Stress dich richtig! - Jacob Drachenberg - E-Book
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Stress dich richtig! E-Book

Jacob Drachenberg

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Beschreibung

Gelassenheit statt Stress: Das Schritt-für-Schritt-Programm des Stress-Experten Nr. 1 in Deutschland Haben Sie auch manchmal das Gefühl, dass Stress Ihr täglicher Begleiter ist? Falls ja, geht es Ihnen wie vielen anderen – die Weltgesundheitsorganisation bezeichnete ihn als "Seuche des 21. Jahrhunderts". Die gute Nachricht: Nicht der Stress ist in Wahrheit das Problem, sondern wie wir damit umgehen. Jacob Drachenberg, ehemaliger Wasserball-Bundesliga-Kapitän und studierter Psychologe, kennt sowohl den "falschen" als auch den "richtigen" Weg: Er hat selbst ein stressbedingtes Burnout durchlebt – und es sehr erfolgreich überwunden. Mit Hilfe inspirierender, persönlicher Geschichten sowie der tausendfach erprobten Drachenberg-Methode zeigt "Deutschlands bekanntester Stress-Experte" (Business Punk), dass der Umgang mit Belastungen kein unabwendbares Schicksal, sondern eine erlernbare Fähigkeit ist. Das 9-Schritte-Programm vereint neueste Erkenntnisse aus der Psychologie mit Methoden aus dem Leistungssport und vermittelt Ihnen jederzeit einsetzbare, alltagstaugliche Sofort-Strategien. Nehmen Sie ab heute das Steuerrad Ihres Lebens wieder selbst in die Hand: Lernen Sie, unnötigen Stress zu vermeiden - vor allem aber, ihn als positive Lebensenergie zu nutzen.

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Seitenzahl: 285

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Impressum

© eBook: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

© Printausgabe: 2022 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München

GU ist eine eingetragene Marke der GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, www.gu.de

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, sowie Verbreitung durch Bild, Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

Projektleitung: Reinhard Brendli

Lektorat: Sabine Schlimm

Covergestaltung: Daniela Hofner, ki36, München

eBook-Herstellung: Lea Stroetmann

ISBN 978-3-8338-8058-2

1. Auflage 2022

Dank: Ein herzlicher Dank geht an Sabine Schlimm für ihre Unterstützung bei der Erstellung dieses Textes.

Bildnachweis

Coverabbildung: Freepik

Illustrationen: Claudia Lieb

Syndication: www.seasons.agency

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GRÄFE UND UNZER VERLAG

ENTSPANNTER LEBEN MIT DEN 3 ELEMENTEN DER DRACHENBERG-METHODE

• Den persönlichen Magic Spot finden: Ein gesundes Maß an positiver Anspannung bringt Schwung ins Leben und hilft dir dabei, deine persönlichen Ziele zu erreichen. Finde heraus, wie viel Stress du zum Glücklichsein brauchst!

• Mit Push & Pull in Balance kommen: Erst der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung ergibt einen gesunden Rhythmus. Profitiere von beidem: Begeisterung und Gelassenheit.

• Bewusst wahrnehmen, bewerten, entscheiden: Stress entsteht im Kopf. Deshalb können wir ihm auch mit Köpfchen begegnen – indem wir unsere Wahrnehmung bewusst lenken und unsere spontanen Bewertungen hinterfragen und optimieren. Wodurch wir uns stressen lassen, ist viel mehr unsere Entscheidung, als wir denken. Entdecke deine Handlungsspielräume und erhöhe so deine Lebensqualität!

Vorwort

Jacob und mich verbindet eine lange Freundschaft. Sie begann 2015 bei einem Tee damit, dass wir uns über unsere beruflichen Visionen unterhielten und schnell feststellten, dass sie sich sehr ähnlich waren. Wir standen damals beide noch ganz am Anfang: Ich hatte gerade ganz frisch meinen Podcast gestartet, und Jacob begann in Unternehmen Vorträge über den richtigen Umgang mit Stress zu halten. In den nächsten Jahren standen wir oft im Austausch, haben uns gegenseitig Mut zugesprochen und einander unterstützt. Rückblickend ist es so schön zu sehen, wie wir beide die Visionen, die wir damals hatten, heute tatsächlich leben – und das sogar noch größer, als wir es uns einmal vorgestellt hatten.

Mir fällt immer wieder auf, dass Jacob zu den Menschen gehört, denen man begegnet und danach einfach mehr Energie zur Verfügung hat als vorher. Das liegt vor allem daran, dass er im Gespräch vollkommen präsent und achtsam ist und sich wirklich dafür interessiert, wie es seinem Gegenüber geht. Jeder sollte einen Jacob Drachenberg in seinem Leben haben! Umso mehr freue ich mich, dass Jacob jetzt all sein Wissen und seine Erkenntnisse darüber, wie wir mehr Lebensenergie zur Verfügung haben und Stress positiv für uns nutzen können, in seinem neuen Buch mit uns allen teilt.

Denn auch in meinem Leben war es ein sehr wichtiges Thema, einen gesunden Umgang mit Stress zu lernen. Als Mama von zwei Kindern und Unternehmerin habe ich meistens viel um die Ohren. Mich dafür zu öffnen, dass ich alles auch ohne negativen Stress und mit einer inneren Entspannung schaffen kann, war ein wertvoller Shift für mich. Dabei hat mir geholfen, mich von der Überzeugung zu trennen, allen Erwartungen gerecht werden zu müssen. Inzwischen schaue ich viel mehr darauf, was eigentlich meine eigenen Werte sind, nach denen ich mein Leben erschaffen möchte.

