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Viele hohe Regierungsmitglieder der deutschen Regierung im 2. Weltkrieg nutzen die Gelegenheit und Macht, um sich an gestohlenen Kunstschätzen zu bereichern. Was wäre nun, wenn nun gerade diesen Dieben ihr Diebesgut wieder gestohlen wird? Wenn beherzte junge Männer dafür sorgen, dass wenigstens ein Teil davon in Sicherheit gebracht wird? Ist es möglich, dass sich die Beute noch irgendwo versteckt hält? Und wenn ja, wie soll es nach so vielen Jahren noch gefunden werden?
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Seitenzahl: 449
Veröffentlichungsjahr: 2022
Stollen 48
Stollen 48
Stephan Lipinski
© 2022 Stephan Lipinski
Buchsatz von tredition, erstellt mit dem tredition Designer
ISBN Softcover: 978-3-347-53080-5
ISBN Hardcover: 978-3-347-53081-2
ISBN E-Book: 978-3-347-53082-9
ISBN Großdruck: 978-3-347-53083-6
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Deutschland.
I
Das aufdringliche Klingeln der Haustür riss Jan aus dem Schlaf. Mühsam quälte er sich aus dem Bett in Richtung Flur. „Bin gleich da …!“ War das seine Stimme, die da in seinen Ohren krächzte? Sein Mund fühlte sich wie ein Teil der Sahara an … staubtrocken und mittendrin eine matte Schlange, wo sonst seine Zunge war. ‚Wenn das nicht wichtig ist‘ „Guten Morgen Herr Senne, ich habe hier ein Einschreiben für Sie“, flötete die Postbotin und strahlte ihn mit ihren großen Augen an, „wenn Sie hier bitte unterschreiben wollen, dann bin ich auch schon wieder weg.“ „Ein Ei …..“ ein heftiger Hustenanfall schüttelte Jan. „Ein Einschreiben? Von wem?“ Da war es wieder dieses krächzen. „Sie hat es aber ganz gut erwischt“, bedauernd sah ihn die Postbotin an, „da hilft nur Bettruhe und warme Milch mit Honig.“ „Ich werde es versuchen, danke,“ murmelt Jan während er den Brief von allen Seiten betrachtet. ‚Rechtsanwalt & Notar Schwarz, Nordhausen‘ war im Adressfeld zu lesen. Und darunter sein Name. ‚Was habe ich mit einem Anwalt aus… wie hieß das noch, er sah noch einmal hin, Nordhausen… wo immer das auch liegen mag, zu tun?‘ Gedankenverloren lief er in sein Wohnzimmer zurück und warf sich auf das Sofa. Dann riss er den Umschlag auf und zog eine einzelne Seite heraus.
Sehr geehrter Herr Senne,
Als Rechtsanwalt und Notar Ihres verstorbenen Großvaters Friedhelm Sievers möchte ich Sie zur Testamentseröffnung am Samstag, dem 21. August, dieses Jahres um 13:00 Uhr in meiner Kanzlei begrüßen.
Sollten Sie diesen Termin nicht wahrnehmen können, bitten wir Sie höflich um eine zeitnahe Information. Eine Verschiebung ist jederzeit möglich.
Mit freundlichen Grüßen
R. Schwarz
Er konnte nicht verstehen, was dort stand. Wer ist Friedhelm Sievers? Wieso hat er noch einen Großvater, von dem er noch nie gehört hatte? Er hatte zwei Großväter. Opa Eisen und Opa Kantstraße. Diese hießen natürlich nicht wirklich so, aber beide hatten den gleichen Vornamen Wilhelm. Als Kind war es daher einfacher, ihnen eigene Namen zu geben. Opa Kantstraße wohnte in derselben. Opa Eisen hatte unglaubliche viele alte Maschinen in seinem Garten. Trecker, Motorräder, landwirtschaftliche Geräte und noch vieles mehr, was dort vor sich hin rostete. Eben Eisen. Von einem Dritten, Friedhelm, hatte er aber noch nie gehört. Während er so grübelte, klingelt sein Handy. „Ja“ murmelt er knapp, ohne auf das Display zu sehen. „Hallo Alter hier ist Blohm“, er hatte das Gefühl, ein Düsenjäger startet in seinem Ohr, blöde Erkältung, „wie gehts?“ Blohm heißt eigentlich Jochen Voss aber wird von allen nur ‚Blohm‘ genannt. Er hatte auf einer Werft gearbeitet und irgendwer war der Meinung, dass es in Anlehnung an die Hamburger Werft „Blohm + Voss“ eigentlich nur diesen Namen für ihn geben kann. Und dabei ist es dann geblieben. „Beschissen wäre noch geprahlt, mein Kopf brummt, die Nase läuft und dann der Husten“, knurrte er. „Aber sonst gehts.“ „Oh, dann hast Du wohl nicht so richtig Lust heute bei Flo zu grillen?“ Kam es fragend. Flo, ein Name, der kaum zu dem zwei Meter fünf großen Freund der beiden passte, aber seinem Namen Florian geschuldet war. Dieser wollte heute seinen Geburtstag nachfeiern und Jan hatte sich darauf auch gefreut. „Nee Alter, mir gehts echt beschissen. Ich hau mich gleich wieder ins Bett“, antwortete Jan seinem Freund mit rauer Stimme, „aber Du kannst morgen ja mal rumkommen und mir erzählen, wie es war.“ „OK mein Bester. Hau Dich hin und ich sage nachher Flo Bescheid. Gute Besserung einstweilen.“ Damit legte Blohm auf.
Noch einmal las Jan den Brief. ‚Friedhelm Sievers nie gehört.‘ Und dann schlief er ein.
Am frühen Nachmittag des nächsten Tages stand Jan auf. Es ging ihm um einiges besser als am Tag zuvor. Der lange Schlaf hat ihm gutgetan. Nachdem er geduscht hatte, setzte er sich mit zwei aufgewärmten Brötchen vor seinen Computer und befragte das Internet nach Friedhelm Sievers. Davon gab es reichlich. Zwei Zahnärzte, ein Umzugsunternehmen, den Präsidenten eines Karnevalvereins und viele andere mehr. Aber keiner aus Nordhausen. Erst nach gefühlt eintausend umsonst aufgerufener Internetseiten stieß er auf den Seiten der Harzer Eisenbahn auf etwas Passendes. Dort soll zu Zeiten der damaligen DDR ein Friedhelm Sievers gearbeitet haben und durch „seinen heroischen Einsatz“ ein großes Unglück verhindert haben. ‚Ich werde bis zum Samstag warten‘, dachte Jan gerade, als es an der Tür klingelte. „Alter du siehst echt nicht gut aus“, Blohm stand vor der Tür, „kein Wunder, das Du gestern keine Lust hattest.“ „Geht schon …“ Jan dreht sich um und geht ins Wohnzimmer zurück. „Kaffee?“ Fragt er Blohm der sich in den Sessel fallen lässt. Blohm nickt und zieht sich einen Becher ran. Jan schiebt ihm den Brief über den Tisch „Ließ mal.“ Blohm nimmt den Brief und bekommt große Augen. „Du hast einen Opa in Nordhausen gehabt? Davon hast Du ja nie etwas erzählt.“ „Ich hab’s selbst nicht gewusst“ entschuldigt sich Jan, „meine Eltern haben das nie erwähnt. Aber er muss ja irgendwie mit uns verwandt sein, ich würde ja sonst nichts Erben und der Anwalt würde nicht von meinem Großvater sprechen.“ Beide sitzen gedankenverloren am Tisch. „Kommst Du mit zur Testamentseröffnung?“ Blohm zuckt etwas zusammen als er Jans raue Stimme plötzlich hört. „Selbstverständlich komme ich mit, wenn Du das möchtest“, gab Blohm zustimmend zurück.
