Spurensuche in stiller Nacht. Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln nach einer Idee von Jo Pestum - Sarah Bosse - E-Book

Spurensuche in stiller Nacht. Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln nach einer Idee von Jo Pestum E-Book

Sarah Bosse

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Beschreibung

Ein spannender Fall voller Winterstimmung und aufregender Entdeckungen. "Weiße Weihnachten" hatten sich Carla und ihr Bruder Samuel lustiger vorgestellt: Kurz vor Heiligabend legt ein Schneesturm das Leben in ihrem Heimatort lahm. Als die beiden gemeinsam mit ihrem Vater die Tiere im nahegelegenen Tierheim mit dem Nötigsten versorgen, werden sie dort über Nacht eingeschneit. Am nächsten Morgen erleben die Geschwister eine Überraschung: Der Hund Troll ist verschwunden! Ist er weggelaufen oder wurde er entführt? Hat gar der benachbarte Landwirt seine Finger im Spiel, der dem Tierheim immer wieder droht? Im dichten Schneegestöber suchen Carla und Samuel nach Spuren, die sie zu Troll führen könnten. Und die finden sie nicht im Schnee, sondern an einem ganz und gar unerwarteten Ort. Tag für Tag ein neuer Hinweis für alle Spürnasen: Der Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln ist ideal zum Selberlesen ab 10 Jahren, aber auch zum Vorlesen für gemütliche Lesestunden im Advent mit der ganzen Familie. Liebevoll illustriert von Dagmar Henze.   Weitere lieferbare Bände der Reihe: Die Spekulatius-Verschwörung Drei Weihnachts-Lamas in Gefahr Die große Adventsverschwörung Die Nikolaus-Entführung

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Seitenzahl: 131

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Sarah Bosse,

Jahrgang 1966, studierte Germanistik, Skandinavistik und Soziologie in Münster und hat als Kinder- und Jugendbuchautorin über 130 Bücher veröffentlicht. Sie lebt in der Nähe von Münster.

 

Dagmar Henze

hat an der Fachhochschule Hamburg Illustration studiert und mittlerweile unzählige Bilder- und Kinderbücher mit ihrem unverwechselbaren Illustrationsstil ausgestattet.

 

 

Weitere Weihnachtskrimis in 24 Kapiteln von Sarah Bosse und Jo Pestum im Arena Verlag:

Die Spekulations-Verschwörung (Band 60669)

Drei Weihnachts-Lamas in Gefahr (Band 60525)

Die große Adventsverschwörung (Band 60379)

Die Nikolaus-Entführung (Band 60601)

Sarah Bosse

Spurensuche in stiller Nacht

Ein Weihnachtskrimi in 24 Kapiteln nach einer Idee von JO PESTUM

Mit Bildern von Dagmar Henze

Ein Verlag in der Westermann Gruppe

 

1. Auflage 2023

© 2023 Arena Verlag GmbH

Rottendorfer Str. 16, 97074 Würzburg

Alle Rechte vorbehalten

 

Umschlaggestaltung: Juliane Lindemann

Coverillustration und Innenillustrationen: Dagmar Henze

 

E-Book ISBN978-3-401-81047-8

 

Besuche uns auf:

www.arena-verlag.de

@arena_verlag

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Spurensuche in stiller Nacht

1. Dezember

Wenn nachts Bratpfannen fliegen

Mitten in der Nacht wurde der rote Porzellan-Weihnachtsmann von der Bratpfanne erschlagen.

Carla war als Erste in der Küche, nachdem die ganze Familie aus dem Tiefschlaf gerissen worden war. Es hatte sich angehört, als sei eine große Pyramide aus Konservendosen zusammengekracht. Kater Floyd war voller Panik aus Carlas Bett gesprungen, wo er sich eben noch gemütlich in ihre Kniebeuge gekuschelt und tief und fest geschlafen hatte. Jetzt suchte er maunzend Zuflucht unter der Kommode.

Als Carla im Halbschlaf mit dem Finger den Lichtschalter in der Küche fand, war auch ihr Bruder Samuel neben ihr im Türrahmen aufgetaucht. Beide blinzelten sie ins grelle Licht und hatten schnell erfasst, was da passiert war.

»Na klar, Lolo mal wieder«, raunte Samuel.

Der Vater hatte am Abend noch die Töpfe und Pfannen gespült und diese im Geschirrablaufkorb zu einem abenteuerlichen Turm aufgestapelt, anstatt sie abzutrocknen und wegzuräumen. Ganz obendrauf hatte die Bratpfanne gelegen, die nun abgerutscht war und mit Schwung den Weihnachtsmann geköpft hatte, der immer in der Adventszeit auf der Küchenfensterbank stand.

