Strandgut - Gerlinde Kurz - E-Book

Strandgut E-Book

Gerlinde Kurz

4,3

Beschreibung

Es sollte für Jakob und Hannah eine unbeschwerte Woche auf einer Nordseeinsel werden - doch dann bringt die Begegnung mit einer alten Dame alles durcheinander. Woher kennt sie Jakob, obwohl sie ihn noch nie gesehen haben kann? Was hat es mit den Briefen auf sich, die Jakob und Hannah in einer verrosteten Kiste finden? Als Jakob dann auch noch das Foto eines Jungen entdeckt, der ihm zum Verwechseln ähnlich sieht, ist ihm endgültig klar, dass auf dieser Insel vor langer Zeit Dinge geschehen sein müssen, die unmittelbar mit seiner Familie zu tun haben ...

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Gerlinde Kurz

Strandgut

Urachhaus

Mein Müssen lässt mir Gänsehaut wachsen, von der Schädeldecke den Nacken hinunter in die Fingerspitzen, immer weiter, überall, genau jetzt, in diesem Moment, bei sengender Hitze. Dieser höllische Druck auf der Blase zwingt mich augenblicklich vom Fahrrad. Das Absteigen verlangt allerhöchste Konzentration: Schön vorsichtig, mit maximal angespannten Muskeln und aufs Äußerste konzentriert hebe ich mein Bein über die Stange. Jetzt muss ich es noch zum Haus schaffen, und das versuche ich mit ganz kleinen Schritten.

Immer tappe ich in diese Falle, und dabei ist es immer wieder das Gleiche! Irgendwann fängt so ein schwaches Müssen an, es ist läppisch, leicht zu ignorieren, auf später zu verschieben und immer noch ein bisschen länger und nochmal länger hinzuhalten. Und dann geht schlagartig gar nichts mehr, von einer Sekunde auf die andere, im unpassendsten aller Momente und an unmöglichster Stelle.

Weiter geht’s, die letzten paar Meter noch, ich darf jetzt nicht aufgeben! Noch könnte es klappen, wenn ich den einen Fehler nicht mache: zum Wasser rübersehen! Das wäre mein Ende. Nur, gegen das Plätschern des Flusses hilft auch Wegsehen nichts. Allein schon der Gedanke »Wasser« ist zu viel.

In diesem Moment gibt es nichts Wichtigeres auf der Welt als eine Toilette. Und zwar schnell.

Gleich breche ich zusammen: Dieser rettende, dieser beste aller Orte erscheint mir, je näher ich komme, immer unerreichbarer. Türen, die Treppe, noch mehr Türen, nichts als Hürden auf dem Weg zu meiner Rettung. Ich fürchte, diesmal schaffe ich es nicht!

Warum schwillt dieses fiese Plätschern denn jetzt zu ohrenbetäubendem Dröhnen an? Direkt neben mir, unendlich aufdringlich, und das bedrängt mich immer und immer mehr, obwohl mehr doch gar nicht geht … Jetzt ist alles egal!

Ich lasse mein Fahrrad fallen, meine Schultasche knallt auf den Boden, mit ein paar eckigen Sprüngen erreiche ich das Ufer und den einzigen Busch weit und breit.

Während ich am Reißverschluss ziehe, riskiere ich einen Blick über das Gebüsch hinweg, nicht mehr als mageres Alibigestrüpp, das weiß ich auch. Und? Schaut da jemand? Niemand zu sehen. Oder hat sich da drüben, im Haus gegenüber, etwas bewegt?

Und wenn schon, jetzt ist alles zu spät.

Mann, dieser Reißverschluss, das kann doch nicht wahr sein – nicht klemmen, nicht jetzt! – und endlich, endlich ist die Bahn frei und ich kann es losplätschern lassen.

Mann, war das knapp!

Tief unter mir fließt Wasser und sieht nicht anders aus als zuvor. Nur ich allein weiß, das rede ich mir zumindest ein, dass mein gelassenes Wasser, maximal verdünnt, Richtung Elbe zieht und immer noch weiter bis ins Meer.

Ich schließe meinen Reißverschluss.

Puh! Besser.

*

Genau in diesem Moment bin ich zum ersten Mal froh, dass wir die Wohnung in diesem Haus direkt neben dem Fluss genommen haben. Den Fluss fand ich von Anfang an packend. Als wir mit vollgeladenem Wagen ins Dorf hineinfuhren, tobte gleich an der ersten Brücke eine beachtliche Wasserschlacht, und ich wäre am liebsten auf der Stelle ausgestiegen! Das allein ist aber noch lange kein Grund, direkt neben diesem Fluss wohnen zu müssen. Ein Abstecher, ab und zu, von unserem Zuhause in der Stadt aus, hätte mir eigentlich völlig gereicht. Aber meine Mutter wollte unbedingt hierher ziehen, und deshalb sind wir jetzt hier, für fest.

Gestern, da wohnten wir grade den zweiten Tag hier – falsch, ich korrigiere – wir befanden uns den zweiten Tag hier, von Wohnen kann keine Rede sein. Das war nichts als ein permanentes Geschleppe und Geräume von Unmengen von Zeugs, keine gemütliche Stelle gab es, nirgends, dauernd wurde ich angerempelt, sollte aus dem Weg gehen, wurde sofort wieder zurückgepfiffen und bekam immer noch einen neuen Auftrag aufs Auge gedrückt. Als dann die Waschmaschine, schon halb in der Tür, stecken blieb, nichts mehr ging und alle Konzentration ausschließlich darauf gerichtet war, entweder die Tür breiter oder die Maschine schmaler zu bekommen, nutzte ich die Gelegenheit, entwischte ins Treppenhaus und brachte mich hier am Ufer in Deckung.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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