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SPIRITO ist ein frecher Crossover-Roman, der Gegenwart, Mittelalter und Antike zu einem magischen Energienetz verwebt. Die Journalistin Mashoo in Rio de Janeiro und Sito, ein Psychologe an der Charité in Berlin erhalten eine anonyme Einladung. Gemeinsam verbringen sie einige Tage, bis sie in ein Labyrinth tappen. Bald öffnet sich ihnen eine verborgene Welt, deren Ursprung zurück bis zu König Minos reicht. Sie gelangen in den Besitz zweier Artefakte. Kräfte der Natur führen ihnen ein einzigartiges Schauspiel vor Augen und katapultieren sie zurück in die Freiheit. Sie finden Zugang zu einem geheimnisvollen Garten. Bald erkennen sie, dass sie durch die Artefakte im Besitz eines mächtigen Werkzeugs sind. Obwohl sie gut getarnt agieren, sind ihnen die Häscher bereits auf der Spur. In geheimen Archiven lagern brisante Informationen über ähnliche Aktivitäten, anno domini 1327. Hatte der Inquisitor damals den leibhaftigen Teufel gefangen?
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Seitenzahl: 305
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Alle Ähnlichkeiten
mit lebenden oder bereits verstorbenen Personen sind rein zufällig.
FRANKREICH ... Avignon ... anno domini ... 1327
Hier und jetzt ...
Rio de Janeiro
Berlin – Kreta
RIO – PARIS
Kreta
Camouflage
Knossos
Höhlen
JAZZABELL
Lacrima
Sonntag
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Sensitiv
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Konzil
... äusserst selten führte der Gross-Inquisitor die Prozedur der « Hoch-Not-Peinlichen Befragung » ... persönlich durch ...
Das überliess er gerne seinen Schergen. Sie beherrschten die hohe Kunst der Folter perfekt, ohne ihre Delinquenten gleich zu Tode kommen zu lassen.
Der Geruch von Blut und verbranntem Menschenfleisch widerte ihn an, doch diesmal konnte er es kaum erwarten.
Ein blutüberströmter Mann lag auf der Streckbank und eine misshandelte Frau baumelte, an den Händen aufgehängt, von der Decke.
Die Beiden hatten sich erdreistet, überall ihre ketzerischen Ansichten zu verbreiten. Neben anderen Gottlosigkeiten behaupteten sie tatsächlich, die Erde würde um die Sonne kreisen ... wobei doch jeder wusste, dass die Erde der Mittelpunkt von ... Gottes ... einzigartiger ... Schöpfung ... war.
Der Gipfel ihrer Impertinenz aber war ihre Aussage, es gäbe gar keinen Teufel.
Unzählige male hatte der Inquisitor bei sich selbst geschworen, sie sollten ... ihn ... schon noch kennenlernen.
Unzählige male waren sie seinen Häschern entwischt, indem sie einfach um die nächste Ecke gebogen und auf unerklärliche Weise spurlos verschwunden waren.
Seinem besten Agenten, dem kleinen, willfährigen Mönch Kramer, der das Buch « Teufels-Hammer » verfasst hatte, war es nach neunzehn Jahren der Verfolgung, durch ein abgefeimtes Manöver endlich gelungen, sie einkerkern zu lassen.
Seitdem hielten die Beiden ihre Augen geschlossen und gaben keinen Laut von sich.
Die Wut des Inquisitors über dieses Verhalten war masslos. Er hatte befohlen, ihre Augenlider an die Augenbrauen zu nähen. Zum Sprechen zwingen konnte er sie scheinbar nur durch extreme Schmerzverfügung.
Doch welche Foltermethode er auch anwandte, kein Wort kam über ihre Lippen.
Wütend schrie er sie an « Wo habt ihr diese Ringe her? »
Er griff zur Geissel ... « Wer sind eure Helfershelfer? »
Wie von Sinnen schlug er auf die geschundenen Körper ein.
« Wo ist die Zentrale euerer Organisation? »
Blut spritzte über sein Kardinals-Gewand und er verfiel ... in heilige Raserei. Die Folterknechte versuchten noch, ihn abzuhalten, aber in fanatischem Hass schlug er mit einer mächtigen Doppelaxt den Kopf des halbtoten Mannes ab.Langsam begriff er, dass er einen schweren Fehler gemacht hatte. Verstört wandte er sich der Frau zu, doch einer der Knechte drehte seinen Daumen nach unten und murmelte ... « Exitus »
Der Inquisitor fluchte gotterbärmlich und schrie ...
« Verscharrt die Beiden irgendwo! »
Dann rauschte er nach oben in sein Arbeitszimmer und holte die zwei goldenen Ringe aus dem Tresor. Verächtlich blickte er auf sie herab ...
« Welche Wahrheit? ... Euere Wahrheit? ...
ICH ... bin die Wahrheit... denn ICH ... habe die Macht. »
Er steckte je einen Ring an einen Finger seiner beiden Hände, ballte wütend die Fäuste und stiess sie zusammen Plötzlich ... glasklar und unmissverständlich wurde ihm bewusst ... dass er ein jämmerlicher Despot und Mörder war...
Schockiert zog er mit aller Kraft die Fäuste auseinander.
So etwas ... wollte er bestimmt nicht noch einmal erleben Er musste unbedingt sein Versagen in Erfolg verwandeln.
Dann hatte er eine geniale Idee.
Er begann damit, einen wohl überlegten Bericht zu entwerfen, in dem er eindrucksvoll darlegte, wie es ihm gelungen war den « Leibhaftigen » für alle Menschen anschaubar zu machen. Jetzt wusste er genau, wie er seinen Untertanen Angst einflössen konnte, um sie weiter unter Kontrolle zu behalten.
Er legte die Ringe in eine Holzschatulle, stellte sie in den Tresor und verschloss ihn sorgfältig.
