Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs - Gerd Kommer - E-Book

Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs E-Book

Gerd Kommer

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Beschreibung

Das Standardwerk zur passiven Geldanlage von dem ETF-Experten Coronakrise, Krieg in Europa und im Nahen Osten, hohe Inflationsraten – umso wichtiger ist es für Privatanlegerinnen und -anleger, kluge Entscheidungen bei der eigenen Vermögensbildung und -bewahrung zu treffen. Dieser Klassiker vom führenden ETF- und Fondsexperten im deutschsprachigen Raum ist die optimale Anleitung zur sicheren Geldanlage. Dr. Gerd Kommer erläutert, wie Sie Ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen, wie Sie mit ETFs attraktive Renditen erzielen und Risiken senken oder ganz beseitigen – unabhängig von Banken und Finanzvertrieben. Die perfekte Investition in Ihre Altersvorsorge und Vermögensplanung. Außergewöhnliche und hochwertige Ausstattung als Arbeitsbuch: Die fadengeheftete Freirückenbroschur garantiert optimales Aufschlagverhalten und Langlebigkeit des Buchs trotz des großen Umfangs. »In der sich ständig wandelnden Finanzwelt bleibt dieses Buch von Gerd Kommer eine Konstante. Konstant hervorragend, unaufgeregt, lehrreich und dennoch immer perfekt auf das aktuelle Zeitgeschehen abgestimmt. Ein Must-read für alle, die Buy-and-Hold und passives Investieren wirklich durchdringen wollen!« Thomas Kehl, Mitgründer von Finanzfluss, dem größten deutschsprachigen YouTube-Kanal zu Finanzbildung »Mit diesem hervorragenden Ratgeber bringt Gerd Kommer ein klares Plädoyer für das Investieren in passive Fonds. Es lebe der Index! Das Buch ist ein weiterer überzeugender Nagel im Sarg des aktiven Investmentmanagements.« Prof. Dr. Martin Weber, Universität Mannheim »Das Standardwerk auf dem deutschsprachigen Buchmarkt zum Thema rationales, prognosefreies, wissenschaftlich-basiertes Investieren. Hochgradig empfehlenswert!« Lukas Schneider, Dimensional Fund Advisors, Niederlassungsleiter Deutschland & Vice President

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Cover for EPUB

Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs

Ein Investmentbuch für fortgeschrittene Privatanleger

Campus Verlag

Frankfurt/New York

Über das Buch

Das Standardwerk zur passiven Geldanlage von dem ETF-ExpertenCoronakrise, Krieg in Europa und im Nahen Osten, hohe Inflationsraten – umso wichtiger ist es für Privatanlegerinnen und -anleger, kluge Entscheidungen bei der eigenen Vermögensbildung und -bewahrung zu treffen. Dieser Klassiker vom führenden ETF- und Fondsexperten im deutschsprachigen Raum ist die optimale Anleitung zur sicheren Geldanlage. Dr. Gerd Kommer erläutert, wie Sie Ihre Finanzen selbst in die Hand nehmen, wie Sie mit ETFs attraktive Renditen erzielen und Risiken senken oder ganz beseitigen – unabhängig von Banken und Finanzvertrieben. Die perfekte Investition in Ihre Altersvorsorge und Vermögensplanung.Außergewöhnliche und hochwertige Ausstattung als Arbeitsbuch: Die fadengeheftete Freirückenbroschur garantiert optimales Aufschlagverhalten und Langlebigkeit des Buchs trotz des großen Umfangs.»In der sich ständig wandelnden Finanzwelt bleibt dieses Buch von Gerd Kommer eine Konstante. Konstant hervorragend, unaufgeregt, lehrreich und dennoch immer perfekt auf das aktuelle Zeitgeschehen abgestimmt. Ein Must-read für alle, die Buy-and-Hold und passives Investieren wirklich durchdringen wollen!«Thomas Kehl, Mitgründer von Finanzfluss, dem größten deutschsprachigen YouTube-Kanal zu Finanzbildung»Mit diesem hervorragenden Ratgeber bringt Gerd Kommer ein klares Plädoyer für das Investieren in passive Fonds. Es lebe der Index! Das Buch ist ein weiterer überzeugender Nagel im Sarg des aktiven Investmentmanagements.«Prof. Dr. Martin Weber, Universität Mannheim»Das Standardwerk auf dem deutschsprachigen Buchmarkt zum Thema rationales, prognosefreies, wissenschaftlich-basiertes Investieren. Hochgradig empfehlenswert!«Lukas Schneider, Dimensional Fund Advisors, Niederlassungsleiter Deutschland & Vice President

Vita

Gerd Kommer

Übersicht

Cover

Titel

Über das Buch

Vita

Inhalt

Impressum

Inhalt

Wie Ihnen dieses Buch helfen kann – eine Einleitung

1

Wie die Wertpapiermärkte tatsächlich funktionieren

1.1

Renditen der wichtigsten Anlageklassen von 1900 bis 2022 (123 Jahre)

1.2

Die enttäuschende Performance von Profiinvestoren und Do-it-yourself-Anlegern

1.3

Mehr als 50% aller aktiven Anleger müssen per Mathegesetz unterperformen

1.4

Die Efficient-Market-Theorie – einfach, mächtig und vielfach missverstanden

1.5

Indexfonds und ETFs – die beiden wichtigsten Finanzinnovation seit 1971

1.6

»Investmentpornografie« – allgegenwärtig in der Finanzbranche

2

Investmentrisiko verstehen

2.1

20 Risikokonzepte, die Privatanleger kennen sollten

2.1.1

Rendite kommt primär von Risiko

2.1.2

Gutes Risiko versus schlechtes Risiko

2.1.3

Wie Diversifikation Risiko senkt – das Konzept der Korrelation

2.1.4

Zeitdiversifikation: Nimmt Aktienrisiko mit zunehmendem Anlagehorizont ab?

2.1.5

Risikomessung muss auf der obersten Vermögensebene erfolgen

2.1.6

Klumpenrisiko – epidemisch verbreitet, dennoch meist ignoriert

2.1.7

Buchverluste versus realisierte Verluste

2.1.8

Ausfallrisiko – das älteste aller Risikokonzepte

2.1.9

Sichtbares Risiko versus unsichtbares Risiko

2.1.10

Schnelles Risiko versus langsames Risiko

2.1.11

Schwarzer-Schwan-Risiko (Event Risk, Tail Risk)

2.1.12

Die subjektive Seite von Risiko

2.1.13

Schlechte bekannte Verhältnisse sind kein Risiko

2.1.14

Renditereihenfolgerisiko – viele haben es nicht auf dem Schirm

2.1.15

Zinsänderungsrisiko – kontraintuitiv, aber wichtig

2.1.16

Wechselkursrisiko – weniger kompliziert als angenommen

2.1.17

Illiquiditätsrisiko – in aller Munde, trotzdem selten verstanden

2.1.18

Inflationsrisiko – ein Klassiker unter den Risikokonzepten

2.1.19

Leverage-Risiko – Investments hebeln und die Gefahren dabei

2.1.20

Operatives Risiko – wichtig, aber kaum je gewürdigt

2.2

Acht essenzielle Risikokennzahlen schnell erklärt

2.2.1

Volatilität (Schwankungsintensität)

2.2.2

Maximum Drawdown (maximaler historischer Verlust)

2.2.3

Value at Risk

2.2.4

Shortfall Risk

2.2.5

Ausfallrisiko (Default Probability)

2.2.6

Erwarteter Verlust (Expected Loss)

2.2.7

Längste historische Nullrenditephase

2.2.8

Sharpe Ratio (die risikoadjustierte Rendite)

2.2.9

Ein kurzes Risikofazit

2.3

Assetallokation: Was Rendite und Risiko Ihres Portfolios tatsächlich bestimmt

2.4

Regression zum Mittelwert: Die mächtige Tendenz zum Durchschnitt

2.5

Die Resilienz des globalen Aktienmarktes

2.6

Die Bedeutung langer historischer Datenreihen für die Zukunft

2.7

Crashrisiko existiert in allen Anlageklassen

3

Anlegerfehler, die Sie viel Geld kosten können

3.1

Fehler 1: Ihr rentabelstes Asset nicht aktiv managen – Humankapital

3.2

Fehler 2: Sich von nominalen Renditen täuschen lassen (Zerrspiegel Inflation)

3.3

Fehler 3: Sich auf Renditeangaben der Finanzindustrie verlassen

3.4

Fehler 4: In das investieren, was in den letzten Jahren gut lief (Recency Bias)

3.5

Fehler 5: Auf die »Markowitz-Methode« vertrauen

3.6

Fehler 6: Bankguthaben für risikofrei oder risikoarm halten

3.7

Fehler 7: Glauben, mit Bankguthaben könne man Vermögen bilden

3.8

Fehler 8: Die Bedeutung der Nebenkosten des Investierens unterschätzen

3.9

Fehler 9: An Kurs- und Finanzprognosen der Experten glauben

3.10

Fehler 10: Aktive Investmentstrategien praktizieren

3.11

Fehler 11: Von Börsengurus und Fondsmanagern eine Mehrrendite erwarten

3.12

Fehler 12: Sich an Fonds-Ratings orientieren

3.13

Fehler 13: Glauben, Experten könnten den besten Einstiegszeitpunkt finden

3.14

Fehler 14: Annehmen, Risikoabsicherung (Downside Hedging) sei kostenlos

3.15

Fehler 15: Glauben, den Markt schlagen zu wollen, sei zumindest einen Versuch wert

3.16

Fehler 16: Verpackung und Inhalt bei Finanzprodukten nicht auseinanderhalten

3.17

Fehler 17: Banken und konventionelle Vermögensberater nutzen

3.18

Fehler 18: Von »edlem« Private Banking attraktive Renditen erwarten

3.19

Fehler 19: In einzelne Aktien investieren

3.20

Fehler 20: Annehmen, Immobilien seien besonders sichere Investments

3.21

Fehler 21: Bewertungskennzahlen überinterpretieren

3.22

Fehler 22: Den großen Unterschied zwischen reich werden und reich bleiben nicht sehen

4

Finanzprodukte, von denen Sie die Finger lassen sollten und warum

4.1

Bankguthaben oberhalb der gesetzlichen Einlagensicherung

4.2

Kapitalbildende Lebensversicherungen

4.3

Private Rentenversicherungen

4.4

Aktiv gemanagte Aktienfonds, aktiv gemanagte Anleihenfonds

4.5

Aktiv gemanagte Mischfonds, Branchenfonds und Dachfonds

4.6

Aktiv gemanagte Themenfonds und passive Themen-ETFs

4.7

Hedgefonds

4.8

Private-Equity-Investments

4.9

Geschlossene Fonds (»Unternehmensbeteiligungen«)

4.10

Zertifikate

4.11

Offene Immobilienfonds

4.12

Vermietungsimmobilien

5

Anlageklassen, die nicht jeder braucht, die aber bedenkenswert sind

5.1

Gold

5.2

Rohstoffe

5.3

Kryptowährungen

5.4

Hochzinsanleihen

5.5

Geldmarktfonds, Geldmarkt-ETFs

5.6

Inflationsindexierte Anleihen

5.7

Eine selbstgenutzte Wohnimmobilie

6

Factor Investing – die aktivere Art, passiv zu investieren

6.1

Was ist Factor Investing?