Je mehr ich von Jacob über Stress gelernt habe, desto mehr sah ich, wie wichtig es ist, Stress zu bewältigen und aus dem Autopiloten auszusteigen. Wahrscheinlich ist es sogar eins der wichtigsten Themen unserer Zeit. Nicht nur, weil es wahnsinnig anstrengend ist, dauernd gestresst zu sein, sondern insbesondere auch, weil es ungesund ist. Schließlich wirkt sich Dauerstress auch auf unser Immunsystem aus. Die meisten von uns haben komplett verlernt, sich wirklich zu entspannen und aus unserem Gedankenkarussell auszusteigen. Deswegen ist es umso wichtiger, Themen wie mentale Gesundheit und Achtsamkeit in die Mitte unserer Gesellschaft zu tragen. Jacob Drachenberg nimmt uns in seinem wunderbaren Buch an die Hand und zeigt auf leichte Art und Weise, wie wir lernen können, Stress vollkommen neu zu erleben und auch loszulassen.

Laura Malina Seiler

Laura Malina Seiler ist Visionärin, Coach und spirituelle Lehrerin und hilft Menschen dabei, mentale Stärke und Achtsamkeit zu entwickeln. Ihr Podcast happy, holy & confident steht immer wieder in den deutschen Podcast-Top-Ten, ihre Bücher sind Bestseller.

Warum Stress Entscheidungssache ist

… und warum du dich darüber freuen darfst: weil du es nämlich selbst in der Hand hast, deinen Stress ins Team zu holen, statt ihn aus deinem Leben verbannen zu wollen. Stress gehört dazu – und das ist eine gute Nachricht!

Den Stress nutzen

»Stress dich richtig!« Wow. Was für eine Forderung da vorne auf diesem Buch! Als hätte dir Stress gerade noch gefehlt. Ausgerechnet! Und jetzt sollst du auch noch selbst dafür sorgen – ernsthaft?

Ernsthaft. Aber eigentlich ist das gar keine Forderung, sondern ein Versprechen, und zwar gleich ein dreifaches.

Stress!

Stress gehört zum Leben. Klingt nach achselzuckender Resignation, ist aber ein biologischer Fakt: Dein Nervensystem geht in den Stressmodus, sobald Gefahr droht, ob sie nun echt ist oder nur gefühlt. Du kannst also den Stress nicht komplett aus deinem Leben verbannen. Aber du kannst – wir alle können – lernen, konstruktiv mit ihm umzugehen.

Und das heißt, erst einmal zu unterscheiden: Gibt es in deinem Leben Stress, der dich stark belastet, krank und unglücklich macht? Oder fühlst du dich vor allem im Alltag immer mal wieder unter Druck gesetzt? Du kannst lernen, diese Art von negativem Stress auf ein Minimum zu reduzieren. Die praxiserprobten Strategien dafür zeige ich dir hier.

Und dann wäre da noch die andere Art von Stress – die Art, die dich voranbringt, dich beflügelt und manchmal sogar in den Flow versetzt. Wir nennen das im Alltag nicht Stress, sondern sprechen eher von Motivation, Begeisterung oder Power, aber im Grunde ist das nur die andere Seite der Stressmedaille. Diese positive Art von Stress richtig zu nutzen, ohne dabei über deine Energiegrenzen zu gehen, ist die Königsdisziplin. Heißt also: Es gibt nicht den einen Stress, der bitte aus dem Leben entschwinden soll – Stress hat viele Gesichter, lachende, weinende und kraftvolle. Deshalb ist es so wichtig, sie zu erkennen und zu wissen, wie du damit gesund umgehen kannst.

Dich!

Du stehst hier im Mittelpunkt. Und das hat einen einfachen Grund: Es gibt keine Person, die mehr an deinem Stresslevel verändern kann. Du hast ganz viel selbst in der Hand.

Im Grunde ist es wie mit der Ernährung: Was und wie viel du isst und wie gut oder schlecht es dir damit geht, das entscheidest du selbst, und zwar mit jeder einzelnen Mahlzeit. Natürlich gibt es ein paar Rahmenbedingungen, die auf diese Entscheidungen Einfluss haben, angefangen von Essgewohnheiten aus der Kindheit bis hin zu möglichen Unverträglichkeiten heute. Aber du bist die Person, die bei jedem Bissen selbst wählt: Esse ich das jetzt? Und du bist die Person, die mit den Konsequenzen dieser Entscheidung lebt, jeden Tag neu.

Ja, aber – Einspruch!

»Ehrlich gesagt habe ich überhaupt keine Zeit, ein ganzes Buch über Stressbewältigung zu lesen. Dieser Aufwand macht mir nur noch zusätzlichen Stress!«

Stopp! Rechne es einfach mal durch: Wenn du durchschnittlich schnell liest, wirst du für dieses Buch drei bis vier Stunden brauchen. Vielleicht hast du diese Zeit nicht am Stück, sondern täglich nur ein Viertelstündchen vor dem Einschlafen; dann dauert es vielleicht zwei Wochen, bis du damit durch bist.

