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Studienarbeit aus dem Jahr 2015 im Fachbereich Politik - Thema: Europäische Union, Note: 1,0, Pädagogische Hochschule in Schwäbisch Gmünd, Sprache: Deutsch, Abstract: Für eine lange Zeit waren Migrationsbewegungen in Europa überwiegend von südeuropäischen (wirtschaftlich-schwächeren) Ländern etwa Italien oder Spanien nach nordeuropäischen (wirtschaftlich-stärkeren) Ländern etwa Großbritannien oder Frankreich zu beobachten. Im Zuge von diversen Veränderungen, etwa in der wirtschaftlichen Situation oder Einwanderungspolitik sind zunehmend neue Migrationsbewegungen zu verzeichnen. So haben sich auch Spanien und Italien von einem Auswanderungs- zu einem Einwanderungsland entwickelt. Im weiteren Fokus liegt hier Spanien als relativ neues und wichtiges Einwanderungszielland. In einem engbegrenzten Rahmen wird ein Überblick rund um migrationskennzeichnende Merkmale Spaniens gegeben. Dabei stellen sich Fragen zu folgenden Hintergründen: Woher kommen die Einwanderer? Welche historische-, wirtschaftliche-, politische- und soziale Faktoren haben zur Entwicklung Spaniens vom Auswanderungs- zum Einwanderungsland beigetragen? Wie hat sich die Migrations- sowie Integrationspolitik und unter welchen Einflüssen entwickelt? Welche Auswirkungen hat dies zur Folge? Ist es Spanien gelungen, Migration und Integration erfolgreich zu steuern?
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Veröffentlichungsjahr: 2016
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Inhalt
1) Spanien als Einwanderungsland
2) Die Entwicklung Spaniens vom Auswanderungs- zum Einwanderungsland
2.1) Historische und wirtschaftliche Entwicklung
2.2) Politisch-rechtliche Entwicklungen
3) Auswirkungen der Einwanderung als aktuelles Thema
3.1) Politische Einflüsse und Auswirkungen
3.2) Gesellschaftliche Einflüsse und Auswirkungen
4) Schlusswort und Ausblick
5) Quellen:
Für eine lange Zeit waren Migrationsbewegungen in Europa überwiegend von südeuropäischen (wirtschaftlich-schwächeren) Ländern etwa Italien oder Spanien nach nordeuropäischen (wirtschaftlich-stärkeren) Ländern etwa Großbritannien oder Frankreich zu beobachten. Im Zuge von diversen Veränderungen, etwa in der wirtschaftlichen Situation oder Einwanderungspolitik sind zunehmend neue Migrationsbewegungen zu verzeichnen. So haben sich auch Spanien und Italien von einem Auswanderungs- zu einem Einwanderungsland entwickelt. Im weiteren Fokus liegt hier Spanien als relativ neues und wichtiges Einwanderungszielland. In einem engbegrenzten Rahmen wird ein Überblick rund um migrationskennzeichnende Merkmale Spaniens gegeben. Dabei stellen sich Fragen zu folgenden Hintergründen: Woher kommen die Einwanderer? Welche historische-, wirtschaftliche-, politische- und soziale Faktoren haben zur Entwicklung Spaniens vom Auswanderungs- zum Einwanderungsland beigetragen? Wie hat sich die Migrations- sowie Integrationspolitik und unter welchen Einflüssen entwickelt? Welche Auswirkungen hat dies zur Folge? Ist es Spanien gelungen, Migration und Integration erfolgreich zu steuern?