6.2

Allgemeine Aspekte von Factor Investing aus einer Praktikerperspektive

6.3

Die wichtigsten Faktorprämien bei Aktien

6.3.1

Die Small-Size-Prämie

6.3.2

Die Value-Prämie

6.3.3

Die Momentum-Prämie

6.3.4

Die Quality-Prämie

6.3.5

Die Low-Volatility-Prämie

6.3.6

Die Low-Investment-Prämie

6.3.7

Die Illiquiditätsprämie

6.3.8

Die Dividend-Yield-Prämie

6.4

Einfaches oder integriertes Multi-Factor Investing bei Aktien

6.5

Die Political-Risk-Prämie bei Aktien und Anleihen

6.6

Faktorprämien bei Anleihen

6.7

Wer sollte Factor Investing praktizieren und wer nicht?

6.8

Weiterführende Literatur zu Factor Investing

7

Nachhaltig investieren mit ETFs

8

Der Steuervorteil von Buy and Hold

9

Der Weltportfolio-Ansatz – eine überlegene Anlagestrategie

9.1

Die Grundprinzipien des Weltportfolio-Ansatzes

9.2

Das Wichtigste zu Wertpapierindizes

9.3

Replikationsmethoden: Wie ein ETF einen Wertpapierindex nachbildet

9.4

Gewichtung nach Marktkapitalisierung oder nach BIP?

9.5

Rolle und Struktur der risikoarmen Anlage im Portfolio

9.6

Wechselkursabsicherung: Wann notwendig, wann nicht?

9.7

Das Weltportfolio für »Euroskeptiker«

9.8

Das eigene Humankapital bei der Anlageentscheidung berücksichtigen

9.9

Schulden haben und gleichzeitig in ein Weltportfolio investieren? (Leveraging)

10

So bilden Sie Ihr persönliches Weltportfolio

10.1

Die vier Weltportfolio-Varianten

10.2

Ihre »Level-1-Assetallokation« bestimmen

10.3

Ihre »Level-2-Assetallokation« bestimmen

10.4

Die geeigneten ETFs für Ihr Weltportfolio finden

10.5

Rebalancing – Ihre Portfoliostruktur im Zeitablauf bewahren

10.6

Fondssparpläne – monatsweise ins Weltportfolio investieren

10.7

Der Gerd-Kommer-ETF

11

Rationale Alternativen zum passiven Do-it-yourself-Anlegen

11.1

Honorarberater und Vermögensverwalter ohne Interessenkonflikte

11.2

Robo-Advisors

11.3

Portfolio-ETFs

12

Lassen Sie sich nicht von der richtigen Strategie abbringen

12.1

Die Kritik an ETFs und passivem Investieren – was ist dran an ihr?

12.2

Warum die meisten Privatanleger immer noch aktiv investieren

13

Die Besteuerung von Fondsanlagen in Deutschland

14

Was tun im Aktiencrash?

15

Eine kurze Zusammenfassung

16

Anhang

16.1

Wie Sie Ihr Geldwissen weiterentwickeln

16.2

Literatur und Quellen

16.3

Glossar

16.4

Register

Über den Autor

Wie Ihnen dieses Buch helfen kann – eine Einleitung

Dieses Buch richtet sich an Leser, die sich als fortgeschrittene Anleger betrachten.

Wenn Sie einen Blick auf das granulare Inhaltsverzeichnis werfen, werden Sie eine gute Vorstellung davon bekommen, wie tief das Buch in die Materie eindringt.

Wer sich zeitsparender und weniger tiefgehend als in diesem Text informieren möchte, für den gibt es von mir die folgenden Ratgeberbücher, die fachlich einfacher, kürzer und preisgünstiger sind:

Der leichte Einstieg in die Welt der ETFs: Unkompliziert vorsorgen – ein Starterbuch für Finanzanfänger (176 Seiten) – ein Buch für alle, die bei Börse & Co. noch ganz am Anfang stehen und keine Vorkenntnisse haben.

Souverän investieren für Einsteiger: Wie Sie mit ETFs ein Vermögen bilden (272 Seiten) – für Leser, die schon einfache Basiskenntnisse besitzen, also bereits eine gewisse Vorstellung davon haben, was eine Aktie, ein Investmentfonds und ein Bankdepot sind.

Souverän investieren vor und im Ruhestand: Mit ETFs Ihren Lebensstandard und Ihre Vermögensziele sichern (343 Seiten) – Titel und Untertitel bringen zum Ausdruck, an wen sich dieses Buch richtet. Das fachliche Niveau ist mit demjenigen von Souverän investieren für Einsteiger vergleichbar.

Souverän Vermögen schützen: Wie sich Vermögende gegen Risiken absichern – ein praktischer Asset-Protection-Ratgeber (408 Seiten) – für bereits sehr vermögende Menschen, denen es primär um den Schutz ihres vorhandenen Vermögens geht.

Das vorliegende Werk ist die sechste, vollständig überarbeitete Neuauflage meines Indexing-Buches, das im Jahr 2002 erstmalig erschien und seitdem ein Klassiker des prognosefreien, passiven, wissenschaftlich orientierten Investierens im deutschsprachigen Buchmarkt geworden ist.

In den 21 Jahren seit der Erstauflage von Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs hat sich die Welt der Geldanlage für Privatanleger im deutschsprachigen Raum enorm entwickelt. Fünf Entwicklungen erscheinen mir besonders hervorhebenswert:

Die globale Finanzbranche einschließlich ihrer deutschen Ableger hat seit Ende der 1990er-Jahre eine schier unglaubliche Kette von Fehlleistungen und Skandalen produziert. Leider müssen wir davon ausgehen, dass diese kundenschädliche Seifenoper sich auch in den nächsten Jahren fortsetzen wird.

Der deutsche Staat hängt bei moderner Regulierung von liquiden und nicht liquiden Vermögensanlagen, d. h. bei echtem Anlegerschutz, anderen Ländern wie den USA, Großbritannien und den Niederlanden immer noch um Jahre hinterher. Es besteht wenig Aussicht, dass wir die rote Anlegerschutzlaterne bald an andere abgeben werden. Umso wichtiger ist es, selbst Bescheid zu wissen.

Die Deutschen und ihre Medien haben erfreulicherweise begonnen zu erkennen, dass mit ihren zwei traditionellen Lieblingsfinanzprodukten – verzinslichen Bankguthaben und kapitalbildenden Lebensversicherungen – echter Vermögensaufbau und nachhaltige Altersvorsorge nicht funktionieren. Dieses Buch zeigt, dass sie es noch nie getan haben und wie man es besser machen kann.

Das Internet und die damit zusammenhängenden Technologien, Produkte und Dienstleistungen haben normal vermögenden Do-it-yourself-Anlegern (Selbstentscheidern) Zugriff auf Investmentmöglichkeiten gegeben, die in Bezug auf Vielfalt und Preiswürdigkeit noch vor gar nicht langer Zeit nur Multimillionären und institutionellen Anlegern vorbehalten waren.

»Passives Investieren« mit ETFs (börsengehandelten Indexfonds), wie es dieses Buch propagiert, wird heute nicht mehr als Nischenveranstaltung für »nerdige« Spinner angesehen wie noch vor zehn oder 15 Jahren. Dennoch besitzen immer noch nur rund 5% aller deutschen Haushalte Indexfonds, die weltweit wichtigste und erfolgreichste Finanzinnovation der zurückliegenden 50 Jahre. Kein anderes Finanzprodukt ist besser für Altersvorsorge, Vermögensaufbau und Vermögensbewahrung geeignet.

Vor diesem Hintergrund will dieses Buch Privatanlegern, die tiefer einsteigen wollen, Wissen vermitteln, das sie zur erfolgreichen Vermögensanlage nutzen können – Wissen, das man anderswo so umsetzungsbezogen und didaktisch so gut aufbereitet nicht finden wird.

Dieses Buch enthält mehr historische Daten zu Rendite und Risiko aller wichtigen Anlagekassen als irgendeines der über 400 deutsch- und englischsprachigen Investmentbücher, die ich in meinem Leben gelesen habe – Daten und Zahlen, die in manchen Fällen weiter als 100 Jahre zurückreichen. Das ist deswegen der Fall, weil ich glaube, dass alle wichtigen Aussagen in einem Investmentbuch mit Zahlen unterlegt und validiert sein sollten. Bestünde für Autoren die allgemeine Pflicht, das zu tun, würden 95% aller Ratgeberbücher und YouTube-Videos zum Thema Vermögensanlage nicht existieren, weil die Urheber nicht in der Lage wären, zentrale Aussagen in ihren Publikationen mit Zahlen zu belegen.

Ich glaube, Investieren und Altersvorsorge sollte – soweit es irgend geht – aus gut etablierten Erkenntnissen der Wissenschaft abgeleitet sein. Die Wissenschaft ist seit 2 500 Jahren diejenige Institution, die das geistige, körperliche und wirtschaftliche Wohl der Menschheit am meisten befördert – manchmal bin ich versucht zu glauben, sie sei die einzige Institution, die dieses Wohl nachhaltig befördert. Aus diesem Grund beziehe ich mich in diesem Buch an sehr vielen Stellen auf wissenschaftliche Untersuchungen, die im Literaturverzeichnis angegeben sind. Das soll Lesern helfen, die Solidität dessen, was ich behaupte, gegebenenfalls selbst nachprüfen zu können.

Erfolgreich Vermögen bilden oder vorhandenes Vermögen bewahren und nutzen ist nicht nur eine Frage des »Was tun?«, sondern in ebenso großem Maße eine Frage von »Was nicht tun?« oder »Was beenden?«. Weil das so ist, handelt dieses Buch fast zur Hälfte von Fehlervermeidung, von der »Via Negativa«. Auf das für erfolgreiches Anlegen essenzielle Via-Negativa-Prinzip oder Fehlervermeidungsprinzip gehe ich in Kapitel 3 näher ein.

Viele Ratgeberbücher haben ein eher blutarmes, oberflächliches Inhaltsverzeichnis mit maximal zwei Ebenen und wenig aussagekräftigen Kapitel- und Abschnittsüberschriften. Angeblich soll das bewirken, dass potenzielle Leser nicht von »Komplexität« abgeschreckt werden. Ich verfolge in meinen Büchern eine andere Philosophie. Man kann sie an dem hierarchisch tiefen und nummerierten Inhaltsverzeichnis und an den präzisen Abschnittsüberschriften erkennen. Aus meiner Sicht erhöht das den Praxisbezug, die Umsetzbarkeit und ganz allgemein den Nutzwert für die Leser.

Mit rund 550 Seiten ist das Buch ziemlich lang geworden. Trotzdem gibt es viele interessante Spezialaspekte, die ich aus Platzgründen nur kurz anreißen konnte. Bei diesen Spezialaspekten erwähne ich oftmals Blogbeiträge oder YouTube-Videos, die ich gemeinsam mit Kollegen geschrieben bzw. gedreht habe und die den jeweiligen Sachverhalt ausführlicher behandeln. Wenn Sie sich für das betreffende Thema besonders interessieren, können Sie den Blogbeitrag oder das YouTube-Video in Sekunden per Suchmaschine ausfindig machen und sich so vertiefend informieren. In den Blogposts wird zudem auch weiterführende Literatur genannt. Die Blogposts und Videos sind allesamt frei und kostenlos zugänglich. Dafür einfach den oder die Autorennamen und den Titel (siehe Literaturverzeichnis) googeln.

