Setze dein Leben neu zusammen - Stefan Balázs - E-Book

Setze dein Leben neu zusammen E-Book

Stefan Balázs

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Beschreibung

In Lebenskrisen steht uns häufig nicht der Kopf nach reflektierender Selbstanalyse – wir suchen schnelle Hilfe, um wieder Halt zu finden. Stefan Balázs gibt fünf einfache Impulse, die dein Leben verändern werden: Schlusspunkt setzen! Loslassen! Hassen unterlassen! Ziele justieren! Kontrolle zurückgewinnen! Mit diesen fünf Impulsen und dem Tangram-Legespiel weist Stefan Balázs eindrücklich und ohne viel Tamtam Wege aus der persönlichen Krise: Wir sollten in Lebenskrisen nicht versuchen zu flicken, was kaputt gegangen ist, sondern eher, die Einzelteile unseres Lebens nehmen und daraus etwas Neues bauen. Das chinesische Tangram-Spiel dient hier als Vorbild: Es bleiben immer dieselben sieben Teile und doch sind mit ihnen scheinbar unendliche Kombinationen mit neuer Bedeutung möglich. So veranschaulicht Stefan Balázs eindrucksvoll: Krisen sind lediglich Zeiten des Übergangs zu einer neuen Gestalt. »Tangraming yourself!« lautet die Aufforderung, sich und das eigene Leben neu zu denken.

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Seitenzahl: 170

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STEFAN BALÁZS

SETZE DEIN LEBEN NEU ZUSAMMEN

Lebenskrisen mit dem Tangram-Prinzip meistern

Mit 4 Abbildungen

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

© 2022 Vandenhoeck & Ruprecht, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen, ein Imprint der Brill-Gruppe

(Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich)

Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, V&R unipress.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Innengestaltung nach einem Entwurf von Hagen Verleger, Berlin Umschlaggestaltung: Buchgut, Berlin, nach einem Entwurf von Hagen Verleger

Satz: SchwabScantechnik, GöttingenEPUB-Produktion: Lumina Datametics, Griesheim

Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com

ISSN 2750-6568

ISBN 978-3-647-99412-3

Inhaltsverzeichnis

Hinweis

Noch ein Psycho-Buch?

Schlusspunkt setzen!

Loslassen!

Hassen unterlassen!

Ziele justieren!

Kontrolle zurückgewinnen!

Setze dein Leben neu zusammen!

Was nun?

Dank

Anmerkungen

Literatur

Tangram zum Ausschneiden

ABSCHNITT 1

HINWEIS

 

Hinweis

Ich bin zwar kein Therapeut und dies kann daher kein therapeutisches Buch sein, dennoch möchte ich ein paar Lebenserfahrungen teilen, die ich als hilfreich empfand.

Meine Ratschläge basieren auf persönlichen Einschätzungen und Erfahrungen. Aber auch Gespräche mit therapieerfahrenen Personen sowie Literaturrecherchen fließen dort mit ein, wo sie die persönliche Sichtweise untermauern oder ergänzen.

Mir geht es nicht darum, im wissenschaftlichen Sinne und mit wissenschaftlichem Anspruch ein Thema von verschiedensten Seiten zu beleuchten und zu bewerten – dies kann an anderen Stellen nachgelesen werden. Mein Ziel ist es vielmehr, erste Impulse und Ideen zu geben, um Menschen in einer Lebenskrise neue Perspektiven anzubieten.

Personen, die sich nachhaltig in ihrer Lebenskrise verstrickt haben, rate ich dringend, professionelle Hilfe bei Ärztinnen oder Ärzten und Therapeutinnen oder Therapeuten zu suchen. Die Selbsthilfe ist ein Anfang und immer ein wichtiger Baustein der Bewältigung von Sinn- und Lebenskrisen, aber kein Ersatz für fachliche Unterstützung.

ABSCHNITT 2

NOCH EIN PSYCHO-BUCH?

 

Noch ein Psycho-Buch?

