Sofies Verhängnis - Dana Smith - E-Book

Sofies Verhängnis E-Book

Dana Smith

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Beschreibung

Ein zerbrochener Traum. Der perfekte Mann, seine düstere Vergangenheit. Und tödliche Folgen … Sofies sehnlichster Wunsch, Mutter zu werden, zerbricht mit dem Scheitern ihrer Ehe. Als ihre Welt in Trümmern liegt, lernt sie ihren Vermieter, den sympathischen Gunnar, näher kennen und ihr Leben nimmt eine positive Wendung. Gunnar ist gut situiert, trägt sie auf Händen und wünscht sich ebenfalls sehnlichst eine Familie. Er bietet Sofie, was in ihrer Ehe schmerzlich verloren gegangen war: Verständnis und Zuneigung. Sofie verliebt sich Hals über Kopf in ihn, doch dann stößt sie auf eine unangenehme Wahrheit und entblättert Stück für Stück eine andere, dunkle Seite an Gunnar. Sie stürzt in einen Strudel aus Wunschdenken und Realität und der Albtraum nimmt seinen Lauf …

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34 wich die Luft aus den Lungen
Epilog
Nachwort

 

 

 

Sofies Verhängnis

 

 

 

Dana Smith

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1. Auflage © 2021 Vanessa Seedorf Silberseestraße 124 27619 Schiffdorf Telefon 04749-4423074 Mail: [email protected] Webseite: www.dana-smith.de Facebook: www.facebook.com/AutorinDanaSmith Instagram: www.instagram.com/dana.smith.autorin/ Umschlaggestaltung: Authentisch-Design, Katja Lippner,www.authentisch-design.de Lektorat: Katharina Platz, textgenau, www.textgenau.com Korrektorat: Sabrina Schumacher, www.sabrina-schumacher.com Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Prolog

»Mein Gott, das war eine Kalorienbombe!« Niki strich sich über den flachen Bauch, den sie nun demonstrativ nach vorne streckte, um ihren vollen Magen zu unterstreichen. »Der Herr im Kalorienhimmel soll mir Kraft geben. Die Kaffeekreation war doch bestimmt nicht ohne, oder?« Sie sah ihre Freundin an.

Sofie fing an zu lachen. »Jetzt stell dich mal nicht so an, dass bisschen Sahne und der Schuss Sirup wird dich schon nicht aus der Bahn werfen.«

»Wenn es nur eine Tasse gewesen wäre, dann vielleicht nicht, aber wir haben drei von den Granaten getrunken!«

»Und du darfst die Eclairs nicht vergessen. Dreihundert Kalorien pro Portion und du hast zwei gegessen.« Sofie lachte. Sie hatte das Gebäck zum Auftauen aus der Packung genommen, und beides auf dem Tisch liegen lassen. Ihre Freundin hatte nichts Besseres zu tun gehabt, als die Nährwertangaben zu studieren. Sofie kannte Niki über zwanzig Jahre und noch nie hatte sich ihre Freundin Gedanken um ihre Figur machen müssen und trotzdem studierte sie immer die Liste auf den Lebensmittelpackungen. Wer wollte vor dem Genuss solcher Leckereien wissen, wie viel Fett und Zucker diese enthielten? Das killt doch jede Freude, dachte Sofie.

»Ich muss zu Fuß nach Hause laufen, um zum Ausgleich etwas für meine Gesundheit zu tun«, scherzte Niki.

Sofie knuffte ihr liebevoll auf den Oberarm. »Du Spinner. Dann hol das dreckige Geschirr. So hast du wenigstens etwas Bewegung.«

Niki schnalzte mit der Zunge und eilte ins Wohnzimmer. Sofie hörte sie mit den Tassen klappern und ließ Spülwasser ins Becken laufen.

»Willst du abwaschen?«, fragte Niki. »Stell es doch in den Geschirrspüler.«

Sofie schüttelte den Kopf. »Seitdem ich alleine bin, wasche ich immer ab, ich bekomme die riesige Spülmaschine kaum voll. Das bisschen was ich hier dreckig mache, kann ich auch eben mit der Hand spülen.«

Schulterzuckend drehte sich Niki um. »Okay, ich hol den Rest.«

Sofie rührte gedankenverloren in dem Wasser, um das Spülmittel zu verteilen, und sah mit leerem Blick in die Dunkelheit vor dem Fenster. Die Straßenlaterne vor ihrem Haus beleuchtete den Gehweg und einen Teil der Straße. Es wurde Zeit, dass das Frühjahr kam und die Tage wieder an Helligkeit gewannen. Obwohl es heißt, dass die meisten Menschen im November depressiv werden, waren für Sofie die ersten beiden Monate im Jahr die anstrengendsten. Wenn Weihnachten vorbei und Silvester gefeiert war, dann stellte sich bei ihr der Winterblues ein. Neues Jahr, neues Glück und die Hoffnung, alles würde besser laufen. Sie seufzte.

»So schlimm?«

Nikis Stimme riss sie aus den Gedanken und Sofie zuckte zusammen. »Nein, eigentlich nicht«, sagte sie und lächelte.

»Warum seufzt du dann so?«

Sofie zwinkerte ihr zu. »Ist gut für die Lunge. Kannst ja mal unsere Yogalehrerin fragen, die wird dir das bestätigen.«

Niki grinste breit und warf ihr einen Luftkuss zu. »Ich komme gleich und helfe dir, aber ich muss erst auf den Pott, der Kaffee treibt wie blöde.« Dann rauschte sie aus der Küche und Sofie hörte ihre Freundin in der Gästetoilette verschwinden.

Der Lappen quietschte, als sie ihn in dem Glas drehte und aus dem Fenster starrte. Etwas Schnee wäre schön gewesen. Den ganzen Winter hatte es nicht geschneit und sie bezweifelte, dass es jetzt noch welchen geben würde. Sie hielt das Glas unter klares Wasser und wollte es gerade abstellen, als sie eine Gestalt im Schein der Straßenlaterne erblickte. Wie gebannt starrte sie nach draußen und ihre Kehle schnürte sich langsam zusammen.

Nein! Bitte nicht! Atmen, Sofie, du musst atmen. Es ist wie eine Welle, die auf den Strand trifft. Sie baut sich auf, bricht, erfasst das Ufer und geht wieder. Atmen! Ruhig! Ihr Herz schlug heftig und Sofie wusste, dass sie die Panikattacke nicht würde abwehren können. Sie starrte nach draußen und fixierte den Mann. Bilder, die sie versucht hatte, so gut wie möglich zu verbannen, flammten in ihrem Geist auf. Der Druck in ihrer Brust breitete sich aus und es fühlte sich an, als läge ein tonnenschwerer Stein auf ihrem Oberkörper. Sofie starrte nach draußen, unfähig den Blick abzuwenden. Noch mehr Bilder, noch mehr Erinnerungen.

Mit zusammengekniffenen Augen suchte sie Halt und klammerte sich, so gut es mit einer Hand ging, an der Arbeitsplatte fest. Sie wollte ihn nicht sehen, nicht an ihn denken, nicht erinnert werden. Schweiß trat ihr auf die Stirn und das Gewicht des Steins nahm ein unerträgliches Maß an. Sie beugte sich nach vorne, doch diese Haltung verschlimmerte ihren Zustand. In ihrer Brust wurde es so eng, dass sie sich hastig wieder aufrichtete. Die schnelle Bewegung löste Schwindel aus und das Glas fiel zu Boden. Es zerschlug klirrend und einige Splitter trafen ihr Hosenbein. Einatmen, ausatmen, ganz ruhig wie beim Yoga. Einfach nur atmen. Die Panikattacke kam, schüttelte sie innerlich und zog sich dann langsam wieder zurück.

»Sofie!«

Sie hörte Nikis entsetzte Stimme hinter sich und einen kurzen Augenblick später fühlte sie, die Hand ihrer Freundin auf dem Rücken. Sie kannte ihre Panikanfälle und wusste, dass sie nichts anderes machen konnte, als zu warten.

Niki blieb an ihrer Seite, bis es ihr besser ging.

»Oh Mann Sofie, so schlimm war es aber schon lange nicht mehr. Du bist ganz nassgeschwitzt.« Sie riss ein Blatt von der Küchenrolle und tupfte ihrer Freundin die Stirn ab. »Was ist passiert?«

Dicke Tränen rannen über Sofies Wangen. »Niki, er war dort draußen!«

Kapitel 1

Dreizehn Monate zuvor

 

Sofie stand am gekippten Fenster in der ersten Etage ihres frisch angemieteten Hauses. Unten luden Lukas und Marcel soeben ein Sideboard aus dem Sprinter.

Wer war so verrückt und zog Anfang Januar um? Weihnachten und Silvester war sie in jeder freien Minute mit Packen beschäftigt gewesen. Heiligabend zwischen Pappkartons ist nicht besinnlich, sondern nervig. Sie hasste Umzüge, diesen hatte sie nur Lukas zuliebe auf sich genommen. Wäre es nach ihr gegangen, hätten sie die kleine Wohnung behalten, aber ihr Mann bestand auf eine Veränderung. Er war es, der auf dieses Haus in Schwachhausen gedrängt hatte, einem supernoblen Bremer Stadtteil. Die Gegend fühlte sich fremd und unpassend an. Es zwängte sich ihr immer mehr der Eindruck auf, dass sie hier so gut hinpasste wie ein Curvy-Model zwischen die XXS-Models auf einer Modenschau von Marc Jacobs.

