Tackled In - Luisa Luma - E-Book

Tackled In E-Book

Luisa Luma

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Beschreibung

Samantha, auch Sam genannt, zieht mit ihrer Familie um. Zusammen mit ihren drei Brüdern, versucht sie ihr Leben an der High-School zu meistern. Ihre Leidenschaft ist Sport, aber nicht irgendein Sport, nein, American Football. Während Sam versucht ihr altes Leben wieder aufzubauen und ins Team zu kommen, liegen ihr viele Steine im Weg. Und einer dieser Steine hört auf den Namen Luke. Badboy und ein Freund ihrer Brüder. Luke versucht zu verhindern, dass sie fest ins Team kommt. Streitereien vorprogrammiert. Aber was passiert, wenn die beiden anfangen nicht mehr ohne einander zu können? Und was, wenn er die einzige Person wird, die Sam helfen kann? Wird sie diese Hilfe annehmen können? Oder wird sie an allem zu Grunde gehen?

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Seitenzahl: 572

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Für alle, die Tackled In

zu dem gemacht haben,

was es ist.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Umzug

Erster Tag

Back in the Game

The Next Day

Das Kennenlernen

Back in New York

Filme und Rache

Training und Muskelkater

Try-Outs

Probetraining

Die Wahrheit?

Austin

Der Morgen danach

Der Schwur

Es ist offiziell

Dieses Feeling

Alltag

Sturmfrei

Die Party

Nicht nachdenken

Es geht weiter

Noah

Weihnachten

Back in Florida

Erster Schultag

Das Wiedersehen

Der Prozess

Epilog

PROLOG

LUKE

Mein letzer Schultag für dieses Schuljahr ist vorbei. Endlich kann ich nach Hause und meine Koffer packen. Morgen geht es los in den Urlaub mit meinem Dad und meiner Mum. Wir fahren nicht weit weg, denn wir können nicht fliegen, wegen Mum. Ihr Arzt meint sie soll nicht fliegen, während sie schwanger ist. Meine Tasche fliegt in die Ecke neben unserer Eingangstür und ich rufe ins Haus hinein, dass ich Zuhause bin.

"Mum, ich bin Zuhause!" Sie antwortet mir nicht also suche ich nach ihr in der Küche. Ein Topf mit kochenden Nudeln steht auf dem Herd, aber Mum entdecke ich nirgendwo. Meine Suche nach ihr geht weiter im Wohnzimmer, doch auch dort ist keine Spur von ihr.

Schulterzuckend gehe ich nach oben zu meinem Zimmer, bis ich Stimmen aus dem Schlafzimmer höre.

"Was soll das heißen, du kannst nicht mitfahren? Luke freut sich abgöttisch, dass er mal wieder Zeit mit dir verbringen kann", fragt Mum mit zerbrechlicher Stimme.

"Kirsten, ich habe heute einen Brief bekommen. Sie ziehen mich ein." Sie ziehen ihn ein? Was zum Teufel, soll das bedeuten?

"Was?"

"Ich werde in einer Woche losmüssen. Ich kann nichts dagegen tun." Er geht weg? Aber das geht doch nicht!

"Wie lange?", fragt Mum unter Tränen.

"12 Monate", antwortet Dad tonlos.

Nein! Nein! Er kann nicht gehen! Er ist mein Dad, das geht nicht!

"Ich bin schwanger, Marcus! Ich bekomme in sechs Monaten ein Baby. Wie stellst du dir das vor? Was soll ich Luke sagen?", ruft Mum und ich höre ihr lautes Schluchzen und Dads Versuch sie zu trösten.

"Wie wär's mit der Wahrheit?", frage ich emotionslos und trete ins Zimmer. Die beiden schweigen. Sauer gehe ich in mein Zimmer.

"Luke!", ruft Dad und will mir folgen, aber ich schlage ihm die Tür vor der Nase zu.

"Lass mich in Ruhe!"

"Luke, bitte, ich kann doch nichts dagegen machen! Bitte, öffne die Tür."

"Nein! Du hast es versprochen! Du hast gesagt wir würden wegfahren und jetzt verschwindest du einfach. Lass mich in Ruhe!", schreie ich und beginne mein Zimmer auseinander zu nehmen. Was soll ich denn tun? Ich bin gerade mal sechszehn, ich komm damit nicht klar! Ich brauche doch meinen Dad!

"Bitte, Luke. Ich kann doch nichts dafür. Es ist mein Job. Was soll ich denn tun? Willst du auf der Straße leben? Ich kann nicht nein sagen.", versucht es mein Dad, aber ich will das nicht hören. Ich will nicht hören, dass er gehen muss. Ich will nicht, dass er geht.

"Lass mich einfach und geh."

"Bitte, Champ, lass mich rein", bittet Dad. Ich mache nicht auf.

Die nächste Woche komme ich kaum aus meinem Zimmer. Nur zum Essen oder um auf die Toilette zu gehen. Meine Eltern versuchen an mich heran zu kommen und mit mir zu reden, aber ich ziehe mich zurück und verkrieche mich in meinem Zimmer. So habe ich mein Leben lang Stress bewältigt. Erst nehme ich mein Zimmer auseinander und dann verkrieche ich mich dort drinnen. So war das schon immer. Das wissen meine Eltern.

Heute Mittag wird er gehen. Er wird mich mit meiner schwangeren Mum und meinen Problemen alleine lassen. Obwohl ich genau weiß, dass er nichts dafür kann, gebe ich ihm die Schuld. Bringen tut mir das aber trotzdem nichts.

"Luke?", mein Dad klopft an meine Tür. Ich öffne sie und betrachte ihn. Er trägt seine Uniform, bereit zu fliegen.

"Sir."

"Sag das nicht so. Bitte nicht", fleht er mich an.

"Es tut mir so leid, Dad. Ich wollte nicht, ich bin nur so-" mir fällt kein passendes Wort ein.

"Sauer? Enttäuscht? Das versteh ich doch, Champ. Komm her." Er breitet seine Arme aus und ich lasse mich hineinfallen.

"Ich werde dich vermissen, Dad."

"Und ich dich erst! Willst du mit zum Flughafen? Oder willst du hier bleiben?"

"Ich würde gerne mit", gebe ich leise zurück und umarme ihn fester.

Auf dem Weg zum Flughafen laufen meiner Mum die Tränen in Sturzbächen die Wangen hinunter. Ich will sie nicht so sehen. So verweint und am Ende. Die Fahrt ist viel zu kurz und mir bleibt immer weniger Zeit mit meinem Vater. Endlich realisiere ich, dass er wirklich gehen muss. Das hier ist kein böser Traum, das ist die pure Realität und diese Realität nimmt mir meinen Vater für die nächsten zwölf Monate. Die Flughafenhalle, des NAVY Airports ist gefüllt mit Familien von Soldaten. Ich erkenne keinen von ihnen. Jetzt geht es los, jetzt wird mir mein Vater genommen.

"Ich muss jetzt gehen", bemerkt mein Dad.

"Bitte, bleib hier", flehe ich ihn an.

"Luke, das geht nicht, das weißt du doch."

"Bitte!"

"Das geht nicht. Ich muss gehen, das ist mein Beruf ich habe mich verpflichtet, das zu tun."

Ich nicke, denn schließlich verstehe ich, dass er nicht einfach hierbleiben kann.

"Kirsten, ich liebe dich!", sagt mein Dad an meine Mum gewandt.

"Ich liebe dich auch, Marcus. Komm heil wieder zurück und melde dich bei uns. Versprich mir das!"

"Ich verspreche es."

Sie küssen sich lang und innig, es ist beinahe peinlich dabei zuzusehen.

"Komm her, Champ. Ich liebe dich, Großer! Pass auf deine Mum und das Baby auf, bis ich wiederkomme, okay?"

Ich nicke und versuche meine Tränen zurückzuhalten, schaffe es aber nicht. Als mein Dad mich fest in den Arm nimmt, beginne ich laut zu schluchzen und meine Tränen kennen kein Halten mehr. Er löst sich wieder von mir, aber ich will ihn einfach nicht gehen lassen.

"Bitte, bleib hier, Dad!", flehe ich und lasse mich auf die Knie fallen, als er geht.

Er dreht sich um, aber er verschwindet dann hinter den Glastüren des Flughafens. Er ist endgültig weg! Ich habe die ganze Woche nicht geweint, habe die Gedanken an sein Verlassen nicht zugelassen und jetzt stürzt alles auf mich ein. Ich weine haltlos, und brülle wie ein Kleinkind nach meinem Vater, der aber nicht wiederkommt.

Jetzt bin ich auf mich gestellt. Ab jetzt bin ich der Mann im Haus und ich muss mich um meine Mum und mein Geschwisterchen kümmern, wenn es da ist. Ich muss ab jetzt stark sein, stärker als zuvor!