Wie hoch ist deine Lebenserwartung? Hoffentlich hast du noch Jahrzehnte vor dir! Investierst du also zwei Wochen Lesezeit und etwas Zeit für Selbstreflexion, dann liegen Jahrzehnte vor dir, die du deutlich entspannter verleben kannst. Ich finde, das ist eine Zeitinvestition, die sich durchaus lohnt!

Genauso ist es mit dem Stress. Mag sein, dass es sich für dich im Moment noch nicht so anfühlt, als würdest du in dieser Hinsicht irgendwas eigenständig entscheiden. Ist Stress nicht etwas, was durch äußere Umstände ausgelöst wird? Die Antwort lautet: Nein. Und das ist auch gut so, weil es dir die Möglichkeit gibt, dein Leben selbst für dich zum Besseren zu gestalten. Wie das alles zusammenhängt und wie du es für dich konkret umsetzen kannst, das gucken wir uns natürlich noch im Detail an. Genau wie die Punkte, an denen du entscheiden kannst, dich zu stressen – oder eben nicht. Das gibt dir eine große Freiheit: die Freiheit, dich für Gelassenheit, Leichtigkeit und Lebensfreude zu entscheiden.

Das heißt sicher nicht, dass damit plötzlich auf Knopfdruck alles ganz entspannt wird. Aber es gibt Dinge, die du sofort und relativ einfach umsetzen kannst und deren Auswirkung du schnell spüren wirst.

Richtig!

Ja, es gibt eine richtige Art, dich zu stressen – eine für dich ganz persönlich richtige. Denn du kannst den Stress zu deinem Verbündeten machen, der dir hilft, deine eigenen, selbst gewählten Ziele zu erreichen.

Klingt abgefahren? Ist aber auch nicht anders als beim Thema Ernährung. Wie gesundes Essen geht, können wir lernen, und das ergibt auch ziemlich viel Sinn: Ernährung gehört zum Leben und hat einen großen Einfluss auf unser Wohlbefinden. Genauso können wir lernen, uns »richtig« zu stressen, mit dem Stress also besser umzugehen. Und auch das ergibt Sinn, weil wir ihn nicht aus unserem Leben verbannen können – dieser Modus ist schließlich in unseren Genen verankert.

Wenn dieser Gedanke erst mal schräg klingt, dann liegt das an unserem Bild vom Stress. Wir haben uns angewöhnt, Stress als das große Böse in unserem Leben zu sehen – als eine ständige Bedrohung, die von außen kommt. Wir klagen uns gegenseitig routinemäßig unser Leid über unser stressiges Leben und die stressige Welt um uns herum.

In unseren Erzählungen ist Stress ein riesig großes, bedrohliches Ungeheuer geworden. Er ist überall, er überfällt uns hinterrücks, und wir sind ihm ausgeliefert. Das Einzige, was wir gegen ihn tun können, ist, vor ihm davonzulaufen.

Aber was, wenn diese Legende gar nicht wahr wäre? Was, wenn wir feststellen würden, dass das Stressmonster gar nicht böse ist – dass es zwar tatsächlich ganz schön kräftig ist, uns diese Kräfte aber gern für das leiht, was uns wichtig ist? Dass es uns schützen und helfen kann, statt uns zu schaden?

Stress ist einfach eine Reaktion auf bestimmte äußere Reize. Unser Körper stellt uns damit Energie zur Verfügung, um einer Gefahr zu entkommen und das Überleben zu sichern. Dieses System funktioniert seit Jahrmillionen.

Stress an sich ist erst einmal weder gut noch schlecht, sondern einfach neutral.

Die biologische Stressreaktion

Durch eine urzeitliche Savanne hüpft ein kleines, schuppiges Tier. Es ist nicht besonders klug, es ist nicht besonders stark, und es hat weder scharfe Zähne noch Klauen. Der Grund dafür, dass es nicht längst von gefährlichen Fleischfressern ausgerottet wurde, ist sein eingebautes Alarmsystem.

Das Tierchen hüpft munter herum und knabbert hier und da an ein paar Grashalmen. Plötzlich raschelt es im nahen Gebüsch. Ein Raubtier? Könnte auch ein Windstoß sein. Aber jetzt bloß kein Risiko eingehen! Sofort sendet das übersichtlich große Gehirn des Tierchens ein Alarmsignal an das Nebennierenmark, das innerhalb von Sekundenbruchteilen die sogenannten Stresshormone Cortisol, Adrenalin und Noradrenalin ausschüttet.

Sie setzen eine ganze Reihe körperlicher Reaktionen in Gang. Das Herz unseres Tierchens schlägt schneller, die Blutgefäße werden verengt, der Blutdruck steigt. Gleichzeitig beschleunigt sich der Atem, und die Bronchien weiten sich. So kann das Blut sehr schnell viel Sauerstoff aufnehmen und per Express zu den Muskelzellen transportieren. Dort wird es jetzt dringend gebraucht, um Glukose zu verbrennen. Dieser Einfachzucker, der Treibstoff unserer Zellen, wird mithilfe des Cortisols aus den Reserven des Körpers gebildet und ebenfalls mit erhöhtem Blutdruck zu den Muskeln gebracht. Die zelleigenen Kraftwerke laufen auf Hochtouren, um aus Glukose und Sauerstoff das zu machen, was jetzt benötigt wird: pure Energie, die das eigene Überleben sichern soll.

Wie genau diese Energie eingesetzt wird, das entscheidet sich erst danach. Hauptsache, unser Tierchen ist für alles bereit: Die Muskeln sind angespannt, alle Kräfte mobilisiert, die gesamte Aufmerksamkeit ist auf das Rascheln gerichtet. Erst jetzt kann sich das Gehirn die Zeit – wir reden immer noch über Sekundenbruchteile! – nehmen, um abzuwägen, was zu tun ist.

Entpuppt sich das, was da im nächsten Busch geraschelt hat, als Artgenosse, der unserem Tierchen die leckeren Grashalme streitig machen will, dann entscheidet sich das Gehirn vielleicht für Kampf. Der Anblick eines viel größeren Fressfeindes schlägt unser Tier dagegen in die Flucht – es sei denn, es rechnet sich eine Chance aus, einfach übersehen zu werden. Dann erstarrt es.

Diese drei Möglichkeiten stehen zur Verfügung und geben der Stressreaktion den Namen »Fight, Flight or Freeze«-Reaktion (also Kampf, Flucht oder Erstarren). Uns trennen zwar Millionen Jahre von unseren schuppigen Vorfahren, aber diesen Überlebensmechanismus haben sie uns vererbt – kein Wunder, er hat ihnen und allen folgenden Entwicklungsstufen ja auch einen soliden evolutionären Vorteil verschafft. Wer schnell gestresst war, hat überlebt – gelegentlicher Fehlalarm war dabei in der Kosten-Nutzen-Rechnung einkalkuliert. Vielleicht gab es auch entspannte, gelassene und dankbare Tiere ohne Zähne, Klauen und Schuppenpanzer, aber die sind leider ausgestorben: eine unterschätzte Gefahr, einmal zu sehr entspannt – zack, tot!

Für uns bedeutet dieses Erbe: Sobald ein sehr urzeitlicher Bereich unseres Gehirns eine potenzielle Bedrohung wahrnimmt, macht sich unser System bereit für Kampf, Flucht oder Erstarren.

In unserem modernen Leben helfen diese Strategien nur leider in den seltensten Fällen weiter. Wir haben es dank des menschlichen Fortschritts selten bis nie mit Fressfeinden oder bösartigen Konkurrenten zu tun. Was bei uns Stressreaktionen hervorruft, ist anders gelagert. Zu den typischen Faktoren gehören beispielsweise

ein übervoller Kalender und ellenlange To-do-Listen,Geldsorgen,das Sich-Vergleichen mit anderen und ihrem vermeintlich besseren Leben, das wir auf Social Media mitbekommen,permanente Erreichbarkeit,die Angst, nicht geliebt zu werden, wenn wir Kritik oder Konflikten ausgesetzt sind,hohe Ansprüche an Leistung und Selbstorganisation in vielen Jobs,ständige bedrohliche Nachrichten von Klimakrise bis Krieg in allen Medien.

Auf diese Dinge reagieren viele mit Anspannung und Stress. Damit versetzen sie sich zwar in Alarmbereitschaft und mobilisieren ihre Energien – aber wohin dann damit? Wir können unseren Stress in der Regel nicht durch Anstrengung loswerden, denn unseren Stressfaktoren entkommen wir nicht durch einen Sprint. Körperlich niederkämpfen können wir sie auch nicht. Diese biologische Tatsache müssen wir uns bewusst machen, um den Umgang mit Stress neu zu lernen und dadurch zu verbessern.

Meine persönliche Stressbeziehung

Bis ich Anfang zwanzig war, kannte ich Stress nur als Freund und Motivator. Ich habe früh gelernt, überall Höchstleistungen zu bringen, immer perfekt zu sein. In der dritten Klasse fing ich an, Wasserball zu spielen, und wurde darin ziemlich bald ziemlich gut. Ich fand es super, mich auszupowern, und liebte den Kick bei den Wettkämpfen.

Der Kick – das ist im Grunde auch nur ein anderes Wort für Stressreaktion, ausgelöst durch den Pfiff des Schiedsrichters und den Wunsch zu gewinnen. Dieses Gefühl purer Energie, wenn ich alle Muskeln anspannte, um schneller zu sein als die Gegner, wenn ich um den Ball kämpfte und Tore warf! Das war Stress – positiver Stress.

Mit sechzehn hatte ich täglich Training, zweimal in der Woche auch vor der Schule, und am Wochenende Wettkämpfe. Neben dem Leistungssport machte ich mein Abi, fing an, an der HU Berlin Psychologie zu studieren, jobbte nebenher als Werkstudent bei einem internationalen Investor. Klingt nach ziemlich viel? War es auch, aber: Stress war mein Lebenselixier. Ich hatte das Gefühl, alles erreichen zu können, und lange gab mir der Erfolg recht.

Dreimal wurde die Wasserballmannschaft, in der ich Kapitän war, deutscher Jugendmeister. Ich wurde in die Junioren-Nationalmannschaft berufen und trat bei der U21-Europameisterschaft für Deutschland an. Mit meinem Verein, dem OSC Potsdam, stieg ich in die 1. Bundesliga auf und führte mein Team als Kapitän in den Europapokal. Überall in meinem Leben waren Dynamik, Energie, Leistung.