Das braucht doch kein Mensch! Vor allem, wenn du mitten in der Krise steckst: Da kannst du alles gut gebrauchen – außer gut gemeinten Ratschlägen. Wenn du keine Ahnung hast, wie es weitergehen soll, nützt es dir auch nur wenig zu wissen, wie es anderen ergangen ist. Es tröstet dich nicht, dass es einerseits einigen noch schlechter ging und es andererseits andere gibt, die es geschafft haben, aus der Scheiße sogar wieder herauszukommen. Zudem nervt, dass die Personen in den Fallbeispielen der Ratgeber immer so altbackene Vornamen haben. Aber was vor allem stört, ist, dass ihre Probleme so gar nicht wie deine sind. Aber schön, dass Manfred, Sieglinde und Horst eine Lösung gefunden haben. Du hoffst vielleicht ja selbst, dass irgendwann alles wieder besser wird – aber glauben kannst du es nicht, sofern du gerade mittendrin steckst.

Und dann sollst du auch noch einen Ratgeber durchlesen! Während du eigentlich nur etwas zerschlagen, den Kopf vor die Wand stoßen oder dich am liebsten unter der Bettdecke verkriechen möchtest. Wir kennen diese Art von Literatur: Wir sollen uns auf Dinge einlassen, ein Gefühlstagebuch schreiben oder Atemübungen machen. Dabei fehlen einem die Ruhe und die Nerven, sich entsprechend darin »einzuspüren«, und schon beim Gedanken daran setzt die Schnappatmung ein.

Ich las mal ein Buch, in dem die Autorin darauf bestand, dass Leserin und Leser am Ende der einzelnen Abschnitte einer ganzen Reihe von Aussagen zustimmen müssten, bevor sie weiterlesen durften. Könne man nicht alle Punkte vorbehaltlos bejahen, so sollte der Abschnitt wieder und wieder gelesen werden, bis es gelänge. Über das erste Kapitel bin ich damals nicht hinausgekommen.

In anderen Ratgebern wird es regelrecht »handgreiflich«: Du wirst aufgefordert, positiv verstärkende Sätze mehrmals am Tag laut auszusprechen, und sollst »dabei mit Zeige- und Mittelfinger einer Hand gegen die Kinnspitze«1 klopfen. Aber bitte nicht aus Versehen den Mittel- und Ringfinger nehmen! Der Körpereinsatz kann sogar noch gesteigert werden: »Wir ›massieren‹ uns mit Zeige- und Mittelfinger auf dem Herzen einen Kraftgedanken ein.«2 Aber bitte verletzt euch nicht dabei!

Wenn im Inneren ein Orkan tobt, gelingt es nicht, im Deckchair entspannt in einem Buch zu versinken oder sich Kraftgedanken einzumassieren. Schon aus diesem Grund habe ich versucht, mich kurzzufassen und auf den Punkt zu kommen. Nichts muss durchgearbeitet, angestrichen, wiederholt oder eingeübt werden. Stattdessen biete ich fünf kleine Impulse zum Perspektivenwechsel beim Grübeln an. Schon ohne Krise grübeln wir zu viel: Rund drei Viertel dieser inneren Monologe sind negativ und können »damit eine selbstentmutigende Wirkung auslösen, ohne dass die betreffenden Menschen das so bewusst realisieren«.3 In einer Krise wird dieses Grübeln zu einem Sog, der uns in die Tiefe reißt.

Du ahnst es schon: Es gibt keine Lösung auf Knopfdruck. Und das Gerede von der »Krise als Chance« erspare ich uns hier – obwohl da natürlich was dran ist. Zunächst ist ja auch ein Abwärtstrend eine Bewegung. Und in jeder Bewegung steckt auch Energie, die Schwung verleihen kann … – aber: egal.

Es gibt Möglichkeiten, der Realität zu entfliehen – viele probieren es mit Alkohol und Drogen – aber diese verlängern in der Regel nur den Lösungsweg durch ein paar zusätzliche Loopings. Schöne Dinge können wir uns kaufen – Glück müssen wir uns selbst machen. Ich habe mal den Tipp erhalten, dass nur eines helfe, wenn die Scheiße bis zur Oberkante der Unterlippe stehe: langsam schlürfen … Klingt kacke? Ist auch kacke: Es gibt keine Abkürzungen im Leben, und gewisse Ereignisse lassen sich nicht einfach überspringen.

Wir können aber einiges tun, um schneller durch unser persönliches Jammertal zu kommen – zum Beispiel schneller schlürfen. Weniger unangenehm ist es hingegen, sich Impulse geben zu lassen, die Ideen liefern, wie du dich aus der ganzen Scheiße befreien kannst. Betrachte solche Impulse als Trittsteine, mit denen du mit jeder Stufe den Kopf etwas höher aus der Kloake bekommst, dein Blick wieder frei und – vor allem – dein Mund wieder leer wird.

