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Vor tausenden Jahren steht am südlichen Fuß des Montara-Gebirges die mächtige Stadt Tanybur. Errichtet aus grauen Feldsteinen, die dem Ort etwas Bedrohliches verleihen, und umgeben von einer unbezwingbaren Mauer, gilt sie als uneinnehmbar.
Das Findelkind Taro Yagur wächst bei der alleinstehenden Königin Roskane auf und verliebt sich in Antinia, die leibliche Tochter der Königin. Beide gelten als das zukünftige Herrscherpaar der Tanyden. Doch dann wendet sich das Glück und Taro Yagur wird zu einem Ausgestoßenen, der zahlreiche Abenteuer in den düsteren Wäldern von Vandenmor bestehen muss. Das Einzige was ihn antreibt ist der Gedanke, sich an den Bewohnern Tanyburs und vor allem an der untreuen Antinia, die nun Königin ist, zu rächen. Dafür lässt er sich sogar mit Morgone, dem König der ebenso mächtigen Stadt Maratena ein, die seit hunderten von Jahren eine innige Feindschaft mit Tanybur pflegt.
Präzise wie der Lauf der Sonne und mit der ihm eigenen Fähigkeit, Menschen in seinem Sinne zu beeinflussen, treibt er seinen Racheplan voran. Und er findet schon bald Gefallen daran, seine Umgebung zu manipulieren. Doch tief in ihm drin brennt noch immer die Liebe zu Antinia. Hin- und hergerissen zwischen Liebe, Hass, Rache und verletztem Stolz bahnt er sich mit Hilfe der Maratener seinen Weg zurück nach Tanybur, ohne zu ahnen was ihn dort erwartet.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
I
Taro Yagur stand auf einem der Hügel, die sich in gebührendem Abstand wie ein Hufeisen um Tanybur legten, und schaute auf die im dichten Nebel liegende Stadt herab. Die morgendliche Kälte ließ ihn frösteln. Er zog seinen Wollumhang mit einer Schnur enger zusammen. Während er den Nebel beobachtete, dachte er an die bevorstehende Schlacht, an seine große Liebe Antinia, die nun seine Gegnerin war, und an das Wetter, das einen baldigen Angriff auf die Stadt nicht zuließ. Die ganzen Wochen zuvor, als sie auf dem Weg nach Tanybur waren, hatte die Sonne von morgens bis abends vom Himmel gestrahlt. Und nun, als sie bereit waren loszuschlagen, lag die Stadt in dichtem Nebel.
Seine Wahrsager hatten ihm gesagt, dass sich der Nebel am Ende des ersten Tagesviertels auflösen und die Sonne hervorbrechen werde. Normalerweise hielt Taro Yagur nicht viel von Wahrsagern. Sie erzählten zu viele Dinge, die nie eintrafen. Und dann ließen sie sich eine neue Geschichte einfallen, mit einer fantasievollen Erklärung, warum ihre Voraussagen nicht wahr geworden sind. In diesem Fall war er jedoch geneigt ihnen zu glauben. Wenn es um das Wetter ging, lagen sie mit ihren Vorhersagen erstaunlich richtig.
Während er gedankenversunken die Stadt beobachtete, nahm er plötzlich ein Geräusch wahr, das auf irgendein Tier in den Sträuchern hindeutete, die hier überall wuchsen. Taro Yagur schaute sich um, doch da stand in einiger Entfernung nur Kanado Vari, der Weiseste seiner Wahrsager. Als wäre er direkt vom Himmel gefallen. Er schaute ebenfalls runter auf die Stadt. Dann hob er seinen Kopf und blickte hinauf zu der Stelle, wo die Sonne am Ende des ersten Tagesviertels stehen würde. Schließlich ging er ein paar Schritte vorwärts, so dass er Taro Yagur direkt in die Augen sehen konnte. Kanado Vari stand bereits im fortgeschrittenen Alter. Er hatte graue Haare, aber sein Gesicht wirkte viel jünger.
»Ich weiß, dass du uns nicht wirklich glaubst.« sprach er den Feldherrn an, wobei er ein Gesicht aufsetzte, das an einen Lehrer erinnerte, der zu seinem Schüler sprach. Nach einer kurzen Gedankenpause fuhr er fort.
»Die Wahrsagerei ist nur eine alte Tradition, die einfach dazugehört. Die Götter geben ihr Wissen nur sehr selten preis. Und sie wählen andere Wege, um einige Wenige an ihren Gedanken teilhaben zu lassen. Die Wahrsager gehören meist nicht zu den Auserwählten. Viele glauben jedoch daran, weil manchmal etwas aus Zufall zutrifft. Andere geben den Dingen mit ihrer Hilfe eine bestimme Richtung. Wobei die Wahrsager den Gläubigen gegenüber klar im Vorteil sind.«
Taro Yagur nickte zustimmend, obwohl er etwas verwundert war, dass Kanado Vari seine Ansichten ihm gegenüber so offen äußerte.
Bevor Taro Yagur etwas erwidern konnte, sprach der Wahrsager einfach weiter. »Anders sieht es dagegen mit den Naturereignissen aus. Die unterliegen Gesetzen, die man erkennen und begreifen kann, wenn man sich mit ihnen beschäftigt.«
Kanado Vari schaute kurz auf den Boden, wo bereits einige gelbe und braune Blätter lagen, die von den wenigen Bäumen stammten, die vereinzelt in der Umgebung herumstanden. Dann fuhr er mit seiner Erklärung fort.
»Der Herbst hat begonnen. Die Nächte werden länger und kälter. Morgens, kurz nach Sonnenaufgang, ist der Boden so kalt, dass er die Luft direkt darüber ebenfalls abkühlt. Kalte Luft kann aber die Feuchtigkeit, die in ihr ist, nicht mehr so gut wie warme Luft halten. So entstehen kleine, schwebende Wassertröpfchen, die durch die Strahlen des Sonnenlichtes sichtbar werden. Das nennen wir Nebel oder Nitan, wie die alten Nitanier.«
Und dabei blickte er auf Taro Yagurs hellbraune Haare, die seine Herkunft aus Nitania erahnen ließen.
»Wenn die aufsteigende Sonne jedoch den Boden und die Luft wieder genug erwärmt hat, verschwindet der Nebel.«
Kanado Vari hob seine Hand und zeigte mit dem Finger in den Himmel. »Und das passiert, wenn die Sonne etwa dort steht.«
Taro Yagur lächelte Kanado Vari anerkennend zu und sagte dann: »So genau hat mir das noch keiner erklärt. Aber was du sagst ergibt Sinn.«
Der Wahrsager hob bei diesen Worten die Augenbrauen leicht an, legt die Hände auf den Rücken und ließ seinen Blick über den Nebel schweifen. Dann sagte er: »Es ist halt sehr interessant herauszufinden, warum die Dinge so sind, wie sie sind.«
Taro Yagur nickte ihm zu. Nachdem sie noch einige Augenblicke die Landschaft beobachtet hatten, drehten sich beide um und gingen in gemächlichem Schritt zurück ins Feldlager, wo sich die Krieger auf die kommende Schlacht vorbereiteten. Und während sie so nebeneinander hergingen, fragte Taro Yagur den Wahrsager: »Was meinst du, wird es uns gelingen, die Stadt zu erobern?«
Kanado Vari schwieg eine Weile, dann blieb er stehen. Sein Gesichtsausdruck verhieß nichts Gutes.
»Ich habe alle Götter befragt, aber sie haben mir nicht geantwortet.«
Taro Yagur schaute in den noch grauen Himmel, als suchte er dort oben die Götter. Doch da flogen nur ein paar verirrte Vögel umher. Schließlich sagte er: »Dann müssen wir wohl ohne die Hilfe der Götter auskommen.« Kanado Vari nickte gedankenversunken: »Ich fürchte ja.«
Im Feldlager herrschte ein reges Treiben. Die Krieger waren mit der Vorbereitung auf die Schlacht beschäftigt. Sie legten ihre Lederkleidung an, brachten ihre Waffen auf Hochglanz oder führten kleine Reparaturen aus. In anderen Truppenteilen wärmten sich die Krieger mit Hilfe allerlei sportlicher Aktivitäten auf. Manche absolvierten auch noch einige kurze Übungskämpfe. Überall klapperte es und die Wortfetzen tausender Stimmen schossen wie Pfeile in alle Richtungen durch die Luft. Die Krieger waren so sehr mit ihren Verrichtungen beschäftigt, dass sie Taro Yagur und Kanado Vari gar nicht bemerkten, als sie an ihnen vorübergingen. Nur einer der Pfeilschnitzer erkannte seinen Feldherrn und grüßte etwas verlegen.
Die meisten Krieger bekamen ihren Feldherrn nur selten zu sehen. Und wenn, dann meist aus größerer Entfernung. Manche hatten ihn noch nie mit eigenen Augen gesehen und einige würden ihn auch nie in ihrem Leben sehen.
Taro Yagur betrat das Feldherrenzelt, wo seine Truppenführer schon auf ihn warteten. Er griff sich ein Stück frisches Brot, das bereits am frühen Morgen gebacken worden war. Dann nahm er einen großen Schluck Wasser aus einem Kupferbecher. Während er auf dem Brot herumkaute, schaute er sich nach einem Stock um, der sich zum Zeichnen auf dem Boden eignete. Draußen vor dem Zelt fand er einen passenden Ast, den er akribisch von allen störenden Dingen befreite. Dann setzte er sich auf eines der Felle, die in der Mitte des Zeltes in einem Kreis angeordnet lagen. Die anderen taten es ihm gleich und als sich alle gesetzt hatten, begann Taro Yagur seine Taktik zu erklären.
