Stopp Diabetes -     Raus aus der Insulinfalle dank der LOGI-Methode - Katja Richert - E-Book

Stopp Diabetes - Raus aus der Insulinfalle dank der LOGI-Methode E-Book

Katja Richert

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  • Herausgeber: Systemed
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Schockdiagnose Diabetes: Wie man als Diabetiker seine Lebensqualität erhält und Zuversicht zurückbekommt. "Stopp Diabetes!" ist ein Buch für Patienten: für alle, die mit den herkömmlichen Empfehlungen nicht zurechtkommen, für die, die gerne gut essen und für jene, die nach einer wirkungsvollen Ernährungsweise suchen. "Stopp Diabetes!" liefert kein langatmiges Fachchinesisch, aber so viele Hintergrundinformationen, dass man beim Arzt die richtigen Fragen stellen kann. Erfahrungsberichte Betroffener und einfache Rezepte motivieren zum Anfangen und Dranbleiben. Mit dieser Motivationshilfe kann endlich jeder Diabetiker sein Leben verändern!

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Seitenzahl: 191

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Katja Richert wurde 1974 in Schwerte geboren. In die Diabetesberatung ging sie erst nach ihrer Ausbildung und Arbeit am Theater Dortmund und am Berliner Ensemble. Grund für den beruflichen Neuanfang war ihr seit dem fünften Lebensjahr bestehender Typ-1- Diabetes und das Ziel, Menschen, die sich durch ihren Diabetes eingeschränkt fühlen, zu helfen. Seit 2005 schult sie Diabetiker auf LOGI. Heute ist Katja Richert Diabetesberaterin DDG in einer Diabetologischen Schwerpunktpraxis in München.

Ulrike Gonder, Jahrgang 1961, ist Ernährungswissenschaftlerin und arbeitet als freie Wissenschaftsjournalistin, Referentin und Buchautorin. Sie hält Vorträge und Seminare z.B. für Ärzte, Apotheker und Verbraucher. Als Interviewpartnerin stand sie in zahlreichen Radio- und Fernsehsendungen Rede und Antwort. Ihr Credo: »Zusammenhänge erklären! Damit man versteht, was einem gut tut.«

Inhalt

Wie alles anfing

Is(s) doch logisch

Warum die üblichen Empfehlungen oft nicht helfen

Ursache & Wirkung

Die 2 bei Typ-2

Kohlenhydrate sind gesund – oder?

Alles eine Frage der Bilanz

Was nach einer kohlen­hydrat­reichen Mahlzeit passiert

Elke N. aus Minden: Schritt für Schritt zum Ziel

Die beste Diät taugt nichts …

Aus der Reserve locken

Wie funktioniert Sättigung?

Clever sättigen – clever genießen

Dr. med. Thorsten Siegmund: Spannende Ergebnisse mit LOGI

LOGI – Genuss statt Frust!

Vier Stufen zum Wohlfühlen

Grundsätzliches

Saure Nieren durch Eiweiß?

Geschmacksträger Fett

Reduziert: Die Kohlenhydrate

Christina W. aus Metzingen: Einfach durch­starten

Anfangen!

Verboten sind nur Verbote

Der Blickwinkel ist entscheidend

Peu à peu oder rigoros?

Kohlenhydratreduziert, nicht kohlenhydratfrei!

Fett

Ohne Fett wird’s schnell fad – oder zuckrig

Omega-3- und Omega-6-Fette

Vormarsch der Transfette

Genuss und Gesundheit – ein Widerspruch?

Milchprodukte: Kleine, aber feine Unterschiede

Martin L. aus Ötisheim: Ich konnte es mir nicht vorstellen

Die Grund­ausstattung

Ohne Zuckerzusatz

Eier und Nüsse

Welches Fett?

Geschmacksverstärker? Nein, danke!

Die Tücke steckt im Detail – oder im Glas

Guter Vorrat: Milchprodukte

Und unterwegs?

Mona B. aus Stuttgart: Typ-2-Diabetes trifft LOGI

Erste Hilfe

Essen gehen

Bewegung

Kleine Schritte

Aktiv fernsehen

Der innere Schweinehund

Michaela S. aus München: Das hätt‘ ich mich vorher nie getraut

LOGI als Medizin

Eine Herzensangelegenheit

Ein Risikofaktor kommt selten allein

Gibt es etwas zu beachten?