Die Sonne schien durch das staubige Fenster und Sofie betrachtete ihr Spiegelbild. Sie griff nach der Kette an ihrem Hals und spielte mit dem Anhänger, während sie die andere Hand behutsam auf ihren Bauch legte. Tränen brannten in ihren Augen. Unterhalb ihres Fensters verschwand Lukas fluchend mit Marcel in der Eingangstür.

Seit seinem letzten Einsatz in Afghanistan war er nicht mehr derselbe. Er war oft unbeschreiblich jähzornig und wurde schneller wütend als früher. Es war nach dem Krieg nicht viel geblieben von dem Mann, den sie einst geheiratet hatte.

Am Tag seiner Rückkehr hatte sie eine große Willkommensparty veranstaltet. Sie hatte gekocht, gebacken und sich unheimlich auf ihn gefreut. Die ganze Wohnung war geschmückt, alle Freunde waren da.

Mit seinen Sachen über der Schulter stand er vor der Tür. Sofie fiel ihm um den Hals und presste ihn, so doll sie konnte, an sich. »Ich hab dich so vermisst mein Schatz.« Sie übersäte sein Gesicht mit Küssen, dann ließ sie ihn los und trat einen Schritt zurück.

Er stand vor ihr, hielt weiterhin seine Tasche in der Hand und rührte sich nicht. Keine Umarmung, kein Kuss, nur ein müdes Lächeln. »Hallo Sofie.«

Sofies Freude bekam einen leichten Dämpfer, aber sie ließ sich nicht entmutigen. »Komm, ich habe eine Überraschung für dich.« Sie nahm ihn bei der Hand und führte ihn durchs Treppenhaus in die Wohnung. Als er das Wohnzimmer betrat, sprangen alle Gäste aus ihren Verstecken. Ein kollektives »Willkommen« schallte Lukas entgegen. Er wich instinktiv einen Schritt zurück und prallte gegen Sofie.

»Und? Freust du dich?«

Wieder ein müdes Lächeln gepaart mit einem schwachen Kopfnicken. So ging es den ganzen Abend. Lukas wechselte nur wenige Worte mit seinen Freunden und schließlich zog er sich auf den Balkon zurück und rauchte eine Zigarette nach der anderen. Sofie verstand sein Verhalten nicht und es machte sie wütend. Sie hatten sich große Mühe gegeben, um Lukas gebührend willkommen zu heißen, und er wusste es nicht zu würdigen. Gegen elf Uhr nachts ging der letzte Gast und Sofie setzte sich mit einem Glas Wein zu ihrem Mann auf den Balkon. »Kannst du mir mal sagen, was los ist? Dein Verhalten war ja heute echt unerträglich.«

Vor sich hinstarrend gab er keinen Laut von sich.

»Lukas, ich rede mit dir. Warum hast du denn nicht mit uns gefeiert? Freust du dich nicht, wieder hier zu sein?«

Keine Antwort. Lukas blickte ins Leere und zog an seiner Zigarette. Die Willkommen-Girlande schwankte in der Zugluft leicht hin und her. Irgendwo in der Ferne hörte man eine Frau lachen.

Mein Gott, wie undankbar kann man sein?, dachte sie und musterte ihn. Es wirkte, als starrte er durch die Gegenwart in eine ferne Welt. Sofie schnippte mit den Fingern vor seinem Gesicht. Endlich kehrte Leben in ihn zurück und er drehte den Kopf, um sie anzusehen. Die Angst in seinen Augen, schnürten Sofie den Hals zu. Sein Mund schien sich zu verkrampfen und er fing an zu weinen.

Sie schnellte in die Höhe, stellte ihr Weinglas ab und nahm ihn in den Arm. Er wiegte sich wie ein traumatisiertes Kind und flüsterte immer wieder: »Ich kann dir nicht sagen, was ich alles gesehen habe, Sofie. Ich kann es dir nicht sagen.«

Das war 2010 gewesen und gut sechs Jahre her. Lukas hatte sich erholt, sofern man nach einem solchen Einsatz überhaupt von Erholung sprechen konnte.

Sofie ging es heute ebenfalls besser. Sie hatte regelmäßig eine Therapeutin aufgesucht, um ihre Ängste in den Griff zu bekommen. Dieses stete Gefühl, ihm könnte etwas passieren oder sie könnte ihn ganz verlieren, hatte sie während seiner Abwesenheit permanent begleitet und wollte nach seiner Rückkehr nicht verschwinden. Die Therapie war ihre Rettung gewesen, zumal Sofie dort außerdem lernte, besser mit Lukas’ verändertem Wesen umzugehen.

Lukas hingegen verfolgte die Strategie des Verdrängens. Er war nicht gewillt, über das Gesehene zu reden, und zu einem Therapeuten gehen wollte er erst recht nicht.

Seit seiner Rückkehr war vieles anders. Die Ehe ging den Bach runter und manchmal hatte Sofie das Gefühl, sie wäre für alle Zeit in den Tiefen eines dunklen Ozeans versunken.

Der Umzug war ihre letzte Chance und nährte ihre Hoffnung, dass diese Veränderung ihre Liebe retten würde. Sie hatte Lukas einst versprochen, bei ihm zu bleiben, bis der Tod sie scheide, und sie hatte eigentlich vor, ihr Versprechen zu halten.

Nun stand sie hier am Fenster, in einem zu großen Haus mit einem viel zu großen Garten in einer total unpassenden Gegend.

Sofie hörte auf, gedankenverloren ihren Bauch zu streicheln, und schob den Staub auf der Fensterbank zusammen. Sie drehte ihn zwischen Daumen und Zeigefinger zu einer kleinen Kugel und beobachtete den metallic-grünen Peugeot, der vor ihrem Haus hielt. Gedämpfte Musik ertönte aus dem Inneren des Wagens und erstarb kurz nach dem Abstellen des Motors. Die Beifahrertür öffnete sich und ein gut aussehender, dunkelhäutiger Mann mit pechschwarzen Haaren stieg aus. Sofie lächelte. Navid, elegant wie immer, sah aus, als wollte er zu einem Sonntagsbesuch bei den Schwiegereltern und nicht zu einem Umzug.

Die Fahrerin hüpfte um das Auto herum. In Ihrer bunten Tunika war Niki ein greller Farbfleck in dem Grau des Januarmorgens. Bei ihr gab es nur bunt oder weiß und sie sah aus, als käme sie geradewegs aus einer Hippie-Kommune. Sie stellte sich neben ihren Begleiter, breitete die Arme aus wie ein Zirkusdirektor, der sein Publikum begrüßte, und rief so laut, dass Sofie es durch das geschlossene Fenster verstehen konnte: »Willkommen in Schwachsinnshausen, dem Stadtteil, in dem die Hochnäsigkeit proportional mit dem Vermögen steigt!«

Sofie rollte mit den Augen, lief zur Treppe im Flur und rief grinsend nach unten: »Lukas? Navid und Niki sind gekommen.« Sie stieg die Stufen hinunter und erwischte ihn am Absatz. »Hast du gehört?«

»Ja, verdammt, und das wurde auch Zeit! Sie sind zwei Stunden zu spät. Wir haben den Umzug schon fast allein geschafft.«

Sofies Ohren rauschten augenblicklich. Der Puls beschleunigte sich und ihr Herz pochte in ihrem Hals. Der Ärger, den seine Reaktion in ihr auslöste, breitete sich in ihrem Magen aus.

Unbewusst griff sie nach ihrem Handgelenk und kratzte mit dem Daumen an der Innenseite des Arms, bis sich die Haut löste und ein erleichterndes Brennen entstand. Die Spannung in ihrem Inneren ebbte ab.

»Lukas, keinen Streit!«, zischte sie. »Niki ist meine beste Freundin, ich bin froh, dass sie uns hilft.«

»Sie ist keine Minute hier und geht mir schon auf den Sack! Was soll das Gebrüll da draußen, kannst du mir das mal sagen?«

»Lukas, bitte, du kennst sie doch …«

»Schlimm genug, dass ich sie kenne. Muss ich mich dann noch mit ihr abgeben? Und dann auch noch der Homo!«

Sofie schluckte die Wut herunter. »Lukas«, sie sah ihm in die Augen, »er ist mein Chef! Und ein sehr guter Freund noch dazu. Navid ist eine gute Seele und es geht dich einen Scheißdreck an, mit wem er das Bett teilt.«

Er lächelte Sofie verkrampft an und drehte sich zu Marcel. »Komm, Marci, lass uns weitermachen. Und denk dran, immer mit dem Arsch an der Wand lang.«

Sofie holte Luft, schluckte die Bemerkung runter und hoffte, dass Navid den Spruch nicht gehört hatte.

In der offenen Tür trafen die vier aufeinander. Ihre Freundin trat einen Schritt zur Seite und salutierte übertrieben. »Morgen, Arnold, melde mich zum Einsatz!«

Lukas’ Blick war vernichtend.

Niki sah Marcel lächelnd an. »Hallo, schöner Mann.« Sie machte einen leichten Knicks und ging zu Sofie.

Marcel grinste breit. »Hallo, Schönheit.« Dann folgte er Lukas nach draußen.

