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Wie verliert man das Heimweh und findet stattdessen den Mut, sein Leben zu leben und seine Träume zu verwirklichen? Auf der Suche nach der Antwort nimmt uns die Autorin mit auf ihre erlebnisreiche Reise vom schwäbischen Dorf an die zypriotische Küste. Schonungslos ehrlich erzählt sie von den Abstechern, die sie auf ihrem Weg genommen hat, was und wen sie dafür loslassen musste, welche Veränderungen sie dabei durchlebte, was für erstaunliche und witzige Erlebnisse sie hatte und dass alles, was passiert, einen Sinn hat. Es geht um Heimat, Abschied, Veränderungen, Loslassen, Scheitern, Suche, Erkenntnisse, Sinn und natürlich um Liebe und Freundschaft. Dieses Buch ist für Frauen mittleren Alters, die schon viel erlebt haben, noch viel erleben möchten, offen sind für Neues und dabei auf der Suche nach Inspiration und Motivation. Rezensionen von Testleserinnen: "Das Buch ist ein literarischer Sprung mitten ins Leben. Eine Lesefreude, die wie ein Stück Zartbitterschokolade das Beste aus beiden Welten verbindet: die Süße und Leichtigkeit des Lebens und seine herbe Last. Immer wieder sprang mir aus den Zeilen die heilende Kraft des Humors entgegen und eine inspirierende Stärke durch Tinas Kunst, mit dem Leben umzugehen. Ich hatte beim Lesen an so mancher Stelle Tränen in den Augen, vor Lachen, Rührung oder Bewunderung. Das gelang nur, weil Tina mutig, authentisch und kompromisslos persönlich das Fenster zu ihrem Seelenleben geöffnet hat. Danke, dass ich hineinschauen durfte!" (Jessica) "Wer schon einmal bei Tina eingeladen war, weiß: Ihr Tisch ist reich gedeckt mit den leckersten Speisen. So auch ihr Debütroman: reich gedeckt mit süßen, salzigen, sinnlichen und manchmal auch bitteren Geschichten. Zu Tisch, zu Tisch! F Fröhlich E Energetisch I Inspirierend N Nachdenklich E Eigensinnig R Realistisch L Lebensfroh E Echt" (Mira) "Das ist ein tolles Buch. Lustig und tiefsinnig, zum Nachdenken anregend, herzerfrischend ehrlich, persönlich und sehr authentisch. Ein Buch, das in die Welt gelassen werden muss und hoffentlich viele Menschen erreicht und bereichert." (Claudine)
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Seitenzahl: 216
Veröffentlichungsjahr: 2022
Über das Buch
Wie verliert man das Heimweh? Wie findet man den Mut, das Leben zu leben und Träume zu verwirklichen? Auf der Suche nach Antworten nimmt uns die Autorin mit auf ihre erlebnisreiche Reise vom schwäbischen Dorf an die zypriotische Küste. Schonungslos ehrlich erzählt sie von den Abstechern, die sie auf ihrem Weg genommen hat, was und wen sie dafür loslassen musste, welche Veränderungen sie dabei durchlebte und dass alles, was passiert, einen Sinn hat.
Es geht um Heimat, Abschied, Veränderungen, Loslassen, Scheitern, Suche, Erkenntnisse, Sinn und natürlich um Liebe und Freundschaft.
»Das Buch ist ein literarischer Sprung mitten ins Leben. Eine Lesefreude, die wie ein Stück Zartbitterschokolade das Beste aus beiden Welten verbindet: die Süße und Leichtigkeit des Lebens und seine herbe Last. Immer wieder sprang mir aus den Zeilen die heilende Kraft des Humors entgegen und eine inspirierende Stärke durch Tinas Kunst, mit dem Leben umzugehen. Ich hatte beim Lesen an so mancher Stelle Tränen in den Augen: vor Lachen, Rührung oder Bewunderung. Das gelang nur, weil Tina mutig, authentisch und kompromisslos persönlich das Fenster zu ihrem Seelenleben geöffnet hat. Danke, dass ich hineinschauen durfte!«
Jessica
Später, Spaß, lieb
Von einer, die auszog, um das Heimweh zu verlernen
Roman vonTina Wälde
Dieses Buch basiert auf wahren Gegebenheiten. Alle Namen und Orte wurden abgeändert.
Gendergerechte Sprache: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichte ich auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.
