Sophias Geheimnis - Katja Kruckeberg - E-Book + Hörbuch

Sophias Geheimnis E-Book und Hörbuch

Katja Kruckeberg

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Beschreibung

»Katja Kruckeberg inspiriert mit "Sophias Geheimnis" zu einem kraftvollen Leben, fernab von Selbsthilfe-Klischees.«Marlen Gaida, Chefreporterin People & Lifestyle, Funke Mediengruppe   »Hin und wieder kommt ein Buch auf den Markt, das anders ist unddie Art und Weise beeinflusst, wie Bücher geschrieben werden. Fesselnd undprägnant«Marco Bode, Autor, Podcaster, Unternehmer,TV-Produzent, Fußball-Europameister   Stell dir vor, es gäbe eine Bank, in der die Menschen nicht ihr Geld, sondern ihre Lebenszeit anlegen könnten, um ein glückliches, gesundes undlanges Leben zu führen. Genau davon erfährt Sophia nach einer Begegnung mit dem alten Bankier Leonardo am Flughafen von San Francisco. Von diesem Tag an erhält sie regelmäßig Briefe, in denen Leonardo ihr von seinen Reisen um die Welt mitseiner Frau Barbara erzählt, immer auf der Suche nach dem Geheimnis eines gesunden und gelingenden Lebens.  Und noch bevor die Geschichte eine unerwartete Wendung nimmt und LeonardosGeheimnis immer mehr auch zu Sophias Geheimnis wird, spürt die junge Frau aus Berlin plötzlich die Kraft in sich, all das zu ändern, was sie vorher zurückgehalten hat.   »Aufschlussreich, charmant und voll von den großen Fragen des Lebens – dieses Buch verdient es, ein Klassiker zu werden.«Prof. Carola Hillenbrand, PhD, Psychologin und Autorin (u.a. Harvard Business Manager), UK  Dieser Cross-Genre Roman begleitet Dich ... - Beim Nachdenken, über das was in Deinem Leben wirklich wichtig ist  - Beim Verstehen und Setzen von Prioritäten in Deinem Leben aus einer übergeordneten Lebensperspektive.  - Bei der Entwicklung eines Growth-Mindset – welches Dir hilft auch schwierige und komplexe Aufgaben mit mehr Leichtigkeit und Energie anzugehen. - Bei der Reflexion darüber, wie Du Dein emotionales, mentales und körperliches Wohlbefinden positiv beeinflussen kannst.  - Beim Entdecken und Pflegen deines ´Ikigais´. - Bei der Stärkung deines Selbstvertrauens und dem Gefühl, Dein Leben auch in schwierigen Phasen selbst mitgestalten zu können und in die Hand zu nehmen.  - Bei der Praxis von Achtsamkeit und der Entwicklung von mehr Resilienz für Deinen Alltag.   

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Seitenzahl: 294

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Zeit:7 Std. 13 min

Veröffentlichungsjahr: 2024

Sprecher:Charlotte PuderThomas Dehler

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Sophias Geheimnis

EIN ROMAN ÜBER DAS, WAS IM LEBEN WIRKLICH ZÄHLT

SCORPIO

Hinweis

Bei diesem Roman handelt es sich um ein fiktives Werk. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Gespräche sind entweder das Produkt der Fantasie der Autorin oder werden fiktiv verwendet.

Dies ist die Geschichte von Sophia, Leonardo und Barbara und zeigt die Welt aus ihren Augen und ihrer Zeit.

Dass in diesem Roman an vielen Stellen auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers verzichtet wird, schließt keine Menschenseele aus. Ganz im Gegenteil, es sind alle herzlich willkommen, ihre eigene Geschichte in diesem Buch zu finden und zu schreiben.

1. eBook-Ausgabe 2024

© 2024 Scorpio Verlag in der Europa Verlage GmbH, München

Umschlaggestaltung: David Wilhelm Werbeagentur, Zürich

Umschlagmotiv: Cristina Conti / trentemoller / Jacob_09 / natrot / Shutterstock.com

Lektorat: Ulla Rahn-Huber

Layout und Satz: Margarita Maiseyeva

Konvertierung: Bookwire

ePub-ISBN: 978-3-95803-620-8

Das eBook einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.

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Ansprechpartner für ProduktsicherheitEuropa Verlage GmbHMonika RoleffJohannisplatz 1581667 Mü[email protected]+49 89 18 94 [email protected]

Für meine Kinder

Jolanda und Julien

Liebe ist die Anwort.

»Was für ein herrliches Leben hatte ich!

Ich wünschte nur, ich hätte es früher bemerkt!«

– S.-GABRIELLE C. COLETTE

Inhaltsverzeichnis

1.Sophia: Eine kurze Begegnung

2.Leonardo: Das ungeschriebene Buch

3.Sophia: Über den Wolken

4.Sophia: Blauer Himmel über Berlin

5.Leonardo: Der wiedergefundene Mut

6.Sophia: Die Hoffnung

7.Leonardo: Die Bank des Lebens

8.Sophia: Bestandsaufnahme

9.Leonardo: Unsere Gesundheit

10.Sophia: Die Versuchung

11.Leonardo: Unsere Finanzen

12.Sophia: Lebensgeister

13.Leonardo: Unsere Psyche

14.Sophia: Mauern im Kopf

15.Leonardo: Unsere Arbeit

16.Sophia: Leidenschaft

17.Leonardo: Unsere Beziehungen

18.Sophia: Der Weg

19.Leonardo: Letzte Notizen

20.Sophia: Schnee in London

Bibliografie

Über die Autorin

Danksagung

— 1 —

Sophia: Eine kurze Begegnung

»An den Abzweigungen des Lebens stehen keine Wegweiser.«

– CHARLES SPENCER CHAPLIN

Würde es ihr helfen zurückzublicken, um zu verstehen, wohin sie wollte? Oder musste sie einfach vorwärtsgehen, um ihr Ziel zu erreichen? Sophia versuchte, die losen Strähnen ihres dunkelbraunen Haars wieder in den Knoten an ihrem Hinterkopf zu stecken, als sie plötzlich ihre eigenen Umrisse in einem Spiegel nicht weit von sich erblickte. Sie sah schnell weg. Wenn sie genauer hingeschaut hätte, hätte sie eine junge Frau mit einem feingliedrigen Gesicht, neugierigen grünen Augen, leicht verwischter Wimperntusche auf dem Wangenknochen und einem schönen, mit rotem Lippenstift betonten Mund gesehen.