Und dann geriet der Motor meines Lebens plötzlich ins Stottern. Der Stress, der mir bisher den Antrieb geliefert hatte, bremste mich jetzt aus. Ich schlief schlecht, hatte Angst, fühlte mich komplett überfordert. Meine Leistungen sackten ab, im Sport wie im Studium. Ich hatte immer weniger Energie und, was noch schlimmer war, auch überhaupt keine Lust mehr, Leistung zu bringen. Das kannte ich von mir bisher nicht.

Und weil ich mich selbst nicht mehr wiedererkannte und mich gleichzeitig als Versager fühlte, zog ich mich von allen Leuten zurück. Ich lag nur noch zu Hause rum, stopfte Junkfood in mich rein und tat mir selbst leid.

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich den Stress geliebt: den Kick, den Adrenalinrausch, dieses Gefühl, über mich selbst hinauszuwachsen. Plötzlich fühlte ich mich ihm hilflos ausgeliefert. Ich konnte den Druck nicht mehr in Energie umwandeln – er machte mich nur noch fertig. Weil ich gelernt hatte, dass ich meine Ziele erreiche, wenn ich mich nur ausreichend antreibe, reagierte ich mit Härte gegen mich selbst und strengte mich noch mehr an. Leider war das genau der falsche Weg: Ich machte mich innerlich kaputt.

Die Gründe dafür habe ich erst nach und nach herausbekommen – und auch erst, als ich beschloss: Ich will und muss etwas ändern. Ich fing an, zu recherchieren und ziemlich viel darüber zu lesen, was Stress ist, wie er funktioniert und wie wir besser mit ihm umgehen können. Praktischerweise saß ich als Psychologiestudent ja an der Quelle.

Langsam wurde mir klar, womit ich mich in die Krise geritten hatte:

Ich hatte das System Stress einseitig ausgereizt: immer nur mit Anspannung gearbeitet und Höchstleistungen von mir verlangt. Im Grunde hatte ich von mir erwartet, zu funktionieren wie eine Maschine. Jetzt lernte ich, dass es zwei Energiesysteme gibt, die sich ergänzen müssen, und dass ich auch aus der Entspannung Energie schöpfen kann. (Um Push & Pull und den Wechsel zwischen »Volle Kraft voraus!« und Entspannungsphasen wird es ab > gehen.)Ich hatte permanent versucht, meinen extrem hohen Erwartungen gerecht zu werden, und mich an manchen Stellen damit ganz schön abgekämpft. Je weniger Energie ich hatte, desto mehr setzte mich die Forderung unter Druck, permanent perfekt, stark und beliebt zu sein. Inzwischen weiß ich, dass es besser ist, die eigenen Erwartungen flexibel anzupassen – auch die an die eigene Leistung. »Mach es bestmöglich« ist halt näher am echten Leben als »Mach es perfekt«. (Im Detail beschäftigen wir uns damit ab >.)Ich hatte meine Gedanken mit Fakten verwechselt. »Die anderen mögen mich nur, solange ich den Superhelden gebe« stand ganz oben auf der Liste, direkt danach kam »Ab jetzt geht es nur noch bergab, und ich werde nie wieder gesund«. Aber damit nicht genug; es folgten noch jede Menge Glaubenssätze und Vermutungen über Situationen und Personen – die ich alle für wahr hielt. Inzwischen weiß ich, dass ich meine Gedanken lieber mal kritisch hinterfrage, bevor ich mich von ihnen blindlings in die Stressreaktion katapultieren lasse. Manchmal hilft es auch, Situationen einfach nur bewusst wahrzunehmen, ohne gleich mit Deutungen zu kommen. Das musste ich erst üben, aber mit der Zeit klappt das immer besser (mehr darüber auf den >–> und >–>).Und schließlich war ich in den Widerstand gegangen, sobald ich merkte, dass ich in die Erschöpfung abrutschte. Die einzige Lösung, die ich kannte, lautete: Streng dich noch mehr an! Kämpfe! Sei hart gegen dich selbst! Damit verstärkte ich genau den Druck, der mir nicht guttat. Heute weiß ich, dass es einen viel besseren Weg gibt, als gegen den Stress zu kämpfen: ihn nämlich einfach ins Leben zu integrieren. Wenn wir erst einmal annehmen, was ist, kommen wir aus dem Teufelskreis von Druck und Gegendruck heraus. Erst dann können wir die Energie der Stressreaktion nutzen, um uns davon mitreißen zu lassen, statt uns ihr entgegenzustemmen. Genau darum geht es in diesem ganzen Buch.

Entscheidend für alle diese Veränderungen war, dass ich irgendwann beschlossen habe: Ich will Verantwortung für meinen Zustand, mein Leben und auch meinen Stress übernehmen.

Impuls: Was ist dein Ziel?

Was hat dich dazu gebracht, dieses Buch aufzuschlagen? Okay, blöde Frage – vermutlich wünschst du dir mehr Gelassenheit, wie es der Untertitel verspricht. Aber was genau soll sich ändern? Nimm dir die Zeit und notier dir: Wenn dich dieses Buch wirklich weiterbringen würde – woran würdest du es merken?

Ich wurde wieder gesund – aber zurück blieb Verwunderung. Wie kann es sein, dass uns Stress so krank machen kann und trotzdem so wenig über das Warum und Wie geredet wird? Ich beschloss, die Person zu werden, die ich selbst damals gebraucht hätte: ein empathischer Stress-Coach, der das Thema Stress aus der Schmuddelecke des persönlichen Versagens herausholt und gesunde Stressbewältigung mit Leichtigkeit und Freude lehrt.