© 2022 Tina Wälde
Lektorat: Susanne Ospelkaus
ISBN Softcover: 978-3-347-70927-0ISBN E-Book: 978-3-347-70933-1
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin:tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung „Impressumservice«,Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
Für Nils und Linus
In Gedenken an Mama
Über die Autorin
Tina Wälde ist Schwäbin, Mutter von erwachsenen Zwillings-Söhnen und Veranstalterin von Krimitheater-Events. Sie lebt mit ihrem Mann in Zypern, wo sie ihrer Leidenschaft für Aktivitäten im, am und auf dem Meer nachgeht. Getreu dem Motto »die Illumination muss stimmen«, legt sie nicht nur zur Weihnachtszeit großen Wert auf die richtige Beleuchtung. Als Autorin von Krimitheaterstücken schrieb sie 2022 ihren ersten Roman »Später, Spaß, lieb« nach wahren Begebenheiten.
Liebe Leserin, lieber Leser,
schön, dass du mich begleitest auf meiner erlebnisreichen Suche nach der Antwort auf die Fragen: Was ist eigentlich Heimweh und wie wird man es los?
Die hier beschriebenen Geschichten sind alle entweder so oder so ähnlich passiert. Eine Geschichte habe ich komplett erfunden und ich bin gespannt, ob du herausfindest, welche das ist.
Ich wünsche dir ganz viel Spaß beim Lesen und freue mich, wenn dich meine Geschichten gut unterhalten, dich zum Nachdenken anregen, dir Mut machen und vielleicht sogar eine neue Perspektive schenken.
Im Text gibt es immer mal wieder Fußnoten. Durch antippen der Fußnote im eBook kannst du diese lesen.
Ach ja, es gibt eine Playlist mit allen Liedern aus diesem Buch bei Spotify: https://tnwl.de/ssl-playlist
Viel Spaß beim Lesen und Hören!
Inhalt
Liebe auf den ersten Schnitt 12
Doppelter Griff in die Glückskiste 19
Junger Vater auf freiem Fuß 24
Nachbars Kirschen 29
Gemordet wird daheim 39
Die Mitmörder 43
Ein schlechter Jahrgang 47
Silberkopf-Fledermäuse 51
Wer hoch hinaus will… 54
Tschüss Kindheit 58
Sekretärin auf Abwegen 63
Winnetou war unerwünscht 67
Schuld sind nur die Schmetterlinge 73
Kleine Söhne, kleine Sorgen, große Söhne… 81
Liebe lieber ungefährlich 85
Der letzte Akt – Wer war der Mörder? 91
Vom Sepp, der aus dem Fenster fiel 94
Nicht mein Zirkus, nicht meine Affen 98
Gut gegen Sonntagabend-Blues 107
Heimat. Was ist das? 111
Seitlicher Mehrblick 117
Eine neue Liebe 123
Schlaflos in Tratschburg 130
Plätzchenduft mit Meerblick 137
Halloumi zum Frühstück 142
Umbrüche 150
Strafe oder Geschenk? 158
Zwischen Bühnenlust und Coronafrust 171
In den besten Jahren 177
Platz für Neues 184
Nachwort 193
Songtext Omi-Opi 195
Danksagung 196
Weiterführende Links 199
Eiskalt lief es mir den Rücken runter, während ich meinen Herzschlag bis in die Haarspitzen spürte. Wer hätte gedacht, dass dieser Ort mal ein Tatort sein würde? Der Tag fing ganz normal an. Wobei … irgendwas lag in der Luft. Das Sonnenlicht versteckte sich hinter dem sandfarbenen Staubschleier und verlieh allem eine dramapräparierte Stimmung.
Ich sah ihn an. Er kam mir so fremd vor, in seinem grünen Adidas-Hoodie und seiner Basecap mit rosa Pailletten. Wo waren wir da nur reingeraten?
Würde alles gut gehen? Bald würden wir es wissen. Jetzt war erstmal warten angesagt.
26 Jahre zuvor…
Liebe auf den ersten Schnitt
»Jetzt raff’ dich auf und komm’ mit. Ein bisschen Ablenkung tut dir gut«, forderte Irene. Sie stand vor mir, die Hände in die Hüfte gestemmt. In ihrer schlichten Jeans und ungeschminkt sah sie so natürlich cool wie immer einfach aus. Sie war nur auf einen Sprung vorbeigekommen.