Mit dem einzigen Schlüssel ging er in den Keller, dorthin, wo seine Waffen geschmiedet wurden und warf das Eisen erleichtert in die rotglühende Schmelze. Dann liess er seinen erfahrensten Alchemisten rufen und gab einen riesigen Glasbehälter in Auftrag.
Der alte Mann warf sich erschrocken zu Boden und jammerte « Hochwürden ... Exzellenz ... das ist ... unmöglich! »
Der Inquisitor sah mitleidig auf ihn herab, packte ihn am Kinn und fixierte seine Augen …
« Alles ... was ICH mir vorstelle ... ist möglich ... Capté! »
Sito machte sich auf den Weg nach hause.
Seine Arbeit war anstrengend. Als psychologischer Begleiter von Patienten einer Intensivstation der Charité musste er jederzeit zwischen Einfühlsamkeit und Bestimmtheit wechseln. Auf dem Weg versuchte er loszulassen, um sich zu entspannen. Als er um die Ecke in die Kastanienallee bog, sah er seine Strasse vor sich. Die Strahlen der Nachmittagssonne brachen durch die hellgrün leuchtenden Blätter der Bäume. Er spürte das Bedürfnis sich von der Sonne streicheln zu lassen und setzte sich an einen Tisch im Garten des Café « Sorglos ».
Er schloss die Augen. Der Wind bewegte sanft die Blätter. Licht und Schatten huschten über sein Gesicht, und er begann zu träumen.
Er träumte von einer zauberhaften Fee, die ihm einen Wunsch erfüllen wollte.
Es war die Bedienung, und sie sagte freundlich, « Darf ich ihnen etwas bringen? » « Bitte einen Cappuccino. »
Als die Sonne verschwand, bezahlte er. Die Neue war süss. Er schlenderte gutgelaunt zur Haustür. Der Griff in den Briefkasten und fitneslocker vier Treppen nach Oben. Auf dem Anrufbeantworter befand sich eine kurze Nachricht seiner Freundin Susan.
« Bitte, ruf mich an. »
Sito wählte und Susan war sofort dran. « Hallo Sito, Schatz ...
Du weisst, ich mag dich, aber du hattest so oft keine Zeit für mich.
Ich habe jemanden kennen gelernt. Deshalb möchte ich unsere Beziehung beenden, aber wir bleiben Freunde ...
Ich ... melde mich. »
Sito blieb die Luft weg. Als er zu sich kam, wollte er Susan um Verzeihung bitten, doch die Verbindung war bereits tot.
Er warf sich bäuchlings aufs Bett und vergrub seinen Kopf im Kissen.
Tränen schossen aus seinen Augen. Er wollte sterben. Unzählige male überschlugen sich seine Gedanken in einer Endlosschleife, bis er vor Erschöpfung einschlief.
Mitten in der Nacht erwachte er aus wirren Träumen. Auf dem Weg zum Badezimmer glitt er fast auf den Briefen aus, die am Boden lagen. Er vermied den Blick in den Spiegel.
Als er wieder im Bett lag konnte er keinen Schlaf finden. Um sich abzulenken kroch er auf den Boden und sammelte die Post ein. Werbung, eine Rechnung des Stromversorgers, Bankauszüge, und ein Brief mit handgeschriebener Adresse ... ohne Absender.
Er öffnete den Umschlag.
Sehr geehrter Herr Sito Zabo
Bitte schenken Sie die Freude Ihres Erscheinens.
Das kostbare Mahl wird gereicht am 24. Juni,
Greece, Kreta, Hotel MINOS
Flug und Hotel sind gebucht, Tickets liegen bei ... Willkommen!
Sito hatte zwar den Brief gelesen, doch der Inhalt verweigerte sich ihm. Zu sehr waren seine Emotionen mit dem Verlust seiner Beziehung zu Susan beschäftigt.
Diese Nacht war eine endlose Qual.
Als er am nächsten Tag die Intensiv-Station betrat war er es, der in Wirklichkeit Hilfe benötigte. Lautlos schlich er sich in das Zimmer Nummer vier. Alexander lag seit knapp einem Jahr auf dieser Station, unfähig sich zu bewegen. Er war 93 Jahre alt.
Seine Physis stiess an biologische Grenzen, aber sein Geist war hellwach. Nach längerer Stille sagte Alexander, « So traurig heute, Sito?
Bitte komm näher, ich will deine Hand spüren. »
Sito kam zögernd näher.
« Was ist denn mit dir? » Sito schwieg und sah zu Boden.
« Liebeskummer? »
« Susan hat sich in einen anderen Typen verliebt. »
Eine Träne fiel auf Alexanders Handrücken. Eine echte Träne, wie lange war das her. Er fühlte wieder den Schmerz von damals, als seine grosse Liebe ihn verlassen hatte. « Ich war damals 23 Jahre alt, als meine Iris mit einem Musiker ins Ausland ging. »
Sito beruhigte sich. Um das Thema zu wechseln zog er einen Brief aus seiner Tasche. « Ich habe gestern einen seltsamen Brief erhalten und es gibt keinen Absender. »
Alexander nahm den Faden gerne auf und fragte nach dem Inhalt.
« Eine Einladung nach Kreta, zum kostbaren Mahl ... was immer das auch bedeuten mag. »
« Oh ... das klingt interessant. Du solltest auf jeden Fall annehmen! »
« Nein, ich lasse dich hier nicht allein. »
Alexander überlegte kurz. « Seit ich hier liege hattest du keinen Urlaub und was du für mich getan hast ist unbezahlbar.
Du hast meinem Geist eine neue Richtung gegeben.
Ich konnte mein ganzes Leben durch deine Hilfe reflektieren und jetzt blicke ich mit Neugier über meinen Tod hinaus.
Ich spüre, dass meine körperliche Existenz bald beendet ist, und ich freue mich sogar auf meine Verwandlung. Dort in der Schublade liegt ein letzter Gruss für dich. Bitte, mach mir die Freude und nimm ihn jetzt an dich. Du weisst, ich bin allein, ich habe keine Verwandten mehr. Versprich mir, den Umschlag erst nach meiner Bestattung zu öffnen, und meinen letzten Wunsch zu akzeptieren. »
Sito gab ihm das Versprechen.