Dieses Buch bietet dir fünf solcher Impulse, die helfen können, wenn deine Lebenskrise in erster Linie eine Sinnkrise ist. Lebenskrisen, die gesundheitlich bedingt sind, bedürfen immer auch ärztlicher Hilfe.

Ich verkaufe dir hier keine Religion, keine Philosophie, keine Glaubensgrundsätze. Die Impulse verstehen sich als ein Angebot, als eine Einladung, den eigenen Gedanken einen Stupser in eine andere Richtung zu verpassen. In der Physik sind Impulse mechanische Bewegungszustände – etwas, was Laien als »Schwung« der »Wucht« bezeichnen würden. Diese Wucht kann auch auf Bewegungen einwirken. Und damit meine ich nicht die Wucht des Güterzuges, der auf dein Auto aufprallt, weil dein Fahrzeug auf dem Bahnübergang unglücklich zum Stehen gekommen ist, sondern Impulse, die nicht nur mit der Holzhammermethode übermittelt werden. Ich stelle mir das so vor, als würden wir beim Autofahren ein Blitzlicht vom Straßenrand wahrnehmen. Ein Auslöser, der uns abbremsen oder nachdenken lässt: War ich zu schnell? Oder etwa das Auto neben mir? Vielleicht hat ja jemand am Straßenrand nur ein Foto von einem Eichhörnchen geknipst?

Ich meine Impulse als externe Anstöße, die uns in unseren Routinen unterbrechen – uns innehalten und nachdenken lassen. Ein gedanklicher Tritt in den Arsch. Wenn Gedanken immer nur in denselben Bahnen durch den Kopf sausen, kann bereits die kleinste Verwerfung dazu beitragen, dass sie auf einmal ihre Richtung ändern. In einem zersplitterten Glas wird ein Lichtstrahl auf ganz neue Art und Weise reflektiert. Da hilft es manchmal, die dunklen Vorhänge aufzuziehen und die Sonne hereinscheinen zu lassen, um dies zu sehen.

Solltest du meinen, dass es dir gerade scheißegal ist, dass es rechts und links flackert und blitzt, während du mit Tunnelblick in die Dunkelheit rast, dann kannst du das Buch hier zuklappen, und ich wünsche dir eine schöne Reise und alles Gute. Du wirst es brauchen! Denn ich befürchte, deine Reise wird nicht dort enden, wo du es dir wünschst. Und wenn du Pech hast, musst du wieder ganz von vorn anfangen. Die Ausrede, keine Zeit zum Lesen von Ratgebern zu haben, gilt erst recht nicht: Sobald du die Zeit hast, dich wie Scheiße zu fühlen, dann hast du auch die Zeit, dieses schmale Buch zu lesen!4

Es bietet dir kurze Ideenblitze, die helfen können, deine immer um die gleichen Fragen kreisenden Gedanken aus deren Umlaufbahn zu schleudern. Denn darum geht es: Wege, die nicht zum Ziel geführt haben, zu verlassen und einen Ausweg aus vermeintlicher Ausweglosigkeit zu finden. Es beginnt mit einem Gedanken in deinem Kopf. Die Welt um dich herum kannst du nicht ändern. Du kannst aber deine Sichtweise auf sie ändern. Ein einziger Gedanke kann das ganze Denken neu bestimmen.

Sobald du anders über Dinge denkst, wirst du auch anfangen, anders auf die Dinge zu schauen. Die eingeübten und vermeintlich bewährten Lösungen wirst du vielleicht zusehends infrage stellen und dir so einen neuen Weg zurück ins Leben suchen. Der Weg wird womöglich ein anderer sein als erwartet und auch das Ziel ein anderes. Und du kommst möglicherweise in einem anderen Leben an, als du selbst gedacht hast – nämlich in deinem!

Am Ende dieses Buchs biete ich dir eine Hilfe zum Sortieren deiner neuen Gedanken an: das Tangram-Spiel. Das uralte chinesische Legepuzzle ist ein ideales Beispiel, um zu zeigen, was für eine Vielzahl an Varianten und Gestaltungsmöglichkeiten du hast, auch wenn du immer wieder ausschließlich dieselben Bauteile verwendest. Du wirst sehen, dass man sich und sein Leben vielfältig ändern kann, ohne jemand ganz anderes werden zu müssen. Dein neues Leben setzt sich aus denselben Bausteinen zusammen wie dein bisheriges – denn anders angeordnet können die Einzelteile eine ganz neue Form mit einer veränderten Bedeutung ergeben.