Samstag am frühen Morgen frühstücken Jan und Blohm zusammen. Blohm hat Brötchen mitgebracht. Sie kochen noch eine Kanne Kaffee für unterwegs und machen sich dann auf den Weg nach Nordhausen in Jan`s etwas klapprigen Kombi. „Hast Du noch etwas herausfinden können?“ Fragte Blohm als sie auf der Autobahn in gemütlichem Tempo fuhren. „Nicht viel“, gab Jan zurück, „Ich habe noch ein paar Friedhelm Sievers gefunden. Aber ich habe nicht das Gefühl den richtigen dabei gehabt zu haben. Ich bin gespannt was der Anwalt zu erzählen hat.“ Nach einer Weile verließen sie die Autobahn. Über die Bundesstraße fuhren sie durch kleine Ortschaften mit gemütlich aussehenden Häusern. Waldstücke wechselten sich mit den kleinen Orten ab. „Sieh mal“, sagte Jan und deutet auf ein Schild am Straßenrand. „Hier waren Deutschland und Europa bis zum 18. November 1989 geteilt.“ „Dann sind wir an der ehemaligen Grenze,“ ließ Blohm sich hören,“ dann sollte es nicht mehr weit sein. Ich schätze, mal bummelig eine Stunde und wir sind da.“ „Das haut ja gut hin, dann können wir uns ja noch bei einem guten Amerikaner ein paar Burger gönnen, ehe wir zu dem Anwalt gehen. Ich weiß nicht wie lange so eine Testamentseröffnung dauert.“ Und richtig, keine Stunde später kamen sie in Nordhausen an.
Nachdem sie sich bei Pommes und Burger gestärkt hatten, fuhren sie in die Marktstraße zur Anwaltskanzlei. Diese befand sich in einem alten Fachwerkhaus direkt am Marktplatz gelegen im 1. Stock. Jan klingelte und ein leises Summen ertönt. Er drückt die Tür auf und die beiden treten in das Treppenhaus. „Hier oben Bitte“ ertönt eine freundliche Stimme. Jan und Blohm Stiegen die hölzerne Treppe mit den vereinzelt knarrenden Stufen hinauf, bis sie vor einer älteren Dame in einem bunten Kostüm standen. In dem runden Gesicht funkelten dunkle Augen, die durch die grauen Haare noch dunkler wirkten. Mit einem Lächeln auf den Lippen bittet sie die beiden in den Empfang der Kanzlei.
„Herr Schwarz erwartet Sie schon, bitte folgen Sie mir, ich bringe Sie zu ihm.“ Sie öffnete eine weitere Tür und sie gingen hinein. Hinter einem wuchtigen Schreibtisch saß ein alter Herr im Anzug, der bei ihrem Eintreten sofort aufstand und um den Schreibtisch herum ging, um sie zu begrüßen. „Guten Tag meine Herren, mein Name ist Roland Schwarz. Schön, dass Sie den Weg hierher gefunden haben.“ „Guten Tag Herr Schwarz, mein Name ist Jan Senne und das ist mein bester Freund Jochen Voss. Ich habe ihn gebeten mich zu begleiten. Ich hoffe das ist ok?“ Stellte Jan sie vor und sie gaben sich die Hände. „Selbstverständlich ist das in Ordnung Herr Senne. Da Sie der einzig Erbberechtigte sind, brauchen wir auch kein Einverständnis andere Beteiligten einholen. Nehmen Sie doch bitte Platz meine Herren.“ Gemeinsam gingen sie zum Schreibtisch und setzten sich. Herr Schwarz nahm einige Papiere aus einer Mappe, setzte sich eine Brille auf und sah dann die beiden vor seinem Schreibtisch sitzenden an.
„Nun denn meine Herren“, begann er, „ich begrüße Sie herzlich zur Eröffnung des Testamentes von Friedhelm Sievers. Das Testament wurde in meiner Gegenwart und als weitere Zeugin meine Angestellte, Frau Meyen, geschrieben und von Herrn Sievers im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten unterschrieben. Folgendes wurde von ihm verfügt:
‚Ich, Friedhelm Sievers, geboren am 27.9.1920, wohnhaft Brunnenweg 5 in 99734 Nordhausen vermache meinen gesamten beweglichen und unbeweglichen Besitz an meinen Enkel Jan Senne. Neben meinem Haus und meinem Auto auch mein gesamtes Vermögen bei der Sparkasse Nordhausen sowie sämtliche Gegenstände in meinem Haus. Alle Kosten wie das Honorar für meinen Anwalt Herr Schwarz sowie Steuern und Abgaben im Zusammenhang mit dieser Erbschaft sind bereits beglichen worden oder liegen abrufbereit auf einem Notaranderkonto der Kanzlei Schwarz. Das Haus ist lastenfrei und auch das Auto ist bezahlt.
Nordhausen am 14. Mai 2005
Nun herrschte erst einmal Stille.
„Haben Sie Fragen, Herr Senne?“ Ruhig klang die Stimme des Anwalts an Jans Ohr. „Das ist im Moment ein bisschen viel auf einmal“, antwortet Jan, „erst erfahre ich das einen Opa habe von dem ich nie etwas gehört habe, dann erbe ich scheinbar ein Haus, Auto und Geld. Das muss ich erst einmal klar bekommen.“ „Das verstehe ich sehr gut Herr Senne, daher werde ich Ihnen ein paar Dinge noch erläutern. Das Haus Ihres Opas ist schulden- und lastenfrei. Es ist vollständig bezahlt und es gibt keine Einträge im Grundbuch von zum Beispiel Banken oder sonstigen Geldgebern. Die Stadt Nordhausen hat lediglich ein Vorkaufsrecht im Fall Ihrer Ablehnung der Erbschaft. Bei dem Auto handelt es sich ebenfalls um einen komplett bezahlten Wagen. Wie im Testament erwähnt ist mein Honorar bereits bezahlt und für die notwendige Erbschaftssteuer wurde ein Notaranderkonto eingerichtet und dort liegen bereits die notwendigen Mittel bereit. Somit gibt es zumindest auf der finanziellen Seite keinen Grund das Erbe nicht anzutreten. Wenn Sie möchten, fahren wir jetzt zu dem Haus Ihres Opas und sie lassen dort einfach mal in Ruhe alles sacken.“
Dankbar nimmt Jan den Vorschlag des Anwalts an und gemeinsam laufen sie zum Parkplatz. „Steigen Sie bitte ein meine Herren.“ Alle drei steigen in den Wagen des Rechtsanwalts ein. Nachdem sie durch die Innenstadt von Nordhausen gefahren sind, biegt Herr Schwarz nach wenigen Hundert Metern in eine kleine Siedlung ein. Hier stehen viele Bäume wie eine Allee an den Straßen. Diese sind zum großen Teil noch aus alten Steinen gepflastert. Die meisten Häuser sind kleine Fachwerkhäuser und stehen etwas nach hinten gerückt in mehrheitlich sehr liebevoll gestalteten Gärten. Jan fühlt sich auf Anhieb sehr wohl in dieser Umgebung.
Nachdem Herr Schwarz noch zweimal in ebenfalls schöne kleine Straßen eingebogen ist, fuhr der Anwalt am Ende einer Sackgasse auf der rechten Seite zu einem großen Tor aus Metall. Er drückte auf einer kleinen Fernbedienung einen Knopf und das Tor fuhr lautlos zur Seite und gab den Weg frei. Über eine kleine Auffahrt gelangten sie zu einem kleinen Fachwerkhaus. Es ist grasgrün gestrichen mit kräftigen, dunkelbraunen Balken und das rote Ziegeldach rundet den schönen Anblick ab. An den Fenstern hängen hinter den Sprossenfenstern Gardinen und auch im Obergeschoss mit den kleinen Gauben hängen feine Scheibengardinen. Jan ist begeistert. Dies hat er so nicht erwartet. „Alter, das sieht ja richtig gemütlich aus“, spricht Blohm Jan`s Gedanken aus. „Möchten Sie sich erst einmal hier draußen umsehen?“ Fragte Herr Schwarz. „Sehr gern“, gab Jan zurück die drei Männer liefen langsam am Haus vorbei in den Garten dahinter. Hier war alles ebenso gepflegt wie vorne. Eine kleine Terrasse schmiegte sich vor einem großen Fenster an das Haus. Rundherum waren einige Blumenkübel aufgestellt, aus dem es bunt blühte. Über eine Rasenfläche hinweg sah man am Ende und an den Seiten das Grundstück durch hohe Bäume begrenzt. In der einen Ecke befand sich eine Art Geräteschuppen, in der anderen Ecke eine Garage. Alles machte einen gepflegten Eindruck. „Das ist ja großartig hier“, Jan war begeistert, „hier ist es ja wunderschön. Das hat mein Opa alles selbst gepflegt?“ „Im Großen und Ganzen ja, nur für die groben Dinge hat er sich Hilfe geholt. Aber auch die Nachbarn haben wohl geholfen. Er erzählte mir einmal von der herzlichen und sehr hilfsbereiten Nachbarschaft.“ Der Anwalt war sichtlich zufrieden das Jan sich so begeistern konnte.