UMZUG

SAM

Kopfhörer rein und einfach diese Stille genießen. Okay, was heißt Stille, meine Musik hat mittlerweile die maximale Lautstärke erreicht. Und endlich habe ich es erreicht, dass ich kein dummes Geplapper mehr hören muss. Nicht von meinen Eltern, die versuchen mir den Umzug schmackhaft zu machen, nicht von einem meiner großen Brüder, der mit seiner dämlichen Freundin telefoniert. Und wenn ich dämlich sage, meine ich auch dämlich. Ich weiß echt nicht was mein Bruder Phil an dieser miesen Intrigantin findet. Ich vermisse Fabi. Er ist der Älteste meiner drei Brüder. Er war bereits vor ein paar Wochen zum neuen Haus gefahren und hatte sich um alles gekümmert. Mein Dad ist bei den Marines, was auch der Grund ist, warum wir bereits das zweite Mal umziehen. Von Jacksonville, Florida, nach New York und von dort aus geht es jetzt weiter nach Boston. Aber dieser Umzug wird für immer sein - oder zumindest bis ich die High-School in zwei Jahren abschließe und aufs College gehe.

Leider bin ich mit meinen sechzehn Jahren das Nesthäkchen der Familie, auch wenn mein Zwillingsbruder Jack nur acht Minuten älter ist. Diese acht Minuten machten, laut meiner Brüder, einen riesen Unterschied. Und sie ließen den Beschützerinstinkt der drei aufflammen wie ein Leuchtfeuer. Ich hatte schon immer eine enge Verbindung zu meinen Brüdern und ihre Art auf mich aufzupassen, verstärkte diese Verbindung noch.

Phil ist unser Sandwichkind und liegt mit seinen 17 Jahren zwischen uns Zwillingen und Fabi. Trotzdem hängt er immer mit Fabi und seinen Freunden ab, als wäre er in ihrem Alter.

Meine Brüder sind alle footballverrückt. Fabi der Quarterback, und das an jeder Schule, an der er bisher war. Phil und Jack die in jedes Team mit Kusshand aufgenommen werden. Die typischen Sportler eben. Und das merkt man schon, wenn man ihre Körper sieht. Ich meine klar, ich sollte das vielleicht nicht über meine eigenen Brüder sagen, aber es ist einfach so. Sie sind heiß. Ein Gutes hat die neue Schule ja auch. Es würde ein neues Team bedeuten und eine neue Gemeinschaft an Leuten, die das gleiche lieben wie ich. Es scheint in der Familie zu liegen, aber auch an mir ist das Footballgen nicht vorbeigegangen. Seit ich klein war, spiele ich Football und das ziemlich gut. Die kleine Geheimwaffe des Teams, hatte mein Coach immer gesagt. Hoffentlich klappt es mit dem neuen Team. Denn ich will auf keinen Fall meinen Lieblingssport aufgeben.

Aber nun mal zum eigentlichen Problem: der Umzug. Der nur durch den Job meines Dads zustande Gekommen ist. Meine Mum ist Architektin und arbeitet glücklicherweise von Zuhause aus. So ist wenigstens einer da. Ich sitze jetzt schon seit vier Stunden im Auto und versuche den Gesprächen zu entgehen. Ich habe einfach keine Lust auf den Umzug. Trotzdem kann es mein geliebter Zwillingsbruder nicht lassen und geht mir permanent auf die Nerven. Er piekt mir schon seit fast 10 Minuten in die Seite oder den Oberarm. Gott wie kann man so nerven, fragte ich mich selbst. Aber anscheinend ist es wichtig, denn er traut sich wirklich mir meine Kopfhörer aus den Ohren zu ziehen.

"Hey, geht's noch?! Was willst du?", knurre ich ihn gereizt an.

"Hör doch mal zu, Sammy!", antwortet er augenrollend und deutet auf Phil, der sich mit seiner Freundin stritt. Typisch Amy!

"Vergiss es Amy! Es Ist aus!" Meint er das ernst? Gott, ich liebe meinen Bruder gerade dafür. Endlich schießt er dieses Mädchen ab. Amy war echt eine Zumutung, aber die ist jetzt anscheinend Geschichte. Phil legte auf und fährt sich gestresst durch seine dunkelblonde Mähne. Die hat er von meinem Dad. Genau wie Fabi. Ich und Jack haben dagegen die hellblonden Haare meiner Mum geerbt. Ich sah ihn grinsend an. Er war selbst schuld, wenn er sich ein Mädchen wie Amy anlachte. Wenn er nicht so ein Playboy wäre, hätte er jetzt diese Diskussionen nicht.

"Sammy, warum grinst du so blöd?", blaffte mich Phil an.

"Ich bin stolz auf dich Großer", gab ich lachend zurück und grinste weiter vor mich hin. Er dagegen rollt nur mit den Augen und dreht sich von mir weg, um aus dem Fenster zu gucken. Ich weiß es ist krank sich über die Trennung des eigenen Bruders so dermaßen zu freuen, aber ich konnte seine Freundin Amy einfach nicht mehr ab. Erst war sie noch nett, war sogar eine gute Freundin von mir. Bis sie meinen Bruder rumgekriegt hat. Ab da war sie nur noch nett, wenn mein Bruder dabei war. Am Anfang hat mich das fertig gemacht - heute ist es mir einfach nur noch egal. Ich habe meine wahren Freunde, die mich wegen meiner Persönlichkeit mögen und nicht, weil sie meinen Bruder heiß finden. Auch wenn die meisten meiner Freunde männlich sind. Ich meine, was kann man denn schon erwarten, wenn ich an meiner alten Schule als einziges Mädchen in der Jungenmannschaft gespielt habe? Da ist es doch irgendwie klar, dass meine meisten Freunde die Jungs aus der Mannschaft sind. Ich vermisste die Jungs jetzt schon. Leicht lächelnd denke ich an die Abschiedsfeier, die sie für uns geschmissen haben. Wir waren wie eine Familie. Es war als hätte ich noch zwanzig Brüder mehr bekommen! Brüder, die ich jetzt wieder verlassen musste.

Ich fragte mich, ob ich in das neue Team kommen würde. Ich war zwar ganz gut, aber immer noch ein Mädchen. Und genau das könnte zu einem riesigen Problem werden, wenn jemand was dagegen hatte.

Ich sah wieder aus dem Fenster, hörte weiter Musik und dachte daran wie es wohl dieses Mal sein wird die Neue zu sein. Allmählich nickte ich mit dem Kopf an der Schulter meines Bruders ein. Ich bekam gar nicht mit das wir anhielten, bis Jack mich geradewegs aus dem Auto schubste. Und damit meine ich nicht einen kleinen Stups so dass ich merke, dass wir da sind. Nein, mein dämlicher Bruder machte die Tür auf und schubst mich so, dass ich, unter einem schrillen Schrei mit einem hohen Bogen aus dem Auto fliege, genau vor die Füße von jemandem. Nur mit einem Top und einer kurzen Hose bekleidet, kam ich auf der betonierten Einfahrt unseres neuen Hauses zum Liegen. Mein Ellenbogen brannte schmerzhaft und ich sah das Blut an meinem Arm herunter tropfen.

"Scheiße! Jack spinnst du?" motze ich ihn an und interessiere mich null Komma null, für die Person vor der ich gerade liege. Doch mein Bruder lacht sich nur schlapp und kurze Zeit später steigt auch Phil in das Gelächter mit ein. Und noch jemand lacht, jedoch nur unterdrückt. Wie feige, denke ich genervt. Ich stehe wieder auf und versuche mir meinen Arm anzusehen.

„Sam, entspann dich doch mal. Das ist nur ein kleiner Kratzer. Du hast schon wesentlich schlimmeres überlebt.", rief Phil mir zu, während er sich meinen Arm ansieht. Er hat Recht, ein blutiger Ellenbogen ist nichts gegen eine ausgekugelte Schulter. Aber auch, wenn es nur ein Kratzer ist, brennt es höllisch. Jetzt will ich aber wissen wer da vorhin so kleinlaut gelacht hat. Ich meine, wenn man schon lacht, dann sollte man nicht so ein Feigling sein und sich nicht trauen richtig zu lachen. Ich drehte mich um und stockte in meiner Bewegung.

Ich meine, meine Brüder sind schon gut gebaut und sehen echt verdammt gut aus, aber der Typ der da vor mir stand, bringt den Begriff 'gutaussehend' in eine andere Dimension!

Seine dunkelblonden Haare hat er in einem Undercut geschnitten und hochgegelt. Seine Augen sind hellgrün und strahlen mich belustigt an. Man sieht, dass er ziemlich gut trainiert ist. Der macht sogar fast Fabi Konkurrenz, und der trainiert täglich.

„Hey, Sam! Noch da?" Fabi, der mittlerweile aus dem Haus gekommen ist, fuchtelt mit seiner Hand vor meinem Gesicht rum. „Eh..was? Ja." Ich schüttele meinen Kopf um meine Gedanken auf das wesentliche zu lenken. Noch immer fuchtelt er mit seiner Hand vor meinem Gesicht herum. Ich schlage sie weg und sehe ihn böse an. Mein Bruder, den ich seit zwei Wochen nicht gesehen habe steht vor mir und ich hab nichts besseres zu tun, als diesen Typen anzuschmachten. Ich springe ihm auf den Arm und wickele meine Beine um seine Hüfte. Damit hatte er nicht gerechnet, denn er verliert fast das Gleichgewicht.