Dieses Buch will ein echtes How-to-Buch mit einer hohen Informationsdichte sein. Daher kommen in vielen Abschnitten Querverweise vor. Sie helfen, platzverbrauchende Wiederholungen zu vermeiden, und geben Ihnen die Möglichkeit, inhaltliche Querverbindungen zwischen verschiedenen Sachverhalten und somit das »große Ganze« nachzuvollziehen. Ein weiterer Vorteil der Querverweise tritt dann zutage, wenn man das Buch als Handbuch nutzt, also nicht in einem Aufwasch von Kapitel 1 bis Kapitel 15 liest. In so einer Nutzungssituation kann man durch die Querverweise leicht zurückverfolgen, von wo bestimmte Aussagen hergeleitet werden. Wen die Querverweise stören, der kann sie genauso gut einfach ignorieren und überlesen.

Das Buch hat rund 200 Fußnoten. Ich verwende Fußnoten, weil sich mit ihnen Zusatzinformationen transportieren lassen, die für manche Leser hilfreich sind, ohne den Lesefluss derjenigen Leser zu stören, die sich nicht für die Fußnoten interessieren. Wenn Sie die Fußnoten nicht mögen, ignorieren Sie sie einfach.

Alle in diesem Buch verwendeten Fachbegriffe, die man auch als fortgeschrittener Privatanleger nicht zwangsläufig kennt und die nicht im laufenden Text erklärt werden, erläutere ich im Glossar am Ende des Buches. Diese Wörter sind im laufenden Text mit diesem Pfeil → gekennzeichnet.

Ich habe mir Mühe gegeben, dieses Buch verständlich und klar zu schreiben, wohl wissend, dass der Erkenntnisweg an manchen Stellen recht anspruchsvoll ist und vielfach subjektive Wertungen enthält. Vor diesem Hintergrund bitte ich meine Leser, das Buch wohlwollend und im guten Glauben zu lesen und mir Fehler nachzusehen, von denen der Text – trotz großer Sorgfalt – einige enthalten wird.

Im Interesse der Lesbarkeit und Textökonomie verzichte ich auf die Nutzung sprachlicher Femina-Formen von Hauptwörtern wie »der Anleger« oder »der Steuerzahler«. Ebenso verzichte ich auf Genderdoppelpunkte und -sternchen. Stattdessen benutze ich das generische Maskulinum, beispielsweise »der Leser«. Weibliche Akteure sind selbstverständlich in allen Fällen ebenfalls gemeint.

Zum Schluss noch eine wichtige Offenlegung: Ich bin Gesellschafter und Geschäftsführer der Gerd Kommer Invest GmbH (GKI). Die GKI ist ein Vermögensverwaltungsunternehmen für vermögende Privatkunden. Die GKI betreibt außerdem mit einem Joint-Venture-Partner eine digitale Vermögensverwaltung (Robo-Advisor) und mit einem anderen Partner einen Aktien-ETF. Mein gesamtes Privatvermögen ist nach den Grundsätzen investiert, die in diesem Buch dargestellt werden.

1Wie die Wertpapiermärkte tatsächlich funktionieren

1.1Renditen der wichtigsten Anlageklassen von 1900 bis 2022 (123 Jahre)

Wer Vermögen aufbauen oder bewahren möchte1, sollte wissen, welche Renditen er mit seinen Investments in der Zukunft erzielen kann und mit welchen Risiken er dabei zu rechnen hat. Dieses Wissen lässt sich aus keiner einzelnen Quelle oder Methode besser ableiten als aus der langfristigen Historie. Warum die langfristige Historie hierbei die wichtigste einzelne Orientierungsgröße ist, wird in Abschnitt 2.6 dieses Buches erläutert.

Die inflationsbereinigten langfristigen historischen Renditen der wichtigsten Anlageklassen (Assetklassen) habe ich in Tabelle 1 zusammengestellt.2

Was lässt sich über die Zahlen in Tabelle 1 sagen? Das Wichtigste zuerst: Diese Renditedaten sind keine Schönwetterdaten. Sie enthalten die negativen Effekte von zwei Weltkriegen, mehreren regionalen Kriegen und Bürgerkriegen, eine dreistellige Zahl von Währungskrisen, Dutzende Staatskonkurse3, zahllose Fälle von Hoch- und Hyperinflation, die Weltwirtschaftskrise 1929–1937, eine schier unendliche Zahl großer Naturkatastrophen, Pandemien4 und, und, und. Weil sie all diese Desaster »in sich tragen«, sollte auch ein Pessimist sie vorwärtsgerichtet für repräsentativ halten können.

Zeitraum

Aktien Global

Wohnimmobilien Global

Langfr. Staats-anleihen Global

Geldmarkt (»Sparbuchrendite«)

Gold

Rohstoffe

Währung

USD

Lokale Währung

USD

Lokale Währung

USD

USD

Gesamtzeitraum ab 1900 (repräsentative lange Frist)

1900–2022

(123 Jahre)

5,0% p.a.

2,4% p.a. [A]

1,9% p.a.

0,7% p.a.

0,7% p.a.

0,4% p.a.

Jüngere Zeitfenster ab 1983

1983–2002(20 Jahre)

7,1% p.a.

3,8% p.a.

8,3% p.a.

2,4% p.a.

–4,6% p.a.

–2,7% p.a.

2003–2022(20 Jahre)

6,0% p.a.

3,5% p.a.

2,7% p.a.

–1,3% p.a.

6,2% p.a.

1,1% p.a.

Tabelle 1: Die inflationsbereinigten Langfristrenditen der sechs wichtigsten Assetklassen von 1900 bis 2022 (123 Jahre)

► Alle Renditen sind Total Returns, also die Summe aus laufenden Erträgen und Wertsteigerungen. Bei Immobilien bestehen die laufenden Erträge in den Mieterträgen, die um Instandhaltungskosten und Versicherungsaufwendungen gemindert wurden. Transaktionskosten für Kaufen und Verkaufen sind nirgendwo enthalten. Transaktionskosten wären bei Immobilien weit höher als bei liquiden Anlagen. Steuern wurden nirgendwo abgezogen. ► Wohnimmobilienrenditen: Bevölkerungsgewichteter Durchschnitt aus den Renditen von neun westlichen (1900–2017) bzw. 13 westlichen (1983–2022) Ländern. ► [A] Abweichender Zeitraum 1900–2017. ► Datenquellen: Dimson, Marsh, Staunton 2023/Morningstar, David S. Jacks (Gold, Rohstoffe), Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ).

Diese Renditen werden den meisten Lesern niedrig erscheinen. Dafür gibt es vier Hauptgründe. Den ersten habe ich im vorigen Absatz genannt. Zweitens enthalten die Zahlen keine Inflation. Die Inflationsrate müsste man hinzurechnen, um zu »gewohnteren« Größenordnungen zu gelangen. Das ginge aber zulasten der Aussagekraft: Reale, inflationsbereinigte Renditen sind grundsätzlich aussagekräftiger als nominale Renditen. Letztere sind in gewisser Weise um den mit der Inflation einhergehenden Kaufkraftverlust überhöht – sie enthalten also zum Teil »heiße Luft«.

Drittens bekommen wir bei Aktien- und anderen Wertpapierdaten, die weiter als 50 Jahre zurückreichen, von den Medien fast immer nur US-Daten gezeigt statt globale Daten wie in Tabelle 1. Die US-Renditen waren in den vergangenen 123 Jahren sowohl bei Aktien als auch bei langfristigen Staatsanleihen deutlich höher als der Durchschnitt im Rest der Welt. Bei US-Aktien betrug die durchschnittliche reale Rendite in diesen 123 Jahren 6,5% p.a. statt nur 5,0% p.a. für die gesamte Welt. Allerdings bestehen unter Wissenschaftlern wenig Zweifel, dass die USA unter den 23 nationalen Aktienmärkten, für die einigermaßen verlässliche Aktienmarktrenditen von 1900 bis heute vorliegen, ein positiver, nicht repräsentativer Ausreißer nach oben waren. Ein überzeugender Grund dafür, dass sich das hohe Renditeplus für die USA-Kapitalmärkte gegenüber den Märkten für die »Welt ex USA« in Zukunft so fortsetzen bzw. wiederholen wird, besteht aus Sicht der Wissenschaft nicht (van Binsbergen u.a. 2022).

Unter anderem lässt die folgende Überlegung diese Logik plausibel erscheinen: Betrachtet man nur die 73 Jahre seit 1950 oder die 63 Jahre seit 1960, liegen die Renditen für Aktien, langfristige Staatsanleihen und kurzfristige Staatsanleihen (»Sparbuch«) der USA und der Welt ex USA deutlich näher zusammen als für die ersten rund 50 Jahre des 20. Jahrhunderts, sprich, der Renditevorteil der USA ist kleiner oder sogar null, je nach Anlageklasse und Zeitraum. Eine naheliegende Erklärung dafür ist, dass die USA als Volkswirtschaft und Kapitalmarkt von den Katastrophen des Ersten und Zweiten Weltkrieges weit weniger geschädigt wurden als die meisten anderen großen Volkswirtschaften und Kapitalmärkte der damaligen Zeit (Europa, Japan). Dass sich ein solcher USA-Vorteil in der Zukunft noch einmal in der gleichen Weise wiederholt, darauf sollte jedoch niemand wetten.

Deswegen sind grundsätzlich die globalen historischen Aktienrenditen für die Zukunft eines Anlegers in Deutschland, Großbritannien, Brasilien, Australien und den USA repräsentativer als ausschließlich die USA-Daten. In diesem Zusammenhang halte ich es für ein schlimmes Versagen von Journalisten, Bloggern und Vertretern der Finanzbranche, wenn sie aus Bequemlichkeit, Unvermögen, Umsatzgier oder Sensationslust ihren Veröffentlichungen z.B. in den deutschsprachigen Ländern historische Renditedaten für den vermutlich nicht repräsentativen, positiven Ausreißer USA zugrunde legen, selbst wenn globale Daten existieren.

Viertens haben die meisten von uns generell überzogene Vorstellungen von langfristig erzielbaren Renditen. Dafür sind wiederum die traditionell nach oben verzerrte Berichterstattung durch die Finanzbranche und die Finanzmedien sowie unser ureigenes Wunschdenken (Glaser/Weber 2007) verantwortlich. Aus über 25 Jahren persönlicher Erfahrung mit Privatanlegern kann ich sagen, dass sogar unter Privatanlegern mit solidem Investmentwissen erstaunlich viele mit heftiger Schnappatmung und Empörung auf Publikationen reagieren, in denen argumentiert wird, dass die nachhaltigen Renditen der Anlageklasse X – Aktien, Immobilien, Anleihen, Gold, Rohstoffe, Kryptowährungen, Edelwhisky etc. – eben nicht in der Größenordnung 10% plus p.a. liegen, die immer wieder in den Finanzmedien genannt werden.

Und egal, ob jemand im Einzelfall 8%, 9% oder 10% als »normale« langfristige Aktienrendite nennt, jede dieser drei Zahlen ist missverständlich, weil alle drei sowieso nur als nominale Werte (inklusive Inflation) stimmen könnten. Aber erstens weiß niemand, wie hoch die Inflation in Zukunft sein wird, und zweitens sind nominale Renditen für Zeiträume von, sagen wir, fünf Jahren aufwärts im besten Falle nicht aussagekräftig und im schlechtesten hochgradig irreführend.5

Die Langfristzahlen in Tabelle 1 würden nicht grundlegend anders aussehen, wenn man statt des Zeitraums 1900–2022 lediglich die kürzeren Zeiträume von 1950 bis 2022 (73 Jahre) oder von 1960 bis 2022 (63 Jahre) zeigte und so die negativen Renditeauswirkungen des Ersten und Zweiten Weltkrieges wegließe. Täte man das, wäre die ermittelte Langfristrendite für Aktien nur geringfügig höher, für die Geldmarktrendite (»Sparbuch«) geringfügig niedriger, für Gold etwas höher und für Rohstoffe praktisch unverändert. Lediglich bei langfristigen Staatsanleihen gäbe es merkliche Erhöhungen. Bei Wohnimmobilien ist die Datenqualität so schlecht, dass Aussagen schwierig sind.