“Lassen Sie uns erst noch den Schuppen und die Garage ansehen, ehe wir im Haus beginnen?“ Der Geräteschuppen war das, für was er sich bereits von außen ausgab. Es gab neben einem Rasenmäher allerlei Schaufeln, Harken und sonstige Gartengeräte. Ebenso fanden hier noch einige Gartenmöbel ihren Platz. Dann gingen sie zusammen zur Garage. Herr Schwarz schloss die Tür auf und schaltete das Licht ein. Im hellen Neonlicht strahlte ein nagelneu aussehender SUV. „Donnerwetter“, entfuhr es Blohm, “Dein Opa wusste schon was gut ist.“ „Ihr Opa war was Technik betraf immer sehr interessiert und begeisterte sich für sehr für neue Dinge“, sprach der Anwalt an Jan gewandt. Dieser war schwer beeindruckt. So einen Wagen hätte er sich selbst niemals leisten können. Sonst gab es in der Garage nicht mehr viel zu sehen.
„Wenn Sie möchten, können wir gleich von hier hinten durch die Küche ins Haus gehen.“ Sie gingen über die kleine Terrasse zur ebenfalls mit Sprossenfenstern verglasten Tür. Herr Schwarz tippte an einer kleinen Tastatur neben der Tür einen Zahlencode ein. Dann hielt er einen kleinen schwarzen Chip an eine kleine graue Platte an der Wand. Eine kleine rote Lampe erlosch und ein grünes Licht leuchtete ihnen freundlich entgegen. Dann zog er einen Schlüsselbund heraus und nachdem er den Richtigen gewählt hatte, öffnete sich die Tür leise. “Mein Opa schien ja viel von Sicherheit zu halten. Erst das große Tor und nun hier scheinbar eine Alarmanlage.“ „Ja“, bestätigte Herr Schwarz, „das war im sehr wichtig. Diese Anlage wurde immer auf dem aktuellen Stand gehalten. Das ganze Grundstück ist zudem mit Kameras zu beobachten. Warum er dies alles installiert hat, kann ich ihnen allerdings nicht sagen. Die Einbruchsquote ist hier eigentlich sehr gering.“ Sie traten ein und fanden sich in der geräumigen Küche wieder. Alles war ordentlich an seinem Platz. Große Schränke an den Seiten, ein mächtiger Kühlschrank und ein moderner Herd rundeten das Bild ab. „Na hier kann man sich ja austoben beim Kochen,“ freute sich Jan und dachte an seine kleine Küche in seiner Wohnung. Links vom Kühlschrank öffnet Herr Schwarz eine Tür. „Hier haben Sie einen kleinen Vorratsraum. Durch diese Tür geht es in den Hausflur und hier kommen wir in das Wohnzimmer.“ Das Wohnzimmer war hell und freundlich eingerichtet. An den Wänden viele Bilder von Flugzeugen und Lokomotiven. Durch das große Fenster zur Terrasse fiel helles Sonnenlicht hinein. Kleine Staubteilchen tanzten im Sonnenlicht. Neben einem großen Fernseher gab es auch eine gut ausgestattete Musikanlage mit einer großen Anzahl CDs. Jan nahm eine heraus ‚Kastelruther Spatzen‘, nicht ganz meine Musikrichtung stellte er schmunzelnd fest. Eine bequem aussehende Sofagarnitur steht an der längsten Wand. Davor ein Tisch und ein wuchtiger Sessel der in Richtung des Fernsehers gedreht war. In der Ecke nahe der Küche steht ein großer runder Tisch mit sechs Stühlen drum herum. Alles sehr aufgeräumt und ansprechend eingerichtet. „Mein Opa schien ja trotz seines Alters ein recht moderner Mensch gewesen zu sein“, sagte Jan in Richtung des Anwalts, „ich hatte hier eigentlich Gelsenkirchener Barock erwartet.“ „Das stimmt, man hatte bei ihm auch nie das Gefühl es mit einem über achtzigjährigen Mann zu tun zu haben. Er war immer salopp gekleidet und interessierte sich, wie schon gesagt, sehr für neue Technik.“ Still grinste Herr Schwarz in sich hinein. ‚Wenn der junge Mann jetzt schon begeistert ist, dann werden ihm oben die Augen übergehen.‘ Sie gingen durch eine weitere Tür in den Hausflur. „Dort gibt es ein Gäste WC, ein Badezimmer, das Schlafzimmer und auch ein kleines Gästezimmer. Durch die Tür dort kommen Sie in den Keller. Den können wir uns dann zum Schluss noch ansehen. Er ist nicht sehr groß und Ihr Opa hat dort einige Vorräte gelagert. Lassen Sie uns doch erst nach oben gehen. Oh, ehe ich es vergesse, hier hängt die Steuerung für die Alarmanlage.“ Er wies auf einen etwa A4 großen grauen Kasten an der Wand. Einige grüne Lämpchen leuchteten und in einem kleinen Display stand „Deaktiviert“. „Hier links ist ein weiteres Gästezimmer“, Herr Schwarz öffnete eine Tür als sie den kleinen Flur am oberen Treppenabsatz erreicht hatten. Ein geräumiges Zimmer mit einer der Gauben, die man bereits von außen sehen konnte, öffnete sich vor ihnen. „Direkt hier nebenan ist das Badezimmer und auf diese Seite befindet sich das Arbeitszimmer.“ Als der Anwalt die Tür zum Arbeitszimmer öffnete verschlug es den beiden jungen Männern die Sprache. Vor dem Fenster stand ein Schreibtisch, auf dem ein so großer Monitor stand, wie ihn keiner der beiden je gesehen hatte. Und ein Weiterer kleiner stand noch daneben. An der rechten Wand hing ein Fernseher der mindesten eine Diagonale von 1,70 Meter hatte. Davor ein großer Sessel mit einem kleinen Tisch daneben. Außerdem gab es noch einige Gerätschaften in einem Regal auf der gegenüberliegenden Wand, auf die sich die beiden noch keinen Reim machen konnten. „Mich haut es fast aus den Schuhen“, sagte Jan verblüfft, „hier steht ja ein Vermögen an Technik herum. Was hat mein Opa denn gemacht, dass er all dieses gebraucht hat?“ „Leider kann ich Ihnen dazu nicht viel sagen. Das hat er stets für sich behalten und meines Wissens nach, hat er auch mit niemanden darüber gesprochen. Jedenfalls ist mir darüber nichts bekannt.“ Jan und Blohm sahen sich nun genauer in dem Zimmer um. Der große Monitor war an einem Computer angeschlossen von dem nicht nur Kabel zu einem Drucker, sondern auch zu mehreren externen Festplatten und auch einem sehr großen Scanner führten. „Guck mal hier“, rief Blohm zu Jan herüber. Er stand vor dem Regal und hielt eine Art Staubsauger in den Händen. „Das sieht nach einem Metalldetektor aus. Dein Opa war scheinbar auch ein Schatzsucher.