Dr. med. Peter Heilmeyer: LOGI in der Reha-Klinik

Praktisches

Das Frühstück …

Auf dem Markt

Rezepte

Frühstücksideen – nicht nur für die erste Mahlzeit des Tages

Milchprodukte

Der mit den vielen Gesichtern – Katjas Hüttenkäse-Favoriten

Gut gedippt ist halb gesättigt

Egal zu welcher Tageszeit – Ideen für Beilagen

Kürbis

Alle Jahre wieder zur Winterzeit: Kohl

Fertiggerichte – nein, danke!

Naschwerk

Anhang

Wie alles anfing

Im Jahr 1893 verordnete ein junger Arzt seiner diabeteskranken Patientin Mary H. eine kohlenhydratarme, fett- und eiweißreiche Diät. Dazu erklärte er ihr: »Kohlenhydrate haben für den Körper keine lebenswichtige Bedeutung und müssen mithilfe der Nieren ausgeschieden werden. Das erzeugt Durst, eine übermäßige Harnausscheidung, Juckreiz und Nierenleiden.« Wie der Mediziner berichtete, besserte sich das Befinden seiner Patientin unter der Diät schlagartig.

Im Laufe der Jahre sollte er noch vielen Diabetikern mit seinem Diätprogramm helfen. In seiner 1916 veröffentlichten Monografie (»The Treatment of Diabetes Mellitus«) konnte er auf 1.000 Fallberichte zurückblicken und dokumentieren, dass mit seiner Diät und einem Bewegungsprogramm eine 20-prozentige Senkung der Sterblichkeit bei Diabetikern erreicht werden konnte. Dr. Elliott Joslin wurde zum berühmtesten Diabetesarzt seiner Zeit. Er gründete das Joslin Diabetes Center an der Harvard-Universität in Boston, das bis heute führend in der Diabetesforschung ist. Bevor Insulin zur Verfügung stand, blieb seine kohlenhydratarme Diät die Standardtherapie bei Diabetes.

Mit der Einführung des Insulins und anderer Medikamente verlor die Diät an Bedeutung. Zudem entwickelte sich um 1970 in den USA eine regelrechte Fettphobie. Ernährungsforscher glaubten, den Beweis dafür gefunden zu haben, dass viel Fett in der Nahrung dick mache und Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördere. Und vom (tierischen) Eiweiß glaubte man, dass es die Leber und die Nieren schädige. Damit kam das Aus für die anerkannt wirksame kohlenhydratreduzierte Diät!

Seither sollten Diabetiker besonders kohlenhydratbetont essen. Das hat nicht nur Betroffene immer wieder erstaunt: Schließlich ist Diabetes mellitus eine Kohlenhydrat­Verwertungsstörung. Aus lauter Angst vor Fett und Eiweiß akzeptiert man, dass der Körper mit seinem eigentlichen Problem, der Verwertung von Kohlenhydraten, besonders schlecht zurechtkommt. Doch je mehr Kohlenhydrate gegessen werden, umso mehr Medikamente benötigt man zur Blutzuckerkontrolle. Ein interessantes Konzept.

Die aktuelle Fachliteratur weist zahlreiche Belege dafür aus, dass sich die Blutzuckerkontrolle ebenso verbessert wie eine Reihe begleitender Risikofaktoren, wenn weniger Kohlenhydrate und mehr (ungesättigte) Fette gegessen werden. Und bei intakter Nierenfunktion bessert eine auf Kosten der Kohlenhydrate vermehrte Eiweißzufuhr die Stoffwechselsituation zusätzlich. Die entsprechenden Daten hatte ich bereits für mein im Jahr 2000 erschienenes Buch »Syndrom X oder Ein Mammut auf den Teller!« zusammengetragen. Daraus entwickelte ich ein praxistaugliches Konzept für Menschen mit Übergewicht, Insulinresistenz und Folgeerkrankungen wie Typ-2-Diabetes: die »LOGI-Methode«. In Hunderten Vorträgen habe ich sie Ärzten, Ernährungsberaterinnen und Diätassistenten vorgestellt. Nach anfänglicher Skepsis erfreut sich die LOGI-Methode heute einer steigenden Akzeptanz bei den Therapeuten und wachsender Beliebtheit bei den Patienten. Die positiven Rückmeldungen, vor allem aus DiabetesSchwerpunktpraxen und Reha-Kliniken, sprechen für sich: Sofern sich Arzt und Patient auf LOGI einlassen, sehen sie umgehend therapeutische Erfolge, und der Medikamentenverbrauch sinkt!

