Süßer Ruf der Sehnsucht - Kate Hardy - E-Book
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Süßer Ruf der Sehnsucht E-Book

Kate Hardy

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Beschreibung

Vittorias Krönung steht kurz bevor! Was ihr als zukünftiger Königin von San Rocello noch fehlt, ist ein standesgemäßer Ehemann. Doch als sie dem jungen Fotografen Liam MacCarthy gegenübersteht und in seine kornblumenblauen Augen blickt, flammt ein verbotenes Verlangen in ihr auf. Mehr als einen harmlosen Flirt darf es zwischen ihr und dem bürgerlichen Briten nicht geben, das weiß Vittoria. Denn die Pflicht kommt in ihrem Leben immer an erster Stelle. Auch wenn sie davon träumt, nur ein einziges Mal ihrem Herzen folgen zu dürfen …

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IMPRESSUM

JULIA erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2021 by Pamela Brooks Originaltitel: „Surprise Heir for the Princess“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA, Band 152021 07/2021 Übersetzung: Gudrun Bothe

Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733718909

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Der Ausblick von der Fähre war so atemberaubend, dass Liam sich ernsthaft versucht fühlte, von Porträtfotografie auf Landschaftsaufnahmen umzusteigen. Ein türkisfarbenes Meer, das den tiefroten Ball der untergehenden Sonne reflektierte, ein Himmel, der am Horizont vom dunstigen Blau bis zu tiefem Pfirsichton changierte, während die Sonne hinter der Inselsilhouette von San Rocello versank.

Nie zuvor hatte er so etwas Wundervolles gesehen.

Aber er war nicht hergekommen, um Ferien zu machen, sondern offizielle Fotos von Prinzessin Vittoria di Sarda, die nach dem bevorstehenden Rücktritt ihres Großvaters die Herrschaft über das kleine Königreich am Mittelmeer übernehmen sollte. Obwohl man ihm versicherte, dass er diesen Auftrag allein aufgrund seiner hervorragenden Arbeiten bekommen hatte, kam es ihm doch ein wenig wie Vetternwirtschaft vor. Denn Isabella, die jüngere Schwester von Prinzessin Vittoria, war gleichzeitig die beste Freundin seiner eigenen kleinen Schwester, Saoirse. Und Izzy, wie Prinzessin Isabella auch genannt wurde, hatte ihn für diesen Job ihrem Großvater vorgeschlagen.

Liam holte tief Luft. Dieses Nervenflattern war absolut lächerlich. Seit Jahren hatte er unzählige Portraitaufnahmen für Hochglanzmagazine und Sonntagsbeilagen abgeliefert, von Super-Promis bis hin zu hochrangigen Politikern. Einige seiner Arbeiten hingen sogar in der National Portrait Gallery in London. Im Laufe seiner Tätigkeit hatte er zunehmend mehr Sicherheit und Souveränität gewonnen, sodass er sich in jeder Gesellschaft zu bewegen wusste und wohlfühlte.

Ein Mitglied des Königshauses zu fotografieren war allerdings eine Premiere. Und zugleich eine Gratwanderung.

Laut Aussage des königlichen Privatsekretärs wünschte seine Hoheit ein formelles Portrait der zukünftigen Königin. Worauf Izzy gespottet hatte: „Nonno stellt sich Vittoria inmitten eines steifen, verstaubten Szenarios vor, in ein schickes Kleid mit Schärpe gehüllt und mit Juwelen behängt.“

„Hört sich doch ziemlich normal für eine Prinzessin an“, hatte Liam eingewandt.

„Und ist seit mindestens einem Jahrhundert out“, murrte Izzy daraufhin. „Fürchterlich, wie die steife Palastatmosphäre Rina zu ersticken droht! Man sollte der Öffentlichkeit lieber die Frau hinter dem Prunk präsentieren.“

Sämtliche Pressefotos und Paparazzi-Schnappschüsse, die Liam von Vittoria di Sarda, oder Rina, wie Izzy sie nannte, gesehen hatte, zeigten eine coole, sehr gesammelt wirkende junge Frau, Typ Business-Lady. Perfekt gepflegt und stets mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.