Die in Tabelle 1 gezeigten Renditen für die letzten 40 Jahre sind jedenfalls für Aktien, langfristige Staatsanleihen und Wohnimmobilien eher höher als das, was wir meines Erachtens im Mittel der nächsten 40 Jahren erwarten können.

Wem die historischen Renditen von Anlageklassen (Assetklassen) in Tabelle 1 »irgendwie zu niedrig« erscheinen, der möge sich einmal vor Augen führen, aus welcher Quelle sich alle diese Renditen speisen. Sie speisen sich allein aus dem Wachstum der Weltwirtschaft. Diese wuchs in den besagten 123 Jahren mit einer realen Rate von 3,0% p.a. (pro Kopf 1,5% p.a.). Wenn man sich diesen Sachverhalt für einen Moment vergegenwärtigt, dann dürfte deutlich werden, dass die in Tabelle 1 ausgewiesenen Zahlen überhaupt nicht merkwürdig niedrig sind. Im Großen und Ganzen kann der gewichtete Durchschnitt der realen Renditen aller Anlageklassen global und auf lange Sicht nicht stark vom realen Weltwirtschaftswachstum abweichen. (Zum faszinierenden, oft missverstandenen Zusammenhang zwischen Aktienrenditen und Wirtschaftswachstum: siehe Ritter 2012 sowie Kanzler 2021b und Kanzler 2021d.)

Für jede Assetklasse – und das schließt Immobilien ausdrücklich mit ein – wichen die Renditen über kurze, mittlere und lange Zeitfenster (bis zu rund 25 Jahre) stark nach unten und nach oben von ihrem in der Tabelle gezeigten Mittelwert ab. Das zeigen beispielhaft die beiden Teil-Zeiträume im unteren Teil von Tabelle 1. Weil das so ist, können wir davon ausgehen, dass sich die Renditen von Assetklassen in den nächsten fünf oder zehn Jahren stark von den langfristigen Mittelwerten in Tabelle 1 unterscheiden werden.

Gleichwohl gilt für Assetklassen auf Buy-and-Hold-Basis: Je länger der Betrachtungshorizont, desto stärker nähern sich tatsächliche Durchschnittsrenditen den langfristigen historischen Mittelwerten an.

Was aus Tabelle 1 letztlich nicht hervorgeht, ist, wie sehr die Renditen aller Assetklassen im Zeitablauf schwanken, also das Schwankungsrisiko. Dieses Schwankungsrisiko – auch über lange Zeiträume – ist höher, als viele von uns glauben oder hoffen.6

Inwieweit individuelle Anleger hoffen können, diese Assetklassenrenditen in Tabelle 1 zu erreichen oder sie vielleicht sogar zu übertreffen, davon handelt der größte Teil dieses Buches.

Renditen sollte man fast immer in relativer, nicht in absoluter Sicht betrachten. In Bezug auf Tabelle 1 bedeutet relative Betrachtung: Langfristige Aktienrenditen sind etwa doppelt so hoch wie Immobilienrenditen (5,0% p.a. versus 2,4% p.a.) und siebenmal so hoch wie die Sparbuchrendite, die Rendite verzinslicher Bankeinlagen (5,0% p.a. versus 0,7% p.a.).

In Tabelle 1 sind – wie in nahezu allen solchen Tabellen in Büchern und Artikeln – die historischen Renditen von Einmalinvestments dargestellt. So investiert aber in der Praxis kaum jemand, weder private noch gewerbliche Anleger. Die allermeisten Anleger führen einem Investment über einen Zeitraum von, sagen wir, zehn oder 30 Jahren peu à peu Mittel zu (Nachinvestments) oder ziehen Mittel aus ihm ab (Desinvestments). Diese Cash-Inflows und Cash-Outflows führen tendenziell dazu, dass sich die Renditen zwischen längeren individuellen Zeitfenstern bei einem Einzelanleger statistisch weniger stark unterscheiden als die eines Einmalinvestments im gleichen Zeitfenster (→ Cashflow). Das ist ein wichtiger Sachverhalt, der zu häufig übersehen wird und der eine große praktische Bedeutung für die Frage des »richtigen Einstiegszeitpunkts« hat. Darauf gehe ich in Abschnitt 3.13 (Fehler 13) näher ein.

Aktienrenditen, soweit darin sogenannte Faktorprämien enthalten sind (auf die ich in Kapitel 6 eingehe), sind in Zeitfenstern ab zehn bis 15 Jahren tendenziell höher als die in Tabelle 1 dargestellten Werte.

Infobox: Das Konzept der »erwarteten Rendite«

Die »erwartete Rendite« (engl. »Expected Return«) – nachfolgend abgekürzt E. R. – bezeichnet den auf Basis einer wissenschaftlichen Methode für die Zukunft prognostizierten langfristigen Mittelwert für die Rendite eines bestimmten Assets, eines Portfolios oder einer Assetklasse – den »statistischen Erwartungswert«. Die E. R. einer Assetklasse oder Marktes wird oft ermittelt, indem man einen Durchschnitt aller Jahresrenditen während eines langen historischen Zeitraums errechnet, z.B. die zurückliegenden 80 Jahre, und diesen gegebenenfalls um bestimmte Sonderfaktoren bereinigt, beispielsweise eine besonders hohe oder niedrige Bewertung am Ende der Zeitreihe.

Was sollte man bei der Interpretation der E. R. konzeptionell beachten? (a) »Erwartet« oder »Expected« haben hier eine ganz andere Bedeutung als in der Alltagskommunikation oder Umgangssprache. (b) Die E. R. ist der arithmetische Mittelwert oder der geometrische Mittelwert (Median) einer bei Aktien oder anderen volatilen Anlagen breit streuenden Wahrscheinlichkeitsverteilung. (Zum Unterschied zwischen arithmetischem und geometrischem Durchschnitt: siehe Abschnitt 3.3. Die Interpretation und ggf. Weiterverarbeitung des ermittelten E.-R.-Wertes differiert für die beiden Durchschnittstypen.) (c) Man sollte bei risikoreichen Anlagen wie Aktien nicht annehmen, dass der tatsächliche Renditewert in einem gegebenen Jahr nahe am E. R. liegt. (d) Die E. R. ist »die beste Schätzung der zukünftigen Rendite«. Da die meisten anderen Schätzungen vermutlich schlechter sein werden, ist die E. R. wertvoll und nützlich. (e) Je länger die Halteperiode, desto höher die Wahrscheinlichkeit, einen der E. R. nahekommenden Durchschnittswert tatsächlich zu erzielen. (f) In den Medien und im Internet wird in Bezug auf in der Zukunft liegenden Renditen häufig schluderig von »Rendite« gesprochen, wenn eigentlich »erwartete Rendite« gemeint ist. (g) Bei Assetklassen (weniger bei Einzelwerten) ist die erwartete Rendite eine Funktion des Bewertungsniveaus zum Zeitpunkt der Analyse. Wenn das Bewertungsniveau des Aktienmarktes (typischerweise aufgrund hoher unmittelbar zurückliegender Renditen) hoch ist, sinkt die E. R., wenn das Bewertungsniveau aufgrund schlechter vergangener Renditen niedrig ist, steigt die E. R. (h) Bei Anleihen ist die E. R. bis zur Fälligkeit die → Umlaufrendite der Anleihe, also die durchschnittliche Rendite, die ein Käufer vereinnahmen wird, wenn er die Anleihe bis zur Fälligkeit hält und kein Ausfall des Emittenten eintritt. (i) Das Konzept der erwarteten Rendite ist verwandt mit dem Konzept des Erwarteten Verlusts (»Expected Loss«), das in Abschnitt 2.2.6 behandelt wird.

Nach drastischen Markteinbrüchen in einer Assetklasse erhöht sich die erwartete Rendite in die Zukunft gerichtet relativ zu den hier angegebenen Werten. Zahlenmäßige Evidenz hierfür zeige ich in Abschnitt 2.5 (Resilienz). Leider ziehen viele Privatanleger in solchen Situationen Geld aus dem Aktienmarkt ab oder zögern dann zu investieren.

Generell beinhalten die Renditeangaben für Wohnimmobilien in Tabelle 1 keine Transaktionskosten für Kaufen und Verkaufen, die bei einem real existierenden Anleger natürlich renditemindernd anfallen würden. Die Nichtberücksichtigung von Transaktionskosten in solchen Darstellungen ist ein Manko, das man in den meisten Fällen hinnehmen muss. Gleichwohl ist in einer vergleichenden Tabelle wie dieser darauf hinzuweisen, dass Transaktionskosten bei Immobilien relativ zu den anderen Assetklassen in Tabelle 1 in Deutschland etwa einhundertmal so hoch sind. Für Immobilien sind in Tabelle 1 ferner keine Renditeauswirkungen aus einem etwaigen → Kredithebeleffekt berücksichtigt. Die Zahlen unterstellen also eine Finanzierung mit 100% Eigenkapital. Es wäre jedoch ein Irrtum anzunehmen, dass der Kredithebeleffekt immer oder auch nur überwiegend einen positiven Effekt auf die → Eigenkapitalrendite hatte (siehe beispielhaft Kommer/Weis 2022b).

Die Renditen langfristiger Staatsanleihen in den beiden Teil-Zeiträumen ab 1983 sind unüblich hoch, weil ab etwa Anfang der 1980er-Jahre ein globaler Zinssenkungstrend einsetzte, der bis 2021 andauerte.7 Sinkende Zinsen verursachen Kursgewinne bei längerfristigen Anleihen (dazu mehr in Abschnitt 2.1.15 – Zinsänderungsrisiko). Da aber Stand Juni 2023 die nominalen Zinsen trotz eines merklichen Anstiegs seit Anfang 2022 und erst recht die realen Zinsen immer noch historisch niedrig sind, dürfte sich dieser Effekt im Mittel der nächsten zehn bis 30 Jahre tendenziell in sein Gegenteil verkehren, und folglich dürften Anleihenrenditen in den nächsten Jahren niedriger als im Mittel der letzten 40 Jahre sein.

Unternehmensanleihen sind in Tabelle 1 nicht enthalten, weil es dazu keine länderübergreifenden Daten mit hinreichender Qualität gibt, die bis ins Jahr 1900 zurückreichen. Die Renditen von Unternehmensanleihen im → Investment-Grade-Spektrum lägen vermutlich um etwa 0,5–0,7 Prozentpunkte über denen von Staatsanleihen, wenn man die Verhältnisse in den USA zum Maßstab nimmt (wichtige Annahme: gleiche Restlaufzeit bzw. Duration). In den 97 Jahren von 1926 bis 2022 produzierten US-Investment-Grade-Unternehmensanleihen eine um 0,6 Prozentpunkte p.a. höhere Rendite als US-Staatsanleihen bei etwa gleicher Volatilität. Rein auf der Basis der → Umlaufrenditen wäre das Renditeplus von Unternehmensanleihen im langfristigen Mittel rund doppelt so hoch, aber durch die Verluste aus Unternehmenspleiten (die es bei Staatsanleihen hoher Bonität nicht gibt) bleiben dann nur 0,6 Prozentpunkte übrig.

