Soziale Kompetenz bei Kindern und Jugendlichen -  - E-Book

Soziale Kompetenz bei Kindern und Jugendlichen E-Book

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Beschreibung

Im Zuge steigender gesellschaftlicher Unsicherheit sind soziale Kompetenzen zentral für eine gelungene Entwicklung von Kindern und Jugendlichen und Grundlage der sozialen Inklusion in einer diversen Zivilgesellschaft. Über welche sozialen Kompetenzen verfügen Heranwachsende, und wie können sie wirksam gefördert werden? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt des Buchs, in dem renommierte deutschsprachige Forschende ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Entwicklung und Förderung sozialer Kompetenz darstellen. Durch eine integrative Perspektive auf theoretische Erkenntnisse und Praxisbefunde spricht das Buch Studierende, Forschende und im erzieherischen und therapeutischen Umfeld tätige Personen gleichermaßen an.

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Tina MaltiSonja Perren (Hrsg.)

Soziale Kompetenz bei Kindern und Jugendlichen

Entwicklungsprozesse und Förderungsmöglichkeiten

2., überarbeitete und erweiterte Auflage

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

2., überarbeitete und erweiterte Auflage 2016

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-025713-9

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-025714-6

epub:    ISBN 978-3-17-025715-3

mobi:    ISBN 978-3-17-025716-0

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Inhalt

 

 

 

 

Einführung

Tina Malti und Sonja Perren

A Entwicklung sozialer Kompetenz in Kindheit und Adoleszenz

1 Frühe soziale Kompetenz unter Kindern

Heidi Simoni, Judith Herren, Silvana Kappeler und Batya Licht

1.1 Einleitung

1.2 Methode

1.3 Ergebnisse zum sozialen Interesse und Engagement von Kleinkindern

1.4 Ergebnisse zum frühen sozialen Spiel

1.5 Ergebnisse zu Formen und Verlauf des frühen prosozialen Verhaltens

1.6 Ergebnisse zu Konfliktmotiven in den ersten beiden Lebensjahren

1.7 Diskussion

2 Entwicklungsbedingungen von kindlichem Mitgefühl

Jutta Kienbaum

2.1 Einleitung

2.2 Methode

2.3 Ergebnisse

2.4 Diskussion

3 Mitgefühl, soziales Verstehen und prosoziales Verhalten: Komponenten sozialer Handlungsfähigkeit in der Kindheit

Tina Malti, Sybille Bayard und Marlis Buchmann

3.1 Einleitung

3.2 Befunde aus einer eigenen Untersuchung

3.3 Diskussion

4 Soziale Kompetenzen von mobbinginvolvierten Kindern

Adrian Baumgartner und Françoise D. Alsaker

4.1 Einleitung

4.2 Mobbing: Definition und Epidemiologie

4.3 Soziale Kompetenzen von mobbinginvolvierten Kindern: Empirische Befunde

4.4 Bedarf für soziale Kompetenztrainings bei mobbinginvolvierten Kindern

5 Selbst- und fremdbezogene soziale Kompetenzen: Auswirkungen auf das emotionale Befinden

Sonja Perren, Maureen Argentino-Groeben, Stephanie Stadelmann und Kai von Klitzing

5.1 Soziale Kompetenz und psychosoziale Anpassung

5.2 Aktuelle Befunde aus der eigenen Forschung

5.3 Schlussfolgerungen und Implikationen für die Praxis

6 Entwicklung soziomoralischer Sensibilität: ein handlungsbezogener Ansatz

Monika Keller und Günter Becker

6.1 Einleitung

6.2 Perspektivenübernahme als Grundlage von sozialem Verstehen, moralischem Urteil und Verhandlungsstrategien

6.3 Soziomoralische Sensibilität: Kognition, Gefühl und Handlung

6.4 Entwicklungsstufen der soziomoralischen Sensibilität in Freundschaft

6.5 Ergebnisse einer Gruppendiskussion über das Freundschaftsdilemma

6.6 Förderung soziomoralischer Sensibilität durch Dilemma- Diskussionen

6.7 Zusammenfassung und Ausblick

7 »On the move« – Soziale Kompetenz und Identität im Kindes- und Jugendalter

Angela Ittel

7.1 Soziale Kompetenz und Identität von Kindern und Jugendlichen mit mehrfacher Mobilitäts- und Migrationserfahrung

7.2 Mobilitäts- und Migrationsprozesse

7.3 Kulturschock

7.4 Highly Mobile Kids (HmK)

7.5 Methode

7.6 Auswertung

7.7 Zusammenfassung und Diskussion

B Förderung sozialer Kompetenz: Ansätze zur Prävention und Intervention

8 Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen im Vorschulalter: Ergebnisse der Augsburger Längsschnittstudie zur Evaluation des primärpräventiven Programms Papilio

®

(ALEPP)

Herbert Scheithauer, Rebecca Bondü, Markus Hess und Heidrun Mayer

8.1 Zur Bedeutung sozial-emotionaler Kompetenz im Vorschulalter

8.2 Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen und Prävention von Verhaltensproblemen

8.3 Ergebnisse der Augsburger Längsschnittstudie zur Evaluation des primärpräventiven Programms Papilio

®

(ALEPP)

8.4 Ergebnisse

8.5 Diskussion und Ausblick

9 Förderung sozialer Kompetenz bei Vorschulkindern: Ein sozial-kognitives Trainingsprogramm zur Prävention kindlicher Verhaltensprobleme

Andreas Beelmann und Stefanie Jaursch

9.1 Einleitung

9.2 Theoretische Grundlagen

9.3 Konstruktion und allgemeine Programmbeschreibung

9.4 Bisherige Evaluationen

10 Förderung sozial-emotionaler Kompetenzen in Kindergärten, Grundschulen und in der Sekundarstufe: Konzeption und Evaluation der Faustlos-Curricula

Andreas Schick

10.1 Einleitung

10.2 Theoretische Grundlagen und Struktur der Faustlos-Curricula

10.3 Inhalte der Faustlos-Curricula

10.4 Materialien und Umsetzung

10.5 Fortbildung

10.6 Evaluationsstudien

10.7 Diskussion und Ausblick

11 Von der Koregulation zur Selbstregulation: Entwicklungsförderliche Begleitung sozial-emotionaler Kompetenz in Kindertagesstätten

Judith Rebecca Nass, Eva-Maria Schiller und Joscha Kärtner

11.1 Sozial-emotionale Entwicklung im Vorschulalter

11.2 Sozial-emotionale Entwicklung im familiären Entwicklungskontext

11.3 Sozial-emotionale Entwicklung in der Kindertagesstätte: Die Rolle von Peers und pädagogischen Fachkräften

11.4 Entwicklungsförderung sozial-emotionaler Kompetenzen in Kindertagesstätten

11.5 Koregulation in Kindertagesstätten (KoKit): Konzept zur Beratung pädagogischer Fachkräfte

11.6 Ausblick

12 WiSK-Programm – Förderung von sozialen und interkulturellen Kompetenzen in der Schule

Dagmar Strohmeier und Christiane Spiel

12.1 Soziale und interkulturelle Kompetenzen

12.2 Mobbing in der Schule

12.3 Nationale Strategie »Gemeinsam gegen Gewalt«

12.4 Das WiSK-Programm

13 Die Wirkung von erweitertem Rollenspiel auf soziale Perspektivenübernahme und antisoziales Verhalten

Eveline Gutzwiller-Helfenfinger

13.1 Einleitung

13.2 Methode

13.3 Grundlegende Analysen

13.4 Wirkung der Intervention

13.5 Integration und Ausblick

14 Das Trainingsprogramm zur Aggressionsminderung (TAV) als Interventionsprogramm bei delinquenten Jugendlichen

Johannes Bach und Silvia Kratzer

14.1 Aggressives Verhalten im Jugendalter

14.2 Das Programm TAV

14.3 Beschreibung der Stichprobe und ausgewählte Ergebnisse

14.4 Diskussion der Ergebnisse

15 Soziale Kompetenz entwickeln: Synthese und Ausblick

Sonja Perren und Tina Malti

15.1 Soziale Kompetenz verstehen

15.2 Soziale Kompetenz entwickeln

15.3 Soziale Kompetenz fördern

15.4 Soziale Kompetenz (weiter) erforschen …

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Stichwortverzeichnis

Einführung

Tina Malti und Sonja Perren

 

 

Die Entwicklung und Förderung sozialer Kompetenzen bei Kindern und Jugendlichen ist ein aktuelles Thema. Zum einen, weil mit den im Zuge der Globalisierung stattfindenden sozialen und ökonomischen Veränderungen zunehmend mehr Erwartungen an die individuellen Ressourcen und Leistungen von Heranwachsenden gestellt werden (vgl. Edelstein, 2005; Heitmeyer, 1997). Diese sind notwendig, um typische Entwicklungsaufgaben wie den Übergang von der Schule in den Beruf bewältigen zu können und gewährleisten damit die soziale Integration des Heranwachsenden in die Gesellschaft. Zum anderen, weil der Anteil an psychischen und gesundheitlichen Problemen bei Kindern und Jugendlichen nach wie vor hoch ist (Ravens-Sieberer, Nickel, Erhart, Wille & European Kid-screen Group, 2006; Steinhausen, Metzke, Meier & Kannenberg, 1998). So zeigen Studien beispielsweise, dass Mobbing, Aggression und Opfererfahrungen unter Heranwachsenden weit verbreitet sind (Schäfer & Frey, 1998). Die 15. Shell-Jugendstudie (2006) berichtet für Deutschland, dass insbesondere Jugendliche aus unteren sozialen Schichten gesundheitsgefährdende Verhaltensweisen wie beispielsweise Rauchen zeigen. Die Autoren der Studie vermuten, dass psychische Anpassungsschwierigkeiten wie Depressionen und Gesundheitsprobleme bei Heranwachsenden zukünftig eher noch ansteigen werden. Dies, weil der Anteil an relativer Armut und restriktiven Zugängen zu Bildung steigt und zugleich die Anforderungen an individuelle Fertigkeiten und Qualifikationen zunehmen (Hurrelmann, Albert & Arbeitsgemeinschaft Infratest, 2006).

Welche Rolle spielen soziale Fertigkeiten in diesem Zusammenhang? Einerseits können soziale Kompetenzen als Entwicklungsressourcen bzw. Resilienzfaktoren die psychische und soziale Adaptivität unterstützen (Masten & Coatsworth, 1998; Silbereisen & Lerner, 2007). Andererseits zeigen Studien, dass soziale Kompetenzen auch für akademische Leistungen relevant sind (Caprara, Barbaranelli, Pastorelli, Bandura & Zimbardo, 2000).

Die Hauptaufgabe der Beiträge in diesem Band ist es einerseits, Entwicklungsprozesse und -bedingungen sozialer Kompetenzen in der Kindheit und Adoleszenz zu analysieren. Dies ist Gegenstand des ersten Teils. Andererseits zielt der Sammelband darauf ab, evaluierte Interventionsansätze zur Förderung sozialer Kompetenzen zu analysieren, um wirksame Strategien zur Förderung spezifischer Teilkomponenten sozialer Kompetenz auf verschiedenen Entwicklungsstufen herauszuarbeiten. Der zweite Teil des Buches stellt deshalb Interventionsansätze zur Förderung sozialer Kompetenzen vor, die im Schlusskapitel auf der Basis einer integrativen entwicklungspsychologischen Perspektive zusammenfassend diskutiert werden.

Aufbauend auf diesen Zielsetzungen beschäftigen sich die Beiträge in diesem Band mit zwei übergeordneten Fragen:

1.    Wie entwickeln sich soziale Kompetenzen bei Kindern und Jugendlichen?

2.    Wie können soziale Kompetenzen bei Kindern und Jugendlichen entwicklungsgerecht gefördert werden?

Im ersten Teil des Bandes werden aktuelle Forschungsarbeiten zur ersten Forschungsfrage vorgestellt. Simoni, Herren, Kappeler und Licht untersuchen, wie sich soziales Interesse und Spiel, prosoziales Verhalten und Konfliktmotive als Teilkomponenten sozialer Kompetenz bei Kindern im ersten und zweiten Lebensjahr entwickeln. Die Entwicklung früher sozialer Kompetenzen ist ein Themenbereich, der in bisherigen empirischen Untersuchungen nur selten im Zentrum der Aufmerksamkeit stand und deshalb interessante Informationen zu frühen Entwicklungsprozessen sozialer Fertigkeiten liefert. Der darauf folgende Beitrag von Kienbaum widmet sich der Frage nach den Entwicklungsbedingungen von Mitgefühl bei Kindern im Kindergartenalter. Das Erziehungsverhalten der Mütter und Erzieherinnen wird in Beziehung gesetzt zum Entwicklungsstand des kindlichen Mitgefühls, um kompetenzförderliche Sozialisationsbedingungen in der Erwachsenen-Kind-Dyade zu erarbeiten. Auch das darauf folgende Kapitel von Malti, Bayard und Buchmann thematisiert die Entwicklung des kindlichen Mitgefühls. Im Zentrum steht die Frage, wie soziales Verstehen, Mitgefühl und prosoziales Verhalten als Teilkomponenten sozialer Kompetenz in der mittleren Kindheit zueinander in Beziehung stehen. Analysen zu den Beziehungen verschiedener Teilkomponenten sozialer Kompetenz können zur Beantwortung der Frage beitragen, ob die Qualität sozialer Anpassungsfähigkeit rein additiver oder eher kompensatorischer Art ist. In den nächsten beiden Kapiteln werden soziale Kompetenzen und Zusammenhänge zur Qualität sozialer Beziehungen analysiert. Baumgartner und Alsaker interessiert die Frage, über welche sozialen Kompetenzen Kinder verfügen, die als Opfer und/oder Täter in Mobbingsituationen beteiligt sind. Perren, Argentino-Groeben, Stadelmann und von Klitzing analysieren zum einen die Zusammenhänge zwischen sozialen Kompetenzen und der Qualität der Gleichaltrigenbeziehungen. Zum anderen wird die Rolle sozialer Kompetenzen in Bezug auf das emotionale Wohlbefinden von Kindern untersucht. Die Analyse von Gleichaltrigenbeziehungen und psychischer Gesundheit im Zusammenhang zur sozialen Kompetenzentwicklung trägt dazu bei, Wissen über Auswirkungen des individuellen Kompetenzniveaus auf die individuelle und soziale Anpassung zu erhalten. Keller und Becker stellen in ihrem Beitrag einen theoretischen Ansatz vor, in dem sich verschiedene Teilkomponenten sozialer Kompetenz verorten lassen: der handlungstheoretische Ansatz, der kognitive, emotionale und Handlungsaspekte integriert. Dieser Ansatz wird anhand von längs- und querschnittlichen Daten in verschiedenen Kulturen sowie im Rahmen entscheidungstheoretischer Experimente und Diskussionen veranschaulicht. Ittel beschäftigt sich im letzten Beitrag dieses ersten Teils des Buches mit der Frage, über welche sozialen Kompetenzen Kinder und Jugendliche mit Mobilitäts- und Migrationserfahrungen im Umgang mit diesen Erfahrungen verfügen und wie sich ihre Identität entwickelt.

Zusammenfassend analysieren diese Beiträge die Entwicklung sozialer Kompetenzen in verschiedenen Entwicklungsphasen des Aufwachsens; dabei werden verschiedene Teilkomponenten sozialer Kompetenz zueinander in Beziehung gesetzt und Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und soziale Anpassungsfähigkeit diskutiert. Damit tragen die Studien zu einem differenzierteren Verständnis über interindividuelle Unterschiede in der sozialen Kompetenzentwicklung und Adaptivität bei.