Nicht ganz Mona Lisa, aber in dieser Richtung, und ganz sicher kein derart verpeiltes und überdrehtes Energiebündel wie ihre Schwester. Wenn er Izzy zusammen mit seiner Schwester in der Küche sitzen und überbackene Toasts futtern sah, wirkte sie wie jede andere Kunststudentin, aber nicht wie eine Prinzessin.

Vittoria hingegen war von Kopf bis Fuß absolut königlich. Die Portraitaufnahme, wie ihr Großvater sie sich vorstellte, würde perfekt funktionieren. Vittoria trug ihr dunkles Haar in einem klassischen, leicht altmodischen Stil, ähnlich dem von Grace Kelly. Zugleich erinnerten ihre zarte Figur und ihre seelenvollen violetten Augen an die junge Elizabeth Taylor. Die gewünschte traditionelle Pose mit schickem Kleid, Diamanten und königlichen Insignien hätte für sie erfunden sein können …

Aber dann hatte Izzy ihm auf ihrem Handy Selfies von Vittoria gezeigt, um ihre eigene Beschreibung zu untermauern. „Und? Strahlend wie die Sonne sieht sie aus, sobald sie sich unbeobachtet fühlt.“

Auf diesen Schnappschüssen wirkte Vittoria di Sarda viel weicher. Nicht wie eine Frau, die ein Land regieren wollte, sondern warm, zugewandt und …

Liam rief sich zur Ordnung. Abgesehen von seinem Prinzip, sich nie privat auf Kunden einzulassen, hatte er früh lernen müssen, wie schwierig es ist, Karriere und Beziehung unter einen Hut zu bringen.

Er war achtzehn, Saoirse gerade mal zwölf Jahre alt, da gab er sein Studium auf, verließ die Uni und suchte sich einen Job, damit er sich um seine kleine Schwester kümmern und für sie sorgen konnte. Eine Entscheidung, die er nie bereut hatte, die ihm seine jeweiligen Freundinnen aber extrem übelnahmen. Einige sagten: „Es liegt nicht an dir, sondern allein an mir …“, andere waren ehrlicher, bis hin zur Schmerzgrenze, und erklärten klipp und klar, dass sie keine Lust hätten, mit einem pubertären Teenager belastet zu sein, der kaum jünger war als sie. Sie wollten auf Partys gehen, Spaß haben und nicht zu Hause hocken. Dass seine Schwester seine einzige lebende Verwandte und ihm unglaublich wichtig war, törnte sie eher ab.

Und später, als Saoirse älter war und ihn nicht mehr so sehr brauchte, störte seine Freundinnen die immense Zeit, die er in den Aufbau seiner Karriere investierte. Dazu gehörten Reisen, Shootings, unzählige Stunden in seiner Dunkelkammer oder bei der Arbeit an einem digitalen Bild. Sie hatten es schnell satt, ständig auf ihn zu warten.

Und er selbst war es leid, hin- und hergerissen zu sein und sich dazu noch schuldig zu fühlen. Also hatte er sich in den letzten Jahren mit lockeren Beziehungen begnügt und lieber auf seine Karriere konzentriert – das erklärte Ziel stets vor Augen: der beste Portraitfotograf seiner Generation zu werden.

Vielleicht, aber auch nur vielleicht, würde Vittoria di Sarda ihm helfen, diesem Traum näher zu kommen …

Vittoria überflog noch einmal das Dossier: Liam MacCarthy, Fotograf und älterer Bruder der besten Freundin ihrer kleinen Schwester Izzy. Ein Mann, der nach dem Tod seiner Mutter einen Studienplatz abgelehnt hatte, um seine Schwester großzuziehen, und der immer noch mit ihr in London lebte. Ein netter Kerl, laut Izzy und Pietro, seines Zeichens Izzys Leibwächter, was sicher kein leichter Job war.

Tatsächlich schien es, als habe Liam den Auftrag für ihr offizielles Portrait nicht deshalb bekommen, sondern weil er wirklich gut war. Um nicht zu sagen: ein exzellenter Fotograf, dessen Arbeiten in Fachmagazinen veröffentlicht und in der National Portrait Gallery in London ausgestellt wurden.

Trotzdem sah Vittoria dem anberaumten Fototermin mit gemischten Gefühlen entgegen. Er würde sie so fotografieren, wie ihr Großvater es wünschte, und er würde es gut machen. Trotzdem hätte sie die Sitzung am liebsten abgesagt oder dreist geschwänzt.

Gerade im letzten Jahr hatte sie sich im Palast zunehmend unwohl und gegängelt gefühlt. Nach dem tödlichen Jachtunfall ihres Vaters, als sie gerade mal elf war, hatte man sie als Thronerbin behandelt und quasi darauf trainiert. Und sie war ja auch bereit, als Königin ihrem Land und ihrem Volk zu dienen, doch jetzt drängten ihre Mutter und Großmutter sie, eine dynastische Ehe einzugehen … noch vor ihrer Krönung!

Dabei hatte sie heimlich davon geträumt, aus Liebe zu heiraten.

Rufus, ein Kommilitone, in den sie sich während ihres MBA-Studiums Hals über Kopf verliebt hatte, schien genau der Richtige zu sein. Er liebte sie um ihrer selbst willen, und nicht, weil sie Prinzessin Vittoria di Sarda von San Rocello war. Sie hatte gedacht, er würde sie bitten, ihn zu heiraten. Doch dann hatte er ihre Familie kennengelernt und schnell erfasst, dass ihr zukünftiges Leben quasi auf einer öffentlichen Bühne unter Flutlicht stattfinden würde. Danach hatte Rufus sich zurückgezogen, mit der Erklärung, er würde sie zwar lieben, könne sich aber nicht mit dem royalen Lebensstil abfinden.

Woraus sie für sich geschlossen hatte, dass Liebe und Pflicht unvereinbar waren.

Trotzdem konnte sie sich bisher nicht dazu durchringen, sich mit José zu verloben, dem Sohn eines spanischen Herzogs, den ihre Mutter und Großmutter für sie ausgesucht hatten. Ein paar Mal waren sie miteinander ausgegangen, hatten aber so gut wie nichts gemeinsam.

Doch die Zeit lief ihr langsam weg, und passende Partner waren leider rar. Sie musste eine Entscheidung treffen, und zwar schneller als gedacht, da ihr Großvater plante, zum Jahresende abzudanken.

Vittoria seufzte. Wenn sie doch nur für ein paar Tage fliehen könnte, um den Kopf frei zu bekommen. Um irgendwo in Ruhe und ohne Druck alles zu durchdenken …

Am nächsten Morgen machte sich Liam auf den Weg zum Palazzo Reale im Zentrum der Hauptstadt. Die hohen Fenster des riesigen Renaissancebaus wurden von Jalousien im selben Cremeton flankiert, den auch die massiven Mauern hatten. Über eine breite Marmortreppe gelangte man zum imposanten Eingangsportal aus schimmernder Bronze.

Liam überflog erneut die E-Mail mit den Anweisungen des Privatsekretärs Matteo Battaglia, begab sich pflichtschuldigst zum Sicherheitskontrollpunkt, um sich vorzustellen, durchlief dann das wahrscheinlich übliche Sicherheitsverfahren, bevor er von einer Hofwache zum Büro des Privatsekretärs geführt wurde.

„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mr. MacCarthy.“ Der Privatsekretär schüttelte ihm die Hand.

„Buongiorno, Signor Battaglia. Freut mich ebenfalls.“

Der Palastsekretär lächelte zustimmend und führte ihn zum Büro des Königs.

Liam erinnerte sich an das, was Izzy gesagt hatte, als er sie fragte, wie er ihre Familie ansprechen solle. Es sei dasselbe Protokoll wie bei der englischen Königsfamilie. Ihren Großvater beim ersten Mal Majestät und Vittoria Eure königliche Hoheit und danach Sir respektive Ma’am. Höflich wartete er darauf, dass der König zuerst sprach.

„Guten Morgen, Mr. MacCarthy.“ König Vittorio streckte ihm seine Hand entgegen.

„Buongiorno, Sua Maestà. Vielen Dank, dass Sie mich eingeladen haben.“

Die teilnahmslose Miene des Monarchen gab keinen Aufschluss darüber, was er dachte. „Prinzessin Isabella spricht geradezu hochachtungsvoll von Ihnen.“

„Das freut mich zu hören, Sir.“ All diese ungewohnten Formalitäten machten ihm den Kragen eng, zumal er äußerst selten Anzug und Krawatte trug.

Am liebsten hätte er ohne weitere Umstände einfach seine Kamera gezückt und sich der Aufgabe gewidmet, derentwegen er hier im Palast war.

„Izzy erwähnte allerdings auch, dass Sie einen furchtbaren Kaffee brauen“, fuhr Seine Majestät mit kaum wahrnehmbarem Augenzwinkern fort.

Nach dem ersten Schock entschlüpfte Liam ein Auflachen und das Eis war gebrochen. „Ich fürchte, meine Fähigkeiten als Barista bleiben tatsächlich weit hinter denen in der Dunkelkammer zurück.“

„Sie bevorzugen offenbar eher die traditionelle als die digitale Fotografie?“

Liam war ebenso überrascht wie erfreut über diese Fachfrage. „Eine Mischung aus beidem, Sir. Ich benutze zwar häufig eine Digitalkamera, aber meine Liebe gehört der analogen Technik. Die Entwicklung eines Films bis hin zum fertigen Abzug hat etwas Besonderes und lässt unzählige Varianten und Effekte zu.“

„In der Tat.“ König Vittorio nickte zustimmend. „Mir gefiel die Fotoserie, die Sie für den interessanten Artikel über Shakespeare-Schauspieler gemacht haben. Offenbar bewusst in Schwarz-Weiß gehalten, trotzdem oder gerade deshalb, unterstrichen sie noch die Charaktere der einzelnen Rollen.“

Das reichte, um Liam endgültig davon zu überzeugen, dass er den Job nicht nur wegen der Freundschaft seiner Schwester mit Izzy bekommen hatte. Der König hatte seine Arbeit tatsächlich gesehen und mochte sie. „Danke, Sir. Ich bat die Schauspieler, ihre Lieblingsmonologe vorzutragen, und machte die Aufnahmen, während sie deklamierten. Grundsätzlich sollte jedes Portrait seine ganz eigene Geschichte erzählen.“

Seine Hoheit machte ein unverbindliches Geräusch. „Meine Enkelin erwartet uns im Thronsaal. Kommen Sie, gehen wir zu Vittoria.“

Der gebieterische Ton ließ Liam zusammenzucken. Verlangte das Protokoll nicht, dass er hinter dem Monarchen ging? Vielleicht, wenn er als Kompromiss einen halben Schritt hinter Seiner Majestät …

Liam schulterte Stativ und Kamera und spazierte mit dem König durch endlose Gänge, wie es schien. Das Palastinterieur war fantastisch und obwohl er sich auf Portraits spezialisiert hatte, gab es unzählige aufregende und verlockende Motive, die er nur zu gern fotografiert hätte.

Die schwarz-weißen Marmorböden … die Seidenwandbehänge. Und er hätte darauf wetten können, dass es hier eine Flucht von Suiten gab, deren Türen so perfekt ausgerichtet waren, dass man durch alle Räume hätte hindurchsehen können, würden die Türen offen stehen.