»Eigentlich wäre es recht einfach Tanybur zu erobern. Die Tanyden sind keine besonders guten Kämpfer. Aber sie sind hervorragende Baumeister. Und da liegt das Problem. Diese gigantische Mauer, die sie um ihre Stadt gezogen haben, ist eine außergewöhnliche Herausforderung. Sie ist gut achtzig Fuß hoch und fünfzig Fuß breit, die Innenmauer nicht mitgerechnet. Und sie hat nur sehr wenige Tore. Aber die wenigen, die es gibt, sind Bollwerke allererster Güte. Die Mauer umfasst die gesamte Stadt und zwar nicht nur die Häuser, sondern auch Felder, Wiesen, Weiden, Wälder und Plantagen. Innerhalb der Stadt gibt es unzählige Brunnen und Zisternen, die die Bewohner mit Wasser versorgen. Auf den Weiden stehen tausende Tiere, auf den Feldern wächst das Getreide und auf den Plantagen allerlei Früchte. Wir können sie also nicht einfach aushungern oder vom Wasser abschneiden. Die Stadt auszuhungern dürfte sehr lange dauern, zumindest viel länger, als unsere Vorräte reichen. Wie ihr selbst gesehen habt, gibt es um die Stadt herum außer Wiesen und einige wenige Baumgruppen weit und breit nichts. Der Letzte, der die Stadt eroberte, war der maratenische König Barkan Tar vor über hundert Jahren. Damals standen allerdings die Mauern noch nicht. Erst König Katerniko ließ sie errichten, nachdem er die maratenischen Truppen verjagt hatte. Uns bleibt also nur eins. Wir müssen uns auf das Haupttor konzentrieren.«
Nachdem Taro Yagur die Erde des Bodens glattgestrichen hatte, zeichnete er mit seinem Stab das Haupttor und einen Teil der Stadtmauer Tanyburs in den trockenen Staub. Als er damit fertig war, schaute er kurz in die Runde und begann dann mit seinen Erläuterungen, von denen er selbst nicht ganz überzeugt war. Schließlich hatte er jahrelang in der Stadt gelebt und kannte die Verteidigungsanlagen gut.
»Das Haupttor besteht auf beiden Seiten aus mächtigen Eichenholzstämmen und ist innen mit Felssteinen gefüllt.« fuhr Taro Yagur mit seinen Ausführungen fort. »Um es zu bewegen sind zwanzig Ochsen nötig. Zehn, die es zum Öffnen nach links ziehen, und noch einmal zehn, die es nach rechts ziehen und wieder verschließen. Mauerbrecher sind bei dieser Konstruktion vollkommen zwecklos.«
Taro Yagur hatte noch einen alternativen Plan, falls die Eroberung nach der klassischen Methode fehlschlagen sollte. Den behielt er jedoch bis auf Weiteres für sich.
Die übliche Vorgehensweise zur Eroberung einer Stadt bestand darin, mit Hilfe von langen Leitern auf die Mauerkrone zu gelangen und dort, unterstützt von Bogenschützen am Boden, möglichst die Oberhand zu gewinnen. Im Idealfall würde jemand zu den Ochsen auf ihren Laufbahnen an der Innenmauer vordringen und sie zum Laufen bringen. Die maratenischen Krieger könnten sich dann wie ein reißender Bergstrom in die Stadt ergießen und die Verteidiger zermalmen.
Als nun die Zeit kam, in der die Sonne den Nebel durchbrechen sollte, dies aber noch nicht tat, ging Taro Yagur hinüber zu den Kriegern, um eine kurze Ansprache zu halten. Diese Reden, die Feldherren gerne hielten, um ihre Truppen kurz vor der Schlacht noch einmal zu motivieren, waren eine Aneinanderreihung von Superlativen, die ihre Wirkung meist nicht verfehlten. Taro Yagur hatte sich jedoch etwas anderes einfallen lassen. Er stellte sich auf ein einfaches Holzpodest, damit ihn zumindest die Krieger in der unmittelbaren Umgebung gut sehen konnten.
»Männer« sagte er mit lauter Stimme. Daraufhin drehte er sich mit einer weit ausholenden Handbewegung um und zeigte mit seinem ausgestreckten Finger auf die Stadt, die sich noch im Nebel versteckte.
»Dort unten liegt Tanybur. Eine mächtige Stadt, die seit über hundert Jahren niemand mehr erobert hat. Ihre Mauern sind hoch und hart wie Felsen.«
Dann drehte er sich wieder zurück und ließ seinen Blick langsam über die schier unendliche Masse von Kriegern schweifen. Und einen Moment sah es so aus, als wenn er jedem Einzelnen gleichzeitig in die Augen blickte. Taro Yagur hatte eigentlich ein eher harmloses Gesicht, das nicht unbedingt einen Krieger vermuten ließ. Doch seine Augen konnten bisweilen einen derart stechenden Blick annehmen, dass alles Leben um ihn herum zu erstarren drohte.
Nachdem er glaubte, sich genug Respekt verschafft zu haben, fuhr er mit seiner Rede fort.
»Wir werden diese Stadt heute erobern.«
In diesem Moment begann der Himmel, sich spürbar aufzuhellen.
»Und warum werden gerade wir diese mächtige Stadt erobern?« fragte Taro Yagur fordernd in die Masse.
Einen Moment geschah nichts. Doch dann antwortete eine einzelne Stimme: »Weil wir die Besten zwischen den Horizonten sind.« Eine zweite Stimme wiederholte den Satz, dann folgte eine dritte. Und in wenigen Augenblicken wurden es immer mehr, die in den Chor einstimmten: »Weil wir die Besten zwischen den Horizonten sind… weil wir die Besten zwischen den Horizonten sind... weil wir die Besten zwischen den Horizonten sind.«
Die Krieger schrien, trampelten und schlugen mit ihren Streitäxten oder Kampfknüppeln gegen die Schilde. Die Lautstärke durchdrang das ganze Tal und erreichte bald einen bedrohlichen Pegel. Die Tiere flohen in ihre Höhlen, die Vögel flogen eiligst fort und selbst ein verirrter Bär suchte das Weite. Taro Yagur ließ die Männer eine Weile gewähren, damit sie in die richtige Stimmung für die Schlacht kamen. Als er genug von dem Getöse hatte, hob er die Hände, woraufhin augenblicklich Ruhe einkehrte. Dann fuhr er mit seiner Rede fort.
»Ihr habt recht. Wir sind tatsächlich die Besten. Niemand kann unserer Kraft widerstehen; unseren zielgenauen und durchschlagenden Pfeilen, unseren scharfen Streitäxten und vor allem unserem Kampfeswillen. Wir werden diese Stadt heute zermalmen, wie das Erdbeben einst Trua.«
Damit spielte er auf den Gründungsmythos der Stadt Maratena an.
»Derjenige, der als Erster die Mauerkrone erobert und halten kann, darf sich seinen Teil der Beute selbst aussuchen – mit Ausnahme der Königin Antinia; die behalte ich mir selbst vor. Das Gleiche gilt für denjenigen, dem es gelingt, die Ochsen zum Laufen zu bringen und damit das Haupttor zu öffnen.«
Noch während er redete verzogen sich die letzten Wolken und als er nach dem Ende seiner Rede vom Podest hinunterstieg, strahlte die Sonne vom blauen Himmel herab und durchflutete das ganze Tal mit einem Meer aus Licht. Taro Yagur schaute zu Kanado Vari hinüber, der ihn jedoch nicht bemerkte, da er zufrieden mit verschränkten Händen auf dem Rücken den letzten Resten des Nebels dabei zuschaute, wie sie sich langsam auflösten. Daraufhin gab Taro Yagur den Trommlern ein Zeichen, das Marschsignal zu schlagen. Die Krieger griffen zu ihren Waffen. Die einen zu den Streitäxten, Kampfkeulen und Schilden, die anderen zu den Pfeilen und Bögen. Dann stellten sie sich in der hunderte Male geübten Formation auf und marschierten zum Rhythmus der dumpfen Trommeln den Abhang nach Tanybur hinunter.
Als sie unten im Tal angekommen waren, stellten sich die Bogenschützen in drei Reihen hintereinander auf und gingen dann in die Hocke. Dahinter positionierten sich die Pfeilschnitzer, die die Bogenschützen ständig mit neuen Pfeilen versorgten. Vor den Bogenschützen standen die Schildträger, deren Aufgabe es war, die Schützen mit ihren Schilden zu decken. Ganz vorne positionierten sich die Angriffstruppen mit ihren langen Leitern und mannshohen Schilden. Sie bestanden aus Freiwilligen, die sich beweisen wollten, und aus Kriegern, die zuvor in irgendeiner Art und Weise negativ aufgefallen waren und etwas gut zu machen hatten. Jeder von ihnen wusste, dass sie nicht nur die schwierigste Aufgabe hatten, sondern auch die gefährlichste. Ein Teil von ihnen würde diesen Tag nicht überleben.
Mehrere andere Abteilungen zogen derweil einen Ring um die Stadt. Dadurch wurde einerseits ein größerer Ausfall der Verteidiger verhindert, andererseits konnten auch keine einzelnen Personen die Stadt verlassen und ein Entsatzheer aus den umliegenden Orten herbeirufen. Zwar sollte es nach Taro Yagurs Wissen außerhalb der Stadt keine größeren tanydischen Truppen geben. Doch sein Wissensstand war inzwischen mehrere Jahre alt. In dieser Zeit konnte viel geschehen sein.
Als die Truppen ihre Stellungen bezogen hatten, gab Taro Yagur das Zeichen zum Angriff. Zunächst standen die Schützen der ersten Reihe auf und schossen ihre Pfeile in Richtung der Mauerkrone ab. Dann gingen sie zurück in die Hocke und luden ihre Bögen mit neuen Pfeilen nach. Währenddessen stand die zweite Reihe auf und schoss ihre Pfeile ab. Anschließend war die dritte Reihe dran und dann ging es wieder von vorne los. Die Bogenschützen konnten so fortwährend schießen und die Verteidiger mit einem nicht abreißenden Pfeilhagel eindecken. Die Bögen der Maratener hatten eine enorme Reichweite, Zielgenauigkeit und Durchschlagskraft, so dass den Tanyden erst einmal nichts anderes übrig blieb, als sich hinter ihren Zinnen zu verschanzen. Im Schutz des Pfeilhagels brachten die Angriffstruppen derweil ihre Leitern an der Mauer in Position.
Die Leitern bestanden aus zwei Teilen, die in voller Länge bis kurz unter die Mauerkrone reichten. Unten auf der Erde wurden sie in ein Holzgestell verankert, damit sie nicht wegrutschen konnten. Um die Standfestigkeit noch zu erhöhen, ließen die ersten Krieger, die nach oben kletterten, von einer Sprosse im letzten Drittel zwei Seile nach unten, an denen schwere Steine befestigt wurden, die die Leitern an die Mauer drückten. Sechs Leitern im Abstand von ungefähr sechzig Fuß wurden in Stellung gebracht.
Taro Yagur gab den Bogenschützen nun das Zeichen, das Schießen einzustellen, damit die Angreifer gefahrlos nach oben klettern konnten. Als die Tanyden merkten, dass die ersten feindlichen Angreifer auf dem Weg nach oben waren, griffen sie zu ihren Streitäxten und Wurfspießen, um die Maratener gebührend zu empfangen. Dem ersten Krieger, der über die Mauerkrone schaute, wurde der Kopf mit einer Streitaxt gespalten, dem zweitem schlugen sie eine Hand ab und stießen ihn mit einem Wurfspieß nach unten. Ein weiterer schaffte es zwar bis auf die Mauerkrone, doch nur Augenblicke später stürmten gleich vier Tanyden heran, die den Unglücklichen mit ihren Streitäxten in Stücke hauten. Die leblosen Reste des getöteten Kriegers warfen sie einfach nach unten. Nicht viel besser erging es den nächsten Angreifern. Unten vor der Mauer stapelten sich bald die Leichen der Maratener. Jeder neue Angriff endete mit der vollständigen Vernichtung. Zwar gelang es immer wieder mal einem Krieger auf die Mauer zu kommen, doch die Übermacht der Verteidiger war einfach zu groß.
Taro Yagur ließ weitere vier Leitern an der Mauer aufbauen, in der Hoffnung, dass mehr Krieger, die gleichzeitig angreifen, eine höhere Chance hatten. Und tatsächlich gelang es einem außergewöhnlich kräftigen und großen Krieger namens Latota, die Mauerkrone für eine ganze Weile zu halten. Mit seiner Streitaxt mähte er die Verteidiger wie reife Ähren weg und fast hätte er es geschafft, sich nach unten auf die zweite Mauer, wo die Ochsen ihre Lauffläche hatten, durchzukämpfen. Doch dann schickten ihm die Tanyden frische Truppen entgegen. Latota musste sich schließlich wieder zurückziehen.
Als sich der erste Tag dem Ende entgegen neigte und die Kämpfe eingestellt wurden, wie es seit jeher Sitte war, blieb den Maratenern nichts weiter übrig, als unter den Augen der Tanyden, die von ihrer Mauer zuschauten, ihre Toten in einer großen Grube zu begraben.
Am nächsten Tag ging der Angriff unvermindert weiter. Taro Yagur ließ nun zwei Leitern dicht nebeneinander aufstellen, damit immer zwei Krieger zusammen oben ankamen. Die Bogenschützen schossen jetzt auch während des Aufstiegs. Sie mussten freilich genauer zielen. Hin und wieder trafen sie jedoch aus Versehen auch einen der eigenen Krieger. Die Verteidiger auf der Mauer hatten alle Hände voll zu tun, um die Angreifer abzuwehren. Immer wieder gelang es den Maratenern sich auf einem Teilstück der Mauerkrone für eine Weile festzusetzen. Waren erst einmal mehrere Krieger oben, konnten sie ihre ganze Kraft in Zweikämpfen entfalten. Trotzdem war die Übermacht der Verteidiger noch groß. Sie konnten viel schneller für Nachschub an frischen Kriegern sorgen. Und so mussten sich die Angreifer immer wieder auf ihre Leitern zurückziehen.
Mit ganz vorne dabei war immer auch Latota. Er hatte es sich in den Kopf gesetzt, die Ochsen zum Laufen zu bringen und dadurch das Tor zu öffnen. Während die anderen Krieger die Tanyden in Zweikämpfe verwickelten, gelang es ihm fast ohne Kampf bis auf die zweite, niedrigere Mauer vorzudringen. Er konnte die Ochsen schon sehen, wie sie in ihrem Gatter standen, mit den Hufen scharrten und nur darauf warteten, dass jemand die Absperrung entfernte, die sie am Laufen hinderte.
Doch da standen nicht nur die Ochsen, sondern auch ein Krieger. Er hatte seinen Bogen gespannt und die Pfeilspitze zielte genau auf das Herz des Eindringlings. Latota blieb wie angewurzelt stehen. Als er genauer hinschaute erkannte er, dass es kein Krieger war, sondern eine Kriegerin. Sie hatte kurze braune Haare und ein noch mädchenhaftes Gesicht, aber ihr Körper war so kräftig, wie der eines erfahrenen Kriegers. Der seltsame Blick, mit dem sie ihn anlächelte, ließ ihn frösteln. Ihre Augen hatten fast die gleiche Farbe wie die blaue Spitze ihres Pfeils. Latota erschrak. Jeder Krieger kannte dieses Blau. Es handelte sich um das Gift der Ulano-Pflanze. Dieses Gift war so stark, dass schon eine kleine Menge ausreichte, um einen erwachsenen Menschen in kurzer Zeit zu töten. Und der Tod kam begleitet von schrecklichen Krämpfen und Schmerzen. Latota hatte Menschen an Ulano sterben sehen und er wünschte es seinem schlimmsten Feind nicht, daran zu Grunde zu gehen.
Die Kriegerin lächelte ihn noch immer an. Nach einer gefühlten Ewigkeit sagte sie in reiner maratenischer Sprache, die sich so anhörte, als hätte sie ewig in Maratena gelebt: »Kehre um. Und lass dich nie wieder hier unten blicken. Noch einmal verschone ich dich nicht. Sage deinem Feldherrn, jeder der versucht die Ochsen zum Laufen zu bringen, wird den blauen Tod sterben.«
Ihre Stimme klang ruhig und fest, so als war sie daran gewöhnt, Befehle zu erteilen. Latota drehte sich eiligst um und versuchte so schnell wie möglich eine der Leitern an der Mauer zu erreichen. Und keiner der Tanyden, denen er auf dem Weg dorthin begegnete, krümmte ihm auf seinem Rückweg auch nur ein Haar, was ihn sehr verwunderte. Er wusste nicht, dass er Antinia, der Königin von Tanybur, gegenübergestanden hatte. Als er Taro Yagur von der Begebenheit erzählte, lächelte der nur leicht in sich hinein und seine Augen konnten nicht verbergen, dass er einen gewissen Stolz empfand – nicht für Latota, sondern für Antinia. Seine Antinia.
Taro Yagur beriet sich am Abend des zweiten Tages mit seinen Truppenführern, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Insgeheim ahnte er, dass er mit großer Wahrscheinlichkeit auf seinen alternativen Plan zurückgreifen musste. Naburo, sein Stellvertreter und ein enger Vertrauter König Morgones, war jedoch der Meinung, dass man nicht so schnell aufgeben und wenigstens noch einige weitere Tage versuchen sollte, das Tor zu öffnen. Da niemand wusste, was Taro Yagur für einen Plan hatte und er sich auch weiterhin nicht dazu äußerte, schlossen sich alle der Ansicht Naburos an. Den Angriff ohne Ergebnis abzubrechen, kam für niemanden in Frage. Morgone würde sie wahrscheinlich alle dem Henker übergeben, kehrten sie mit leeren Händen zurück.
»Also gut.« sagte Taro Yagur, »führen wir den Angriff noch einige Tage fort. Die Schreiner sollen weitere Leitern bauen, damit wir noch mehr Krieger gleichzeitig auf die Mauer bekommen.«
Er überlegte kurz, dann fuhr er fort: »Ich denke, wir sollten ab morgen zusätzlich noch eins der kleineren Tore angreifen. Damit bringen wir die Verteidigung der Tanyden etwas durcheinander und sie müssen ihre Krieger auf zwei Tore verteilen.«
Insgeheim dachte er sich, hoffentlich taucht nicht wieder irgendwo Antinia auf und bringt mit ihrer unnachahmlichen Art auch den tapfersten Krieger dazu, die Flucht zu ergreifen. Aber diese Sorge behielt er für sich.
