Stunde der Rache - Robert Crais - E-Book

Stunde der Rache E-Book

Robert Crais

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Beschreibung

Ein Tag in L. A., ein Tag wie jeder andere. Die Sonne brennt gnadenlos, die heißen Santa-Ana-Winde blasen die Asche der zahlreichen Waldbrände in die Stadt. Aber für Privatermittler Joe Pike wird L. A. nie mehr so sein wie zuvor. In den Hollywood Hills wird die Leiche seiner Ex-Geliebten gefunden: Sie wurde durch einen Kopfschuss ermordet. Ihr Vater, ein spanischer Geschäftsmann mit politischen Beziehungen, traut der Polizei nicht und bittet Joe Pike und dessen Partner Elvis Cole, den Mörder zu suchen. Offensichtlich ist Karen Opfer eines Serienkillers geworden. Doch dann wird Pike hereingelegt und selbst zum Hauptverdächtigen. Elvis Cole beginnt an seinem Partner zu zweifeln. Um die Wahrheit zu finden, müssen beide ums Überleben kämpfen ...

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Seitenzahl: 680

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DASBUCH

Ein Tag in L. A. Die Sonne brennt gnadenlos, die Santa Ana-Winde blasen die Asche der zahlreichen Waldbrände in die Stadt. Für Privatermittler Joe Pike wird nach diesem Tag nichts mehr so sein wie zuvor. In den Hollywood Hills findet man die Leiche seiner Ex-Geliebten. Ihr Vater bittet Pike und seinen Partner Elvis Cole um Hilfe. Offensichtlich ist seine Tochter Opfer eines Serienkillers geworden. Doch dann wird Pike hereingelegt und selbst zum Hauptverdächtigen. Um die Wahrheit zu finden, müssen Pike und Cole ums Überleben kämpfen …

DER AUTOR

Robert Crais, 1953 geboren, begann seine Karriere als Drehbuchautor für das amerikanische Fernsehen und wurde unter anderem mit dem Emmy ausgezeichnet. 1980 beschloss er, sich ganz dem Schreiben von Romanen zu widmen. Crais wurde mit zahlreichen namhaften Preisen ausgezeichnet (u. a. mit dem Edgar Award und dem Anthony Award), seine Thriller erscheinen in 42 Ländern und belegen regelmäßig die internationalen Bestsellerlisten. Robert Crais lebt mit seiner Frau, drei Katzen und Tausenden von Büchern in den Bergen von Santa Monica, Kalifornien.

Mehr Infos zum Autor unter www.robertcrais.com.

ROBERT CRAIS

STUNDE

DER RACHE

THRILLER

Aus dem Amerikanischen

von Helmut Splinter

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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Die Originalausgabe L.A. REQUIEM erschien 1999 bei Doubleday,

a division of Random House Inc., New York

Der Roman erschien in Deutschland bereits

2004 im Goldmann Verlag.

Vollständige deutsche Taschenbuchausgabe 02/2016

Copyright © 1999 by Robert Crais

Copyright © 2016 der deutschsprachigen Ausgabe

by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Redaktion: Viola Eigenberz

Umschlaggestaltung: Büro Überland, Schober & Höntzsch,

unter Verwendung eines Motivs von © WIN-Images/Corbis

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

ISBN: 978-3-641-16289-4V001

www.heyne.de

Für Ed Waters und Sid Ellis,

die mir mehr beigebracht haben als nur Worte.

»Tja, so isses nu’ mal.«

Do you know what love is?

(I would bleed out for you.)

Tattooed Beach Sluts

I’ve got the whole town under my thumb

and all I’ve gotta do is keep acting dumb.

We say goodbye so very politely

Now say hello to the killer inside me.

Mark Griffin alias MC 900 Ft. Jesus

Mama, Mama, can’t you see

What the Marine Corps has done to me?

Made me lean and made me strong

Made me where I can do no wrong.

Marschlied des United States Marine Corps

Das Islander Palms Motel

Joe Pike, uniformierter Beamter beim LAPD, dem Los Angeles Police Department, konnte die banda-Musik hören, obwohl der Motor im Leerlauf vor sich hin gurgelte, die Klimaanlage so hoch eingestellt war, dass man hätte Fleisch einfrieren können, und im Funkgerät Codes hin- und hergerufen wurden.

Vor dem Durchgang lungerte ein Schwarm Latino-Mädchen herum und schaute kichernd zu ihm herüber. Sie flüsterten einander Dinge zu, die sie selbst erröten ließen. Untersetzte braunhäutige Männer, die bei Zacatecas über die Grenze gekommen waren, liefen ziellos auf dem Bürgersteig umher.Gegen die blendende Sonne hielten sie schützend die Hand vor die Augen, während ihnen veteranos von Sawtelle drüben auf der Westside erzählten, wo sie Jobs als Tagelöhner finden könnten – für dreißig Dollar bar auf die Hand und ohne Papiere. Hier im Polizeibezirk Rampart südlich des Sunset Boulevard brodelte die Straßen-machaca zwischen Guatemalteken und Nicaraguanern einerseits und Salvadorianern und Mexikanern andererseits, und selbst im miesen Käfig dieses Funkwagens roch die Luft nach epizote.

Pike sah, dass sich der Schwarm der Latino-Kids teilte wie Wasser, als sein Partner aus dem Durchgang gerannt kam. Abel Wozniak war ein dicker Mann mit kantigem Kopf und trüben grauen Augen. Er war zwanzig Jahre älter als Pike und fuhr schon zwanzig Jahre länger Streife. Der Blick des einst besten Cops, den Pike kannte, war angespannt. Seit zwei Jahren saßen sie gemeinsam im Streifenwagen, und Abels Blick war nicht immer so gewesen. Pike bedauerte das, doch er konnte nichts daran ändern.

Und jetzt mussten sie ohnehin erst mal nach Ramona Ann Escobar suchen.

Wozniak schob sich hinters Lenkrad und rückte seine Pistole zurecht. Ihm war daran gelegen, die Spannung zu durchbrechen, die zwischen ihnen herrschte und so dick wie geronnenes Blut war. Sein Informant hatte geplaudert.

»DeVille ist im Islander Palms Motel abgestiegen.«

»Hat DeVille das Mädchen?«

»Der Typ hat ein kleines Mädchen gesehen, aber er kann nicht sagen, ob sie noch bei ihm ist.«

Wozniak legte den Gang ein und fuhr mit einem Ruck den Bordstein hinunter. Kein Code drei – also keine Sirene und kein Blaulicht. Das Islander Palms befand sich hier auf dem Alvarado Boulevard gleich südlich des Sunset Boulevard, keine fünf Straßenblocks entfernt. Warum sollte man sich schon vorher bemerkbar machen?

»Woz? Glaubst du, dass DeVille ihr was antut?«

»Wie ich schon sagte, es wäre besser, wenn man diesem Perversen eine Kugel durch den Kopf jagen würde.«

Es war halb zwölf durch an diesem Donnerstagvormittag. Um zwanzig nach neun hatte ein fünfjähriges Mädchen namens Ramona Ann Escobar beim Bootsverleih im Echo Park gespielt, als sich ihre Mutter, eine legale Einwanderin aus Guatemala, zu ihren Freundinnen umgedreht hatte, um sich mit ihnen zu unterhalten. Zeugen hatten Ramona zuletzt in Begleitung eines Mannes gesehen, den man für Leonard DeVille hielt, einen polizeibekannten Pädophilen, der, wie berichtet wurde, in den vergangenen drei Monaten den Echo Park und den MacArthur Park unsicher gemacht hatte. Als die Eilmeldung über das vermisste Mädchen durchgekommen war, hatte Wozniak angefangen, seine Straßeninformanten zu bearbeiten. Wozniak, der schon seit Urzeiten im Streifendienst war, kannte alle und wusste, wo sie zu finden waren. Er war eine Schatztruhe an Informationen – Pike verehrte und respektierte ihn und wollte ihn auf keinen Fall verlieren. Aber falls es so käme, würde er dagegen nichts tun können.

Pike blickte Wozniak an, bis der es nicht mehr aushielt und zurückblickte. Nur noch vierzig Sekunden bis zum Islander Palms. »Verdammt, was ist denn los?«

»Es ist noch nicht zu spät, Woz.«

Wozniaks Gesicht spannte sich an, als er es wieder der Straße zuwandte. »Ich sag dir eins, Joe: Halt dich da raus. Ich will kein Wort mehr darüber verlieren.«

»Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe.«

Wozniak befeuchtete seine Lippen.

»Du musst auch an Paulette und Evelyn denken.«

Wozniaks Frau und Tochter.

Die trüben Augen waren so unergründlich und gefährlich wie eine Gewitterwolke.

»Ich habe an sie gedacht, Pike. Kannst deinen Arsch drauf verwetten.«

Nur einen kurzen Moment lang glaubte Pike, Wozniaks Augen hätten sich mit Tränen gefüllt. Dann schüttelte sich Wozniak, als wollte er seine Gefühle von sich abwerfen, und zeigte geradeaus.

»Da ist es. Jetzt halt’s Maul und benimm dich wie ein Cop.«

Das Islander Palms war ein mit weißem Stuck verziertes Dreckloch. Ein zweistöckiges Gebäude, das in L-Form um einen engen Parkplatz lag, ausgefranste Teppiche, fleckige Bettwäsche und Leuchtreklame in Form von Neonpalmen, die selbst für Los Angeles schäbig waren. Die Hauptkundschaft bestand aus Nutten, die sich stundenweise ein Zimmer mieteten, Möchtegern-Pornografen, die »Amateur«-Videos drehten, und Mietflüchtlingen, die einen Unterschlupf suchten, bis sie den nächsten Vermieter übers Ohr hauen konnten.

Pike folgte Wozniak ins Büro des Geschäftsführers, ein dünner Hindu mit wässrigen Augen. »Ich will hier keine Schwierigkeiten, bitte«, war das Erste, was er sagte.

Wozniak übernahm die Führung.

»Wir suchen nach einem Mann mit einem kleinen Mädchen. Er heißt Leonard DeVille, kann aber sein, dass er einen anderen Namen benutzt hat.«

Der Hindu wusste weder mit dem Namen noch mit dem Mädchen etwas anzufangen, doch er bestätigte, dass ein Mann, wie ihn Woz beschrieben hatte, im ersten Stock das dritte Zimmer am Anfang des Ls bezogen habe.

»Willst du, dass ich das durchgebe?«, fragte Pike.

Wortlos ging Wozniak hinaus und die Treppe hinauf. Pike überlegte, dass er zum Wagen zurückkehren und Meldung machen sollte, aber man lässt seinen Partner nicht einfach alleine raufgehen. Also ging Pike hinterher.

An der dritten Tür lauschten sie, hörten aber nichts. Die Vorhänge waren zugezogen. Auf dem offenen Gang hatte Pike das Gefühl, als würden sie beobachtet.

Wozniak baute sich beim Türgriff auf, Pike auf der anderen Seite der Tür. Wozniak klopfte und gab sich als Polizist zu erkennen. Klar, Joe wäre gerne als Erster hineingegangen, aber seit zwei Jahren war die Sache abgesprochen. Wozniak fuhr, Wozniak ging voraus, Wozniak bestimmte die Vorgehensweise. Bei zweiundzwanzig Dienstjahren im Vergleich zu Pikes dreien war da nichts mehr zu ändern. Zweihundertmal hatten sie das schon so gemacht.

Als DeVille die Tür öffnete, preschte Wozniak vor und schob DeVille zurück.

»He, was soll das?«, beschwerte der sich. Als ob er noch nie auf diese Weise überrascht worden wäre.

Das Zimmer war heruntergekommen und schmierig. Am anderen Ende befanden sich ein Wandschrank und das Bad. Wie ein hässlicher Altar stand das zerwühlte Doppelbett an der Wand. Die rote Tagesdecke war fleckig und zerschlissen, einer der Flecke hatte die Form von Mickymaus. Das einzige andere Möbelstück in diesem Zimmer war eine billige Kommode voller Brandflecken und mit einem scharfen Messer eingeritzter Kerben. Wozniak hielt DeVille fest, während Pike im Badezimmer und Wandschrank nach Ramona suchte.

»Sie ist nicht hier.«

»Irgendwas anderes? Kleider, Koffer, Zahnbürste?«

»Nichts.« Was hieß, dass DeVille nicht hier wohnte und auch nicht die Absicht hatte, es zu tun. Er hatte eine andere Verwendung für dieses Zimmer.

»Wo ist sie, Lennie?«, fragte Wozniak, der DeVille in der Vergangenheit schon zweimal hinter Schloss und Riegel gebracht hatte.

»Wer? He, so was mache ich nicht mehr. Kommen Sie schon, Officer.«

»Wo ist die Kamera?«

DeVille spreizte nervös lächelnd die Hände. »Ich habe keine Kamera. Ich sag doch, dass ich weg davon bin.«

Leonard DeVille war eins dreiundsiebzig groß und fleischig. Sein Haar war blondiert, seine Haut sah aus wie eine Ananas. Das glatt nach hinten gekämmte Haar wurde mit einem Gummiband zusammengehalten. Pike wusste, dass DeVille log, wartete aber ab, wie Wozniak die Sache handhaben würde. Auch wenn Pike erst drei Jahre dabei war, wusste er, dass ein Pädophiler immer ein Pädophiler blieb. Man konnte sie einsperren, therapieren, verurteilen oder was auch immer – wenn sie wieder auf die Welt losgelassen wurden, waren sie immer noch Kinderschänder, und es blieb alles nur eine Frage der Zeit.

Wozniak packte das Bettende und kippte das ganze Möbelstück auf die Seite. DeVille sprang zurück und stolperte in Pike, der ihn auffing und festhielt. Eine zerknitterte Reisetasche kam in einer Million Staubmäuse zum Vorschein, wo vorher das Bett gestanden hatte.

»Lennie, du bist so blöd, blöder geht’s nicht«, meinte Wozniak.

»He, das ist nicht meine. Mit der Tasche hab ich nichts zu tun.« DeVille war in Schweiß gebadet vor Angst.

Wozniak öffnete die Tasche und zog eine Polaroid-Kamera heraus, mehr als ein Dutzend Filme und schließlich mindestens hundert Bilder von Kindern, die sich immer weiter auszogen. So verdienen sich Typen wie DeVille ihren Lebensunterhalt – sie schießen Bilder von Kindern und verkaufen sie an andere Perverse.

Wozniak schob die Bilder mit der Schuhspitze auseinander. Sein Gesicht wurde immer finsterer, aber gleichzeitig auch ausdrucksloser. Pike konnte die Bilder von dort aus, wo er stand, nicht sehen, doch er merkte, wie Wozniaks Schläfenader pulsierte. Vielleicht dachte Wozniak an seine eigene Tochter, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht dachte Wozniak immer noch an die andere Sache.

Pike drückte DeVilles Arm. »Wo ist das kleine Mädchen? Wo ist Ramona Escobar?«

»Das Zeug gehört nicht mir«, wehrte sich DeVille mit hoher Stimme. »Das hab ich noch nie gesehen.«

Wozniak ging in die Hocke und sah sich die Bilder mit ausdrucksloser Miene an, bis er eins herauszog und an die Nase hielt.

»Ich kann noch den Entwickler riechen. Das hier hast du höchstens vor einer Stunde aufgenommen.«

»Das sind nicht meine!«

Wozniak blickte die Bilder an. Pike konnte immer noch nichts sehen.

»Sie sieht aus wie fünf. Sie passt auf die Beschreibung, die man uns gegeben hat. Hübsches kleines Mädchen. Unschuldig. Nur dass sie jetzt nicht mehr unschuldig ist.«

Abel Wozniak stand auf und zog seine Pistole, eine 9-Millimeter-Beretta, die vom LAPD erst vor Kurzem als Dienstwaffe zugelassen worden war.

»Wenn du dem Kind was angetan hast, bringe ich dich um.«

»Woz, wir müssen Meldung machen. Steck die Waffe weg.«

Wozniak ging an Pike vorbei. Mit der Rückhand knallte er DeVille die Beretta seitlich an den Kopf. DeVille sackte in sich zusammen.

Pike sprang zwischen die beiden, packte Wozniak am Arm und zog ihn zurück. »Das hilft uns auch nicht, das Mädchen zu finden!«

Dann sah Pike in Wozniaks Augen – harte, hässliche Nieten hinter einem Wolkenschleier.

Als die beiden Polizisten die Treppe hinaufgegangen waren, hatte Fahreed Abouti, der Geschäftsführer, ihnen hinterhergeschaut und beobachtet, wie sie den blonden Mann in sein Zimmer zurückschoben. Die Polizei kam oft in dieses Motel, um Prostituierte, Freier und Drogenhändler festzunehmen, und Fahreed ließ sich ein solches Schauspiel nach Möglichkeit nicht entgehen. Einmal hatte er eine Prostituierte gesehen, die mit den Polizisten, die sie verhaften wollten, eine Nummer geschoben hatte, und ein andermal hatte er miterlebt, wie drei Polizisten einem Vergewaltiger sämtliche Zähne ausgeschlagen hatten. Es gab immer etwas Schönes zu sehen, und es war besser als jede Fernsehshow.

Aber man musste vorsichtig sein.

Sobald sich die Tür geschlossen hatte, war Fahreed die Treppe hinaufgeschlichen. Wenn man zu nahe am Geschehen war oder sich dabei erwischen ließ, wurden die Polizisten sauer. Einmal war einer vom Sondereinsatzkommando in Kampfausrüstung und mit einer großen Waffe so wütend geworden, dass er Fahreeds Turban in eine Pfütze aus Getriebeöl geworfen hatte. Die Reinigungskosten waren schier unbezahlbar gewesen.

Im Zimmer war es laut geworden, als Fahreed noch auf der Treppe gestanden hatte. Er konnte nicht verstehen, was geredet wurde, nur, dass die Männer wütend waren. Er huschte den Gang des ersten Stocks entlang auf die Tür zu, doch als er davorstand, hatte das Schreien aufgehört. Er fluchte, dachte, er sei um seinen Spaß gebracht worden, als plötzlich von drinnen ein einzelner lauter Schrei, dann eine gewaltige, ohrenbetäubende Explosion zu hören war.

Die Menschen auf der Straße blieben abrupt stehen und sahen hinauf. Eine Frau zeigte nach oben, ein Mann auf der anderen Seite des Parkplatzes rannte davon.

Fahreeds Herz pochte, weil auch ein Hindu wusste, wie sich ein Pistolenschuss anhörte. Vielleicht war ja der Blonde tot. Oder vielleicht hatte er einen der Polizisten umgebracht.

Aus dem Zimmer kam kein Laut mehr.

»Hallo?«

Nichts.

»Alles in Ordnung?«

Nichts.

Vielleicht waren sie durch das Badezimmerfenster hinunter auf die Gasse gesprungen.

Fahreed hatte klamme Finger, und seine panische Angst verlangte eigentlich von ihm, dass er zurück ins Büro laufen und so tun sollte, als hätte er nichts gehört, doch stattdessen riss er die Tür auf.

Der jüngere Polizist, der Größere mit der dunklen Brille und dem leeren Gesichtsausdruck, wirbelte herum und richtete einen riesigen Revolver auf ihn. Fahreed dachte, er würde im nächsten Augenblick sterben.

»Bitte. Nicht!«

Der ältere Polizist hatte kein Gesicht mehr. Es war nur noch eine einzige blutüberströmte Wunde. Auch der Blonde war tot, sein Gesicht eine rote Maske. Boden, Wände und Decke waren mit Blut bespritzt.

»Nein!«

Die Waffe des Polizisten blieb starr auf ihn gerichtet. Fahreed blickte in die dunkle Brille, auch sie mit Blut verschmiert.

»Bitte!«

Der große Polizist kniete sich neben seinen Partner und begann mit Wiederbelebungsversuchen. »Rufen Sie die 9-1-1«, sagte er, ohne aufzublicken.

Fahreed Abouti rannte hinunter zu seinem Telefon.

TEIL EINS

1

An diesem Sonntag knallte die Sonne heiß auf das Becken von Los Angeles hinab, trieb die Menschen an die Strände, in die Parks und die Swimmingpools hinter ihren Häusern. Die Luft flirrte, wie sie es immer tut, wenn der knochentrockene Wind aus der Wüste hereinrollt und die Flanken der Hügel so erhitzt, dass der Teer auf den Straßen sich selbst entzündet und sogar Autos zum Schmelzen bringt.

Die Verdugo Mountains oberhalb von Glendale brannten. Eine Säule aus braunem Rauch trieb über die Kammlinie, wo sie vom Santa Ana, dem kalifornischen trockenen, heißen Wind, erfasst wurde, sich über die Stadt ausdehnte und den Himmel mit einer Farbe wie getrocknetes Blut überzog. Wenn man sich, sagen wir mal, in Burbank oder auf dem Mulholland Snake oberhalb des Sunset Strip befand, konnte man die großen, mehrmotorigen Feuerbomber sehen, die mit ihrem hellroten Löschmittel hinabtauchten, während Nachrichtenhubschrauber kreuz und quer über den Schauplatz flogen. Oder man sah sich das Spektakel einfach im Fernsehen an. Neben Aufständen und Erdbeben gehören in L.A. Brände zu den wichtigsten Zuschauerereignissen.

Von Lucy Cheniers Wohnung im zweiten Stock in Beverly Hills aus konnten wir die Rauchsäule nicht sehen, doch unten an der Tür runzelte Lucy angesichts des orange gefärbten Himmels die Stirn. Wir waren gerade dabei, Umzugskartons aus ihrem Wagen nach oben zu schleppen.

»Ist das das Feuer?«

»Der Santa Ana trägt den Rauch nach Süden. In ein paar Stunden wird es Asche regnen. Das sieht dann aus wie grauer Schnee.« Das Feuer war sechzig Kilometer entfernt. Für uns bestand keine Gefahr.

Besorgt wandte Lucy sich zu ihrem Lexus um, der unten am Straßenrand stand. »Wird der Lack was abkriegen?«

»Wenn die Asche runterfällt, ist sie schon kalt, so wie Staub. Dann spritzen wir sie einfach mit dem Schlauch ab.« Elvis Cole, mit Leib und Seele Bürger von Los Angeles, klärt die neu Zugezogene, die zufällig auch seine Freundin ist, über alles Wichtige auf. Warte nur, bis du dein erstes großes Erdbeben erlebst.

Lucy schien nicht überzeugt zu sein, ging aber trotzdem ins Haus und rief ihren Sohn. »Ben!«

Vor nicht ganz einer Woche hatten Lucille Chenier und ihr neunjähriger Sohn Louisiana verlassen und waren in eine Wohnung in Beverly Hills gleich südlich des Wilshire Boulevard gezogen. Lucy war in Baton Rouge Anwältin gewesen, begann jetzt aber eine neue Karriere als juristische Kommentatorin bei einem örtlichen Fernsehsender. Ein neues Berufsfeld, die Frucht vom hässlichen Baum mit Namen »der Fall Simpson«. Als Belohnung dafür, dass sie von Baton Rouge nach Los Angeles gezogen war, verdiente sie nicht nur mehr Geld und hatte mehr Freizeit, die sie mit ihrem Sohn verbringen konnte, sondern sie war auch näher bei mir. Ich hatte den ganzen Freitag, Samstag und den größten Teil des Sonntagvormittags damit zugebracht, das Wohnzimmer immer wieder umzustellen. So was nennt man Liebe.

Der Fernseher war auf den Sender eingestellt, für den sie jetzt arbeitete, KROK-8 (»Nachrichten für Leute von heute!«), der, wie jeder andere Sender in der Stadt auch, das reguläre Programm für die Live-Berichte über den Brand unterbrochen hatte. Achtundzwanzig Häuser waren bedroht gewesen und geräumt worden.

Lucy reichte Ben die Kiste. »Zu schwer?«

»Ach, Quatsch.«

»Dein Zimmer. Dein Schrank. Ordentlich.«

Als er verschwunden war, umfasste ich ihre Taille und flüsterte: »Dein Zimmer. Dein Bett. Unordentlich.«

Sie trat zurück und begutachtete das Sofa. »Zuerst müssen wir die Wohnung auf Vordermann bringen. Würdest du bitte das Sofa noch mal umstellen?«

Ich starrte verblüfft auf das Sofa. Ich hatte es in den letzten zwei Tagen schon achthundertmal umgestellt.

»Welche Wand?«

Nachdenklich kaute sie auf ihrem Daumen. »Da rüber.«

»Da stand es vorhin schon mal.« Es war ein großes Sofa, wog wahrscheinlich tausendfünfhundert Kilo.

»Ja, aber da hatten wir Stereoanlage und Fernseher noch neben dem Kamin. Jetzt, wo wir sie neben die Tür gestellt haben, wird alles ganz anders aussehen.«

»Wir?«

»Ja. Wir.«

Ich beugte mich über das Sofa und zog es an die gegenüberliegende Wand. Zweitausend Kilo.

Als ich gerade dabei war, das Sofa zurechtzurücken, klingelte das Telefon. Lucy ging ran, gab mir aber gleich darauf den Hörer.

»Joe.«

Joe Pike und ich sind Partner in einer Detektei, die meinen Namen trägt. Er könnte seinen Namen auch eintragen lassen, aber das will er nicht. So ist er nun mal.

Ich nahm das Telefon. »Kompetenzzentrum für Leistenbrüche, guten Tag.« Lucy verdrehte die Augen und wandte sich ab, in Gedanken schon mit weiteren Sofaanordnungen beschäftigt.

»Wie klappt’s mit dem Umzug?«, fragte Joe.

Ich trat mit dem Telefon hinaus auf den Balkon. »Es ist eine große Veränderung. Ich denke, sie merkt gerade, wie groß. Was gibt’s?«

»Hast du schon mal von Frank Garcia gehört?«

»Oh, dem Tortilla-Typen. Normal, groß und Monsterito. Ich nehme am liebsten Monsterito.« In Los Angeles konnte man in egal welches Lebensmittelgeschäft gehen – überall lächelte Frank Garcia mit leuchtenden Augen und dichtem schwarzem Schnauzer von seinen Tortilla-Päckchen herunter.

»Frank ist ein Freund von mir, und er hat ein Problem. Ich bin gerade auf dem Weg zu ihm. Kannst du dazustoßen?«

Pike und ich führen seit zwölf Jahren unsere Detektei, aber ich kannte ihn schon, als er noch bei der Polizei von Los Angeles war. Nicht ein einziges Mal in dieser ganzen Zeit hatte er mich um einen Gefallen oder um Hilfe bei einem persönlichen Problem gebeten.

»Ich helfe Lucy gerade beim Einräumen. Ich habe kurze Hosen an und den ganzen Morgen über mit einem Fünftausend-Kilo-Sofa gekämpft.«

Pike erwiderte nichts.

»Joe?«

»Franks Tochter wird vermisst, Elvis. Mit ihr bin ich auch befreundet. Ich hoffe, du kannst es irgendwie einrichten.« Er nannte mir eine Adresse in Hancock Park und legte ohne ein weiteres Wort auf. Auch das ist typisch Pike.

Ich blieb draußen auf dem Balkon und beobachtete Lucy. Sie ging von einem Karton zum andern, als sei die Entscheidung, was sie als Nächstes auspacken sollte, noch schwieriger, als einen Platz für das Sofa zu finden. So war sie, seit sie aus Louisiana hergekommen war, und eigentlich passte es nicht zu ihr. Zwei Jahre lang hatten wir eine Fernbeziehung geführt, doch jetzt hatten wir einen wichtigen Schritt unternommen, um die Beziehung voranzubringen, wobei sie die Hauptlast trug. Sie war diejenige, die ihre Freunde verlassen hatte. Sie war diejenige, die ihr Zuhause aufgegeben hatte. Sie war diejenige, die das Risiko auf sich nahm.

Ich drückte den Aus-Knopf am Telefon, ging wieder hinein und wartete, bis sie mich anblickte.

»He.«

Sie lächelte, wirkte aber besorgt.

Ich streichelte über ihren Oberarm und lächelte zurück. Sie hatte wunderschöne grün-braune Augen.

»Alles in Ordnung?«

Sie sah verlegen aus. »Mir geht’s gut.«

»Es ist ein großer Schritt. Eine große Veränderung für uns beide.«

Sie schielte nach hinten zu den Kartons, als ob sie darin etwas verstecken würde.

»Es wird schon gut gehen, Luce.«

Sie schmiegte sich an mich, und ich spürte, dass sie lächelte. Ich hatte keine Lust zu gehen.

»Was wollte Joe von dir?«, fragte sie.

»Die Tochter eines Freundes wird vermisst. Er will, dass ich ihm helfe.«

Lucy blickte mit ernstem Gesicht zu mir auf. »Ein Kind?«

»Hat er nicht gesagt. Macht’s dir was aus, wenn ich gehe?«

Sie warf einen Blick zum Sofa. »Du würdest alles tun, damit du um dieses Sofa herumkommst, oder?«

»Genau. Ich hasse dieses Sofa.«

Lucy lachte und sah mir wieder in die Augen.

»Mir würde es was ausmachen, wenn du nicht gehen würdest. Geh duschen und dann die Welt retten.«

Hancock Park ist ein älteres Viertel südlich des Wilshire Country Clubs, das bei Außenstehenden weniger bekannt ist als Beverly Hills oder Bel Air, aber ebenso reich. Frank Garcia wohnte in einer spanischen Ziegelvilla hinter einem schmiedeeisernen Zaun gleich westlich des Country Clubs. Es war ein großes Haus, versteckt hinter üppigen grünen Baumfarnen und Strelizien, die so groß wie Dinosaurier waren, und Callas, deren Blätter in der Hitze schlapp herunterhingen.

Vierzig Minuten, nachdem mir Pike die Adresse von Garcia gegeben hatte, folgte ich einer älteren Latino-Frau mit breiten Hüften und nervösen Händen durch Garcias weitläufiges Haus nach hinten in den Garten, wo Frank Garcia und Joe Pike neben einem gekachelten Swimmingpool warteten.

Pike stellte mich vor, als ich näher kam. »Frank, das ist Elvis Cole. Uns beiden gehört die Detektei.«

»Mr. Garcia.«

Frank Garcia war nicht der lächelnde Mann mit dem buschigen Schnurrbart, den man auf seinen Tortillas sieht. Der echte Frank Garcia wirkte klein und besorgt, was aber nichts damit zu tun hatte, dass er in einem Rollstuhl saß. »Sie sehen nicht wie ein Privatdetektiv aus.«

Ich trug eins dieser bedruckten Jam’s-World-Hemden über den kurzen Hosen. Orange, gelb, pink und grün. »Oh, Mann, wie laufe ich denn nur an einem Sonntag herum?«

Garcia sah verlegen aus, dann hob er entschuldigend die Hände. »Tut mir leid, Mr. Cole. Ich bin total fertig wegen der Sache mit Karen – ich kann gar nicht mehr klar denken. Es ist mir wirklich völlig egal, was Sie anhaben. Ich will nur meine Tochter wiederhaben.« Er berührte Joes Arm. Es war eine Geste voller Zuneigung, die mich überraschte. »Deswegen habe ich Joe angerufen. Er meint, wenn jemand Karen finden kann, dann Sie. Sie seien der Beste, wenn es darum geht, jemanden zu finden.«

So muss man sich die Szene vorstellen: Wir drei neben dem Swimmingpool mit Olympiamaßen. Die Latino-Frau mit den breiten Hüften hält sich auf der Veranda im Schatten des Hauses auf, ihre Augen auf Frank gerichtet für den Fall, dass er etwas braucht, was er bis jetzt aber nicht tut, und mir hat er bisher auch nichts angeboten. Wenn er es täte, würde ich ihn um eine Sonnenschutzcreme bitten, weil man hier neben dem Swimmingpool den Eindruck hat, man würde auf der Sonnenseite des Merkurs stehen. Es müssen fünfunddreißig Grad herrschen, Tendenz steigend. Hinter uns liegt das Billardhaus, das größer als mein Wohnhaus ist, und durch die verglasten Schiebetüren sehe ich einen Billardtisch, eine kleine Bar und Gemälde von vaqueros, Cowboys aus dem mexikanischen Hochland. Dort drin gibt es eine Klimaanlage, aber offenbar sitzt Frank lieber hier draußen in der prallen Sonne. Löwenstatuen stehen vereinzelt auf dem Gelände, so regungslos wie Joe Pike, der sich in den drei Minuten, in denen ich hier bin, kein einziges Mal bewegt hat. Pike trägt ein graues Sweatshirt mit abgeschnittenen Ärmeln, ausgeblichene Levis und eine flache schwarze Pilotenbrille – also genau das, was er jeden Tag anzieht. Sein dunkelbraunes Haar ist kurz geschnitten, und schon lange bevor Tätowierungen in Mode gekommen waren, hatte er sich außen auf seinen Deltamuskeln grellrote Pfeile tätowieren lassen. Wie Joe so dasteht, erinnert er mich an den weltgrößten zweibeinigen Pitbull.

»Wir werden tun, was wir können, Mr. Garcia«, sagte ich. »Wie lange wird Karen denn schon vermisst?«

»Seit gestern. Gestern Morgen um zehn Uhr. Ich habe die Polizei angerufen, aber diese Arschlöcher wollten nichts unternehmen. Deswegen habe ich Joe angerufen. Ich wusste, dass er mir helfen würde.« Er tätschelte wieder Joes Arm.

»Die Polizei hat sich geweigert zu helfen?«

»Ja, diese Wichser.«

»Wie alt ist Karen, Mr. Garcia.«

»Zweiunddreißig.«

Ich blickte zu Pike. Gemeinsam hatten wir an Hunderten von Vermisstenfällen gearbeitet, und beide wussten wir, warum die Polizei Garcia abgewimmelt hatte.

»Eine zweiunddreißigjährige Frau wird erst seit gestern vermisst?«, vergewisserte ich mich.

»Ja«, gab Pike leise zur Antwort.

Frank Garcia wand sich auf seinem Stuhl. Er wusste, was ich sagen wollte, und das versetzte ihn jetzt schon in Rage.

»Wieso fragen Sie das, hä? Sie glauben, nur weil sie eine erwachsene Frau ist, könnte sie irgendeinen Kerl treffen und mit ihm durchbrennen, ohne jemandem ein Wort davon zu sagen?«

»Erwachsene tun so was manchmal, Mr. Garcia.«

Er schob mir ein gelbes Blatt Papier in die Hand. Mit seinen nervösen Augen blickte er mich frustriert an, als wäre ich seine letzte Hoffnung, aber offensichtlich auch nicht bereit anzubeißen. »Karen hätte angerufen. Sie hätte es mir gesagt, wenn sie ihre Pläne geändert hätte. Sie wollte zum Joggen fahren und mir anschließend eine Schüssel machaca mitbringen, aber sie ist nicht wieder nach Hause gekommen. Fragen Sie Mrs. Acuna, sie ist ihre Nachbarin. Mrs. Acuna wird Ihnen das bestätigen.« Ich hatte den Eindruck, als könnte er die Worte nicht schnell genug herausbekommen, als sollten sie für mich so wichtig werden, wie sie für ihn waren. Frank rollte auf Joe zu, in seiner Stimme lag nicht nur Wut, sondern auch Angst. »Genau wie diese gottverdammte Polizei. Er will nichts unternehmen.« Als er wieder in meine Richtung wirbelte, konnte man den Menschen in ihm erkennen, der früher einmal noch nicht an diesen Rollstuhl gefesselt gewesen war: ein jugendliches Mitglied der White-Fence-Gang aus dem Osten von L.A., das sein Leben völlig umgekrempelt und ein Vermögen verdient hatte. »Tut mir leid, dass ich Sie von Ihren Donuts weggeholt habe.«

»Frank, wir werden dir helfen«, sagte Joe, der eine Million Kilometer hinter seiner dunklen Brille versteckt war.

Ich versuchte, nicht verärgert auszusehen, was einem schwerfällt, wenn man völlig rot im Gesicht ist. »Wir werden Ihre Tochter suchen, Mr. Garcia. Ich möchte nur, dass Sie wissen, dass die Polizei aus bestimmten Gründen so handelt. Die meisten Menschen, die wir für vermisst halten, sind es gar nicht. Sie rufen irgendwann einfach an oder tauchen auf, und es ist ihnen peinlich, dass man sich ihretwegen solche Sorgen gemacht hat. Verstehen Sie?«

Er wirkte ganz und gar nicht zufrieden mit dieser Erklärung.

»Wissen Sie, wohin sie zum Joggen fahren wollte?«

»Irgendwo um Hollywood herum in die Nähe der Hügel. Mrs. Acuna hat gesagt, sie wollte anschließend ins Jungle Juice, eine dieser kleinen Saftbars. Mrs. Acuna hat gesagt, sie würde immer eins von diesen Dingern trinken, einen Smoothie. Sie hatte angeboten, ihr einen mitzubringen.«

»Jungle Juice. Gut, damit haben wir wenigstens einen Ausgangspunkt.« Wie viele Jungle Juices mochte es wohl geben?

Frank sah im Nu um einiges erleichtert aus. Als würde er wieder atmen können. »Das gefällt mir, Mr. Cole. Sie sollten noch wissen, dass es mir egal ist, was die Sache kostet. Sie sagen, wie viel Sie wollen, und Sie kriegen es.«

»Nichts«, antwortete Joe.

Garcia winkte mit den Händen. »Nein, Joe, komm schon.«

»Nichts, Frank.«

Ich blickte in den Pool. Wie gerne hätte ich etwas von Frank Garcias Geld abgehabt.

Garcia griff Joe wieder am Arm. »Du bist ein guter Kerl, Joe. Das warst du schon immer.« Immer noch seine Hand auf Joes Arm, wandte er sich mir zu. »Wir kennen uns noch aus Joes Zeit als Polizist. Joe und meine Karen haben sich regelmäßig getroffen. Ich hatte gehofft, dass dieser Junge hier einmal zur Familie gehört.«

»Das ist lange her«, sagte Joe so leise, dass ich es kaum hören konnte.

Ich lächelte. »Joe, davon hast du mir ja nie was erzählt.«

Joe drehte sich zur Seite. Die Sonnenstrahlen blitzten in seiner dunklen Brille. »Das reicht jetzt.«

Mein Lächeln wurde noch breiter, und ich schüttelte den Kopf. Dieser Joe. Jeden Tag erfährt man wieder was Neues.

Garcia blickte zum Himmel, als die ersten Ascheteilchen um uns herumwirbelten und auf seinen Händen und Beinen liegen blieben. »Seht euch diesen Dreck an. Der gottverdammte Himmel schmilzt.«

Die Frau mit den breiten Hüften führte uns durchs kühle Haus hinaus. Unter einer Ulme am Straßenrand stand Joes roter Jeep Cherokee, dahinter mein Wagen. Pike und ich gingen die Einfahrt entlang, ohne ein Wort zu wechseln. »Danke, dass du gekommen bist«, sagte er schließlich, als wir die Straße erreicht hatten.

»Ich denke, es gibt schlimmere Möglichkeiten, einen Sonntag zu verbringen. Ich hätte mich weiter mit diesem dämlichen Sofa abplagen können.«

Pike schwenkte seine Brille in meine Richtung. »Wenn wir die Sache hinter uns haben, stelle ich das Sofa für dich um.«

Freunde.

Wir ließen meinen Wagen stehen, wo er war, stiegen in Pikes Jeep und machten uns auf die Suche nach Karen Garcia.

2

Frank Garcia hatte den Namen seiner Tochter, die Adresse und ihre Telefonnummer zusammen mit einer Beschreibung ihres roten Mazda RX-7 mit der Autonummer 4KBL772 auf dem gelben Blatt notiert. Daran hatte er einen Schnappschuss von Karen geheftet, auf dem sie offenbar an Franks Esstisch saß und lachte. Sie hatte strahlend weiße Zähne, die sich schön von der braunen Haut und dem fülligen schwarzen Haar absetzten. Sie sah glücklich aus.

Joe blickte das Foto an, als spähte er durch ein Fenster auf etwas, das weit in der Ferne lag.

»Hübsch«, sagte ich.

»Ja, das ist sie.«

»Warst du mit ihr zusammen, bevor wir uns kennengelernt haben?«

»Ich habe dich schon gekannt, aber ich war bei der Polizei«, antwortete er, seinen Blick ständig auf das Foto gerichtet.

Ich erinnere mich, dass Joe damals oft verabredet war, aber die Beziehungen waren damals so wie heute – keine schien wichtiger als die andere. »Ich denke, ihr zwei standet euch nahe.«

Joe nickte.

»Was ist dann passiert?«

Pike reichte mir das Foto zurück. »Ich habe ihr das Herz gebrochen.«

»Oh.« Manchmal ist Neugier eine ganz schön dämliche Sache.

»Ein paar Jahre später hat sie geheiratet und ist nach New York gezogen. Es hat nicht geklappt, und jetzt ist sie wieder hier.«

Ich nickte, kam mir aber immer noch dämlich vor wegen meiner Neugier.

Mit Pikes Mobiltelefon rief ich Karen Garcias Nummer an. Sie meldete sich nicht, aber ich hinterließ auf dem Anrufbeantworter meinen Namen und bat sie, ihren Vater zurückzurufen, sobald sie die Nachricht erhalten würde. Frank hatte uns auch die Nummer von Mrs. Acuna gegeben, die ich als Nächstes anrief und fragte, ob sie wüsste, wohin Karen zum Joggen gefahren sei. Durch den trockenen Wind war die Luft statisch derart aufgeladen, dass Mrs. Acunas Stimme wie blubberndes Fett klang. Aber ich verstand, dass ihre Antwort »Nein« war. »Ist es möglich, Mrs. Acuna, dass Karen nach Hause gekommen und dann wieder gegangen ist, ohne dass Sie sie gesehen haben? Könnte es sein, dass sie sich schnell geduscht hat und dann mit Freunden ausgegangen ist?«

»Sie meinen, gestern?«

»Ja, Ma’am. Gestern nach dem Joggen.«

»O nein. Mein Mann und ich wohnen gleich hier neben der Treppe. Karens Wohnung liegt direkt über unserer. Als sie nicht gekommen ist, um meine machaca abzuholen, habe ich mir Sorgen gemacht. Ihr Vater liebt meine machaca. Sie bringt ihm immer eine Schüssel mit. Ich bin gerade eben oben gewesen, aber sie ist immer noch nicht da.«

Ich sah zu Joe hinüber. »Mrs. Acuna, sehen Sie Karen oft und reden mit ihr?«

»O ja. Sie ist ein nettes Mädchen. Ich habe ihre Familie schon gekannt, noch bevor sie auf der Welt war.«

»Hat sie nicht erwähnt, dass sie vielleicht wieder mit ihrem Exmann zusammenkommen wollte?«

Pike schielte zu mir herüber.

»Nein. O nein, davon hat sie nie was erzählt. Sie nennt ihn ›Fiesling‹. Er wohnt immer noch da drüben.« Da drüben, in New York.

Meinen Blick immer noch auf Pike gerichtet, schüttelte ich den Kopf. Pike drehte sich zum Fenster.