Migrantengruppen in Spanien
Die Zahl der Einwanderer in Spanien ist innerhalb kurzer Zeit stark angestiegen.[1] Seit 1985 hat der Ausländeranteil von 0,5 % auf 14 % im Jahre 2012 zugenommen. Die Gesamtbevölkerung Spaniens liegt bei über 46 Mio. Einwohnern. Davon zählen zur ausländischen Bevölkerung rund 4,6 Mio., dies entspricht 10 Prozent. Mit der Mehrheit von über 2 Mio. der Einwanderer kommen aus europäischen Ländern, insbesondere aus Mittel- und Osteuropa. Davon stammen rund 900 Tausend aus Rumänien. Als zweite große Herkunftsregion zählt mit ca. 1,5 Mio. Einwanderern aus Latein-Amerika, vor allem aus Ecuador und Kolumbien. Migranten aus dem afrikanischen Kontinent mit über 1 Mio. vertreten die drittgrößte Herkunftsgruppe, überwiegend aus Marokko mit ca. 750 Tausend, aber auch Senegal. Circa über 1 Mio. kommen aus den unterschiedlichsten Herkunftsländern illegal nach Spanien, die als "sin papeles", dies bedeutet Immigranten ohne Papiere bezeichnet werden. Insbesondere Flüchtlinge aus dem nordafrikanischen Kontinent nutzen Wege über die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla.[2] Der Flüchtlingsweg über Spanien gilt als Tor zur EU.[3]
Spanien war bis ca. 1980 durch Emi- statt Immigration gekennzeichnet. Besonders intensiv und auf lange Zeit erfolgte die Auswanderung im 19. Jahrhundert nach Lateinamerika. Überwiegend handelte es sich dabei um Kolonialmigration. Des Weiteren wanderten viele Spanier als angeworbene Gastarbeiter durch Nord- und Westeuropa vor allem Frankreich und Deutschland in den 1960er aus. Zu dieser Zeit gab es in Spanien geringe Arbeitsperspektiven. Erst ab den 1970er kam es zu einem Rückgang der spanischen Auswanderung und einer dynamischen Zunahme der Einwanderung.[4] Diese Wendung hatte diverse Hintergründe, die im Folgenden kurz vorgestellt werden.
1) Ab den späten 80er Jahre verbesserte sich die wirtschaftliche Situation, welche eine Sogwirkung und damit eine Zunahme der Einwanderer hatte. Wirtschaftswachstum bedeutet immer Bedarf an Arbeitskräften, welches ein starker Pullfaktor ist, insbesondere, wenn starke Lohndifferenzen bestehen. Seither kommt es auch vermehrt zu Süd-Nord-Wanderungen aus den wirtschaftsschwachen Ländern und wirtschaftlichen Flüchtlingen mit dem Ziel auf bessere Perspektiven. 2) Bis Mitte der 1980er gab es wenige Hindernisse zur Einwanderung, da eine Grenz- und Einwanderungspolitik in Spanien kaum definiert war. Im Gegenzug hatten andere (attraktive) Staaten wie Deutschland, Frankreich, Schweiz, USA bei ihrer Zulassungspolitik bereits früh Restriktionen gesetzt, welche als äußere Pushfaktoren für die Einwanderung Spaniens ihren Beitrag leisteten 3) Ein weiterer Antrieb war der Fall des Eisernen Vorhangs, der seitdem eine starke Einwanderungswelle aus Mittel- und Osteuropa mit sich brachte.[5] Fernerhin kommen bis dato viele Migranten aus dem Ostblock wie Rumänien, Polen und Ukraine. 6) Die damaligen Bürokratieprozesse gingen langsam voran, erwiesen sich als aufwendig und ungenau, denn es gab nicht ausreichend Personal sowie finanzielle Mittel. Dies führte zu einem hohen illegalen Migrationszuwachs zwischen den Jahren 2001 und 2008. 4) Spaniens Wirtschaftswachstum und der Bedarf an Arbeitskräften ist weiterhin ein starker Pullfaktor. So kam es vermehrt zur Rückkehrmigration aus Lateinamerika, wo hingegen eine abgeschwächte Wirtschaftsphase zu verzeichnen war. Ein Visum für Lateinamerikaner war zu dieser Zeit nicht notwendig und kulturelle Ähnlichkeiten wie Sprache begünstigten die Entscheidung. 5) Ein weiteres Motiv ist der Rückkehrwunsch im Alter um sich im Heimatland zum Ruhestand niederzulassen. Obendrein suchen auch Nord- und Westeuropäer einen (Alters-) Wohnsitz im sonnigen Süden.[6] 4) Als zusätzliche Treiberfaktoren gelten der EU-Beitritt im Jahre 1986 und das folgende Freizügigkeitsgesetz (1991), welche die Einwanderungsbedingungen begünstigten. Im Rahmen von europäischen Einigungen unterzeichnete auch Spanien als EU Mitglied das Schengen Abkommen und das Dubliner Übereinkommen. EU-Mitglieder können seitdem frei innerhalb der EU verkehren und nutzen diese Option. 5) Auch illegale Einwanderer (darunter zahlreiche „visa-overstayers“) nutzen die Gelegenheit in ein europäisches Land, verbunden mit einem einen höheren und sicheren Lebensstandard zu migrieren. Beispielweise erhalten in Spanien illegale Migranten Zugang zur Gesundheitsfürsorge und zu Schulen, wenn sie sich beim Einwohnermeldeamt („Padron“) registrieren.[7] Insgesamt lässt sich feststellen, dass bis 2008 überwiegend die Arbeitsmigration als ein Hauptbeweggrund war. Mittlerweile haben sich dynamische Migrationsnetzwerke mit bestimmtem Mustern und Gruppen entwickelt, die sich weiter fortschreiten (werden).[8]
