Tausendmal berührt  (Leidenschaft in Kalifornien) - Bella Andre - E-Book

Tausendmal berührt  (Leidenschaft in Kalifornien) E-Book

Bella Andre

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Beschreibung

Society-Liebling Emma Cartwright hat nie vergessen, was für eine heiße Zeit sie auf dem College mit Jason Roberts verbracht hat – einem Mann aus der Unterschicht, der nie so recht in ihr Umfeld gepasst hatte. Damals hatte es zwischen den beiden nicht geklappt, aber als Emma den inzwischen zum Spitzenkoch avancierten Jason bei ihrem Ehemaligentreffen am College wiedertrifft, kann sie nicht anders, als die Stimmung etwas aufzumischen. Als Jason Emma Holden zum letzten Mal gesehen hatte, hatte sie ihm das Herz gebrochen. Als Studenten auf dem College waren sie in jeder Hinsicht gegensätzlich gewesen, außer in ihrer aufregenden, unvorhersehbaren Leidenschaft. Aber tief in ihrem Inneren war Emma stets sehr anständig gewesen. In ihrem letzten Jahr ließ sie Jason sitzen – für einen wohlhabenden Athleten, der ihr ein langweiliges, sicheres Leben bot. Zehn Jahre waren nun vergangen und wenn es stimmte, was gemeinhin gesagt wurde: "die beste Rache ist, ein gutes Leben zu leben" … dann war dies Jason mehr als gelungen: Er wurde zu einem gutaussehenden Starkoch mit einer erfolgreichen Fernsehshow und hat in der Damenwelt die erste Wahl. Aber er ist nur an einer Frau interessiert – Emma. Und bei ihrem Ehemaligentreffen ersinnt er eine gemeine Rache für ihren Verrat von damals: Er reizt sie mit grenzenlosem Verlangen, verhöhnt sie mit dem besten Sex ihres Lebens, nur um sie dann fallen zu lassen. Doch Emma hat ihre eigenen Pläne, und Necken und Verführen sind genau das, wonach sie lechzt. Aus dem "braven Mädchen" ist eine wagemutige, sinnliche Frau geworden, die darauf brennt, auf ihre Kosten zu kommen und die sich nur allzu gerne auf die wildesten erotischen Abenteuer einlässt, die er ihr bieten kann. Wer dreht also nun für wen den Spieß um? *** Leidenschaft in Kalifornien *** Liebst Du Mich? Schenk mir deine Liebe Wie schön du bist Gib mir mehr von dir Verdammt ich Lieb dich Tausendmal berührt

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Tausendmal berührt

Leidenschaft in Kalifornien 6

Bella Andre

Inhaltsverzeichnis

Bucheinband

Titelseite

Copyright

Über das Buch

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Vielen Dank

Auszug aus Feuer in meinem Herzen

Alle Bücher von Bella Andre in deutscher Sprache

Über die Autorin

Tausendmal berührt

© 2022 Bella Andre

Leidenschaft in Kalifornien 6

Übersetzung Anne-Kathrin Koch – Language + Literary Translations, LLC

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Society-Liebling Emma Cartwright hat nie vergessen, was für eine heiße Zeit sie auf dem College mit Jason Roberts verbracht hat – einem Mann aus der Unterschicht, der nie so recht in ihr Umfeld gepasst hatte. Damals hatte es zwischen den beiden nicht geklappt, aber als Emma den inzwischen zum Spitzenkoch avancierten Jason bei ihrem Ehemaligentreffen am College wiedertrifft, kann sie nicht anders, als die Stimmung etwas aufzumischen.

Als Jason Emma Holden zum letzten Mal gesehen hatte, hatte sie ihm das Herz gebrochen. Als Studenten auf dem College waren sie in jeder Hinsicht gegensätzlich gewesen, außer in ihrer aufregenden, unvorhersehbaren Leidenschaft. Aber tief in ihrem Inneren war Emma stets sehr anständig gewesen. In ihrem letzten Jahr ließ sie Jason sitzen – für einen wohlhabenden Athleten, der ihr ein langweiliges, sicheres Leben bot.