»Was ist denn mit dem los?« Niki zeigte mit dem Daumen über ihre Schulter. »Dein Göttergatte hatte auch schon mal bessere Laune!« Niki fächerte sich Luft zu und zwinkerte. »Aber sein Anhang ist ja ein Prachtkerl!«

Sofie senkte die Stimme. »Lass bloß die Finger von dem! Laut Lukas nimmt er alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Nicht dass du dir ’nen Tripper oder Syphilis oder Schlimmeres holst.«

Niki zuckte mit den Schultern. »Okay, Mami, ich bin brav.« Dann drehte sie sich um die eigene Achse, die Pompons am Saum ihres Oberteils wirbelten durch die Luft, und ließ den Blick schweifen.

»Und nenn Lukas nicht ständig Arnold, du weißt, dass er das hasst. Außerdem sieht Schwarzenegger aus wie eine misslungene Plastik. Damit hat er wirklich nichts gemein.«

»Da hast du recht, aber mehr Hirn als ein Terminator hat er nicht.« Niki grinste.

Sofie rollte mit den Augen, begrüßte Navid mit einer festen Umarmung. »Ah, du riechst wieder so gut.«

Niki rauschte an ihnen vorbei.

»Hab ich extra dick aufgetragen. Nur für dich«, sagte Navid lächelnd und küsste sie auf die Wange. »Wir vermissen dich auf der Arbeit. Ich bin froh, wenn dein Urlaub vorüber ist.«

Sofie sah an ihm vorbei und beobachtete die Männer, die biertrinkend am Transporter lehnten. »Ich auch, das kannst du mir glauben.«

»Ziehen hier noch mehr Personen ein?« Niki warf einen Blick die Treppe hoch. »Was wollt ihr denn mit einem so großen Haus? Das kostet doch ein Vermögen!« Ohne eine Antwort abzuwarten, ging sie geradewegs an Sofie vorbei und betrat den nächsten Raum. »Hoppla! Ist das riesig hier! Navid, komm schnell! Sofies Küche hat mehr zu bieten als die in deinem Café!«

Sofie sah Navid schulterzuckend an und lächelte.

»Also ich finde es super hier«, sagte er. »Das Haus ist genau richtig für eine Künstlerin wie dich. So viele freie Wände für deine Bilder. Perfekt!«

»Du kannst doch nicht mal kochen, Sofie!«, schallte es aus der Küche. »Und Lukas lässt ja sogar Pizza anbrennen. Verdammt, was wollt ihr damit?« Sie erschien wieder im Flur, legte den Kopf etwas schräg und schaute Sofie an. Nach einem Augenblick des Schweigens sagte sie: »Ist ja auch egal, meine Liebe. Es geht mich nichts an. Hauptsache, du fühlst dich wohl.« Ihr Blick wurde sanft. »Wie geht es dir heute? Ist es schon besser?«

Sofie legte instinktiv die Hand auf ihren Bauch und fühlte den Druck hinter ihren Augen. Sie sah zu Navid, der einen Schritt auf sie zukam.

»Ach Brownie, komm, lass dich noch mal drücken.« Er nahm sie fest in den Arm und streichelte ihr über die braunen Locken.

Sofie ließ sich in seinen Arm sinken und schluckte die Tränen runter. »Schön, dass ihr da seid, danke noch mal für eure Hilfe«, brummte sie in Navids Jacke, dann löste sie sich aus der Umarmung. Sie ging zu Niki, die im Türrahmen lehnte, und gab ihr einen dicken Kuss auf die Wange.

»Das Haus habt ihr gemietet?«, wollte sie wissen.

Sofie nickte. »Der Vermieter wohnt direkt nebenan.« Sie deutete mit dem Daumen über ihre Schulter.

»Das ist nicht dein Ernst!« Niki riss die Augen auf. »Da hast du Bock drauf? Dass dein Vermieter dir ständig auf die Finger sehen kann und kontrolliert, ob der Rasen kurz genug und der Vorgarten sauber ist?«

»Ich glaube nicht, dass er so einer ist. Die ganze Vermietung lief über ein Maklerbüro und die Verwaltung findet über eine Gesellschaft statt. Die verwalten einen großen Pool an Immobilien in Bremen. Wir haben nichts mit dem Besitzer zu tun. Wenn er ein Kontrollfreak wäre, dann hätte er uns doch kennenlernen wollen.«

»Na, dein Wort in Gottes Ohr!«

Navid kam zu den beiden und legte ihnen die Arme um die Schultern. »Meine Lieben, wollen wir anfangen? Wir müssen heute fertig werden. Auf, auf!«

Sofie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Wenn wir dich nicht hätten! Wir würden wahrscheinlich nie fertig werden vor lauter Geschnatter.«

»Deshalb ist ja auch er der Chef und nicht wir.« Niki strahlte Sofie an, griff nach der Sackkarre und machte sich auf in Richtung Transporter.

 

Es klingelte und Sofie eilte zur Haustür. Sie öffnete und sah in die großen Augen von Tobi. Ein Lächeln legte sich auf sein Gesicht und die Anspannung wich merklich.

»Keine Angst, mein Lieber. Lukas bringt den Wagen weg. Komm doch kurz rein.« Sie machte einen Schritt auf ihren Freund zu und umarmte ihn herzlich. Er schlang seine Arme um sie und hob Sofie ein Stück in die Höhe. »Wie schön, dich zu sehen, Liebchen! Ich wollte meinen Göttergatten abholen.« Er setzte sie wieder ab und sah sie an. »Geht es dir gut?« Tobi strich ihr zärtlich eine Locke aus dem Gesicht. »Du siehst müde aus.«

Sofie nickte. »Bin ich auch. Der Umzug kostet mich den letzten Nerv.« Sie trat einen Schritt zur Seite, um Tobi hereinzulassen. »Einfach die Treppe hoch und geradeaus durch. Navid und deine Schwester bauen unser Bett auf.«

»Wehe, dein Mann läuft mir über den Weg!«

»Mach dir keine Sorgen. Er bringt erst Marcel nach Hause und dann den Wagen zur Autovermietung. Glaub mir, das wird dauern. Er ist momentan nicht gerade erpicht, Zeit mit mir zu verbringen.«

Tobi verharrte neben ihr, strich ihr über die Wange und sah sie an. Sofie glaubte, Mitleid in seinem Blick zu erkennen. »Lukas und ich bekommen das schon wieder hin. Wir finden auch dieses Mal zueinander, es ist im Moment nur etwas schwierig. Bitte halte mir jetzt keine Predigt, Tobi.«

Mit zur Abwehr erhobenen Händen stieg er die Treppe hinauf. »Ich sag nichts. Ich hole jetzt Navid und dann verschwinden wir, so schnell es geht.«

Tobis Worte trafen Sofie hart. Zu wissen, dass ihre Freunde nicht gerne bei ihr zu Besuch waren, verpasste ihr einen Stich ins Herz. Seit drei Jahren herrschte eine angespannte Situation zwischen Tobi und ihrem Ehemann und diese war für sie kaum erträglich. Auslöser war ein Streit auf einer Feier gewesen. Lukas hatte gesehen, wie Navid Tobi einen Kuss gab. Er hatte zu diesem Zeitpunkt schon viel zu tief ins Glas geschaut und im Vorbeigehen gezischt: »Wie widerlich ist das denn?«

Tobi ließ sich das nicht gefallen und rief Lukas hinterher: »Immer schön mit dem Arsch an der Wand lang und in der Kaserne beim Duschen nicht bücken!«

Lukas rastete augenblicklich aus, packte ihn am Kragen und drohte mit Schlägen, sofern er und sein schwuler Rattenfreund nicht sofort seine Wohnung verließen. Tobi schlug die Hand seines Angreifers zur Seite, packte ihn an den Schultern, schob ihn rückwärts durch die Küche, bis er rücklings gegen den Türrahmen knallte. Lukas wich die Luft aus den Lungen. Bevor zwischen den beiden eine Prügelei entstehen konnte, stand Niki dazwischen und brüllte: »Schluss, ihr Vollpfosten!« Nachdem sie Tobi weggezerrt hatte, verlangte sie lautstark nach ihrer Freundin: »Sofie! Fang deinen Mann ein!«

Es war an diesem Abend zu keiner weiteren Auseinandersetzung gekommen, aber das war der endgültige Bruch der eh schon erbärmlichen Beziehung zwischen den beiden gewesen. Tobi mied seitdem jeden Kontakt, was die Situation für Sofie erheblich erschwerte.

Jetzt ging sie hinter Tobi, der den Stimmen ins Schlafzimmer folgte, die Treppe hoch. Navid und Niki waren dabei, einen der Lattenroste in das Bettgestell zu wuchten, als sie den Raum betraten.

»Tobi!« Navid legte den Rost auf dem Fußteil ab und eilte zu seinem Freund, um ihn herzlich zu umarmen. »Wie schön, dass du hier bist.«

Niki stand schwitzend und eingeklemmt zwischen Kopfteil und Lattenrost und wurde rot im Gesicht. »Hey! Was stimmt denn bei dir nicht, Navid? Bist du von allen guten Geistern verlassen, mich hier mit dem schweren Ding stehen zu lassen?«

Sofie eilte ihr zu Hilfe und gemeinsam hoben sie den Rost an seine Position.