In dieser Nacht verstarb Alexander. Er hätte heulen können, aber er hatte keine Tränen mehr.
Seltsam unbeteiligt ging er zu seinem Chef und bat um Urlaub. Drei Wochen aus dem vergangenen Jahr. Sein Chef stimmte zu und wünschte ihm gute Erholung. Sito ging sofort nach hause.
Einige Tage später nahm er als einzige Person an der Feuerbestattung von Alexander teil. Als er das Zeremonienhaus verliess, trat ein gut gekleideter Herr in seinen Weg.
« Verzeihen Sie, mein Name ist Spörli. Ich bin Notar und Nachlassverwalter aus Zürich. Habe ich die Ehre mit Herrn Sito Zabo zu sprechen? » er nickte.
« Ich habe von Herrn Sorbas den Auftrag erhalten, mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Darf ich sie zurTestamentseröffnung ins Hotel bitten?»
« Zur Testamentseröffnung? »
« Ja, sicher. Wissen sie denn nicht Bescheid? »
« Keine Ahnung. »
« Sie haben doch sicher ein Schriftstück von Herrn Sorbas erhalten. »
« Ja, aber ich habe es noch nicht gelesen. »
« Nun, es ist meine Aufgabe, ihnen wichtige Informationen über ihr ererbtes Vermögen mitzuteilen. »
Sito glaubte zu träumen. Verschüchtert stieg er in eine schwarze Limousine. In einem Konferenzraum des Hotels wurde ein kleines Buffet angeboten. Herr Spörli reichte Sito ein Glas Champagner und formulierte einen Toast auf Alexander.
Dann eröffnete ihm Herr Spörli, dass er alleiniger Erbe eines beträchtlichen Vermögens sei. Immobilien, Aktien und Beteiligungen in einem geschätzten Wert von ungefähr 73 Millionen. Allein der jährliche Zuwachs beliefe sich auf rund 5 Millionen.
Verständnislos starrte Sito auf die Dokumente.
« Ich muss sie jetzt fragen, ob sie die Erbschaft annehmen? »
Sito schluckte.
« Bitte unterzeichnen sie hier, und bitte hier, und noch einmal an dieser Stelle. Vielen Dank und herzlichen Glückwunsch.
Hiermit darf ich ihnen die Erbschaftsdokumente und eine Zero-Class-Card überreichen. Das bedeutet, dass sie keine finanziellen Beschränkungen beachten müssen. Wenn sie wollen, betreue ich ihr Vermögen, wie bisher für Herrn Sorbas. Bitte überlegen sie in Ruhe, und teilen sie mir in einigen Tagen ihre Entscheidung mit. »
« Ja, sicher, bitte führen sie vorerst die Geschäfte weiter, ich habe darin keine Erfahrung. »
« Gerne, Herr Zabo. Da sie mir ihr Vertrauen schenken, werde ich sie über ein weiteres Detail informieren.
Herr Zabo, durch diese Ereignisse sind sie nahe an den Kreis aussergewöhnlicher Menschen gelangt. Ich bin sicher, dass in einiger Zeit ihre Fähigkeiten benötigt werden. » « Welche Fähigkeiten? »
« Darüber kann ich im Moment nicht sprechen, aber bald werden sie von mir hören. Machen sie sich in Ruhe mit ihrer neuen Situation vertraut. Vielleicht nehmen sie Urlaub, um den nötigen Abstand zu finden. »
Sito bedankte sich, und dachte an die Einladung nach Kreta.
Zufall oder Fügung? Egal, er brauchte Abstand von alledem, was auf ihn in letzter Zeit eingestürmt war.
Zuhause öffnete Sito Alexanders Brief.
Geschätzter Sito,
vor einem halben Jahrhundert habe ich von einer liebenswerten, alten Dame ein beträchtliches Vermögen geerbt. Ich weiss bis heute nicht genau warum. Sie erzählte mir, auch sie habe im Alter von 24 Jahren von einem aussergewöhnlichen Mann eine hohe finanzielle Zuwendung erhalten. Dieser habe ebenso grundlos das Vermögen von einer grossen Persönlichkeit geerbt, und so weiter. Diese Folge geht zurück auf ein legendäres, historisches Ereignis.
Ich selbst habe in Luxus gelebt und trotzdem das Vermögen vermehrt, mit Hilfe meines Freundes Spörli aus der Schweiz.
Er hat es verstanden durch ausschliesslich faire Geschäfte das Vermögen zu verzehnfachen. Am Ende bleibt mir ein leichter Zweifel, ob ich meine Talente und meine Lebensspanne richtig genutzt habe.
Ich übertrage Dir dieses Vermögen, da ich Dein mentales Potential höher einschätze, als meines je war.
Diese Verfügung ist an keinerlei Bedingung geknüpft.
Bleibe frei und tue was du willst ...
Berlin, ... Alexander Sorbas
Mashoo hüpfte tropfnass aus der Dusche und blickte in den Spiegel ihres Badezimmers. Jeden Tag flüsterte er ihr zu wie schön sie war.
Der Spiegel liebte sie, ihren kakaofarbenen Teint, ihren gertenschlanken Körper, die endlos langen Beine, den knackigen Po, die prallen Brüste, das leicht gewellte, schwarze Haar, ihr fein geschnittenes Gesicht, den sinnlichen Mund, die süsse kleine Nase und ihre wundervollen grünen Augen.
In diesen Augen waren alle Geheimnisse Amazoniens verborgenen.
Mit diesen Augen konnte sie die Welt verzaubern.
Vor einigen Tagen hatte sie ihr Publizistikstudium abgeschlossen. Sie hoffte, dies wäre eine solide Basis, um ihren Traum zu verwirklichen.