Ich bin kein Therapeut und habe bei Weitem nicht die gesamte Palette der Lebenshilfe-Literatur gelesen – wenn ich dies versucht hätte, wäre ich immer noch dabei und würde nie einen eigenen Gedanken aufschreiben. Auch daher ist sicherlich nicht alles neu, was ich mir so denke: Irgendjemand wird dazu schon irgendwas irgendwo geschrieben, gesagt oder getan haben. Dessen bin ich mir bewusst. Wo dies unter anderem geschehen ist, kannst du an den Belegstellen und Quellen am Ende des Buchs sehen. Dass die Grundzüge der Impulse auch von anderen empfohlen werden, finde ich indes auch nicht schlimm, weist es doch darauf hin, dass darin etwas Universelles steckt, das unserer menschlichen Natur entspricht und daher von jedem auch immer wieder neu entdeckt werden kann.

Du merkst schon: Diese Impulse sind nicht gottgegeben. Vergleichbares lässt sich in der meisten Ratgeberliteratur finden – anders verpackt, anders hergeleitet und anders aufbereitet. Dennoch hat mich davon vieles nicht erreicht: Die Probleme waren durch so viele Ebenen verdeckt, sodass der wunde Punkt meines Erachtens nie so direkt getroffen wurde. In eigenen Phasen der Orientierungslosigkeit hat es mir geholfen, die notwendigen Handlungsimpulse auf den Punkt zu bringen und auf kompromisslos verständliche Befehle an mich selbst zu verdichten. Wenn alles droht, zu viel zu werden, sollte der Ausweg nicht auch noch kompliziert wirken.

So schreibe ich meine fünf Impuls-Angebote hier auf, weil sie mir geholfen haben, in Zeiten der gedanklichen Unordnung meine Gedanken zu sortieren. Warum fünf? Wir können uns ohnehin keine endlosen Listen mit unendlich vielen Punkten merken und wenn wir etwas aufzählen wollen, helfen uns die fünf Finger unserer Hand am besten dabei. Stehen mehr als fünf Dinge auf einer Liste, wird es schnell lästig, die zweite Hand hinzunehmen zu müssen – besonders bei einem Vortrag, sofern wir Stichwortkarten oder die Presenter-Fernbedienung zum Weiterklicken der Folien in der anderen Hand haben.

Meine fünf Impulse erfüllen ein bisschen die Funktion von Mantras – nicht als heilige Worte, sondern in der Bedeutung, sie durch Wiederholen im persönlichen Erleben verankern zu können. Sie sind wie ein Auftrag, ja, wie ein Befehl an dich selbst, den du dir selbst erteilen musst, willst du deine Situation ändern.

Ich will niemanden zu lange auf die Folter spannen oder nur abschnittsweise von einem Impuls auf den nächsten verweisen. Man muss auch nicht zwangsläufig einen Impuls vollständig umgesetzt haben, bevor man sich mit dem nächsten auseinandersetzt. Tatsächlich greifen sie sogar ineinander und überlappen sich zum Teil. Das kommt vor allem denjenigen entgegen, deren Lesebereitschaft im akuten Krisenmodus nicht sonderlich hoch ist. Du kannst das Buch also direkt komplett durchlesen oder Impuls für Impuls oder so weit, bis du einen Strohhalm gefunden hast, an dem sich die ersten eigenen Gedanken einen Moment lang festhalten wollen. Gönne deinen Gedanken diesen zaghaften Griff und gib dieser ersten Verknüpfung Raum.

Diese fünf Impulse können dir helfen:

1.Schlusspunkt setzen!

2.Loslassen!

3.Hassen unterlassen!

4.Ziele justieren!

5.Kontrolle zurückgewinnen!

Und dann setze dein Leben neu zusammen.

Was im Rest des Buchs folgt, sind Erläuterungen und Beispiele zu den einzelnen Impulsen. Das Wesentliche hast du also schon gelesen! Und: Ja, der dritte Impuls ist kursiv gesetzt – das hat der Verlag vermutlich übersehen. Er hat natürlich nichts übersehen. Streng genommen bedeutet fortgesetzter Hass, dass du noch nicht ganz losgelassen hast. Da wir in Krisen zu negativen Bewertungen neigen, habe ich dem Thema jedoch einen eigenen Punkt gewidmet, obwohl es streng genommen ein Aspekt des überordneten Themas »Loslassen« ist.

Die folgende Grafik (Abb. 1) verdeutlicht dir den Zusammenhang und die Abfolge der Impulse: Du setzt den Schlusspunkt, der gleichzeitig der Anfangspunkt deines Weges aus deiner Lebenskrise ist. Zu diesem

Abbildung 1 | Die additive Wirkung der fünf Impulse

Zeitpunkt ist deine ganze Gefühlswelt komplett dunkel: Du siehst nur noch schwarz. Mit jedem Impuls, den du annimmst, kommt etwas mehr Licht in deine düster empfundene Lebenswelt, aber du bemerkst auch, dass es nicht schlagartig hell wird. Dir wird klar, dass die Impulse ihre nachhaltige Wirkung erst erreichen, wenn sie sich überlagernd verstärken. Die Dunkelheit reduziert sich mit jedem weiteren Impuls, den du annimmst und umsetzt. Die Umsetzung wird stets einige Zeit brauchen, aber du wirst vielleicht auch mit dem nächsten Schritt bereits beginnen, ohne die vorherigen ganz beendet zu haben. Das ist an vielen Stellen folgerichtig, da die Übergänge zwischen den Schritten fließend sind: Zum Beispiel wirst du dir neue Ziele suchen, während du die Phase des Loslassens noch nicht abgeschlossen hast. Wer alles loslässt, um einen neuen beziehungsweise anderen Weg einzuschlagen, sollte eine grobe Idee davon haben, in welche Richtung er laufen will.

An dem Punkt, an dem du die Kontrolle über dein Leben wieder zurückgewinnst, haben Licht und Dunkelheit noch denselben Anteil. Aber du wirst sehr bald merken, dass die Helligkeit ab diesem Zeitpunkt kontinuierlich zunimmt, bis sie deine Gefühlswelt irgendwann ausfüllen wird. Wie weit du dabei die letzte Spitze der Dunkelheit in dein neues Leben eindringen lassen willst, ist dir überlassen. Es hängt von deiner Einstellung zur Krise und ihren Auslöser(n) ab. Letztendlich steht diese Spitze für die Narbe, die dir dieser Lebensabschnitt verpasst hat. »Wichtig dabei zu wissen ist, dass Wunden bzw. Narben nichts Schlimmes sind, dessen wir uns schämen müssen«5 – sie sind Teil unseres Lebens. Wenn du die Kontrolle zurückgewonnen hast, dann setze dein Leben neu zusammen.

Und was hat das alles mit Tangram, dem chinesischen Legepuzzle, zu tun? Gute Frage! Es ist ein sehr geeignetes Bild für den letzten und entscheidenden Schritt aus der Lebenskrise in ein neues Leben: Verwende alle vorhandenen Bausteine deines Lebens wieder, wähle aber beim Zusammensetzen eine neue Gestalt. So kannst du dich verändern und bleibst doch gleich. In der Geometrie spricht man von Kongruenz, wenn Figuren die identische Fläche, aber nicht zwangsläufig dieselbe Form aufweisen. Beim Tangram deines Lebens bleibst du »identitätskongruent«. Aber weil niemand mit dem letzten Schritt beginnen kann, musst du erst einmal an diesen Punkt kommen und dich mit der Notwendigkeit und der Möglichkeit des Umsortierens der Teile auseinandersetzen. Sobald du erkennst, dass du dein Leben selbst gestalten und deine Ziele selbst wählen kannst, ist der Weg frei für eine neue, zu dir passende Lebensfigur.

Aber fangen wir am Anfang an: So wie jede Reise immer mit dem ersten Schritt beginnt, gibt es auch Ratgeber, die sagen, dass nur eine einzige Frage das Leben verändern könne. Und diese Frage hieße »Was will ich eigentlich im Leben?«.6 Verkehrt ist das nicht. Es ergibt Sinn, die Neuordnung seines Lebens linear immer hübsch der Reihe nach anzugehen und sich nicht in fünfzig parallelen Baustellen zu verzetteln.