Die Korrelation zwischen US-Unternehmensanleihen und US-Aktien war etwas höher als bei Staatsanleihen, was nachteilig ist. In sehr schlechten Aktienphasen rentierten Staatsanleihen tendenziell besser als Unternehmensanleihen.

Eine Erläuterung der Renditen von → »Geldmarktanlagen« (»Sparbuch«) nehme ich in Abschnitt 3.7 (Bankguthaben zur Vermögensbildung) vor, weil diese Assetklasse vor allem für nicht superreiche Privatanleger besonders wichtig ist.

Mehr zu den sehr schwankungsintensiven und relativ niedrigen Langfristrenditen des Edelmetalls Gold in Abschnitt 5.1.

Auf die ebenfalls eher wenig attraktiven Langfristrenditen von Rohstoffen gehe ich in Abschnitt 5.2 näher ein.

Kryptowährungen fehlen in Tabelle 1. Die älteste Kryptowährung, Bitcoin, ist gerade einmal 14 Jahre und die durchschnittliche Kryptowährung nur etwa fünf Jahre alt. Aus diesem und aus anderen Gründen lassen sich für Kryptowährungen seriöse Aussagen über die langfristige Renditeerwartung nicht treffen. Mehr zu Kryptos als Geldanlage in Abschnitt 5.3.

Finanzprodukte wie kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen, Investmentfonds einschließlich ETFs, Bausparverträge, Zertifikate, offene Immobilienfonds, geschlossene Immobilienfonds, Hedgefonds, Private Equity, Peer-to-Peer-Kredite und viele andere sind selbst keine Assetklassen, sondern Verpackungen von Assetklassen.8 Solche Finanzprodukte basieren nahezu ausnahmslos auf den Grundassetklassen in Tabelle 1 oder Unternehmensanleihen. Wie ich in diesem Buch noch detailliert zeigen und begründen werde, haben Finanzprodukte in Summe niedrigere Renditen kombiniert mit meistens höheren Risiken als die Assetklassen, die sie enthalten.

Die Assetklasse mit der statistisch vermutlich höchsten absoluten Rendite und ganz sicher mit der höchsten risikoadjustierten Rendite fehlt in Tabelle 1: Humankapital. Es dürfte für über 99% der Haushalte auf diesem Planeten bis zu einem Lebensalter von etwa 50 Jahren die wirtschaftlich bedeutendste Assetklasse sein. (Die 1% beziehen sich auf Menschen, die bereits vor Erreichen des ungefähr 50. Lebensjahrs »sehr, sehr reich« sind.) Mit anderen Worten: Beim Humankapital bewegen positive Einflussmaßnahmen des betreffenden Haushaltes die Tachonadel für das erzielbare Endvermögen wahrscheinlich am stärksten. Für noch berufstätige Haushalte, die an der Bewahrung (Absicherung) oder gar Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse interessiert sind, sollte das Management ihres Humankapitals daher einen hohen, wenn nicht gar den höchsten Stellenwert besitzen. Detaillierter gehe ich auf diesen Sachverhalt in Abschnitt 3.1 (Humankapital) ein.

Die für den Vermögensaufbau zweckmäßigste aller Assetklassen sind ohne Zweifel Aktien – nicht Einzelaktien, sondern die Assetklasse Aktien Global, in die man via ETF einfach und zu niedrigen Kosten investieren kann. Über diese Feststellung besteht in der Wissenschaft sehr weitgehend Einigkeit und diese Grundeinsicht wird uns in diesem Buch bezogen auf viele unterschiedliche Anlegerziele immer wieder begegnen.

Bei Haushalten, die primär am Schutz ihres bereits vorhandenen Vermögens interessiert sind, hat neben der Assetklasse Aktien auch die Assetklasse Anleihen hoher Qualität eine große Bedeutung. Merkwürdigerweise ist dieses in der Wissenschaft unbestrittene Faktum zu einem großen Teil der betreffenden Haushalte in Deutschland (anders als z.B. in den USA) bis heute nicht wirklich durchgedrungen. Über die Assetklasse Anleihen und ihre Sub-Assetklassen werde ich in diesem Buch noch an vielen Stellen sprechen.

Auf die für einen großen Teil der Bevölkerung wichtige Vermögensanlage »selbstgenutzte Wohnimmobilie« gehe ich diesem Buch gleichfalls ein, da Immobilien für die meisten Privathaushalte faktisch oder zumindest potenziell eine Alternative oder Ergänzung zu kapitalmarktbasierten Investments sind.

1.2Die enttäuschende Performance von Profiinvestoren und Do-it-yourself-Anlegern

In diesem Abschnitt sehen wir uns die von professionellen Fondsmanagern und von Privatanlegern erzielten Renditen an. Diese von der wissenschaftlichen Kapitalmarktforschung produzierten Renditedaten sollen uns dabei helfen, die Wirksamkeit aktiver Anlagestrategien wie Stock Picking und Market Timing in ihren zahllosen unterschiedlichen Ausprägungen zu beurteilen. Mit Inhalt und Technik dieser Strategien werden wir uns später in Abschnitt 3.10 (Aktive Investmentstrategien) noch näher befassen.

Beginnen wir mit den vier Hauptschlussfolgerungen zur Leistungsbilanz aktiven Investierens. Diese Schlussfolgerungen werde ich mit harten Daten belegen.

(1)

Nur eine erstaunlich kleine Zahl von Profi- und Amateuranlegern schlägt ihren korrekt gewählten passiven Vergleichsindex (ihre »Benchmark« – siehe dazu Infobox in diesem Abschnitt) über Zeiträume von mehr als drei Jahren, insbesondere, wenn man dabei Kosten, Steuern und Risiko berücksichtigt. Je nach Untersuchungsmethode, betrachteter Periode und Marktsegment schwankt der Verliererprozentsatz der aktiven Anleger zwischen 50% und 100%. Mit »aktive Anleger« sind hier alle Typen von Fonds (z.B. Aktienfonds, Anleihenfonds, Mischfonds, Hedgefonds und andere) gemeint, aber auch Profi- und Amateuranleger, die in Einzelwertpapiere innerhalb individueller Depots investieren.

(2)

Die Underperformance (Unterrendite) aktiv gemanagter Portfolios gegenüber ihrem Vergleichsindex nimmt tendenziell mit der Länge der Betrachtungsperiode zu. Für Perioden bis zu einem Jahr liegt der Verliererprozentsatz oft bei »nur« 50%, für Perioden ab zehn Jahren nähert er sich 95% an. Für Perioden ab 20 Jahren beträgt er überwiegend 100%.

(3)

Die für jedes gegebene Zeitfenster, selbst noch für Zeitfenster von zehn Jahren, vorhandene mehr oder weniger kleine Minderheit von »Outperformer-Anlegern« (Fonds, Vermögensverwalterdepots oder individuelle Portfolios mit Überrendite) ist nicht zuverlässig prognostizierbar, weil ihre Zusammensetzung von Zeitfenster zu Zeitfenster weitgehend zufällig wechselt. Mit anderen Worten: Für Gewinnerportfolios der Vergangenheit besteht keine nennenswert höhere Wahrscheinlichkeit, auch in der Zukunft wieder vorne zu liegen, als für alle anderen.

(4)

Aus Feststellung (1) und (3) resultiert, dass die wahrscheinlichkeits- oder häufigkeitsgewichtete Rendite aktiver Anleger niedriger ist als diejenige der passiven Anleger. Anders formuliert: Passive Anleger schlagen aktive Anleger mehrheitlich bereits auf die kurze Frist und nahezu immer auf die lange Frist.

In den zurückliegenden gut 60 Jahren stellten Wissenschaftler unzählige empirische Untersuchungen an, die diese vier Schlussfolgerungen statistisch belegen, man könnte auch sagen: beweisen. Die meisten dieser Studien beziehen sich auf aktiv gemanagte Investmentfonds, also Fonds, die zum Vertrieb an Privatanleger zugelassen sind. In der EU heißt dieser Fondstypus UCITS-Fonds, in den USA Mutual Funds. Für andere aktiv gemanagte Portfolios, z.B. institutionelle Fonds9 oder von Privatanlegern in Eigenregie gemanagte Depots, existieren weniger Studien, weil die Datenverfügbarkeit hier schlechter ist. Allerdings kommen die vorhandenen Studien weit überwiegend zu strukturell gleichen Ergebnissen wie die Untersuchungen zu Investmentfonds.

Tabelle 2 zeigt die Hauptergebnisse aus einer bekannten Auswertung zur Performance aktiv gemanagter Investmentfonds, die ihren rechtlichen Sitz (ihr Domizil) in der EU haben.

Fondskategorie/Assetklasse (Anlageschwerpunkt)

3 Jahre bis 12/2022

5 Jahre bis 12/2022

10 Jahre bis 12/2022

Aktien – Welt-Industrieländer

91%

95%

98%

Aktien – Welt-Schwellenländer

81%

85%

96%

Anleihen – Unternehmensanleihen [A]

53%

69%

80%

Anleihen – Staatsanleihen

50%

74%

88%

Anleihen – Hochzinsanleihen [B]

72%

81%

70%

Tabelle 2: Anteil von in Europa domizilierten, aktiv gemanagten Investmentfonds, die für unterschiedliche Zeiträume unter ihrer Index-Benchmark lagen – ausgewählte Assetklassen

► Quelle: S&P Dow Jones Indices »SPIVA Europe Scorecard Year End 2022«. ► Originaldaten auf ganze Zahlen gerundet. ► Ohne Berücksichtigung von Kosten in der Benchmark, aber auch ohne Kosten für etwaige Ausgabeaufschläge der aktiv gemanagten Fonds. Indexfonds wurden aus der zugrunde liegenden Datengesamtheit herausgenommen. ► [A] → Investment-Grade-Unternehmensanleihen. ► [B] → Sub-Investment-Grade-Unternehmensanleihen und Schwellenländer-Staatsanleihen.

Tabelle 3 basiert auf der gleichen Fonds-Grundgesamtheit wie Tabelle 2, zeigt aber statt der Quote der Underperformer nun die durchschnittliche Fondsrendite aller aktiven Fonds und kontrastiert diese mit der Rendite der jeweiligen passiven Index-Benchmark, in die man per ETF hätte investieren können.

5 Jahre bis 12/2022

10 Jahre bis 12/2022

Fondskategorie/Assetklasse (Anlageschwerpunkt)

Investment-fonds

Index-Benchmark

Investment-fonds

Index-Benchmark

Aktien – Welt-Industrieländer

4,9% p.a.

9,1% p.a.

7,7% p.a.

11,6% p.a.

Aktien – Welt-Schwellenländer

–0,5% p.a.

1,7% p.a.

2,3% p.a.

4,6% p.a.

Anleihen – Unternehmensanl.

–2,0% p.a.

–1,8% p.a.

0,4% p.a.

0,8% p.a.

Anleihen – Staatsanleihen

–2,4% p.a.

–2,3% p.a.

0,1% p.a.

0,8% p.a.

Anleihen – Hochzinsanleihen

–0,7% p.a.

0,1% p.a.

2,0% p.a.

2,5% p.a.