Niki wischte sich die Hände an der Hose ab und betrachtete die roten Druckstellen. »Verflixt, ist das Teil schwer!«

Navid sah sie schuldbewusst an und klimperte mit den Lidern.

»Das liegt am Motor, Schwesterherz. Elektrisch verstellbares Kopf- und Fußteil.« Tobi deutete auf den Kasten unter dem Lattenrost, stieg galant über einen Karton und drückte ihr einen herzlichen Kuss auf die Wange. »Wie geht es euch? Habt ihr alles gut über die Bühne bekommen? Oder gab es Tote?«

»Nein, Lukas lebt noch und Niki ist auch unverletzt«, sagte Navid grinsend und winkte ab.

Sofie mochte diese Sticheleien nicht und dennoch konnte sie sie ihnen nicht verübeln. Lukas hatte heute immer wieder Spitzen verteilt, sowohl gegen Niki als auch gegen Navid. Die beiden waren nur hier, weil sie schon ewig miteinander befreundet waren. Sie hätten genauso gut das Weite suchen können oder hätten gar nicht erst kommen müssen, dessen war Sofie sich bewusst.

»Na, wenn es allen gut geht, dann ist es ja bestens. Zeigst du mir noch schnell das Haus?« Tobi drehte sich zu Sofie, die ihm zunickte. »Wir müssen danach auch los. Im La Luna ist noch viel zu tun und unsere beiden besten Servicekräfte fallen heute schließlich wegen eines Umzugs aus.« Er zwinkerte den beiden Frauen zu und folgte Sofie aus dem Schlafzimmer.

 

Nachdem die Männer gegangen waren, standen Niki und Sofie in der Küche. »Was ist eigentlich mit Socke?«, wollte Niki wissen.

Socke war Sofies Kater. Ein Siam-Mischling mit dunklen Pfoten, die ihm zu seinem Namen verholfen hatten. »Der ist noch oben eingesperrt. Meinst du, ich kann es wagen?«

»Klar! Wenn nicht jetzt, wann dann?«

Sofie lächelte und rannte nach oben. Vorsichtig öffnete sie die Tür ihres zukünftigen Ateliers, das später mal das Kinderzimmer werden sollte, und schaltete das Licht an. Momentan türmten sich Kartons und Säcke in dem Raum, doch vor ihrem geistigen Auge konnte sie die Staffelei vor dem Fenster stehen sehen. Leinwände lehnten in mehreren Reihen an den Wänden. In der Ecke befand sich eine kleine Kinderwiege mit einem Mobile aus Fischen und Schmetterlingen darüber. Sofie lächelte versonnen, dann sah sie sich im Zimmer um. Zwei schmale Augen blinzelten sie an und Socke begrüßte sie mit einem quarkigen und langgezogenen Mau-Mau.

»Hallo, du kleiner Scheißer!« Sofie ging zu ihm und hob ihn langsam auf ihren Arm. Socke schnurrte und rieb seinen Kopf an ihrem Kinn. »Na, willst du mal mit nach unten kommen?« Sie ging mit ihm auf den Flur, entschied dann, dass es besser sei, wenn er sein neues Heim allein erkundete, und ließ ihn runter. Socke machte ein paar vorsichtige Schritte, steckte den schmalen Kopf durch das Treppengeländer und sah ins untere Stockwerk hinab. Als er Niki in der Küche hörte, rannte er zurück zum Atelier.

»Oh nein! Er hat dich gehört und nun hat er Angst«, rief Sofie die Treppe runter.

»Socke, du alte Schissnase! Sei ein Kater, keine Maus, und komm runter.« Beim Klang von Nikis Stimme drehte er sich tatsächlich um und machte einen Schritt nach vorne. Einen weiteren, als Niki rief: »Mmmmmmmm, lecker, ich hab hier was Schönes für dich!«

Aber dann blieb er stehen, setzte sich demonstrativ hin und putzte sich die Pfote. Sofie lachte und ging nach unten. Er würde schon kommen, wenn die Zeit reif war.

In der Küche sah sie Niki grinsend an. »Socke sagt, er kommt, wenn er es für richtig hält, und nicht, weil du es willst.«

»Die kleine Kacknase.« Niki ging in den Flur und rief: »Dann gebe ich das Premiumfutter den Straßenkatzen, du sturer Hund!«

»Willst du eigentlich einen richtigen Kaffee?«

Niki kam wieder in die Küche, sah stirnrunzelnd auf die leere Thermoskanne und die benutzten Kaffeebecher. »Was haben wir denn den ganzen Tag getrunken, wenn es jetzt ›richtigen‹ Kaffee gibt?«

»Ach, nicht dieses Filterzeug. Ich kann den Vollautomaten anschließen und uns was Vernünftiges machen.«

»Ich nehme Latte«, sagte Niki mit einem herausfordernden Grinsen. »Mit Zimt und Karamell.«

»Ha, das ist eine Kleinigkeit!« Sofie ging zielstrebig auf einen Umzugskarton zu, öffnete ihn und hob den Vollautomaten heraus. In zwei Minuten war er angeschlossen und betriebsbereit. Sie holte die Milch aus dem Kühlschrank und klappte einen weiteren, diesmal mit dem Wort ›Kaffee‹ beschrifteten Karton auf. Unzählige Flaschen, Streuer und Dosen kamen zum Vorschein und sie zauberte im Handumdrehen einen Latte macchiato mit Karamell-Flavour und einem Herz aus Zimt und Schoko auf der Milchhaube.

»Du und dein Kaffee. Wenn du nicht Künstlerin wärst, dann wahrscheinlich die beste Barista in Bremen.«

Sofie zwinkerte ihr zu. »Ich muss mich setzen. Komm, wir gehen ins Wohnzimmer, das Sofa steht ja schon.«

Sie kuschelten sich in die Polster und löffelten schweigend den Milchschaum.

Nach einer Weile räusperte Niki sich. »Sag mal, Sofie. Wie geht es dir eigentlich? Also mit der Schwangerschaft und so. Wir hatten durch den Umzugsstress so wenig Zeit, in Ruhe zu reden.«

Sofie holte tief Luft und hielt sie einen Augenblick an. »Ehrlich?« Ihr Blick wanderte zu Niki.

»Natürlich!«

»Beschissen. Ich hätte nicht gedacht, dass eine Fehlgeburt einen so aus der Bahn werfen kann. Ich frage mich immer und immer wieder, was nicht okay war und was ich falsch gemacht habe.«

Niki beugte sich zu ihr rüber und nahm Sofies Hand. »Ich glaube nicht, dass du etwas falsch gemacht hast. Vielleicht solltest du froh sein. Also versteh das jetzt bitte nicht falsch, aber wer weiß, warum die Natur sich so entschieden hat.«

Sofie hatte sich fest vorgenommen, deswegen nicht mehr zu weinen. Zu viele Tränen hatte sie vergossen und Lukas war schon restlos genervt. »Ach Niki«, flüsterte sie und wischte sich die Augen trocken. »Was soll ich denn machen?«

»Erst mal weinen, wenn dir danach ist.«

Dicke Tränen liefen über Sofies Wangen. »Warum ist es denn so schwer, ein Kind zu bekommen? Das kann doch nicht sein!« Sie zog leicht die Nase hoch, kramte in ihrer Hosentasche, holte einen Taschentuchball hervor und zupfte ihn auseinander. »Das wünsche ich mir schon seit meiner Jugend. Eine eigene kleine, heile Familie. Ich möchte doch einfach nur eine gute Mutter sein. Liebevoll, lustig, umsorgend und immer da. Nicht so wie meine Mum. Ich möchte ein Kind und alles besser machen.«

Niki sah sie mit zusammengekniffenen Lippen an und Sofie wusste sofort, was ihre Freundin dachte. Sie waren seit ihrer Jugend befreundet und Niki hatte Sylvia Wellner nie sonderlich gemocht. »Sie ist kalt wie ein Kühlschrank«, hatte Niki immer gesagt. Seit der Trennung von Sofies Vater, die vor Sofies Geburt erfolgt war, war ihre Mutter auf der Jagd nach dem perfekten Mann fürs Leben. Über die Suche hatte sie ihre Kinder vergessen. Ein Vater, der nie da war und eine Mutter, die sich nur um sich selbst kümmerte. Kein Wunder, dass sie sich nach einer heilen Familie sehnte.

»Was sagt denn Lukas?«, unterbrach Niki ihre Gedanken.

»Ach Lukas! Der versteht nichts, absolut gar nichts.« Ihr Kaffee landete schwungvoll auf dem Tisch. »Er versteht nicht, warum es mir so schlecht geht. ›War doch nur der dritte Monat‹, sagt er immer. ›Wo ist das Problem, Sofie?‹ Ich habe das Gefühl, ihm kommt es gerade recht. Manchmal glaube ich, er will gar kein Kind mehr. Ich hatte sogar einen Termin in der Kinderwunschklinik gemacht, aber er hat sich mit Händen und Füßen gewehrt!«

»Vielleicht hat er Schiss, dass er der Grund ist.«

»Ja und? Wen juckt es denn? Ich will nicht noch mal zehn Jahre warten, bis ich wieder schwanger werde. Wenn er zu wenig Spermien hat oder wenn die zu langsam sind, dann hätten wir die Möglichkeit der In-vitro-Fertilisation.«

Auf Nikis Stirn bildeten sich Falten.