Eines Abends in einem Tagungshotel in Hagen sprach mich nach meinem Vortrag eine junge und sehr wache Diabetesberaterin an. Sie war mit zwei Kolleginnen von ihrem Chef, einem niedergelassenen Diabetologen, zum Fortbildungsabend mitgenommen oder besser gesagt abkommandiert worden. Freiwillig wäre sie nicht mitgekommen, um »schon wieder so einen Diät-Guru mit einer Wunderdiät« zu hören, wie sie mir Jahre später gestand. Sie hatte gerade erst ihre Ausbildung begonnen, war voller Tatendrang und tief im Glauben an die guten Kohlenhydrate verwurzelt. Sie konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es klug sei, Typ-2-Diabetikern anstelle von Brot lieber Käse oder ein Stück Fleisch zu empfehlen. Ihre innere Ablehnung bekam allerdings schnell Risse. Konnte es wirklich so einfach sein? Sie beschloss, einen Selbstversuch zu starten. Das ergab Sinn, denn als langjährige Typ-1-Diabetikerin kannte sie sich bestens aus.

Sie gab sich drei Wochen – und war überzeugt: Ihr Gewicht war gesunken und ihre Blutzuckerwerte bei geringerem Insulinbedarf noch besser als zuvor. Sie realisierte: So einfach kann es sein. Sie fing an sich in die Fachliteratur einzuarbeiten und fand dort ihre eigene Arbeit bestätigt. Und sie wunderte sich, dass diese Erkenntnisse in ihrer Ausbildung nicht einmal angesprochen wurden. Von nun an setzte sie sich vehement dafür ein, dass die Diabetiker in der Praxis ihres Chefs in Richtung kohlenhydrat­reduzierte Diät geschult werden. Inzwischen sind Jahre ver­gan­gen, und sie hat Hunderten Typ-2-Diabetikern eine neue, eine bes­sere Perspektive geben können.

Nun hat sie dieses Buch vorgelegt. Katja Richert ist inzwischen Diabetesberaterin am Klinikum München-Schwabing, einer Diabeteshochburg in Deutschland. Eine idealere Autorin für diesen Ratgeber kann es nicht geben: Hier schreibt eine Fachfrau mit langjähriger Erfahrung bei Patienten und bei sich selbst. Sie weiß besser als jeder Arzt, welche Sprache die Patienten verstehen, welche Ernährungsratschläge in welchem Bild am besten verpackt sind. Herausgekommen ist ein exzellentes Buch, das auf der Basis der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse die Patienten direkt und leicht verständlich anspricht.

Mit ins Boot geholt hat sie eine Ernährungswissenschaftlerin, die sich durch fachliche wie auch durch sprachliche Kompetenz auszeichnet. Ulrike Gonder verfolgt wie kaum eine in unserer Branche die Fachliteratur. Ich schätze sie persönlich seit vielen Jahren für ihre kritischen Stellungnahmen, verpackt in flüssigsten Formulierungen. Ihre Bücher sollten Pflichtlektüre für alle Ernährungsberater sein.

Ich wünsche diesem Buch, dass es die gebührende Verbreitung erfährt, um möglichst vielen Diabetikern zu besserer Gesundheit und zu mehr Lebensqualität zu verhelfen.

Nicolai Worm, Februar 2010

Is(s) doch logisch

Dieses Buch ist für Sie geschrieben! Ja für Sie, die Sie gerade erfahren haben, dass Sie mit hoher Geschwindigkeit auf die Zuckerkrankheit Diabetes zusteuern. Ihr Arzt hat vermutlich etwas von »metabolischem Syndrom« gemurmelt oder von »Prä-Diabetes«. Das bedeutet, dass ihr Stoffwechsel schon heftig Alarm schlägt. Man erkennt es an zu hohem Blutdruck und zu viel Fett im Blut, an ungünstigen Cholesterin-, Insulin- und möglicherweise auch erhöhten Harnsäurewerten. Alles scheint aus dem Ruder zu laufen, und vermutlich ächzt Ihr Körper auch unter der Last zu vieler Pfunde. Mit der hier beschriebenen LOGI-Methode können Sie verhindern, dass aus dieser alarmierenden Situation eine handfeste Zuckerkrankheit wird.