Im zweiten Teil des Buches werden evaluierte Interventionen vorgestellt, die zum Ziel haben, soziale Kompetenzen bei Kindern oder Jugendlichen zu fördern. Die Beiträge präsentieren die theoretische Einbettung und Konzeptualisierung verschiedener Präventionsprogramme sowie Ergebnisse zu deren Wirksamkeit. Im Kapitel von Scheithauer, Bondü, Hess und Mayer wird die Wirksamkeit des Präventionsprogramms Papilio in Kindergartengruppen untersucht. Das Programm zielt darauf ab, durch die Stärkung emotionaler Kompetenzen (z. B. Emotionen ausdrücken, erkennen und regulieren) Verhaltensprobleme zu reduzieren und die Beziehungen der Kinder untereinander zu verbessern. Das von Beelmann und Jaursch präsentierte sozial-kognitive Problemlösetraining IKPL wird ebenfalls im Kindergartenalter eingesetzt. In diesem Programm steht die Förderung verschiedener Aspekte der sozialen Informationsverarbeitung (z. B. Probleme erkennen, Gefühle identifizieren, Handlungsalternativen generieren) im Vordergrund. Auch das von Schick vorgestellte Präventionsprogramm Faustlos fokussiert auf eine Verbesserung der sozialen Informationsverarbeitung. Das Programm ist für verschiedene Altersstufen (Kindergarten bis Jugendalter) adaptiert. Nass, Schiller und Kärtner stellen ein theoretisches Konzept zur entwicklungsfördernden Begleitung sozial-emotionaler Kompetenzen in Kindertagesstätten vor. Dabei wird ein individualisiertes Beratungsangebot von Kindern im Vorschulalter vorgestellt, das sich an pädagogische Fachkräfte in Kindertagesstätten richtet und auf einem ontogenetischen Modell der Emotionsentwicklung aufbaut. Im darauf folgenden Kapitel von Strohmeier und Spiel wird ein weiteres Präventionsprogramm vorgestellt, das auf verschiedenen Systemebenen (Schule, Klasse, Individuen) ansetzt. Ein Fokus des Programms ist die wirksame Reduktion von Mobbing unter Kindern und Jugendlichen. Im Beitrag von Gutzwiller-Helfenfinger wird untersucht, ob Rollenspieltraining bei Jugendlichen deren soziale Perspektivenübernahmefähigkeit erhöht und antisoziales Verhalten reduziert. Im Gegensatz zu den anderen eher primärpräventiven Ansätzen untersuchen Bach und Kratzer, ob bei bereits delinquent gewordenen Jugendlichen eine Förderung sozialer Kompetenzen zu einer Reduktion von Aggression und Adaptivität beiträgt. Im Fokus des Programms steht die Förderung konstruktiver Konfliktlösefähigkeiten.

Abschließend werden von Perren und Malti die Beiträge des Sammelbands zusammenfassend diskutiert. Aus den verschiedenen Beiträgen wird ein Drei-Ebenen-Modell der sozialen Kompetenz abgeleitet. Aufbauend auf den vorgestellten Forschungsergebnissen werden Forschungsdesiderate für zukünftige Forschungen formuliert.

Literatur

Caprara, G. V., Barbaranelli, C., Pastorelli, C., Bandura, A. & Zimbardo, P. G. (2000). Prosocial foundations of children’s academic achievement. Psychological Science, 11 (4), 302–306.

Edelstein, W. (2005). The rise of a right-wing culture among German youth: The effects of social transformation, identity construction, and context. In D. B. Pillemer & S. H. White (Hrsg.), Developmental psychology and social change (S. 314–351). Cambridge: Cambridge University Press.

Heitmeyer, W. (Hrsg.). (1997). Bundesrepublik Deutschland: auf dem Weg von der Konsens- zur Konfliktgesellschaft. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

Hurrelmann, K., Albert, M. & Arbeitsgemeinschaft Infratest (Hrsg.). (2006). Jugend 2006. Die 15. Shell-Jugendstudie. Frankfurt a. M.: Fischer.

Masten, A. & Coatsworth, J. (1998). The development of competence in favorable and unfavorable environments: Lessons from research on successful children. American Psychologist, 53, 205–220.

Ravens-Sieberer, U., Nickel, J., Erhart, M., Wille, N. & European Kidscreen Group (2006). Risk behaviour and health-related quality of life among European adolescents. Sucht: Zeitschrift für Wissenschaft und Praxis, 52(2), 236–244.

Schäfer, M. & Frey, D. (1998). Aggression und Gewalt unter Kindern und Jugendlichen. Göttingen: Hogrefe.

Silbereisen, R. & Lerner, R. M. (Hrsg.). (2007). Approaches to positive youth development. Thousand Oaks, CA: Sage.

Steinhausen, H. C., Metzke, C. W., Meier, M. & Kannenberg, R. (1998). Prevalence of child and adolescent psychiatric disorders: The Zurich Epidemiological Study. Acta Psychiatrica Scandinavica, 98, 262–271.