Samuel packte die Pfanne und verstaute sie in der Schublade unter dem Backofen. Carla fischte mit spitzen Fingern die Porzellanscherben von der Fensterbank und der Anrichte. »Damit wäre das entschieden. Das kitschige Ding kommt endlich in den Müll.«

»Vielleicht war das ja ganz dreiste Berechnung von Lolo«, kicherte Samuel. »Ich würde dem zutrauen, dass er die Bratpfannenflugbahn genau berechnet hat, damit sie den Weihnachtsmann ganz sicher trifft.«

»Was hab ich berechnet?« Plötzlich stand auch der Vater gähnend in der Tür.

»Die Bratpfannenflugbahn«, wiederholte Samuel augenzwinkernd und Carla hielt die roten Porzellanscherben in die Höhe.

Lothar Winter atmete erleichtert auf und tat ganz unschuldig. »Uff, und ich dachte schon, es sei was Schlimmes passiert.« Dann holte er das Kehrblech aus der Kammer. »Leg die Scherben mal hier drauf, Carla. Ich bringe sie lieber direkt in die Mülltonne, bevor sich noch jemand dran schneidet.«

Carla, die eigentlich Carlotta hieß, sich aber nicht mehr daran erinnern konnte, dass sie jemand je so genannt hatte, legte die größeren Scherben auf das Blech und die kleineren fegte ihr Vater zusammen.

Ganz gewissenhaft ging Carla in die Hocke und sah genau nach, ob noch irgendwo auf dem Fußboden kleine Splitter glitzerten. Nicht auszudenken, Floyd würde sich die spitzen Dinger in seine Pfötchen treten. »Feg mal besser hier noch drüber, Lolo«, forderte sie ihren Vater auf.

»Und erst mal kein Wort hiervon zu eurer Mutter, wenn sie von der Fortbildung zurückkommt, okay?«, mahnte der Vater. »Aus irgendeinem Grund, den ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, hing sie an diesem gruselig hässlichen Porzellan-Gnom.«

»Dir fehlt halt das Kitsch-Gen. Willst du dir übrigens nicht was an die Füße ziehen?«, fragte Samuel kichernd, als der Vater barfuß auf die Tür zusteuerte, die von der Küche direkt zur Einfahrt führte. Dort standen auch die Mülltonnen.

Doch Lothar Winter winkte ab und bemühte sich sichtlich, nicht mit den Zähnen zu klappern. »Du hast wohl noch nie was von einer Kneipp-Kur gehört. Abwechselnd warm und kalt, das härtet ab.«

Carla drehte den Schlüssel im Schloss, um dem Vater die Tür aufzumachen. Und wich direkt zurück, als der Wind eine Ladung Schnee hereinblies. Eine Schneewehe hatte sich bereits kniehoch an der Hauswand aufgetürmt und fiel nun, da die Tür geöffnet war, in sich zusammen. Direkt auf die Küchenfliesen.

Lothar Winter schüttelte seine nassen Füße. »Uähhh!« Beinahe wäre ihm das Kehrblech aus der Hand geflutscht. »Ach, du heiliger Bimbam!«

Samuel zuckte mit den Schultern. »Das haben die doch schon heute Abend im Fernsehen gesagt, Lolo. Also, dass das heute Nacht anfangen soll zu schneien.« Neugierig steckte er die Nase vor die Tür, wo dicht die weißen Flocken zur Erde schwebten. Die Außenlaterne sah jetzt mit ihrer weißen Zipfelmütze aus wie ein blasser Schlumpf. »Hey, Carla, nach der Schule Schneemann bauen?«

»Ist gebongt.« Carla hielt ihrem Bruder die Faust zum Fist-bump hin. Sie freute sich, dass es nun endlich angefangen hatte zu schneien. Wie lange hatten sie darauf gewartet!

»Apropos, wir sollten vorsichtshalber eine halbe Stunde früher aufstehen.« Der Vater warf einen skeptischen Blick nach draußen. »Ich glaube kaum, dass ihr mit dem Rad zur Schule fahren könnt. Habt ihr eure Wanderschuhe am Start? Mit den Chucks wird das nichts im Schnee. Da habt ihr in null Komma nichts nasse Füße.«

Samuel lachte und zeigte auf die nackten Zehen seines Vaters. »So wie du jetzt.«

Lothar Winter seufzte. »Wohl wahr. Auf zur Kneipp-Kur!« Dann machte er mutig einen Schritt nach draußen und gab dabei Laute von sich, die stark an das Jaulen eines heiseren Kojoten erinnerten.