Vor allem aber ist dieses Buch für Sie geschrieben, die Sie gerade mit der Diagnose Typ-2-Diabetes vom Doktor kommen und sich nach dem ersten Schock fragen, wie Sie ab heute essen und trinken sollen. Sie sind hier auch richtig für den Fall, dass Sie bereits nach den herkömmlichen Empfehlungen geschult wurden, aber nicht recht glücklich damit sind. Mit der LOGI-Methode lässt sich weiterhin genussvoll essen und der Diabetes dennoch gut beherrschen. Stellen Sie sich das vor: Nicht die Diabetesdiät beherrscht Ihr Leben, sondern Sie beherrschen Ihren Diabetes. Das wäre doch eine gute Sache, nicht wahr? Wir versprechen Ihnen schon jetzt, dass der Genuss dabei nicht auf der Strecke bleiben wird!

Diabetes tut zwar nicht weh, dennoch sollten Sie genau JETZT Ihren Lebensstil neu ausrichten. Denn unbehandelt oder schlecht eingestellt kann ein Diabetes ganz beachtliche »Flurschäden« im Körper anrichten. Schon bei der Vorstufe, dem metabolischen Syndrom, ist das Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen erhöht. Doch wir wollen niemanden ängstigen. Brauchen wir auch nicht, denn es gibt ja LOGI! Wir zeigen Ihnen, wie Sie ganz einfach mit LOGI anfangen können, wie es Ihnen weiterhin schmeckt und wie Sie mit genussvollem Essen Ihren (Prä-)Diabetes in den Griff bekommen. Damit verhindern Sie die Folgeerkrankungen und erhalten trotzdem Ihre Lebensqualität. Wie das geht und warum die eine oder andere Veränderung nötig ist, erklären wir Ihnen in einfachen Worten. Uns liegt daran, dass Sie verstehen und wissen, warum Sie was tun und dass Sie den Sinn der therapeutischen Empfehlungen nachvollziehen können. Auf Fachchinesisch und Medizinerkauderwelsch haben wir soweit irgend möglich verzichtet, und wo sich ein Fachbegriff nicht vermeiden ließ, weil Sie ihn sowieso dauernd hören, haben wir ihn leicht verständlich erklärt.

Zwischendurch kommen Menschen mit Typ-2-Diabetes zu Wort, die LOGI praktizieren, und Ärzte, die berichten, wie sie von LOGI überzeugt wurden. Lassen Sie sich von diesen »Weggefährten« motivieren und mitreißen! Und damit Sie wirklich GLEICH anfangen können, finden Sie weiter hinten auch ein paar Rezepte. Sie werden jedoch keine Tages- oder Wochenpläne finden. Statt Pläne zu befolgen sollen Sie LOGI so lernen und erleben, wie es in Ihren Alltag passt. Sie sollen wieder (oder weiterhin) Spaß am Essen haben, sehen, schmecken und spüren, dass sich Therapie und Genuss nicht widersprechen müssen.

Wir freuen uns auf Ihren Erfolg und wünschen in diesem Sinn einen guten Appetit!

Katja Richert, Diabetesberaterin DDG

Ulrike Gonder, Ernährungswissenschaftlerin

April 2010

Warum die üblichen Empfehlungen oft nicht helfen

Sie müssen abnehmen!

Sie müssen sich mehr bewegen!

Sie müssen Ihren Lebensstil ändern!