Die Migrationspolitik Spaniens ist gekennzeichnet von der langsamen Erkenntnis, ein Einwanderungsland zu werden beziehungsweise zu sein. Sämtliche Regelungen und Maßnahmen zur Integration der Einwanderer begannen spät und werden immer wieder angepasst. Im Jahre 1985, kurz vor dem EU Beitritt wurde ein restriktives Ausländergesetz verabschiedet.[9] Jedoch handelte es sich hierbei eher um Regularisierungsmaßnahmen, da Migration noch als temporär angesehen war und dementsprechend keine integrativen Maßnahmen angestrebt wurden. In den Jahren 1999/2000 kam es zu einer Änderung und Verschärfung des Ausländergesetzes, welches im europäischen Vergleich zunächst relativ liberal war. Auf der Agenda standen die Bekämpfung illegaler Einwanderung und die Steuerung erwünschter (d.h. gewinnbringender) Arbeitsmigration. Kurz darauf folgten erste Integrations-maßnahmen. Dazu gehörte die Ausweitung von politischen und sozialen Rechten für Drittstaatsangehörige und die Anerkennung der dauerhaften Migrationsabsichten, verbunden mit Gleichheit, Möglichkeit auf Daueraufenthalt und Familienzusammenführung. Seit 2000 wurde der Zugang zur Schule und Gesundheitsfürsorge für illegale Migranten bedingt ermöglicht. Diese Bedingung verlangte die Registrierung beim Einwohnermeldeamt. 2000 wurde versucht den Greco Plan zu implementieren. Dieser beinhaltete die Anerkennung der Immigranten als vorteilhaft und dessen Eingliederung und gab die Verantwortung sowie Umsetzung auf die lokalen Ebenen. Der Staat bemühte sich zwar, um das Recht auf Familienzusammenführung, Aussichten auf Einbürgerung und eine Arbeitserlaubnis sowie Aufnahme in die spanische Gesellschaft. Allerdings konnte der Staat dieses Vorhaben aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht weiter unterstützen. Bis 2002 kam es erneut zu verstärkten Kontrollmaßnahmen zur illegalen Migration. So wurden Rücknameabkommen mit den Hauptentsendungsländern wie Kolumbien oder Rumänien abgeschlossen, um illegale Einwanderer zurückzuführen. Diese Abkommen hatten massive Ausweisungen und Abschiebungen zur Folge. Ab 2003 wird das Ausländerrecht noch restriktiver, welches mehr Kontrolle forderte, um (illegale) Einwanderung einzuschränken. 2004/2005 wurde eine Regularisierungskampagne initiiert. Illegale können eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis erhalten, wenn sie eine Arbeitsstelle und eine Ansässigkeit in Spanien vor 2004 nachweisen können. Die Absicht dahinter war die Schattenwirtschaft zu verhindern und eine verstärkte Kontrolle zu ermöglichen. Diese Regularisierungsmaßnahme erhielt auf internationaler und nationaler Ebene Proteste sowie Kritik eine Sogwirkung auszulösen.[10] Seit 2007 und 2009 kamen einige internationale und nationale Maßnahmen zur Reduzierung illegaler Migration, welches das Hauptaugenmerk in der Politik war, mit dem Ziel durch die Verschärfungen im Ausländerrecht die ungünstige Einwanderung einzuschränken.[11]
Migration ist aktuell und für die Zukunft ein zentrales politisches und soziales Thema. Die spanische Regierung ist geteilter Meinung, angesichts dessen, dass Migration sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich bringt. Vorteilhaft sind beispielweise die willkommenen Arbeitskräfte im Sinne von Brain Gain und die Verjüngung als Ausgleich zu der alternden heimischen Bevölkerung.