Was für eine Vorstellung, eine Reihe von Portraits der Prinzessin zu schießen, eines in jedem Türrahmen …

Dann betraten sie den Thronsaal. Der rote Teppich war so dick, dass Liam bei jedem Schritt buchstäblich darin versank. Die Wände waren mit roter Damastseide bespannt, an den hohen Decken, die in Creme und Gold gehalten waren, hingen prachtvolle venezianische Kronleuchter, eine Symphonie aus schimmerndem Gold und Kristall.

An einer Wand hing ein Ölgemälde von König Vittorio neben Portraits verschiedener Personen, von denen Liam annahm, dass sie ehemalige Könige waren. Es gab einen weißen Marmorkamin mit einem Spiegel darüber, der die Kronleuchter reflektierte, und auf dem Sims eine reich verzierte Kaminuhr, flankiert von passenden Kandelabern.

Alles wirkte prachtvoll und sehr traditionell. Ein hier aufgenommenes Portrait würde eine sehr starke Botschaft aussenden.

Am Ende des Raumes auf einem erhöhten Podest standen zwei Thronstühle, in Gold und rotem Samt. Auf einem saß eine junge Frau, offenkundig in ein Buch vertieft.

Prinzessin Vittoria di Sarda.

„Vittoria, darf ich dir den Fotografen Liam MacCarthy vorstellen? Signor MacCarthy, das ist meine Enkelin, Prinzessin Vittoria“, sagte König Vittorio.

Gelassen erhob sie sich vom Thron, klappte ihr Buch zu und legte es hinter sich auf dem Sitz ab. Weder die Pressefotos noch Izzys Schnappschüsse wurden ihr gerecht. Vittoria di Sarda war absolut atemberaubend. Schaute man ihr in die Augen, drohte man unweigerlich, in deren geheimnisvoller violetten Tiefe zu ertrinken …

Liam öffnete den Mund, doch kein Ton kam heraus. Nicht gut.

Sie sollte ihn so kennenlernen, wie er normalerweise auftrat, als Vollprofi, nicht als Volltrottel. In seinem Beruf traf er ständig auf attraktive Frauen und im Privatleben hatte er sich ebenfalls oft genug mit ihnen verabredet, doch keine von ihnen hatte seinen Puls derart zum Rasen gebracht.

„Ich freue mich außerordentlich, Sie kennenzulernen, Sua Altezza Reale“, sagte er mit belegter Stimme.

Glücklicherweise hatten Izzy und ihr Leibwächter Pietro die letzte Woche hauptsächlich damit verbracht, seine italienische Aussprache zu schulen und ihm die wichtigsten Floskeln einzupauken.

„Meine Schwester hat viel von Ihnen erzählt, Mr. MacCarthy.“ Sie reichte ihm die Hand, und als er sie berührte, kribbelten seine Fingerspitzen wie verrückt und er hatte nicht die leiseste Ahnung, was er sagen sollte.

Das war verrückt! Okay, er war kein begnadeter Redner, aber versiert im Small Talk mit seinen Kunden, und verstand es bestens, ihnen die Nervosität zu nehmen und Sicherheit zu geben … eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen, die sie entspannte.

Doch wenn das hier so weiterging, würde er als die Wachsfigur enden, von der Izzy behauptete hatte, ihr Nonno würde Vittoria bevorzugt in dieser Pose abgelichtet sehen.

Liam riss sich zusammen. „Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, mich zu empfangen, Ma’am.“

„Andernfalls würde es Ihnen kaum gelingen, mein Portrait aufzunehmen?“

Neckte sie ihn, oder …? Ihre Miene war jedenfalls undurchdringlich, also war es wohl am besten, auf Nummer sicher zu gehen. „Mit Ihrer Erlaubnis, Ma’am, würde ich jetzt meine Vorbereitungen treffen.“

Nach ihrem knappen Nicken tat er das dann auch schweigend, aber weitaus weniger konzentriert als sonst. Zwischendurch musterte er sie immer wieder, um die richtige Ausgangsposition festzulegen.