Als Typ-2-Diabetiker dürften Ihnen diese Aufforderungen wohl bekannt sein. Vermutlich hören Sie sie immer wieder von Ärzten, Ernährungs- und Diabetesberaterinnen. Diese drei Empfehlungen, auch als »Lifestyle-Änderung« bezeichnet, sind in der Tat das effektivste Mittel, um einen Typ-2-Diabetes an der Wurzel zu packen: um ihm vorzubeugen oder um gut mit ihm zu leben. Doch der Mensch gehört zur Gattung der Gewohnheitstiere, und das macht es uns nicht gerade leicht, unsere Lebensgewohnheiten zu verändern. Deswegen scheitern diese Aufforderungen, die Ärzten so leicht von den Lippen gehen, in der Realität so häufig. Sie scheitern nicht, weil der (meist) übergewichtige Mensch mit Typ-2-Diabetes oder metabolischem Syndrom undiszipliniert ist und sich nicht an die Empfehlungen hält. Nein, ganz im Gegenteil. Häufig verlässt er ausgestattet mit einem Sack voller Ernährungsempfehlungen hoch motiviert die Arztpraxis, stürzt sich mutig in das Abenteuer Gewichtsabnahme und endet über kurz oder lang doch meist frustriert.

Der Grund dafür ist nicht immer dort zu suchen, wo Mediziner ihn gern vermuten: in der sogenannten Non-Compliance, also dem nicht kooperativen Verhalten der Patienten. Viel problematischer sind die derzeit geltenden Ernährungsempfehlungen für Diabetiker1. Sie legen einem Typ-2-Diabetiker Steine, um nicht zu sagen Felsen in den Weg zur Gewichtsreduktion. Schnell kommt bei diesen Empfehlungen ein Gefühl von Aussichtslosigkeit und Verzicht auf. Man spürt, dass ein Durchhalten gehörig auf Kosten der Lebensqualität geht. Da erscheint es angenehmer, jeden Morgen eine Tablette zu nehmen, anstatt sich tagein, tagaus dem Problem zu stellen, wie man es schaffen soll, das Essen mit vielen Kohlenhydraten aber wenig Fett wohlschmeckend anzurichten. Genau so lautet die Empfehlung: viele Kohlenhydrate und wenig Fett. Warum das nicht optimal ist, wird klar, wenn man das Wesen des Typ-2-Diabetes kennt.

Ursache & Wirkung

Typ-2-Diabetes wird häufig als Wohlstandserkrankung bezeichnet. Was ist der Grund dafür, dass die Anzahl der Diabetiker seit Jahren unaufhörlich steigt? Ist diese epidemieartige Ausbreitung der Preis, den wir für unsere sauer verdienten Wohlstandsbäuche zahlen müssen? In gewisser Weise ja. In den Nachkriegsjahren gab es Typ-2-Diabetes in Deutschland nur sehr selten. Die Menschen hatten wenig zu essen und mussten für ihren Lebensunterhalt körperlich schwer arbeiten. Übergewicht war im Gegensatz zu heute eine seltene Erscheinung im Straßenbild.

Wir haben uns eine Umwelt erschaffen, die von der Mehrheit der Bevölkerung zur Bewältigung des Alltags kaum mehr körperliche Anstrengung verlangt. Mit anderen Worten: Unser Energieverbrauch ist dramatisch gesunken. Gleichzeitig wurden unsere Lebensmittel immer kompakter: Immer mehr Kalorien finden Platz auf kleinstem Raum. Es ist keine Kunst, mal eben 1.000 Kalorien aufzunehmen. Wir genießen die wohlstandsbedingten Erleichterungen des alltäglichen Lebens, wie auch den Luxus, immer und jederzeit etwas Leckeres essen zu können. Doch genau dieser Luxus bringt es mit sich, dass wir viele Kalorien (Energie) aufnehmen aber nur noch wenig Energie verbrauchen. Dieser »Fortschritt« führt in großen Schritten zu den beiden Faktoren, die im Zentrum des Typ-2-Diabetes stehen.

Die 2 bei Typ-2

Beide Faktoren haben mit dem Insulin zu tun, jenem Hormon, das in unserer Bauchspeicheldrüse gebildet wird und das ganz eng mit dem Thema Diabetes, metabolisches Syndrom und Übergewicht verbunden ist: Die Faktoren heißen Insulinresistenz und Insulinsekretionsstörung. Insulinresistenz bedeutet, dass der Körper abgeschwächt auf Insulin reagiert. Insulinsekretionsstörung meint, dass die Insulinausschüttung aus der Bauchspeicheldrüse verändert ist: Sie ist verzögert und dauert zu lange an. Was bedeutet das? Insulin spielt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel. Sie können es sich vorstellen wie einen Schlüssel: Nur dieser Schlüssel ist in der Lage, die Körperzellen aufzuschließen, damit der in unserem Blut gelöste Traubenzucker (Glukose) in die Zellen einströmen kann. Dieser Zucker liefert den Zellen Energie.