»Oh nee, ich müsste mich noch richten und die Woche war so anstrengend. Ich will daheimbleiben«, motzte ich. Ich lümmelte mich auf mein kleines Sofa und zündete mir, die Gemütlichkeit demonstrierend, eine Zigarette an. »Du willst ja nur nicht verpassen, falls dieser Heiopei1anruft. Vergiss’ den doch endlich. Der blöde Kiffer blickt doch gar nicht mehr, was abgeht.« Sie weigerte sich, meinen Ex-Freund beim Namen zu nennen und hatte mit beiden Anmerkungen recht. Dann stimmte es vielleicht auch, dass mir die Ablenkung guttat. So hüpfte ich schnell in meine Jeans, legte Lippenstift auf und deckte mit Concealer sorgfältig alle Störenfriede in meinem Gesicht ab. Ich hatte nämlich nicht das Glück, ungeschminkt zu einer Party gehen zu können. Zumindest fehlte mir das Selbstbewusstsein, meine Pickelnarben offen zu zeigen.
Als wir die Mensa der Tübinger Uni betraten, war die Vollmond-Party schon in vollem Gange. Alle drängten sich mit ihren randvollen Plastikbechern aneinander vorbei und waren bester Laune. Irene hatte am Eingang irgendwelche Bekannte getroffen und steckte gleich im Begrüßungs-Small-Talk fest. Ich schnappte mir eine Cola und setzte mich immer noch mies gelaunt auf die oberste Treppenstufe, die die Tanzfläche umrandete.
»Wieso wird bei buntem Flackerlicht auch noch die Nebelmaschine eingesetzt? Soll man niemanden erkennen?« dachte ich, als Irenes Stimme hinter mir durch die laute Musik drang: »Schau’ mal, ich habe den Marc getroffen«, trällerte sie fröhlich und zog einen Typen am Ärmel seiner braunen Lederjacke hinter sich her.
»Hallo«, grinste er. »Hallo«, grüßte ich bemüht freundlich zurück. Mehr brachte ich nicht zustande.
Er hatte auch keine Chance, mit mir ein Gespräch zu beginnen, weil Irene ihn sofort wieder vereinnahmte. So standen wir still nebeneinander und überließen Irene die Gesprächsführung. Mann, wie ich sie für ihr Small-Talk-Talent und ihre Schlagfertigkeit bewunderte!
Auf dem Heimweg schwärmte sie die ganze Zeit von Marc: »Boah, der ist ja so toll! Und sexy noch dazu. Dieser sinnliche Mund und dann hat der auch noch voll was auf dem Kasten. Hab’ ich schon erzählt, dass er eine Werbeagentur hat?« Ich kam nicht zu Wort. »Vor einem halben Jahr hat ihn seine Freundin verlassen. Einfach so, nach drei Jahren. Das ist doch nicht zu fassen, oder? Ich meine, wenn man so einen Typen hat, lässt man ihn doch nicht mehr gehen«, plauderte sie ohne Punkt und Komma. Wollte sie was von ihm? Oder wollte sie mich etwa mit ihm verkuppeln? Bei Irene schloss das eine das andere auch nicht unbedingt aus. Mich fegte er spontan nicht vom Hocker. Mit meinen knackigen 21 Jahren stand ich eher auf den Macho-Typ. Marc war einfach ganz anders. Nicht besonders groß, sinnlich geschwungene Oberlippe, grüne Augen mit leichtem Silberblick und ein schelmisches Lächeln. Durch seine Brille hatte er so eine intelligente Ausstrahlung. Meine Freundin Irene fand, dass wir gut zusammenpassen würden und wir beide zur gleichen Zeit ungebunden waren. Aha, also doch ein Kuppelversuch.
Irene schlug vor, dass er sich von mir die Haare schneiden lassen könne. Ich steckte gerade in meiner zweiten Ausbildung zur Kauffrau für Bürokommunikation und verdiente mir abends ein paar Mark mit Haareschneiden dazu. So war meine erste Ausbildung doch noch nützlich. Er hat nicht lange überlegt und rief mich prompt eine Woche später an. Weitere drei Tage später saß er bei mir zu Hause in der Küche und ließ sich von mir seine Popper-Matte zurechtschneiden.