 

 

 

 

A        Entwicklung sozialer Kompetenz in Kindheit und Adoleszenz

1          Frühe soziale Kompetenz unter Kindern

Heidi Simoni, Judith Herren, Silvana Kappeler und Batya Licht

1.1        Einleitung

Trotz unterschiedlicher Konzepte und teilweise kontroverser Einschätzungen (Harris, 2000; Vandell, 2000) spricht vieles für eine förderliche Wirkung von frühen sozialen Erfahrungen unter Kindern für den Erwerb sozialer Kompetenzen (Überblick bei Krappmann, 1993; vgl. zur Bedeutung früher Kind-Kind-Interaktionen: Wüstenberg & Schneider, 2001). Bereits 1980 fasste Vandell empirische Erkenntnisse über Unterschiede bzw. Gemeinsamkeiten im Verhalten von Kleinkindern gegenüber ihren Müttern oder gegenüber anderen Kleinkindern zusammen und argumentierte, »that though infants’ interactions with the two partners fulfill different functions, the behaviors are still part of a larger organizational unit that could be conceptualized as infant sociability« (Vandell, 1980, S. 360). Weitere Erkenntnisse führten in der Folge zur Postulierung eines Modells multipler Sozialisationsagenten (Vandell, 2000). Neue Untersuchungen unterstreichen den eigenständigen Beitrag, den verschiedene Kontexte – wie die Familie oder eine Kindergruppe – zur Entwicklung leisten. Werden Effekte bekannter auf neue Kontexte beobachtet, so wird dies damit erklärt, dass auf vertraute Verhaltensweisen zurückgegriffen wird, bis im neuen Kontext adäquates Verhalten erworben werden kann (Harris, 2000).

Trotz der erwiesenen Bedeutung früher Sozialkontakte unter Kindern ist das Wissen über deren Inhalte und Verläufe bescheiden. Ziel dieses Kapitels ist es, einige Lücken zu beleuchten und eigene empirisch gewonnene Erkenntnisse vorzustellen.

1.1.1      Bedeutung von Peers für die frühe individuelle und soziale Entwicklung

Die Konzepte über frühe Sozialisationsprozesse finden eine Entsprechung in dem Stellenwert, der der Peer-Sozialwelt und den Spielaktivitäten zwischen Kindern speziell in interaktionistisch-sozialkonstruktivistisch orientierten Entwicklungsmodellen zugemessen wird. Während Piaget (1977) und Youniss (1994) die Bedeutung von Peers vorwiegend in symmetrischen Kontakten mit ausgeglichenem Kompetenzverhältnis hervorheben, sind für Vygotsky (1973) symmetrische und asymmetrische Kontakte zwischen Peers wichtig. Darunter fallen Gleichaltrige und Kinder mit geringem Altersunterschied, die sich hinsichtlich ihrer Kompetenzen auf dem gleichen Entwicklungsstand oder in der Zone nächster Entwicklung befinden, in der es ein gegenseitig anregendes Kompetenzgefälle gibt. Ob und wie Kleinkinder sich bereits in den ersten Lebensjahren fordern und fördern, stand allerdings nicht im Fokus der genannten Theorien und der darauf aufbauenden Forschung. Insbesondere das Entwicklungspotential der Zone nächster Entwicklung dürfte aber gegenseitige Anpassungsleistungen betreffen, die bereits in den ersten beiden Lebensjahren für die individuelle Entwicklung und das soziale Spielverhalten gleichermaßen entscheidend sein könnten.

1.1.2      Kleinkinder in prosozialen und konfliktiven Situationen

Auch in spezifischen Bereichen sozialer Kompetenz, zu denen das prosoziale Verhalten oder das Verhalten in Konflikten zählt, sind interessante Forschungslücken für das Kleinkindalter feststellbar: Die Fähigkeit, sich anderen gegenüber in einer positiven Art zu verhalten, das heißt, Mitgefühl zu zeigen, zu helfen, zu trösten oder Rücksicht zu nehmen, kann als ein zentraler Aspekt sozialer Kompetenz gelten. Bekannte Theorien zur Entwicklung von prosozialem Verhalten gehen davon aus, dass sich dieses Verhalten in den ersten zwei Lebensjahren entwickelt (z. B. Hoffman, 1982). Diese Annahmen werden durch verschiedene Studien gestützt. So konnten etwa Warneken und Tomasello (2006) zeigen, dass schon 18 Monate alte Kinder anderen helfen, ein Ziel zu erreichen. Obwohl die Wurzeln des prosozialen Verhaltens in den ersten zwei Lebensjahren liegen, fehlen systematische Kenntnisse über Formenvielfalt und Entwicklungsverlauf des frühen prosozialen Verhaltens bisher weitgehend. Zur Unterstützung und Förderung von Kindern ist es aber bedeutsam, ob ihre Fähigkeiten adäquat eingeschätzt werden können. Sowohl Überforderung als auch Unterforderung können sich entwicklungshemmend auswirken.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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