In unserem Blut schwimmt stets eine gewisse Menge Traubenzucker (= Glukose). Welche Werte in der Therapie angestrebt werden (Zielwerte), steht im Anhang.

Alle Zellen benötigen Energie, vor allem, wenn sie »arbeiten« müssen. Das beste Beispiel dafür sind die Muskelzellen. Wenn wir gehen, stehen oder auch nur den Arm heben, bedeutet das Muskelarbeit. Für diese Arbeit benötigen die Muskelzellen einen Brennstoff, den sie entweder aus den körpereigenen Reserven oder über die Nahrung bekommen. Mit einem Käsebrot kann der Körper jedoch erst einmal nichts anfangen. Erst muss er es in seine Bausteine zerlegen, von denen er einige als Brennstoff nutzen kann: Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß.

Kohlenhydrate sind die am leichtesten zu nutzende Energiequelle. Praktisch alle über die Nahrung aufgenommenen, verdaulichen Kohlenhydrate werden im Körper zu Traubenzucker (Glukose) abgebaut und im Blut transportiert. Mithilfe von Insulin gelangt dieser Blutzucker zur Energiegewinnung in die Zellen. Bei einem gesunden Menschen hält der Körper den Blutzucker stets in einem bestimmten Bereich (von 60 bis 140 mg/dl2). Dazu braucht er das Insulin aus der Bauchspeicheldrüse. Sie passt die Insulinausschüttung automatisch ganz genau an die Menge der verzehrten Kohlenhydrate an. So bleibt der Blutzucker im Normalbereich. Und das ist auch gut so, denn zu viel Zucker greift die Blutgefäße an. Bei Übergewicht (seltener auch mal bei Normalgewicht) und Bewegungsmangel kann der Körper unempfindlich für Insulin werden. Das Insulin wirkt nicht mehr so gut, der Körper wird insulinresistent.

Auch Schlanke oder Normalgewichtige können eine Insulin­resistenz bekommen, sie ist bei ihnen jedoch viel seltener als bei Übergewichtigen.

Je insulinresistenter der Körper wird, desto mehr Insulin muss die Bauchspeicheldrüse ausschütten, um den Zucker in die Zellen zu bekommen. Je mehr Fettzellen man im Laufe des Lebens angelegt hat, desto mehr Insulin wird benötigt. Ein über­gewichtiger Mensch braucht daher für die gleiche Menge Glukose mehr In­sulin als ein schlanker, insulinsensibler. Bei manchen Insulinresistenten findet man die fünf-, acht- oder zehnfache Insulin­menge im Blut. Nur durch diese Mehrarbeit gelingt es der Bauchspeicheldrüse, den Blutzuckeranstieg nach den Mahlzeiten wieder in den Normalbereich zu senken.

Auch diese Medaille hat zwei Seiten. Die gute Seite ist, dass durch die Mehrarbeit der Bauchspeicheldrüse gefährliche Blutzuckerspitzen nach den Mahlzeiten lange Zeit verhindert werden können. Es dauert im Durchschnitt sieben Jahre, bis sich aus dem Stadium des Prä-Diabetes ein Typ-2-Diabetes entwickelt. Die düstere Seite ist die starke Belastung der Bauchspeicheldrüse sowie die großen Mengen Insulin im Blut. Zwar gelingt es dem Körper mit immer mehr Insulin, die Glukose von der Blutbahn in die Zellen zu transportieren und den Blutzuckerspiegel im Normalbereich zu halten. Doch was passiert mit dem vielen Insulin? Nein, es löst sich nicht in Luft auf. Es durchflutet den Körper und erreicht so auch die Fettzellen. Hier stimuliert das Insulin die Einlagerung von Fett und regt auch noch die Neubildung von Fettzellen an.

In der Neubildung von Fettgewebe kennt der Körper keine Grenzen. Das Insulin hilft ihm dabei. Insulin könnte man als »besitz­ergreifend« bezeichnen. Zum besseren Verständnis kann man sich vorstellen, dass Insulin sich auf die Fettzellen setzt, einen Zaun drum herum baut, eine Fahne mitten rein steckt und ein Schild mit der Aufschrift »Alles meins, das gebe ich nicht mehr her!« hoch hält. Manche sagen auch »Insulin ist der Wächter des Fetts«. Für welches Bild Sie sich entscheiden macht keinen Unterschied, das Prinzip bleibt das gleiche.