»Was ist mit anderen Beziehungen?«

»Sie ist ab und zu mit jungen Männern verabredet. Nicht viele, wissen Sie, aber sie ist sehr hübsch.«

»Gut, danke, Mrs. Acuna. Vielleicht komme ich später mal vorbei. Falls Karen zufällig zurückkommt, könnten Sie sie bitten, ihren Vater anzurufen?«

»Ich werde ihn selbst anrufen.«

Ich drückte die Aus-Taste und blickte zu Pike hinüber. »Vielleicht ist sie mit Freunden unterwegs. Vielleicht ist sie nach Las Vegas gefahren, oder sie hat die ganze Nacht in der Disco verbracht und ist bei irgendeinem Typen gelandet.«

»Könnte sein. Aber Frank macht sich Sorgen, und er braucht jemanden, der ihm die Last abnimmt.«

»Du warst mit diesen Leuten wirklich eng befreundet.«

Pike starrte wieder aus dem Fenster. Ihn zum Reden zu bringen ist, als wollte man sich die eigenen Zähne mit einer Kneifzange herausziehen.

Von der Telefonauskunft erfuhren wir, dass es zwei Bars namens Jungle Juice gibt, die ursprüngliche in West Hollywood auf der Melrose, die andere auf dem Barham Boulevard in Universal City. West Hollywood lag näher, also fuhren wir dort zuerst hin. Detektivarbeit nach dem Prinzip des geringsten Aufwandes.

Im ersten Jungle Juice arbeiteten ein dünner Junge mit blauem Haar und irischen Tätowierungen auf den Armen, ein Mädchen mit gebleichten, kurz rasierten Haaren und ein Typ Anfang dreißig, der aussah wie der Vorsitzende der Ortsgruppe der Jungen Republikaner. Alle drei hatten am Tag zuvor gearbeitet, doch keiner von ihnen erkannte Karen auf dem Bild. Die mit dem gebleichten Haar arbeitete jedes Wochenende hier und meinte, sie würde Karen erkennen, Stammgäste würde sie immer wiedererkennen. Ich glaubte ihr.

Der Santa Ana legte noch einen Zahn zu, als wir Richtung Norden zum anderen Jungle Juice fuhren. Die Palmen, groß und verletzlich wie die Hälse von riesigen Dinosauriern, hatten am schlimmsten zu leiden. Der Wind riss die abgestorbenen Palmwedel gleich unterhalb der Kronen ab und wirbelte sie auf die Straße, in die Hinterhöfe und auf die Autos.

Es war kurz vor Mittag, als wir am zweiten Jungle Juice südlich der Universal Studios ankamen. Es lag in einer engen Einkaufszeile, die auf dem Barham Boulevard am Fuß der Berge verlief und voll gestopft war mit sonntäglichen Einkäufern und Touristen, die, dem Wind zum Trotz, auf der Suche nach dem Universal City Walk waren.

Pike und ich arbeiteten uns in der Schlange bis zur Theke vor und zeigten Karens Bild. Das Mädchen hinter der Kasse, höchstens achtzehn, schokoladenbraun und mit breitem, offenem Lächeln, erkannte Karen auf den ersten Blick. »Oh, klar, sie kommt oft hierher. Trinkt immer einen Smoothie nach dem Joggen.«

»War sie gestern hier?«, fragte Pike.

Das Mädchen wusste es nicht und rief Ronnie, einen großen Afroamerikaner. Ronnie war ein hübscher, über eins achtzig großer Junge, den ich aus seinem Sechs-Sekunden-Auftritt in einem Charmin-Werbespot wiedererkannte, auf den er mächtig stolz zu sein schien. »Klar, sie kommt immer nach dem Joggen her. Das ist Karen.«

»War sie gestern hier?«

Ronnie kniff die Augen zusammen. »Ist alles in Ordnung mit ihr?«

»Ich will nur wissen, ob sie gestern hier war.«

Die zusammengekniffenen Augen verwandelten sich in ein Stirnrunzeln, mit dem er sich in Pikes Richtung drehte, dann wurde er misstrauisch. »Was hat das zu bedeuten?«

Ich zeigte ihm meine Lizenz. Wieder kniff er die Augen zusammen.

»Heißen Sie wirklich Elvis?«

Pike ging an mir vorbei und lehnte sich an die Theke. Ronnie war zwar zwei Zentimeter größer als Joe, trat aber rasch einen Schritt zurück. »War sie gestern hier oder nicht?« Joe sprach so leise, dass ich ihn kaum verstehen konnte.

Ronnie schüttelte mit genervtem Blick den Kopf. »Gestern nicht. Ich habe von morgens, als wir aufgemacht haben, bis abends um sechs gearbeitet, aber sie war nicht hier. Ich hätte es gemerkt, weil wir uns immer übers Joggen unterhalten. Ich jogge nämlich auch.«

»Wissen Sie, welche Route sie immer nimmt?«

»Klar. Sie parkt hier unten und rennt bis zum Staubecken rauf.« Er deutete über den Barham Boulevard zu den Hügeln hinauf, wo sich der Lake Hollywood Drive durch ein Wohngebiet und weiter bis zum Speichersee schlängelte.

Das Mädchen meldete sich zu Wort. »Ich bin ziemlich sicher, dass sie gestern hier vorbeigefahren ist. Es ist ein kleiner roter Wagen. Allerdings habe ich nicht sie gesehen, sondern nur den Wagen.«

»Nö!«, meinte Ronnie. »Karen kommt nach dem Joggen immer hier rein, und gestern war sie nicht hier.« Als wäre er enttäuscht, dass sie nach ihrem Lauf nicht hier vorbeigeschaut hatte. »Nö.«

Wir dankten ihnen und gingen hinaus auf den Parkplatz.

»Das ist doch schon was«, sagte ich. »Sie wird gesehen, wie sie zum Joggen fährt, kommt aber nicht wie üblich nachher vorbei, um ihren Smoothie zu trinken.«

Pike ging bis zur Straße und drehte sich wieder zu dem kleinen Parkplatz um – nirgends ein roter Mazda zu sehen.

»Vielleicht ist ihr beim Joggen was eingefallen, und sie hatte keine Zeit mehr für ihren Smoothie, oder sie hat jemanden getroffen, mit dem sie lieber woandershin gegangen ist.«

»Genau. Zu ihm nach Hause, weil sie Lust auf einen ganz anderen Smoothie hatte.«

Pike sah mich an.

»Tut mir leid.«

Er drehte seinen Kopf Richtung Hügel. »Wahrscheinlich hast du recht. Wenn sie zum Speichersee gelaufen ist, dann wahrscheinlich den Lake Hollywood Drive entlang. Fahren wir ihn ab.«

Wir folgten dem Lake Hollywood Drive vorbei an luxuriösen Villen aus den Dreißigern und Vierzigern, die in den Siebzigern und Achtzigern in großem Stil zu allem Möglichen umgebaut worden waren, von Nachahmungen einer gemütlichen Ranch oder einer zeitgemäßen Ritterburg bis zu postmodernen Albträumen. Am Ende des Immobilienbooms, als die Blase geplatzt war, waren die Häuser hier wie auch in den meisten anderen älteren Vierteln von Los Angeles einem steten Wandel unterzogen. Oft war das Ergebnis schlimmer, aber genauso oft auch besser. Es gibt eine gewisse kühne Bereitschaft zum Verändern, verbunden mit einem ausgeprägten Optimismus und einer ernst zu nehmenden Portion Mut. Es war der Mut, den ich am meisten bewunderte, auch wenn ich vor dem Ergebnis oft zurückschreckte. Schließlich suchen die Menschen, die nach Los Angeles kommen, die Veränderung. Alle anderen bleiben einfach zu Hause.