Sie wollte Schriftstellerin werden.
Auf dem Campus hatte sie viele Freunde und manchen Verehrer. Doch mit den jungen Männern war sie äusserst vorsichtig.
Als sie dreizehn Jahre jung war, hatte der jüngere Bruder ihrer Mutter sie verführt. Auch damals war sie gerade aus der Dusche gekommen.
Ihre Eltern waren abends ausgegangen, und Fernando half ihr beim Trocknen. Das hatte er früher schon öfter getan, aber diesmal war sein Oberkörper nackt. Er küsste sie auf den Mund und zog sie sanft an sich.
Sie sah in den Spiegel, während er in ihr Ohr flüsterte,
« Mashoo, ich liebe deinen Körper. »
Sie ... sah in den Spiegel als sie sagte, « Ich mag dich auch sehr gern, Fernando. »
Er küsste sie auf den Hals und auf die Schultern, ein leichter Schauer lief über ihren Rücken.
Er küsste sie auf den Bauch und ihre knospenden Brüste. Als er niederkniete um ihre Oberschenkel mit seinen Lippen zu berühren, schloss sie die Augen und strich ihm langsam mit den Händen durch sein schwarzes Haar. Sie fühlte seine Zunge an ihrer Scham und als er ihre Klitoris liebkoste, begann sie am ganzen Leib zu zittern.
Mächtige, unbekannte Gefühle überschwemmten ihr Innerstes.
In unschuldiger Neugier liess sie diese Zärtlichkeiten zu.
Dann fühlte sie etwas Heisses, Lebendiges zwischen ihren Beinen, das langsam in ihre feuchtwarme Vagina eindrang.
Fernando hob sie kraftvoll hoch und sie schlang ihre Beine um seine Hüften. Jede Faser ihres jungen Körpers vibrierte.
Den kleinen Schmerz der Defloration nahm sie kaum wahr. Ströme voll Energie jagten ihre Wirbelsäule hoch und knüpften neue Synapsen in ihrem Gehirn.
Eine Welle des Glücks überflutete ihren Geist.
Es kam ihr vor, als hätte sie ihren Körper verlassen und würde sich selbst aus dem Spiegel betrachten. Sie sah einen Jaguar, der mit Fernando kämpfte. Dabei war ihr Bewusstsein so klar wie noch niemals zuvor. Sie hielt es für ein Wunder, ein Geschenk eines unbekannten Gottes aus dem geheimnisvollen brasilianischen Urwald.
Als sich Mashoos Fingernägel nach einer zeitlosen Ewigkeit aus seinem Rücken lösten, legte Fernando sie sanft auf ihr Bett und streichelte sie liebevoll. Mashoo sah in seine Augen, « Das bleibt für immer unser Geheimnis. »
In dieser Nacht verlor Fernando sein Leben bei einem Motorrad Unfall, als er kurz vor einer Kurve, im Lichtkegel seines Scheinwerfers, auf einem Werbeplakat, die grünen Augen eines Jaguars zu sehen glaubte.
Ja ... sie hatte Probleme mit Männern ...
... keiner ... war so zärtlich wie Fernando ...
Mashoo hatte einige Bewerbungsschreiben losgeschickt.
An die drei besten Zeitungen Brasiliens, an einige Modenzeitschriften und verschiedene populäre Magazine. Natürlich würden die Antworten Wochen oder Monate auf sich warten lassen. Trotzdem war ihr Interesse auf die Arbeitszeit des Briefträgers gerichtet. Deshalb schlief sie lang, pflegte sich ausgiebig und frühstückte lecker bis kurz nach elf.
Dann griff sie nach ihren Inline-Skates und streifte sich ihren Minirucksack über. Heute, an der Copa Cabana, wollte sie relaxen und von ihrem neuen Leben träumen. Sie freute sich schon auf einen kühlen Drink. Am besten schmeckte ihr der Copa-Cabana-Flip mit Blue Curacao. Mashoo fischte einen Brief aus der Postbox, las die handgeschriebene Anschrift, drehte ihn hin und her, auf der Suche nach dem Absender, und steckte ihn achtlos in die Tasche. Nach dem Schwimmen hätte sie genügend Zeit und Musse, ihn zu lesen.
Dann düste sie auf ihren heissen Rollen los, Richtung Meer.
Mit kraftvollen Bewegungen und eleganter Technik schnitt sie durch die Luft.
Die schwarzen Haare flatterten im Wind, und tiefe Atemzüge pumpten Energie in ihren Körper.
Sie schwitzte leicht, der Fahrtwind kühlte sie, nahm die Feuchtigkeit mit sich und verteilte ihre Feromone ringsum. Die Männer, die diese erotische Botschaft erhielten, hatten nur einen Augenblick der Freude, denn Mashoo war bereits um die nächste Ecke verschwunden.
Am Strand schlüpfte sie aus ihren Skates und ging barfuss zu ihrer Lieblingsstelle. Sie winkte Paolo zu, der im palmengedeckten Beach Club die Drinks für Touristen mixte.
Dann empfing sie die Huldigung des Pazifik. Der Ozean griff mit seinen nassen Fingern nach ihr, sie stürzte sich in die Brandung und machte einige kraftvolle Schwimmzüge. Dann tauchte sie auf, drehte sich auf den Rücken und hielt sich ohne Arm- oder Beinbewegung, allein mit ihrer speziellen Atemtechnik schwerelos an der Oberfläche.
Wie Treibgut würde der Pazifik sie langsam zurück ans Ufer tragen.
Mit Skates und Rucksack ging sie zur Palmen Bar, und Paolo erkannte bereits an ihrem Lächeln, dass sie ihren Lieblings-Coktail bestellen würde. Sie zog den Brief aus der Tasche, suchte nochmals nach einem Absender und öffnete ihn mit zaghafter Neugier.
Sehr geehrte Frau Mashoo Mara
Bitte schenken Sie die Freude Ihres Erscheinens.