Die nächsten Tage verliefen nicht viel anders, als die vorherigen. Von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang stürmten die Maratener gegen die unüberwindbare Mauer Tanyburs an, mit dem immer gleichen Ergebnis. Jeden Abend blieben etliche Krieger tot auf dem Schlachtfeld zurück. Und jeder gefallene Krieger verringerte die Chance auf einen Sieg.
»Wenn das so weitergeht,« dachte sich Taro Yagur, »kehre ich nur mit einer Handvoll Krieger nach Maratena zurück.«
Die Tanyden verhinderten jeden Versuch, die Mauerkrone dauerhaft zu besetzen. Sie verfügten als Verteidiger über die bessere Position. Ihre Ressourcen an Menschen, Waffen und Nahrungsmitteln war schier endlos. Die Maratener hingegen mussten sich einschränken. Sie führten Verpflegung für höchstens zwei Monde mit. Und in Maratena gab es nicht genug Wagen, um tausende Krieger über diese große Entfernung zu versorgen. Außerdem bestand bei einer zu langen Belagerung die Gefahr, dass sich im Lager der Angreifer Seuchen ausbreiteten.
An diesem Abend traf sich Taro Yagur mit Kanado Vari, der die ganze Zeit ein besorgtes Gesicht machte, was bei ihm öfters vorkam.
»Die Götter scheinen uns nicht gnädig gestimmt zu sein.« sagte er dann hilflos. Taro Yagur nickte ebenso hilflos und bemerkte: »Wenn man sie mal braucht, sind sie nicht da. Wahrscheinlich sind sie überhaupt nicht da.«
Kanado Vari zeigte bei diesen aus seiner Sicht frevelhaften Worten keine Regung. Er wusste, dass weder die Nitanier noch die Tanyden an Götter glaubten.
Das Gespräch zog sich zäh dahin. Schließlich stand Kanado Vari auf und ging zum Ausgang des Zeltes. Dort blieb er stehen und schaute in den dunklen Abendhimmel. Taro Yagur tat es ihm gleich und so standen sie eine ganze Weile schweigend nebeneinander und beobachteten die Sterne.
Im Lager war es bereits vollkommen still. Die Krieger schliefen nach den Anstrengungen des Tages wie tot. Nur die Wachen versahen ihren Dienst im Licht einiger weniger Fackeln. Plötzlich tauchte zwischen zwei größeren Sternen eine Sternschnuppe auf. Nur einen ganz kurzen Moment schoss sie in Richtung Horizont. Dann war sie schon wieder verschwunden.
»Hast du sie gesehen?« fragte Kanado Vari an Taro Yagur gewandt. Der nickte: »Ja.« Und dann fügte er noch etwas ironisch hinzu: »Beschmeißen uns die Götter nun auch noch mit Sternen?«
Kanado Vari machte ein missbilligendes Gesicht, was Taro Yagur aber wegen der Dunkelheit nicht erkennen konnte. Kurz darauf tauchte an fast der gleichen Stelle noch eine weitere Sternschnuppe auf. Sie war etwas größer und leuchtete deswegen länger.
Kanado Vari zog einen durchsichtigen blauen Stein aus seinem Gewand, der im Licht der Fackeln stark funkelte. Taro Yagur hatte so einen Stein noch nie gesehen. Der Wahrsager hielt ihn vor sein rechtes Auge und beobachtete die beiden Sterne, wobei er irgendetwas Unverständliches vor sich hin brabbelte. Dann wurden die Worte verständlicher.
»Zwei Sterne im Sternbild Kreuz. Zwei fliegende Sterne kurz nacheinander. Ein knappes Viertel nach Sonnenuntergang.«
Nachdem er genug gesehen hatte, ging er wieder ins Zelt hinein und setzte sich auf das große Fell, das in der Mitte des Zeltes ausgebreitet lag. Er wirkte wie geistesabwesend. Taro Yagur beobachtete den Wahrsager ganz genau. Nach einer Weile kam Kanado Vari wieder zu sich. Sein besorgter Blick, den er den ganzen Abend nicht abgelegt hatte, war verschwunden. Taro Yagur setzte sich neben ihn.
»Was hast du da oben gesehen?« fragte er neugierig.
Kanado Vari hob seine Hände, als wollte er einen besonders großen Krug umfassen. Und dabei schaute er nach oben an die Decke des Zeltes.
»Ich denke, die Götter haben uns doch noch ein Zeichen gegeben.«
Als er nicht gleich weiterredete, herrschte ihn Taro Yagur ungeduldig an: »Nun erzähle schon und lass dir nicht jedes Wort aus der Nase ziehen.«
Kanado Vari ließ sich nicht aus der Fassung bringen. Er stand auf und ging zielstrebig zu den Weinkrügen, die in einer Ecke des Zeltes standen. Dann schenkte er sich einen Becher ein und nahm einen großen Schluck. Nachdem er den Wein ausgiebig durchgekaut hatte, bequemte er sich endlich, Taro Yagur an seinen Erkenntnissen teilhaben zu lassen.
»Es wird schwer. Sehr schwer. Aber am Ende wirst du dein Ziel erreichen.«
Im ersten Moment war Taro Yagur erleichtert. Doch dann fragte er den Wahrsager herausfordernd: »Hast du mir nicht gerade erst vor einigen Tagen erzählt, dass die Wahrsagerei nichts weiter als eine alte Tradition ist, die nur selten die Wahrheit zu Tage fördert?«
Kanado Vari schaute Taro Yagur mit einem ernsten Blick an: »Was willst du von mir hören?« sagte er schließlich etwas gereizt.
»Entweder du bist ein guter Feldherr und hast einen durchdachten Plan. Dann wirst du siegen. Anderenfalls können auch die Götter nichts für dich tun.«
Einen Augenblick war Taro Yagur etwas verwirrt wegen der offenen Worte des Wahrsagers. Kanado Vari hatte sich seinem Feldherrn gegenüber weit vorgewagt. Doch seine Worte waren gut überlegt. Und sie erzielten genau die erwartete Wirkung. Schließlich sagte Taro Yagur mit einem selbstsicheren Lächeln im Gesicht: »Ich denke, du hast recht. Vergessen wir die Götter.«
Am siebenten Tag zog ein Unwetter über Tanybur hinweg. Schon am frühen Morgen waren am Horizont dunkle Wolken aufgezogen. Als der tägliche Angriff auf die Stadt beginnen sollte, kam ein wilder Sturm auf, der den einsetzenden Regen über den Boden peitschte und die Landschaft in eine Schlammwüste verwandelte. Immer wieder zuckten Blitze am Himmel auf und der darauffolgende Donner erschütterte die ganze Gegend.
Unter diesen Voraussetzungen war an einen Angriff nicht mehr zu denken. Taro Yagur schickte die Krieger zurück in ihre Zelte. Die meisten von ihnen waren froh, sich eine Weile von den Kämpfen der letzten Tage erholen zu können. Bis der Boden wieder trocken war, konnte einige Zeit vergehen. An diesem Tag würde es zu keinem neuen Angriff mehr kommen.
Der Einzige, dem der Regen anscheinend nichts ausmachte, war Kanado Vari. Er stand vollständig durchnässt am Rande des Feldlagers und schaute dem Naturschauspiel interessiert zu. Als Taro Yagur ihn sah, bewegte er seinen Kopf leicht hin und her. Dabei fiel ihm auf, dass der Wahrsager das drohende Unwetter an den Tagen zuvor mit keinem Wort erwähnt hatte.
So weit schien es wohl mit seinen Kenntnissen bei der Vorhersage des Wetters nicht her zu sein, dachte sich Taro Yagur, während er in Richtung des Feldherrenzeltes ging. Inzwischen war auch er vollständig durchnässt.
Als er das Zelt schließlich betrat, wusste er noch nicht genau, wie es an den darauffolgenden Tagen weitergehen würde. Sollte er die Krieger weiterhin gegen die Mauern anrennen lassen, in der Hoffnung, dass es ihnen doch noch gelang, in die Stadt einzudringen? Oder war es jetzt an der Zeit, den anderen seinen Alternativplan zu verkünden?
Taro Yagur setzte sich auf das einzige noch freie Bärenfell. Seine Truppenführer waren bereits vollständig anwesend. Eine ganze Weile sagte niemand etwas. Die meisten schauten mit gesenktem Blick auf das Feuer, das in der Mitte des großen Zeltes vor sich hin brannte. Nur ab und zu hob jemand vorsichtig den Blick, um Taro Yagur kurz zu beobachten. In der Luft lag eine seltsame Spannung. Alle warteten darauf, dass ihr Feldherr irgendetwas sagen würde. Sie wussten, dass es einen Plan gab, aber sie kannten ihn nicht. Sie ahnten noch nicht einmal die ungefähre Richtung.
Währenddessen arbeitete Taro Yagurs Gehirn. Er spielte alle Möglichkeiten in Gedanken durch. Zeitweise schloss er dabei seine Augen, was die Spannung bei denjenigen, die ihn beobachteten, noch erhöhte. Dann hob er endlich seinen Blick und schaute einem nach dem anderen der Anwesenden in die Augen. Schließlich begann er zu reden.
»Wie ihr wisst, habe ich lange in Tanybur gelebt. Ich kenne die Stadt sehr gut.« begann er seine Ansprache. Dann machte er eine kurze Pause.
»Ich brauche drei Freiwillige.«
Er schaute in die Runde und wunderte sich, dass augenblicklich die Hände aller Anwesenden nach oben schnellten. Es gab niemanden, der seinem Feldherrn den Dienst verweigerte.
»Gut.« sagte Taro Yagur. »Das hätten wir.« Dann begann er eine Geschichte zu erzählen.