„Woah. Sammy, nicht so stürmisch." Er lachte und schlang seine Arme um meinen Oberkörper, um mich zu umarmen. Ich hatte ihn vermisst.

"Sorry, musste sein", kichere ich vor mich hin und springe von seinem Arm. Ein Räuspern lässt uns aus der gewöhnten Situation fahren und wir drehen uns gleichzeitig zu dem Typen mit den unglaublich tollen Augen um.

„Sorry, Luke, cool, dass du da bist", sagt Fabi zu dem Typen, der anscheinend Luke heißt und gibt ihm diesen typischen Handschlag, den Jungs immer zur Begrüßung machten. Also kennt mein Bruder ihn. Positiv für mich, das heißt, dass ich ihn wohl noch öfter sehen werde.

„Kein Ding Mann, aber wer ist die Schnecke?" Schnecke? Alter hat der ein Mundwerk. Ich ermahnte mich selbst für meine Gedanken. Kann mir doch egal sein, wie dieser Typ redet.

„Sam, mein Kumpel Luke. Luke meine kleine Schwester Sam.", stellt Fabi uns vor. Luke lässt seinen Blick unauffällig über meinen Körper fahren und grinst mich pervers an.

„Alter, nichts da. Das ist meine kleine Schwester, such dir ein anderes Spielzeug okay?" Wow, Spielzeug also. Gut zu wissen, wie Luke über Mädchen denkt. Jetzt weiß ich, dass ich mich von ihm fernhalten werde.

„Sorry, Fabi, aber du musst schon zugeben sie ist nicht gerade hässlich." Oh der feine Herr hat mich grad ein Kompliment gemacht. So ein freundlicher Mensch, denke ich sarkastisch.

Das Benehmen passt zum Aussehen. Das sind mir ja die liebsten. Die, die wissen, dass sie gut aussehen und denken, dass das alles ist was zählt. Sie benehmen sich wie die Axt im Wald. Aber egal, ich bin ja nicht hier um über Luke zu philosophieren.

„Ja, ich geh dann mal, mein Zimmer und den Fitnessraum suchen und so." Damit drehe mich um und suche kurz den Vorgarten nach meinem Dad ab. „Als ob du einen Fitnessraum nötig hättest, Süße."

Klar, dass der Spruch nur von Luke kommen konnte.

„Okay, nenn mich noch einmal Süße und es knallt und wenn du jetzt 'nen Spruch raushaust, wie 'als ob du mir was tun könntest', frag deinen Kumpel da neben dir, wo der Letzte, der mir blöd kam, gelandet ist. Und wenn du das weißt, dass kannst du dir sicherlich denken warum ich in den Fitnessraum gehe. Bestimmt nicht um meine Fingernägel zu lackieren." Mit den Worten stiefele ich in Richtung Haus. Im Hintergrund höre ich Luke Fabi fragen: „Wo ist der letzte gelandet?" Die Antwort von Fabi war nur „Krankenhaus." Ich konnte den verwirrten Blick von Luke förmlich spüren. Wenn der wüsste...

Mit wachsender Freude laufe ich durch unser neues Haus. Es kommt mir vor wie ein Palast, den ich gerade erkundete. Alle Zimmer sind bereits möbliert und nur das Wohnzimmer und die Schlafzimmer sind noch mit den Umzugskisten zugestellt. Ich sehe mich zwar um, doch eigentlich interessieren mich nur zwei Räume in diesem riesigen Haus. Mein Zimmer und der Fitnessraum. Aber zuerst mal mein Zimmer. Ich machte mich auf die Suche, doch ich musste zugeben ich habe mich fast verlaufen. Wie auch nicht? Ich meine dieses Haus hat gefühlte hundert Türen, die mal in ein Bad, mal in ein Schlafzimmer und mal zu irgendwelchen anderen Räumen führten. Nur mein Zimmer habe ich bis jetzt noch nicht entdeckt. Nach dem ich die komplette untere Etage abgesucht habe, ohne eine Spur auf mein Zimmer, mache ich mich auf den Weg die große Steintreppe hinauf in die nächste Etage.

Okay, wenn ich nicht sofort mein Zimmer zu sehen kriege, dann platzt mir der Kragen. Gerade öffne ich eine Türe zu meiner Linken, als ein „Alter, kannst du nicht anklopfen?!“ die Stille um mich herum zerreißt. Als ich den Kopf durch die Tür stecke um herauszufinden, warum Phil mich so dumm von der Seite angeht, wünsche ich mir bereits ich hätte es nicht getan, denn mein Bruder steht nackt im Zimmer. Und mit nackt, meine ich wirklich komplett nackt. Wahrscheinlich ist er gerade duschen gewesen, denn seine Haare hängen ihm noch nass in die Stirn.

Mit einer schnellen Bewegung ziehe ich meinen Kopf aus der Tür und mache mich peinlich berührt wieder auf die Suche nach meinem eigenen Zimmer. Jetzt weiß ich wenigstens, wo sich das Zimmer meines Bruders befindet. Obwohl, von mir aus hätte ich auch auf diese Information und die damit verbundenen Bilder verzichten können. Die nächsten Türen, öffne ich nicht bevor ich geklopft habe, denn noch so eine Szene muss echt nicht sein. Ich finde zwei Badezimmer, die Zimmer meiner anderen Brüder, ein Ankleidezimmer und einen Raum zum Zocken mit Heimkinoanlage. Der zuletzt erwähnte Raum, ist das reinste Paradies für Zocker. Eine Playstation und eine X-Box angeschlossen an einen Plasmafernseher, der den Großteil der einen Wand einnimmt und eine extrem große Sammlung an Spielen und Filmen, die eine komplette Wand verdeckte. Ich kann überhaupt nicht nachvollziehen, warum Phil auf seine X-Box bestanden hat. Er benutzt sie sowieso nicht mehr. Schulterzuckend drehe ich mich wieder um. Als ich dann auch die Türe wieder schließe, werde ich sauer.

Sie können ja schlecht mein Zimmer vergessen haben. Ich meine, das kann gar nicht sein. Ich renne die Treppe hinunter und bleibe in der Tür zu der großen Küche stehen. Mit wütendem Blick mustere ich meine Eltern die zusammen mit meinen Brüdern und Luke am Esstisch sitzen. Toll, wieso muss dieser Trottel immer noch hier rumlungern.

„Hey Schätzchen, was guckst du denn so grimmig?“, fragt meine Mum und will mich in den Arm nehmen. Doch ich schlug ihre Arme weg.

„Nix Schätzchen.“

„Uhh die Kleine wird zur Kratzbürste.“, kommt es aus der Essecke und ich erkenne diese tiefe, aber doch so heiße Stimme. Nein, streicht das heiß. Luke fing sich für den Kommentar eine Schelle in den Nacken ein. Klar, Fabi hasst es, wenn sich jemand über mich lustig macht, seine Begründung dazu ist immer, dass er als mein Bruder Geburtsrecht darauf hat und kein Außenstehender.

„Halt deine vorlaute Fresse, Luke! Kann es sein, dass ihr irgendwas vergessen habt? So ein Zimmer für eure Tochter oder so?“, gab ich halb knurrend halb hysterisch schreiend von mir.

„Prinzessin, beruhig dich doch mal, wir haben dich doch nicht vergessen“, kam es von meinem Vater.

„Sam, krieg dich wieder ein! “, rief Jack mir genervt zu und handelte sich damit einen Killerblick von mir ein.

„Krieg du dich doch wieder ein!“, gab ich bissig zurück.

„Würde ich ja, aber.“ Diesen bissigen Unterton hatten alle in unserer Familie, nur meine Mum nicht.

Nach einem Killerblickaustausch zwischen mir und meinem Zwilling, den ich ganz klar gewonnen habe, renne ich aus dem Haus und schnappte mir auf dem Weg nach draußen noch mein Longboard, dass jemand neben der Tür abgestellt hat.

Fabi ruft mir noch hinterher doch ich setze mir meine Kopfhörer, die um meinen Hals hängen, auf und schaltete die Musik so laut es geht. Mit einem Mal ist meine Außenwelt ausgesperrt. Ein schönes Gefühl, wenn ihr mich fragt. Einfach alles um sich herum vergessen und sich frei fühlen. Mit meinem Longboard unter den Füßen erkunde ich meine neue Wohngegend. Eigentlich ganz schön hier, denke ich während ich die Häuser betrachte. Die Umgebung und die Musik helfen ein wenig dabei meine Laune aufzubessern, doch die Wut die ich zuhause noch gespürt habe, verwandelte sich bei dem Song ‚If I die Young' von 'The Band Perry‘ in Traurigkeit und Enttäuschung, gefolgt von Zweifeln.

Vielleicht habe ich es echt übertrieben und meine Eltern hatten mich gar nicht vergessen. Ich bereue meine Reaktion, aber so war ich schon immer. Einfach zu schnell auf hundertachtzig. Das liegt nur daran, dass ich seit fast acht Wochen keinen Football mehr gefangen, geschweige denn angefasst habe.