Doch Sophia schaute nicht genauer hin. Stattdessen ging sie ein paar Schritte weiter und blieb dann wieder stehen. Nach fünf Tagen in San Francisco hatte sie es eilig, ihren Flug zurück nach Berlin zu bekommen, aber sie fühlte sich mit einem Mal so erschöpft, dass sie nicht klar denken konnte. Sie starrte auf die Abflugtafel an der gegenüberliegenden Wand, ohne die Informationen vollständig zu erfassen. Last Call Sydney, Boarding Buenos Aires, Boarding Hongkong, letzter Aufruf Amsterdam. Wenn sie sich jetzt nicht zusammenriss, würde sie noch ihren Flug verpassen.

Sie drehte sich abrupt um, als sie eine Stimme neben sich hörte. »Kann ich Ihnen helfen …?«

Überrascht schaute Sophia zur Seite. Sie hatte nicht bemerkt, wie der ältere, vornehm aussehende Mann neben sie getreten war. Irgendwie kam er ihr bekannt vor.

»Verzeihung?«, fragte sie zögerlich.

Der Mann lächelte sie auf eine gewinnende, unaufdringliche Art an.

»Sie schienen etwas zu suchen, und ich dachte, ich könnte Ihnen behilflich sein«, sagte er höflich.

»Das ist sehr aufmerksam von Ihnen. Ich muss meinen Flug nach Berlin erwischen, aber ich kann das Gate nicht finden.« Sie hob beide Hände, als ob sie sich entschuldigen wollte.

»Sind Sie sicher, dass Sie diesen Flug bekommen möchten?« Der alte Mann lächelte sie an.

Sophia begann über die Frage nachzudenken, ohne die Merkwürdigkeit der Situation zu erfassen. Seufzend stellte sie sich ihre leere und leider auch unaufgeräumte Wohnung in Berlin vor, die sie vor fast einer Woche verlassen hatte. Ein trauriges Bild. Doch dann kam sie zur Besinnung.

»Ja, unbedingt! Mein Flug geht in fünfzig Minuten.«

Sie warf dem weißhaarigen Mann einen prüfenden Blick zu. Er wirkte jetzt plötzlich älter als zuvor. Mit der rechten Hand auf der Brust schien er nach Luft zu schnappen.

»Geht es Ihnen gut?«

»Ja … Ja. Sie müssen dort drüben durch die Sicherheitskontrolle gehen. Ihr Gate befindet sich nach hundert Metern auf der linken Seite, direkt hinter dem Zoll. Der Flughafen ist nicht sehr voll. Ungewöhnlich für diese Uhrzeit. Sie werden Ihren Flug auf jeden Fall bekommen!«

Sophia atmete auf.

»Vielen Dank! Das ist sehr nett …«

»Gerne.« Der alte Mann blinzelte mit den Augen und öffnete den Mund, als wollte er etwas hinzufügen, doch es vergingen ein paar Sekunden, bevor er mit leiser Stimme sagte:

»Ich habe einen Brief für Sie. Ich weiß, das muss seltsam klingen. Ich war heute bei Ihrem Vortrag. Und ich habe mir Ihre Webseite und Ihre Bücher angeschaut. Auch in diesem Brief geht es um ein Buch. Ein ganz besonderes Buch.«

Er hielt kurz inne und wartete ab, wie Sophia reagieren würde, dann fuhr er hastig fort.

»Ich habe einen großen Fehler gemacht und dann viel Zeit vergehen lassen. Zu viel Zeit. Jetzt ist es fast zu spät.«

Der alte Mann hörte auf zu reden und sah nun vollkommen entkräftet aus. Sophia bemerkte, wie schwer es ihm fiel, die richtigen Worte zu finden. Für sie hatten sie trotzdem keinen Sinn ergeben. Sie mochte ihn, fühlte sich aber dennoch etwas unwohl dabei, so unvermittelt so persönlich angesprochen zu werden.

Der alte Mann schien ihr Unbehagen zu bemerken. Er richtete sich auf und lächelte sie warmherzig an.

»Ich weiß, das klingt nicht sehr plausibel. Noch nicht. Aber wenn Sie den Brief lesen, wird Ihnen alles viel klarer werden.«

Sophia wusste nicht, was sie sagen sollte. Die Zeit drängte, und sie musste ihren Flug erreichen. Ob sie diesen Brief entgegennehmen sollte? Nach großen Veranstaltungen, bei denen sie als Rednerin oder Moderatorin auftrat, wurde sie regelmäßig von Leuten angesprochen, die ihr Komplimente machen wollten. Manche eilten anschließend wie sie zum Flughafen oder Bahnhof, und es war ihr nicht fremd, erkannt zu werden, auch wenn sie in keiner Weise prominent war. Und trotzdem, sie zögerte und betrachtete noch einmal das Gesicht des alten Mannes. Die ausgeprägten Wangenknochen, die ehemals vollen Lippen, die kräftige und leicht gebogene Nase verliehen ihm eine männliche Ausstrahlung und erinnerten Sophia an die Skulpturen des klassischen Griechenlands. Er musste einmal sehr gutaussehend gewesen sein, dachte sie, und sie bemerkte, wie aufrichtig freundlich er wirkte. Als Coach und Psychologin war sie darin ausgebildet, Menschen innerhalb von Sekunden einzuschätzen. Und sie war sich sicher, dass dieser alte, vornehme Herr ein guter Mensch war, sie konnte es spüren.

