzung ihres Stressniveaus in unterschiedlichen Situationen können Kinder und Jugendliche lernen, sich selbst besser zu verstehen.

■Selbstwirksamkeit: Wenn es jungen Menschen gelingt, sich selbst und ihre Vorannahmen und Verhaltensweisen zu ordnen, entsteht Selbstwirksamkeit. Sie kann sich an sicheren Orten bilden, die gestaltet und begleitet werden von umsichtigen und zugewandten Pädagog:innen. Bei der Integration traumatischer Erfahrungen, die vor allem geprägt waren von Ohnmacht und Angst, ist das immer wiederkehrende Erleben von Selbstwirksamkeit ein starker Wirkfaktor.

Die traumapädagogische Gruppenarbeit

Das Konzept der traumapädagogischen Gruppenarbeit befasst sich mit den Auswirkungen, die Traumasymptome einzelner auf eine Gruppendynamik haben können, und welche gruppenpädagogischen Möglichkeiten es gibt, die Gruppe zu einem sicheren sozialen Lernort zu gestalten. Im Folgenden werden einige Gedanken und Anregungen dargestellt, orientiert an den sechs Handlungsfeldern der traumapädagogischen Gruppenarbeit (Bausum i.V.).

■Transparenter und kohärenter Umgang mit Traumasymptomatik: Wenn Traumafolgen immer wieder präsent sind, ist die Dynamik einer Kinder- und Jugendgruppe in der Regel sehr destruktiv und geprägt von Abwertungen, Manipulationen und sozialer Angst. Der pädagogische Versuch, diese Dynamik zu unterbinden, scheitert in der Regel. Es erscheint also sinnvoll, nicht gegen diese Dynamik, sondern mit dieser Dynamik zu arbeiten. Dafür ist es notwendig, dass Kinder und Jugendliche immer wieder in das Verstehen und Benennen von Traumafolgen einbezogen werden. Sie brauchen erwachsene Bezugspersonen, die die Dynamik der Gruppe immer wieder nachvollziehbar in den Kontext dieser Traumafolgen setzen und gemeinsam mit der gesamten Gruppe Alternativen und Lösungen erforschen und erproben.

■Möglichkeiten der Gruppenreflexion: In der Wahrnehmung von Kindern und Jugendlichen haben die Rückmeldungen von Gleichaltrigen und Gleichgestellten einen hohen Stellenwert. Daraus ergibt sich für die traumapädagogische Gruppenarbeit eine ganze Reihe an Aufgaben und Chancen, allen voran das Arrangieren und Moderieren von Reflexionsrunden der Kinder und Jugendlichen untereinander. Dazu stellen sich weitere Fragen: Wie können diese Reflexionsrunden möglichst frei von Manipulationen und versteckten Abwertungen sein? Wie können Kinder und Jugendliche durch das Formulieren von Rückmeldungen an andere ihre Empathiefähigkeit steigern? Wie können sie durch das Formulieren von Rückmeldungen lernen, eigene Bedürfnisse für andere nachvollziehbar zum Ausdruck zu bringen?

■Teamreflexion von Gruppenregeln: In der pädagogischen Arbeit wird nach wie vor vielerorts traditionell mit zahlreichen Regeln gearbeitet. Die zwei zentralen Nachteile in der Arbeit mit Regeln ist, dass sie zum einen persönliche Haltung durch abstrakte (zum Teil willkürliche) Definitionen ersetzen, zum anderen, dass sie in der Interaktion die Beziehung zwischen Kind und Pädagog:innen in den Hintergrund rücken. Erst in Kontakt und Beziehung kann nachvollziehbar und der individuellen Situation angemessen erklärt und entschieden werden Die Orientierung in Gruppen wird durch das gesamte Team ausgerichtet. Es ist daher wesentlich wichtiger, dass die Teammitglieder ihre persönliche Haltung zu alltäglichen Themen reflektieren und untereinander austauschen, als gemeinsam Regeln aufzustellen.

■Haltgebende Strukturen: