Sisi ermittelt – Die Diamanten der Kaiserin - Fritzi von Wahl - E-Book
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Sisi ermittelt – Die Diamanten der Kaiserin E-Book

Fritzi von Wahl

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Beschreibung

Kaiserin Sisi ist dem Verbrechen auf der Spur.

Sisi hat es satt: Der Wiener Hof mit seinem strengen Zeremoniell, die Bankette und Bälle – sie will endlich frei sein! Da kommt ihr die Einladung zu einer Jagdpartie auf Schloss Windsor gerade recht. Als Sisi nach einem Tag voller Ausritte abends zu Ehren Queen Victorias ihr berühmtes Sternendiadem anlegen möchte, fällt ihr auf, dass ein Diamant verschwunden ist. Ihre Neugier ist geweckt. Ehe sie es sich versieht, steckt sie mitten in ihrer ersten Ermittlung, bei der sie nicht nur ein wohlgehütetes Geheimnis des Hofjuweliers aufdeckt, sondern auch bald mit dem ersten Toten konfrontiert wird ... 

Mit viel Charme zeigt Fritzi von Wahl eine Sisi, die mit ihrem brillanten Verstand und ihrem Lächeln alle um den Finger wickelt.

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Seitenzahl: 207

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Über das Buch

Sisi langweilt sich. Das enge Korsett des wienerischen Hofes, die ewig gleichen Bankette, Bälle und Intrigen der Höflinge – sie erträgt das kaum noch. Sisi sehnt ihr früheres Leben zurück, als sie frei war zu tun und zu lassen, was sie wollte, und weder die gestrenge Schwiegermutter noch die Hofdamen jeden ihrer Schritte überwachten. Um dem allen zu entfliehen, nimmt Sisi freudig die Einladung Queen Victorias an, auf Schloss Windsor an einer Jagdpartie teilzunehmen. Als sie abends ihr berühmtes Sternendiadem anlegen möchte, entdeckt sie, dass ein kostbarer Diamant fehlt. Hatte sie nicht während ihres morgendlichen Ausritts das Gefühl, beobachtet zu werden? Voll Tatendrang stürzt sich Sisi in die Ermittlungen, unterstützt von ihrem Kater Carl. Sie braucht einen Verbündeten, denn nicht nur versucht ihre zaghafte Hofdame, sie von dem Vorhaben abzubringen, sondern Sisi hat es schon bald mit einem rätselhaften Mord zu tun. Ganz zu schweigen davon, was Franz Joseph zu alledem sagt …

Über Fritzi von Wahl

Fritzi von Wahl wurde in Wien geboren. Sie lebt mittlerweile mit Familie und Katze in Berlin. Wenn sie nicht gerade Kaiserin Sisi auf Verbrecherjagd schickt, arbeitet sie als freie Journalistin.

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Fritzi von Wahl

Sisi ermittelt – Die Diamanten der Kaiserin

Kriminalroman

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Informationen zum Buch

Newsletter

Personenverzeichnis

Schauplätze

Schloss Windsor

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Schönbrunn

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Auf verlorenem Posten

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Die Loge zur Wohltätigkeit

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Die Hofdame

Kapitel 18

Kapitel 19

Edinburgh

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Die Verschwörung

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Impressum

Personenverzeichnis

Sisi oder Elisabeth

Elisabeth Amalie Eugenie von Wittelsbach, Herzogin in Bayern, Kaiserin von Österreich

Franz oder Franz Joseph

Franz Joseph Karl von Österreich, Kaiser von Österreich

Rudi

Kronprinz Erzherzog Rudolf

Ildikó Gräfin Pallavicini

Hofdame von Sisi

Oberst Meinradt

Chef des Geheimdienstes

Carl

Sisis Kater aus Possenhofen

Alfred

Prinz Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha, zugleich Duke of Edinburgh, der zweitgeborene Sohn Queen Victorias

Deneth Horváth

Professor, Gelehrter und Philosoph am Hofe Queen Victorias

Hofrat Gütersloh

Pathologe

Alois Hofer

sein Gehilfe

Alexander Köchert

K. u. k. Hofjuwelier

Ignaz Rozet und Franz Karl Fischmeister

ehemals Hofjuweliere

Baronin Suzanna von Petrova

Hofdame von Sisi

Guyla Graf Andrássy

ungarischer Magnat und Politiker in der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie

Schauplätze

Windsor Castle

offizieller Wochenendsitz von Königin Victoria von England

Schloss Schönbrunn

Sommerresidenz in Wien

Schloss Auhof

Jagdschloss des Kaisers

Edinburgh Castle

Sitz von Prinz Alfred, Duke of Edinburgh

Schloss Gödöllö

ehemalige Residenz der österreichischen Kaiserin und ungarischen Königin Elisabeth

Schloss Windsor

Kapitel 1

Ein toter Baum querte Sisis Weg. Im gestreckten Galopp setzte sie darüber hinweg. Ein Ast verhedderte sich in ihrem Rock; im letzten Moment riss sie den Stoff zur Seite.

»Gut gemacht!«, rief sie Merry Andrew, ihrem Wallach, zu.

Weiter ging es über tiefgrüne Matten, den Fluss entlang. Sie genoss den englischen Frühling. Im kalten Österreich durfte man vor Ostern keine Knospen erwarten, hier aber blühten die Narzissen. Im Damensattel war Elisabeth den Engländern davongeritten. Sie wollte auf den nächsten Hügel; dabei war eine Weidemauer nicht zu umgehen.

»Aufpassen jetzt!«

Mit gewaltigem Sprung setzte Merry Andrew darüber hinweg, dahinter tat sich ein Graben auf. Sisi ließ dem Pferd den Zügel; es musste sehen, wohin es sprang. Sicher erreichte die Kaiserin das tiefergelegene Ufer.

Vom letzten Regen hatte sich ein Weiher gebildet, sie lenkte das Pferd mittendurch. Wie das sprühte, wie die Hufe klatschten, sie lachte vor Vergnügen.

Als sie die Hügelkuppel erreichte, war sie mit einem Mal allein. Soweit sie blickte, kein Mensch, die Jagdgesellschaft musste einen anderen Weg genommen haben. Sie war ihnen entkommen! Unbeobachtet, unbedient, unerkannt zu sein, ein Zustand von kostbarer Seltenheit. Sie durfte niemals allein sein, Hunderte kümmerten sich um ihre Bequemlichkeit, ihre Unterhaltung, ihre geistige Anregung. Nichts davon hier: Die Kaiserin von Österreich war irgendwo in der Grafschaft Berkshire gestrandet und beschloss, dieses Privileg auszukosten. Sie ritt zu einem Baumstrunk, wo sie ohne Hilfe absteigen konnte, sortierte ihre Röcke und setzte sich ins Gras. Wie herrlich, einfach den Blick schweifen zu lassen! Die Wälder waren teilweise noch kahl, nur die Birken kündigten die neue Jahreszeit an. Der Fluss sah eisig klar aus. Dort war ein Landsitz, ein Dorf, Rauch stand über den Schornsteinen.

Plötzlich ein Blitz. Auf halber Höhe des Hügels blitzte es. Für Sisi waren solche Blitze nicht neu; sie kannte das von ihren Ausritten im Wienerwald. Die Geheimpolizei Österreichs sorgte für Elisabeths Sicherheit. Man gönnte der Kaiserin zwar Ritte ins Gelände, ließ sie aber niemals aus dem Blick. Hinter den Blitzen verbargen sich die Feldstecher derer, die die Kaiserin auf Schritt und Tritt bewachten.

Zornig sprang sie auf. Dafür war sie nicht nach England gereist, dass man ihr auch hier nachstellte! Wer besaß die Dreistigkeit, ihr zu folgen? Wer konnte überhaupt mit ihren Reitkünsten mithalten?

Sie schnalzte mit der Zunge, Merry Andrew war zur Stelle. Der Steigbügel saß hoch, sie musste hopsen, bis sie die Mähne packen und sich hinaufschwingen konnte. Bergab preschte Elisabeth auf die Haselnusssträucher zu, wo sich der Gaffer versteckte.

Ein Mann in Schwarz begriff, dass er entdeckt worden war, packte etwas in seine Tasche und rannte. Vor ihm die Wiese. Auf freiem Gelände konnte er Merry Andrew unmöglich entkommen. Elisabeth holte auf. Er blickte sich um. Rote Haut, wenig Haare auf dem Kopf. Im Laufen gingen seine Arme wie Kolben hin und her.

»Stopp!«

Der Mann schlug einen Haken zur Föhrenschonung. Sisi versuchte ihm den Weg abzuschneiden, musste aber auf die Brombeeren achten: Die Dornen konnten das Tier verletzen. Sie wich dem Gestrüpp aus – und sah den Mann zwischen den Bäumen verschwinden. Für Merry Andrew war ein Durchkommen zwischen den dicht gesetzten Föhren unmöglich. Elisabeth wollte die Schonung umreiten und ihn auf der anderen Seite in Empfang nehmen, doch sie kannte das Gelände nicht. Nach einer Weile zügelte Sisi – sie hatte ihn verloren.

* * *

»Wir müssen Oberst Meinradt verständigen, Majestät«, sagte Gräfin Pallavicini.

Die Kaiserin hörte sie nicht. Sisi lag untergetaucht in der Badewanne und hielt sich die Nase zu. Ihre Augen waren geöffnet. Nach einer Weile, in der man es schon mit der Angst bekommen konnte, tauchte sie prustend auf. »Und? Und?«, fragte sie.

»Oberst Meinradt«, wiederholte die Gräfin.

»Interessiert mich nicht. Sag lieber: Wie lange?« Sie holte ihr langes Haar vor die Brust und wrang es wie ein Laken aus. »Sag schon, wie lange?«

Die Gräfin schaute auf die Stoppuhr. »Eine Minute und vier Sekunden.«

»Nicht gut«, murrte die Kaiserin. »Ich muss es schaffen, neunzig Sekunden die Luft anzuhalten.«

»Ich werde Oberst Meinradt telegrafieren«, setzte Pallavicini zum dritten Mal an.

»Wenn du das tust, verbanne ich dich … ins Burgenland«, entgegnete Sisi, weil ihr keine gruseligere Gegend einfiel.

»Der Oberst und seine Leute müssen von dem Vorfall erfahren. Sie waren in Gefahr, Majestät. Niemand war zu Ihrem Schutz da, und dieser Mann … wie konnten Sie ihm auch noch hinterherreiten?«

»Ich wollte ihm eins mit der Reitpeitsche überziehen.« Einen Schwall Wasser unter sich lassend, stieg Sisi aus der Wanne. »Du telegrafierst Oberst Meinradt auf keinen Fall! Du sprichst auch mit sonst niemandem darüber. Ich verbiete es dir.«

Die Gräfin ging in den Hofknicks und bemühte sich zugleich, von der triefenden Kaiserin keinen Spritzer abzubekommen.

»Anziehen, Eure Majestät?« Die Zofe trat mit dem Badetuch näher.

»Das lohnt sich nicht mehr.« Sisi rubbelte sich trocken. »In zwei Stunden musst du mich für das Dinner ankleiden.« Flink schlüpfte sie in eine bodenlange Robe mit aufgedruckten Flamingos.

Kapitel 2

Du fährst nicht«, hatte der Kaiser eine Woche zuvor gesagt.

»Ich fahre«, antwortete die Kaiserin.

»Sisi, bleib.«

»Ich bin eingeladen. Und nenn mich Elisabeth.«

»Du fährst nur nach England, um mir zu beweisen, dass du frei bist. – Frei, frei, frei, darum dreht sich bei dir alles.«

»Seit wann bist du dieser Meinung?«

»Seit ich dich in Bad Ischl zum ersten Mal gesehen habe.«

»Das ist fast zehn Jahre her«, entgegnete sie überrascht.

»Das ist auf den Tag genau zehn Jahre her.« In seinem Arbeitszimmer trat Franz auf sie zu. »Dieser Tag in Ischl war der entscheidenste meines Lebens.«

Im Augenblick war Sisi schlecht auf Franz zu sprechen. Aber wenn er so vor ihr stand, nicht besonders groß, nicht besonders fesch, die Haare gingen ihm in letzter Zeit schneller aus, dann konnte sie nicht anders, als sich an den jungen Jäger zu erinnern, den sie im Wald von Ischl getroffen und nicht als den Kaiser von Österreich erkannt hatte.

Sisis Gefühle waren bayerische Gefühle, daher fühlte sie in ihrer Muttersprache. »Du bist ein Gaudiwutzi, Franz.«

»Kein Mensch hat je von einem solchen Wort gehört«, antwortete der Kaiser. »Ich könnte dich wegen Majestätsbeleidigung verhaften lassen.«

»Ein Wutzi ist jemand, den man sehr liebhat. Und ein Gaudiwutzi bringt einen zum Lachen.«

»Du hast mich also sehr lieb?«, erwiderte ihr Mann, der nichts für seine Steifheit konnte, seine Kühle, seine Unfähigkeit zur Ausgelassenheit.

»Falls du das bis jetzt nicht erkannt hast, ist dir nicht zu helfen, Franz.« Sie umarmte und küsste ihn.

Wenn der Kaiser Uniform trug, störten Elisabeth die Orden an seiner linken Brustseite, der Maria-Theresia-Orden, das Großkreuz, der Orden vom Goldenen Vlies. Sie blieb mit ihrem Kleid daran hängen.

»Entschuldige.« Vorsichtig hakte sich der Kaiser los.

»Du weißt, dass ich die Einladung nach England nicht absagen kann.«

»Warum nicht?«

»Weil ich bereits meine Pferde nach Windsor geschickt habe.«

»Und weil deine Pferde nach England fahren, musst du auch dorthin?«

»Ich bin jedes Jahr bei den Victoria-Open-Seasons mitgeritten.«

»Und ich habe dich jedes Jahr vermisst.«

»Komm halt mit, Franz. Wir reiten um die Wette, so wie früher.«

»Ich habe beim Parforceritt nie eine Chance gegen dich gehabt.« Er machte ein paar nachdenkliche Schritte. »Prinz Alfred, der Sohn der Queen, ist in dich verliebt, das weißt du, nicht wahr? Er liest dir jeden Wunsch von den Augen ab.«

»Höre ich da Eifersucht heraus oder eher eine diplomatische Aufgabe für mich, Majestät?«

»Es gäbe tatsächlich eine Sache, in der du mit deinem Charme etwas für Habsburg tun könntest.«

»Du lässt mich also fahren?«

»Was bleibt mir anderes übrig?«

»Franz!« Sie fiel ihm um den Hals.

»Wie hast du mich vorhin genannt?«

»Gaudiwutzi.«

»Den Namen trage ich ab jetzt als Ehrentitel.«

Das Kaiserpaar blickte auf den Park von Schönbrunn. Ursprünglich sollte die Residenz sogar Schloss Versailles übertreffen; der Plan scheiterte an den ungeheuren Kosten. Doch obwohl Schönbrunn kleiner ausfiel, boten Schloss und Park zauberhafte Ausblicke – auf die Gloriette, die Römische Ruine oder den Obeliskbrunnen.

Das Büro Seiner Majestät hatte keine so prächtige Aussicht. Es war ein dunkles Kontor im Seitentrakt, das zu dem Mann passte, der sich als oberster Beamter seines Reiches sah. Nichts als ein schlichtes Stehpult stand hier drinnen, ein Tintenfass und mehrere Federn lagen auf lederner Unterlage. In das Leder war der k. u. k. Doppeladler eingearbeitet. Dieses Schreibpult stellte die Machtzentrale der Monarchie dar.

Elisabeth fand, sie hatte sich lange genug in der lichtlosen Höhle ihres Mannes aufgehalten, verabschiedete sich und lief quer durch das Schloss auf die andere Seite.

Selbst nach einem Jahrzehnt im Schloss konnte sich Elisabeth nicht daran gewöhnen, dass in jedem bewohnten Zimmer, jedem Saal und sämtlichen Korridoren Lakaien standen, um der kaiserlichen Familie die Türen zu öffnen. Schönbrunn hatte eintausendvierhunderteinundvierzig Räume: Unvorstellbar, wie viele Lakaien zum Türöffnen gebraucht worden wären. Wirklich genutzt wurden allerdings kaum fünfzig Zimmer.

»Majestät.« Das Wort, das verhasste Wort! Wenn die Diener in ihren mattgelben Uniformen Elisabeth schon auf Schritt und Tritt auflauern mussten, wieso hatten sie dann bei jeder Verrichtung auch noch ihren Titel auszusprechen? Sie wusste selbst, dass sie die Kaiserin war! Wozu sagte man es ihr unentwegt?

Elisabeth erreichte die Räume des Thronfolgers. Ihr Gefühl sagte, sie müsse jetzt hineingehen und sich von ihrem Sohn verabschieden. Doch die Vernunft riet ihr, es nicht zu tun. Rudolf war sechs Jahre alt und daran gewöhnt, dass seine Mutter oft auf Reisen ging; trotzdem machte ihn jeder neue Abschied traurig. Diesen Herbst kam er auf die Militärakademie. Franz hatte entschieden, dass der sensible Junge von Anfang an militärisch erzogen werden sollte.

In diesem Moment tat Elisabeth der Thronfolger von Herzen leid. Die Last einer jahrhundertealten Dynastie lag auf seinen Schultern. Er musste, musste eines Tages Kaiser werden.

Ein Lakai öffnete ihr die Tür zum Kinderzimmer. »Majestät.«

»Rudi!«, rief sie in die Zimmerflucht.

Ein dunkelhaariger Junge mit ernsten Augen kam hinter einer Ecke hervor. Um ihn an seine Zukunft zu gewöhnen, trug er bereits jetzt die Miniaturuniform eines Flottenkapitäns.

»Du bist blass, Rudi. Was ist mit dir?«

»Nichts, Mamá.«

»Wann ist Rudolf zuletzt draußen gewesen?«, fragte Sisi das Kindermädchen, eine Baronin Soundso.

»Heute noch nicht, Majestät.«

»Anziehen und raus mit ihm!«, befahl sie.

»Mir ist kalt«, quengelte Rudolf. »Und es regnet.«

»Das ist kein Regen, das ist erhöhte Luftfeuchtigkeit.« Sie beugte sich zu ihm. »Warm wird dir nur, wenn du dich bewegst.« Sie fasste seine Hand und drehte ihn drei Mal um sich im Kreis. Der Kleine stolperte und fiel fast hin.

»Siehst du, schon ist dir wärmer.« Sisi stand hoch über ihrem Sohn. Sie hätte weinen mögen, so leid tat ihr das Kind, das aus seinem Schicksal genauso wenig ausbrechen konnte wie sein Vater.

»Mit kérsz születésnapodra?«, fragte sie unvermittelt.

»Was?«

Das Kindermädchen mischte sich ein: »Das heißt ›Wie bitte?‹, Kaiserliche Hoheit.«

»Was hast du mich gefragt, Mamá?«

Statt einer Antwort rief Sisi: »Lassen Sie Baronin Károlyi kommen! Der Bub muss besser Ungarisch lernen.«

»Ungarisch ist schwer«, lamentierte ihr Sohn. »Ich kann mir diese komischen Wörter nicht merken.«

»Du wirst einmal König von Ungarn sein, Rudi. Deshalb müssen die komischen Wörter deine zweite Muttersprache werden. Ich habe dich gefragt, was du dir zum Geburtstag wünschst.«

»Zum Geburtstag …?«

Eine der quälendsten Erfahrungen Sisis war, dass sich in diesem Schloss, in diesem Reich alles so furchtbar langsam vollzog! Sie konnte sich an das träge k. u. k. Tempo nicht gewöhnen, auch bei ihrem Sohn nicht. Sie machte kehrt und lief zur Tür. »Überleg es dir in Ruhe, Rudi! Übrigens, ich bin ein paar Tage fort«, rief sie über die Schulter.

»Schon wieder?«

»Bis du dir dein Geschenk ausgedacht hast, bin ich zurück!«

Mit großen Schritten lief sie in ihren Trakt und erreichte das Turn-Zimmer. Elisabeth turnte jeden Tag. Da sie in ihrem Alltag nichts selbst tun durfte, in einem fort bedient wurde, schrie ihr Körper nach Anstrengung und Herausforderung. Für Männer war es natürlich, sich körperlich zu betätigen; bei Frauen fürchtete man den Verlust ihrer Zartheit und Grazie.