»Ich hatte Ihnen den Brief auf der Konferenz geben wollen. Aber nach Ihrem Vortrag sagte mir Ihre norwegische Kollegin, Anicken, dass Sie bereits auf dem Weg zum Flughafen seien. Sie hat versucht, Sie anzurufen, aber Sie haben nicht abgenommen. Da beschloss ich, ein kleines Risiko einzugehen und zu sehen, ob ich Sie in der Nähe des Lufthansa-Schalters finden könnte. Mein Fahrer war so freundlich, mich hierher zu bringen.«

Er hielt ihr den Umschlag hin, den er die ganze Zeit in der rechten Hand gehalten hatte. »Der Brief wird alles erklären! Sie werden es nicht bereuen, ihn zu lesen. Das verspreche ich.«

Einen Moment lang rührte sich Sophia nicht. Sie fühlte sich etwas überrumpelt. Nervös schaute sie auf ihre Armbanduhr.

Doch dann streckte sie einem spontanen Impuls folgend die Hand aus und nahm den Brief entgegen.

»Folgen Sie Ihrem Herzen.« Der alte Mann lächelte. »Und fliegen Sie zurück nach Berlin, wenn es so sein soll.«

Mit dem Brief in der Hand wandte sich Sophia zum Gehen. »Danke. Wie heißen Sie denn eigentlich, wenn ich fragen darf?«

»Leonardo. John Leonardo.«

»Mein Name ist Sophia.« Ihr war das Ganze noch immer ein Rätsel.

»Ich weiß!« Der alte Herr lächelte erneut und fügte dann hinzu: »Sophia, machen Sie das Beste aus Ihrer Lebenszeit. Auf Wiedersehen. Gute Reise. Und vielen Dank!«

Sophia fühlte sich plötzlich hellwach. Schnellen Schrittes eilte sie in Richtung Zoll.

Etwa eine dreiviertel Stunde später, bequem im Flugzeug sitzend, nahm sie den Umschlag aus ihrer cognacfarbenen Handtasche und begann, den Brief zu lesen, der langsam, aber sicher ihr Leben verändern würde.

— 2 —

Leonardo: Das ungeschriebene Buch

»Alles, was wir zu entscheiden haben, ist, was wirmit der Zeit anfangen wollen, die uns gegeben ist.«

– J. R. R. TOLKIEN

Liebe Sophia,

der Gedanke, dass Sie diesen Brief bald in Händen halten werden, erfüllt mich mit einer Art Energie, wie ich sie seit dem Tag vor mehr als einem Jahr, an dem meine Frau Barbara bei einem tragischen Unfall ums Leben kam, nicht mehr gespürt habe. Tief in meinem Herzen bin ich davon überzeugt, dass die Lektüre dieses und der folgenden Briefe Ihr Leben, Ihre Gedanken, Ihre Gefühle und auch die Entscheidungen, die Sie treffen werden, positiv beeinflussen wird. Ich weiß, dass klingt anmaßend, aber anders kann ich es nicht formulieren.

Sollten sich meine Briefe als inspirierend genug erweisen, um Ihre Neugier zu wecken, ist meine größte Hoffnung, dass ihre Wirkung eine nachhaltige sein wird. In meiner Vorstellung sehe ich, wie Sie unsere Inhalte einem breiteren Publikum präsentieren, damit viele Menschen davon profitieren können. Aber ich möchte keinen unnötigen Druck aufbauen. Wenn nur eine einzige Person ihre begrenzte Zeit auf dieser Erde auf sinnvollere Art und Weise verbringt, und wenn diese Person Sie sind, Sophia, dann bin ich zufrieden.

Natürlich frage ich mich, wie Sie sich wohl fühlen werden, wenn Sie diese kühnen Zeilen von mir zum ersten Mal lesen. Vielleicht sitzen Sie bereits im Flugzeug nach Berlin und fliegen über den Atlantik. Lassen Sie mich raten. Wie würde es mir an Ihrer Stelle ergehen? Einerseits wäre ich interessiert: Was bedeutet das alles? Ist das ein großer Humbug, oder steckt etwas Bedeutsameres, Größeres dahinter? Andererseits würde ich höchstwahrscheinlich auch denken: Für wen hält sich dieser wildfremde alte Kerl, dass er so mir nichts, dir nichts in meinem Leben auftaucht und meint, einen Einfluss nehmen zu können auf mich und meine Gedanken?!

Vielleicht fühlt es sich auch befremdlich für Sie an, diesen Brief in Händen zu halten, ohne die Person zu kennen, die ihn geschrieben hat. Sollte dies der Fall sein, entschuldige ich mich aufrichtig. Mir ist in der Kürze der Zeit kein besserer Weg eingefallen, an Sie heranzutreten.

Der Ordnung halber möchte ich mich kurz vorstellen. Ich heiße Leonardo. John Leonardo, um genauer zu sein. Ich bin halb italienischer, halb deutsch-amerikanischer Banker, ursprünglich aus New York, und habe einen guten Teil meines Lebens damit verbracht, meiner Frau auf ihrer Suche nach dem Geheimrezept für ein gesundes, glückliches und sinnerfülltes Leben rund um den Erdball zu folgen. Ich weiß, das klingt nach einem ungeheuerlichen Unterfangen, aber ich werde Ihnen in den kommenden Briefen mehr davon erzählen.

Im Moment hoffe ich, dass diese Feststellung genügt, denn leider läuft mir buchstäblich die Zeit davon. Die Uhr tickt. Ich sitze auf einem Berg von Schulden – emotionalen Schulden, muss ich hinzufügen –, und mein Körper beginnt nachzugeben. Meine Frau ist nicht mehr an meiner Seite, und ich wende mich jetzt an den Menschen, von dem ich glaube, dass er mir helfen kann, ihre Mission doch noch zu erfüllen, denn möglicherweise habe ich weder die Energie noch die Zeit, es allein zu tun. Allen Widrigkeiten zum Trotz hoffe ich, dass Sie dieser Mensch sind, Sophia.