Danach haben wir noch ewig gequatscht. Wir hatten sofort einen Draht zueinander. Schnell zeigte sich, dass wir denselben Humor hatten und auch sonst viele Ansichten teilten. Als er ging, fiel mir dann auch sein sexy Knack-Arsch auf. Uiuiui, der war nicht von schlechten Eltern! Auf den zweiten Blick gefiel mir Marc schon besser. Er fegte mich noch nicht, aber schubste mich schon leicht vom Hocker. Er interessierte sich für mich, meine Meinung, meine Gedanken, schenkte mir Aufmerksamkeit und sah mich so warmherzig an. Woanders hätte ich ihn übersehen, weil er nicht arrogant und breitbeinig durch die Gegend lief. Das war neu für mich.
Er sagte zu, am nächsten Tag zu meiner Geburtstags-Party zu kommen, aber er kam nicht. Das machte ihn für mich noch interessanter.
Zu der Zeit hatte ich noch zwei andere Verehrer. Das war einzigartig. Bis auf eine dreijährige Beziehung in meiner Jugend haben Männer immer sehr schnell das Interesse an mir verloren. Vielleicht war ich ihnen nicht witzig genug, nicht sexy genug, nicht geheimnisvoll genug, nicht schön genug, einfach nicht genug. Aber vielleicht passten Macho-Typen auch einfach nicht zu mir?
Marc war einfach so anders. Das reizte mich. Er schien in sich zu ruhen, mit sich völlig im Reinen zu sein und nichts und niemanden zu brauchen. Vielleicht lag es auch an seinem bordeauxfarbenen, knöchellangen Mantel, den er beim zweiten Date anhatte? Ich war geschockt von diesem Teil und gleichzeitig total geflasht von so viel Selbstbewusstsein! Wer ein dermaßen geschmackloses Teil trägt, muss mit sich selber fein sein, dachte ich. Oder war das modern? Vielleicht in seinen Kreisen? Ich war jedenfalls beeindruckt!
Wir trafen uns regelmäßig und hatten immer viel zum Quatschen. Nächtelang saßen wir auf meinem bunten Zwei-Sitzer-Sofa, das ausgeklappt mein Bett war, hielten uns mit griechischem Kaffee wach und fanden kein Ende. Oft lohnte es sich nicht mehr, schlafen zu gehen und ich fuhr direkt zur Arbeit.
Der erste Kuss ließ aber auf sich warten. Drei Monate nach unserem ersten Treffen, drei weiteren Haarschnitten und mindestens 48 durchplauderten Nächten, kratzte Marc all seinen Mut zusammen und küsste mich auf dem Parkplatz vor dem mexikanischen Restaurant, das unser liebstes wurde. Der Kuss fühlte sich richtig gut an, die Zeit mit ihm fühlte sich richtig gut an, überhaupt: Alles mit ihm fühlte sich gut an.
Ein halbes Jahr später zogen wir zusammen in unsere erste gemeinsame Wohnung. Weit weg wagten wir uns noch nicht und blieben erstmal in meiner schwäbischen Heimatstadt, wo wir beide aufgewachsen sind. Zwei Zimmer in akzeptabler Lage auf 48 Quadratmeter, mit Balkon und offener Küchenzeile. Mit der angesagten Schwamm-Technik tupften wir die Wände in freundlichem sonnengelb und waren überglücklich. Verliebt und dem elterlichen Nest frisch entflattert, waren wir neugierig auf dieses Abenteuer und kosteten unsere Zweisamkeit in vollen Zügen aus. Wir aßen mit dem Teller auf dem Schoß, weil wir anfangs nur wenig Möbel hatten und wunderten uns darüber, dass Kartoffelbrei nach einer Woche rosa wird, wenn man ihn nicht in den Kühlschrank stellt.