Sisi hatte Ringe im Türstock anbringen lassen, es gab einen Barren und einen Schwebebalken. Während sie daran vorbeilief, rief sie: »Ausziehen!«

Ihre Zofe war zur Stelle und begann die Haken des Kleides der Kaiserin zu öffnen. »Soll ich Euer Majestät ein Bad einlassen?«

»Nein. Das Maßband.« Sie stieg aus dem Kleid. In Korsett und Unterhosen trat sie vor den Spiegel. Ihre Taille spannte. Eigentlich war das unmöglich, da Sisis Taillenweite grundsätzlich 46 Zentimeter betrug. Das Dienstmädchen legte das Maßband um ihre Taille.

»Fester.«

»Fester geht nicht, Majestät.«

»Was liest du ab?«

Das Mädchen beugte sich zur kaiserlichen Hüfte. »Es sind … es sind …«, stammelte sie.

»Sag schon.«

»Achtundvierzig Zentimeter, Majestät.«

»Bist du wahnsinnig?« Sie legte den Finger an die Stelle und las das Maßband selbst ab. »Achtundvierzig … Grauenhaft!«

Sie lief zu den Ringen und zog sich mehrmals daran hoch.

»Sag dem Küchenchef, heute Abend Fisch«, rief sie. »Kein Fleisch. Keine Kartoffeln. Und absolut keine Mehlspeise!«

Das Dienstmädchen eilte, den Befehl auszuführen.

»Und rufen Sie Gräfin Pallavicini! Wir müssen packen!«

Abends wurde Elisabeth ein Tartare poisson serviert, pürierte Fischlaibchen in einem Bett aus Kaviar. Sie teilte das Gericht mit Carl. Da der Kaviar salzig war, packte Sisi ihn auf ihren eigenen Teller. Carls Blick wirkte besorgt, dass das bisschen Fischpüree seine ganze Mahlzeit darstellen sollte.

»Keine Angst, es gibt noch einen zweiten Gang«, beruhigte ihn Sisi, während sie die Toastscheiben aus Diätgründen für sie beide wegließ.

Der Hauptgang war ein Saint-Pierre, Seezunge mit einer Hühner-Orangen-Avocado-Sauce. Während der Vorbereitungen erlaubte Sisi Carl, auf den Tisch zu springen.

»Lauf nicht zwischen den Tellern herum. Wenn du mich störst, dauert es nur länger.«

Carl war ein British-Kurzhaar-Kater, den sie als kleines Kätzchen aus Possenhofen mitgebracht hatte. Somit stellte Carl den einzigen waschechten Bayern in ganz Schönbrunn dar. Sie hatte ihn nach ihrem Lieblingsbruder benannt.

»Das ist unser Abschieds-Diner«, erklärte sie, während Carl sich über die Seezunge hermachte. »Nach England nehme ich dich nicht mit. Es ist zu weit, zu anstrengend, und es dauert auch nur ein paar Tage. Dann sehen wir uns wieder.«

»Mau«, machte Carl. Nicht etwa miau oder ein klägliches Miiiauuu. Es war eine Feststellung, ein kurzes, unmissverständliches »Mau«.

* * *

Sisi brach mitten in der Nacht auf. Drei Kutschen brachten sie, ihre Begleitung und das Gepäck zum Franz-Josephs-Bahnhof, wo der Salonzug auf einem Extragleis bereitstand. Früher wäre sie volle fünf Tage nach England unterwegs gewesen, mit der Eisenbahn dauerte es kaum zwei. Dieses atemberaubende Tempo verdankte sie Franz. Als sein Reichskabinett von ihm gefordert hatte, den Etat für die Armee aufzustocken, entschied der Kaiser, stattdessen das Bahnnetz auszubauen.

Bald nach der Abfahrt nahm Elisabeth eine leichte Mahlzeit ein und trank Holundertee. Gräfin Pallavicini hatte die Erlaubnis, Wein zu trinken.