Ich habe viel darüber nachgedacht, wie ich am besten schreibe, was geschrieben werden muss. Viele Wege führen bekanntlich nach Rom. Oder, wie einer der Mönche, die Barbara und ich auf unseren Reisen durch Asien trafen, sagte: »Es gibt Hunderte von Wegen den Berg hinauf, aber die Aussicht von oben ist immer die gleiche.« Lassen Sie mich also versuchen, etwas mehr Licht ins Dunkel zu bringen, indem ich einige weitere Hintergrundinformationen mit Ihnen teile.

Als das Feuer ausbrach, das meine Frau das Leben kostete und unser geliebtes japanisches Teehaus zerstörte, mitsamt aller Unterlagen für das Buch, für das wir jahrzehntelang recherchiert hatten, war ich voller Verzweiflung. Ein überwältigendes Gefühl von Trauer und Kummer riss mir damals buchstäblich den Boden unter den Füßen weg. Obwohl ich wusste, dass meine Frau es nicht gutgeheißen hätte, zog ich mich völlig aus der Welt zurück und verharrte für viele Monate in einer inneren Starre. Scheinbar bewegungslos. Ich hatte jegliches Vertrauen in das Leben und in mich selbst verloren, fühlte mich ängstlich und schwach und krank an Körper und Seele. Was immer Barbara von mir erwartet hätte oder auch nicht, es schien nicht in meiner Macht zu stehen, etwas an meinem Zustand zu ändern. Es dauerte viele Monate, bis ich langsam wieder erwachte, körperlich, geistig und auch emotional. Als das passierte, wurde mir mit einem Mal bewusst, wie viel Zeit ich verschwendet hatte. Und sofort meldete sich ein tiefes Schuldgefühl, welches mich erneut zu lähmen drohte.

Ich wusste jedoch, dass es so nicht weitergehen konnte, und so versuchte ich mit aller erdenklichen Willenskraft und Disziplin herauszufinden, was meine letzte Aufgabe in diesem Leben sein würde. Ich konnte Barbara nicht wieder zum Leben erwecken. Vermutlich hätte sie selbst darauf bestanden, dass es ihr Schicksal gewesen sei, auf diese Weise aus der Welt zu scheiden. Mir blieben zwei Optionen:

Erstens: Ich konnte versuchen, einen Architekten zu finden, der das japanische Teehaus, das Barbara so sehr geliebt und geschätzt hatte, wieder aufbauen würde. Aber ich wusste intuitiv, dass dies nicht viel ändern würde und Barbara es auch nicht gewollt hätte.

Zweitens: Ich könnte den Versuch unternehmen, unser Lebenswerk doch noch zu retten. Sprich, ich könnte nach einem Weg suchen, Barbaras »Buch über das Geheimnis eines gelingenden Lebens« neu zu schreiben oder zumindest eine neue Version davon zu erstellen.

In dem Moment, als mir dieser letzte Gedanke durch den Kopf schoss, wusste ich: Das ist es! Plötzlich war mir klar, dass Barbara sich genau das mehr als alles andere von mir gewünscht hätte. Inspiriert von dieser neu gewonnenen Klarheit wollte ich sofort loslegen. Leider fühlte ich noch am selben Tag einen stechenden Schmerz in der Brust, dessen weniger massive Vorzeichen ich lange ignoriert hatte. Im Krankenhaus teilte mir der Kardiologe mit, dass mein Herz es nicht mehr lange machen würde. Ich leide an einer altersbedingten, weit fortgeschrittenen Herzinsuffizienz. Ich könne lebensverlängernde Medikamente einnehmen, aber mehr ließe sich nicht tun. Schlechte Nachrichten. Die erhoffte Wiedergutmachung segelte außer Sichtweite, und ich war mir sicher, dass ich wohl mit diesen unguten Gefühlen Barbara gegenüber würde sterben müssen.

Dennoch kommt es im Leben nicht immer so, wie es auf den ersten Blick scheinen mag: Ich hätte schon fast erneut aufgegeben, da fand ich einen ersten Hinweis auf eine mögliche Lösung meines Problems, ohne überhaupt danach gesucht zu haben. Vielleicht hatte Barbara doch recht, und die Dinge geschahen aus einem bestimmten Grund. Als ich die Website des Pharmaunternehmens studierte, das das mir empfohlene Medikament herstellte, entdeckte ich eine Anzeige für einen großen »Health and Leadership Congress« am Flughafen von San Francisco, der öffentlich zugänglich war. Mein Blick fiel auf das Bild einer Frau, das in mir etwas Unerklärliches auslöste, und mein Herz begann, ein wenig stärker zu schlagen. Fast ehrfürchtig kramte ich die alte Taschenuhr aus meiner Hosentasche hervor, die ich wenige Stunden zuvor zufällig wieder gefunden hatte. Ich schaute himmelwärts und war mir sicher, dass Barbara ihre Finger im Spiel hatte. Eine Träne lief mir über die Wange. Und glauben Sie mir, Sophia, ich bin nicht jemand, der leicht weint, das bin ich noch nie gewesen.

Unnötig zu erwähnen, dass Sie, Sophia, die Frau auf dem Foto waren. Zugleich fand ich heraus, dass Sie als Coach, Beraterin, Keynote Speaker und auch Autorin international tätig sind. Und dass Sie in Berlin wohnen! Und wieder klopfte mein Herz vor Freude. Berlin. Ich konnte es nicht glauben. Ich berührte die alte Taschenuhr, die nun neben mir auf dem Schreibtisch lag, und wiederholte im Stillen die Inschrift:

»Lost Time is never found again.«

Diese melancholisch anmutenden Worte stimmten mich plötzlich optimistisch – und hoffnungsvoll. Mit neuem Elan studierte ich Ihre Website und speicherte Ihre Adresse. Natürlich konnte ich mir nicht sicher sein, dass es wirklich das Schicksal war, dass mich einlud, Sie zu kontaktieren. Aber meine Intuition sagte mir, dass Sie die Person sind, die mir helfen würde, dieses Projekt auf eine gute Art und Weise auf den Weg zu bringen. Ob Sie daran überhaupt Interesse haben würden, darüber habe ich im ersten Moment, das muss ich zugeben, gar nicht nachgedacht.