Die Prinzessin war perfekt gekleidet für das formelle, altmodische Portrait, das Vittorio angefordert hatte, in einem weißen Haute-Couture-Kleid, kombiniert mit einem nachtblauen Samtmantel, einer glänzenden Schärpe und einem königlichen Abzeichen. Ihr Haar war sehr einfach gestylt, sie trug eine Tiara, dazu passende Ohrringe, Halskette und Armband … mit Diamanten in Tropfenform.

Wollte die Öffentlichkeit eine moderne Prinzessin so sehen … in dieser Aufmachung? Was verkörperte sie? Reichtum, Hochmut und Distanz? Oder wollte man etwas Wärmeres, Lebensnahes … das Abbild einer Frau, mit der man etwas gemein hatte.

Und schon sah Liam sich in einem Zwiespalt. Er wollte unbedingt ein anderes Foto machen als das gewünschte. Schärpe und Diamanten weg, dafür eine einreihige Perlenkette mit dazu passenden Ohrringen … ein Ensemble, das einen weicheren und reizvolleren Look abgab, wie Beatons Portrait von Elizabeth Taylor aus dem Jahr 1954 oder Karsh’ wunderschönes Grace-Kelly-Portrait von 1956.

Vielleicht könnte er sie zu einer zweiten Reihe von Portraits überreden. Zumal er Izzy versprochen hatte, mindestens ein Foto in dieser Art für sie zu schießen. Und wie viele für sich …?

Er wollte unbedingt die Frau hinter dem Prunk sehen. Die Frau, die sie versteckt hielt, deren Lächeln laut Izzy sogar den Sonnenschein in den Schatten stellte …

„Dann überlasse ich Sie jetzt Ihrer Arbeit“, sagte König Vittorio.

„Danke, Sir.“

„Grüßen Sie meine Enkelin von mir, wenn Sie zurück in London sind.“

„Natürlich … gern, Sir.“ Er wartete, bis der König den Thronsaal verlassen hatte.

Während er noch damit beschäftigt war sein Equipment zu installieren, vertiefte sich Vittoria erneut in ihr Buch, und als Liam das bemerkte, konnte er nicht widerstehen, einen Schnappschuss zu machen.

Ihr Kopf flog hoch, die zarten Brauen ein vorwurfsvoller Strich, „Warum haben Sie das getan?“

„Belichtungsprobe“, redete er sich geistesgegenwärtig heraus.

„Ich möchte Ihnen weder etwas unterstellen noch Sie beleidigen, Mr. MacCarthy, mache Sie aber darauf aufmerksam, dass keines der heutigen Fotos ohne Genehmigung der Pressestelle des Palastes veröffentlicht werden darf.“

Wow, sie ist wirklich königlich! dachte Liam. Allerdings eine Eisprinzessin ...

Wenn überhaupt möglich, war er jetzt noch interessierter an der Frau hinter der royalen Fassade – an der Frau, die Izzy ihm beschrieben hatte und die in ihrem Buch wie in einer anderen Welt versunken zu sein schien.

Es war eine Momentaufnahme gewesen, die ihn an seine Schwester erinnert hatte, als sie klein war: Saoirse, die sich voller Hingabe in einem Buch verlieren konnte … wie ihre Lieblingsmärchenprinzessin Belle.

„Natürlich, Ma’am.“ Und um sie zu beruhigen: „Der von mir unterzeichnete Vertrag sieht vor, dass alle Negative und Originaldateien Eigentum des Hauses di Sarda sind und nach Ihren Wünschen verwendet werden können. Rechte habe ich allein an den veröffentlichten Fotos.“

„Gut, dann bringen wir es hinter uns.“

Interessant, dachte er, und ziemlich ungewöhnlich. Eine Frau in ihrer Position, die auch noch kurz vor ihrer Krönung steht, müsste doch daran gewöhnt sein, fotografiert zu werden.