Sofie lächelte. »Die Befruchtung im Reagenzglas.« Ihr Gesichtsausdruck erstarrte wieder. »Lukas will das nicht. Er will nicht, dass sein Kind im Labor entsteht. Entweder richtig oder gar nicht.« Sie zog sich die Ärmel ihres Strickpullovers über die Hände und vergrub sie zwischen ihren Oberschenkeln. »Was soll ich bloß machen, Niki?« Sie hob die schmalen Schultern fast bis zu den Ohren. »Ich habe das Gefühl, unsere Ehe geht den Bach runter, und dass der Umzug ein letzter kläglicher Versuch ist, etwas zu retten.«

»Ach Schätzchen.« Niki stellte ihr Glas zu Sofies und rückte näher an sie heran, um die Arme um ihre Freundin zu schlingen. »Manchmal kann man den Lauf der Dinge nicht aufhalten. Vielleicht hat es auch etwas Gutes, falls ihr euch trennen solltet.«

Sofie löste sich aus der Umarmung und sah Niki vorwurfsvoll an. »Ich weiß, dass du ihn nicht magst und nichts dagegen hättest, wenn er nicht mehr da wäre.«

»Ach, das ist doch Quatsch. Ich möchte, dass es dir gut geht. Wenn es dir mit ihm gut gehen würde, dann wäre doch alles tutti. So ist es aber nicht. Es ist jetzt«, Niki hielt kurz inne und überlegte, »sechs Jahre her, seit er in Afghanistan war, und seitdem ist nichts mehr, wie es war. Diese Aggressionen und manchmal dieser Hass in seinen Augen machen mir Sorgen. Er war in manchen Dingen früher bereits etwas komisch, aber seitdem …« Niki verstummte, doch Sofie verstand, was sie meinte. Lukas’ Ansichten waren seit jeher konservativ und homophob war er bereits, als sie sich kennengelernt hatten.

Lukas hatte viele Meinungen von seinem Vater übernommen. Er war ebenfalls Soldat und gab den Ton an. Mit ihm brauchte man nicht über die gleichgeschlechtliche Ehe reden oder Verständnis dafür zeigen, wenn Menschen aus Kriegsgebieten nach Deutschland flohen – außer man war an einem handfesten Streit interessiert. Niki hatte recht. Die Aggressionen waren manchmal kaum auszuhalten und das, was sich in Lukas’ Augen zeigte, machte ihr Angst.

Dennoch hatte sie das Gefühl, ihn nicht verlassen zu können. Die Hoffnung, dass alles wieder so werden würde wie früher, hielt sie bei ihm. Sie hatten schöne Zeiten miteinander verbracht. Es gab einen Lukas, der perfekt war für die Vaterrolle. Einen, der sensibel war und fürsorglich, für den seine Frau das Wichtigste auf der Welt darstellte. Sie wollte die Hoffnung nicht aufgeben, dass er noch existierte, nicht nach so vielen Jahren.

Niki schnippte vor ihren Augen. »Bist du noch da?«

Sofie blickte erschrocken auf. »Bitte entschuldige, ich war in Gedanken.« Sie seufzte. »Wir sind heute in unser neues Haus gezogen. Jetzt ist der schlechteste Zeitpunkt, um über Trennung nachzudenken. Ich hoffe, dass alles wieder gut wird.«

Ein Schlüssel klimperte an der Haustür. Sofie sah erschrocken auf. »Lukas? Bist du das?«

»Nein, der Weihnachtsmann«, drang es aus dem Flur.

Sie sprang auf und eilte zu ihm. »Hallo, Schatz.« Sie gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Alles erledigt?«

Er brummte, zog die Schuhe aus und drehte sich zu Sofie. »Das Auto deiner Freundin steht noch vor der Tür. Ich gehe jetzt duschen, und wenn ich fertig bin, will ich hier Ruhe haben.« Ohne eine Antwort abzuwarten, verschwand er nach oben.

»Pass auf, ich hab Socke rausgelassen.« Als Sofie zurück ins Wohnzimmer kam, war Niki schon dabei, ihre Jacke anzuziehen. Sie war froh, dass sie ihre Freundin nicht rausschmeißen musste.

»Ich fahr jetzt besser. Komm, ich drück dich noch mal.« Sie nahm Sofie in den Arm und flüsterte: »Du hast es verdient, glücklich zu sein, Sofie Wellner.«

 

Eine halbe Stunde später kam Lukas die Treppe runter.

»Willst du einen Kaffee?«

Lukas schüttelte den Kopf, öffnete den Kühlschrank und holte sich ein Bier heraus.

Missmutig beobachtete sie ihn. »Musst du schon wieder …«

»Sofie!« Lukas sah sie scharf an. »Bitte nicht heute. Ich hatte einen anstrengenden Tag und ich werde jetzt ein Bier trinken. Scheißegal, wie schlecht Alkohol für die Spermien ist. Ich hab jetzt keinen Bock auf eine deiner Predigten.«

»Lukas! So einfach ist das nicht. Es kommt hier nicht nur auf mich an, du bist genauso beteiligt. Und wenn du nicht auf dich aufpasst und gesund lebst, dann wird das nie was mit dem Baby.« Ihre Stimme brach und sie räusperte sich.

Er hatte den halben Weg zum Wohnzimmer zurückgelegt. Jetzt wirbelte er herum und kam auf sie zu. Demonstrativ setzte er die Flasche an und leerte sie mit einem Zug bis zur Hälfte. »Noch Fragen?« Sein Blick war herausfordernd, und als Sofie nicht reagierte, setzte er einen drauf. »Und Essen brauchst du auch nicht zu machen. Ich war mit Marcel bei McDonalds. Ich habe einen Burger mit doppelt Beef gegessen.«

Wut kochte in ihr hoch. Warum war er so verdammt ignorant? Sie hatte ihm oft genug erzählt, was gut und was schlecht für die Zeugungsfähigkeit war. Alkohol und Fast Food gehörten zu den absoluten No-Gos. »Warum tust du das?«, zischte sie. »Du bist so ein ignoranter Arsch. Das Einzige, was für dich wichtig ist, bist du. Wie es mir geht und was mit meinen Wünschen ist, interessiert dich gar nicht!«

»Ach ja?« Lukas wurde rot im Gesicht. »Dann pass mal auf, ich werde dir erzählen, wer hier ignorant ist.« Er trank den restlichen Flascheninhalt aus und riss die Kühlschranktür auf.

Sofie machte einen Satz in seine Richtung, um ihn daran zu hindern, eine weitere Flasche zu holen.

»Wage es nicht, meine Liebe.«

»Nenn mich nicht so.« Sofies Augen funkelten. »Du weißt, dass ich das nicht leiden kann.«

»Ach? Das können wir also nicht leiden, was, meine Liebe?«

»Lukas!« So durfte er sie nicht nennen. Sofie fühlte, wie sie innerlich zu kochen begann.

»Weißt du, was ich nicht leiden kann? Deine permanente Bevormundung. Du bist nicht meine Mutter.« Er lehnte sich mit einem Arm an den offenen Kühlschrank und imitierte eine Frauenstimme. »Lukas, iss bitte deinen Salat. Lukas, trink deinen Brennnesseltee, der ist gut für die Spermienbildung. Lukas, trag nicht so enge Hosen.« Seine Stimme wurde von Satz zu Satz lauter. »Lukas, mach dies. Lukas, mach das.« Er beugte sich vor und zischte sie an: »Lukas, komm ins Bett, mein Terminkalender sagt, es ist Zeit zum Vögeln.«

»Aber so schlimm bin ich gar nicht.« Sie ballte die Fäuste.

Lukas holte ein weiteres Bier aus dem Kühlschrank und öffnete es. »Nein, du bist noch schlimmer, meine Liebe. Mein Leben ist die reinste Hölle.«

Das war zu viel! »Dein Leben ist die Hölle? Deins?«, brüllte sie. »Ich tue seit Jahren alles dafür, damit ich schwanger werde. Ich esse gesund, ich trinke nicht, ich mache Sport, ich nehme alles, was es auf dem Markt an Nahrungsergänzungsmittel gibt, um eine gute Basis für eine Befruchtung zu schaffen. Und du? Du scheißt auf alles! Und nenn mich nicht ›meine Liebe‹! Du weißt, dass ich das hasse.«

Lukas sah sie kühl an. Je lauter sie wurde, desto gelassener wirkte er.

»An mir liegt es nicht. Sondern an dir und deiner Ignoranz. Ich und mein Wunsch sind dir absolut egal! Du bist der wunde Punkt, du bist der Grund, warum es nicht klappt. Bei dir kommt doch nur heiße Luft!« Sofie verstummte abrupt. Das hatte sie nicht sagen wollen, doch jetzt war es raus.

Lukas lächelte sie an und überhörte die letzten Sätze galant. »Richtig, meine Liebe. Du und dein Wunsch.« Er drehte sich um und ging Richtung Wohnzimmer. »Ich trinke jetzt in Ruhe mein Bier. Du kannst dir ja in der Zwischenzeit jemanden suchen, der es besser draufhat als ich und dir endlich ein Kind macht.«

Sofie verstummte. Verdammte Scheiße! Wie hatte sie so etwas sagen können?