Wir merkten schnell, dass wir bei vielen Dingen einer Meinung waren, was den Umgang mit Emotionen betrifft, aber aus komplett verschiedenen Welten kamen: Er als Mittelkind mit zwei Geschwistern, bekocht und umsorgt von seiner Mutter, die immer zu Hause war, hat er sich gleich nach dem Abitur als Inhaber einer Werbeagentur selbständig gemacht hat. Ich als Einzelkind von berufstätigen Eltern, das immer alleine und nach der Mittleren Reife nicht mutig genug für ihre Traumausbildung war und infolgedessen unglücklich in ihrer zweiten Ausbildung steckte. Deshalb wurde »Clouds Across The Moon« von The Rah Band unser Song. Trotzdem war das Leben für uns noch so unkompliziert. Teppichböden in der Wohnung galten als gemütlich und Wurstbrote mit dicker Butterschicht zum Frühstück waren noch angesagt und nicht figurprägend, wir tranken Schwarztee mit Vanillearoma, warmen Berentzen Winterapfel oder süßen Sprudel. Ich musste trockenen Weißwein mit Apfelsaft mischen, um ihn runterzukriegen, wir rauchten noch in der Wohnung, hatten jeden Tag Sex und bauten uns Möbel aus billigen Industrieregalen. Der Lufterfrischer kam aus der Dose und den Hausrat hatte man bei der Württembergischen versichert, weil das alle so machten. Der Liter Benzin kostete noch 1,63 DM2, Routen plante man mit Papier-Landkarten vom ADAC, Handys waren so groß wie eine handelsübliche Packung Spaghetti, statt WhatsApp-Nachrichten zu schicken, erzählte man sich noch alles am Festnetztelefon, der Anrufbeantworter wurde noch mit Musik3 bespielt und ins Internet kam man nur, wenn man sich über ein Modem eingewählt hat.
Meine erste richtig erwachsene Beziehung. Ob wir uns wohl auch ohne Irenes Kuppelei über den Weg gelaufen wären?
Des hot so solla sei
(Mama)
Ein Heiopei ist ein dummer Mann, der nicht nur dumm ist, sondern auch nach mehreren Hinweisen nicht kapiert, dass er Dummes tut
für alle Leserinnen, die nach den 90er Jahren geboren wurden: Das sind ungefähr 0,84 €
Bei uns war es »Waterfalls« von TLC
Doppelter Griff in die Glückskiste
»Also Hexle4, jetzt nemmsch mol an Spiegel und guggsch, ob deine Schamlibba lila send«, lautete der fachfrauliche Rat meiner Mama. Ich wusste nicht, welche Farbe meine Schamlippen sonst haben. Wie sollte ich da einen Vergleich ziehen? Was war normal? Alleine darauf wollte ich das Ergebnis nicht stützen.
Marc saß am Esstisch und starrte auf den Schwangerschaftstest. Sein Gesicht war weiß wie die Kaffeetasse, die vor ihm auf dem Tisch stand. Bestimmt zehnmal haben wir nachgelesen, was es bedeutet, wenn beide Striche rosa sind: »Richtig durchgeführt« oder »schwanger«. Irgendwann haben wir dann begriffen, dass ein Strich für die richtige Durchführung und der andere für ein positives Schwangerschaftsergebnis stand. So positiv fanden wir das Ergebnis nicht. Ich wollte das auch nicht glauben. Schließlich hatte ich die Diagnose eines niedrigen Hormonspiegels, und dass ich ohne Behandlung nicht so einfach schwanger werden konnte.
Am nächsten Tag sauste ich nervös zum Arzt. Es war der 1. April und mein erster Besuch bei diesem Frauenarzt. Ich mochte ihn sofort. Seine grauen Locken und schlaksige Haltung verliehen ihm eine lausbübische Art. Trotzdem gab er mir immer das Gefühl, gut bei ihm aufgehoben zu sein.
»Ich habe gestern einen Schwangerschaftstest aus der Apotheke gemacht und der war positiv«, erklärte ich ihm mit piepsiger Stimme. Er notierte meine Neuigkeit auf der für mich neu angelegten Karteikarte und sah mich danach mit einem auffordernden »aha« an.