Die Straße führte in Serpentinen den Hügel hinauf, schlängelte sich an Häusern und alten, vom Wind geschüttelten Eichen vorbei. Alles war übersät mit Blättern, Zweigen und alten Einkaufstüten. Wir erreichten den Kamm, von dem aus wir zum Speicherbecken hinabfuhren. Die Wasseroberfläche war vom Wind aufgewühlt und schlammfarben. Wir sahen keine roten Mazdas und keine Frau, die aussah wie Karen Garcia, was wir aber auch nicht erwartet hatten. Wir waren den Hügel hinaufgefahren, weil er eben da war, und bis jetzt machte ich mir noch keine allzu großen Sorgen. Vielleicht wachte Karen gerade eben dort auf, wo sie die Nacht verbracht hatte, und schon ziemlich bald würde sie nach Hause fahren, ihre Nachrichten abhören und ihren alten Vater anrufen, um ihn zu beruhigen. Die Last eines Einzelkindes.

Wir waren auf halbem Weg den Hügel hinab und dachten über den nächsten Schritt nach, als ein Obdachloser mit Rucksack und zusammengerolltem Bettzeug aus einer Seitenstraße herauskam und den Berg hinunterging. Er war Mitte dreißig und von der Sonne braun gebrannt.

»Fahr an den Rand«, sagte ich.

Als Pike das Tempo verlangsamte, blieb der Mann stehen und sah uns an. Er hatte rote Augen, und auch der Wind konnte seinen Gestank nicht vertreiben. »Ich bin Zimmermannsmeister und suche Arbeit, egal, auch irgendwas Kleines. Ich arbeite für Bargeld oder für Bücher.« Er sagte das mit einem gewissen Stolz, doch wahrscheinlich war er gar kein Zimmermannsmeister und auch nicht auf der Suche nach Arbeit.

Pike hielt Karens Foto hoch. »Haben Sie diese Frau schon mal gesehen?«

»Nein – tut – mir – leid.« Jedes Wort abgetrennt gesprochen, ohne Verbindung.

»Sie ist gestern Morgen hier durchs Viertel gejoggt. Blaues Oberteil, graue kurze Hose.«

Er beugte sich vor und besah sich das Bild aus der Nähe. »Schwarzer Pferdeschwanz.«

»Könnte sein«, meinte Pike.

»Sie ist den Berg raufgerannt, hat ordentlich gegen die Kräfte gekämpft, die sie wieder runterziehen wollten. Ein Geländewagen hat neben ihr angehalten und ist dann ganz schnell weitergefahren. Ich hörte gerade Mr. Dave Matthews.« An seinem Gürtel hing ein Sony-Discman, um seinen Hals der Kopfhörer.

»Was für ein Geländewagen war das?«, fragte ich.

Er trat zurück und besah sich Pikes Cherokee.

»Dieser hier.«

»Ein roter Jeep wie dieser hier?«

Er zuckte mit den Schultern. »Ich denke, es war dieser hier, aber es könnte auch ein anderer gewesen sein.«

Pikes Mundwinkel zuckten. In all den Jahren, die ich ihn kenne, habe ich nie ein Lächeln bei ihm gesehen, nur manchmal dieses Zucken. Für Pike war das schon ein Lachkrampf.

»Haben Sie den Fahrer erkennen können?«

Er zeigte auf Pike. »Er war’s.«

Pike blickte seufzend zur Seite.

Der Obdachlose sah uns voller Hoffnung an. »Hätten Sie nicht eine kleine Arbeit, für die Sie einen sorgfältigen Handwerker brauchen? Ich habe Zeit, wissen Sie?«

Ich gab ihm zehn Dollar. »Wie heißen Sie?«

»Edward Deege, Zimmermannsmeister.«

»Okay, Edward, danke.«

»Egal, auch einen kleinen Job.«

»He, Edward, sind Sie hier zu finden, wenn wir noch mal mit Ihnen reden wollen?«

»Ich bin nur ein kleiner Pappbecher auf dem Strom des Lebens, aber der Speichersee gefällt mir. Dort bin ich oft anzutreffen.«

»Gut, Edward. Danke.«

Edward Deege spähte noch einmal zu Pike, trat dann aber einen Schritt zurück, als wäre er besorgt. »Lass ab von deiner Wut, mein Freund. Wut tötet.«

Pike fuhr weiter.

»Meinst du, er hat was gesehen?«, fragte ich. »Oder hat er uns nur an der Nase rumgeführt?«

»Mit dem Pferdeschwanz hatte er recht. Vielleicht hat er ja auch einen Wagen mit Vierradantrieb gesehen.«

Wir fuhren den Lake Hollywood Drive weiter bis zum Barham Boulevard hinunter. Als wir auf den Freeway einbogen, sagte Pike: »Elvis.«

Karen Garcias roter Mazda RX-7 stand auf unserer Seite des Barham Boulevard hinter einem Blumenladen gegenüber dem Jungle Juice. Erst jetzt, als wir die Straße herunterkamen, sahen wir ihn, weil er von hier nicht durch ein Gebäude verdeckt war. Mir wäre es lieber gewesen, er hätte nicht dort gestanden.

Pike fuhr auf den Parkplatz, und wir stiegen aus. Der Motor des Mazdas war kalt.

»Steht schon die ganze Nacht hier.«

Pike nickte.

»Wenn sie da raufgejoggt ist, heißt das, dass sie nicht wieder runtergekommen ist.« Ich drehte mich zum Hügel.

»Oder sie hat ihn nicht selbst hier abgestellt.«

»Sie rennt los, begegnet einem Kerl, und sie nehmen seinen Wagen. Vielleicht ist sie gerade unterwegs, um ihren Mazda abzuholen.« Das sagte ich zwar, aber keiner von uns glaubte es.

Wir fragten im Blumenladen, ob jemand etwas gesehen hätte. Dem war aber nicht so. Wir fragten jeden Ladenbesitzer auf der Einkaufszeile und fast alle Angestellten, aber alle sagten Nein. Ich hoffte, sie hätten irgendwas gesehen, das darauf hinwies, dass es Karen gut ging, aber eigentlich, ganz nüchtern betrachtet, war mir klar, dass sie nichts gesehen hatten.

3

Bei dem Vermögen ihres Vaters hätte Karen Garcia überall leben können, doch sie hatte sich für eine bescheidene Wohnung in einem bei Latino-Familien beliebten Viertel von Silver Lake entschieden. Irgendwo dudelten die Gipsy Kings aus einem Radio; der frische, intensive Geruch von Chili und Cilantro hing in der Luft. Kinder spielten auf den Wiesen, und Paare lachten über den heißen Sturmwind. Um uns herum peitschten Palmen und Jacarandas wie Schwänze nervöser Katzen, doch hier lagen keine Palmwedel und Äste in der Gegend herum. Ich vermute, dass Menschen, denen etwas an ihrem Viertel liegt, nicht warten, bis die Stadt den Müll wegräumt.

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