Das kostbare Mahl wird gereicht am 24. Juni,
Greece, Kreta, Hotel MINOS
Flug und Hotel sind gebucht. Tickets liegen bei ... Willkommen!
Ungläubig zog sie die Buchungsbestätigung der Hotelsuite und die Flugtickets von Air-France aus dem Umschlag.
Rio de Janeiro - Paris - Kreta.
Tatsächlich stand ihr Name in diesen Dokumenten. Sie bezahlte den Drink und nahm einen tiefen Schluck. Keine Ahnung, was das bedeuten sollte, aber irgendwie hatte das Wort Paris eine elektrisierende Wirkung auf sie. Innerlich war sie schon auf Reisen, und träumte von ... la vie en rosé... und Haute-Couture.
Am frühen Abend besuchte sie ihre Eltern, die in einem angenehmen Vorort von Rio wohnten. Ihre Mutter reagierte nachdenklich auf die Neuigkeit, und ihr Vater wollte erst einmal Nachforschungen über den Zweck der Einladung anstellen.
Mashoo wollte die Zustimmung ihrer Eltern. Nur so konnte sie unbeschwert reisen. Und sie würde finanzielle Unterstützung benötigen.
Mashoos Vater wählte die Service-Nummer von Air France. Er gab Datum und Flugnummer durch.
Eine freundliche Dame bestätigte die Daten und fügte hinzu, dass die Tickets bereits zugegangen sein müssten. Er bedankte sich und beendete das Gespräch. Er überlegte kurz wie spät es wohl in Griechenland sein würde, aber eigentlich war es ihm egal. Er wählte die Telefon-Auskunft und liess sich mit dem Hotel MINOS auf Kreta verbinden.
Die Rezeption meldete sich in griechischem Englisch.
« Hotel MINOS International, was kann ich für sie tun? »
« Ich möchte gerne eine Buchung bestätigen, für Frau Mashoo Mara, aus Rio de Janeiro, Brasilien. »
« Einen Augenblick bitte, Frau Mara ... vom 17.06. ... bis 24.06.
Für Frau Mara ist die Ariadne-Suite reserviert. » Er zögerte kurz, dann fragte er in holprigem englisch, von wem die Einladung sei.
« Tut mir leid ... kann ich aus den Unterlagen nicht erkennen. »
« Können sie mir den Grund dieser Einladung nennen? »
« Der Grund dieser Einladung? Ich weiss nicht, vielleicht die Schönheit dieser zauberhaften Insel? »
« Bitte sagen sie mir, wer hat die Suite gebucht? »
« Mein Herr, gebucht von und für Frau Mara, Vorname Mashoo. »
« Vielen Dank für ihre Mühe. » « Gerne. »
Er hatte vergeblich versucht, den Grund der Einladung zu erfahren.
Aber dann bemerkte er, dass er selbst gute Gründe gehabt hätte, seiner Tochter ein derartiges Geschenk zu machen, zum erfolgreichen Abschluss ihres Studiums. Mashoo hatte ihm niemals Sorgen bereitet, im Gegenteil, sie war die Freude seines Lebens. Er hatte tiefes Vertrauen zu ihr, wie sie das Leben annahm. Ihm wurde klar, dass sie als Journalistin in Zukunft öfter unterwegs sein würde, auf sich selbst gestellt und hoffentlich erfolgreich. « Mashoo, alles was ich jetzt noch für dich tun kann ist dies. » Er legte seine Kreditkarte auf den Tisch. « Damit bist du unabhängig. Kauf dir ein hübsches Kleid, und wenn es dir gefällt, dann verlängere deine Reise. »
In den Augen von Mashoos Mutter stand eine Träne, sie nickte ihrer Tochter zu und umarmte sie liebevoll. Auf dem Weg nach hause bedankte sich Mashoo bei ihrem unbekannten Urwaldgott.
Irgendwo am Ufer des Amazonas fletschte ein Jaguar seine Zähne.
Er stiess einen langen, Schrecken erregenden Schrei aus.
Dann verschwand er zufrieden schnurrend im tiefen Dschungel.
Sitos Welt hatte sich innerhalb eines Tages auf den Kopf gestellt. Bei UN-Traveller stöberte er neugierig nach luftiger und pflegeleichter Mikrofaser Bekleidung.
Er kaufte vier Hemden, zwei Hosen, fünf T-Shirts, zwei Badehosen und eine High-Tech Taschenlampe, die ohne Batterien funktionierte.
Man musste sie nur schütteln, ein Magnet bewegte sich durch eine Spule und induzierte Strom.
Als er an der Kasse seine neue Zero-Class-Card zückte, fiel die junge Frau in Ohnmacht. Eine Kollegin beugte sich besorgt über sie, und dachte, oh, schwanger. Der herbeigeeilte Geschäftsführer sah die Karte, entschuldigte sich wortreich und erledigte persönlich den Zahlungsvorgang. Sito sah, dass die junge Frau wieder zu sich gekommen war. Er sprach sie an und fragte sie, ob alles o.k. sei.
« Ja, bitte entschuldigen sie, wir kennen diese Karte nur vom Hörensagen. Es kursieren Geschichten in Frauenkreisen, die ich ihnen lieber nicht erzählen möchte. Jedenfalls bin ich jetzt die Einzige, die je eine Zero-Class-Card in der Hand gehalten hat. »
Der Geschäftsführer stammelte, « Es ist uns eine Freude.
Bitte beehren sie uns wieder, Sir. »
Ein heller Gong ertönte in Sitos Kopf. Sir .. wegen dieser Karte? Es war ihm unmöglich, sich zu freuen oder Ärger zu empfinden.
Er fühlte sich vollkommen neutral. Obwohl er sich nicht umgedreht hatte, sah er hinter sich drei Kunden und zwei Verkäuferinnen. Sie starrten ihn unverhohlen an.
Sito drehte sich um, zählte drei Kunden und zwei Verkäuferinnen.