“ In dem Regal lagen zum Teil merkwürdig aussehende Geräte und Werkzeuge. Unter anderem ein Gerät, welches wirklich wie ein Metalldetektor aussah. Ein langer Stiel. Am unteren Ende ein Ring der stark an einen Donut erinnert. Am oberen Ende ein Griff und daran befestigt ein Display und diverse Knöpfe und Schalter. „Wissen Sie was mein Opa damit gesucht hat?“ Fragte Jan an den Anwalt gerichtet. „Es tut mir wirklich leid Ihnen darüber rein gar nichts sagen zu können. Er hat es in meiner Gegenwart nie erwähnt und ich habe auch sonst nichts darüber gehört.“ Sie sahen sich noch eine Weile in den oberen Räumen um und gingen dann wieder hinunter in das Erdgeschoss. „Nun zeige ich Ihnen noch den Keller und dann würde ich sagen setzten wir uns zusammen und sprechen über Ihre Fragen.“ Durch die Tür auf dem Flur stiegen sie in den Keller hinunter. Er war nicht sonderlich groß, aber auch nicht klein. Etwa vier mal vier Meter schätzt Jan. An den Wänden befanden sich rundherum Regale. In einigen Borten standen Gläser mit Obst, einige Dosen mit Gemüse. Eine große Zahl leerer Weckgläser, scheinbar nicht mehr benötigtes Geschirr. Sonst war er weitgehend leer. Jan fiel eine kleine, etwa 70 mal 70 Zentimeter große Klappe in der Wand auf. „Was ist denn hier hinter?“ „Wie Sie sicher oben bemerkt haben, ist in allen Räumen ein Holzfußboden vorhanden. Damit dieser immer gut belüftet wird, ist unter dem Boden jeweils ein guter Meter Luft gelassen worden. Außerdem befinden sich dort die Heizungsrohre, da man von dort in jeden Raum im Erdgeschoss gelangen kann. Soweit ich weiß, hat Ihr Opa einen großen Teil dieser Rohre bereits mit einer neuen Isolierung versehen. Aber alles hat er nicht mehr schaffen können.“ Herr Schwarz öffnet die Luke und leuchtet mit einer dahinter liegenden Taschenlampe in die sich ergebene Öffnung hinein. Sah man nach oben konnte man das Holz der Bodendielen erkennen, sah man nach unten war dort feiner Sand zu sehen. Es lagen einige Schaumstoffrollen, Aluminiumfolie auf großen Rollen und einiges an Werkzeug herum. „Damit hat Ihr Opa die Rohre verkleidet.“
Nun hatten sie erst einmal alles gesehen und gingen wieder hinauf. Im Wohnzimmer setzten sie sich an den großen Tisch und der Anwalt sah Jan erwartungsvoll an. „Nun Herr Senne, was sagen Sie nun?“ „Ganz ehrlich Herr Schwarz, ich bin platt. Das, habe ich so überhaupt nicht erwartet. Nicht mal ansatzweise.“ „Und sind Sie bereits zu einem Entschluss gekommen? Möchten Sie das Erbe annehmen oder brauchen Sie noch etwas Bedenkzeit?“ „Ich fühlte mich hier vom ersten Augenblick sehr wohl. Und wenn es der Wunsch meines Opas war, dass ich dieses alles übernehmen soll, er alles bis ins Kleinste bereits geregelt und organisiert hat, dann wäre es undankbar ihm seinen letzten Wunsch auszuschlagen. Außerdem bekomme ich hier eventuell noch Antworten auf meine Fragen, wieso ich bis jetzt noch nie von ihm gehört habe. Was alles passiert sein muss, wo niemals jemand drüber gesprochen hat. Ich würde also das Erbe gern annehmen.“ Herr Schwarz strahlte Jan zufrieden an. „Das freut mich sehr Herr Senne.“ „Dann würde ich Sie jetzt bitten diese Urkunde zu unterschreiben und ich reiche sie am Montag beim Amtsgericht ein. Danach dauert es noch ein paar Tage und dann sind Sie der neue Herr in diesem Haus.“ Er zog einen Aktendeckel aus seiner Tasche, schlug die richtige Seite auf und schob Jan den Ordner und einen Kugelschreiber über den Tisch. „Dort unten bitte.“ Jan sah sich das Dokument kurz an und unterschrieb dann an der vorgesehenen Stelle. Der Anwalt steckte den Deckel wieder in seine Tasche. „Hier sind die Schlüssel für Ihr Neues zu Hause Herr Senne. Ebenso der Schlüssel für den Wagen und auch die Fernbedienung für das Tor. Ich würde Sie jetzt wieder zur Kanzlei bringen. Selbstverständlich können Sie danach bereits wieder hier hinkommen. Es fehlt nur noch die Formalität am Gericht aber im Prinzip gehört dies alles nun Ihnen.“ Die drei erhoben sich und gingen wieder durch die Küche hinaus auf die Terrasse. Jan schloss die Tür ab. „Wie lautet denn der Code für die Alarmanlage?“ „4077“ gab der Anwalt an. Jan gab den entsprechenden Code ein und das Licht wechselte wieder von Grün zu Rot.
Die drei fuhren nun wieder in die Stadt zur Kanzlei. „Ich werde Sie informieren, sobald das Gericht die Erbschaft bestätigt hat. Das dauert vermutlich drei bis vier Tage. Kann ich Sie telefonisch erreichen?“ Jan gab dem Anwalt seine Handynummer. „Dort bin ich jederzeit erreichbar. Danke noch mal für alles.“ Sie verabschiedeten sich voneinander. Herr Schwarz verschwand im Haus, Jan und Blohm gingen zum Auto zurück. „Alter, das ist echt der Hammer. Ich habe mit allem gerechnet, aber damit nicht. Ich habe nun einfach mal ein eigenes Haus.“ „Und es ist echt ein Träumchen!“ Stimmt ihm Blohm zu. „Was hat Dein Opa wohl gemacht? Der Mega-PC, die Ausrüstung, Alarmanlage. Das ist ja echt spannend.“ „Ich hoffe mal, dass ich im Haus Hinweise darauf finde. Vor allem wer er war und wieso mir niemand vorher von ihm erzählt hat. Fragen kann ich ja leider niemanden mehr.“ Jan war allein. Beide Omas und Opas waren bereits vor vielen Jahren gestorben. Und seine Eltern sind bei einem tragischen Unfall auf der Autobahn vor vier Jahren ebenfalls verstorben. Geschwister gab es nicht, jedenfalls keine von denen er wusste. „Lass uns nach Hause fahren und bei Lizzo was feines Essen. Ich lade Dich ein“, sagte er zu Blohm. Lizzo war ein asiatisches Restaurant, wo sie gern und oft zum Essen gingen.