»Als ich noch ein Kind war, spielte ich gerne an Orten, wo ich eigentlich nicht hätte sein sollen. Zum Beispiel an der Stadtmauer, wo es immer viele Baustellen gab. Die Wächter versuchten ihr Möglichstes, um uns von dort fernzuhalten, aber das spornte uns nur noch mehr an. Eines Tages waren einige meiner Freunde und ich mal wieder auf der Flucht vor den Wächtern. Wir versteckten uns in einem Gebüsch hinter einem großen Steinhaufen. Doch der Boden unter unseren Füßen fühlte sich merkwürdig an und gab seltsame Geräusche von sich, so als stünden wir auf einer hohlen Kammer. Als wir nachschauten, entdeckten wir eine Holzplatte, die nur notdürftig mit Erde und Laub bedeckt war. Wir schoben die Platte beiseite und da kam ein dunkles Loch zum Vorschein. Eine hölzerne Leiter führte hinunter in die Tiefe und je weiter wir herabstiegen, desto düsterer wurde es. Schließlich mussten wir umkehren, da man die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Wir deckten das Loch wieder ab und am nächsten Tag kehrten wir mit einer Fackel zurück. Nun stiegen wir erneut hinab. Unten war ein Tunnel, der gerade so hoch war, dass wir Kinder darin halbwegs gerade stehen konnten. Wir liefen den gesamten Tunnel ab, was eine Weile dauerte. Es kam uns da unten ziemlich unheimlich vor, aber die Neugier war größer. Am Ende führte wieder eine Leiter nach oben und als wir aus dem zweiten Loch kletterten, sahen wir die Stadt von außen. Der Ausgang befand sich gut dreitausend Fuß von der Stadtmauer entfernt in einem kleinen Waldstück. Später, als ich dem Kindesalter schon entwachsen war, erzählte ich Königin Roskane von dieser Begebenheit. Sie erklärte mir, dass dieser Tunnel und noch einige weitere schon vor langer Zeit angelegt worden waren, damit der König, die Feldherrn und die wichtigsten Würdenträger Tanyburs die Stadt im Falle einer erfolgreichen Eroberung verlassen und Gegenmaßnahmen einleiten konnten. Wir hatten damals in der Nähe des Ortes Taivah Ailon noch eine größere Truppe stationiert, die uns hätte zu Hilfe eilen können. Dazu kam es jedoch nie, da die massiven Mauern Tanyburs augenscheinlich Abschreckung genug waren. Es gab später auch keine Armee mehr in Taivah Ailon, nur noch eine kleine Polizeitruppe. Man hat die Krieger zurück nach Tanybur geholt.«
Taro Yagur machte nun wieder eine kurze Pause, bevor er fortfuhr.
»Die Tunnel existieren mit großer Wahrscheinlichkeit auch heute noch. Einer der Eingänge liegt nicht weit von hier in einem Waldstück an den Hügeln. Der Tunnel führt zu einem kleineren Seitentor.«
Taro Yagur schaute kurz in die Runde, dann zeigte er auf Anaro, Uyar und Zinzar. »Euch drei habe ich ausgewählt, mit mir in die Stadt einzudringen. Diese Krieger waren ihm als besonders geschmeidig aufgefallen. Sie kämpften effektiv und geräuschlos, ohne das übliche Spektakel, das andere Krieger gerne veranstalteten. Genau solche Kämpfer brauchte er, um unbemerkt in die Stadt zu kommen.
»Naburo, du wirst als mein Stellvertreter die Truppen führen, bis ich wieder zurück bin.«
Bei diesen Worten schaute er den maratenischen Krieger einen Moment mit einem strengen Blick an. Er wusste, was dieser Vertraute Morgones vorhatte. Ihn mit der Führung des ganzen Heeres zu beauftragen war ein Risiko. Doch ihm blieb nichts anders übrig. Schließlich hatte ihn Morgone selbst zu seinem Stellvertreter ernannt.
Als er mit Naburo fertig war, schaute er zu Kanado Vari, der wie immer in Gedanken versunken war und fragte ihn: »Wann haben wir das nächste Mal Vollmond?«
Der Wahrsager überlegte kurz, dann sagte er: »In sieben Tagen.«
»Gut.« antwortete Taro Yagur, »Wir haben also genug Zeit, die Aktion vorzubereiten.«
Während sich die Krieger von den verlustreichen Kämpfen der vergangenen Tage noch erholten, beschäftigten sich Taro Yagur, Anaro, Naburo, Uyar und Zinzar mit der detaillierten Ausarbeitung des Plans.
Am nächsten Abend machten sich Taro Yagur und Uyar in der Dämmerung auf den Weg zu jener Stelle, wo sie den Eingang vermuteten. Sie befand sich in einem dichten Gebüsch am Rande der Hügel, die Tanybur umgaben. Und tatsächlich fanden sie die inzwischen von Pflanzen überwucherte Holzplatte recht schnell. Sie stiegen die Leiter hinab und es sah noch alles so aus wie damals. Nur gut, dachte sich Taro Yagur, dass mich die Tanyden für tot halten und nicht im Traum auf den Gedanken kommen, dass ich jetzt als Anführer der Maratener vor ihren Toren stehe. Sonst hätten sie vermutlich Vorsorge getroffen und zumindest einen Teil des Tunnels zugeschüttet.
Nachdem sie alles ausgiebig inspiziert hatten, machten sie sich wieder auf den Weg zurück ins Lager. Inzwischen war es stockfinster und da sie außerhalb des Tunnels keine Fackeln benutzen konnten, um sich bei den Wachen auf den Mauern Tanyburs nicht zu verraten, tasteten sie sich vorsichtig Schritt für Schritt in Richtung Lager, das durch die vielen Fackeln gut in der Ferne zu erkennen war.
Als sie es endlich zurück geschafft hatten, trommelte Taro Yagur sofort seine Mitstreiter ins Feldherrenzelt. Noch bevor alle eingetroffenen waren, begann er bereits die Verteidigungsanlagen auf den Boden zu zeichnen.
»Hier und hier und hier sind die Wachen platziert.« und dabei zeigte er mit einem Stock auf verschiedene Bilder, die er gezeichnet hatte. »Es sind nicht mehr als drei. Mit einigen gut gezielten Pfeilen sollten wir sie ausschalten können.«
Naburo schaute sich alles genau an, was Taro Yagur auf den Boden gezeichnet hatte. Dabei umfasste er sein Kinn mit der linken Hand und setzte einen leicht zweifelnden Gesichtsausdruck auf, was darauf hindeutete, dass er ein oder mehrere Probleme entdeckt hatte.
»Woher weißt du, dass es nur drei Wachen sind?« sagte er dann an Taro Yagur gerichtet.
»Damals, als ich in Tanybur lebte, waren es drei. Ich hoffe, dass sich daran bis heute nichts geändert hat. Aber auch ein paar mehr dürften kein allzu großes Problem sein.«
»Und das Öffnen der Tunnel-Platte innerhalb der Stadt, direkt unter dem Turm, mit all dem Gestrüpp und Geröll darauf, lässt sich wohl auch nicht ganz geräuschlos bewältigen.« fuhr Naburo fort. »Man wird euch sofort entdecken. Wir benötigen irgendwelche natürlichen Geräusche, die eure überdecken.«
Taro Yagur nickte und machte dabei ein Gesicht, als hätte er die Antwort bereits gefunden.
»Ja, Naburo, in der Tat, die brauchen wir. Und wir bekommen sie auch.«
Naburo schaute ihn mit fragenden Augen an und entgegnete dann: »Und an was hast du dabei gedacht? Wir können ja leider keinen tosenden Sturm für diese Nacht bestellen.«
Taro Yagur lächelte kurz, dann sagte er: »Vielleicht könnte uns Kanado Vari da weiterhelfen.«
Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Nein, ich hatte an etwas anderes gedacht. In der Nacht, in der wir in Tanybur eindringen, wird es ein großes Fest geben. Die Krieger werden um die Feuer tanzen, und sie werden singen und schreien, was ihre Stimmen hergeben. Und die Trommler werden trommeln, so laut wie Donnerschläge. Es wird eine Getöse geben, als zöge ein Unwetter über die Stadt hinweg. Wir sind kaum tausendfünfhundert Fuß von der Stadt entfernt. Die Wächter werden das Rascheln des Gestrüpps nicht hören, zumal sie oben auf dem Turm am Tor stehen. Wer weiß, vielleicht denken sie sogar, dass wir den Angriff aufgeben und mit dem Krach irgendwelche Kriegsgeister besänftigen wollen. Die Tanyden glauben zwar nicht an Götter und Geister, wie auch die Nitanier nicht, von denen sie abstammen, aber sie wissen, dass die Maratener dies tun.«
Naburo schaute Taro Yagur anerkennend an: »Das ist wirklich eine grandiose Idee. Darauf wäre ich im Traum nicht gekommen.«
»Ich auch nicht.« erwiderte Taro Yagur daraufhin. »Das war der Einfall von Kanado Vari.«
Die Maratener hatten eine ganze Reihe von Göttern, die sie zum Teil noch aus Trua kannten. Taro Yagur fand sich in diesem ganzen Götterchaos nicht besonders gut zurecht und er hatte auch keinerlei Ambitionen, daran etwas zu ändern. Dafür waren Kanado Vari und die anderen Wahrsager zuständig. Er selbst glaubte nicht daran, dass es irgendwelche Wesen gab, die über den Menschen standen. Schon die alten Nitanier beteten keine personifizierten Götter an. Sie verehrten lediglich Naturerscheinungen, die für sie eine Bedeutung hatten. Die vier wichtigsten waren Ur – die Erde, mit allem was sie trug, Lu – der Himmel darüber, Syn – die Sonne, die die Erde erleuchtete, wärmte und den Tag einteilte und Nyn – der Mond, der die Nacht erhellte. Man war dankbar, dass es sie gab, aber man betete sie nicht an. Wer sie wann erschaffen hatte, darüber machten sich weder die Nitanier noch die Tanyden Gedanken. Sie waren einfach schon immer da.