Dann suchte er das Weite.
Am nächsten Morgen bestellte er ein Taxi und liess sich zum Flughafen bringen.
Er hatte nur einen kleinen Koffer und etwas Handgepäck dabei, um möglichst unbeschwert zu reisen. Am Check-In legte er gespannt sein Flugticket vor. Problemlos erhielt er einen Platz am Fenster in der Nichtraucherzone.
Nach der Sicherheitskontrolle schlenderte er gemächlich an den Tax-Free-Stores vorbei und kaufte ein Geo-Magazin über Griechenland.
Im Flugzeug blieben die beiden Sitze neben ihm leer. Entspannt lehnte er sich zurück und dachte, ready for take off, schnell weg von hier.
Als die Stewardessen die Getränke und das Essen serviert hatten, machte sich in der Reihe hinter ihm Unruhe bemerkbar.
Ein Paar mit einer kleinen Tochter in der Mitte stritt sich genervt über ein belangloses Thema.
Obwohl er sich ins Essen vertiefte störte ihn der sinnlose Streit.
Stress beim Essen, darauf konnte er locker verzichten. Beinahe hätte er sich geärgert, aber er schloss die Augen und atmete tief durch. In seiner Vorstellung entstand ein leuchtend grünes Zeichen, das langsam um die eigene Achse rotierte. Dann drehte er seinen Kopf und blickte vollkommen neutral in die Augen des Mädchens. Sie schien leicht erschrocken und gab keinen Ton mehr von sich. Plötzlich war Ruhe hinter ihm.
Nach dem Essen griff er zum Geo-Magazin und blätterte ein wenig darin. Bald legte er es beiseite, schloss die Augen und wollte einfach nur träumen.
Nach einiger Zeit wurde er unruhig und blinzelte kurz.
Das kleine Mädchen sass ganz aussen in seiner Sitzreihe und sah zu ihm herüber. Als er die Augen öffnete sagte sie « Hallo, ich bin Doreen. » « Hallo, ich bin Sito. »
« Du bist ein Zauberer, stimmt's? » Sito musste schmunzeln.
« Ich habe es in deinen Augen gesehen! Kannst du mir einen Wunsch erfüllen? » Sito lachte, er fand Gefallen an diesem Spiel.
« Kommt darauf an Welchen. »
« Meine Eltern streiten sich immerzu. Nach diesem Urlaub wollen sie sich trennen. Ich habe es gestern Abend gehört, als sie dachten, dass ich schon schlafe. Bitte, verzaubere sie, dass sie sich wieder mögen. »
Das war doch kein Spiel ... jedenfalls ... nicht für Doreen.
« Wenn du dir etwas ganz doll wünscht und es für dich behältst, dann geht dieser Wunsch in Erfüllung. »
« Ja, ich wünsche es mir so sehr. » Sito nickte.
Plötzlich tauchte Doreens Vater neben ihr auf. « Was machst du hier, lass diesen Herrn in Ruhe, komm sofort nach hinten. »
« Mein Name ist Sito, ich habe mich wunderbar mit ihrer liebenswerten Tochter unterhalten. »
Dann reichte er ihm seine Hand zur Begrüssung. Während Doreens Vater seine Hand schüttelte, erschien in Sitos Geist ein blitzend grünes Herz. Er brannte es ihm auf den Pelz.
Doreens Mutter kam vom Waschraum zurück und fragte, « Was ist hier los? Hast du diesen Herrn belästigt? »
« Im Gegenteil, ihre Tochter hat mir ein zauberhaftes Kompliment gemacht. Sie ist genauso charmant wie … Sie. »
Sito bot ihr seine Hand zum Gruss.
Ihre Augen begannen zu funkeln und während sie seine Hand schüttelte, entstand in Sitos Vorstellung ein leuchtend rotes Herz, das über seine Hand in ihren Körper zischte.
« Welches Kompliment hat ihnen Doreen gemacht? »
« Ich glaube, das bleibt unser Geheimnis. Wenn sie erlauben, erzähle ich ihr eine kleine Geschichte. »
Doreen hüpfte vor Vergnügen auf dem Polster. Ihre Eltern zogen sich dezent verstört zurück, aber Sito hatte keinen blassen Schimmer, welche Geschichte er erzählen sollte. Deshalb plapperte er einfach drauf los.
Während Doreen lauthals lachte, hörten sie beide von hinten die sonore Stimme von Doreens Vater. « Ich bin ein grimmiger Wolf auf der Suche nach meiner geliebten Frau. »
Dann vernahmen sie die glockenhelle Stimme von Doreens Mutter. « Ich bin eine einsame Frau auf der Suche nach meinem zärtlichen Mann. »
Sito schloss die Augen. Doreen spitzte durch die Lücke zwischen den Kopfstützen und sah erstaunt wie sich ihr Vater und ihre Mutter leidenschaftlich küssten. Doreen konnte es kaum glauben. So etwas hatte sie bei ihren Eltern schon lange nicht mehr gesehen. Sie rutschte näher an Sito heran.
Leise flüsterte sie in sein Ohr, « Grosser Zauberer Sito! Danke »
Dann ertönte ein Warnsignal. « Bitte legen sie ihre Sicherheitsgurte an, wir landen in Kürze. Das Wetter auf Kreta ist traumhaft. Die Temperatur beträgt 27 Grad. Wir wünschen ihnen einen erholsamen Aufenthalt. »
Sito griff seinen Koffer und verliess das Flug-Terminal. In der Ankunftshalle sah er einen jungen Mann mit einem Schild, auf dem Hotel MINOS stand.
« Mein Name ist Zabo, ich habe eine Reservierung für das Hotel MINOS »
« Guten Tag Herr Zabo, sie werden bereits erwartet. Ich bringe sie gerne zum Hotel. Wir müssen allerdings noch etwas warten, denn ich suche noch einen Gast, deren Maschine bereits vor einer Stunde gelandet ist. Leider konnte ich sie noch nicht finden. Ich gehe kurz zum Flug-Terminal um nachzufragen. »
Nach einiger Zeit kam er zurück und erklärte Sito, dass der andere Gast wohl das Flugzeug in Paris verpasst habe und erst morgen ankäme.