2015 schloss ich mein Psychologiestudium erfolgreich ab und gründete gemeinsam mit meinem Bruder Julian ein eigenes Unternehmen. Schon bald wuchsen wir kräftig, und heute bilden wir mit unserem Team Stress-Coaches, Stress-Mentoren und -Mentorinnen aus. Daneben halte ich Vorträge, füttere einen Podcast, meinen Youtube-Kanal und Social Media mit Stressbewältigungsstrategien, und jetzt kommt auch noch das Bücherschreiben dazu. Gesunde Stressbewältigung und Aufklärung über psychische Gesundheit sind meine absoluten Herzensthemen.

Klar ist: Ich habe den Stress nicht aus meinem Leben verbannt, aber dafür Menschlichkeit und Verletzlichkeit einen Platz darin gegeben. Das hat mir Ruhe und Vertrauen gebracht – das Gegenteil von meiner Haltung mit dreiundzwanzig, als ich glaubte, Druck und Leistung wären die Lösung für alles. Denn wer einfach immer mehr aufs Gaspedal tritt, ohne jemals nachzutanken, dem läuft irgendwann der Tank leer.

Heute achte ich aufs Nachtanken und übe mich in Menschlichkeit. Außerdem weiß ich inzwischen, an welchen Stellen der Maschine (um im Bild zu bleiben) der Treibstoff Stress nützt und wo er nur schadet – und ich habe gelernt, ihn entsprechend zu lenken. Vor allem ist mir heute klar, wie viel von diesem Treibstoff ich ganz persönlich brauche.

Die Dosis macht’s

Moment mal – wieso brauchen? Wer braucht denn Stress?

Die Antwort lautet schlicht: wir alle. Vielleicht abgesehen von Personen wie Buddha, der sämtliche Wünsche und Leidenschaften in sich überwinden wollte, um ins Nirwana einzugehen. Das ist bewundernswert, aber ich muss sagen: nichts für mich. Ich möchte Dinge erleben, Gefühle spüren und menschliche Erfahrungen machen. Und vor allem habe ich Wünsche und Ziele, die ich erreichen möchte. So dürfte es den meisten Menschen gehen.

Um Dinge zu erreichen, die uns wichtig sind, hilft ein gesundes Maß Stress ungemein. Der Adrenalinkick sorgt dafür, dass wir plötzlich ungeahnte Energie zur Verfügung haben und mit fantastischer Konzentration auf unser Ziel zusteuern können – ob das nun der Sieg in einem Wasserballmatch ist, das Vorstellungsgespräch für den Traumjob oder die Deadline für das wichtige Projekt.

Entsprechend werden in der Wissenschaft heute zwei Ausprägungen von Stress unterschieden:

Eustress (von der griechischen Vorsilbe εὖ – gut, leicht) ist positiver Stress. Er fühlt sich gut an, beflügelt uns mit zusätzlicher Energie und spendiert nach der Anspannung sogar eine Portion Glückshormone. Alle, die Sport treiben oder schon einmal hochmotiviert Tag und Nacht an einem spannenden Projekt gearbeitet haben, kennen diese Art der Anspannung gut.Distress (von der griechischen Vorsilbe δύς – schlecht) ist negativer Stress, der uns belastet, reizbar und krank macht. Meistens meinen wir ihn, wenn wir von Stress sprechen.

Was ist aber der Unterschied zwischen dem guten Stress, der uns nützt, und dem schlechten, der schadet? Der liegt zumindest teilweise im Maß. Das englische Wort »Stress« heißt ja nichts anderes als Druck oder (An-)Spannung. Wir können uns die Sache so ähnlich wie eine Gitarrensaite vorstellen: Solange die schlaff herunterhängt, ist sie nur ein nutzloses Stück Draht oder Kunststoff. Erst wenn sie jemand spannt und stimmt, kann sie schöne Töne hervorbringen, und die Gitarre wird zum Musikinstrument. Wird die Saite aber zu stark gespannt, dann reißt sie irgendwann.

Genauso kann auch ein Zuviel an eigentlich positivem Stress ins Gegenteil umschlagen. Das war es, was ich in meinen Zwanzigern am eigenen Körper erfahren musste, als ich plötzlich merkte: Nichts geht mehr. Die Stressreaktion ist für kurzfristige Energieschübe gedacht – so lange, wie es eben braucht, um vor dem großen Feind mit den beängstigenden Zähnen und Klauen wegzurennen oder den aufdringlichen Rivalen zu bekämpfen.

Danach brauchen wir dringend eine Phase, um runterzukommen: um die Stresshormone im Körper abzubauen, Puls und Blutdruck wieder zu normalisieren, ruhig und tief zu atmen und die Anspannung in den Muskeln zu lösen.

Gönnen wir uns diese Phase nicht, sondern bleiben im Anspannungsmodus, wird der Stress irgendwann chronisch – und dann fangen die Probleme an. Denn chronischer Stress nützt uns nicht mehr, indem er uns Schwung verleiht, sondern er schadet uns. Auf sein Konto geht eine beeindruckende Liste von Beschwerden und Krankheiten:

SchlaflosigkeitKonzentrationsschwierigkeitenVerspannungenKopfschmerzenAnfälligkeit für InfekteEntzündungenÜbergewichtHautproblemeHerz-Kreislauf-ErkrankungenMagen-Darm-Beschwerden

Wenn wir über die Gefährlichkeit von Stress reden, dann meinen wir eigentlich chronischen Stress. Und dass wir den und seine bedrohlichen Folgen für die Gesundheit vermeiden sollten, ist klar, oder? Was wir brauchen, ist (zumindest phasenweise) so viel positive (Stress-)Energie, dass wir in den Flow kommen, aber nicht in chronische Anspannung. Ich nenne den Punkt, an dem das möglich ist, den Magic Spot. Im Detail wird es darum ab > gehen.