Nach einer ereignislosen Fahrt setzten sie sich an „ihren“ Tisch und bestellten sich Getränke. Das Essen gab es vom Buffet. Hier gab es, was das Herz begehrt. Knusprige Ente, Huhn, Schwein und Rind in allerlei leckerer Soße. Fisch und Garnelen, Reis und Nudeln, gebackene Bananen mit Honig und Frühlingsrollen. Sie schaufelten sich ihre Teller voll, denn der lange Tag hatte sie richtig hungrig gemacht. Nachdem der erste Hunger gestillt war, fragte Blohm:“ Und mein Bester, was hat Du nun vor?“ „T‘scha, das ist eine echt gute Frage. Ich kann es Dir noch nicht sagen. Auf der einen Seite fühle ich mich hier sauwohl. Hier sind meine Freunde, Du als mein bester Freund bist hier, Flo und auch die anderen Hafensänger. Auf der anderen Seite hat mir das, was ich heute gesehen habe auch verdammt gut gefallen. Die Stadt finde ich echt schön, alles noch so muckelig mit dem Fachwerk aber trotzdem alles da was man braucht. Und natürlich das Haus. Ein echtes Schmuckstück. Und ein toller Garten in dem man seine Ruhe hat. Das passt irgendwie. Und für meine Arbeit ist es ja eigentlich völlig egal, wo ich wohne.“ Jan ist Programmierer und Datenverkehrskaufmann. Die meiste Zeit verbringt er in seiner Wohnung und arbeitet von dort aus. Sein Arbeitgeber hat es seinen Mitarbeitern freigestellt, wo sie arbeiten möchten. Lediglich zu den einmal wöchentlich stattfinden Meetings müssen alle da sein. Und natürlich, wenn es bei einem Projekt brennt. „Wir sind jetzt hin und zurück nur knapp 1 ½ Stunden gefahren. Das ist ja keine unmögliche Zeit. Und eine Bahnverbindung wird es bestimmt auch geben. Ich muss da echt noch in Ruhe drüber nachdenken.“ Beide gingen erst mal wieder zum Buffet. Es gab noch so leckere Sachen zum Essen und sie waren beide noch nicht satt. Nachdem sie noch gemütlich einen Kaffee getrunken und Jan das Essen bezahlt hat, gingen sie wieder zum Auto. „Ich bringe Dich nun nach Hause mein Bester und dann fahre ich in meine Wohnung. Ich habe einiges zu überlegen.“ Er setzte Blohm vor dessen Haustür ab „Ich melde mich bei Dir und noch mal Danke das Du mitgekommen bis.“ „Kein Problem Alter, das habe ich gern gemacht. Hau Dich hin und denk in Ruhe nach und melde Dich.“
Jan schlief bis in den Vormittag hinein. Mit einem Kaffee und ein paar Scheiben Toast setzt er sich auf sein Sofa. Er ließ leise Musik laufen und starrte ins Leere. Die Gedanken kreisten unaufhörlich um das Haus in Nordhausen, seinen unbekannten Opa. Wie und was soll er machen? Zum einen hat er sich hier ein schönes zu Hause geschaffen. Seine Freunde wohnten alle nicht weit weg, zur Arbeit war es nicht weit und auch sonst bot die Stadt alles, was man sich wünschen kann. Auf der anderen Seite hatte das Haus und die Umgebung einen nachhaltigen Eindruck bei ihm hinterlassen. Ein wunderschönes und gemütliches Haus. Ein prächtiger Garten und auch die alte Stadt hat ihm sehr gut gefallen. Auch der Gedanke, im Sommer gemütlich im Garten auf der Terrasse zu sitzen und dort zu arbeiten, gefällt ihm jetzt schon sehr gut. Kurzentschlossen greift er zum Handy und wählt eine Nummer. „Hallo Jan“, dröhnt es in sein Ohr, „schön, dass Du Dich meldest. Wie ist es gelaufen beim Rechtsverdreher?“ Die Stimme wie Donnerhall gehörte Manfred, seinem Chef und einmal mehr fragte Jan sich, warum der überhaupt ein Telefon benutzt. Die Stimme ist so laut, den kann man auch ohne Telefon verstehen. „Moin Bössi, mir gehts ganz prima. In Nordhausen ist es prächtig gelaufen. Der Anwalt war sehr nett und hilfsbereit. Mein Opa, den ich nie kannte hat mir ein Haus und noch einiges anderes hinterlassen.“ „Ein Haus? Nicht schlecht mein Lieber. Da gratuliere ich Dir aber mal ganz herzlich. Und was hast Du damit vor? Willst du es verkaufen oder vermieten?“ „Das ist mein Problem Bössi, deshalb rufe ich Dich an. Ich weiß es einfach nicht. Es war alles ein bisschen viel auf einmal und im Kopf dreht sich alles im Kreis. Deshalb möchte ich mal für eine Woche abschalten. Ich möchte nach Nordhausen fahren und mir alles in Ruhe ansehen. Und dann weiß ich hoffentlich auch was ich machen möchte.“ „Das ist eine gute Idee Jan. Du bist mit Deinen Projekten ja so weit durch. Fahr hin und nimm Dir die Zeit.“ „Danke, Du kannst mich aber jederzeit über mein Handy erreichen.“
Am nächsten Morgen fuhr er zeitig los. Die Strecke war frei und er kam gut durch. Als er auf das Gartentor zufuhr, drückte er auf den Knopf der Fernbedienung und das Tor öffnete sich für ihn. Er fuhr auf den Hof und parkte in der Nähe der Terrasse. Er steckte den Schlüssel in die Tür und wollte gerade öffnen, da fiel ihm das rote Licht ins Auge und die Alarmanlage wieder ein. ‚Das wäre ja ein prima Einstand, wenn ich gleich die Polizei zu Besuch hätte.‘ Er gab den Code ein und das Licht wechselte auf Grün. Nun konnte er gefahrlos in die Küche eintreten. Als Erstes öffnete er die Fenster, um frische Luft hineinzulassen. Das gleiche machte er im angrenzenden Wohnzimmer. Dann ging er wieder hinaus zum Auto, um die mitgebrachten Einkäufe ins Haus zu bringen. Als er zum zweiten Mal hinaus ging stand plötzlich ein alter Herr neben seinem Wagen. „Guten Tag“, sagte Jan an den Mann gewandt, „kann ich Ihnen helfen?“ „Entschuldigen Sie bitte mein Eindringen Herr Senne. Mein Name ist Hans Neumeier und ich bin Ihr Nachbar von der linken Seite. Ich war sehr gut mit Ihrem Großvater befreundet und als ich Sie hier ankommen sah musste ich einfach zu Ihnen kommen.“ Jan war verblüfft das hier jemand seinen Namen kannte, obwohl er nur einmal und das für wenige Stunden in Nordhausen war. „Sie sehen mich einigermaßen überrascht. Woher kennen Sie denn meinen Namen und wissen das ich es bin?“ „Wie gesagt Herr Senne, ich war ein sehr guter Freund Ihres Großvaters, ich kenne Sie nahezu von Geburt an. Nie persönlich natürlich, das ist Ihrem Großvater ja auch leider verwehrt geblieben, aber ich habe viel von Ihnen gehört und auch Bilder gesehen. Daher habe ich Sie auch sofort erkannt und mir erlaubt einfach zu Ihnen zu kommen. Entschuldigen Sie bitte vielmals das ich hier einfach so eingedrungen bin.“ Er wandte sich um und wollte gerade Richtung Gartentor gehen als Jan sagte:“ Bleiben Sie doch bitte hier Herr Neumeier. Sie brauchen sich nicht entschuldigen. So wie ich den Anwalt verstanden habe hatte mein Opa einige gute Freunde, die ihm viel geholfen haben. Und ich denke das Sie sicherlich dazu gehören. Kommen Sie doch bitte zu mir herein. Ich würde mich jedenfalls sehr freuen.“ Ein Strahlen huschte über das Gesicht des alten Herren. „Sehr gern, Danke.“ Jan griff sich noch schnell die beiden letzten Tüten und gemeinsam gingen sie ins Haus. „Möchten Sie einen Kaffee?“ „Oh gern, Danke.“ Jan suchte schnelle aus den Einkäufen Kaffee und Filtertüten heraus und setzte die Kaffeemaschine in Gang. Dann gingen die beiden Männer ins Wohnzimmer und setzten sich an den Tisch. „Sie sagten gerade, dass Sie mich quasi von meiner Geburt an kennen. Wie ist das möglich? Ich habe bis vor wenigen Tagen nicht einmal gewusst, dass ich einen Opa hier in Nordhausen hatte. Davon hat mir nie jemand etwas gesagt.