Tabelle 3: Die durchschnittlichen Renditen von in Europa domizilierten, aktiv gemanagten Investmentfonds und die Renditen ihrer Index-Benchmark für die Zeiträume 5 Jahre und 10 Jahre – ausgewählte Assetklassen

► Quelle: siehe Tabelle 2. ► Originaldaten auf eine Nachkommastelle gerundet. ► Ohne Berücksichtigung von Kosten in der Benchmark, aber auch ohne Kosten für etwaige Ausgabeaufschläge der aktiv gemanagten Fonds. ► Renditen der Fonds auf Basis einfacher Durchschnitte (»Equal Weighted«). ► Daten sind → Survivorship-Bias-bereinigt. ► Weitere Anmerkungen: siehe Tabelle 2.

Die in Tabelle 2 und 3 dargestellten Zahlen werden für Fonds mit Domizil in den USA, Europa und einigen andere Regionen von Standard & Poor’s (S&P) seit rund 20 Jahren für die gezeigten und viele andere Assetklassen alle sechs Monate aktualisiert.10 Die Studien sind unter dem Namen »SPIVA« bekannt. Mit seltenen Ausnahmen sind die Ergebnisse in jeder halbjährlichen SPIVA-Aktualisierung in ihrer Grundaussage sehr stabil: Der durchschnittliche aktive Fonds unterperformt und diese Underperformance nimmt mit der Länge des Betrachtungszeitraums zu.

Nun könnte jemand einwenden, dass die Underperformance der meisten Fonds letztlich keine Rolle spiele, denn dieses Problem lasse sich umgehen, indem man einfach einen der wenigen Outperformer-Fonds herauspickt. Selbst wenn nur 1% aller Fonds langfristig zu dieser Siegergruppe gehörte, würde das ja genügen. Leider führt diese auf den ersten Blick naheliegende Schlussfolgerung – die wohl viele Privatanleger anstellen – in die Irre.

Die kleine Gruppe der Outperformer-Fonds – zwischen 0% und knapp 50%, je nach Zeitfenster – wechselt nämlich in ihrer Zusammensetzung von Betrachtungsperiode zu Betrachtungsperiode. Das Zeitfenster kann ein bestimmtes Kalenderjahr sein, die letzten zehn Jahre, die 20 Jahre von 1996 bis 2015 oder jeder andere denkbare Zeitraum.

Wählt man rückblickend das »richtige« Zeitfenster, wird fast jeder Anleger und jeder Fondsmanager irgendwann einmal ganz vorne gelegen haben. Nur hilft das einem Investor leider nicht für die Zukunft oder für die »Gesamtperiode«. Es würde ihm nur helfen, wenn es hinreichend hohe Performance-Konstanz gäbe, und das ist leider nicht der Fall. Das illustriert Tabelle 3. (Die zugrunde liegenden Fonds sind in Tabelle 3 dieselben wie in Tabelle 1 und 2.)

Fondskategorie/Assetklasse (Anlageschwerpunkt)

Jahr 2 2019

Jahr 3 2020

Jahr 4 2021

Jahr 5 2022

Aktien – Welt-Industrieländer

44,4%

28,4%

7,5%

0,4%

Aktien – Welt-Schwellenländer

13,4%

6,1%

3,7%

0%

Anleihen – Unternehmensanl.

18,0%

12,8%

1,3%

0%

Anleihen – Staatsanleihen

28,9%

23,1%

0%

0%

Anleihen – Hochzinsanleihen

15,0%

7,5%

5,0%

2,5%

Tabelle 4: Wie viele Top-Quartil-Fonds (Top 25%) aus Kalenderjahr 2018 (Jahr 1) schaffen es in den nachfolgenden vier Jahren, ununterbrochen im Top-Quartil zu verbleiben?

► Quelle: S&P Dow Jones Indices »Europe Persistence Scorecard Year End 2022«. ► In Europa domizilierte (ansässige) aktiv gemanagte Investmentfonds.

Zur Interpretation der Daten in Tabelle 4: In den Zeilen wird der Prozentsatz derjenigen aktiven Fonds gezeigt, die im Jahr 2018 (Jahr 1) das »Top-Quartil« aller Fonds für die betreffende Assetklasse bildeten (die 25% aller Fonds mit der höchsten Rendite im Jahr 2018). Im darauffolgenden Jahr 2019 (Jahr 2) wird der Prozentsatz der Fonds genannt, die in Jahr 1 und Jahr 2 zum Top-Quartil gehörten, im Jahr 3 die Fonds, die ununterbrochen in allen drei Jahren im Top-Quartil blieben etc. Der Anteil dieser »kontinuierlichen Gewinnerfonds« nimmt augenscheinlich von Jahr zu Jahr ab.

Bei vollständiger Performance-Konstanz müsste in allen Zellen der Tabelle 4 »100%« stehen, weil die Top-Quartil-Fonds des Vorjahres auch im Folgejahr ausnahmslos ihre Zugehörigkeit zum Top-Quartil behaupten konnten. Wäre das Verbleiben im Top-Quartil ab Jahr 2 bis Jahr 5 ein rein zufallsgesteuerter Prozess, wäre die Zahlenreihe folgendermaßen: Jahr 2: 25,0%, Jahr 3: 6,3%, Jahr 4: 1,6%, Jahr 5: 0,4%. Mit anderen Worten: Die tatsächliche Performance-Konstanz ist kümmerlich und bewegt sich nur marginal über derjenigen, die allein der Zufall hervorbrächte. Wenn Sie mich fragen: ein Desaster.

Dass ein Fonds von einem Zeitpunkt T in der Vergangenheit bis zur Gegenwart (ob die letzten zwölf Monate oder die letzten zehn Jahre) eine überdurchschnittliche Rendite hatte, bedeutet also für die Zukunft nichts. Hierbei haben wir noch nicht einmal berücksichtigt, dass jeder Fondswechsel Transaktionskosten für Kauf und Verkauf produziert und im Falle positiver Renditen steuerliche Nachteile hat.

Und wer partout auf Basis von beobachtbaren Vergangenheitsdaten Fonds auswählen wollte, führe statistisch besser mit der folgenden Methode: Ich nehme den Fonds mit der niedrigsten Kostenquote. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher Fonds im Folgezeitraum zum Top-Quartil gehört, ist höher als für das Kriterium »Top-Quartil-Fonds in der Vorperiode«.

Faktisch ist es also unmöglich, Gewinnerfonds der Zukunft anhand des Kriteriums »vergangene Rendite« mit einer Treffsicherheit zu identifizieren, die nennenswert über der des statistischen Zufalls liegt. Fonds-Ratings basieren überwiegend auf der Rendite in der jüngeren Vergangenheit und sind daher für die Zwecke der Auswahl von Fonds ebenfalls nutzlos (siehe Abschnitt 3.12 – Fonds-Ratings).

Zu den in den Tabellen 2 bis 4 dargestellten Sachverhalten existiert eine kaum noch überblickbare Zahl wissenschaftlicher Untersuchungen, die methodisch anspruchsvoller ist als die SPIVA-Studien. Diese Untersuchungen decken buchstäblich jede Periode, jede Assetklasse und jedes Land ab, für das brauchbare Daten existieren. Zu den besonders renommierten Analysen gehören Sharpe 1966, Jensen 1968, Malkiel 1995, Brown/Goetzmann 1995, Goetzmann/Ibbotson 1994, Carhart 1997, Wermers 2000, Barras u.a. 2010, Goyal/Wahal 2008, Cornell 2009, Fama/French 2010, Hackethal u.a. 2012b, Cici/Gibson 2012, Benke/Ferri 2013, Bogle 2014, Busse u.a. 2014, Pastor u.a. 2015, Choi/Zhao 2021 sowie Bessembinder u.a. 2023.

Infobox: »Benchmark« – was es darüber zu wissen gibt

Benchmark ist der englische Ausdruck für Vergleichsmarke oder Vergleichsmaßstab. Wertpapierindizes werden häufig als Benchmark für aktiv gemanagte Portfolios, inklusive Fonds, verwendet. Da Renditeerzielung oder Investmenterfolg eigentlich immer »relativ« ist, braucht letztlich jedes Investment eine Benchmark. Die einfachste und naheliegendste Benchmark ist die Inflation bzw. Inflationsrate im eigenen Land. Für ein aktiv gemanagtes Portfolio sollte normalerweise ein passives Buy-and-Hold-Portfolio aus Indexfonds/ETFs mit etwa dem gleichen Ex-Ante-Risikograd die Benchmark sein (z.B. gemessen an der Renditevolatilität). In wissenschaftlichen Studien zur Performance aktiver Portfolios werden präzisere, »korrektere« Benchmarken für aktive Portfolios formuliert, die typischerweise aber ebenfalls auf dem Grundkonzept passives Buy-and-Hold-Vergleichsportfolio basieren. Hingegen ist eine absurd falsche Benchmark für einen aktiv gemanagten Fonds der sogenannte (Fonds-)Sektordurchschnitt, also die von einem Finanzportal, einer Fonds-Ratinggesellschaft oder einem Vermögensverwalter ermittelte Durchschnittsrendite »vergleichbarer« aktiv gemanagter Fonds. Das ist typischerweise ein Versuch, den betreffenden aktiv gemanagten Fonds oder das Portfolio besser aussehen zu lassen, als er bzw. es tatsächlich ist. Man könnte auch sagen: Benchmarking nach dem Prinzip »Unter den Blinden ist der Einäugige König«.

Wie wir in diesem Buch noch sehen werden, führen bereits kleine Prozentsatzunterschiede in der jährlichen Rendite von zwei Investments A und B durch den Zinseszinseffekt über lange Zeiträume hinweg zu enormen Unterschieden im Vermögensendwert.11 Hierbei ist zu bedenken, dass wir alle – ob uns das immer klar bewusst ist oder nicht – über 20 bis vielleicht 50 Jahre hinweg sparen und investieren.

Über einen Zehnjahreszeitraum liegt die Rendite p.a. des durchschnittlichen aktiv gemanagten Fonds, je nach Untersuchung und Assetklasse, zwischen etwa einem halben Prozentpunkt und etwa 3 Prozentpunkten p.a. unter der Indexrendite. Man male sich dieses Desaster einmal in den plastischen Kategorien des Endvermögenswertes aus: Unterstellen wir einen Privatanleger Franz, der über 30 Jahre hinweg in einen typischen aktiv gemanagten Aktienfonds investiert. Dieser aktive Aktienfonds rentiert um 1,5 Prozentpunkte unter einem entsprechenden Indexfonds. Privatanlegerin Franziska investiert dagegen in den Indexfonds auf Buy-and-Hold-Basis. Nach 30 Jahren wird der Vermögensendwert von Franziska um gut 50% höher liegen als der von Franz. Den beträchtlichen Steuervorteil, den Buy and Hold hat (den ich in Kapitel 8 quantifiziere), habe ich hierbei noch nicht einmal mit eingerechnet.

Es kommt aber noch schlimmer: Die vom typischen aktiven Privatanleger in Investmentfonds tatsächlich realisierten Renditen liegen im Durchschnitt wiederum rund 1,5 Prozentpunkte p.a. unterhalb der von aktiven Investmentfonds publizierten Rendite, die ja ihrerseits die Marktrendite deutlich unterschreitet, wie wir oben gesehen haben. Der Grund: Die Mehrheit der Anleger handelt »prozyklisch«, trifft also auf lange Sicht renditeschädliche Timing-Entscheidungen (»zu ungünstigen Zeitpunkten rein- oder rausgehen«). Auf diesen Sachverhalt – Renditeschäden durch schlechtes Timing und seine Ursachen – komme ich gesondert in Abschnitt 3.4 (Fehler 4: Recency Bias, → Return Chasing) zurück.