Nachdem ich immer wieder darüber nachdenke, was wohl wirklich mit meinem Zimmer ist, fahre ich nach Hause zurück. Ein Hoch auf Handys mit Navigations-App. Ohne die hätte ich mich bestimmt hundert Mal verlaufen. Boston ist halt keine Kleinstadt.

Schon von Weitem kann ich unser großes Haus erkennen und in meinem Magen breitet sich ein mulmiges Gefühl aus. Meine Eltern werden bestimmt nicht einfach darüber hinwegsehen, dass ich ohne ein Wort gegangen bin.

Umso erstaunter bin ich dann, dass meine Eltern sich bei mir entschuldigten. Okay, sie sollten sich entschuldigen, wegen der ganzen Zimmergeschichte, aber als ich ihnen dann in das Wohnzimmer folge und sehe was sie mir zeigen wollen, bekommt mein schlechtes Gewissen das Gewicht eines ganzen Gebirges.

Vor mir ist eine weitere Treppe, die in ein Apartment über der Garage führt- Kein Wunder, dass ich mein Zimmer nicht gefunden habe. Jetzt fühle ich mich wirklich schlecht, weil ich vorhin so ein Palaver gemacht habe und ich entschuldige mich gefühlte millionen Mal bei meinen Eltern.

„Wow!", staune ich, als ich das Apartment erkunde. "Mum, Dad? Es tut mir wirklich leid, dass ich so ausgetickt bin vorhin.“

„Ach Spätzchen, das macht doch nichts. Wir hätten dir einfach von Anfang an sagen sollen, dass du nicht mit den Jungs auf einer Etage wohnst“, bedauert meine Mum.

„Trotzdem. Vielen Dank für das Apartment und das alles.“

„Gern geschehen Prinzessin.“, mischt sich mein Dad ein.

Er hält mir den Schlüssel vor die Nase und ich ergreife ihn sofort. Ich gehe weiter in das Apartment und sehe mich um. Alles ist in hellen Farben gehalten, genau wie auf der Etage meiner Brüder. Das Apartment besteht aus einer kleinen Küche, einem Wohnzimmer mit cremefarbener Couch und einem kleinen Bad mit WC und Dusche. Weiter durch, ist ein Extrazimmer mit meinem Bett und einem begehbaren Kleiderschrank. Mein Reich.

Schnell renne ich wieder zu meinen Eltern, um ihnen zu danken. Sie warten draußen und sehen mich grinsend an, als ich ihnen um den Hals falle.

„Oh Mein Gott, Ihr seid die besten Eltern der Welt! Aber das war doch bestimmt Irre teuer!“, ich war happy und das konnte man meiner Stimme anhören.

„Für dich und deine Brüder ist uns nichts zu teuer, Prinzessin.“, sagt mein Dad, während er mir einen Kuss aus die Stirn drückt.

„Deine Sachen haben wir schon eingeräumt, bis auf die zwei Kisten, die wir erst heute mitgenommen haben. Die sind aber schon in deinem Schlafzimmer“, lächelt meine Mum. Ich bin gerade der glücklichste Mensch der Welt.

„Macht es euch was aus, wenn ich jetzt schlafen gehe? Der Tag war echt anstrengend", fragte ich und das Gähnen am Ende, verstärkt nur noch den Effekt meiner Worte.

„Aber klar, falls du noch was brauchst sag Bescheid okay?“

Ich nicke und mir kommt ein Gedanke. Ich habe doch vorhin noch ein weiteres Zimmer gesucht.

„Dad?“

Er dreht sich wieder zu mir, als er und Mum schon auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer sind.

„Ja?”

„Wo ist der Fitnessraum?“

„In deinem Keller, also in der Garage. Wir dachten, dann gibt es keine Streitereien zwischen euch."

„Cool! Aber ich geh jetzt wirklich ins Bett. Gute Nacht.“

„Schlaf gut Kleines", antworten mein Dad und meine Mum gleichzeitig. Ich wurde mir meiner Müdigkeit wieder bewusst und meine Füße trugen mich so gut wie von selbst in mein Schlafzimmer.

ERSTER TAG

„Sam, jetzt steh auf! Wir kommen sonst zu spät.", schreit Fabi. Was will der denn jetzt? Erst viel zu spät realisiere ich was er gesagt hat, denn schon werde ich von drei Leuten in die Matratze gedrückt. Durch das plötzliche Gewicht auf mir, wird die Luft aus meinen Lungen gepresst.

„Oh... Ihr Fettsäcke geht gefälligst runter!", kommt es gedrückt von mir. Zum Glück stehen die drei schnell wieder von mir auf. Sie stellen sich in einer Reihe vor meinem Bett auf und sehen mich mit einem Blick an, der nur sagte: 'Ist das dein Ernst? Bevor ich auch nur auf diesen Blick reagieren konnte, ziehen meine Brüder ihr Shirt hoch und geben den Blick auf ihren durchtrainierten Bauch frei.

„Also ich glaube nicht, dass man das als Fett bezeichnen könnte", sagt Phil während er auf seinen Körper weist. Wie Luke wohl unter seinem Shirt aussieht, frage ich mich selbst. Keine Ahnung woher diese Gedanken kommen, aber das muss sofort aufhören!

„Jungs? Ich finde es ja wirklich schön, wie ihr euch für euch selber einsetzt, aber ich muss mich jetzt fertigmachen, also bitte." Mit einer wedelnden Handbewegung scheuche ich sie weg und steige aus dem Bett. Dabei kommt mir eine Idee!

„Hey, Jungs!"

Sie sind bereits auf dem Weg aus der Tür raus, doch sie drehen sich noch mal um und sehen mich fragend an. Ich ziehe mein Top nach oben und zeige auf meinen trainierten Bauch, ich habe zwar kein so ausgeprägtes Sixpack wie die drei Grazien vor mir, aber man sieht die Ansätze.

„Das ist ein schöner Bauch ne?"

Sie verdrehen die Augen, fangen aber keine Minute später an zu lachen.

„Mach dich jetzt fertig oder willst du gleich am ersten Tag zu spät kommen?"

„Ist ja gut, ich bin schon fast fertig. Ich komm gleich runter."

Sie nicken und machen sich wieder auf den Weg nach unten.

So jetzt erst einmal duschen. Ich laufe ins Bad und schäle mich aus meinem Top und der Schlafshorts. Sobald ich das angenehm warme Wasser auf meinen Schultern spüre, werde ich wacher. Ich bin nicht so der Typ für extrem lange Duschen, also bin ich, nachdem ich mir meine Haare gewaschen und mir meinen Körper mit meinem Lieblingsduschgel - mit Zitronenduft - eingeseift habe, bereits fertig. Mit einem Handtuch um den Körper laufe ich zurück in mein Schlafzimmer und ziehe mir schnell Unterwäsche an. Ich steuere auf die Tür links von mir zu und befinde mich, nach dem Öffnen der Tür, im Himmel.

Vor mir befindet sich ein kleiner begehbarer Kleiderschrank. Jetzt stellt sich nur eine Frage. Was zieh ich an? Scheiße, die Auswahl ist viel zu groß. Ich will nicht overdressed sein, aber auch nicht underdressed. Ich brauche Hilfe. Schnell laufe ich zu meinem Bett beziehungsweise zu meinem Nachttisch und schnappe mir mein Handy. Jetzt brauche ich die Hilfe von Christian, meinem besten Freund. Der wird mir schon helfen können.

Nach dem dritten Klingeln nimmt er endlich ab.

„Hey, Sweetie-Sam, was geht ab? Wie ist das Haus?"

„Wie soll ich sagen, ich habe irgendwie mein eigenes Apartment bekommen. Meine Eltern waren der Meinung, ich bräuchte mal ein wenig Ruhe vor den Chaoten und jetzt wohne ich über der Garage. Oh und ich brauch dringend deine Hilfe."

„Okay, Krass! Du musst mir später auf jeden Fall mehr erzählen, aber jetzt mal zu deinem Problem, was ist los?"

„Folgendes: Ich habe heute meinen ersten Schultag, ich habe einen Kleiderschrank mit dem ich eine halbe High-School einkleiden könnte und ich weiß nicht was ich anziehen soll."

„Solltest du nicht langsam wissen wie ein erster Schultag an einer neuen Schule ist?", lacht er. "Aber klar ich helf dir."

„Du bist ein Schatz Chris!"

„Weiß ich doch", sagt er gespielt überheblich.

„Nimm Jeansshorts, ein weißes Top und deine Lederjacke, du weißt schon welche." Klar, weiß ich welche. Ich besitze schließlich nur eine.

„Danke dir! Ich melde mich später nochmal bei dir. Sonst komm ich zu spät."

„Klar Shorty und pass auf dich auf. Immer schön von den Zicken fernhalten." Vor meinem inneren Auge sehe ich ihn zwinkern.

„Kennst mich doch. Bis später, Chris!", sage ich und lege auf.