“ „Tja Herr Senne, ich kann mir Ihre Überraschung sehr gut vorstellen. Mir wäre es wahrscheinlich auch so gegangen. Ihr Opa hatte einige Kontakte in den Westen und speziell natürlich zu Ihrer Familie. Das blieb aber weitgehend verborgen. Lediglich Ihre Oma Elfie wusste davon.“ „Meine Oma wusste davon und hat nie etwas gesagt? Warum nicht und vor allem warum gerade sie?“ „Nun, Ihre Oma und Ihr Opa waren einmal verheiratet. Sie sind die Eltern Ihres Vaters.“ Jan sah ihn mit großen Augen an. Jetzt fiel ihm ein das er noch überhaupt nicht darüber nachgedacht hatte, wieso er noch einen Opa hatte und wie er in die Familie gehörte. „Aber warum haben sie sich getrennt? Und wann? Und warum blieb mein Opa hier? Und warum hat meine Oma nie etwas gesagt?“ Jan hatte noch viel mehr Fragen aber her Neumeier hob abwehrend die Hände. „Nicht so viel auf einmal bitte. Ich kann Ihnen leider keine dieser Fragen beantworten. Ich habe Ihren Opa vor ungefähr 35 Jahren kennengelernt. Soweit ich es weiß, ist Ihre Oma Anfang der 1960 Jahre von hier weggezogen. Sie zog in den Westen. Nur wenige Wochen, ehe die Grenze 1961 geschlossen wurde. Ihr Opa blieb hier, aber ich weiß nicht aus welchem Grund. Er sprach nicht viel drüber und ich habe auch nicht gefragt.“ Jan stand auf und holte den Kaffee aus der Küche. „Milch und Zucker?“ „Etwas Zucker reicht mir, danke.“ Jan ging noch einmal zurück in die Küche und suchte aus seinen Einkäufen den Zucker heraus. Die beiden Männer saßen schweigend und tranken ihren Kaffee. „Für mich ist das alles etwas verwirrend. Das kam alles etwas überraschend und schnell auf mich zu. Nun sitze ich auf einmal hier in meinem eigenen Haus und versuche meine Gedanken zu ordnen und mir zu überlegen, wie es nun weiter gehen soll.“ „Das kann ich sehr gut verstehen. Es ist bestimmt nicht leicht das alles zu verstehen und vor allem dann, wenn man auch niemanden fragen kann. Meine Frau und ich können Ihnen nur von der gemeinsamen Zeit mit Ihrem Opa erzählen. Was davor geschehen ist wissen wir leider nicht.“ Beide hingen nun ihren Gedanken nach. „Wissen Sie was Herr Senne, ich lade Sie ein heute Abend mit meiner Frau und mir zusammen zu essen. Dann lernen Sie meine Frau kennen und wir können Ihnen ein wenig erzählen. Was halten Sie davon?“ „Oh, sehr gern. Aber was sagt Ihre Frau dazu?“ „Die wird sich freuen. Ich gehe nun rüber und sage ihr Bescheid. Und dann würde ich sagen, kommen Sie doch so gegen sieben Uhr zu uns.“ „Das mache ich gern. Bis nachher.“ Jan begleitet Herrn Neumeier zur Tür. „Bis nachher!“ Nun packte Jan erst einmal seine Einkäufe aus und verstaute sie in der Küche. Mit einer neuen Tasse Kaffee setzte er sich ins Wohnzimmer und dachte über das eben gehörte nach. Dass seine Oma oder auch sein Vater niemals auch nur ein Wort erwähnt hatten verwirrte ihn sehr. Plötzlich klingelte sein Handy mit einer ihm unbekannten Nummer. „Senne“. „Herr Senne hier ist Schwarz“. Der Anwalt. „Hallo Herr Schwarz. So schnell hatte ich nicht mit einem Anruf von Ihnen gerechnet.“ „Ja, es ging ausgesprochen schnell bei Gericht. Sie sind nun als Erbe eingetragen. Der Steuerbescheid und die Auslagenrechnung bekomme ich in den nächsten Tagen zugestellt und werde es dann umgehend begleichen. Dann bekommen Sie auch eine Schlussrechnung von mir. In den nächsten Tagen müsste ich Sie allerdings noch einmal in meine Kanzlei bitten. Wir müssen dann zusammen zur hiesigen Sparkasse gehen. Dort hatte Ihr Opa neben seinem Konto auch noch ein Schließfach. Und damit Sie dieses Schließfach öffnen können benötigt die Bank eine Unterschrift von mir.“ „Ein Bankschließfach? Wissen Sie was es enthält?“ Fragte Jan. „Das weiß ich nicht Herr Senne. Ihr Opa hat nur verfügt, dass ich Ihnen nur bei Annahme der Erbschaft überhaupt davon erzählen darf. Mehr weiß ich leider nicht.“ „Ok. Ich bin gerade in Nordhausen. Sagen Sie mir doch einfach Bescheid, wann es bei Ihnen passt, und dann treffen wir uns.“ „Oh das passt ja gut. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, dann können wir uns gern gleich heute Nachmittag treffen. Ich würde dann gleich in der Bank Bescheid geben“. „Sehr gern Herr Schwarz. Zumal Sie mich jetzt echt neugierig gemacht haben mit dem Schließfach. Mein Opa hatte scheinbar viele Geheimnisse. Melden Sie sich doch, wenn Sie einen Termin bei der Bank bekommen haben.“ „Das mache ich. Auf Wiederhören.“ ‚Das wird ja immer spannender‘ dachte Jan und legte das Handy auf den Tisch. Jan stand auf und stellte sich vor die Schrankwand im Wohnzimmer. ‚Nun wollen wir mal sehen was hier noch so alles zu finden ist‘ dachte er bei sich und öffnete die erste Tür. Ordentlich gestapelt standen dort Tee- und Kaffeetassen und die dazu gehörenden Teller. Auch ein Milchkännchen und Zuckertopf fehlten nicht. In der unteren Borte standen passend dazu die tiefen und flachen Teller sowie einige Schüsseln. Aber sonst nichts. In einer Schublade fand Jan einen Stapel Tischdecken. In einer anderen Schublade lag fein säuberlich Besteck, mit allerlei Löffeln und Gabeln in verschieden Größen. Kleine und große Kellen und Tortenheber. Alles nicht ungewöhnlich und zu erwarten. Als Jan oben rechts die Tür öffnete wurde es aber plötzlich doch interessant. Er fand einige Orden und Abzeichen. Jan nahm die gläserne Schatulle heraus. Es gab einige Orden, die er sofort der Zeit bis 1945 zuordnen konnte. Das Hakenkreuz war nicht zu übersehen. Es gab aber auch welche die eindeutig jünger waren. Sie waren allesamt mit den Farben Schwarz, Rot und Gold bedruckt. Allerdings war durch Hammer und Sichel klar, dass sie aus der DDR kamen. Zu jedem dieser Abzeichen gab es auch eine Urkunde. „Lebensrettungsmedaille der DDR“ stand auf der einen. „Medaille für treue Dienste bei der Deutschen Reichsbahn“ auf einer weiteren. „Verdienstmedaille der Deutschen Reichsbahn“ auf der dritten. ‚Da muss ich mich mal schlaumachen, weshalb man solche Orden bekam‘ dachte sich Jan und legte alles wieder auf seinen Platz zurück. Einige wenig interessante Papiere legte er nach kurzer Durchsicht wieder zurück. Neben Gläsern und einigen Flaschen mit diversen alkoholischen Getränken bot der Schrank nichts Aufregendes mehr. Er besah sich gerade die Bilder an der Wand, als sein Handy erneut klingelte. Der Anwalt. Jan hatte inzwischen die Nummer gespeichert und konnte sofort sehen das dieser anrief. „Herr Senne, Schwarz hier. Ich habe gerade mit der Bank gesprochen und wir könnten gegen halb fünf dort das Schließfach öffnen. Wenn es Ihnen passt.“ „Das passt mir gut Herr Schwarz. Langt es, wenn ich so um 20 nach vier bei Ihnen bin?“ „Ja, das langt völlig. Wie gesagt, die Bank ist nur auf der anderen Seite des Marktplatzes. Ich warte dann auf Sie. Bitte bringen Sie aber auf jeden Fall Ihren Personalausweis mit. Den werden sie bei der Bank haben wollen.“ „Alles klar Herr Schwarz, bis gleich dann.“ Jan sah auf die Uhr. Kurz nach halb vier. ‚Da habe ich ja noch ein paar Minuten Zeit.‘ Er brachte seine Tasse in die Küche dann ging er hinaus zu seinem Auto. Dort holte er seine mitgebrachte Bettdecke und sein Kissen heraus und stieg dann hinauf in das obere Stockwerk. Seine Bettdecke warf er im Schlafzimmer auf das Bett öffnete die Fenster. Er suchte sich aus dem Schrank ein Bettlaken und bezog die Matratze. Nun war sein Bett bereit für die Nacht.