[12] Nachteilig ist insbesondere die Schwarzarbeit mit ihrem wirtschaftlichen Schaden. Ebenso führen soziale Spannungen zu Komplikationen. Bisher ist die Migrationspolitik im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch relativ wenig gesteuert. Viele Beschlüsse erfolgen durch die EU- Ebene. Spanien ist bestrebt, sich der europäischen Migrationspolitik anzupassen, unter anderem mit dem gemeinsamen Ziel die EU durch einheitliche Regelungen zu festigen. So hält sich Spanien bei der Freizügigkeit streng an die Schengen Übereinkunft, z.B. an den Visa-Zwang für bestimmte Länder durch Mehrheitsbeschluss der EU-Staaten. Die Visa-Pflicht trifft viele südamerikanische Länder wie Kolumbien, ein Land, mit welchem Spanien durch die ehemalige Kolonialmigration eng verbunden ist. Ebenso betrifft diese viele nordafrikanische Länder, wo Migrationsströme bereits eine lange Historie haben und dessen Unterbindung sich als schwierig herausstellt.[13]
Spanien ist für die Schaffung einer gemeinsamen Einwanderungspolitik mit dem Fokus einer Stärkung der Außengrenzen und den Ausbau der Zusammenarbeit mit Ländern des Mittelmeerraums und Nordafrikas.[14] Hintergrund ist das zentrale Problem der Kontrolle über die Migrationsströme und die Bekämpfung von irregulärer Migration. Das Argument hierbei ist, dass die illegale Migration nicht nur ein Problem von Spanien sondern auch der EU ist. Denn illegale Migration ist ein relativ neues Problem in Spanien und es besteht Bedarf einer Erarbeitung von entsprechenden Gesetzen. Geplant ist eine Verschärfung des Asyl- und Ausländerrechts um neue Einwanderungs-bewegungen einzudämmen. Überdies wurde ein Visavergabestopp für ausländische Arbeitskräfte in Betracht gezogen sowie Rückkehrhilfen zu gewährleisten.[15] Ausschlaggebend ist hier die nationale hohe Arbeitslosenquote von rund 25%.[16] Als weitere Herausforderung, die oft im Hintergrund steht, ist die Integration von Einwandern mit bereits langjährigem Aufenthalt in Spanien. Wie auch in Deutschland wurde Migration noch bis vor einigen Jahren als temporär sowie zirkulär angesehen und dementsprechend lagen keine Anreize zu Integrationsmaßnahmen vor. Folglich werden daraus Probleme mit der zweiten und dritten Generation der Migranten prognostiziert.
Seitens der Bevölkerung liegt ebenfalls wie bei der Regierung eine ambivalente Einstellung zur Migration vor. Zu früheren Zeiten war die Einstellung noch sehr positiv und tolerant gegenüber Einwanderung und Inklusion. Mit der Entwicklung Spaniens als ein attraktives Einwanderungsland entwickelte sich auch darauf ein gewisser Stolz bei der Bevölkerung. Die Mehrheit stimmte dafür, dass Immigranten gleiche Rechte und Teilhabechancen auf allen Ebenen erhalten sollten wie auch Einheimische. Doch im Laufe der Zeit änderte sich dies. Seit den 2000er Jahren wurde Migration zunehmend als Problem gesehen, insbesondere bezüglich Arbeitskonkurrenz, Sicherheit, Sozialhilfe etc. Heutzutage erweist sich Migration als eines der kritischsten Themen, neben Arbeitslosigkeit und Terrorismus. Jedoch kann im Vergleich zu anderen Ländern von einer geringen Ausländerfeindlichkeit ausgegangen werden. Die negative Einstellung seitens der Bevölkerung richtet sich eher an die Zahl und die mitgebrachten Qualifikationen der Einwanderer. Ebenso liegt die Skepsis gegenüber der Migrationspolitik sowie Regierung und seine Unfähigkeit die Migration zu kontrollieren und zu steuern, statt den Einwanderern selbst gegenüber. Die dominant ersichtlichen Migranten mit einer Religionszugehörigkeit zum Islam sind wie in den übrigen EU-Ländern auch in Spanien ein stark diskutiertes Thema. Der Unterschied zu den restlichen EU-Ländern ist, dass der Ursprung muslimischer Einwanderer bereits weit in frühere Jahrhunderte zurück reicht. Die abwertende Haltung zum Islam und zu Moslems ist früh durch mehrere historische Phasen geprägt. EU-weit zählen einige Privilegien in Spanien bezüglich des Islams als die umfangreichsten. Trotz formaler Religionsfreiheit, ist die religiöse Pluralität in der Realität und Praxis doch ignoriert und eingeschränkt. Immer wieder kommt es zu sozialen Konflikten und Protesten von Einwohnern.[17]
Böffgen, Kerstin (2008): Update Spanische Migrations- und Flüchtlingspolitik in PRO ASYL, S. 1-4
González-Enriquez, Carmen (2014): Spain in A. Triandafyllidou und R. Gropas, European Immigration: A Sourcebook, 2nd ed.Farnham/Ashgate, S. 339-349