Auch der Tod ängstigte sie nicht besonders. Damit endete zwar ein Leben, aber sie waren felsenfest davon überzeugt, dass jeder Verstorbene irgendwann wiedergeboren werden würde, die Guten wie die Bösen; die Bösen allerdings in der Gestalt von Tieren, die gejagt und gegessen wurden. Oder schwere Arbeiten verrichten mussten. Die Menschen wurden mit dem Tod sozusagen in den Nullzustand zurückversetzt und konnten wieder ganz von vorne anfangen. Zumindest diejenigen, die nicht zu den Bösen gehörten, wobei die Ansichten darüber, wer gut und wer böse war, weit auseinandergingen.
Viele dachten daher immer wieder darüber nach, was sie in ihrem nächsten Leben besser oder anders machen konnten. Und obwohl sich niemand an sein vergangenes Leben erinnerte, versuchte man alle möglichen Verbindungen zu längst verstorbenen Personen herzustellen. Jeder Tanyde hatte einen oder mehrere Favoriten, von denen er glaubte, dass er das in seinem früheren Leben hätte gewesen sein könnte. Die Bescheideneren beschränkten sich dabei auf ihre eigenen Familie, deren Mitglieder auch über längere Zeiträume durch Erzählungen in Erinnerung blieben. Diejenigen, die größer dachten, sahen sich als die Wiedergeburt von Königen oder Feldherren.
Die Maratener dagegen hatten eine Unterwelt, wo die Bösen nach ihrem irdischen Leben ewige Qualen erleiden mussten, während die Guten auf einer paradiesischen Insel in endloser Glückseligkeit dahindämmerten. Wie langweilig, dachte sich Taro Yagur.
Als nun die Nacht gekommen war, in der der Vollmond hoch am Himmel stand und die Landschaft in sein silbernes Licht tauchte, machten sich Taro Yagur, Anaro, Uyar und Zinzar auf den Weg zum Tunnel. Im Lager der Maratener begannen die Krieger indes mit ihrem großen Fest. Der Krach war so beachtlich, dass man ihn sogar im Tunnel ganz deutlich hören konnte. Taro Yagur nickte zufrieden und dann gingen sie in gebückter Haltung in Richtung Tanybur.
Am Ende des Tunnels kletterten sie nach oben und schoben die Holzplatte ganz vorsichtig beiseite. Im Mondlicht konnten sie den Wachturm gut erkennen. Taro Yagur kletterte aus dem Loch nach draußen und brachte sich hinter einen Gebüsch in Position. Er zog einen Pfeil aus seinem Köcher und spannte ihn in den Bogen. Der Posten, der oben auf dem Turm Wache hielt, war jedoch nicht zu sehen. Wahrscheinlich stand er auf der anderen Seite und schaute erstaunt auf das Lager der Maratener.
Anaro, Uyar und Zinzar kamen nun ebenfalls nach oben und bezogen Stellung. Jeder schaute mit gespanntem Bogen in eine andere Richtung, so dass sie niemand überraschen konnte.
Nach einer Weile kam der Posten auf die Innenseite des Turms und steckte seinen Kopf über die Zinne. Taro Yagur visierte das Ziel genau an, dann ließ er die Sehne los. Der Pfeil traf den Unglücklichen direkt unterhalb des Kinns. Die Durchschlagskraft des Pfeils war so groß, dass er oben am Kopf wieder austrat. Er sank lautlos in sich zusammen, doch der Pfeil verhakte sich an der Zinnenscharte, so dass der leblose Körper dort hängen blieb.
Die vier blieben noch eine Weile in ihrer Deckung, aber es schienen in dieser Nacht keine weiteren Wachposten unterwegs zu sein. Taro Yagur gab den anderen ein Zeichen. Dann machten sie sich geduckt und dicht an der Mauer auf den Weg.
»Kommt nicht zu nah an die Mauer.«, mahnte Taro Yagur seine Mitstreiter. Dort führt ein Seil entlang, an dem alle fünfzig Fuß mehrere große Kupferplatten hängen. Berührt jemand das Seil, schlagen die Platten aneinander, was ziemlich weit zu hören ist. Gegen die Menge der Krieger, die dann anrücken, haben wir keine Chance.«
Kaum war Taro Yagur mit seinen Ausführungen fertig, tauchte hinter einer Mauerecke ein weiterer Posten auf. Doch bevor der überhaupt die Situation erfassen konnte, schoss Anaro schon seinen Pfeil ab, direkt ins Herz. Mit dem Pfeil in seinem Körper stand er noch einen Augenblick da. Geistesgegenwärtig machte Zinzar einen gewaltigen Sprung und hielt den massigen Körper fest, damit er nicht unkontrolliert auf den Boden knallte.
Auf dem weiteren Weg in Richtung des Haupttores begegnete ihnen nun niemand mehr. Auch oben auf der Mauer bewegte sich nichts. Aber das war nicht weiter verwunderlich, denn nachts wurden keine Kriege geführt. Wozu sollte also die Mauer von mehr Kriegern bewacht werden, als unbedingt nötig? So gelang es Taro Yagur, Anaro, Uyar und Zinzar ungestört bis zum Haupttor vorzudringen. Sie konnten schon die niedrige innere Mauer sehen, auf der sich die Lauffläche der Ochsen befand, die das Tor aufzogen.
Sie waren in diesem Moment so auf ihr Ziel fixiert, dass sie die nahende Gefahr nicht sahen. Taro Yagur lächelte den anderen zu, dann sagte er: »Wir haben es fast geschafft. Seht ihr diese Treppe? Da müssen wir hinauf. Dort oben ist das Gatter, das die vermutlich gerade schlafenden Ochsen aufhält. Wir müssen sie nur noch wecken.«
Er hatte diesen Satz gerade beendet, als ein blechernes Scheppern die Nacht durchdrang und selbst die feiernden maratenischen Krieger übertönte. Und dann brach die Hölle los. In kürzester Zeit strömten aus allen Richtungen tanydische Krieger mit Streitäxten und Kampfkeulen heran. Niemand wusste, wer fortwährend an dem Seil zog. Sie mussten einen Posten übersehen haben.
Taro Yagur, der am nächsten an der Treppe stand, sprang ein paar Stufen hoch, damit er sich einen besseren Überblick verschaffen konnte. Er schoss Pfeil auf Pfeil in die heranströmenden Tanyden.
Zinzar war der Erste der fiel. Als nächstes wurde Anaro dahingerafft. Nachdem Taro Yagur alle seine Pfeile verschossen hatte, schmiss er seinen Bogen fort und stürzte sich mit seiner Streitaxt in die Schlacht, obwohl er wusste, dass er gegen die Masse der tanydischen Krieger keine Chance hatte. Doch vor seinem eigenen Ende wollte er so viele Feinde wie möglich mitnehmen. Und so schlug er wie ein Rasender eine Schneise der Verwüstung in die Reihen der Tanyden. Hinter sich ließ er eine Straße aus zerborstenen Knochen und Schädeln.
Die Tanyden bekamen es allmählich mit der Angst zu tun. Wer war dieser Fremde, der sie wie reife Ähren hinweg mähte? Würden sie an Götter glauben, hätten sie denken können, er wäre von den Himmlischen gesandt worden. Doch sie glaubten nicht an Götter. Und so fingen sie den Wilden, dem langsam die Kräfte schwanden, schließlich mit einem Netz ein. Sie töteten ihn jedoch nicht, wie die anderen. Für ihn wollten sie sich etwas Besonders einfallen lassen. Sie brachten ihn in jenes unterirdische Verlies, das Taro Yagur von früher noch gut kannte – allerdings nur von außen. Was mit Uyar geschehen war, wusste Taro Yagur nicht. Mit großer Wahrscheinlichkeit war auch er tot.
Das Gefängnis von Tanybur befand sich an einer Stelle an der Stadtmauer, wo sich kaum jemand hin verirrte. Ein flacher Bau aus übereinandergestapelten Feldsteinen, der sich im Schatten der riesigen Mauer zu ducken schien. Wer einmal in dieses Gebäude hineingebracht wurde, kam selten wieder lebendig heraus. Das eigentliche Verlies befand sich unter der Erde. Der oberirdische Bau diente lediglich als Aufenthaltsort für die Wachen, falls denn überhaupt welche anwesend waren. Die hohen Zellen konnte man nur durch kleine Löcher im Boden erreichen. Ohne Leiter oder Seil war es unmöglich aus den Zellen herauszukommen. Meist verbrachten die Gefangenen hier unten die Zeit bis zu ihrer Hinrichtung. Die Henker, drei an der Zahl, kletterten dann in eine der Zellen hinab und verrichteten im flackernden Licht einer Fackel ihre Arbeit. Anschließend zogen sie den Toten mit einem Seil nach oben, wo ihn später ein Totengräber abholte.