Christian ist echt der beste männliche Freund, den ich habe. Ihm kann ich alles anvertrauen, genau wie Emily. Ich vermisse Emily so sehr! Um nicht zu spät zu kommen, schlüpfe ich schnell in die Kleidungsstücke, die mir Chris genannt hatte. Sieht ja gar nicht so schlecht aus, denke ich bei meinem Blick in den Spiegel.

Nachdem ich mich auch noch dezent geschminkt habe und mir meine Haare zu einem hohen Pferdeschwanz zusammengebunden habe, mache ich mich fröhlich vor mich her singend auf den Weg zu meinen Brüdern. Diese sitzen schon an dem großen Esstisch vor ihrem Frühstück. Man ich habe auch Hunger. Ich setze mich dazu begrüße alle mit einem freundlichen „Guten Morgen" und esse mein Müsli und einen Apfel. Dazu noch einen Kaffee und der Tag fängt gut an.

„Sammy, kommst du?", fragt Jack und sieht mich auffordernd an.

„Klar."

In meinem Körper macht sich langsam die Nervosität breit.

Doch jetzt gibt es kein Zurück mehr. Jetzt sitze ich in Fabis schwarzem Cadillac Escalade. Wir fahren knapp Zehn Minuten bis wir auf den Parkplatz der Schule anhalten. Alle starren das Auto an. Zum Glück sind die hinteren Scheiben verdunkelt, denke ich dankbar.

„Bereit?", fragt Fabi uns andere.

„Auf geht's", antworte ich ihm.

Wir steigen aus. Alle starren uns an. Mein Gott, ich glaub ich kann nicht mehr. Aber ich lasse mir nichts anmerken. Fabi und Phil steigen vorne aus und ziehen ihre Sonnenbrillen auf. Jack und ich tun es ihnen gleich. Ich lasse meinen Blick über die Schülermengen streifen und bleibe an einer bestimmten Person hängen. Luke steht in einer dunklen Shorts und einem Tanktop bei seiner Clique und redet mit seinen Freunden, bis er sich umdreht. Er sieht mir direkt in die Augen, was mir unheimlich vorkommt, da ich die Sonnenbrille trage. Er kommt gefolgt von seiner Clique auf uns zu und begrüßt die Jungs mit einem typischen Handschlag und kam dann auf mich zu. Gott, warum sieht der so gut aus und warum müssen uns alle so dumm anglotzen?

Was genau hat der denn jetzt vor? Er umarmt mich? Heiliger Bimbam meine Knie werden weich, als ich seinen Duft einatme. Jetzt bloß nichts anmerken lassen. Ich drehe mich hilfesuchend zu meinen Brüdern, doch die unterhalten sich mit den sechs Jungs aus Lukes Gefolge und beachten mich gar nicht. Mist.

„Schade, dass du gestern so schnell weg warst." Wieder einmal hatte Luke ein verschmitztes Grinsen auf den Lippen. Ich muss zugeben, sein Lächeln gefällt mir besser, als es das sollte. Trotzdem bin ich kein neues Spielzeug für so einen Möchtegern Frauenversteher, der alles anbaggert, dass nicht bei drei auf dem Baum ist.

„Ja, schade, aber das ganze hatte auch einen Vorteil." Er sah mich fragend an.

Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und flüster ihm zu: „Da musste ich mir nicht deine dummen Anmachen antun", ins Ohr. Er lacht nur heiser.

„Als ob dir das nicht gefällt, dass ich dich anmache."

„Träum weiter, Süßer."

„Das werde ich." Damit drehte er sich zu den Jungs um.

„Jungs! Das sind Fabi, Phil, Jack und die kleine Samantha." Böser Fehler Arschgesicht. Aber eigentlich ist sein Gesicht kein Arschgesicht. Ganz im Gegenteil es ist zum Anbeißen. Diese hohen Wangenknochen und diese Lippen - er ist bestimmt ein super Küsser. Innerlich würde ich mir am liebsten eine Backpfeife geben, denn diese Gedanken sind falsch!

„Und das sind Maxi, Kyle, Torben, Justin, Anthony und Logan." Luke stellte uns seinen Freunden vor und wir unterhalten uns noch eine Weile mit ihnen. Gar kein schlechter Start in das neue Schuljahr, denke ich freudig.

Nachdem die Schulklingel mich aus dem Gespräch mit Maxi riss, mache ich mich auf den Weg zum Sekretariat. Die Jungs schlendern mir mit ausgesprochener Gelassenheit hinterher. Die Schule ist zum Glück übersichtlich. Schon stand ich vor einer Tür mit der Aufschrift „Sekretariat und Direktorat.“

"Gehst du alleine rein und bringst unsere Sachen mit?", fragt Fabi und nickt in Richtung der Tür. Zustimmend nicke ich und klopfe. Eine sympathische Stimme antwortet mit einem freundlichen „Herein!“. Ich gehe zu der sympathisch wirkenden Dame und bekomme von ihr unsere Stundenpläne und die Spindnummern. „Eure Bücher befinden sich bereits in den Spinden. Findet ihr den Weg zu euren Räumen alleine?“

„Ja mit Sicherheit, vielen Dank schon mal.“ Höflich wie eh und je, bis sie herausfindet, was du schon alles verzapft hast, denke ich grübelnd.

Aber Schluss damit! Neue Schule, neues Ich. Du kennst das doch, also mach dir nicht ins Hemd. Sie weiß bestimmt schon alles, was ich an meiner alten Schule gemacht habe. Fabi und Phil trennen sich von Jack und mir und gehen zu ihren Räumen. Wir laufen durch die Gänge, bis wir vor einer Türe den Gang runter stehen bleiben.

„Okay, also hier ist unsere Klasse. Los geht's", sagt Jack und schiebt mich ein Stück näher an die Tür. Wieso muss ich denn immer zuerst reingehen?

Okay tief durchatmen, Sam. Das ist wie jedes Mal. Du stehst vorne sagst deine mittlerweile auswendig gelernten Sätze und setzt dich dann auf einen Platz. Eigentlich sollte es Routine sein, doch das ist es nicht. Ich klopfe zaghaft.

„Herein", ertönt es gedämpft durch die Tür.

Ich öffne die Tür und laufe, gefolgt von Jack, geradewegs auf den Lehrertisch zu. „Guten Tag. Mein Name ist Samantha Thomson. Das ist mein Bruder Jack. Wir gehen ab heute in diese Klasse.“

Der Lehrer, welcher wirklich nett wirkte, sieht mich an und erhebt sich dann, um mich der Klasse vorzustellen, die mich angafft.

Wie ich dieses Dauerstalking hasse!

„Leute, Das hier sind Samantha und Jack. Sie gehen ab heute in diese Klasse. Stellt euch doch einmal vor und dann könnt ihr euch dort hinten neben Maxi und Kyle setzen.“ Ich blicke in die letzte Reihe. Dort sitzen Maxi und Kyle nebeneinander. Sie grinsen mich dumm an und ich vermute bereits, dass sie etwas Dummes im Kopf haben.

„Ja also, ich bin Samantha, aber bitte nennt mich Sam. Ich komme ursprünglich aus Jacksonville, habe die letzten zwei Jahre in New York gewohnt und bin vor kurzem mit meiner Familie hergezogen. Meine Hobbies sind Klavier spielen, Freunde treffen und American Football."

"Ja ich bin Jack und meine Hobbies sind Zocken und American Football. Irgendwelche Fragen?" Ich hoffe nicht, denke ich ungeduldig.

Ich lasse meinen Blick durch die Klasse wandern und lasse den Anblick auf mich wirken. In den ersten Reihen sitzen die Normalos und die Streber. Typisch. In der Mitte des Raumes waren die, die zwar relativ viele Freunde haben, aber trotzdem nicht zu den Beliebten gehörten. In den letzten beiden Reihen saßen dann sie. Die coolen und beliebten Leute alias die Cheerleader und Sportler. Ich konnte die giftigen Blicke schon jetzt spüren, die mir ein paar der Mädchen zuwarfen.

„Ich habe eine Frage“, kam es aus der letzten Reihe und mein geliebter Bruder Jack richtet seine Aufmerksamkeit auf die schwarzhaarige Schönheit, die gesprochen hatte. Er grinst sie dumm an, während ich ihn entnervt anfunkle.

„Ja Leisa, was willst du wissen?“, fragt Mr. Marxen.

Jetzt bin ich ja mal gespannt. Was will die kleine denn so wichtiges wissen?

"Hast du eine Freundin, Jack?", fragt sie und alle Mädchen werden aufmerksam. Was war das nur immer mit den Mädchen und meinen Brüdern?

"Nein, habe ich nicht, aber was nicht ist, kann ja noch werden." Er zwinkert ihr verschmitzt zu, dann richtet er seine Aufmerksamkeit auf den Rest der Mädchen. Ich verdrehe genervt die Augen. "Wenn das jetzt geklärt wäre, könnt ihr euch setzen", sagt Mr. Marxen und zeigt in die letzte Reihe. Ich setze mich neben Maxi und lächle ihn an. Aus der Ecke der Cheerleader hörte ich ein herab lässiges „So eine Bitch, kaum einen Tag da schon versucht sie es beim Footballteam.“

Ich blicke auf und sah die Barbiefraktion der Cheerleader an. Das kleine gehässige Stück sah wirklich aus wie Barbie. Überschminkt und die Cheer-Uniform hatte sie eindeutig noch kürzen lassen. Peinlich. Ihr Spruch war echt die Höhe also klärte ich die Situation auf.