»Lolo, pst, du weckst ja die Nachbarn auf!«, kicherte Samuel.

Carla hatte derweil einen Schrubber aus der Kammer geholt und den Schnee aus der Küche gefegt. Kaum war der Vater wieder im Haus, schlug sie die Tür zu und rieb sich die Hände. »Das wird fein. Schlitten fahren, Schneeballschlacht, Iglu bauen …«

»Falls der Schnee überhaupt liegen bleibt«, sagte der Vater, der mittlerweile anfing zu schlottern. »Jetzt aber schnell wieder ins Bett. Zweite Phase der Kneipp-Kur: Wärme.«

Carla und Samuel hüpften fröhlich die Treppe hinauf. Sie waren voller Vorfreude. Nach langer, langer Zeit schneite es endlich mal wieder.

»Du wirst sehen, Lolo, der Schnee bleibt diesmal liegen, das sind doch schließlich nur noch zehn Tage«, sagte Carla und hob den Daumen.

»Ja!«, rief Samuel. »Das wäre so toll, endlich mal wieder Schnee zu Weihnachten. Dafür stehe ich auch gern eine halbe Stunde eher auf.«

Der Vater lachte. »Na, da bin ich aber gespannt, ob du das nachher noch meinst, wenn ich dich wecke. Und jetzt ab mit euch ins Bett.«

Als Carla in ihr Zimmer zurückkam, lugte auch Floyd wieder unter der Kommode hervor.

»Alles ist gut, Süßer. Komm, wir kuscheln weiter«, lockte Carla den roten Kater. Inzwischen kroch ihr die Kälte die Beine hoch. Sie war froh, zum warmen Teil der Kneipp-Kur übergehen zu können.

Als sie unter der Decke lag und Floyd sich wieder in ihre Kniebeuge gekringelt und den Schnurr-Motor angeworfen hatte, musste sie an den armen roten Weihnachtsmann denken, dessen Leben in dieser denkwürdigen Nacht auf spektakuläre Weise sein Ende genommen hatte.

 

Wird der Schnee wirklich liegen bleiben?

Lies morgen weiter.

2. Dezember

Floyd, der Stunt-Kater

Als Carla aufwachte, spürte sie Fusseln am Mund. Floyd hatte im Lauf der Nacht seine Position verändert und lag nun auf dem Kopfkissen, den Schwanz vor Carlas Gesicht drapiert. Carla musste erst einmal herzhaft niesen. Dann warf sie einen Blick auf ihr Handy und schreckte hoch. Lolo wollte sie doch eine halbe Stunde eher wecken, jetzt war es aber schon nach sieben! Hatte Lolo etwa verschlafen? Oder noch schlimmer: War der Schnee etwa doch geschmolzen?

Carla huschte auf Zehenspitzen hinunter in die Küche. Ihr Vater hatte bereits Kaffee gemacht und lehnte mit einer Tasse an der Anrichte. »Hey, ich dachte, ich lass euch mal schlafen.«

»Aber …«, setzte Carla an.

Doch ihr Vater fiel ihr sogleich ins Wort. »Keine Sorge, die Schule fällt heute aus.«

Carla steckte sich den Zeigefinger ins Ohr und rüttelte. »Ich hab tatsächlich gerade verstanden, dass die Schule ausfällt.«

»Ja, ist auch so«, sagte Lothar Winter. Er hielt ihr das Smartphone vor die Nase. Carla schaute auf das Display. Ihr Vater hatte die Seite der Kreiszeitung aufgerufen. Carla überflog die Zeilen. Tatsächlich, da stand es als Eilmeldung. »Die Schulen bleiben heute geschlossen, um die Schülerinnen und Schüler auf dem Schulweg nicht zu gefährden«, las Carla im Flüsterton. »Es kann ebenso nicht garantiert werden, dass das Lehrpersonal in der Schule anwesend ist, um die Kinder zu beaufsichtigen, aufgrund des … Schneechaos?«, rief Carla ungläubig. Jetzt erst wurde ihr bewusst, dass nicht etwa die Rollläden heruntergelassen waren. Nein, vor dem Fenster war eine Wand. »Ist das etwa …?«

Lothar Winter nickte. »Schnee. Ja. Auf dieser Seite kommen wir nicht aus dem Haus. Der Wind hat ihn richtig fest an die Hauswand gedrückt. Der Witz ist, wir kommen nicht mal in die Garage, um die Schneeschaufel herauszuholen. Habe ich schon gecheckt.«