Inzwischen sollte klar geworden sein: Stress ist nicht einfach eine Sache von zu viel Arbeit und zu wenig Erholung. Zum einen können viel Arbeit und Anstrengung sogar richtig guttun und beflügeln – wenn wir nämlich motiviert sind und den Adrenalinkick nutzen, um unseren Zielen näher zu kommen. Zum anderen gibt es durchaus Menschen, die von außen betrachtet eigentlich einen lauen Job haben und trotzdem ständig unter Strom stehen, sich über jede Kleinigkeit aufregen und sich nachts schlaflos im Bett herumwälzen.

Was uns belastet und negativ stresst, muss nämlich überhaupt nichts mit Arbeit zu tun haben. Es können genauso gut Sorgen sein, Ängste oder auch Langeweile. Die Stressfaktoren sehen individuell ganz unterschiedlich aus. Auf jede Herzchirurgin, die täglich die höchst komplexen Herausforderungen ihres Berufs gelassen meistert, kommen vermutlich Hunderte von Menschen, denen allein der Gedanke an so viel Verantwortung den kalten Schweiß ausbrechen lässt. Dafür ist es gut möglich, dass die Herzchirurgin nervös wird, wenn sie daran denkt, auf eine Party zu gehen, auf der sie niemanden kennt.

Woher kommen diese Unterschiede? Und was hat das alles mit dir zu tun? Genau darum wird es im nächsten Kapitel gehen.

Das Kapitel auf einen Blick

Stress gehört zum Leben und ist biologisch in uns angelegt. Davor wegzurennen oder ihn vermeiden zu wollen ergibt keinen Sinn.Stress ist eine Reaktion auf alles, was unser Gehirn als potenzielle Gefahr einstuft. Dem Körper wird dadurch Energie zur Verfügung gestellt, um mit Flucht, Kampf oder Erstarren zu reagieren. Leider passen diese Reaktionen kaum noch in unsere moderne Welt und zu dem, was bei uns Stress auslöst.Wenn die Stressreaktion immer wieder ins Leere läuft und wir in einen Zustand permanenter Anspannung geraten, kann Stress chronisch werden. Er gefährdet dann massiv die Gesundheit.Es kann aber auch gelingen, den Stress als Energiequelle anzuzapfen und ihn zu nutzen, um in einen Zustand des Flows zu kommen und die eigenen Ziele zu erreichen.

Dein Stress und du: Beginn einer Liebesbeziehung

Wir Menschen sind keine Maschinen, und die biologische Stressreaktion läuft nicht einfach auf Knopfdruck ab. Sie nimmt einen entscheidenden Umweg: den über das Gehirn. Kommt dort ein Reiz an, wird er erst einmal geprüft: Besteht Gefahr? Soll unser System in Alarmbereitschaft versetzt werden? Weil das Gehirn aber im Fall eines Falles schnell bewerten muss, ob ein Reiz bedrohlich ist, vergleicht es ihn mit bekannten Mustern, die ihm das Gedächtnis zur Verfügung stellt.

Im Kopf sind wir ständig damit beschäftigt, alle möglichen Reize mit unseren Erfahrungen abzugleichen, positiven wie negativen. Weil die bei jedem Menschen anders aussehen, reagieren wir auch auf ganz unterschiedliche Dinge mit Stress – oder eben nicht. Ob eine Stressreaktion abläuft, entscheidet sich also im Gehirn.

Deshalb ist Stress nicht für alle gleich. Es gibt so viele unterschiedliche Auslöser dafür, wie es individuelle Erfahrungen gibt. Drei Beispiele:

Stress, das ist zu 10 Prozent ein Reiz und zu 90 Prozent unsere Reaktion darauf.

Der Pflaumenkuchen ist angeschnitten – und die Wespen haben es natürlich als Erstes mitgekriegt. Es schwirrt nur so über dem Gartentisch. Marie gerät in Panik, schlägt hektisch nach den gelb-schwarzen Kaffeegästen und flüchtet schließlich ins Haus. Bloß nicht gestochen werden! Ihre bisherigen Begegnungen mit den Insekten sind ihr als schrecklich schmerzhaft im Gedächtnis geblieben. Außerdem hat ihr schon als Kind die beste Freundin erzählt, dass man sterben kann, wenn so eine Wespe in den Mund gerät und dort zusticht. Betty dagegen lässt sich die Kaffeepause nicht von ein paar Insekten vermiesen. Klar ist sie auch schon gestochen worden, aber sie ist sich sicher: Das waren unglückliche Zufälle. Sie bewegt sich einfach ruhig. Dann wird schon nichts passieren.