»Das kann aber nicht sein«, fügte ich hinzu. Erwartungsvoll sah er mich weiter an. »Na ja, ich kann ja gar nicht einfach so schwanger werden. Also ohne Hormonbehandlung und überhaupt haben wir nur einmal ohne und …« Ich hatte Schnappatmung! Er schmunzelte nur und meinte ganz ruhig: »Dann schauen wir mal, ob du uns was mitgebracht hast«. Zitternd konnte ich kaum meine Füße in die Halterung legen. Konzentriert schaute er auf den Monitor des Ultraschallgeräts. Ich bin mir sicher, dass er in diesem Moment auch mein Herz hören konnte. Das galoppierende Donnern erfüllte den ganzen Raum. Nach einer gefühlten Ewigkeit sagte er ernst: »Ja, das ist eindeutig. Schau den weißen Fleck. Ich denke, du bist in der achten oder neunten Woche.« Er verstummte, kniff die Augen zusammen und rührte mit dem Ultraschallstab in meiner Muha5, als würde er erwarten, dort auf Gold zu stoßen. Leicht hysterisch wollte ich wissen, was denn los sei. Seine Augen waren schmal wie kleine Sehschlitze und sein Mund leicht geöffnet, als er sagte: »Da ist noch eins.«
»Noch ein was?« Zögerlich, als wäre er nicht sicher, antwortete er: »Noch eine Eizelle, die sich eingenistet hat.« Offensichtlich hat das eine Mal gleich doppelt ausgereicht. Kein Aprilscherz! Weil er dachte, es würde mich beruhigen, erklärte er mir noch, dass man zu dem Zeitpunkt der Schwangerschaft noch nicht 100%ig sagen könnte, ob es eine Zwillingsschwangerschaft blieb. Erst ab der 14. Woche könnte er sicher sagen, ob es Zwillinge werden.
Wumms, da war sie das erste Mal: Angst! Ich durchlebte regelrecht eine Steigerung meiner Verzweiflung. Im ersten Moment diese Verzweiflung über die Schwangerschaft. Dann doppelte Verzweiflung über die Doppelschwangerschaft. Danach unendliche Verzweiflung, dass ein Kind nicht überleben könnte. Voll abgefahren! Mit diesem Gefühlschaos, zwei kleinen Zellhaufen im Bauch und einem Ultraschallbild, worauf beide zu sehen waren, ging ich zu Marc. Sein Büro war damals im selben Gebäude wie die Frauenarztpraxis, deshalb hatte ich es nicht weit. Ich weiß noch genau, was er anhatte: Eine hellbraune Cordhose6 und ein grün-weiß-kariertes Hemd. Er schien wie immer ganz ruhig zu sein, als ich ihm das Ultraschallbild auf seinen Schreibtisch legte. Wieder verließ die Farbe sein Gesicht. Es war nicht nur der Schock, da war auch ein Strahlen zu erkennen. Noch ängstlich und zögernd, aber deutlich am Funkeln seiner Augen und seiner innigen Umarmung zu erkennen. Natürlich waren wir beide geschockt und hatten die Hosen gestrichen voll! Immerhin wohnten wir erst seit zwei Jahren zusammen, waren sehr jung und hatten überhaupt keine Kohle auf der Seite oder sonst wo. Trotzdem! Da war von Anfang an eine warme und innige Freude in uns, die wir zeigen und genießen wollten.
Bis auf meine Mama, Marcs Oma und Tanten reagierten die Leute um uns herum nicht so freudig auf unsere Neuigkeiten. Mein Onkel Burki war der Coolste. Er sagte nur: »Scheiße!«
Außenstehende kommentierten meine Zwillingsschwangerschaft auch gerne mit: »Zwillinge! Ha, des isch au gschiggd, do isch ma glei uff oimol fertig.«
»Ja, habt ihr denn nicht verhütet?«, wollte meine Schwiegermutter wissen.
Was soll man da antworten? Wir waren keine besten Freundinnen. Das erste halbe Jahr nannte sie mich konsequent Ida. So hieß die Ex von Marc. Wollte sie mir damit vermitteln, dass ich austauschbar war? Oder mich erstmal bewähren muss, weil ich mit Marc erst seit zwei Jahren zusammen war?
Jedenfalls hatten wir tatsächlich nur einmal das Diaphragma weggelassen. Bis das Ding immer reingefummelt war, ging die ganze Erotik flöten. Unsere Freunde, die sich zu der Zeit noch die Nächte mit Partys um die Ohren schlugen, hatten eher Mitleid mit uns. Im Nachhinein denke ich nicht, dass wir viel verpasst haben. Außerdem passiert schließlich nichts ohne Grund.