Und jetzt halten Sie hoffentlich meinen Brief mit etwas Wohlwollen in Händen, und ich kann die Frage nicht länger aufschieben. Ich entschuldige mich aufrichtig für die Besonderheit der Situation, die ich für Sie geschaffen habe. Aber mit allem gebotenen Respekt möchte ich Sie fragen, ob Sie sich in der Lage sehen, mir zu helfen, eine neue Version von Barbaras Buch zu schreiben und zu veröffentlichen? Dann könnte sich unser lang gehegter Traum doch noch erfüllen, viele Menschen mit unseren Erfahrungen und Barbaras Wissen zu inspirieren, ein gesünderes, sinnerfülltes und glückliches Leben zu führen.

Natürlich müssen Sie nicht sofort antworten. Die Zeit ist auf Ihrer Seite, Sophia, und Sie sind die einzige Person, die ich kontaktieren werde. Ich gehe »ALL IN«, wie die Spieler sagen würden, obwohl ich als Banker normalerweise dazu rate, das Risiko immer fair zu verteilen. Dennoch gibt es Situationen im Leben, in denen man das Gegenteil tun muss, um erfolgreich zu sein. Die Ehe ist ein solches Beispiel. Ich habe mein ganzes Vertrauen, meine Kraft und meine Geduld immer in eine einzige Person gelegt. Ich habe es nie bereut. Und dieses Mal habe ich das Gefühl, dass es genauso sein wird. Obwohl die Situation eine ganz andere ist, entscheide ich mich, an Sie zu glauben – an Kreise, die geschlossen werden wollen, an Geschichten, die geschrieben werden möchten.

Sie haben völlige kreative Freiheit, ohne eine vorgegebene Struktur, die Sie einschränkt. Sie können den Umfang des Buches so wählen, wie Sie es für richtig halten. Es kann jede gewünschte Form annehmen. Mein Ziel ist es, mit Ihnen in der verbleibenden Zeit so viel Inhalt und Inspiration wie möglich zu teilen. Und darüber hinaus werde ich Ihnen Unterstützung anbieten, wie Sie unsere Botschaft in die Welt tragen können, sobald der Vorgang des Schreibens abgeschlossen ist. Ich glaube, dass Sie sich mit Edward sehr gut verstehen werden. Mehr dazu später. Der Rest liegt dann außerhalb meines Wirkungskreises.

Doch bevor ich diesen ersten Brief beende, möchte ich Ihnen noch eine Frage stellen:

Wie investieren Sie Ihre wertvolle Zeit in diesem Leben, Sophia?

Denken Sie einmal darüber nach. In vielerlei Hinsicht ist Zeit alles, was wir haben. Unsere Zeit kann weder angehalten noch zurück- oder vorgespult werden, egal was passiert oder nicht passiert, ob es uns gut geht oder wir leiden, ob wir glücklich oder unglücklich sind, ob wir vorankommen oder uns festgefahren fühlen. Die große Uhr tickt immer. Die Zeit steht für niemanden still.

Deshalb frage ich Sie:

Haben Sie eine lohnende Zeitinvestitionsstrategie?

Ist Ihr Return on Investment zufriedenstellend?

Schaffen Sie durch Ihre Investments neue Vermögenswerte oder erleiden Sie Defizite?

Ich werde mich bemühen, mich so schnell wie möglich wieder bei Ihnen zu melden.

Mit hochachtungsvollen Grüßen,Leonardo

PS: Sophia ist ein wunderschöner Name! Wie Sie wahrscheinlich wissen, bedeutet Sophia (Σοφία) im Altgriechischen Weisheit. Ist das nicht ein weiteres Zeichen für uns, unsere Kräfte bei diesem besonderen Projekt zu bündeln?

— 3 —

Sophia: Über den Wolken

»Fantasie ist etwas, was sich manche Leutegar nicht vorstellen können.«

– GABRIEL LAUB

Sophia ließ die Arme auf den Schoß sinken. Der Brief lag unordentlich gefaltet in ihren Händen. Sie atmete tief ein und spürte, wie ihre Lunge sich mit Sauerstoff füllten. Passierte ihr das wirklich? Sie versuchte, sich zu erinnern, wie der alte Mann ausgesehen hatte. Seltsam oder gar verrückt war er ihr nicht vorgekommen. Im Gegenteil, in ihrer Erinnerung hatte er einen gebildeten, ja kultivierten Eindruck hinterlassen. Ein Mann mit Substanz, wie sie zu sagen pflegte. Sie vermutete, dass er in seiner Karriere als Banker einmal erfolgreich gewesen sein musste. Er hatte einen hochwertigen Anzug getragen, keinen formalen Businesslook, sondern eher einen aristokratisch anmutenden Tweedanzug. Sie war sich nicht sicher, wie alt er sein mochte – vielleicht in seinen Achtzigern oder sogar Neunzigern? Es war etwas Zeitloses von ihm ausgegangen – besser konnte sie es nicht in Worte fassen. Aber was sie am meisten an ihm gemocht hatte, war dieser freundliche, ja warmherzige, intelligente Gesichtsausdruck, zu dem sie sogleich Vertrauen gefasst hatte.