Öffentliche Hinrichtungen, wie in anderen Städten, gab es in Tanybur nicht. Abgesehen von den Kriegern, wollten die Tanyden dem Tod nicht in die Augen sehen, auch wenn sie fest daran glaubten, dass sie früher oder später in anderer Gestalt wieder in die Welt der Lebenden zurückkehren würden. Selbst die Henker schlossen bei Hinrichtungen die Augen.
Taro Yagur saß nun in einem dieser finsteren, unterirdischen Verliese, die kaum größer als zehn mal zehn Fuß waren, aber fünfzehn Fuß hoch. Nur durch das Loch in der Decke fiel etwas Licht, das von den Fackeln stammte, die im Obergeschoss brannten. Er überlegte sich, was man mit ihm vor haben könnte.
»Etwas ganz Besonderes.« hatte einer der Krieger bei seiner Gefangennahme gesagt. Das konnte viel bedeuten oder auch nichts. Nur gut, dass niemand wusste wer er war. Für den Fall, dass man ihn danach fragte, hatte er sich schon einen anderen Namen einfallen lassen. Antinia würde nie erfahren, auf welche schändliche Weise sein Leben endete. Es war sehr unwahrscheinlich, dass sich die Königin um einen kleinen gefangenen Krieger kümmerte. Und das beruhigte ihn sehr. So konnte er in den Tod gehen, mit der Hoffnung, irgendwann ein neues Leben und eine neue Chance zu bekommen. Er legte sich auf den steinernen Boden und zog seinen langen Wollumhang, den man ihm erstaunlicherweise nicht weggenommen hatte, über den Kopf. Und während er über sein Schicksal nachdachte, lief sein ganzes bisheriges Leben noch einmal an ihm vorüber.
II
An einem Morgen im Herbst, noch bevor die Dämmerung begann, zogen die beiden Wachposten Arolar und Luko ihre Runden um die Stadtmauer von Tanybur, so wie sie es schon seit Jahren taten. Einst waren sie Krieger gewesen, doch als ihre aktive Zeit endete, wechselten sie zu den Truppen, die die Stadt bewachten. Was hätten sie auch sonst tun sollen? Sie eigneten sich nicht zum Handwerker oder Bauern. Und zum Nichtstun waren sie noch zu jung.
Arolar und Luko kannten sich schon so lange, dass sie sich nicht mehr viel zu sagen hatten. Sie gingen schweigend nebeneinander her und schauten sich nur ab und zu um, obwohl sie in der mondlosen Nacht kaum weiter sehen konnten, als der Schein ihrer Fackeln reichte. Solange sie die Stadt bewachten, war nachts an der Mauer noch nie wirklich etwas Bedrohliches passiert. Gelegentlich verirrten sich Bären, Wölfe oder Wildschweine auf ihrer nächtlichen Wanderung an der Mauer, doch sie verzogen sich meist schnell wieder. Trotzdem waren alle Wachen an Stellen, an denen die Mauer ihre Richtung änderte, besonders vorsichtig. Man wusste nie, was hinter der Ecke lauerte. Auch ein hungriger Wolf konnte gefährlich werden. Arolar und Luko hatten es sich zur Angewohnheit gemacht, an jeder Mauerecke einen Stein in die Dunkelheit zu werfen. Blieb alles ruhig, schauten sie zunächst vorsichtig um die Ecke, bevor sie weitergingen.
Als sie wieder eine Mauerecke passiert hatten, von denen es auf ihrem Weg um Tanybur viele gab, vernahmen sie plötzlich ein merkwürdiges Geräusch aus der Ferne. Es hätte von einen Tier stammen können, aber sie konnten es nicht zuordnen. Dann verstummte es wieder für eine Weile. Je näher sie der Quelle kamen, desto deutlicher und klarer wurde das Geräusch.
»Das hört sich wie ein schreiendes Kind an.« bemerkte Arolar.
»Ein Kind an der Mauer, mitten in der Nacht?« antwortete Luko fragend.
Sie gingen direkt auf eines der kleineren Tore zu. Dort standen einige Sträucher an der Mauer, was sonst eher selten vorkam. Inmitten der Pflanzen lag tatsächlich ein Kind, eingewickelt in eine dicke Stoffdecke. Es war vielleicht ein paar Monde alt, höchstens ein halbes Jahr. Die beiden schauten sich fragend an. Arolar gab Luko seine Fackel, bevor er das Kind, das jetzt leise vor sich hin wimmerte, vom Boden aufhob.
Er schaute eine ganze Weile in dessen graublaue Augen. Dann sagte er: »Ich weiß nicht, was es ist. Aber irgend etwas stimmt nicht mit diesem Kind.« Dabei machte er ein so seltsames Gesicht, das Luko eine leichte Gänsehaut bekam.
Luko schaute zum Horizont und bemerkte: »Die Dämmerung beginnt.«
Arolar nickte gedankenversunken, während er den schmalen hellen Streifen am östlichen Morgenhimmel beobachtete.
»Ja« sagte er dann. »Und Yagur, das Sternbild des Kriegers, geht gerade auf. Noch vor der Sonne. Das ist schon alles sehr merkwürdig.«
Der kleine Knirps, der noch immer auf Arolars Arm saß, schaute nun auch in Richtung des Sternbildes. Dabei leuchteten seine Augen in einem unnatürlich grellen Blauton. Luko bekam bei diesem Anblick schon wieder eine Gänsehaut.
»Komm, lass uns in die Stadt gehen. Am besten gleich zur Königin.« sagte er an Arolar gewandt. Die beiden wollten dieses unheimliche Kind so schnell wie möglich loswerden. Sie gingen an die Stelle, wo es für die Wachen eine Möglichkeit gab, in die Stadt zu gelangen. Das Kind war nun ganz ruhig, was wohl an Arolars leicht schaukelndem Gang lag. Da die Tore erst geöffnet wurden, wenn die Sonne im ersten Viertel des Himmels stand, mussten sie sich an einer bestimmten Stelle, von denen es an der Mauer mehrere gab, mit einer speziellen Vorrichtung nach oben ziehen lassen.
Als sie in der Stadt waren, machten sie sich sofort auf den Weg zum Palast der Königin. Da man sie dort kannte, konnten sie die Palastwachen ungehindert passieren. Draußen rollte derweil die Sonne über den Horizont und goss ihr oranges Licht über die Stadt. Glücklicherweise war Königin Roskane eine Frühaufsteherin und bereits wach. Nachdem die beiden Wachen ihre Geschichte erzählt hatten, ließ Roskane den Befehlshaber der Palasttruppen zu sich kommen.
»Schick einige unserer Leute in die Stadt und in die Orte in der Nähe von Tanybur. Sie sollen versuchen herauszufinden, ob irgend jemand ein Kind vermisst. Es kann ja nicht vom Himmel gefallen sein.«
Zwar kam es gelegentlich vor, dass Eltern aus den Orten der Umgebung ihre Kinder in der Stadt zurückließen, in der Hoffnung, dass sich dort jemand um sie kümmert. Die Chancen auf ein gutes Leben waren in Tanybur wesentlich größer.
Doch wer nicht in Tanybur geboren worden war, hatte kaum eine Möglichkeit in der Stadt zu wohnen. Ausnahmen machte man nur bei gesuchten Handwerkern, Kriegern und Wissenschaftlern. Oder bei Fremden, die mit jemanden aus der Stadt eine Partnerschaft eingingen. Jeder konnte sich in Tanybur zu bestimmten Zeiten aufhalten, zum Beispiel an Markttagen oder wenn sie jemanden besuchten. Aber wenn die Tore geschlossen wurden, mussten alle, die nicht in der Stadt wohnten, die Stadt verlassen. Das wurde streng kontrolliert. Fremde, die man nach Sonnenuntergang in Tanybur aufgriff, ohne dass sie dafür einen triftigen Grund hatten, mussten einen ganzen Tag lang am Pranger stehen, damit sich alle ihre Gesichter gut merken konnten. Im Wiederholungsfall wurden die Übeltäter in aller Öffentlichkeit mit Stöcken aus der Stadt getrieben.
Bei zurückgelassenen Kindern machte man jedoch eine Ausnahme. Meist fand sich eine Familie, die sie bei sich aufnahm. Dass jemand einen Säugling mitten in der Nacht an der Stadtmauer ablegte, war allerdings noch nicht vorgekommen.
Als sich Arolar und Luko entfernt hatten, setzte sich Roskane neben das Kind und schaute es lange an. Dabei rollten ihr einige Tränen über das Gesicht und sie musste an ihre Tochter Antinia denken. Sie war nicht viel älter gewesen, als sie sie weggegeben hatte. Und es war auch noch ihre eigene Idee gewesen.
Jahrelang hatte es zwischen den beiden Städten Tanybur und Maratena immer wieder Kriege gegeben. Roskanes Gemahl, König Norik, kehrte aus der letzten Schlacht nicht mehr zurück. Seine Leiche wurde zwar nie gefunden, aber das hieß nicht, dass er noch lebte. Auch Maratenas König Timaro verlor mehrere seiner Söhne. Müde der ewigen Schlachten, machte Roskane dem alternden Timaro das Angebot, wichtige Persönlichkeiten der beiden Städte schon als Kleinkinder gegenseitig auszutauschen. Sie sollten in der jeweils anderen Stadt aufwachsen und nicht nur als Geisel weitere Schlachten verhindern, sondern auch die Menschen und das Leben kennenlernen. Die beiden Herrscher erhofften sich davon einen dauerhaften Frieden. Denn – so der Gedanke – wer zieht gegen seine eigenen Freunde, die er in seiner Jugend kennengelernt hatte, in den Krieg?