Nach der 14. Woche war klar, dass wir uns auf zwei kleine Menschen freuen dürfen. Zweieiige Zwillinge. Marc wurde nicht müde, stolz zu betonen, dass man die ja erstmal treffen müsse – ach, was haben wir gelacht. Das Lachen blieb uns schnell im Hals stecken, als ich ab der 21. Woche liegen musste. Aufgrund einer Zervixinsuffizienz7 drohte eine Frühgeburt. Ich habe mir die Zeit und die Angst mit schöner Musik vertrieben. Vor allem den Song »All My Life« von K-Ci & JoJo mochten meine Jungs besonders. Das meinte ich deutlich zu spüren, weil es dann immer ganz ruhig in meinem sonst sehr turbulenten Bauchinnenraum war. Zu einer Frühgeburt kam es dann auch. Nino und Loui erblickten in der 34. Woche per Kaiserschnitt das Licht der Welt und waren putzmunter. Nur sehr klein. Loui wog gerade mal 200 Gramm mehr als ein Päckchen Zucker. Mein Bauch täuschte allerdings etwas anderes vor. Angeberisch sah er aus, als wären da zwei Vier-Kilo-Babys am Start.
Und da war sie. Sie überrollte mich plötzlich und unerbittlich: die Mutterliebe! Andere Frauen erzählten mir davon und beschrieben es als Gefühl, das mit nichts auf dieser Welt zu vergleichen ist und dass man das erst weiß, wenn man sein eigenes Kind in den Armen hält. Diese unendliche und tiefe und bedingungslose Liebe. Wenn du mehr fühlst, als du Wörter hast. Ich hielt das anfangs für einen Hormonrausch, aber es ging nicht mehr weg!
»Da habt ihr ja mal doppelt in die Glückskiste gegriffen«, registrierte der Kinderarzt. Da hatte er recht, der Gute! Ehrlich, wie wir sind, haben wir den Jungs erzählt, dass sie nicht geplant, aber immer gewollt waren.
Leben ist das, was passiert, während du dabei bist, andere Pläne zu machen.
(John Lennon)
Meine Mama nannte mich Hexle und ich habe wirklich keine Ahnung, wie sie da drauf kam
Mumu sagen ja alle. Muha gefällt mir besser.
ja, das war 1998 total angesagt
Wenn Dich das interessiert, hilft dir Google weiter
Junger Vater auf freiem Fuß
Es gab kaum einen Unterschied zwischen Tag und Nacht. Es floss so ineinander. Meine Schwangerschaft und die erste Zeit nach der Geburt sind so ein bisschen an mir vorbeigezogen. Ich weiß nur noch, dass ich im ersten Jahr meistens so ins Bett ging, wie ich aufgestanden war. An manchen Tagen kam ich nicht mal zum Zähneputzen. Marc verbrachte den größten Teil des Tages und des Abends in seiner Agentur. Sein Geschäftspartner zeigte überhaupt kein Verständnis dafür, dass ein junger Vater auch Zeit für seine Familie brauchte. »Tut mir echt leid, dass es heute wieder so spät geworden ist. Jedes Mal, wenn ich sage, dass ich jetzt nach meiner Familie schauen muss, zieht er ein im Stich gelassenes Gesicht«, war Marcs abendliche Erklärung.
»Nee klar, Hauptsache, Monsieur muss nicht alleine arbeiten! Aber, dass du eine Familie hast, die dich auch braucht, geht ihm am Arsch vorbei. Na toll!«, zickte ich.
»Mann, was soll ich denn machen?«, fragte er nur. »Egal, wo ich bin, es fühlt sich immer jemand im Stich gelassen.«
Was war ich froh, dass ich meine Mama hatte! Sie war zwar berufstätig, kam aber immer sofort nach Feierabend und half mir mit den Jungs. Ich weiß wirklich nicht, wie ich das alles ohne sie geschafft hätte! Ich konnte nicht sehen, unter welchem Druck Marc gestanden haben musste. Ich habe nur mich gesehen und mir schrecklich leid getan, wie alleine ich mit den Jungs war. Jeden Abend, wenn er abgehetzt die Tür öffnete, machte ich ihm Vorwürfe, weil er so viel arbeitete und so spät nach Hause kam: »Na, was war heute wichtiger als wir?« »Du weißt genau, dass ihr mir wichtig seid, aber es manchmal eben nicht anders geht. Meine Agentur ist mir halt auch wichtig«, rechtfertigte er sich anfangs noch. »Nein, das weiß ich nicht! Woran soll ich denn merken, dass wir dir wichtig sind?« Mit der Zeit schwieg er und ließ meine erfolglosen Versuche, ihn und die Situation zu ändern, ins Leere laufen. Er kam immer später und freudloser heim. Das wirkte auf mich ignorant und bestärkte mich in meinen negativen Gedanken. Meine Zickereien erstickten jedes liebevolle Gefühl im Keim, das zwischen uns, wenn überhaupt, dann nur noch aufflammte. Ich kam nicht mehr raus aus meiner Negativspirale, fand mich fett und hässlich, fühlte mich alleine und ungeliebt und fand schließlich Trost bei meiner damaligen Freundin Chantal, die mich sehr emanzipiert beriet. Sie war so toll! Selbstbewusst, klug, wortgewandt, kreativ und witzig. Ich wollte sein wie sie.