Hätte er nicht so sympathisch gewirkt, hätte sie den Brief wahrscheinlich weder entgegengenommen noch behalten. Und natürlich hatte ihre Neugier das Übrige dazu beigetragen, ihr anfängliches Unbehagen zu überwinden. Sophia rückte ihre schlanken Beine im engen Fußraum ihrer Sitzreihe zurecht und versuchte, den Inhalt des Briefes noch einmal zu rekapitulieren. Es ging also um ein Buch, das den Menschen helfen würde, ein gesünderes, sinnerfülltes und glückliches Leben zu führen. Das schien zwar etwas blumig formuliert, machte aber grundsätzlich Sinn. Zweifel hatte sie trotzdem. Die unerwartete Vertrautheit der Ansprache ließ sie innerlich zurückweichen, genau wie der alte Mann selbst vermutet hatte.

Und dennoch, etwas in ihr wollte daran glauben, dass sie in der Tat dabei war, etwas Besonderes zu erleben, umso mehr, wenn sie über ihre derzeitige Lebenssituation in Berlin nachdachte. Sie hob ihre dichten, dunklen Augenbrauen und blickte auf die handgeschriebenen Seiten. Natürlich hatte sie den Brief schon geöffnet, als sie noch vor dem Zoll in der Schlange wartete. Der dünne Umschlag in ihrer Hand hatte sie plötzlich beunruhigt. Aber er beinhaltete nur drei handgeschriebene Seiten, sonst nichts. Und wie sie sich jetzt mit dem kleinen Finger über den ansteigenden Teil ihrer schlanken Nase strich, wie sie es immer tat, wenn sie über etwas nachdachte, zuckten ihre Mundwinkel und deuteten ein fast unsichtbares Lächeln an. Sie schüttelte den Kopf.

Hinter all dem steckte offensichtlich nichts Verdächtiges, auch wenn sich ihr unweigerlich eine Reihe von Fragen aufdrängte: Warum sollte dieser alte, distinguierte Herr ausgerechnet sie bitten, sich an einem so persönlichen Projekt zu beteiligen? Und überhaupt: Was wusste sie schon vom Geheimnis eines glücklichen Lebens?! Wie so oft machte sich Sophia über sich selbst lustig, in diesem Fall, um ihre eigene Traurigkeit zu kaschieren. Ihr Blick wanderte zu der Frau, die neben ihr saß. Fleißig die Tastatur ihres kleinen Laptops bedienend, schien sie an einem langen Dokument zu arbeiten. Wer weiß, vielleicht war diese Dame zufällig eine berühmte Lektorin aus einem angesehenen Verlag und arbeitete gerade an der Überarbeitung eines Manuskripts? Unwahrscheinlich, aber dieser Gedanke löste bei Sophia weitere Fragen aus.

Der alte Mann hatte geschrieben, dass er zufällig im Internet auf ihr Profil gestoßen sei. Aber warum hatte er sie erkannt? Sophia konnte sich das nicht erklären. Vielleicht hatte er nach einer professionellen Ghostwriterin und jemandem mit ihrem akademischen und beruflichen Hintergrund gesucht: ein Doktortitel in Organisationspsychologie aus England, ein Masterabschluss in internationaler Politik und Sportmedizin aus Deutschland und ein weiterer Masterabschluss in Business Administration aus den USA – an sich schon eine seltsame Kombination. Na ja, und sie hatte in der Tat schon einige Bücher publiziert, auch wenn sie sich eher als Handwerkerin im Umgang mit Wort und Schrift denn als echte Schriftstellerin betrachtete. Aber unabhängig davon: Das alles erschien zu weit hergeholt! Selbst für Sophias kreativen Verstand. Sie warf noch einmal einen Blick auf den Brief. Der angeschlagene Ton klang weiß Gott nicht nach einer herkömmlichen redaktionellen Anfrage, und sie war keine Ghostwriterin.

Und überhaupt, wer war eigentlich dieser Edward? Sah er wenigstens gut aus? Sophia lächelte in sich hinein. Seltsam war das Ganze schon!

Aber war es nicht genau das, worauf sie gehofft hatte, als sie ein paar Tage zuvor im Flugzeug in die entgegengesetzte Richtung geflogen war und sich nichts so sehnlich wünschte, als dass etwas Besonderes passieren möge! Etwas, das möglicherweise die Richtung ihres Lebens verändern könnte. So naiv es auch klang, sie hatte sich einen Zauberstab gewünscht, um ihr Leben neu zu ordnen. Ein kleines Grübchen erschien auf ihrer rechten Wange, als sie sich amüsiert eingestand, dass der alte Herr in der Tat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Schulmeister in Harry Potter gehabt hatte. Wie war noch mal sein Name? Dumbledore! Gut, das lange Haar, der Bart und der Zauberumhang fehlten. Aber die weise, gutmütige Ausstrahlung hatten die beiden definitiv gemeinsam.

Als Sophia den Brief noch einmal betrachtete, begann sie über Leonardos letzte Fragen nachzudenken. Banker schienen alles im Leben auf eine so rationale Art und Weise zu betrachten. Ihre Gedanken wanderten zu Ruben, ihrem Exfreund. Noch so ein Banker. Nein, sie hatte keine Zeitinvestitionsstrategie, und ihren Return-on-Investment-Quotienten hatte sie auch noch nie berechnet. Der Gedanke an sich schien ihr absurd. Und ja, vielleicht reagierte sie defensiv, aber dieser Bankerjargon, der irgendwie nicht zum Rest des Briefes passen wollte, sprach sie so gar nicht an. Typisch amerikanisch, ging ihr durch den Kopf. Und dennoch, kaum dass diese Fragen buchstäblich auf dem Tisch lagen, verfingen sie sich in ihren Gedanken und drängten sich ihr regelrecht auf. Wie investierte sie ihre kostbare Lebenszeit?