Sie stiegen in einen weissen Mercedes und der Fahrer erklärte ihm, dass die Fahrt ungefähr eine Stunde dauern würde und quer durch Kreta in den Süden der Insel ginge. Sito schlug im Geo-Magazin die Seite mit der Landkarte Kretas auf. Er fragte den Fahrer nach besonderen Sehenswürdigkeiten und der gab bereitwillig Auskunft. Dann fragte Sito so beiläufig wie möglich nach dem Hotel und einer geplanten Veranstaltung.
« Tut mir leid, davon weiss ich nichts. Aber das Hotel Minos ist erstklassig, sie werden sicher zufrieden sein. »
Landschaft und Klima waren fremdartig und von rauer Schönheit. Sito genoss die angenehme Fahrt. Auf einer Anhöhe, in die Landschaft geschmiegt, tauchte ein altes, burgähnliches Gebäude mit Türmen und Zinnen auf. Sie fuhren eine kurze Strecke am Meer entlang, glitten langsam durch den Ort und erreichten das darüber liegende Hotel.
Sito hatte keine Vorstellung, was ihn erwarten würde, aber jetzt war er hingerissen von den neuen Eindrücken. Der Himmel schien endlos, die Luft roch nach Meer. Ein Portier nahm seinen Koffer und geleitete ihn in die Lobby. Der Hotelmanager begrüsste ihn. « Guten Tag Herr Zabo, ich hoffe, sie hatten eine angenehme Reise. » « Ja, danke. »
Er erledigte die notwendigen Formalitäten. Zum Abschluss erwähnte er beiläufig, er freue sich bereits auf das kostbare Mahl. Ein leichtes Stirnrunzeln des Managers liess ihn aufmerken.
« Sie haben bereits von unserer exzellenten Küche gehört? »
Sito zog den Brief aus der Tasche und überreichte ihn.
Mit versteinerter Mine las der Manager die wenigen Zeilen.
« Ja, wir freuen uns sehr, sie als unseren Gast begrüssen zu dürfen. »
Er gab den Brief zurück.
« Darf ich ihnen jetzt ihre Suite zeigen? Bitte folgen sie mir. »
Er betrat eine Steintreppe, die in einem sanften Schwung nach oben führte. Offensichtlich war das gesamte Gebäude aus massiven Steinen erbaut. Alles erweckte einen soliden antiken Eindruck. Als sich im obersten Stockwerk die schwere Eichentür öffnete und er den Raum betrat, konnte er es kaum fassen. Hier sollte er wohnen? Ungläubig sah er den Manager an.
« Ich hoffe, diese Suite gefällt ihnen. Mein Name ist Ricardo, wenn sie einen Wunsch haben, wenden sie sich jederzeit an mich. »
Sito nickte und Ricardo verabschiedete sich.
Die Suite bestand aus einem Wohnzimmer, einem Schlafzimmer und einem modern eingerichteten Badezimmer.
Alle Wände bestanden aus unregelmässigen Steinquadern, ohne Fugen, der Fussboden aus Terrakotta, und die Decke aus Holzkassetten.
Zum Meer öffnete sich eine doppelte, verglaste Holztür, die auf einen riesigen Balkon mit Steingeländer führte.
Die Aussicht war überwältigend. Unter ihm lag das malerische Dorf, der kleine Hafen, und das unglaublich weite, dunkelblaue Meer. Er liess sich auf eine Sonnenliege sinken, schloss die Augen und dachte, das muss ein Traum sein.
Mashoo nutzte die verbleibenden Tage bis zur Abreise zu kleinen Einkäufen. Sie erstand unter anderem eine kleine Schreibmappe, um ein Reisetagebuch zu führen. Mit einer Freundin tingelte sie in verschiedenen Einkaufszentren herum, auf der Suche nach einem Kleid und passenden Schuhen. Bald hatten sie fast alle Mode-Boutiquen durchgestöbert, doch sie konnte sich nur schwer entscheiden. Welches Outfit war wohl angebracht für Europa? Welches Kleid war für Paris geeignet?
Schliesslich meinte ihre Freundin, es wäre vielleicht das Klügste, sich erst in Paris einzukleiden. Dieser Vorschlag war genial. Natürlich, ein Kleid aus Paris, was konnte aufregender sein?
Mashoos Eltern bestanden darauf, sie zum Airport zu bringen.
Nach dem Check-In winkte sie nochmals durch die Glasfront, mit einem mulmigen Gefühl im Bauch. Das erste mal in ihrem Leben betrat sie ein Flugzeug. Jetzt gab es kein Zurück mehr. Sie verstaute ihr Handgepäck und machte es sich bequem. Eine Stewardess bot verschiedene Zeitungen und Magazine zum Lesen an. Mashoo griff erfreut zur Vogue.
Neben ihr nahm eine elegant gekleidete Dame Platz.
Als das Flugzeug abhob und steil in den Himmel stieg verspürte sie ein angenehmes Kribbeln im ganzen Körper.
Sie blickte aus dem Fenster, sah Rio unter sich, den Zuckerhut mit der Figur des Erlösers und den endlosen, grünen Regenwald. Das Flugzeug durchstiess die Wolken. Als sie von oben auf die bizarren Formen herab sah, wusste sie plötzlich, dass ihr bisheriges Leben vorüber war. Etwas vollkommen Neues kam auf sie zu.
Sie schloss die Augen.
Als das Essen serviert wurde kam Mashoo mit der elegant gekleideten Dame neben ihr ins Gespräch. Sie erfuhr, dass sie Chantal hiess und Französin war.
Nach dem Essen unterhielten sie sich angeregt. Mashoo wollte alles über Paris erfahren, und erzählte, dass sie dort ein Kleid kaufen wolle.