Beispiel zwei: Während Olga sich auf den Firmenlauf freut und unbedingt noch ein Selfie mit dem ganzen Team machen will, steht Sven total verspannt neben ihr. Was hat ihn bloß dazu gebracht, sich für die längere Strecke anzumelden? Bestimmt merken jetzt alle, wie unfit er ist, und die Kolleginnen und Kollegen ziehen sofort an ihm vorbei. Wie früher im Sportunterricht – er kann das Gelächter der anderen noch immer hören. Kein Wunder, dass sein Körper kurz vor dem Startschuss die höchste Alarmstufe ausgerufen hat!

Und drittens eine Situation, die wir alle während der Coronapandemie sicher so oder so ähnlich beobachten konnten: Jorge wälzt sich in der Zeit des ersten Lockdowns oft ganze Nächte schlaflos im Bett. Er macht sich Sorgen: Was ist, wenn er sich ansteckt? Wird er auf die Intensivstation kommen? Wird er überhaupt überleben? Ist seine Familie sicher? Für ihn war immer wichtig, dass er in seinem Leben die Kontrolle behält, und die scheint ihm nun zu entgleiten. Wer kann schon ein Virus kontrollieren? Annik sieht das alles etwas entspannter. Ist bei ihr nicht irgendwie noch immer alles gut gegangen? Sonntagskind, hat ihre Mutter immer gesagt. Die haben Glück im Leben.

Dass unterschiedliche Menschen also auf die gleichen Stressauslöser vollkommen verschieden reagieren, hat mit ihren Erfahrungsmustern zu tun. Und jetzt die gute Nachricht: Die sind nicht in Stein gemeißelt. Wir können darauf Einfluss nehmen und sie verändern. In den letzten Jahren habe ich so einen Wandel nicht nur bei mir selbst angestoßen, sondern auch bei vielen Leuten in meinem Umfeld miterleben können.

Menschen, die früher Kritik als persönlichen Angriff verstanden haben und sich davon verständlicherweise total stressen ließen, nehmen kritische Worte jetzt als Zeichen, dass ihnen das Gegenüber vermutlich weiterhelfen will. Auf diese Weise sehen sie das Gesagte nicht als Angriff, sondern können es akzeptieren und sich verbessern.Menschen, die sich früher für jedes Gefühl der Erschöpfung als Versagerinnen oder Loser abgewertet und so in einen negativen Stresskreislauf getrieben haben, sehen Müdigkeit und Schlappheit jetzt als Zeichen, auf Selbstfürsorge und klare Prioritäten zu achten.Menschen, bei denen früher der volle Terminkalender Angst und Panik ausgelöst hat, gehen ihre To-dos heute Schritt für Schritt an, finden den Mut, wichtige Termine auch mal zu verschieben, und sind in der Lage, sich Unterstützung zu holen.Andersherum gibt es Menschen, die früher Hektik und übervolle To-do-Listen als Beweis für ihren eigenen Wert brauchten und die heute auch mal entspannen können.Menschen, die früher die eigene Überforderung in sich hineingefressen und damit noch vergrößert haben, können ihre Gefühle heute anderen gegenüber zugeben und sich darüber austauschen.

Wir können also unsere Stressmuster bewusst verändern. Und wenn das so ist, dann müssen wir den Stress nicht bekämpfen, nicht vor ihm davonlaufen, ihm nicht ausweichen! Yoga und Meditation tun gut und haben für viele Menschen eine wichtige Funktion im Umgang mit dem Stress, keine Frage – aber wer kann schon permanent meditieren oder beim leisesten Anzeichen von Unruhe einen Sonnengruß beginnen? Oder noch grundsätzlicher gefragt: Was hilft es, permanent Ruhe und Entspannung nachzutanken, wenn im Tank ein riesiges Loch klafft, das erst einmal repariert werden müsste?

Die Sache mit der Verantwortung

Wenn wir Stress haben, kommen wir uns oft völlig ferngesteuert vor; überwältigt von einem Berg an Aufgaben, von den Ansprüchen anderer, von Terminen und Konflikten. Und wenn wir unter dieser Last schon schier zusammenbrechen, taucht garantiert jemand auf, der noch was obendrauf legt. Wir fühlen uns belastet; mehr noch: überlastet.

Und jetzt komme ich und sage: Dein Stress kommt nicht von außen. Er ist nichts, was von Umständen oder anderen Menschen hervorgerufen wird. Nein: Du selbst bist dein Stress.

Ich gebe zu, das klingt erst mal krass. Als wollte ich dir die Schuld dafür geben, dass es dir schlecht geht!

Keine Angst. Um Schuld geht’s hier nicht. Wie gesagt: Ich habe das mit der Stressbewältigung auch auf die harte Tour lernen müssen, nachdem ich gegen meine persönliche Nichts-gehtmehr-Wand geknallt war. Daran, dass ich damals das Stresssystem überreizt hatte, war ich ja auch nicht »schuld« – ich wusste es einfach nicht besser und hatte mein Bestes gegeben.

Verantwortung ist nicht das Gleiche wie Schuld. Es gibt nämlich meiner Meinung nach einen entscheidenden Unterschied zwischen den beiden: Schuld tragen wir, wenn wir etwas absichtlich gemacht haben, also im vollen Bewusstsein, dass es uns selbst oder anderen schadet. Schuld ist eine moralische Kategorie. Sie hilft uns in unserer persönlichen Entwicklung oft nicht weiter, sondern macht uns klein. »Du bist schuld!« bedeutet im Grunde das Gleiche wie: »Du bist schlecht!«