Haben Sie es auch schon bemerkt? Dass es viel mühsamer geworden ist, Gewicht zu verlieren, seit Sie Ihren Typ-2-Diabetes haben? Es liegt daran, dass hohe Insulinspiegel eine Gewichtsabnahme erschweren. Beim Abnehmen entleeren sich die Fettzellen, und wir werden schlanker. Genau das verhindert das auf den Fettzellen thronende Insulin.

Ein klassischer Teufelskreis

Übergewicht lässt den Körper also unempfindlich für Insulin werden. Die Bauchspeicheldrüse muss immer größere Mengen Insulin produzieren und ausschütten, um die Blutzuckerwerte im Normalbereich zu halten. Die großen Insulinmengen hemmen die Fettverbrennung, steigern die Fettbildung und tragen dazu bei, weitere überflüssige Kilos anzulegen, was wiederum die Insulinresistenz fördert. Und schon befinden wir uns mitten in einem Teufelskreis.

Habe ich eine Insulinresistenz?Einfache Anzeichen, die auf eine Insulinresistenz hindeuten, sind: bauchbetontes Übergewicht, hohe Blutfettwerte (Triglyzeride), hoher Blutdruck und ein erniedrigtes »gutes« Cholesterin (HDL).

Das Abnehmen ist also gerade für Typ-2-Diabetiker und Menschen mit metabolischem Syndrom besonders schwer: Sie sitzen in der Insulinfalle! Ihre Körperzellen sind für Insulin unempfindlich geworden (also insulinresistent), zugleich ist der Insulinspiegel im Blut erhöht. Beides behindert das Abnehmen. Folglich ist es gar kein Wunder, dass das Abenteuer Gewichtsabnahme für die Mehrheit der (Prä-)Diabetiker in Frustration endet!

Hinzu kommt, dass die offiziellen Ernährungsempfehlungen für Diabetiker raten, vor allem Kohlenhydrate zu essen: 45 bis 60 Prozent der täglichen Kalorien sollen aus Kohlenhydraten stammen. In dieser Empfehlung muss ein tieferer Sinn verborgen liegen. Anders lässt es sich nur schwer erklären, warum man Diabetikern – also Menschen mit einer Störung im Kohlenhydratstoffwechsel – empfiehlt, genau den Nährstoff als Hauptbestandteil ihrer Mahlzeiten zu wählen, der für ihren Stoffwechsel ein Pro­blem darstellt. Es kommt einem vor wie der Versuch, ein Feuer mit Öl löschen zu wollen.

Kohlenhydrate sind gesund – oder?

Falls Sie jetzt das Bedürfnis haben, laut aufzuschreien »Kohlenhydrate sind doch wichtig!«, erhebt sich die Frage: wofür? Im Gegensatz zu Eiweiß und Fett brauchen wir Kohlenhydrate nicht zum Überleben.

Die aus Kohlenhydraten gewonnene Glukose können alle Körper­zellen als Energiequelle nutzen. Allerdings können sie auch aus Fett und Eiweiß Energie gewinnen. Das ist zwar etwas aufwendiger, aber ohne Probleme möglich. So kann die Leber Eiweiß in Glukose umwandeln und ins Blut abgeben. Das klingt vielleicht umständlich, ist aber etwas, das der Körper sehr gut kennt: Nachts, wenn wir nicht essen, sondern schlafen, sorgt er mit diesem aus Eiweiß gebildeten Zucker und mit Fett aus den Pölsterchen für Brennstoffnachschub.

Tagsüber sieht es anders aus: Da unsere Mahlzeiten üblicherweise reichlich Kohlenhydrate liefern, sieht sich der Körper nur selten genötigt, auf Eiweiß oder Fett zur Energiegewinnung zurückzugreifen. Würden Sie arbeiten gehen, wenn man Ihnen ohnehin jeden Monat ein üppiges Gehalt überweisen würde? Unser Körper sieht das ähnlich. Warum sollte er Fett aus den Depots holen oder mühsam Eiweiß zu Glukose umbauen, wenn wir ihm mehr als ausreichende Mengen Kohlenhydrate als einfach verfügbaren Brennstoff anbieten?