Aus Platzgründen zeige ich hier nur Zahlen und Daten zum kärglichen → Track Record (Leistungsbilanz) von Investmentfonds, weil für diesen Typus aktiv gemanagter Portfolios – wie weiter oben erwähnt – die beste Datengrundlage besteht. Dessen ungeachtet liefern die wissenschaftlichen Studien zu anderen Formen aktiven Managements im Wesentlichen die gleichen Ergebnisse. Auf viele dieser anderen Formen aktiven Investierens und deren unspektakuläre Rendite-Risiko-Bilanz gehe ich im weiteren Verlauf dieses Buches noch gesondert ein, darunter:

Hedgefonds: Abschnitt 4.7

Private-Equity-Investments: Abschnitt 4.8

Zertifikate: Abschnitt 4.10

»Guru-Investing«: Abschnitt 3.11

Private Banking: Abschnitt 3.18

Die Stiftungsvermögen amerikanischer Eliteuniversitäten (»University Endowments«): siehe den Blogbeitrag meiner Kollegin Bergemann und mir: Kommer/Bergemann 2022

Bis hierher haben wir hauptsächlich die wenigen vorzeigbaren Resultate von »delegiertem Investieren« betrachtet, also »Investieren mit Outsourcing der meisten oder aller Anlageentscheidungen an einen Profi«, sei das ein Fondsmanager oder ein Banker. Doch wie sieht es aus mit echtem Do-it-yourself-Anlegen in Einzelpapiere? Erzielen Privatanleger, die in Eigenregie anlegen, insgesamt bessere Ergebnisse?

Leider muss ich auch hier sagen: Fehlanzeige. Das summarische Ergebnis dürfte für DIY-Anleger genauso schlecht bzw. vermutlich sogar noch schlechter sein als beim Investieren in aktiv gemanagte Publikumsfonds. Um Platz zu sparen, werde ich hier keine spezifischen Zahlen nennen, sondern lediglich auf einige bekannte Studien verweisen, die sich diejenigen Leser selbst ansehen können, denen meine allgemeine Aussage und Zusammenfassung hier nicht granular genug ist: Odean 1999, Barber/Odean 2000, Glaser/Weber 2007, Anderson 2007, Hackethal u.a. 2012b, Florentsen u.a. 2019, Cilla u.a. 2019, Chague u.a. 2020, D’Hondt u.a. 2022, Swedroe 2023a, Naranjo u.a. 2023, The Economist 2023, Hackethal u.a. 2023. (Alle diese [englischsprachigen] Untersuchungen enthalten am Anfang ein kurzes »Abstract«, das man in drei Minuten lesen kann.)

Wenn in den Medien oder in Ratgeberbüchern im scheinbaren Widerspruch zu den hier zusammengefassten Forschungsergebnissen von hohen spektakulären Renditen einzelner Gurus, einzelner aktiver Anlagestrategien oder bestimmter Finanzprodukte berichtet wird, dann erklärt sich das in den meisten Fällen recht einfach durch einen der folgenden fünf Taschenspielertricks:

Der fragliche Outperformance-Zeitraum ist aus statistikwissenschaftlicher Sicht lächerlich kurz und beweist damit in Bezug auf Können (statt Zufall) als Ursache und Wiederholbarkeit in der Zukunft von vornherein nichts (siehe dazu Tabelle 32 in Abschnitt 3.10).

Rosinenpicken beim Zeitfenster: So schlecht kann eine aktive Strategie gar nicht sein, als dass sie nicht irgendwann einmal für begrenzte Zeit (einschließlich z.B. der letzten 18 Monate bis »heute«) fast alles andere schlägt.

Rosinenpicken beim Portfolio: Nehmen wir an, eine Fondsgesellschaft betreibt 25 verschiedene Fonds. Im YouTube-Video schwadroniert ihr Vorstand stolz über einen einzelnen dieser 25 Fonds, der außerordentlich rentabel ist (die anderen Fonds werden nicht erwähnt). Nur leider bedeutet die »tolle Rendite« des einen Fonds sehr wahrscheinlich nichts in Bezug auf echte Kompetenz. Hätte diese Fondsgesellschaft tatsächlich echtes Können, müsste der gewichtete Durchschnitt aller ihrer 25 lebenden (und etwaiger toter, früher eingestampfter) Fonds eine attraktive Rendite haben, nicht nur ein einzelner Fonds.12

Rosinenpicken bei der Benchmark: Gegen die »richtige« Vergleichsmarke kann jeder gut aussehen.

Es handelt sich von vornherein nicht um verlässlich dokumentierte Fakten, sondern lediglich um Behauptungen oder »Geschichten«.

Prüft man einen gegebenen Fall von angeblicher Outperformance auf diese fünf eigentlich banalen Kriterien, besteht nach meiner Einschätzung eine 90-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass er sich als Fiktion oder wahrscheinliche Fiktion herausstellt.

Fazit

Aktives Investieren in seinen beinahe unendlich vielen Formen hat einen miserablen Track Record. Im weiteren Verlauf dieses Buches werden wir die enttäuschende Bilanz noch aus vielfältigen anderen Blickwinkeln betrachten.13 In den zwei nächsten Abschnitten erfahren wir, warum die hier berichteten Desasterzahlen zu aktivem Investieren kein Zufall sind, sondern zwingend aus der ökonomischen Sachlogik folgen.

In den Kapiteln 9 und 10 werde ich eine überlegene Alternative präsentieren.

1.3Mehr als 50% aller aktiven Anleger müssen per Mathegesetz unterperformen

Im vorigen Abschnitt haben wir gesehen, dass die Mehrheit der aktiven Anleger ihre passive Benchmark unterperformt, dass diese Underperformance mit der Länge des Betrachtungszeitraums zunimmt, dass die Minderheit der aktiven Outperformer in einem bestimmten Zeitfenster diese Leistung vermutlich durch Zufall erzielte und diese Outperformance daher in der entsprechenden Folgeperiode in Underperformance drehen wird.

Dieses von unabhängigen Wissenschaftlern und Institutionen wie S&P oder Morningstar in den letzten 60 Jahren immer und immer wieder bestätigte Ergebnis hat zwei Hauptursachen. Die erste behandele ich in diesem Abschnitt, die zweite im folgenden Abschnitt.

Hauptursache Nr. 1 kann man nach dem Titel eines berühmten Aufsatzes von William Sharpe, einem Wirtschaftsnobelpreisträger aus dem Jahr 1991, benennen: »Die Arithmetik des aktiven Investierens« (Sharpe 1991).14

Die Quintessenz der Analyse in Sharpes eigentlich einfachem, aber brillanten Artikel ist wie folgt: Bei korrektem Vergleich muss das Kollektiv der aktiven Anleger innerhalb einer Assetklasse immer eine Nettorendite (Bruttorendite abzüglich Kosten) produzieren, die unterhalb des Kollektivs aller passiven Anleger liegt, oder – noch etwas genauer – alle aktiv investierten Geldeinheiten müssen im Durchschnitt eine schlechtere Nettorendite haben als alle passiv investierten Geldeinheiten. Das gilt ausnahmslos und für jede Betrachtungsperiode, ob kurz oder lang.

Weil diese Feststellung, wenn man ihr zum ersten Mal begegnet, verblüffend und zugleich sehr praxisrelevant ist, möchte ich sie im O-Ton des großen Meisters wiedergeben:

»Wenn man die Begriffe ›aktives‹ und ›passives‹ Portfoliomanagement korrekt definiert, dann sind folgende Aussagen zwangsläufig wahr: Erstens, vor Kosten ist die Rendite der durchschnittlichen aktiv gemanagten Geldeinheit genauso hoch wie die der durchschnittlichen passiv gemanagten Geldeinheit. Zweitens, nach Kosten ist die Rendite der durchschnittlichen aktiv gemanagten Geldeinheit niedriger als diejenige der durchschnittlichen passiv gemanagten. Diese zwei Aussagen gelten für jede Zeitperiode und setzen keine zusätzliche Annahme voraus.« (Sharpe 1991)

Auch wenn jeder einzelne Investor plötzlich die Expertise eines Warren Buffett besäße oder gar bei seinen Investitionsentscheidungen fast ausschließlich Volltreffer landen würde, gälte das Gesetz weiterhin. Alle Anleger zusammen bilden den Markt, also den Index; daher kann nie mehr als die Hälfte ihrer Gelder über der Durchschnittsrendite des Marktes liegen. Man könnte diese mathematische Notwendigkeit statt »Arithmetik des aktiven Investierens« auch als das »Renditenullsummengesetz« bezeichnen (siehe den Eintrag → »Nullsummenspiel« auf der deutschen Wikipedia).

Statistisch hat jede aktiv angelegte Geldeinheit also von vornherein nur eine 50%-Chance, vor Kosten mehr am Kapitalmarkt zu verdienen als die durchschnittliche Geldeinheit. Nach Kosten ist die Outperformance-Chance noch niedriger als 50%. Dieses Gesetz ist so sicher wie die Gravitation und hängt nicht von der Informationseffizienz der Wertpapiermärkte (der Effizienzmarkthypothese) ab, auf die ich im folgenden Abschnitt eingehe.15

Sharpes Feststellung sagt also: Im Durchschnitt rentieren aktive und passive Investments innerhalb einer Assetklasse vor Kosten exakt gleich. Nach Kosten müssen die aktiven Investments jedoch als Gruppe schlechter rentieren, denn aktive Anleger als Gruppe produzieren notwendigerweise höhere Nebenkosten des Investierens als passive Anleger.

Dass in vielen von der Finanzbranche angestellten Untersuchungen mehr als die Hälfte aller aktiven Anleger (das können z.B. Fonds oder Vermögensverwalter sein) über ihrer Benchmark liegt (also scheinbar Sharpes Renditenullsummengesetz verletzt wird), lässt sich zumeist dadurch erklären, dass hier mit der Benchmark geschummelt wird (Swedroe 2022).

Nun könnte ein einzelner aktiver Anleger die praktische Relevanz des Renditenullsummengesetzes bestreiten, wenn sich belegen ließe, dass stets oder jedenfalls überwiegend bestimmte Anleger den Marktdurchschnitt schlagen. Wie bereits im vorigen Abschnitt 1.1 deutlich geworden ist, spricht die empirische Realität gegen diese Vorstellung. Im unmittelbar folgenden Abschnitt zeige ich, dass auch die Theorie gegen sie spricht.

In Bezug auf das Stichwort »Nullsummenspiel« darf man allerdings nicht außer Acht lassen, dass die Wertpapiermärkte als Ganzes – wie auch die Marktwirtschaft schlechthin – ein Positivsummenspiel sind. Hier ist es eben nicht so, dass der eine nur gewinnen kann, was der andere verliert, sondern die volkswirtschaftlichen Gewinne und Einkommen überwiegen langfristig die Verluste, weil die Marktwirtschaft – besser als jedes andere System – Kapital dahin lenkt, wo es volkswirtschaftlich am besten angelegt ist und nur so das dezentrale Wissen von buchstäblich Milliarden von Menschen wirtschaftlich optimal nutzbar macht (Hayek 1945). Bezogen auf die Börse als Teilsystem der Marktwirtschaft heißt das: Die langfristige Gesamtrendite des Wertpapiermarktes ist positiv.