Er ging hinunter und verließ das Haus. Nachdem er die Tür verschlossen hatte, lief er zu seinem Auto. Kurz bevor er Einstieg fiel ihm die Alarmanlage ein. Er lief zurück zur Tür und stellte sie scharf. Das rote Licht leuchtete wieder stumm vor sich hin. Nun fuhr er aber los. Das Tor verschloss er durch einen Druck auf die Fernbedienung. ‚Wer weiß, wozu das gut ist. Er wird schon einen Grund gehabt haben, solche Sicherungen einzubauen.‘ Nach kurzer Fahrt kam er auf dem Marktplatz an und fand auch einen Parkplatz unmittelbar vor der Kanzlei. Nachdem er ausgestiegen war, sah er sich auf dem Marktplatz um. Alles kleine Geschäfte mit freundlichen Fenstern in alten kleinen Häusern. Keine neuen Bauten dazwischen. Richtig gemütlich und einladend. Er drehte sich um und lief zur Kanzlei. Er wollte gerade klingeln als sich die Tür öffnete. Da stand Herr Schwarz schon vor ihm. „Ich habe sie kommen sehen Herr Senne und da dachte ich mir, ich komme ihnen entgegen“ sagte der Anwalt gut gelaunt. „Fein, da spare ich mir die Treppen“ gab Jan grinsend zurück. „Wir können gleich hinüber gehen. Dann sind wir mehr als pünktlich da.“ Sie liefen gemütlich los in Richtung der Bank auf der anderen Seite des Platzes. „Sagen Sie Herr Schwarz, wissen Sie eventuell, warum mein Opa die drei Orden von der DDR bekommen hat? Die beiden der Reichsbahn kann ich mir ja noch einigermaßen erklären. Aber wozu gab es die Lebensrettungsmedaille?“ „Oh Herr Senne, das weiß ich noch sehr gut. Das war damals eine unglaubliche Geschichte und eine fantastische Aktion Ihres Opas. Wir haben ja noch etwas Zeit da kann ich es Ihnen noch erzählen. Es war Anfang der Siebzigerjahre. Ihr Opa arbeitet bei der Deutschen Reichsbahn hier in Nordhausen. Er war dort zu der Zeit Fahrdienstleiter. An einem Samstag hatte er Dienst und war gerade im Stellwerk, um etwas zu klären. Als er von oben herunterkam sah er von links eine Lokomotive herankommen. Diese fuhr allerdings auf dem falschen Gleis. Wenn sie so weiterfahren würde, müsste sie unweigerlich auf die Kesselwagen prallen, die nur wenige Meter weiter auf dem Gleis standen. Diese waren mit Flugbenzin gefüllt. Die heute elektronischen Sicherungen gab es damals in der DDR noch nicht überall. Denn scheinbar war kein Lokführer auf der Lok. Jedenfalls war dieser nicht zu sehen. Die Weiche konnte Ihr Opa nicht mehr erreichen, dafür war sie zu weit weg und das Laufen auf dem Gleiskörper geht ja nicht so schnell wie auf einer Straße. Also hat sich hier Opa auf die fahrende Lok hinaufgezogen als diese ihn erreichte. Dort oben leitete er sofort eine Vollbremsung ein. Er schaffte es nicht ganz die Lok zum Anhalten zu bekommen, sie fuhr in die Kesselwagen. Allerdings so langsam, dass sie diese nur an die Prellböcke stoßen ließ. Etwas heftig denn dieser wurde dabei beschädigt. Ebenso der Puffer des vorderen Waggons. Aber mehr ist zum Glück nicht passiert. Einen Lokführer gab es auf der Lok. Dieser hatte aber einen Schwächeanfall erlitten und ist auf der Lok ohnmächtig geworden und schlug beim Umfallen auch noch mit dem Kopf gegen ein Handrad und das verhinderte, dass er rechtzeitig wieder wach wurde. Somit hat Ihr Opa nicht nur dem Lokführer das Leben gerettet, sondern auch noch eine große Katastrophe verhindert. Denn wenn die Lokomotive in die Kesselwagen gefahren wären, hätte dies mit großer Wahrscheinlichkeit eine Explosion ausgelöst. Dafür hat er die beiden Orden bekommen. Ihm war das gar nicht recht. Er wollte es eigentlich gar nicht öffentlich machen, aber solche Heldentaten waren in der DDR ein gefundener Anlass aller Welt zu zeigen wie gut die Arbeiter im Arbeiter- und Bauernstaat waren.“ „Dann war es doch der richtige Bericht, den ich im Internet gefunden habe. Aber da ich nicht wusste, ob es der richtige Friedhelm Sievers war. Daher habe ich den Bericht auch nur kurz überflogen. Aber das ist ja eine tolle Leistung, die er da vollbracht hat. Da kann ich ja jetzt noch stolz auf ihn sein.“ Inzwischen hatten sie den Marktplatz überquert und standen vor der Bank. Als sie durch die Tür traten wand sich der Anwalt zielstrebig nach rechts zu einigen verschlossenen Türen. Eine Mitarbeiterin an ihrem Schreibtisch grüßte sie mit einem kurzen Heben der Hand. Der Anwalt grüßte zurück. Vor der Zweiten blieb er stehen und klopfte an. „Herein“ kam es von innen. Hinter einem Schreibtisch saß ein Mann mittleren Alters im Anzug, der sich bei ihrem Eintreten sofort erhob. Er kam um den Schreibtisch herum und gab dem Anwalt die Hand. „Schön Sie zu sehen Herr Schwarz“, er wand sich zu Jan „und Sie sind dann sicherlich Herr Senne. Auch für Sie ein herzliches Willkommen. Mein Name ist Hensel und ich war der Ansprechpartner Ihres Opas hier in unserem Haus. Setzen Sie sich doch bitte.“ Er wies auf eine Gruppe aus dunklen Ledersesseln, die um einen kleinen Tisch aus Glas herumgestellt waren. „Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Wasser oder Kaffee?“ „Ein Kaffee ist immer gut“ gab Jan zurück und auch der Anwalt nahm das Angebot gern an. Herr Hensel nahm den Telefonhörer, wählte eine Nummer und nachdem sich ein Teilnehmer gemeldet haben muss, bestellte er den Kaffee. Dann kam er zurück und setzte sich zu den beiden Wartenden. Dabei nahm er von seinem Schreibtisch einen Ordner mit. „Herr Senne, hat Ihnen Herr Schwarz schon erzählt, weshalb Sie hier heute bei uns sind?“ „Er hat es nur kurz umrissen. Genaues konnten wir noch gar nicht besprechen“, gab Jan an den Bänker zurück. „Dann möchte ich Ihnen gern erzählen um was es geht. Das eine ist das Konto Ihres Opas welches hier in unserem Haus geführt wird. Es ist ein normales Girokonto wo die regelmäßigen Eingänge seiner Pension auflaufen. Außerdem gibt es noch einige lang- und mittelfristige Sparverträge und zudem das Notaranderkonto der Kanzlei Schwarz für Ihren Opa. Und das Schließfach als letztes. Die Sparverträge und das Girokonto gehen automatisch in Ihren Besitz über, sobald wir die Urkunde des Gerichtes haben. Für das Schließfach aber benötige ich neben der Urkunde auch noch die Genehmigung von Herrn Schwarz, ehe ich Ihnen das Schließfach übergeben kann.“ Die Tür öffnete sich und eine junge Frau mit einem Tablett auf den Händen kam herein. Sie verteilte Tassen auf dem Tisch und schenkte ihnen ein. Die Männer bedankten sich bei ihr und sie verschwand wieder durch die Tür, die sie leise hinter sich schloss. Nachdem der Anwalt einen Schluck aus der Tasse genommen hatte, öffnete er die Aktentasche, die neben ihm auf dem Boden stand. „Nun Herr Hensel, hier ist die Urkunde des Gerichts. Heute Morgen wurde die Erbschaft bestätigt. Und hier ist meine Vollmacht das Schließfach zusammen mit Herrn Senne zu öffnen und es ihm dann zu übergeben. Meinen Ausweis haben Sie ja bereits.“ „Wie immer bestens vorbereitet Herr Schwarz“, nickte Herr Hensel anerkennend. „Jetzt benötige ich nur noch Ihren Ausweis Herr Senne und einige Unterschriften und dann können wir hinunter zum Fach gehen.