Antinia lebte seit gut einem Jahr in Maratena. Es fehlte ihr an nichts. Doch Roskane konnte sie nur einmal im Jahr sehen. Erst im Alter von zwanzig Jahren würde sie nach Tanybur zurückkehren.
Die Eltern des geheimnisvollen Kindes ließen sich indes auch nach tagelanger Suche nicht finden. Niemand vermisste ein Kind, weder in Tanybur noch in den Orten der Umgebung. Roskane entschloss sich daher dazu, das Kind selbst aufzuziehen. Sie erinnerte sich daran, was ihr Arolar und Luko erzählt hatten. Als sie den Kleinen fanden, stand das Sternbild Yagur am Himmel. Sie überlegte kurz und dachte sich dann: Yagur – Der Krieger – das ist ein guter Name. Oder noch besser: Der geheimnisvolle Krieger – Taro Yagur.
Sie lächelte den Kleinen an und sagte dann zu ihm: »Ich nenne dich Taro Yagur. Du sollst die besten Lehrer bekommen, die ich auftreiben kann, damit du deinem Namen einmal alle Ehre machst.«
Und wer weiß... wenn Antinia zurückkommt... Doch diesen Gedanken dachte sie nicht zu Ende.
Taro Yagur verbrachte die nächsten Jahrzehnte am Hof der Königin, die ihn, sobald er dem Kindesalter entwachsen war, von den besten Lehrern ausbilden ließ, die in Tanybur zu finden waren. Der Wichtigste war zweifelsohne Bataku, ein alter Krieger, der schon unter Noriks Vorgänger Tyukan gedient hatte. Bataku brachte Taro Yagur den Umgang mit Waffen wie der Streitaxt, der Kampfkeule, dem Wurfspieß sowie Pfeil und Bogen bei. Und den Nahkampf ohne Waffen, worin er ein weithin anerkannter Meister war. Er unterrichtete ihn aber auch in Strategie und Taktik. Außerdem in der Führung von großen Truppen, was für einen zukünftigen Feldherrn ebenso wichtig war.
Roskane selbst lehrte Taro Yagur das Schreiben und Lesen der Zeichen, die die Tanyden zur Aufzeichnung ihrer Informationen verwendeten. Darüber hinaus machte sie ihn auch mit der Sprache und Schrift der Maratener vertraut. Yardan, ein großer Redner, übte mit seinem Schüler die Kunst, eindrucksvolle Reden zu halten. Mitarotas, der Oberbaumeister Tanyburs, weihte ihn in die Geheimnisse des Bauwesens, der Mathematik und der Geometrie ein.
Das Bauwesen hatte in der Geschichte der Stadt einen hohen Stellenwert. Die Tanyden waren im Laufe der Zeit zu der Erkenntnis gelangt, dass Verteidigungsanlagen mindestens so wichtig waren, wie die Krieger und ihre Waffen.
Taro Yagur hinterließ bei fast allen, die mit ihm zu tun hatten, einen guten Eindruck, was auch dran lag, dass er sehr wissbegierig war und schnell Fortschritte machte, wenn er sich erst einmal intensiv mit einer Sache beschäftigte.
Der Einzige, der sich von ihm weitestgehend fernhielt war Uru Sandar, einer der höchsten Berater der Königin, wenn es um Verwaltungsfragen der Stadt ging. Uru Sandar war bereits einer der wichtigsten Berater Noriks gewesen. Als Norik jedoch nach einer Schlacht nicht mehr zurückkehrte, sah er in seinem grenzenlosen Ehrgeiz die Chance gekommen, zu höheren Weihen aufzusteigen. Er hielt mehrmals um die Hand Roskanes an – in der Hoffnung dadurch selbst König zu werden. Doch Roskane wies ihn jedes Mal mit der gleichen Begründung ab: Noriks Leiche wurde nie gefunden und so bestand zumindest theoretisch die Möglichkeit, dass er noch lebte und irgendwann zurückkehrte. Zwar wusste sie, dass Norik mit großer Wahrscheinlichkeit niemals zurückkehren würde. Doch sie wollte sich nicht mit diesem ehrgeizigen Menschen einlassen. Sie brauchte ihn als Berater, aber mehr auch nicht.
Nun, da der geheimnisvolle Taro Yagur aufgetaucht war und Roskane sich rührend um ihn kümmerte, sah Uru Sandar seine Felle wegschwimmen. Er ahnte, was Roskane vorhatte. Er musste etwas tun, doch er wusste noch nicht was.
Uru Sandar war nicht der Einzige, der sich Hoffnungen machte, über Roskane in Tanybur an die Macht zu kommen. Sanordi, der Bruder Noriks, kam schon Aufgrund seiner großen Ähnlichkeit mit Norik in die nähere Auswahl. Er warf seinen Hut erst spät in den Ring, was daran lag, dass er bereits eine Frau hatte. Erst als sie unter merkwürdigen Umständen gestorben war, konnte er sich aktiv an dem Machtspiel beteiligen. Auch Gotimar, der oberste Verantwortliche für die Versorgung der Stadt mit Nahrungsmitteln, schielte auf die Hand der Königin.
Auf Roskanes Seite stand vor allem Luka Taran, der Oberbefehlshaber der tanydischen Krieger und der mächtigste Tanyde nach der Königin. Er war von Norik noch selbst in sein Amt eingesetzt worden. Die beiden kannten sich seit ihrer Jugend. Sie hatten viel Zeit miteinander verbracht, was sich auch nicht änderte, als Norik König geworden war.
Einmal saßen Roskane und Luka Taran abends bei einem Becher Wein zusammen. Da sagte der oberste Krieger: »Ich beneide dich nicht darum Königin zu sein. Ich beneide überhaupt niemanden König zu sein. Es ist ein überaus schweres Amt.«
Roskane nickte: »Ja, da hast du recht. Aber wie du weißt, habe ich es mir nicht ausgesucht. Das Amt kam zu mir.«
Luka Taran nickte nun auch: »Genau deswegen bist du die richtige Königin. Jeder, der freiwillig nach diesem Amt greift, wird früher oder später zu einer Gefahr für die Stadt. Hüte dich vor denen, die um deine Hand anhalten. Sie können Norik niemals ersetzen.«
Und während er das sagte, schaute er nach oben an die Decke des Gebäudes, so als hoffte er, Norik dort zu entdecken. Doch er sah nur die Holzbalken, die das Dach stützten. Und so entging ihm auch die Träne, die Roskane bei diesen Worten über das Gesicht lief.
Als Taro Yagur im Alter von zwanzig Jahren seine Ausbildung abgeschlossen hatte, kehrte auch Antinia nach Tanybur zurück. Sie war gerade ein knappes Jahr älter als er. Roskane hatte sich diesen Tag lange herbeigesehnt, doch Antinia war über ihre Rückkehr zunächst gar nicht erfreut. Alle ihre Freundinnen und Freunde, mit denen sie die letzten Jahre verbracht hatte, lebten in Maratena. Tanybur war für sie eine fremde Stadt. Zwar hatte man ihr die Sprachen beider Städte beigebracht, aber sie war im Umgang mit der maratenischen Sprache versierter. Die ersten Tage wäre sie am liebsten sofort wieder nach Maratena zurückgekehrt. Roskanes ursprüngliche Idee, die dem Austausch von Geiseln zwischen Tanybur und Maratena zugrunde lag, hatte also Früchte getragen. Antinia würde wohl kaum auf den Gedanken kommen, einen Krieg gegen Maratena zu beginnen.
Ihre schlechte Laune hellte sich erst auf, als sie Taro Yagur das erste Mal sah. Sie war hin und weg von diesem kräftigen jungen Mann mit seinem markanten Gesicht und den dichten hellbraunen Haaren. Sie musste ständig zu ihm hinschauen – zumindest dann, wenn er gerade in eine andere Richtung blickte.
Taro Yagur indes machte keinerlei Anstalten, Antinia näher in Augenschein zu nehmen. Er hatte als angenommener Sohn der Königin und zudem als gut aussehender junger Mann genug Verehrerinnen, die ihn nur allzu gerne eingefangen hätten. Antinia entsprach auch nicht unbedingt dem Schönheitsideal der tanydischen Männer. Sie hatte ein noch sehr mädchenhaftes Gesicht und kurze, aber dichte dunkelbraune Haare, die ihr etwas Freches verliehen. Dazu passte ihre Art, gelegentlich mit vorlauten Bemerkungen aufzufallen.
Antinia überlegte, wie sie Taro Yagur näher kennenlernen konnte. Und schon bald wusste sie, wo er häufig anzutreffen war. Taro Yagur trainierte jeden Tag mit seinen Waffen auf einem Platz, der zu Batakus Schule gehörte. Eines Tages machte sich Antinia auf den Weg dorthin. Sie schaute ihm eine Weile zu, dann trat sie an ihn heran und sagte zu ihm: »Hast du Lust auf einen kleinen Kampf. Nur wir beide?«
Taro Yagur machte ein ungläubiges Gesicht. »Du willst mit mir kämpfen?«
»Ja.« erwiderte sie lächelnd.« Taro Yagur schaute sie von oben bis unten an und dabei bemerkte er, wie kräftig ihr Körper gebaut war.«
»Gut«, sagte er dann. »Hier hast du einen Trainingsstock.« Diese dünnen Holzstöcke sollten eine tanydische Kampfkeule aus Holz, Leder und Bronze simulieren, aber keine schweren Verletzungen verursachen. »Kämpfen wir also eine Runde.«