„Sobald wir die offiziellen Portraits aufgenommen haben, Ma’am, würden Sie mir erlauben, zusätzlich ein privates Bild für Izzy zu machen? Ich meine natürlich für Prinzessin Isabella.“

Ihre Augen verengten sich, dann schürzte sie die anbetungswürdigen Lippen. Was für ein Kussmund! Was für eine Verlockung …

„Izzy will ein Foto von mir haben?“, fragte Prinzessin Vittoria in völlig verändertem Ton.

Liam wusste, dass er ein Risiko einging, aber irgendetwas gab ihm den Mut, offen zu reden. „Eines, in dem Sie nicht wie … perdonami, wie aus einem Wachsfigurenkabinett wirken.“

Die Prinzessin lachte hell auf, und plötzlich wusste Liam, was Izzy gemeint hatte und warum sie ihre große Schwester anbetete. Und er wusste, dass er diese Frau fotografieren wollte, nicht die zukünftige Königin.

„Typisch Izzy!“ Jetzt unterzog sie ihren Fotografen einer gründlichen Musterung. „Der besten Freundin Ihrer kleinen Schwester.“

Liam nickte ergeben. „Okay, Ihr Security-Team hat ein Dossier über mich verfasst.“ Was ihn nicht wunderte, außer, dass auch sie sich die Mühe gemacht hatte, es zu lesen.

„Stimmt. Also … wollen wir mal sehen.“ Sie legte den Kopf schief. „Sie sind dreißig, unverheiratet, keinen Uni-Abschluss, da Sie sich gleich nach dem Abitur um Ihre kleine Schwester gekümmert und eine Lehre absolviert haben.“

Liam zuckte mit den Achseln. „Die Universität war keine Option …“ Doch dank Internetrecherche und Small Talk mit Izzy konnte er mit einer Retourkutsche reagieren. „Hat es Ihnen denn Spaß gemacht, in London zu studieren? Wollen mal sehen … Wirtschaftswissenschaften bis zum Master of Business.“

„Treffer. Offenbar haben Sie über mich auch ein Dossier.“

„Ich muss meine Klienten kennenlernen, damit ich ihnen gerecht werden kann“, erklärte er mit schwachem Lächeln. „Der Sinn eines Portraits besteht darin, eine Geschichte zu erzählen, um dem Betrachter zu zeigen, wer wirklich hinter dem Foto steckt.“

„Dio! Wie einschüchternd.“

„Nur wenn Sie etwas zu verbergen haben.“

„Halten Sie mich für Dorianna Grey?“

Ihr unerwarteter Anflug von Humor rührte ihn seltsam an. Sie hatten sich noch nie zuvor getroffen, und trotzdem war sie ihm seltsam vertraut … nur leider gleichzeitig unerreichbar. Er begegnete einem herausfordernden Blick aus diesen atemberaubenden violetten Augen und ihm rauschte sein Blut wie flüssige Lava durch die Adern. Plötzlich konnte er an nichts anderes mehr denken als daran, wie ihr weicher süßer Mund sich unter seinen fordernden Lippen öffnen und …

„Izzy liebt Sie sehr, wissen Sie das?“

„Und Saoirse liebt ihren großen Bruder.“

Ihm gefiel, dass sie den Namen korrekt aussprach: Sur-sha. „Sie ist ein Schatz.“

Vittoria hob eine Braue. „Sie hätten auf die Universität gehen können.“

Nicht nach Edinburgh, wo er studieren wollte. Fünf Monate vor seinem Abitur hatten Saoirse und er ihre Mutter durch einen Autounfall verloren. Wie hätte er seine kleine Schwester entwurzeln und in eine Stadt umsiedeln können, in der sie niemanden kannte? Zumal er zu beschäftigt gewesen wäre, um ihr zu helfen, sich richtig einzuleben. In ihrem Alter hatte sie es ohnehin schwer genug, weshalb er ihr Umfeld so stabil wie möglich hatte halten wollen. Also sollte sie in ihrem Hause und in der Schule bleiben, die sie kannte.