Nachdem sie Linz passiert hatten, sagte die Kaiserin: »Ich geh schlafen.« Ein Blick auf die halb leere Weinkaraffe. »Muss ich mir Sorgen machen, Ildikó?«

»Das brauchen Majestät nicht«, antwortete Ildikó von Pallavicini. »Mit zwei Glas Tokaier schlafe ich einfach besser.«

»Gute Nacht.«

»Schlafen Sie gut, Sisi.«

Die Enkelin von General Pallavicini, der in der Schlacht um Ragasdz mit den österreichischen Truppen einen Sieg errungen hatte, war die Einzige außer Elisabeths Familie, die die Kaiserin bei diesem heiklen Namen nennen durfte. Sisi – das bedeutete Kindheit am Starnberger See, es bedeutete Wald, Rehe und ihren bierseligen Vater Herzog Max in Bayern. Es bedeutete ein Leben, das im Alter von fünfzehn Jahren abgeschnitten worden war. Jahrelange Kämpfe hatte es Elisabeth gekostet, ihre Metamorphose am Hofe Habsburgs zu vollziehen. Sie fand das Spanische Hofzeremoniell lächerlich, aber es machte keinen Sinn, ihr ganzes Leben in Rebellion gegen die Institution zu verbringen. Also spielte sie pro forma mit und nahm sich ihre Freiheit, sobald sie fern von Wien war.

Elisabeth ließ sich entkleiden, machte an der Stange im Salonzug Klimmzüge und legte sich zu Bett. Ihr Schlaf war so tief, dass sie nicht erwachte, als der Zug unterwegs von der Schiene gehoben und auf eine Spezialkonstruktion gesetzt wurde. Die Spurbreite des Schienennetzes war in den deutschen Fürstentümern uneinheitlich.

Das Verhältnis Habsburgs zu Frankreich war angespannt, deshalb nahm der Zug nicht die kürzere Route durch die Normandie, sondern fuhr über Köln und Belgien zur Kanalküste. Die kalte, sturmgepeitschte Nordsee bedeutete für Sisi den ersten Höhepunkt der Reise. Die Adria, an der sie sich sonst gern aufhielt, kam ihr im Vergleich dazu wie eine lauwarme Badewanne vor. In Dover erwarteten sie die Kutschen Prinz Alfreds, die die Kaiserin nach Schloss Windsor brachten.

So unsentimental Sisi Abschied von ihrem Sohn genommen hatte, so herzlich begrüßte sie Merry Andrew. Sie ritt das Vollblut seit drei Jahren und hatte den Wallach vom Oberbereiter der Spanischen Hofreitschule perfektionieren lassen. Sisi ritt Piaffe, Passage, aber auch die Levande in Turnierreife. Neben der klassischen Dressur berauschte sie sich an temporeichen Geländeritten. Die Perforcejagd rund um Windsor würde eine exzellente Gelegenheit dafür bieten.

Prinz Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha, zugleich Duke of Edinburgh war der zweitgeborene Sohn Queen Victorias und damit in der beneidenswerten Situation, sich nicht auf den britischen Thron vorbereiten zu müssen. In Schönbrunn hatte Sisi es mit so vielen verklemmten Hofschranzen zu tun, dass sie einen entspannten Prinzen nicht hoch genug schätzen konnte.

»Affie, du wirst langsam dick!«, begrüßte sie ihn in der Waterloo Chamber, wo Alfred ihr in der Uniform eines Marineoffiziers entgegeneilte.

»Sisi!« Auf Elisabeths strengen Blick fügte er zwinkernd hinzu: »Wenn du mich Affie nennst, darf ich auch Sisi zu dir sagen.«

»Du sprichst mit einer Kaiserin«, entgegnete sie im Scherz.

»Einer Kaiserin, die Tausende Meilen reist, um ihrem Kaiserreich zu entfliehen. Willkommen, wie geht es dir?«

»Ich konnte Merry Andrew bereits begrüßen, also geht es mir blendend. Wann beginnt die Jagd?«

»Willst du dich nicht erst ausruhen?«

»Ich habe auf der Bahn nichts anderes getan, als mich auszuruhen. Jetzt will ich reiten.«

Schmunzelnd sah Affie sie an. »Du bist mir schon eine, Eure Majestät. Aber wie du willst: Die Jagdgesellschaft ist bereit.«

Sie schlenderten an den Porträts jener Feldherren vorbei, die Napoleon in der Entscheidungsschlacht geschlagen hatten, und erreichten die Royal Archives, wo Elisabeth an sich halten musste, um nicht zwischen Hunderttausenden Büchern ins Schmökern zu geraten. »Gratuliere dir übrigens.«