1.4Die Efficient-Market-Theorie – einfach, mächtig und vielfach missverstanden

Die Efficient Market Hypothesis (EMH) zeichnet sich durch drei Merkmale aus: (a) Sie wird außerordentlich häufig angegriffen, (b) sie hat, – wenn sie gültig ist – unter allen Forschungsergebnissen der Finanzökonomie die größte praktische Bedeutung für Anleger und (c) sie ist erstaunlich simpel. Die EMH lässt sich ohne nennenswerten Präzisionsverlust im folgenden Satz zusammenfassen:

Allein mit öffentlichen Informationen ist es unwahrscheinlich, eine korrekt gewählte Benchmark zuverlässig (systematisch) zu schlagen (zu outperformen).

Oft wird in diesem Zusammenhang auch einfach (und eher missverständlich) »Markt« statt »korrekt gewählte Benchmark« gesagt. Seit der Erfindung von Indexfonds Anfang der 1970er-Jahre kann man in nahezu jede für Privatanleger relevante Benchmark zu sehr geringen Kosten investieren. »Korrekt gewählte Benchmark« heißt – und das ist außerordentlich wichtig – »unter fachlich korrekter Berücksichtigung von Kosten, Steuern und Risiko«.

»Öffentliche Informationen« sind Informationen, die allgemein verfügbar sind, also insbesondere Informationen, die in den Medien und im Internet publiziert wurden, einschließlich natürlich die Informationen, die vom Emittenten eines Wertpapiers (einem Unternehmen bei einer Aktie) selbst stammen. Nicht nur harte Fakten, sondern auch öffentlich verbreitete Vermutungen, Gerüchte, Meinungen, »Marktsentiments«, Prognosen und Ähnliches sind Informationen. Alles, was nicht Insider-Informationen im aktienrechtlichen Sinne dieses Begriffes sind, sind öffentliche Informationen.

Die EMH sagt mithin, dass der Markt öffentliche Informationen nahezu sofort einpreist. Er ist »informationseffizient«. Wo hohe Informationseffizienz vorliegt, ist es für einen Anleger nahezu unmöglich, durch die Nutzung dieser öffentlich verfügbaren Informationen systematisch Geld zu verdienen, im Sinne von: eine passive Buy-and-Hold-Strategie (»den Markt«) auf lange Sicht oder verlässlich zu schlagen. Unmöglich vor allem deswegen, weil diese Informationen zuallermeist schon eingepreist sind, bevor er darauf reagieren kann. (Diese strenge »100%-Interpretation« von Informationseffizienz würde jedoch den Markt aus Zufall/Glück zu schlagen nicht ausschließen.)16

Dinge, die voraussehbar, aber noch nicht tatsächlich geschehen sind, sind ebenfalls schon eingepreist. Beispiel: Der amerikanische Staat kündigt eine Absenkung der Körperschaftsteuer an (was die Unternehmensgewinne nach Steuern erhöhen würde), die erst in drei Jahren in Kraft tritt. Der positive Effekt dieser Information im Aktienmarkt wird natürlich großenteils im Moment der Ankündigung erfolgen, nicht erst im Moment des Vollzuges drei Jahre später. Realistischerweise wird der Effekt sogar noch früher geschehen, nämlich dann, wenn die ersten leisen Gerüchte über eine solchen Steuerplan durchsickern.

Neue, noch nicht eingepreiste Informationen sind solche, die noch nicht öffentlich bekannt sind, auch nicht als bloße Vermutung. Neue Informationen wurden nicht erwartet und müssen in gewisser Weise »Überraschungen« sein, sind also noch nicht eingepreist. Wenn sie erwartet worden wären, wären sie nicht neu und hätten den Preis schon beeinflusst.

Eine Information, die vor 50 Minuten eingetroffen ist, ist keine neue Information mehr, obwohl sie vielleicht umgangssprachlich noch für einige Zeit als »neu« bezeichnet wird, sondern eine bekannte, alte Information, die sehr wahrscheinlich schon eingepreist ist. Real existieren können stets nur alte Informationen.

Die anlegerspezifische Interpretation einer Information im Sinne einer Verarbeitung konstituiert eine Anlagestrategie, keine Information. (Und diese Interpretation kann falsch, also renditeschädlich sein, selbst wenn die betreffende Information noch nicht eingepreist wäre.)

Erhält der Markt nun tatsächlich eine neue, definitionsgemäß unerwartete Information, passt sich der Marktpreis – das ist ein Kernelement der EMH – sehr schnell an. Der Markt, d. h. einige Anleger, reagiert mit Käufen bzw. Verkäufen so früh, dass eine etwaige Reaktion durch den Rest der Anleger mehrheitlich zu spät kommt. Durch nicht strafrechtlich festgestelltes/geahndetes Insider Trading erfolgt die Preisanpassung oft genug sogar schon vor der Veröffentlichung der betreffenden Informationen.

Wenn Wertpapierkurse zu einem gegebenen Zeitpunkt sehr wahrscheinlich schon alle öffentlichen Informationen beinhalten, dann ist der gegenwärtige Marktpreis die beste Schätzung des zukünftigen Marktpreises. Andere Schätzungen sind nur aus Zufall besser (oder schlechter). Mit öffentlich zugänglichen Informationen kann man, so die EMH, den Markt nicht zuverlässig schlagen. Wer es probiert, schlägt ihn nur aus Glück, und jedem, der Glück hat, steht einer gegenüber mit Pech, der relativ zur Marktrendite Geld verliert.

Ein Kernelement zum Verständnis der EMH ist das Konzept der Arbitrage, das (schnelle) Eliminieren offensichtlicher Gewinnchancen durch Marktteilnehmer, soweit diese Gewinnchancen nicht auf Risiko (Unsicherheit) oder Arbitrage-Hindernisse (z.B. gesetzliche Beschränkungen oder hohe Transaktionskosten) zurückzuführen sind.

Arbitrage ist definitionsgemäß immer risikolos. In Bezug auf Wertpapiere bedeutet das »Gesetz des Preisausgleichs«, dass zwei Finanz-Assets mit dem gleichen erwarteten Risikograd und Cashflow auch die gleiche erwartete Rendite haben müssen, andernfalls würde es sich lohnen, das Finanz-Asset A mit dem niedrigeren Preis zu kaufen und simultan zu einem höheren Preis zu verkaufen. Soweit zwei identische Finanz-Assets in einem Markt tatsächlich unterschiedliche Preise haben, ist dieser Zustand (a) entweder nur temporär (bis er wegarbitriert ist), (b) sind die Transaktionskosten für Kauf und Verkauf genauso hoch wie oder höher als die Preisunterschiede und verhindern so die Preisangleichung, (c) verhindern rechtliche, steuerliche oder marktstrukturelle Hemmnisse die Arbitrage oder (d) sind die relevanten Assets eben doch nicht hinreichend identisch.

Es existieren wenige Investmentkonzepte, deren solides Verständnis für Privatanleger so wichtig ist wie das der Arbitrage. Arbitrage beruht auf dem sogenannten Gesetz des Preisausgleichs (engl. »Law of One Price«).

Infobox: »Marktkapitalisierung« – ein Schlüsselbegriff beim Investieren

Marktkapitalisierung (MK) existiert als Konzept für alle Assetklassen. Stark vereinfacht heißt MK einfach »Marktwert«, doch die Praxis ist komplexer.

Marktkapitalisierung bei Aktien: Andere Bezeichnungen für MK sind hier »Börsenwert« oder »Börsenkapitalisierung«. Die MK eines börsennotierten Unternehmens entspricht dem Aktienkurs multipliziert mit der Anzahl der umlaufenden Aktien. Konzeptionell repräsentiert die MK den aktuellen Marktwert des Eigenkapitals des Unternehmens. Die MK ist somit nicht der gesamte Marktwert des Unternehmens (wie viele Anleger glauben), sondern nur der des Eigenkapitals, also Marktwert des Gesamtkapitals abzüglich Marktwert des Fremdkapitals (der Schulden bzw. Verbindlichkeiten) – man könnte auch sagen: »Marktwert aller Vermögenswerte minus Marktwert der Schulden«.17 Die MK ist vom Buchwert des Eigenkapitals zu unterscheiden, der in der Unternehmensbilanz steht. Die MK lässt sich auch kollektiv für einen nationalen oder regionalen Markt bzw. einen Index wie den DAX oder den MSCI World errechnen, also für eine wie auch immer definierte Gruppierung von Aktiengesellschaften. Dann ist die MK die Summe der individuellen MKs aller in diesem Land oder dieser Region börsennotierten Unternehmen.

Marktkapitalisierung bei Anleihen: Hier entspricht die MK dem Anleihenkurs multipliziert mit der Anzahl der umlaufenden Anleihen. Die MK aller Anleihen weltweit zusammengenommen (Staatsanleihen und Unternehmensanleihen) übertrifft die kollektive MK aller Aktien.

In den meisten Aktienindizes entspricht das Gewicht eines einzelnen Unternehmens dem Anteil seiner MK an der MK aller Unternehmen im zugrunde liegenden Universum. Man spricht dann von einem marktkapitalisierungsgewichteten Index.

Ein wichtiger Spezialaspekt der EMH ist die »Random-Walk-Theorie« (Zufallslauftheorie). »Random Walk« ist ein Begriff aus der allgemeinen Statistik, der bezogen auf die Börse den Verlauf von Aktienkursen im Zeitablauf beschreibt. Gelegentlich begegnet man in Internetforen und in den Wirtschaftsmedien dem Irrglauben, das Random-Walk-Konzept sei von realitätsfernen Finanzprofessoren erfunden worden. Das ist nicht korrekt. Random-Walk-Verhalten von Daten existiert auch in Chemie und Physik.

Die Random-Walk-Theorie sagt aus, dass historische Kursverläufe keine Aussagen über künftige Kursverläufe zulassen. Tatsächlich lässt sich zeigen, dass der Verlauf von Aktienkursen – nach Berücksichtigung des normalen langfristigen Aufwärtstrends von real rund 0,023% pro Trading-Tag für einen Standardwerteindex – kein kurz- oder mittelfristiges Muster enthält, das nicht auch durch Zufall entstanden sein könnte. Eine kurze, nicht technische Zusammenfassung der Random-Walk Theorie bezogen auf Aktienkurse findet sich in Jacobs/Weber 2016.

Selbst Aktienexperten sind nicht in der Lage, Kursdiagramme, die per Zufallsgenerator mit einprogrammierter Aufwärtsdrift erzeugt wurden, zuverlässig von echten Kursdiagrammen zu unterscheiden. Der Wertpapiermarkt hat kein »Gedächtnis«. Die Kurse von gestern bedeuten kurz- und mittelfristig nichts für die Kurse von heute.

Beispielsweise beträgt die »Autokorrelation« der Kalendermonatsrenditen des US-Aktienmarkts seit 1926 lediglich plus 0,09 (also de facto null, sprich, es gibt statistisch keinerlei Zusammenhang zwischen der Rendite in Kalendermonat 1 und in Kalendermonat 2). Die Autokorrelation ist die Korrelation zwischen der Rendite über den Zeitraum T mit der Rendite über den entsprechenden Zeitraum danach (mehr zum Konzept der Korrelation in Abschnitt 2.1.3).

Die Wurzeln der EMH gehen auf die drei Franzosen Henri Lefèvre (1827–1885), Jules Regnault (1834–1894) und Louis Bachelier (1870–1946) zurück. Lefèvre und Regnault waren Wertpapierhändler, Bachelier akademischer Mathematiker. In neuerer Zeit haben die beiden amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Paul Samuelson (1915–2009) und Eugene Fama (geb. 1939) seit den 1960er-Jahren am meisten zur Weiterentwicklung der EMH beigetragen.