“ Jan zog seine Brieftasche aus der Jackentasche und gab Hensel den Ausweis. Dieser ging hinüber zu seinem Schreibtisch und machte eine Kopie von beiden Seiten. Am Tisch gab er ihn an Jan zurück. „So, nun bitte ich Sie noch diese Dokumente zu unterschreiben. Zum einen die Übernahmen der Konten und Sparverträge. Zum anderen die Übernahme des Schließfaches. Bitte lesen Sie diese durch und unterschreiben sie dann bitte jeweils unten rechts.“ Jan nahm die Blätter in die Hand und übergab sie an den Anwalt. „Sie kennen sich damit sicherlich besser aus als ich.“ Schwarz überflog schnell die Seiten und gab sie dann an Jan zurück. „Alles in Ordnung. Das sind völlig normale Übernahmeverträge. Ich habe auch noch nie mit Herrn Hensel oder dieser Bank Probleme gehabt. Sie können getrost unterschreiben.“ Jan nahm den Kugelschreiber vom Tisch und setzte seine Unterschrift unter die Dokumente. „Herzlichen Glückwunsch Herr Senne. Die aktuellen Kontostände und das Anlagevermögen lasse ich Ihnen gleich noch ausdrucken. Möchten Sie für das Girokonto eine Bankkarte haben und es weiterhin nutzen oder möchten Sie es auflösen und Ihrem bisherigen Girokonto gutschreiben lassen?“ „Oh, darüber habe ich mir noch gar keine Gedanken gemacht. Müssen Sie das sofort wissen?“ „Nein, lassen Sie sich Zeit. Es gibt dafür kein Zeitlimit. Geld können Sie auch jederzeit am Schalter abheben. Wenn Sie möchten, dann gehen wir jetzt hinunter in den Keller.“ Sie standen auf und Herr Hensel ging voraus durch die Tür. Sie durchquerten die Schalterhalle und blieben vor einer Tür stehen. Hensel gab an einer Tastatur einen Zifferncode ein, es summte leise und er drückte die Tür auf. Nach einem kurzen Flur ging es mehrere Stufen hinunter. Durch eine geöffnete Gittertür gelangten sie in einen kleinen Raum an dessen anderer Seite eine große, schwere Panzertür offenstand. Diese war mindestens zwei Meter zwanzig hoch und war sicherlich mehr als 60 cm dick. Jan war beeindruckt. So was hatte er noch nie gesehen. Durch diese Tür betraten sie einen weiteren Raum dessen linke Seite wie eine glänzende Wand aus unzähligen Türen in verschiedener Größe bestand. An jeder Tür waren zwei Schlüssellöcher und jeweils eine Zahl angebracht. Vor dem Fach mit der Nummer 77 blieben sie stehen. Der Bänker nahm einen Schlüssel aus der Tasche seines Jacketts, steckte ihn das linke Schlüsselloch und drehte ihn darin. Dann drehte er sich zum Anwalt um. Dieser öffnete erneut seine Aktentasche und holte einen ähnlichen Schlüssel heraus und gab ihn Jan. „Bitte Herr Senne, es ist Ihr Schließfach.“ Jan nahm den Schlüssel und steckte ihn in das rechte Loch und drehte ihn ebenfalls herum. Es klickte leise und die Tür sprang wenige Millimeter auf. Er zögerte die Tür zu öffnen. Als jedoch sowohl der Anwalt als auch der Bänker ihm zunickten griff er zu und zog die Tür auf. In der Öffnung sah man nun wieder eine Platte aus Metall ähnlich der Tür, allerdings gab es in der Mitte eine Stange die als Griff diente. Er zog daran und hielt nun eine Kassette aus Metall in der Hand. Sie war ungefähr 10 Zentimeter hoch und hatte in etwa die Größe eines A4 Blattes. Herr Hensel deutet auf einen Tisch an der Wand und Jan stellte die Box dort ab. Hensel zog seinen Schlüssel wieder aus dem Schloss. „Wir lassen Sie nun allein und Sie können sich den Inhalt in aller Ruhe ansehen. Wenn Sie fertig sind, können Sie den Inhalt mitnehmen oder wieder in die Box legen. Diese brauchen Sie dann nur wieder einschieben und die Tür zudrücken. Schließen Sie dann bitte wieder ab. Sie können mich ja dann informieren, ob Sie das Fach weiterhin behalten möchten oder ob wir es schließen sollen. Allerdings möchte ich Sie darauf hinweisen, dass Ihr Großvater die jährliche Miete bereits für die nächsten neun Jahre bezahlt hat.“ „Auch ich werde mich verabschieden Herr Senne. Sollten Sie noch Fragen haben können Sie mich gerne anrufen.“ Damit gaben Herr Hensel und der Anwalt Jan die Hand und verließen den Raum. Nun war er mit der Box und seinen Gedanken allein.
Er setzte sich an den Tisch vor die Kassette und verharrte einen Moment. Dann fasste er sich ein Herz und klappte den Deckel hoch. Er tastete den Inhalt erst einmal mit den Augen ab. Am hinteren Rand der Box waren in drei Reihen fein säuberlich goldene Münzen gestapelt. Von einigen hatte er schon einmal Bilder gesehen. Es waren 20 Goldmark Münzen mit Kaiser Wilhelm darauf. Aber von den anderen hatte er noch nie etwas gehört. Friedrichs d’or, Dukaten aus Ungarn und Bayern, eine 10-Taler-Münze aus Hannover und einige andere mehr. Insgesamt schätzte er die Anzahl auf mindestens 40 bis 50 Stück. Vermutlich eher noch mehr. ‚Das muss ein Vermögen wert sein‘, dachte er bei sich. Der Rest des Inhaltes schien auf den ersten Blick weniger spektakulär. Ein Schlüssel, wahrscheinlich für ein recht großes Vorhängeschloss. Es war ein Stapel Papiere, die Jan nun im ganzen Bündel herausnahm und auf den Tisch legte. Als Erstes hatte er einen Auszug aus dem Grundbuch in der Hand. Dort ging es um das Haus, welches er geerbt hatte. Dort wurde bestätigt, dass sein Opa Friedhelm Besitzer des Hauses war und es keine anderen Mitbesitzer gab. Als Nächstes hielt er einige Zeitungsausschnitte in der Hand. Es geht in ihnen um das beinahe Unglück im Bahnhof Nordhausen und seine Ehrung mit den Auszeichnungen. Dann gab es noch einige Verträge der Sparkasse über die Anlagen und das Sparbuch. Einige Blätter, mit denen Jan erst einmal nichts anfangen konnte und die er zur Seite legte. Dann erregte eine Liste seine Aufmerksamkeit. Dort standen sehr viele Namen, die er nicht kannte. Aber auch einige, die fast jeder kennt. Göring, Bormann, Heydrich, von Schirach, Eichmann, Mengele und Speer. Alles Nationalsozialisten. Die Liste enthielt viele Namen. Eng beschrieben in zwei Spalten und auf beiden Seiten. 'Was hat er damit wohl damit wollte?‘ fragte er sich. Überschrieben was das Blatt mit „Operation War“. Davon hatte er schon mal etwas gehört, aber ihm fiel nicht mehr ein was genau das war. Als letztes hatte er nun noch ein kleines Buch in der Hand. Ein Reclamheft mit dem Titel: „Bahnwärter Thiel“. 'Das muss ja sehr wichtig für ihn gewesen sein, wenn er das in einem Bankschließfach aufbewahrt‘, dachte Jan und blätterte darin herum. Mit Bleistift war auf der letzten Seite geschrieben: Tag 77. Sehr verwirrend. Er legte alle Blätter bis auf das kleine Heft wieder in die Box. Er wollte sie gerade verschließen als ihm auffiel das der Stapel Münzen in der Mitte etwas höher war als der Rest. Und das, obwohl alle in den scheinbar gleichen Plastikdöschen lagen. Das machte ihn neugierig. Er nahm die kleinen Dosen aus der Box. Aber da war nichts zu sehen außer der grauen Matte aus Gummi. Mit den Fingern tastet er den Boden ab. Aber da war doch was. Mit den Fingern spürte eine kleine Erhebung. Er fummelte mit dem Finger in einer der Ecken und konnte die Matte anheben. Darunter kam eine Karte in der Größe einer Scheckkarte zum Vorschein. Er nahm sie heraus und sah sie sich von beiden Seiten an. Sie war nur weiß und unbeschrieben. Lediglich ein kleiner Chip war auf der einen Seite zu sehen. Er legte die Dosen zurück. Die Karte und das Reclamheft aber steckte er sich in die Tasche. Danach verschloss er die Box und stellte diese in das Fach zurück. Die Tür drückte er wie Herr Hensel sagte zu und drehte den