Carla flitzte die Treppe hinauf, um ihren Bruder zu wecken. »Samuel! Sammy, Sammy, das musst du dir ansehen!« Carla griff nach dem Gurt und zog den Rollladen von Samuels Fenster mit lautem Geratter nach oben. Von hier aus hatte sie erst den richtigen Blick auf die Lage. Die ganze Welt war unter einer dicken Schneeschicht verschwunden, die das erste Tageslicht in einem bläulichen Schimmer reflektierte. Die kleinen Tannen der Nachbarn steckten nur noch die Spitzen aus dem Schnee wie grüne Nasen und vom beleuchteten Rentier war gerade mal das Geweih zu sehen. Und an vielen Häusern leuchteten die kleinen Lämpchen der Lichterketten in den Fenstern. Von der Stichstraße und den Zufahrten der Häuser war nichts mehr zu erkennen. Oben an der Hauptstraße versuchten Räumfahrzeuge laut knatternd, die Fahrbahn freizuschieben. »Spektakulär!«, rief Carla.

»Was’n los?«, murmelte Samuel verschlafen.

»Die Welt versinkt im Schneechaos und wir haben schulfrei«, erklärte Carla.

»Echt?« Das lockte selbst den Morgenmuffel Samuel aus dem warmen Bett. Eingewickelt in seine Bettdecke kam er zum Fenster. Seine dunklen Locken standen regelrecht zu Berge. »Wow! Und die Schule fällt wirklich aus?«

Carla kicherte und strubbelte ihm durch die Haare. »Guck doch mal genau hin, du Witzbold. Ich glaube kaum, dass heute irgendwer pünktlich zur Arbeit kommt. Bis wir uns zur Schule geschaufelt hätten, wäre der Vormittag vorbei. Mindestens.«

Carla hörte Floyd unten an der Haustür maunzen. »Schnuckel, das wird nichts mit Draußen-Pipimachen. Du musst dein Katzenklo benutzen«, rief sie ihm zu.

»Wie gut, dass dein Kater dich versteht«, kommentierte der Vater lachend. Er hatte sich inzwischen Jeans und einen dicken Pulli angezogen.

»Ich wollte es ihm auch gerade zeigen, Lolo.« Carla öffnete die Haustür, zu der eine kleine Außentreppe hinaufführte. Verdutzt schnupperte der Kater an dem weißen Zeug, das ihm offensichtlich sehr suspekt vorkam. Aber davon wollte er sich nicht einschüchtern lassen und machte einen Satz nach vorn.

»Floyd!«, rief Carla erschrocken, musste aber im selben Moment fürchterlich lachen. Der rote Kater versank komplett im Schnee, um gleich darauf kreischend in die Luft zu springen, als hätte ihn eine Sprungfeder nach oben katapultiert. Voller Panik kam er zurück ins Haus gesaust und rutschte dabei mit seinen nassen Pfötchen aus. Auf dem Pelzpopo schlitterte er über den Fliesenboden.

»Cooler Stunt!«, rief Samuel lachend vom oberen Treppenabsatz. In seine Steppdecke gewickelt sah er aus wie ein Polarforscher.

»Hey, Scott und Amundsen!«, rief Lothar Winter aus der Küche. »Zieht euch mal an und kommt frühstücken. Und dann überlegen wir gemeinsam, wie wir strategisch am besten vorgehen.«

Carla hob die Hand und zählte an den Fingern ab. »Ganz einfach, Lolo: Schneemann bauen, Schlitten fahren, Schneeballschlacht …«

Der Vater schüttelte lachend den Kopf. »Ich befürchte, wir müssen uns erst mal wie die Schneehasen bis zur Garage durchwühlen.« In diesem Moment klingelte Lothar Winters Handy.