Die Krux ist: Ich wäre in einer Krisensituation gar nicht in der Lage, diese eine Frage zu beantworten oder mich überhaupt konstruktiv mit ihr auseinanderzusetzen. Ich hätte zu einem solchen Zeitpunkt gar nicht sagen können, was ich im Leben eigentlich will, ich wollte vermutlich erst einmal nur überleben. Ich hätte bestimmt auch nur Dinge gewollt, die ich bei längerer Betrachtung wahrscheinlich eigentlich doch gar nicht gewollt hätte. Nehmen wir folgendes Beispiel: Wenn wir in einem dunklen Loch sitzen und nur einen Ausschnitt des Himmels sehen, wünschen wir uns schnell alles, was wir uns unter diesem Himmel vorstellen können. Vielleicht würden sich einige unter uns eine wärmende Unterlage bestellen oder eine Decke, um es sich in dem Loch bequem machen zu können. Die Pragmatischen unter uns hätten vielleicht gern erst mal Licht im Loch. Dabei sind all diese Wünsche, die die Situation erträglicher machen könnten, hinfällig, wenn man sich einfach nur eine Leiter zu wünschen brauchte, um aus dem Loch herausklettern zu können. Es ist menschlich, sich bei hektischer Lösungssuche zunächst auf die sichtbaren Symptome als auf die dahinterliegende Erkrankung zu konzentrieren. Schnelle Entscheidungen sind hilfreich, weil sie Linderung verschaffen, aber am zugrunde liegenden Problem ändern sie grundsätzlich nichts.

Bei anderen Autoren sind »9 effektive Wege, dein Leben zu verändern«7 im Angebot. Auch diese Empfehlungen sind nicht verkehrt. Aber kaum, dass ich die Website wieder verlassen habe, kann ich mich nur noch an drei erinnern, die ich hilfreich empfand. Und jetzt, wo ich diesen Text schreibe, fällt mir kein einziger dieser neun Wege mehr ein.

Wir bleiben bei fünf. Fünf ist gut. Fünf Dinge sind uns auch schnell wieder präsent, wenn wir sie mal aufzählen müssen.8 Wir haben fünf Sinne, fünf Finger und fünf Zehen. Jesus hatte fünf Wundmale, der Islam hat fünf Säulen und in der alten Weltordnung gab es fünf Kontinente. Sicher gibt es andere Lösungen als diese fünf Impulse – aber Alkohol gehört nicht dazu. Das hatten wir auch schon, aber man kann es nicht oft genug sagen: Alkohol ist keine Lösung. Es mag verlockend sein, die Sinne zu vernebeln und zu betäuben, aber um deine Welt und dein Leben neu zu ordnen, musst du dir über einiges klar werden und dafür klar bleiben. Alkohol und Drogen werden dich nicht aus deiner Sinn- oder Lebenskrise befreien. Auch kein Ratgeber und kein Buch können dein Unglück lindern oder deine Verzweiflung besänftigen – das kannst nur du ganz allein. Das können weder Freunde noch Verwandte oder Bekannte. Sie sind sicherlich eine große Hilfe, aber du musst allein wieder aufstehen und die ersten Schritte neu versuchen. Gestützt von anderen ist okay, aber mit den eigenen Füßen auf dem Boden.

Ja, das ist anstrengend und schmerzhaft. Und das schreibe ich als jemand, der nach mehreren Beinoperationen und vielen Monaten Bettruhe im Krankenhaus und daheim das Laufen wirklich – und nicht nur im übertragenen Sinne – neu lernen musste. Deswegen kann auch dieses Buch keinen Erfolg versprechen, wenn du dich nicht von dir aus bewegst. Von daher spreche ich hier bewusst nur von Impulsen, meinem Versuch, dir und deinen Gedanken einen Schubs zu geben.

Und wie lange dauert es, bis alles wieder rundläuft? Auch das hatten wir schon: Es gibt keine Lösung auf Knopfdruck. Einige sprechen von »Instant Karma« und wir denken dabei vielleicht an YouTube-Filmchen, in denen ein ekelhafter Typ einem Kind das Eis aus der Hand schlägt, lachend weiterläuft und in einen offenen Gully stürzt. Sicher ist lediglich, dass wir vermutlich nicht erst auf unsere Wiedergeburt warten müssen, damit es uns besser geht. Dennoch gibt es auch hier leider nur eine (scheinbar) blöde Antwort: Es dauert so lange, wie es dauert. Und wenn es vorbei ist, wirst du es merken. Wobei wir uns auch täuschen können: Du denkst sicher zwischenzeitlich häufiger mal, dass du »durch« seist, bis du merkst, dass dem nicht so ist. Dann dauert es eben noch.