Als sie die Wochen seit ihrem Umzug von London nach Berlin Revue passieren ließ, murmelte sie mit frustrierter Stimme:

»Nein, ich bin nicht zufrieden damit, wie ich meine Zeit verbringe.«

Die Dame neben ihr räusperte sich. »Excuse me?«

Sophia zuckte mit den Schultern und lächelte entschuldigend. »Es tut mir leid. Ich habe nur mit mir selbst geredet. Peinlich genug!«

Die Frau, die in ihrem cremefarbenen, langärmligen Hemdblusenkleid sehr professionell wirkte, schien amüsiert. »Das mache ich auch. Meistens, wenn ich mich ärgere.«

»Wirklich? Mir passiert das nie!«, antwortete Sophia ironisch.

Jetzt lachten sie beide. Dann tippte die Frau weiter ein Zeichen nach dem anderen in ihr Dokument.

Sophia schloss die Augen und hing weiter ihren Gedanken nach, bis sie ein unerwartet hartes Rucken unterbrach. Das Flugzeug rüttelte und schwankte hin und her, und der Pilot machte eine Ansage: Es träten unerwartete Turbulenzen auf. Die Frau neben ihr musste ihren Laptop einpacken. Sophia spürte ein Gefühl von Panik in sich aufsteigen. Sie versuchte, sich zu beruhigen, indem sie tief in den Bauch atmete, ihren Atem für einen kurzen Moment anhielt, dann lange und langsam ausatmete und ihn wiederum kurz anhielt. Eine Technik, die sie in einem Anti-Flugangst-Seminar vor vielen Jahren gelernt hatte und die sich praktisch in jeder angespannten Lebenssituation anwenden ließ, da sie das Nervensystem dazu brachte, wieder auf Entspannung umzuschalten.

Nach einer Weile stabilisierte sich das Flugzeug wieder. Mit einem erleichterten Seufzen steckte sie den leicht zerknitterten Brief in ihre Tasche und griff nach den Schlaftabletten, die ihr ein Arzt auf der Konferenz am Vormittag für den Rückflug gegeben hatte. Sie hatte nicht vorgehabt, davon Gebrauch zu machen. Aber wenn es jemals einen guten Zeitpunkt für eine chemisch induzierte Pause gegeben hatte, dann jetzt. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr und lehnte sich in ihrem Sitz zurück. Noch knapp sieben Stunden bis Amsterdam, wo sie den Anschlussflug nach Berlin nehmen würde. Sie wollte schlafen, so viel wie möglich schlafen, ohne an Ruben, den alten Mann und seinen Brief oder irgendetwas anderes zu denken. Glücklicherweise musste sie nicht lange auf die beruhigende Wirkung der Tabletten warten. Was für ein Segen!

— 4 —

Sophia: Blauer Himmel über Berlin

»Die Liebe ist von allen Krankheiten noch die gesündeste.«

– EURIPIDES

An dem Tag, als Sophia wieder von Leonardo hörte, schien die Sonne. Blauer Himmel über Berlin nach vielen kalten, düsteren Wochen des Regens! Sie hatte so gut geschlafen wie seit Langem nicht mehr, und auch ihre Stimmung passte zu dem unerwarteten Wetterumschwung. Sie freute sich auf die Stunden, die vor ihr lagen. Ihr Plan war es, im Petit Bijou, einem Café am Spreeufer in Berlin-Mitte, das ihr eine Kollegin aus London empfohlen hatte, zu frühstücken und danach ein wenig die Stadt zu erkunden. Es war ihr freier Tag: vierundzwanzig Stunden lang keine E-Mails, keine Verpflichtungen, keine Termine, und das mitten in der Woche. Wunderbar!

Auf dem Weg durchs Treppenhaus streifte ihr Blick die Reihe der Briefkästen zu ihrer Linken. Sie hatte ihren eigenen aus Enttäuschung, dass Leonardo sich gar nicht mehr gemeldet hatte, mehrere Tage lang nicht geöffnet. Doch jetzt, an ihrem freien Tag, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen. Kaum hatte sie den Schlüssel in dem kleinen Schloss umgedreht, bereute sie es. Ein Strom von Rechnungen, Werbebriefen und offiziellen Schreiben kam ihr entgegen. Sie hätte es wissen müssen. Entschlossen schob sie die Post zurück in den Kasten, als sie plötzlich erst einen Umschlag und dann noch einen weiteren entdeckte, die sich von den anderen unterschieden. Auf beiden erblickte sie die altmodischen Schnörkel einer Handschrift, die ihr bekannt vorkam. Sophia spürte, wie ihr vor Aufregung ein Schauer über den Rücken lief. War das möglich nach all den Wochen vergeblichen Wartens?

Seit ihrer Rückkehr aus San Francisco war in Sophias Leben viel passiert. Viel und absolut gar nichts, um genauer zu sein. Nach der Lektüre von Leonardos erstem Brief hatte sie den festen Entschluss gefasst, Ruben, ihren Exfreund, endgültig aus ihrem Leben zu verbannen. Sie hatten sich schon vorher mehrere Male getrennt. Das war immer nach dem gleichen Muster abgelaufen. Anstatt sich dafür zu entschuldigen, dass er sie zutiefst verletzt hatte, drehte er den Spieß einfach um und warf ihr vor, ihn mit ihrem angeblich destruktiven Verhalten von sich gestoßen zu haben. Immer frei nach dem Motto: »Angriff ist die beste Verteidigung«. Seit ihrem Umzug nach Berlin war es ihr zwar gelungen, keinen Kontakt mehr zu ihm aufzunehmen, aber sie hatte ihn im Internet weiterhin heimlich gestalkt, was sie zutiefst deprimierend fand.