Chantal fragte nach dem Zweck ihrer Reise.
« Der Anlass für die Reise ist eine Einladung zu einem ... kostbaren Mahl ... auf der Insel Kreta. »
Chantal zeigte sich neugierig.
Mashoo erzählte vom Abschluss ihres Publizistik-Studiums, dass sie mehrere Bewerbungen an bekannte Zeitungen und Modezeitschriften gerichtet habe, und nun auf Antwort hoffte. Chantal griff zur Vogue, die neben Mashoo lag. « Haben sie sich auch bei Vogue beworben? »
« Oh nein, dies wäre wohl zu anmassend für eine Anfängerin. »
Chantal blätterte im Magazin, schlug die vorletzte Seite mit dem Impressum auf, und deutete auf den Namen des Herausgebers.
« Dies ist ein guter Freund von mir. »
Mashoo blickte ungläubig in ihre Augen.
Chantal deutete auf den Namen des Chefredakteurs.
« Dieser Herr ist ein alter Bekannter. Ich kenne ihn seit Jahren und wir arbeiten seitdem erfolgreich zusammen. » Mashoo war beeindruckt. « Darf ich sie nach ihrem Beruf fragen? »
« Ich arbeite für Chanel und bin verantwortlich für Promotion und Vertrieb in Südamerika. »
« Sie müssen glücklich sein, das ist ja ein Traumjob. »
« Nun, das dachte ich auch, aber Mode ist ein hartes Geschäft. Als Kundin sehen sie nur die schillernde Oberfläche. »
Mashoo lehnte sich zurück und schloss die Augen. Immer wieder dieser Gegensatz, Schein und Sein.
Ihr Verstand wollte sich ausruhen und sie schlief ein.
Chantal dachte, interessante, junge Frau. Journalistin, sprachgewandt, exzellente Figur, wundervolle Augen. Der Flug würde noch lange dauern, vielleicht ergab sich eine Chance. Möglicherweise konnte sie Mashoo mit einem Outfit aus der jüngsten Kollektion von Chanel bestechen.
Der Flug verlief ruhig, aber irgendwann meldete sich der Flugkapitän.
« Verehrte Gäste, leider haben wir starken Gegenwind. Ich rechne daher mit einer verspäteten Ankunft in Paris. Zur Zeit haben wir zwei Stunden Verspätung. Ich glaube, dass wir diese Zeit nicht mehr aufholen können. »
Chantal dämmerte, dass Mashoo wohl ihren Anschlussflug verpassen würde. Mashoo kramte ihr Ticket aus der Tasche. Jetzt erst bemerkte sie, dass sie nur zwei Stunden Aufenthalt in Paris hatte. Das wäre zu kurz, um einzukaufen oder Paris zu sehen. Enttäuscht blätterte sie im Magazin, um sich abzulenken. Dann rief sie die Stewardess und fragte nach den Konsequenzen der Verspätung.
« Wenn sie ihren Flug versäumen, wird die Gesellschaft ihnen ein Hotelzimmer anbieten und ihren Flug auf morgen umbuchen. » Sollte sie sich ärgern oder freuen?
Nach einiger Zeit meinte Chantal, « Ich könnte ihnen Paris zeigen, wenn sie wollen. » Das überraschende Angebot kam Mashoo gelegen.
Sicher war es besser, als allein in einer fremden Stadt unterwegs zu sein. Sie war einverstanden.
Als sie auf dem Airport Charles de Gaulles gelandet waren, begleitete Chantal sie zum Service von Air France. Sie buchten das Ticket auf den nächsten Flug am folgenden Tag. Als Chantal hörte in welchem Hotel Mashoo übernachten sollte, bot sie ihr das Gästezimmer ihres Apartments an. Mashoo sagte zaghaft zu.
Sie nahmen ein Taxi und fuhren quer durch die Innenstadt.
Vor einem alten Bürgerhaus in der Rue Sauvignon stoppten sie und nahmen den Lift zum fünften Stockwerk. Das Apartment war eher ein Penthouse, geschmackvoll und dezent eingerichtet. Im Gästezimmer stand ein breites Messingbett, ein Ledersessel, und ein alter Sekretär.
Die gesamte Front gegenüber den Fenstern bestand aus einem Spiegelschrank. Chantal musste mehrere wichtige Telefonate führen.
Mashoo wollte einfach mal duschen.
Als sie das Badezimmer betrat, stand sie im Tempel der Aphrodite.
Honigfarbener Onyx am Boden, milchig weisser Marmor an den Wänden, und dorische Säulen in den Ecken.
Ein goldenes Meander-Band lief in Hüfthöhe rundum. Der Spiegel verdoppelte optisch den gesamten Raum. In einer Ecke war ein Whirlpool in den Boden eingelassen und von der ultramarinblauen Decke strahlten kleine Lichtspots wie Sterne am Himmel.
Als sie unter der Dusche stand fiel das Wasser wie sanfter Regen auf sie herab. Während sie den weissen Schaum auf ihrem bronzefarbenen Körper verteilte sah sie in den Spiegel und genoss jeden Augenblick.
Ganz erfrischt trocknete sie sich, hüllte sich in ein schneeweisses Badetuch und bedankte sich, ohne zu wissen bei wem. Sie tippelte ins Gästezimmer, streifte frische Unterwäsche über, und warf sich auf das weiche Bett.
Während dessen erfrischte sich Chantal.
Das erste Mal seit langer Zeit konnte sie alle Sorgen loslassen und sich auf einige Tage Urlaub freuen. Ab jetzt war sie privat und das genoss sie in vollen Zügen. Auch sie legte sich entspannt aufs Bett und schlief den Time-Lage weg.
Später sagte sie zu Mashoo, « Ich habe frei, ich freue mich darauf, dir Paris zu zeigen und mit dir Essen zu gehen. »
Beide lachten, « Los geht's, jetzt! »