»Hallo, Rudolph, ganz schönes Chaos da draußen, was?«, meldete sich der Vater. Dann verstummte er und horchte aufmerksam. Nachdenklich legte er die Stirn in Falten und sagte schließlich: »So ein Mist.«

Carla wusste, dass Rudolph der Leiter des Tierheims war, in dessen Vorstand sich ihr Vater ehrenamtlich engagierte. Hoffentlich war nichts Schlimmes passiert. Carla hatte sich an den Küchentisch gesetzt und beobachtete ihren Vater beim Telefonieren. Er antwortete immer nur kurz mit »Hm« oder »Verstehe«. Schließlich seufzte er. »Okay, es nützt ja nichts, dann muss ich das übernehmen. Ja, auch das noch. Ich tue, was ich kann. Liegt ja auf dem Weg.«

Als er aufgelegt hatte, ließ er sich auf die Küchenbank nieder, stützte das Kinn auf die Faust und sah seine Tochter ernst an. Eine tiefe Sorgenfalte hatte sich über seinen Augenbrauen gebildet. »Ich befürchte, ich muss jetzt gleich zu Fuß zum Tierheim gehen«, sagte er. »Die Mitarbeiter haben keine Chance zu kommen. Die wohnen ja weiter weg und die Straßen sind komplett dicht. Ich wohne am nächsten dran. Ich kann es zu Fuß schaffen. Die Tiere müssen versorgt werden. So etwas passiert immer zur Unzeit. Wirklich blöd, ich hab noch eine Auftragsarbeit, die schnell fertig werden muss. Die Auftraggeber scharren schon mit den Hufen. Mist, verdammt.«

Carlas Vater arbeitete als Werbegrafiker im eigenen Büro zu Hause. Es kam häufig vor, dass er unter großem Zeitdruck arbeiten musste.

»Aber Lolo, die Tiere gehen vor! Du kannst sie ja nicht verhungern lassen!«, rief Carla. Sie warf einen skeptischen Blick aus dem Fenster. Es hatte zwar aufgehört zu schneien, aber es würde enorm mühsam werden, durch den tiefen Schnee bis zum Tierheim zu stapfen. »Du wirst allerdings ’ne halbe Ewigkeit brauchen, befürchte ich.«

Dann begannen die Gedanken in ihrem Kopf Purzelbaum zu schlagen.

 

Können Carla und Samuel irgendwie helfen?

Lies morgen weiter.

3. Dezember

Ein Fall für die Polar-Forscher

Lothar Winter rieb sich nervös die Schläfen. »Ich muss auch noch beim Landhandel einen Sack Spezialfutter für Schnipsel besorgen. Das ist alle und sollte heute geliefert werden.«

»Schnipsel?«, fragte Samuel mit schokocremeverschmiertem Mund. »Ist das der Mischling mit dem empfindlichen Magen?«

Der Vater nickte. »Ja, von normalem Futter kriegt der Durchfall.«

Carla verdrehte die Augen. »Ihhh.«

»Ich hoffe nur, dass beim Landhandel jemand da ist«, sagte der Vater gestresst. »Wisst ihr, wo mein großer Rucksack ist? Ich muss ja auch das Futter mitschleppen.«

Carla schob sich einen Löffel voll Müsli in den Mund. »Du solltest für dich selbst auch noch was zu essen mitnehmen. Du wirst ja nicht mal eben zwischendurch nach Hause kommen.«

»Du hast recht. Bist du so lieb und packst mir was zusammen?« Das Handy ans Ohr gepresst, verschwand Lothar Winter hastig aus der Küche, um seinen Rucksack zu suchen. Da gab es mit den anderen Vorstandsleuten einiges zu besprechen. »Verdammt, das wird eine Menge Arbeit. Quarantänestation, Hunde, Katzen, Kleintiere … Bis ich am Tierheim angekommen bin, hängt den Fellnasen der Magen sicher schon in den Pfoten«, sagte er im Hinausgehen. »Ihr beide kommt hier ja klar, oder?«

»Die Frage ist, ob du klarkommst, Lolo«, rief Carla ihm besorgt hinterher. Sie begann, für ihren Vater eine paar Brote zu schmieren. Plötzlich stieß Samuel ihr den Ellenbogen in die Seite. »Hör mal!«

Im Radio wurde gerade wieder über das Schneechaos berichtet. Der Verkehr war in der gesamten Region zusammengebrochen. Die Räumfahrzeuge kamen kaum durch die Straßen. In einigen Teilen waren Bäume unter der Schneelast umgefallen und hatten Stromleitungen in Mitleidenschaft gezogen. Viele Haushalte waren ohne Strom. Aber was die Geschwister noch mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass weitere heftige Schneefälle angekündigt waren. Nach dieser Meldung spielten sie ein kitschiges amerikanisches Weihnachtslied. »I’m dreaming of a white christmas«, schnulzte Bing Crosby aus dem Lautsprecher.

»Das klingt nicht danach, dass die Straße zum Tierheim so schnell freigeräumt werden kann«, sagte Samuel. »Vielleicht die große Hauptstraße, aber von da sind es mindestens noch anderthalb Kilometer auf dem Wirtschaftsweg.«