Nun könnte man einwenden, dass arbeitende Muskelzellen mit Zucker versorgt sein wollen. Das ist richtig. Man kann es am Beispiel der Leistungssportler eindrucksvoll beobachten: Ist unsere Fußballnationalmannschaft im Fernsehen beim Essen zu sehen, trifft man sie meist in Pasta schwelgend an. Doch im Gegensatz zu uns verarbeiten sie die vielen Kohlenhydrate auch gleich wieder, weil sie täglich hart trainieren. Wir Normalsterblichen hingegen essen wie Leistungssportler, bewegen uns aber kaum. Das kann auf Dauer nicht gut gehen!

Die Situation ist vergleichbar mit den verschiedenen Treibstoffen bei Autos. Ein Sportflitzer, der auf hohe Leistung und Beschleunigung ausgelegt ist, braucht Super-Plus im Tank. Niemand würde so ein Auto mit Dieselkraftstoff betreiben wollen.

Kohlenhydrate sind Super-Plus für den Körper – schnelle Energie. Fette entsprechen dem Diesel – gut für die dauerhafte, geringe und mittlere Leistung. Wir normalsterblichen Nichtleistungssportler fahren hervorragend mit Diesel, füllen unseren Tank aber immerzu mit Super-Plus. Spätestens an der Kasse fragt man sich, ob es sich lohnt, diesen Kraftstoff zu fahren, wenn man die meiste Zeit gar nicht auf der Autobahn, sondern im Stadtverkehr unterwegs ist. Wir tanken den kräftigsten Treibstoff, vergessen aber, seine Leistungsfähigkeit in Anspruch zu nehmen. Doch Super-Plus, das nicht verarbeitet wird, endet als »Hüftgold«.

Selbst wer regelmäßig sportlich aktiv ist, benötigt keinen besonders hohen Kohlenhydratanteil. Auch Hobbysportler fahren wunderbar mit Diesel. Außerdem bekommt der Körper so wenigstens ab und zu mal die Gelegenheit, seine Fettreserven anzugreifen. Immer wieder aufgefüllte Super-Tanks benötigen dagegen keinen Rückgriff auf den Reservekanister.

Die hohe Kohlenhydratempfehlung wird gerne mit dem Hinweis verteidigt, dass manche Körperzellen auf Kohlenhydrate angewiesen sind. Auch das ist richtig. Doch jene Zellen, die unbedingt Glukose brauchen, können aus den Vorräten, die wir in Leber und Muskeln gespeichert haben, bestens versorgt werden. Und sollten die einmal nicht ausreichen, gibt es ja noch die Zuckerneubildung aus Eiweiß in der Leber. Es besteht also überhaupt keine Notwendigkeit, so viele Kohlenhydrate zu essen, wie es derzeit in den Empfehlungen steht.

Die Zuckerneubildung aus Eiweiß in der Leber heißt Glukoneo­genese. Sie sorgt dafür, dass stets genug Glukose im Blut ist, auch wenn wir wenig Kohlenhydrate essen.

Alles eine Frage der Bilanz

Um Missverständnisse zu vermeiden: Selbstverständlich ist es auch möglich, mit kohlenhydratreicher Kost abzunehmen – es fällt nur schwerer. Sobald wir weniger Kalorien aufnehmen als wir verbrauchen (negative Energiebilanz), muss der Körper an seine Reserven, und die Fettpolster schmelzen.

Eine Patientin sagte dazu mal lakonisch: »Wie immer. Alles eine Frage der Bilanz!« Die Dame verdient ihren Lebensunterhalt in einer Bank. Ein schöner Vergleich: Jeder hat ein Bankkonto und weiß, was passiert, wenn man sich ungebremst der Kauflust hingibt und am Ende die Bilanz nicht mehr stimmt. Ähnlich funktioniert auch das Ab- und Zunehmen: Wird die Energiebilanz negativ, muss Fett abgeschmolzen werden. Ist die Bilanz positiv, wird für schlechte Zeiten vorgesorgt und eine Reserve auf die hohe Kante, sprich ein zusätzlicher »Rettungsring« angelegt.