„Ich habe eine solide Ausbildung und viel Berufserfahrung. Ein Uni-Abschluss hätte mich nicht weitergebracht.“

„Die Pflicht ist Ihnen wichtiger als Ihre eigenen Bedürfnisse“, stellte Vittoria leise fest.

Wer außer ihm hätte die Verantwortung übernehmen sollen? Ihr Vater war gestorben, als Saoirse noch sehr klein war. Ihre Großeltern waren alt und pflegebedürftig oder verstorben. Trotzdem hatte er seine kleine Schwester nie als Last empfunden.

„Meine Schwester ist nicht meine Pflicht, sondern meine Familie“, sagte er leise und einen Moment lang sah er sich wieder diesem anderen, warmen Blick ausgesetzt, dann legte sich der königliche Schleier darüber. Aber nicht schnell genug, um den Ausdruck von Wehmut in ihren wundervollen violetten Augen zu verbergen.

Ob Izzy recht hatte, dass ihre Schwester nicht ihr wahres Ich zeigte? Aber warum? Weil sie ihre Familie liebte? Aus Pflichtgefühl? Nicht dass es ihn etwas anginge …

„Was steht noch in diesem Dossier über mich?“

„Dass Sie Schirmherrin verschiedener Wohltätigkeitsorganisationen sind.“ Ob sie die Auswahl der Charity-Projekte selbst getroffen hatte oder ihr Großvater, wusste selbst Izzy nicht zu sagen. Da war auch noch ihre Rolle als Thronfolgerin. „Dass Sie Ihren Vater sehr früh verloren haben …“ Wie er selbst. „Und Ihre Krönung bereits Weihnachten stattfinden wird“, fasste er angesichts ihrer angespannten Miene kurz zusammen.

„Nonno möchte baldmöglichst zurücktreten“, kam es leise zurück.

„Und Sie? Möchten Sie mit nur achtundzwanzig Jahren Regentin von San Rocello werden?“

Ihre Haltung straffte sich, die unverbindliche Maske war wieder an ihrem Platz. „Das spielt keine Rolle.“

Wie er selbst stellte sie die Pflicht vor ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Und auch sie traf diese Wahl aus Liebe zu ihrer Familie. Trotzdem wollte er wissen, was sie dachte, da es sich auf das Portrait auswirken würde. Vielleicht musste er andere Knöpfe drücken … unverbindlichere Themen ansprechen, um sein Ziel zu erreichen. Aber welche?

Auf keinen Fall ihr Liebesleben!

Obwohl die ständig präsenten Paparazzi sie über Jahre hinweg an der Seite diverser männlicher Begleiter abgelichtet hatten, schien sie keinen festen Partner zu haben. Und hatte Izzy nicht nebenbei irgendwas Nebulöses über ihre Mutter, ihre Großmutter und eine arrangierte Ehe verlauten lassen? Konnte ein Mitglied des Königshauses überhaupt eine Liebesheirat eingehen? Oder standen eher politische und andere gewichtige Gründe im Vordergrund? Keine uninteressanten Aspekte. Allerdings ging ihn das nichts an …

„Was lesen Sie da gerade?“

Da war sie wieder, die erhobene Braue. „Was denken Sie denn, was ich lese?“

Die Frage kam ihm wie ein Test vor, den er unbedingt bestehen wollte. Was konnte es sein? Ein Roman, ein Sachbuch, Gedichte, ein Theaterstück?

„Wären Sie Izzy, würde ich auf etwas Leichtes, Flockiges tippen. Ginge es um Saoirse, wäre es etwas Politisches. Wären Sie ich …“ Jetzt schaute er ihr direkt in die Augen