Sie wischte sich die Tränen aus den Augen. Das war unfair gewesen. Aber warum provozierte er sie dermaßen und nannte sie zu allem Überfluss ›meine Liebe‹? Wie sie das verabscheute. Ihre Mutter hatte sie so genannt. Wenn sie sich stritten, dann wurde Sylvia Wellner sarkastisch. Gegen Sarkasmus war Sofie nicht angekommen, und wenn ihre Mutter sie so weit hatte, dass sie während eines Streits aus Verzweiflung fast weinte, dann sagte sie: »Ach, packen wir jetzt wieder die Krokodilstränen aus? Das zieht nicht, meine Liebe.« Oder: »Merkst du eigentlich, dass du dich mit deinem Verhalten lächerlich machst, meine Liebe?« Diese Ansprache setzte allem die Krone auf und führte auch heute bei ihr zu einer Art Übersprunghandlung.

Sie schenkte sich ein Glas Wasser ein und trank es in der Hoffnung aus, das miese Gefühl gleich mit hinunterzuspülen. Wie hatte Lukas so etwas sagen können? Einen anderen suchen, der es besser draufhatte als er … So ein Quatsch. Sie wusste, dass Lukas es nicht so gemeint hatte. Er würde sie nie mit einem anderen Mann ins Bett gehen lassen. Und unerfüllter Kinderwunsch hin oder her, nie hätte sie Lukas dafür betrogen und ihm ein Kind untergeschoben.

Sie füllte ihr Glas erneut, während sie einen Blick auf die ungesunden Tuc-Kekse warf. Sie zuckte mit den Schultern, nahm die Packung Cracker von der Arbeitsplatte und folgte Lukas ins Wohnzimmer.

Er saß auf dem Sofa und hielt die Fernbedienung in der Hand, während er sein Bier trank.

Hauptsache, der Fernseher funktioniert. Sie stellte das Glas auf den dunklen Wohnzimmertisch und setzte sich gerade in ihren Lieblingssessel, als sie Socke ins Wohnzimmer schleichen sah. Ihre Hand nach unten haltend schnalzte sie mit der Zunge, um ihn zu locken, aber der Kater ließ sich nicht ködern. Vorsichtig ging er durch den Raum und schnüffelte akribisch den Teppich ab.

Seufzend warf sie einen Blick in Lukas’ Richtung, doch der ignorierte sie weiter. Sie verknotete ihre Beine zu einem Schneidersitz, dann wischte sie sich die verschwitzten Handflächen an den Leggins ab. Es war Januar und verdammt kalt draußen. Deshalb hatte sie einen Wollpulli und dicke Socken angezogen, die ihr jetzt viel zu warm erschienen. Sie überlegte, wie sie die Wogen wieder glätten könnte, und schob sich einen Cracker in den Mund, als es an der Tür klingelte.

Socke rannte wie vom Blitz getroffen aus dem Raum. Seine Krallen gruben sich in den Treppenläufer, als er nach oben in das ihm vertraute Terrain schoss.

»Verdammt! Kann man nicht mal in Ruhe fernsehen?« Lukas stand auf und verließ das Wohnzimmer. Sofie hörte, wie er die Haustür öffnete und einen Augenblick später nach ihr rief.

Im Flur bot sich ihr ein unpassendes Bild. Ihr missgelaunter, mit Jogginghosen bekleideter Lukas stand neben einem extrem smart aussehenden Mann. Gekleidet in eine dunkle Hose, eine gefütterte, sportliche Lederjacke und mit einem Strickschal um den Hals sah er sehr gepflegt aus. Mit diesem Outfit ließ er Lukas wie einen Fremdkörper in dem großzügigen Flur wirken. Es sah fast aus, als gehörte der Fremde zum Inventar.

Mr. Strickschal ließ Lukas in der Tür stehen und trat einen Schritt auf sie zu. Mit einer entschuldigenden Geste verbeugte er sich dezent und streckte ihr dann mit der anderen einen Strauß Blumen entgegen.

»Bitte verzeihen Sie, dass ich störe. Sie haben bestimmt einen anstrengenden Tag hinter sich. Mein Name ist Gunnar Freyberg und ich wollte Sie hier bei uns in der Straße willkommen heißen. Ich bin ihr Vermieter und hoffe auf eine gute Nachbarschaft.«

Sofie streckte ihm die Hand entgegen. »Ich bin Sofie Wellner und das ist mein Mann Lukas Leutner.« Sie nickte in Lukas’ Richtung.

Der Mann ergriff ihre Hand, sein Händedruck war angenehm warm und sein Lachen strahlte.

Sie nahm den Strauß mit einem verlegenen Lächeln entgegen. »Das ist wirklich lieb von Ihnen. Möchten Sie kurz reinkommen? Sie dürfen nur kein Problem mit einem Durcheinander haben.« Sofie hoffte inständig, dass er Nein sagen würde, denn sie hatte ein Problem damit, wenn er ihr Chaos in Augenschein nehmen würde. Lukas’ Blick in ihre Richtung sprach Bände. Der Besuch des Vermieters war das Allerletzte, was er jetzt wollte.

»Nein, nein, Sie haben bestimmt einen anstrengenden Umzug hinter sich, gerne ein anderes Mal.« Er lachte Sofie noch immer freundlich an.

Was für schöne Augen, dachte sie. Sie waren so dunkel wie sein braunes, volles Haar. Ihr Deutschlehrer in der achten Klasse hatte ebenfalls so dunkle Augen gehabt und war ein Traum von einem Mann gewesen. Alle Mädchen hatten ihn heimlich angehimmelt und vor Unterrichtsbeginn schmachtend in der Klasse gesessen. Niki, die einen Jahrgang über ihr gewesen war, hatte ihn in Biologie gehabt und war überzeugt gewesen, dass es keinen anderen Mann geben würde, mit dem sie jemals ein Kind haben wollte. Sofie wiederum hatte es gereicht, wenn er sie ansah. Wenn sie aus einer Aufgabe nicht schlau wurde und er sich vor ihren Tisch hockte, um das Problem zu erläutern, hatte sie permanent genickt. Etwas von seinen Worten wahrgenommen, geschweige denn sie verstanden, hatte sie nie.

»Darf ich Sie zum Kaffee einladen? Ich könnte uns einen Kuchen backen«, hörte sie sich sagen.

»Wenn es Ihnen keine Umstände bereitet, dann gerne.«

Lukas’ Blick traf sie wie ein Blitz über die Schulter des Fremden und sie versteifte sich.

»Wenn wir die Wohnung eingerichtet haben und es hier etwas gemütlicher ist, werde ich mich bei Ihnen melden.«

Gunnar Freyberg nickte, drehte sich abrupt zu Lukas, machte einen geschmeidigen Schritt auf ihn zu und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich lasse Sie jetzt Ihren Feierabend genießen und freue mich auf eine Einladung zum Kaffee – von Ihnen beiden natürlich.«

Er trat nach draußen und drehte sich auf der Schwelle für eine Verabschiedung um. »Herr Leutner.«

Lukas ergriff seine ausgestreckte Hand zum Abschied.

»Frau Wellner.« Gunnar Freyberg deutete eine Verbeugung in ihre Richtung an und sah ihr in die Augen.

Sofie übermannten gemischte Gefühle, er schmeichelte ihr und trotzdem löste es Unbehagen aus.

»Haben Sie einen wunderschönen Abend und verbringen Sie eine tolle erste Nacht im neuen Haus.«

Sie errötete.

»Was man in der ersten Nacht träumt, geht in Erfüllung.« Ohne eine Reaktion der beiden abzuwarten, drehte er sich um und schritt den Weg zum Gartentor hinunter.

Lukas schloss die Tür etwas zu schwungvoll und schnaubte. »Was bildet der sich ein? Hat er dich gerade angegraben? Ich glaub, ich spinne!«

»Wie kommst du denn darauf? Er wollte doch nur nett sein.« Sie warf einen Blick auf den Strauß in ihrer Hand. Es waren weiße Lilien. Von Lukas hatte sie schon ewig keine Blumen mehr bekommen.

»Nett sein? Das findest du nett? Ich fand den Auftritt grenzwertig und du lädst ihn auch noch zum Kaffee ein!«

Sofie ignorierte sein Gezeter. Eben sollte sie sich noch jemand anderen suchen und jetzt spielte er den Eifersüchtigen.

Er rauschte an ihr vorbei und nahm seinen Platz vor dem Fernseher ein.

Die Blumen mussten ins Wasser, aber es war sinnlos, in dem Chaos nach einer Vase zu suchen. Sie ließ Wasser in das Spülbecken laufen, stellte den Strauß hinein und folgte Lukas ins Wohnzimmer. Ihre Wut war wie weggeblasen. Sie war nur froh, dass er morgen wieder in der Kaserne war und sie ihren freien Tag allein genießen konnte.

Kapitel 2

Sofie räkelte sich in dem großen Doppelbett, das sie bereits für sich allein hatte, und gähnte lautstark. Socke stand auf, kam vom Fußende zu ihr hochgetapst und putzte ihr liebevoll das Kinn.