Dennoch, nachdem sie Leonardos Brief mehrere Male gelesen hatte, war sie zu dem Schluss gekommen, dass dieses erbärmliche Hinterhergeschnüffel nun auch aufhören musste. Sie musste ihre wertvolle Zeit sinnvoller investieren. Das war klar. In den ersten Tagen nach ihrer Rückkehr aus San Francisco hatte sie das ja auch geschafft, worauf sie sehr stolz gewesen war. Doch dann verging eine Woche nach der anderen ohne ein weiteres Zeichen. Kein Brief, keine E-Mail, kein Rauchsignal über dem Atlantik, kein weiteres Wort erreichte sie von dem liebenswürdigen alten Herrn, dem Sophia in ihrer Fantasie schon immer mehr ihres Vertrauens geschenkt hatte. Und langsam begann sie sich zu fragen, ob sie jemals wieder etwas von ihm hören würde, denn auch im Internet konnte sie ihn nicht finden. In seinem Brief hatte er erwähnt, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. Vielleicht war er bereits gestorben. Was für eine Tragödie, ein Held, der ihr zu Hilfe kommen wollte, schied dahin, noch bevor die Geschichte richtig losging. Leonardo hatte ihr leidgetan, aber sie sich selbst fast noch mehr. Und mit der unfassbaren Menge an Regen, die seit dem Treffen auf dem Flughafen von San Francisco auf Berlin niedergeprasselt war, gab Sophias Willenskraft langsam nach. Als dann eines Abends Ruben, der auf Geschäftsreise der deutschen Hauptstadt seine Aufwartung machte, unerwartet vor ihrer Haustür stand, hatte ihr die Kraft gefehlt, ihn abzuweisen. Auf eine leidenschaftliche Nacht folgte ein weiteres Verschwinden Rubens. Sie konnte nicht glauben, dass ihr das tatsächlich noch einmal passiert war. Der Rest ihres neu aufgebauten Gefühls von Selbstwirksamkeit sank in sich zusammen, wie ein Ballon, der erst langsam und dann immer schneller die Luft verlor. Sie hatte wohl tatsächlich geglaubt, dass die Reise nach San Francisco und der Kontakt mit dem alten Mann einen Wendepunkt in ihrem Leben darstellen würden. Wie lächerlich. Sie war nur froh, dass zumindest ihre Klienten nicht sehen konnten, wie elend es ihr ging. Wer brauchte schon eine Psychologin, die ihr eigenes Leben so wenig im Griff hatte wie sie?

Und nun das! Sophia betrachtete ungläubig die beiden Briefe in ihrer Hand und wusste nicht, was sie tun sollte. Sie setzte sich zögernd auf eine der Stufen, stand aber schnell wieder auf und eilte die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf. Hastig griff sie nach dem Tourguide, den sie vor einigen Wochen gekauft hatte, lief wieder hinunter und trat hinaus auf den großzügigen Bürgersteig. So viel Platz gab es nur in Berlin. Ihre Schritte waren leicht und dynamisch. Sie strahlte übers ganze Gesicht, und als sie im Petit Bijou ankam, war sie nicht überrascht, dass sogar noch ein Tisch am Fenster mit Aussicht für sie frei war.

Als ihr Cappuccino serviert wurde, nahm sie einen genüsslichen Schluck und begann zu lesen.

— 5 —

Leonardo: Der wiedergefundene Mut

»Die innere Haltung ist eine kleine Sache,die einen großen Unterschied macht!«

– WINSTON CHURCHILL

Liebe Sophia,

es tut mir leid, dass Sie so lange auf diesen zweiten Brief warten mussten. Kurz nach unserer Begegnung ging es mit meiner Gesundheit leider bergab. Die Anstrengung der Reise war für mein Herz wohl doch etwas zu groß gewesen. Ohne die sofortige medizinische Versorgung in einem Krankenhaus in San Francisco wäre ich wahrscheinlich überhaupt nicht in der Lage, Ihnen ein weiteres Mal zu schreiben. Denn auch Tage nach diesem Vorfall stand mein Leben noch auf dem Spiel. Aber so seltsam es klingen mag: Die Aussicht auf den nahenden Tod machte mir keine allzu große Angst. In vielerlei Hinsicht kann ich es kaum erwarten, meiner Frau wiederzubegegnen, wie auch immer das sein wird – vielleicht als Moleküle gemeinsam durch das Universum fliegend, oder, wenn mein buddhistischer Freund recht haben sollte, Hand in Hand vereint in ewiger Liebe.

Leider war mein Aufenthalt im Krankenhaus jedoch nicht der einzige Grund für meine Funkstille. Etwas anderes und im Grunde ebenso Tiefgreifendes trug zu der Verzögerung bei. Nachdem ich Sie bei Ihrem Vortrag und anschließend persönlich am Flughafen gesehen hatte, fühlte ich mich in meiner Hoffnung weiter bestätigt, dass Sie sich für dieses Projekt engagieren würden. Ich spürte, dass Sie genau die richtige Person für diese Aufgabe sind. Und selbst im Krankenhausbett liegend, an meinem bisherigen körperlichen Tiefpunkt angelangt, fühlte ich mich seelisch immer noch beflügelt durch diesen vielleicht tragisch anmutenden Optimismus. Doch das änderte sich schlagartig, als ich wieder zurück in unserem Haus in Santa Barbara war. Wann immer ich versuchte, meinen nächsten Brief an Sie zu schreiben, kam ich mir plötzlich komplett unfähig vor. Zum ersten Mal seit vielen Wochen befürchtete ich wieder, dass mir womöglich einfach das Talent fehlte zu tun, was ich mir vorgenommen hatte.

Jedes Mal, wenn ich versuchte, einen Gedanken zu Papier zu bringen, fokussierte sich mein Verstand auf mein Nichtkönnen und meine mangelnde Kompetenz beim Schreiben. Wie um alles in der Welt sollte ich dieses Projekt angehen? Wo sollte ich beginnen? Ich übertreibe nicht, wenn ich Ihnen sage, dass ich eine weitere Zeit völliger Hoffnungslosigkeit durchlebte. Wieder und wieder saß ich vor einer leeren Seite, schrieb ein paar Sätze, strich sie durch und zerknüllte ungeduldig das Papier, bevor ich es achtlos wegwarf. Schnell wurde ich zum besten Freund meines Papierkorbs und zum Feind meiner selbst.