„Nur, weil ich freundlich bin, heißt das noch lange nicht, dass ich so wie du für jeden die Beine breitmache, Miststück!“, zische ich wütend. Die geschockten Blicke nehmen zu und ich wurde von allen Seiten gemustert, während ich das blonde Gift anstarrte.

"Das reicht jetzt! Claire, Sam. Ihr seid jetzt ruhig oder ihr geht beide zum Direktor!" Ergebend halte ich meine Hände nach oben. Sorry, not sorry.

„Der hast du es echt gezeigt, Sam!“ Grinst Maxi und gibt mir ein High-Five, woraufhin Claire auch ihn böse anstiert.

Der Unterricht ist extrem langweilig, doch ich unterhalte mich sowieso dauernd mit den Jungs. Ganz zum Missfallen von Mr. Marxen, der mir immer wieder einen scharfen Blick schenkt. Der ist schon nach einer Stunde kein Fan mehr von mir. Nach dem Unterricht bin ich eine der ersten, die ihre Sachen packt und aus dem Raum verschwindet.

Die Stunden danach laufen ähnlich ab. In der Mittagspause sitze ich mit meinen Brüdern beim Rest der Footballmannschaft und einigen Cheerleadern, die mich teilweise feindselig angucken. Das wird ein spaßiges Schuljahr, denke ich und ignoriere sie für den Rest des Tages.

„Jack, ich hau mal ab zu meinem Spind ich komm gleich nach", sage ich nach der letzten Stunde.

„Jo, aber komm dann zum Sportplatz wir haben noch Training“, antwortet mir Kyle.

„Okay, bis gleich.“

Ich mache mich auf den Weg zu meinem Spind, als ich plötzlich ein Mädchen mit einem riesen Haufen Blättern in der Hand sehe, die drohen alle herunterzufallen. Denn sie versucht gleichzeitig, die Blätter zu tragen und ein weiteres an die Info-Tafel zu hängen. Bevor das jedoch passiert eile ich zu ihr und nehme ihr den Blätterstapel aus der Hand.

„Warte, ich helf dir.“

Sie drehte sich verwundert, aber mit einem Lächeln im Gesicht zu mir um.

„Vielen Dank, Sam richtig? Wir sind in einem Biologiekurs.“

„Hey, ja genau und du bist…Tori richtig?“

„Richtig.“ Wir grinsen uns gegenseitig an, bis mir die Blätter in meinem Arm wieder einfallen.

„Was machst du denn hier?“, frage ich sie und sehe auf die Zettel, woraufhin sich ein Lächeln auf meine Lippen schleicht.

„Ich hänge die Termine für die Football- und Cheerleader Try-Outs aus. Leider bekommt das sonst niemand auf die Reihe, weswegen es jedes Mal an mir hängen bleibt irgendwelche Infoblätter auszuhängen.“

„Das ist doch immer so. Einer ist leider immer der mit der Arschkarte. An meiner letzten Schule, war ich diejenige. Soll ich dir irgendwie helfen?“, frage ich sie.

„Nein danke geht schon. Ich musste nur noch diesen einen Zettel aufhängen. Die anderen da, bring ich in die Sporthalle, neben dem Sportplatz.“

„Oh das ist gut, ich muss da nämlich jetzt auch hin, aber ich muss vorher noch kurz zu meinem Spind.“

„Okay, dann zeig ich dir den Weg“, antwortet sie mit freundlicher Stimme.

„Cool Danke.“

Damit gehen wir zu meinem Spind, indem ich meine Bücher, die ich in den Pausen geholt hatte, verstaue. Wir reden über Gott und die Welt und ich bemerke gar nicht, dass wir bereits am Sportplatz ankommen. Was ich dort sehe, lässt mein Herz höherschlagen. Ein Footballfeld. Ich hatte seit fast zwei Monaten keinen Footballplatzrasen mehr unter den Füßen. Wie ich allein den Anblick vermisst hatte.

BACK IN THE GAME

Tori ist bereits in der Halle verschwunden und ich laufe, ohne dass ich es eigentlich will, in die Mitte des Spielfeldes. Dort bleibe ich stehen und drehe mich um. Ich atme tief ein, genieße das Gefühl auf meinem persönlichen heiligen Boden zu stehen. Ihr denkt jetzt wahrscheinlich, dass ich total bescheuert bin und psychische Probleme habe, aber ich habe einfach den Drang dazu mich in die Mitte des Feldes zu legen. Was ich auch tue.

Die Sonne scheint und wärmt mich ein wenig, während ich in den Himmel sehe. Blauer Himmel mit kleinen weißen Schäfchenwolken. Ja gut, ich bin alt genug, aber ist doch wahr sie sehen aus wie kleine Schäfchen. Ich liege in der Mitte des Feldes und blende alles aus. Ich schließe meine Augen und denke über alles Mögliche nach. Wie würde es werden, wenn ich zu den Try Outs gehe? Werden die mich überhaupt ernst nehmen? Werde ich je wieder in einem Team spielen oder wird es für immer mein Hobby bleiben, welches ich für mich selber mit meinen Brüdern spiele? Geräusche reißen mich aus der Konzentration.

Höre ich da gerade meinen Namen? Hmm bestimmt nicht, oder doch? Ein leichter Tritt, der mehr ein Anstupsen ist, holt mich in die Realität zurück. Meine Augen öffne ich langsam, da die Sonne mich blendet.

„Sam! Was machst du hier?“ Shit. Um mich herum stand die gesamte Footballmannschaft und grinst mich an. Meine Brüder eingeschlossen. Jack beugt sich zu mir herunter und sieht mich verwirrt fragend an. Erst jetzt realisierte ich, dass ich mitten auf dem Feld liege und stehe so schnell wie möglich auf.

Peinlicher geht es nicht mehr. Aber was soll ich tun? Ich kann mich hier einfach besser entspannen.

Sobald ich stehe, streiche ich mir meine Klamotten glatt. Die Jungs starren mich teils amüsiert, teils verwirrt an. Die denken jetzt bestimmt ich bin total irre. Okay vielleicht sollte ich was sagen um die peinliche Stille zu vertreiben.

„Ja, also ehem. Hi.“

Ich winke kurz und komme mir mittlerweile noch sehr viel dümmer vor als eh schon. Jack, Phil und Fabi fingen an laut zu lachen. Ein Lachen in das der Rest der Jungs bis auf wenige Ausnahmen einstiegen.

„Haha sehr witzig Jungs echt.“, sage ich genervt und verdrehe meine Augen.

„Sorry Sammy, aber was genau hast du hier gemacht?“ fragt Fabi und kommt zu mir um seinen Arm um meine Schultern zu legen.

„Ich habe nur nachgedacht. Und nenn mich nicht Sammy, ich hasse das!“

„Schon okay, Sam. Aber du musst doch nicht gehen, du kannst auch hierbleiben und zugucken. Ist doch kein Problem oder Jungs?“ Er blickte in die Runde.

Niemand hat etwas dagegen, und so finde ich mich nur eine Minute später auf der Spielerbank neben dem Feld wieder. Ein lautes Pfeifen ertönt und ich zucke zusammen. Ich drehe mich in die Richtung aus der der Pfiff kam und sehe einen Mann. Er scheint so um die 40 zu sein und ist mehr oder weniger trainiert. Der Coach, denke ich beeindruckt. Er sieht aus, als wüsste er was er tut. Scheint streng zu sein, denn die Jungs beeilen sich, um bei ihm zu sein. Wie kleine Hunde. Ich muss mich echt zusammenreißen um nicht laut loszulachen.

„Okay Jungs die Try Outs stehen bald an und wir brauchen ein paar Spieler die die vorläufige Auswahl treffen. Die Jungs, die es nach eurer Meinungen ins Team schaffen könnten werden dann zu einem Probetraining eingeladen. Da ich euch die vorläufige Entscheidung überlassen will, wer meldet sich freiwillig?“

Der Coach scheint ja nicht wirklich begeistert von Neulingen zu sein, abgesehen von den dreien, die es bereits ins Team geschafft haben. Mr. Miller unser letzter Coach hatte meinen Brüdern und mir ein Empfehlungsschreiben mitgegeben. Der Fakt, dass meine Brüder dann auch noch mit dem Kapitän des Teams befreundet sind, tat sein Übriges.

Und genau dieser spricht nun mit seiner rauen tiefen Stimme, die meine Beine in Wackelpudding verwandeln konnte. Luke.

„Wann genau sind denn die Try Outs, dass sie nicht da sind?“

Der Coach räuspert sich kurz.

„Am Mittwoch nächste Woche. Ich bin leider durch einen dringenden Termin verhindert.“ Was so viel bedeutet wie Ich habe einfach keinen Bock auf schlechte Anfänger, die nichts können.

„Okay, ich bin dabei. Vielleicht sollten die Thompson-Jungs auch kommen.“

Meine Brüder nicken Luke und dem Coach zustimmend zu.

„Gute Idee. Ihr klärt das dann bitte später weiter. Wir sind ja schließlich hier um Football zu spielen. Und wer bist du?“ Er schaut mich fragend an.

„Eh Thompson, Samantha Thompson.“ Peinlich.

„Thompson wie die drei Knaben hier?“ frage er auf meine Brüder deutend.

„Meine Brüder", sage ich zustimmend. Er nickt und dreht sich wieder den Jungs zu.

„Also los Jungs, vier Runden um den Platz.“ Einige unerfreute Rufe kommen aus den Spielerreihen und damit beginnen sie mit dem Training.

„Samantha?“ Der Coach reißt mich total aus meinen Überlegungen. Oder besser gesagt aus dem Anstarren von Luke. Er sieht aber auch einfach zu gut aus, um ihn nicht anzugucken.

„Ja Mr. Johnson?“ Ich versuche meinen Blick auf sein Gesicht zu konzentrieren und nicht an ihm vorbei zu den Spielern zu schielen.

„Bist du in der Lage einen Football zu werfen?“ Ich sehe ihn verwirrt an, nicke dann aber.

„Gut, könntest du mir einen Gefallen tun?“ Wieder nicke ich wie ein treuer Hund.

„Montgomerie ist krank, kannst du eventuell kurz aushelfen und ein paar Pässe mit Bates üben?“

„Wenn sie mir noch sagen, wer das ist. Ich kenn die Jungs noch nicht mit dem Nachnamen.“ Ich darf spielen, denke ich erfreut.

„Ach ja stimmt. Hatte ich total vergessen. Ich meinte Luke.“ Nach diesem Satz rutscht mir mein Herz in die Hose. Warum? Warum ausgerechnet er? Konnte ich nicht mit einem meiner Brüder spielen? Konnte ich nicht einmal Glück haben? Ich blamier mich bestimmt wieder.

„Der Coach sagt ich soll mit dir trainieren“, sagte ich emotionslos, obwohl meine Emotionen gerade verrücktspielen. Aber ich will mir nichts anmerken lassen. Nicht vor ihm.

„Was soll ich denn mit dir trainieren? Ich habe da so einige Qualitäten", sagt er und sieht an sich herunter. Ich folge seinem Blick und schlucke. So ein Idiot.

„Football, du Arschgeige.“

„Okay, Babe, aber ich bezweifle, dass du überhaupt weißt wie man so ein Ding wirft.“ Ich hasse dieses Verhalten. Nur weil ich ein Mädchen bin, kann ich das nicht. Einfach nur sexistisch!

„Unterschätz mich mal nicht, Kleiner.“ Er lacht. Dir wird das Lachen noch vergehen!

„Kleiner? Ich bin mindestens zwei Köpfe größer als du.“

„Wie auch immer! Können wir jetzt anfangen?“ Entnervt verdrehe ich die Augen. Als Antwort wirft er mir den Football zu, den ich gekonnt auffange. Wir stellen uns einige Meter voneinander entfernt auf den Rasen, genau wie die anderen auch. Der wird sich wundern, denke ich hinterlistig. Ich werfe den Football mit, für meine Verhältnisse, wenig Kraft. Er fliegt schön in einem Bogen in Lukes starke Hände.

„Nicht schlecht Babe, aber war das schon alles?“ Er klingt nicht nur abfällig, er schaut mich genauso an. Wie ein Nichts. Jemand, der es nicht verdient hat hier zu sein. Ich werde zusehend genervter.

„Ich bin nicht dein Babe, also Wirf einfach und halt deinen Mund.“ Kommt eh nur Mist raus, setze ich in Gedanken hinzu.

„Okay, Babe.“ Er betont das Wort Babe extra und will mich damit provozieren. Dann kommt der Ball zurückgeflogen. Ich fange ihn wieder gekonnt. Jetzt bist du dran Luke! Ich lege so viel Kraft in den Ball wie ich kann und werfe ihn Luke zu. Der wiederum reagiert zu langsam, da er sich gerade in der Gegend umsieht anstatt auf mich zu achten. Mit voller Wucht trifft ihn der Ball in den Magen. Er hält sich den Bauch, als hätte ich ihm eine verpasst. Er keucht auf und krümmt sich. Autsch das muss weh tun, denke ich reuevoll. Ich schluckte, weil mich jetzt alle verdattert ansehen. Na toll. Er hat es verdient okay?

Luke sitzt vor mir auf dem Rasen und hält sich den Bauch. „Was sollte denn der scheiß? Bist du total bescheuert? Ein paar Zentimeter weiter unten und du hättest meine Kronjuwelen getroffen.“ Ich verdrehe die Augen.

„Wenn du aufpassen würdest, wäre das gar nicht passiert! Ich bin jetzt weg, Fabi, ich geh zu Fuß nach Hause. Dieses Rumgeheule halt ich echt nicht länger aus. Bye.“ Damit drehe ich mich um und verlasse die Jungs. Ich spüre Lukes grimmigen Blick in meinem Rücken und muss gegen das Verlangen ankämpfen mich umzudrehen, um ihm noch einmal finster in die Augen zu blicken. Hinter mir höre ich Rufe wie „Harte Nuss.“ „Die wird sicher noch einiges von sich hören lassen.“ Oder „Die hat dir so einen vor den Latz geknallt“. Ich glaube, dass ich das Ganze noch bereuen werde, aber er ist doch selber schuld. Er hat mich provoziert.

Nachdem ich mich mit schnellen Schritten auf den Weg nach Hause gemacht hatte, ziehe ich mir schnell Joggingsachen an. Ich bin durch den Umzugsstress gar nicht dazu gekommen laufen zu gehen. Ich liebe es zu Joggen und es hat genug Vorteile, die mich überzeugen nicht den ganzen Tag auf dem Sofa zu liegen und mir eine Wiederholung nach der anderen im Fernsehen anzusehen. Ich bleibe fit und behalte meine sportliche Figur und ich kann nachdenken. Die frische Luft lässt mir die Chance meine Gedanken zu ordnen. Ich denke über die vergangenen Stunden nach. Wieso bin ich nur so doof und hab mich von seinen Kommentaren provozieren lassen? Ich sollte ihm wohl aus dem Weg gehen und mich nicht in der Nähe des Footballfeldes aufhalten. Das wird sonst nur im Desaster enden. Aber kann ich das? Mich von dem fernhalten, was mir am meisten bedeutet? Nachdem ich auch die letzten Meter meiner neuen Joggingrunde hinter mich gebracht habe, komme ich verschwitzt und aus der Puste zuhause an. Wie es scheint sind meine Brüder bereits zuhause, denn ich entdecke das Auto in der Einfahrt. Jetzt erst mal eine Dusche, denke ich und laufe in mein Badezimmer.

Die Dusche tut gut. Meine Muskeln, die seit dem Vorfall in der Schule seltsam angespannt sind, entspannen sich langsam wieder und meine Haut duftet sinnlich nach Zitronen. Nachdem ich das Badezimmer verlassen habe setze ich mich auf die kleine Couch in meinem Wohnzimmer und schaltete den Fernseher an. Ich schalte auf MTV und sehe mir Shows an in denen Teenies in meinem Alter schwanger werden, in denen Nerds auf Vordermann gebracht werden und wie Kim Kardashian‘s Familie so lebt.

Es ist mittlerweile halb acht und mir wird dieses ausgesprochen anspruchsvolle Programm zu viel. Ich schalte auf einen anderen Sender und stelle mit Vergnügen fest, dass dort ein Glee-Serien-Marathon ausgestrahlt wird. Ich liebe diese Serie und ich sag nur Noah Puckerman. Schmachtend starre ich auf den Fernseher. Langsam kriecht die Müdigkeit in meine Knochen und ich sinke in leichten Schlaf, aus dem ich nur wenig später gerissen werde. Ich höre Gerümpel aus der Garage, die unter meinem Apartment liegt und bin mit einem Mal hellwach.

Ich schnappe mir die Fernbedienung und schalte den Fernseher, auf dem gerade eine Folge Glee herunter rattert auf Stumm und lausche in die plötzliche Stille hinein. Irgendwie sieht das ja ziemlich lustig aus, wie die Schauspieler singen und tanzen und trotzdem keine Geräusche von sich geben. Ein erneutes Scheppern bringt mich zur Vernunft.

Mit Baseballschläger und mit meiner Polsterung vom Football bekleidet mache ich mich leise auf den Weg in die Garage. Sie ist keinesfalls ein dunkler Raum mit Spinnennetzen verhangenen Ecken, aber trotzdem habe ich ein mulmiges Gefühl bei der Tatsache, dass ich dort unten alleine bin, wenn da unten vielleicht ein Einbrecher ist. Je näher ich dem Raum komme desto stärker nehme ich den Lärm war. Gemurmel und Gelächter, welches ich durch die Entfernung und die gepolsterte Tür zu dem Fitnessraum nicht identifizieren kann. Wer zum Teufel ist da um diese Uhrzeit drin?