»Wozu?«

»Du wurdest zum Kapitänleutnant ernannt.«

»Pffhh.« Er fasste an seine Achselklappe. »Das machen sie nur, damit sie mir noch mehr Lametta umhängen können. – Also, es bleibt dabei: Ausritt in einer Stunde.«

Kapitel 3

Sisi hatte weder Prinz Alfred noch sonst jemandem etwas über ihren Verfolger während des Ausritts erzählt. Gerade ärgerte sie sich nämlich über den Prinzen. Ein zwangloses Dinner hatte er ihr versprochen, aber in Wahrheit einen veritablen Ball arrangiert.

»Wie sollte ich sonst in den Genuss kommen, mit dir zu tanzen?«, rechtfertigte sich Affie.

»Wenn ich mich anglotzen lassen möchte, hätte ich auch in Wien bleiben können.« Sisi hielt den Fächer vor ihr Gesicht, um nicht sofort erkannt zu werden. »Du hast nicht verdient, dass ich sie trage!«, fuhr sie Alfred an.

»Trage – was denn?«, fragte er scheinheilig.

»Die Diamanten.«

Kaiserin Elisabeth hatte ihre Frisier-Mamsell beauftragt, die Diamantsterne in ihr Haar zu flechten. Der Schmuck bestand aus siebenundzwanzig Stücken, die einzeln oder als Diadem getragen werden konnten. Auch der Kaiser äußerte manchmal den Wunsch, Sisi möge sein Hochzeitsgeschenk anlegen, dabei hatten weder er noch Affie eine Ahnung, was für ein Gewicht die Klunker hatten! Elisabeth musste den Kopf übertrieben aufrecht tragen, damit der Schmuck sie nicht nach hinten zog.

Mit leuchtenden Augen betrachtete der Prinz das lange Haar der Kaiserin und die berühmten Sterne. »Sie stehen dir einfach wunderbar!«

»Wer hat dir überhaupt erlaubt, mein Gemälde kopieren zu lassen, auf dem die Sterne zu sehen sind?«

Er schmunzelte. »Ich bin der Sohn der Queen von England und nehme mir dieses Recht einfach. Außerdem hängt dein Bild gewiss noch an anderen Königshöfen, und so mancher Prinz hat schon schwärmerisch davor gestanden.« Er reichte Sisi seinen Arm.

Auf ein Zeichen Alfreds kündigte der Haushofmeister an: »Ladies and Gentlemen, Ihre Allerhöchste apostolische Majestät, Elisabeth, Kaiserin von Österreich!«

Am Arm des Gastgebers betrat Elisabeth den Hosenbandorden-Thronsaal. Sie trug ein schmales dunkelblaues Kleid ohne Schleppe und Schleier. Sisi mochte diesen Saal, weil er sich angenehm vom verschnörkelten Pomp Schönbrunns unterschied. Die gotischen Fenster, die dunkle Täfelung, die schlicht ornamentierte Gewölbedecke vermittelten ihr den Eindruck, dass die Weltmacht England es nicht nötig hatte, sich herauszuputzen.

Der weibliche Teil der Gesellschaft sank in den Hofknicks, die Herren verbeugten sich so tief, wie es ihr Alter erlaubte. Affie gab dem Orchester ein Zeichen, es wurde der Kaiserwalzer angestimmt.

»Ach nein – « Sisi seufzte. »Muss das sein?«, fragte sie, während Alfred sie zu Tisch führte.

»Gefällt dir nicht, was sie spielen?«

»Hast du eine Ahnung, wie oft ich diesen verfluchten Walzer schon tanzen musste? Dabei ist er so schrecklich lang.«

Die Kaiserin nahm Platz. Man legte ihr die Menükarte vor. »Scotch Eggs, Toad in the Hole, Beef Wellington – das ist alles viel zu schwer. Ich nehme Fisch.«

»Ich dachte, nach dem Reiten wirst du Hunger haben.«

»Wenn ich das alles esse, büße ich es morgen auf der Waage.«

Da sämtliche seiner Arrangements scheinbar nicht Elisabeths Geschmack trafen, seufzte er. »Also dann – Fisch für Ihre Majestät.«