Lachend schob sie den Kater sanft von sich weg. »Lass das! Du mit deiner rauen Zunge, das ist schlecht für meinen Teint.« Sie streichelte ihn und kraulte seine Ohren, was er mit einem lauten Schnurren bestätigte. Nach ein paar Minuten legte er sich an ihre Schulter und fing leise an zu schnarchen. Sofie seufzte. Sie liebte es, mit ihrem Kater kuschelnd im warmen Bett zu liegen. Sie streichelte unbewusst ihren Bauch, doch als sie registrierte, was sie tat, versetzten ihr die aufkommenden Bilder einen schmerzhaften Stich ins Herz. Immer und immer wieder dachte sie an den Tag bei ihrer Frauenärztin zurück. In Zeitlupe hatte Dr. Bollner ihre Brille abgesetzt und Sofie über den Schreibtisch hinweg traurig angesehen. »Ich muss Ihnen etwas mitteilen, Frau Wellner. Das Kind hat sich nicht weiterentwickelt, das Herz schlägt nicht mehr.«

Sofies Welt stand mit einem Mal still. Sie sah, dass die Ärztin mit ihr sprach, aber es war ein Stummfilm. Prospekte mit werdenden Müttern und kleinen Kinderfüßen auf dem Schreibtisch vor ihr – und ihr Kind war tot. So tot wie ihre Gefühle in diesem Moment. Sie wartete darauf, dass das große Loch sich öffnen würde oder sie einen hysterischen Anfall bekäme, doch nichts dergleichen geschah. Als sie nach einem ausgiebigen Gespräch mit der Ärztin die Praxis verließ und die belebte Fußgängerzone betrat, war es wie ein Schritt in eine andere Welt. Wie konnten sie alle weiterhin ihren Aufgaben nachgehen? Einkäufe tätigen, Kaffee trinken, lachen? Sofie wollte sie anschreien, dass sie aufhören sollten. Ihr Kind war tot und sie erwartete ein Mindestmaß an Respekt.

Sie schrie nicht. Sie machte sich zu Fuß auf den Heimweg. Es fing an zu regnen, und als sie zu Hause ankam, war sie nass bis auf die Haut. Sie hatte sich, so wie sie war, ins Bett gelegt und Lukas hatte sie einige Stunden später gefunden. Sofie hatte lange geglaubt, die Taubheit würde nie verschwinden, aber irgendwann war sie gegangen und hatte dem Schmerz Platz gemacht, dem beißenden Schmerz, der sie heimsuchte, wenn sie an den Verlust dachte.

Sie schüttelte den Kopf. »Schluss jetzt. In der Vergangenheit festhängen hilft auch nicht.« Sie holte ein paarmal tief Luft, um dem Druck in der Brust entgegenzuwirken, streckte sich ausgiebig und schlug die Decke zur Seite, um die Beine aus dem Bett zu schwingen. Ihre Zehen gruben sich in den weichen, hochflorigen Teppichboden. Was für ein Luxus, dachte sie, küsste Socke abschließend auf den Kopf und schlenderte ins Bad.

Eine halbe Stunde später stand sie in der Küche und bereitete sich einen Kaffee zu. Ein Morgen ohne Kaffee war für Sofie kein Morgen, sondern ein Zustand. So richtig in Fahrt kam sie erst nach dem zweiten. Sie sah auf ihr Smartphone. Halb neun, eine gute Zeit, um Niki anzurufen. Die war mit Sicherheit schon seit sechs auf den Beinen und seit sieben an ihrem Laptop, um ihr Business voranzutreiben, wie sie selbst immer sagte.

Sofie wählte und einen Augenblick später meldete Niki sich mit einem knappen ›Ja‹.

»Hey Zuckerpuppe, ich bin es. Ich dachte, du könntest eine Pause gebrauchen.«

»Guten Morgen, Süße! Ja, du hast recht, mir ist schon der Hintern eingeschlafen. Wie geht es dir? Hast du gut geschlafen?«

»Ja«, sagte Sofie und das war eine glatte Lüge. Sie war mehrfach in der Nacht orientierungslos aufgewacht, hatte in den Zeiten dazwischen schlecht geträumt, und als Lukas aufgestanden war, hatte sie so getan, als schliefe sie, nur um ihm aus dem Weg zu gehen. »Und du so? Was macht das Geschäft?«

»Ich arbeite gerade an einem neuen T-Shirt-Design. Läuft gut, würde ich sagen.«

Niki war gelernte Mediengestalterin, hatte sich aber vor einigen Jahren in den Kopf gesetzt, Designerin zu werden. Und so gestaltete sie tagein tagaus T-Shirts, Jacken, Jeanshosen, Handyhüllen und vieles mehr. Das meiste verkaufte sie in großen Mengen über entsprechende Internetseiten und die Einzelstücke, die sie entwarf, waren in Sofies Augen der absolute Hammer. Vor ein paar Monaten hatte sie eine mit Swarovski-Steinen besetzte Lederjacke für über tausend Euro an einen Yuppie verkauft. Sofie erkannte neidlos an, dass Niki es draufhatte. Wenn sie mit ihren Bildern bloß auch so durchstarten könnte!

»Und bei dir so?«, fragte Niki.

Sofie trank von ihrem Latte und hätte sich vor Aufregung fast den Mund verbrannt. »Du wirst nicht glauben, was hier gestern los war.«

»Lass mich raten, ihr habt euch gestritten?«

»Ja, auch, aber das ist es nicht, was ich dir erzählen wollte.« Sofies Stimme quietschte wie eine schlecht geölte Türangel. »Unser Vermieter war gestern Abend noch hier, um sich vorzustellen.«

»Das ist nicht dein Ernst!« Niki klang entsetzt. »Na, das geht ja gut los. Ich sag dir, der will im Sommer die Rasenlänge kontrollieren und prüfen, ob du regelmäßig die Fenster putzt.« Sie schnaubte ins Telefon. »Und was ist das für einer? Bestimmt so ein alter, reicher Knacker mit einem Wackeldackel auf der Hutablage und einer Kopfbedeckung mit Speckrand an der Hutkrempe. Huaaaa …«

Sofie hörte, wie sich Niki am anderen Ende der Leitung vor Ekel schüttelte, und lachte laut los. »Nein, nein, im Gegenteil. Ob er reich ist, kann ich nicht sagen, und etwas älter ist er tatsächlich, ich schätze so Anfang fünfzig, aber er ist sehr gepflegt und er hat Stil. Er hat mir Blumen mitgebracht.«

Niki pfiff anerkennend. »Ein Mann mit Manieren, das trifft man selten. Und wie sieht er aus?«

Sofie überlegte und seufzte dann ins Telefon. »Kannst du dich an den Andres erinnern? Den Lehrer unserer Schule?«

»Was ist denn das für eine Frage? So einen Typen vergisst man nie wieder, da wird mir heute noch warm im Höschen, wenn ich an den denke. Der hat mich mit seinen braunen Augen jedes Mal in eine Trance befördert.«

»An den und seine Augen musste ich sofort denken, als Herr Freyberg bei uns im Flur stand.«

»Hat er die gleichen Augen?«

Sofie grinste. »In den Augen kannst du genauso versinken wie in denen von dem Andres. Traumhaft schön.« Sie seufzte und schilderte den gestrigen Besuch.

»Okay«, sagte Niki, nachdem Sofie mit ihrer Erzählung fertig war. »Und was war jetzt gestern noch mit Lukas los?«

Sofie rieb sich die Nasenwurzel. »Ach, wir haben uns gestritten. Ich habe das Gefühl, dass es immer schlimmer wird.« Sie massierte sich die Augäpfel.

»Sofie, jetzt lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen!«

»Was willst du hören? Es begann mit seinem ständigen Biertrinken, ging über in gegenseitige Anschuldigungen und endete damit, dass ich ihm vorgeworfen habe, er sei schuld, weil bei ihm nur Luft kommt.«

Niki pfiff anerkennend durch die Zähne. »Respekt, das hat bestimmt gesessen.«

»Ja, ich hab ihn damit wahrscheinlich sehr verletzt. Er hat mich stehen lassen mit den Worten, dass er jetzt sein Bier trinkt und ich mir jemanden suchen soll, der mich schwängert.«

»So hat er das gesagt?«

»Na ja, so ähnlich.«

»Hey, das ist doch super! Vielleicht solltest du doch noch mal mit Tobi sprechen und ihn auf sein Angebot festnageln.«

Nikis Bruder hatte Sofie schon vor einigen Jahren vorgeschlagen, sich als Samenspender zur Verfügung zu stellen. Er sagte, so würden es viele lesbische Paare machen. Sie suchten sich einen schwulen Mann und der spendete sein Sperma. »Dann ab in die Spritze, einführen und Kopfstand«, das waren seine Worte gewesen.

»Sofie«, sagte Niki, »ich helfe dir auch. Wäre doch gelacht, wenn wir dich nicht schwängern könnten.«

»Niki bitte, ich will das so nicht.« Der Gedanke an diese Vorgehensweise irritierte sie mehr als die Vorstellung, dass ihr Kind in einer Petrischale gezeugt wurde. »Lukas und ich sind verheiratet und der einzige Mann, der als Vater infrage kommt, ist mein Ehemann. Keine Diskussion!« Sofie nahm zu schwungvoll einen Schluck von ihrem Kaffee. Etwas schwappte über den Rand, lief ihr Kinn hinab und landete auf ihrem weißen Oberteil. »Ach Mist!«

»Warum fluchst du?«

»Ich hab Kaffee auf der weißen Bluse. Niki, ich muss Schluss machen und den Fleck rauswaschen, sonst kann ich das gute Stück entsorgen. Arbeite nicht zu viel. Kuss!«

»Kuss zurück, Schätzchen. Wir hören voneinander.«

Sofie legte auf und eilte ins Bad. Sie ließ kaltes Wasser ins Becken laufen, zog die Bluse aus, rieb Seife auf den Fleck und weichte das Oberteil ein. Im Schlafzimmer zog sie einen Pullover aus einem der Kartons und setzte sich neben Socke auf das Bett. Sie kraulte dem Kater das Ohr, was er mit einem entspannten Räkeln quittierte, und beobachtete ihn liebevoll. Sie hatte ihn schon fast zwölf Jahre. Damals hatte ihre Nachbarin Carmen aufgelöst vor der Tür gestanden. »Sofie? Kannst du mir helfen?«

Carmen sah aus wie ein Häufchen Elend und Sofie zog sie nickend in ihre Wohnung.