Ich wollte immer sein wie andere, nie wie ich. Ich ließ mich von ihr führen wie eine Marionette, wollte ihr gefallen. Durch Komplimente und Lob gab sie mir das Gefühl, dass unendliches Potenzial in mir schlummerte, das ich endlich befreien müsste und mich nicht durch einen Mann, der meinen Wert nicht erkannt hat, bremsen lassen sollte. Sie ließ kein gutes Haar an Marc und redete mir bei jeder Gelegenheit ein: »Du hast einen besseren Mann verdient!« Das wirkte wie ein Mantra: »Warum hältst du an diesem bräsigen Typen fest, dem du völlig egal bist?« Diese Sätze drehten sich pausenlos in meinem Kopf. Ich konnte nichts Gutes mehr an ihm oder in unserer Beziehung sehen.
So kam es, dass ich Marc rausschmiss. Am Abend der Taufe unserer Jungs. Alle waren da und es war ein schöner Tag. Bis auf die Tatsache, dass Marc sich mit seinem besten Freund und Taufpaten betrunken hat und ich mal wieder alleine herumrannte, um den Rest der Gesellschaft zu bewirten. Als alle weg waren, eskalierte es und ich hörte mich sagen: »Hau ab! Pack deine Sachen und geh! Ich komme mit den Jungs alleine klar, bin ich ja eh gewöhnt!«
Ich kam mir saucool und unabhängig vor. Natürlich habe ich auch von Chantal ein dickes Lob kassiert. Ich war so happy, dass sie stolz auf mich war. Gruselig, gell?
Marc ging dann tatsächlich, ohne sich zu wehren. Er mietete sich eine eigene Wohnung und holte ein paar Möbel ab. Cool wie ich war, sage ich ihm, er solle einfach mitnehmen, was er haben will. Gesagt, getan. Als ich mich in der leeren Wohnung so umsah, musste ich erstmal trocken schlucken.
Ja, ich weiß. So wollte ich es ja – oder? Ich redete mir ein, dass Marc eh nicht der Richtige für mich war und dann lieber jetzt ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende, wie man so schön sagt.
Marc war kein Mann der großen Worte oder Komplimente. Allerdings beschwerte er sich auch nie. Er ließ mich sein. Nach den hitzigen Beziehungen, die ich vor ihm hatte, tat er mir eine Zeit lang gut. Jetzt war ich aber geheilt und wieder bereit für mehr Leidenschaft. Ich wollte einen Mann, der auch mal laut wird, mich aufs Bett wirft und gierig von Kopf bis Fuß abküsst, mich morgens beim Aufwachen anschaut, mir zärtlich mit dem Finger eine Haarsträhne aus dem Gesicht streicht und mir sagt, wie wunderschön ich bin und dass er sich gar nicht mehr vorstellen kann, ohne mich zu sein. Einen, der um mich kämpft, mir nachläuft, wenn ich im Streit das Zimmer verlasse, mich in seine Arme packt und beteuert, dass er mich nicht verlieren will. Ich wollte erobert werden. Wie im Film halt. Hmmm…. Aber Marc ließ mich gehen, wenn ich sauer war. Ein Streit beeinflusste nicht mal seinen Schlaf. Er wurde nicht laut oder schnell. Er kämpfte nicht.
Aber muss Liebe kämpfen, beweisen und erobern? Mit Mitte zwanzig dachte ich, sie müsse und Marc wollte mich irgendwie nicht zurück. Und wenn, dann hat er das gut für sich behalten. Also litt ich.
Wie es der »Zufall« wollte, wurde kurz nach Marcs Auszug die Wohnung direkt neben Chantal frei. Der Vermieter stand auf alleinerziehende Mütter und fühlte sich wie Superman, als er die Wohnung gönnerhaft einer jungen Zwillingsmutter übergeben konnte.