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Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. Ein älterer Herr im Sommerurlaub. Er erlaubt sich zum Zeitvertreib ein Spiel: Wie Cyrano de Bergerac schreibt er einer Hotelnachbarin Liebesbotschaften im Namen eines unbekannten Verehrers. Genussvoll beobachtet er, wie sich im Mädchen das erste Begehren regt. Der Beginn der Liebe in Stefan Zweigs Erzählungen ist eher unscheinbar und zufällig. Wenn jedoch der Keim gepflanzt ist, wuchern die Leidenschaften im Geheimen und entwickeln eine Sogkraft, der sich keiner entziehen kann.
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Seitenzahl: 28
Veröffentlichungsjahr: 2012
Stefan Zweig
Erzählungen
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
Reihengestaltung: bilekjaeger
Covergestaltung: Ingrid Lutterbeck
Coverabbildung: Archiv S. Fischer Verlag
Unsere Adresse im Internet: www.fischerverlage.de
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Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
ISBN 978-3-10-402353-3
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Sommernovellette
Anhang
Editorische Notiz
Daten zu Leben und Werk
Stefan Zweig
Den Augustmonat des vergangenen Sommers verbrachte ich in Cadenabbia, einem jener kleinen Orte am Comer See, die dort zwischen weißen Villen und dunklem Wald so reizvoll sich bergen. Still und friedsam wohl auch in den lebendigeren Tagen des Frühlings, wenn die Reisenden von Bellagio und Menaggio den schmalen Strand beschwärmen, war das Städtchen in diesen warmen Wochen eine duftende, sonnenbeglänzte Einsamkeit. Das Hotel war fast ganz verlassen: ein paar versprengte Gäste, jeder dem andern durch die Tatsache merkwürdig, sich so verlorene Stelle zum Sommeraufenthalt erwählt zu haben, wunderten sich jeden Morgen, den andern noch standhaft zu finden. Am erstaunlichsten war dies mir bei einem älteren, sehr vornehmen und kultivierten Herrn, der – dem Aussehen nach ein Mitteltypus zwischen korrektem englischem Staatsmann und einem Pariser Coureur –, ohne zu irgendwelchem Seesport Zuflucht zu nehmen, den Tag damit verbrachte, den Rauch von Zigaretten sinnend vor sich in der Luft zergehen zu sehen oder ab und zu in einem Buche zu blättern. Die drückende Einsamkeit zweier Regentage und sein offenes Entgegenkommen gaben unserer Bekanntschaft rasch eine Herzlichkeit, die der Jahre Ungleichheit fast ganz überbrückte. Livländer von Geburt, in Frankreich und später in England erzogen, berufslos seit je, ohne ständigen Aufenthalt seit Jahren, war er heimatlos in dem edlen Sinne derer, die, Wikinger und Piraten der Schönheit, aller Städte Kostbarkeiten im räuberischen Flug in sich versammelt haben. Dilettantisch war er allen Künsten nahe, aber stärker als die Liebe war seine vornehme Verachtung, ihnen zu dienen: er dankte ihnen tausend schöne Stunden, ohne ihnen eine einzige schöpferischer Not gewidmet zu haben. Er lebte eines jener Leben, die überflüssig scheinen, weil sie sich keiner Gemeinsamkeit einketten, weil all der Reichtum, den tausend einzelne kostbare Erlebnisse in ihnen aufgespeichert haben, mit ihrem letzten Atemzug unvererbt zerrinnt.