»Was um Himmels willen ist denn passiert?«

Carmen öffnete die Jacke und zum Vorschein kam ein winziges Fellbündel, das sie aus zwei glasigen Augen anguckte. Die kleine Katze sah noch schlechter aus als ihre Überbringerin.

»Sie lag auf dem Supermarktparkplatz, hinter dem Glascontainer. Wenn mir mein Kassenbon nicht weggeflogen und ich nicht hinterhergelaufen wäre, hätte ich sie gar nicht gefunden.« Jetzt brach sie in Tränen aus. »Die Katze lag zwischen ihren toten Geschwistern!«

»Oh mein Gott!«, flüsterte Sofie und betrachtete das mickrige Bündel.

»Ich kann sie nicht zu mir nehmen. Magda würde sie zum Frühstück verspeisen.«

Magda war Carmens Bulldogge. Ein sehr liebes Tier und absolut freundlich, außer wenn es um Katzen ging.

»Ich nehm sie!«, entschied Sofie sofort und fand sich eine Stunde später im Behandlungszimmer des Tierarztes wieder.

Es stellte sich heraus, dass die Katze ein Kater war, zu jung, zu klein, Überlebenschancen gering. Doch Sofie gab alles und der Lohn ihrer Bemühungen lag nun freudig schnurrend bei ihr auf dem Bett.

Sie warf einen Blick auf die Kartons. »Wo fang ich bloß an? Katze müsste man sein. Dich juckt nicht, wie es hier aussieht und wie der ganze Kram an seinen Platz kommt, stimmt’s?« Sie gab Socke einen Kuss auf die Stirn. Er angelte nach ihren Haaren und machte eine Rolle seitwärts, um gemütlich weiterzudösen.

Mit einem Seufzen verließ sie das Schlafzimmer und ging in ihr Atelier. Hier starte ich, beschloss sie und öffnete den ersten Karton.

 

Eine Stunde später waren die meisten Utensilien in den Schränken verstaut und sie sah sich unschlüssig um. Entschlossen griff sie nach einer weißen Leinwand, stellte sie auf die Staffelei und holte ihre Acrylfarben hervor. Sofie platzierte ein paar dicke Kleckse Farbe auf der Palette, tunkte den Pinsel in ein leuchtendes Karminrot und begann zu malen. Heute mal aus dem Bauch heraus, ohne Skizze, ohne Plan.

Wann war das Leben so kompliziert geworden?

Mit kräftigen Pinselstrichen verteilte sie die Farbe gekonnt auf der Leinwand. Wenn das Leben doch nur wie ein Gemälde wäre – alles war, wie man es möchte, und wenn etwas nicht gut war, dann korrigierte man es oder malte einfach drüber.

Sofie drückte einen großen Klecks Schwarz auf die Palette und wirbelte mit dem Pinsel über das Bild.

Sie wollte doch nur in einer harmonischen, liebevollen Familie leben. All das haben, was sie ihre ganze Kindheit vermisst hatte. Früh waren sie und ihre kleine Schwester auf sich allein gestellt gewesen. Genau genommen war es ihre Halbschwester, denn sie hatten nicht den gleichen Vater, aber das machte für Sofie keinen Unterschied.

Sofie versorgte Isabell so gut, wie es nur ging. Sie kümmerte sich darum, dass Isi pünktlich in die Schule kam, etwas zum Essen mitnahm und nach dem Mittag half sie ihr bei den Hausaufgaben. Wenn Isi traurig war, tröstete Sofie ihre Schwester, und wenn es ihr selbst schlecht ging, strich Isis kleine Hand über ihre Wange und sie sagte: »Sei nicht traurig, du bist die beste Mamaschwester der Welt.«

Trauer breitete sich in Sofie aus und sie ließ den Pinsel sinken. Sie vermisste ihre Schwester so sehr.

Sie seufzte und blinzelte die Tränen weg, um weitermalen zu können.

Wenn sie Lukas verlassen würde, dann wäre ihr Lebensziel ein für alle Mal geplatzt. Im Februar würde sie 36 Jahre alt werden und das war definitiv zu alt für einen Neustart. Abgesehen davon waren sie erst gestern in dieses Haus gezogen. Nur ein völlig Wahnsinniger würde in einer solchen Situation alles über den Haufen werfen. Und wenn er keine Familie wollte, warum hätte Lukas mit ihr umziehen sollen?

 

Um halb neun hörte Sofie endlich, wie die Haustür ins Schloss schnappte. Das wurde auch Zeit! Sie hatte am Nachmittag beschlossen, dass ein gemeinsames Essen ein guter Start für einen kuscheligen Abend im neuen Haus war, und frische Lebensmittel eingekauft. Danach hatte sie über zwei Stunden in der Küche gestanden, um das Abendbrot zuzubereiten. Das Steak, das sie Lukas zum Auflauf braten wollte, lag geduldig im Kühlschrank und wartete auf seinen Einsatz.

Das restliche Essen war schon vor Stunden fertig gewesen. Der Salat bildete in der Glasschüssel nur noch einen traurigen Haufen, der Gemüseauflauf war kalt und der Käsedeckel hart. Wenn man ihn jetzt erneut aufwärmte, schmeckte er nur halb so gut und war bei Weitem nicht mehr so gesund.

Sofie ärgerte sich, dass Lukas sich nicht gemeldet hatte. Er hätte wenigstens Bescheid sagen können. Wo war er überhaupt gewesen? Denn Überstunden waren in der Kaserne momentan nicht üblich.

Sie ging in den Flur, lehnte sich mit verschränkten Armen in den Türrahmen und beobachtete Lukas beim Ausziehen der Schuhe. Er kam hoch, sah sie und fragte: »Ist was?«

»Soll was sein?«

»Kein Plan. Was stehst du da so rum?«

»Wo kommst du jetzt her?«

Er wollte sich wortlos an ihr vorbei in die Küche drängeln.

»Bekomme ich keinen Kuss?«

Lukas beugte sich schnell zu ihr rüber und berührte flüchtig ihre Wange. Sie nahm es sofort wahr. Bier. Der Geruch hatte die gleiche Wirkung bei ihr wie ein Funken bei einer Benzinwolke. Es kostete sie Mühe, nicht auf der Stelle auszuflippen. Reiß dich zusammen, Sofie. Nicht schon wieder Streit, dachte sie. Im Geiste bis fünf zählend ging sie hinter Lukas her, der durch die Küche ins Wohnzimmer verschwunden war. Sie hörte den Fernseher laufen. Er saß auf dem Sofa, mit der einen Hand hielt er die Fernbedienung, mit der anderen kraulte er Socke, der neben ihm döste.

Sie beobachtete ihn einen Augenblick, doch er reagierte nicht auf sie. Sofie drehte sich um und marschierte in die Küche. »Ich mach uns das Essen warm«, sagte sie versöhnlich.

»Ich hab keinen Hunger.«

Sie hielt inne. »Wie? Du hast keinen Hunger?« Er musste das Misstrauen, das in ihrer Stimme schwang, hören.

»Ich hab halt keinen Hunger.«

»Du willst mir doch jetzt nicht erzählen, dass du noch satt bist vom Mittag. Es ist weit nach acht.«

Lukas schwieg und das machte sie rasend.

»Was ist? Hast du dich heute Abend flüssig ernährt?«

Wie ein Flummi sprang er in die Höhe. Seine Laune fiel ins Bodenlose und er funkelte sie böse an. »Na, sind wir wieder so weit?«

»Wie? Sind wir wieder so weit für was?«

»Willst du mir jetzt wieder Vorwürfe machen, nur weil ich mit Marcel noch ein Bier getrunken habe?«

Es war ihr unbegreiflich, wie sie in letzter Zeit ständig in diese Streitigkeiten schlitterten. Doch sie wusste, dass sich dieser nicht mehr vermeiden ließ. Lukas war so ein Egoist! »Ich stehe den ganzen Abend in der Küche und mache Essen für uns und du besitzt nicht mal den Anstand, Bescheid zu sagen, dass es später wird!« Sie riss einen Löffel aus der Schublade, beförderte einen Teil des Auflaufs mit einem Klatschen in eine Pfanne und stellte den Herd an. Wie eine Besessene rührte sie in dem Essen und versuchte krampfhaft, sich nicht auf die Spannung zwischen ihnen zu konzentrieren.

»Woher soll ich bitte schön wissen, dass du heute kochst?«

Sofie knallte den Löffel in die Pfanne. »Willst du mich auf den Arm nehmen? Ich mache doch immer warmes Abendbrot für uns.« Sie starrte auf den Auflauf.