Wieder lautes Gelächter aus Richtung des Fitnessraumes. Ich trete näher an die Türe heran. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals und das Blut dröhnt mir in den Ohren. Meine Hand schießt nach Vorne und umschließt die kalte Türklinke. Nervös drücke ich die Klinke herunter, den Baseballschläger zum Schlag bereit. Mit einem leichten Schubs fliegt die Tür auf und was mich hinter der Türe erwartet, hätte ich weiß Gott nicht gedacht.

Sieben Jungs, alle ohne T-Shirt und schweißnass. Darunter meine Brüder, Kyle, Torben, Justin und wie es das verräterische Schicksal so will, auch Luke. Ich schlucke und mir schießt das Blut in die Wangen. Peinlich berührt, tapse ich von einem Bein auf das andere, denn sie sind hier nicht diejenigen die mit einem Schlafanzug, welcher mit kleinen Bienchen bedruckt ist, und Footballschonern bekleidet in der Tür stehen. Außerdem bin ich die, die einen Baseballschläger auf sieben mehr oder minder heiße Kerle gerichtet hat.

„Was zum Teufel tut ihr Idioten hier?!“ Zum Ende hin immer lauter werdend, schaue ich in das Gesicht meines älteren Bruders. Alle sieben blicken mich an und schenken mir ihre volle Aufmerksamkeit. Ich sehe wie Jack schluckt und mich ansieht. „Sorry, Sam wir dachten uns nur…“ stammelt Jack.

„Halt einfach deinen Mund Jack.“ Dieser Trottel. Sonst immer eine große Klappe haben, aber wenn seine acht Minuten jüngere Schwester vor sich hat, stottert er sich einen zurecht. Fabi ergreift das Wort.

„Sam, was dachtest du wer wir sind? Ich meine.“ Dabei zeigt er auf mein Outfit und muss sich ein dummes Grinsen verkneifen.

„Hmm ich weiß auch nicht, vielleicht Einbrecher, wie es jeder normale Mensch denken würde, wenn er Gerümpel aus der Garage hört?“

„Als ob du normal wärst Bienchen.“ Dieser hohle Kommentar kann nur von Luke kommen und spielt damit auf meinen Schlafanzug an.

„Fresse, Bates!“

„Gleichfalls Bienchen", ruft er mir hinterher, als ich wieder hochgehe. Wird das jetzt sein neuer Spitzname für mich? Hoffentlich nicht. Ist doch peinlich. Ich höre nur, wie Bewegung in die sieben kommt und sie mir wie Entenküken hinterher trotten.

„Hör auf mich Bienchen zu nennen", knurre ich ihn an, als er das zum gefühlten hundertsten Mal sagt. Mittlerweile sitzen alle in meinem Wohnzimmer. Ich stehe in meiner Küche und Luke steht mir im Nacken.

„Warum denn? Bist du nicht gerne ein Bienchen?“

Da kommt mir glatt eine Idee. „Doch, aber nur, wenn du das Blümchen spielst.“ Flüster ich ihm beim Vorbeigehen ins Ohr und die Farbe weicht aus seinem Gesicht. Sprachlos, Bates? Typisch, große Klappe, nichts dahinter. Ich schlendere zurück ins Wohnzimmer.

„Jungs ich wünsch euch noch einen schönen Abend. Seid nicht zu laut, damit ich meinen verdienten Schlaf bekomme. Oh und guckt vielleicht in 10 Minuten mal nach Bates, könnte sein, dass er unter Schock steht. Gute Nacht. Und wenn ihr geht, zieht die Tür einfach zu.“

Ein einstimmiges „Gute Nacht“ von den Jungs begleitet mich in mein Zimmer und ich kann ihre leichte Verwirrung hören. Das letzte an das ich denke, ist die Frage, ob das ganze Luke und seinen Körper vielleicht ein bisschen aus der Bahn geworfen hat und ich schlafe schelmisch grinsend ein.

Mit einem Lächeln auf den Lippen wache ich am nächsten Morgen auf. Was für ein Abend gestern. Sehr lustig und ebenso aufschlussreich. Wir haben viel geredet und ich kann jetzt schon sagen, dass wir noch viel Spaß miteinander haben werden. Fröhlich vor mich her Pfeiffend mache ich mich auf den Weg ins Badezimmer und denke an den gestrigen Abend.

„Sam, wessen Schoner trägst du da eigentlich?“, will Torben wissen und deutet auf mein Outfit. Okay, lass dir eine Ausrede einfallen, denke ich, ich will nicht, dass sie es wissen. Noch nicht.

„Das sind Jacks alte", lüge ich und laufe weiter in mein Wohnzimmer, wo ich direkt auf die Couch zusteuere. Ich lasse mich in die Polster fallen und ziehe die Schoner schnell wieder aus.

„Dafür, dass die so alt sein sollen, sehen die aber noch ziemlich gut aus“, meint Luke misstrauisch. Unauffällig lasse ich meinen Blick zu Jack gleiten, der so viel heißen soll wie ‚Bitte helf mir‘. Er versteht den Wink.

„Ja, aber was man liebt das pflegt man richtig?“ Das war eine total dämliche Erklärung, aber die anderen ließen es auf sich beruhen und wechselten das Thema. Gott sei Dank.

Nach ein oder zwei Stunden, habe ich bereits viel erfahren. Zum einen, dass sie alle, bis auf Luke Einzelkinder sind. Luke hat eine einjährige Schwester. Jedoch war das alles, was er von seiner Familie erzählte. Sobald er nach seinen Eltern gefragt wird, macht er dicht und lenkt das Thema in eine andere Richtung. Wie bereits erwartet, waren ihre Hobbies Feiern gehen, Football spielen und trainieren gehen. Typische Footballspieler an einer High-School eben.

„Sam, hast du in deiner schicken Küche was zu trinken für uns?“ Phil grinste mich doof an, während er fragte.

„Ja habe ich. Einen Moment.“ Ich stehe auf und spaziere in die Küche. Luke folgt mir keine 20 Sekunden später.

„Was willst du denn jetzt hier?“ Er geht mir irgendwie auf die Nerven, aber was soll’s? „Ich dachte ich helf dir tragen.“ Ja natürlich, lügen kann der Herr schon mal nicht. Der will mich doch nur wieder nerven. Ich drücke ihm ein paar Flaschen Wasser und Cola in die Hand.

„Dann mach dich nützlich.“

„Aber gerne doch Bienchen“, antwortete er mir grinsend und sieht mir zu, wie ich in mein Regal mit den Gläsern starre und über sein Grinsen grübel.

„Wird das mit den Gläsern heute noch mal was, Bienchen?“

„Hör auf mich Bienchen zu nennen", knurre ich Luke an, als er das zum gefühlten hundertsten Mal sagt.

„Warum denn? Bist du nicht gerne ein Bienchen?“

Da kommt mir glatt eine Idee. „Doch, aber nur, wenn du das Blümchen spielst", flüstere ich ihm beim Vorbeigehen ins Ohr und die Farbe weicht aus seinem Gesicht. Sprachlos, Bates? Typisch, große Klappe, nichts dahinter. Ich schlendere zurück ins Wohnzimmer.

„Jungs ich wünsch euch noch einen schönen Abend. Seid nicht zu laut, damit ich meinen verdienten Schlaf bekomme. Oh und guckt vielleicht in 10 Minuten mal nach Bates, könnte sein, dass er unter Schock steht. Gute Nacht. Und wenn ihr geht, zieht die Tür einfach zu.“

Ein einstimmiges „Gute Nacht.“ Von den Jungs begleitet mich in mein Zimmer und ich kann ihre leichte Verwirrung hören. Das letzte an das ich denke, ist die Frage, ob das ganze Luke und seinen Körper vielleicht ein bisschen aus der Bahn geworfen hat und ich schlafe schelmisch grinsend ein.

Nach einer ausgiebigen Dusche, mache ich mich auf den Weg in meinen Kleiderschrank. Ich besitze eindeutig zu viele Klamotten. Gefühlte Stunden später entscheide ich mich für eine helle Jeansshorts, welche einen Kontrast zu meiner braungebrannten Haut darstellt und dazu passend ein Crop-Top mit dem Print der amerikanischen Flagge. Meine Haare lasse ich offen über meine Schultern fallen. Schminke brauche ich in der Schule nicht, also bin ich soweit fertig. Ein Magenknurren, bringt mich dazu etwas zu essen zu suchen. In meinem Kühlschrank finde ich Joghurt mit ein paar Früchte, welchen ich gierig verspeise. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich in einer halben Stunde im Unterricht sitzen muss, also schnappe ich mir meinen Schulrucksack und die Schlüssel für meine Yamaha R1 und laufe durch das Wohnzimmer meiner Eltern raus, um Fabi Bescheid zu sagen, dass ich mit meinem Motorrad zur Schule fahre. Ich bin echt froh darüber, dass meine Eltern es mir erlaubt haben, den Führerschein zu machen. Hat auch lange genug gedauert, bis sie eingewilligt haben.