Zehn Jahre waren nun vergangen und wenn es stimmte, was gemeinhin gesagt wurde: „die beste Rache ist, ein gutes Leben zu leben“ … dann war dies Jason mehr als gelungen: Er wurde zu einem gutaussehenden Starkoch mit einer erfolgreichen Fernsehshow und hat in der Damenwelt die erste Wahl. Aber er ist nur an einer Frau interessiert – Emma. Und bei ihrem Ehemaligentreffen ersinnt er eine gemeine Rache für ihren Verrat von damals: Er reizt sie mit grenzenlosem Verlangen, verhöhnt sie mit dem besten Sex ihres Lebens, nur um sie dann fallen zu lassen.

Doch Emma hat ihre eigenen Pläne, und Necken und Verführen sind genau das, wonach sie lechzt. Aus dem „braven Mädchen“ ist eine wagemutige, sinnliche Frau geworden, die darauf brennt, auf ihre Kosten zu kommen und die sich nur allzu gerne auf die wildesten erotischen Abenteuer einlässt, die er ihr bieten kann. Wer dreht also nun für wen den Spieß um?

KAPITEL 1

Jason zog sich die Seidenkrawatte vom Hals und ließ sie von seinen Fingern baumeln, als er in der Tür zum Schlafzimmer stand. „Hallo, Schatz, ich bin zu Hause.“

Emma hielt mit einer Hand an ihrem Perlenohrring inne und war nicht mehr in der Lage, normal zu atmen, als der schönste Mann der Welt sie mit seinen Blicken verschlang. Mit vor Erwartung zitternden Händen legte sie die Perlen in ihr Schmuckkästchen und wartete darauf, dass er zu ihr herüberkam.

Sie brannte darauf, dass Jason sie an den unanständigen Ort entführte, an den sie insgeheim so gerne ging.

Seine langen Schritte hallten auf dem Holzfußboden. Jason warf seine Krawatte auf die Tagesdecke. Dann stand er hinter ihr mit Blick in den Spiegel, sein Oberkörper an ihrem Rücken, seine großen, gebräunten Hände glitten über ihre Arme. Ihre Brustwarzen zeichneten sich unter der dünnen Seidenbluse ab, und sie biss sich auf die Lippe bei dem erotischen Bild ihrer erregten rosa Nippel, die sich gegen den dünnen weißen Stoff pressten.

„Böse Mädchen tragen keine BHs“, sagte er in einem leisen Ton, der Emmas Blut um einige Grad erhitzte.

Sobald sie vom Büro nach Hause gekommen war, hatte sie ihren BH und ihr Höschen ausgezogen, weil sie wusste, wie sehr das Jason erregen würde.

„Oder Höschen“, flüsterte sie. Jason zog ihren Hintern an seine Hüfte und die volle, heiße Länge seiner Erektion, die gegen sie pochte, ließ eine Flut von Erregung durch sie hindurchfließen.

„Bösen Mädchen muss man den Hintern versohlen“, sagte er, während er ihr blondes Haar aus dem Nacken strich und seinen Mund hinab auf ihr entblößtes Fleisch beugte. Sie erbebte, als er an ihrer Haut knabberte und sie zwischen den Bissen immer wieder küsste. Seine Hände bewegten sich über ihren Brustkorb und wanderten langsam ihren Oberkörper hinauf, bis zu der empfindlichen Schwellung ihrer Brüste. Schließlich umfasste er ihre Brüste mit seinen Händen und drückte sie. Zuerst berührte er sie nur leicht, und gerade als sie glaubte, es nicht mehr aushalten zu können, drückte er die harten Spitzen ihrer Brüste zwischen Daumen und Zeigefinger zusammen. Emma stöhnte vor Lust laut auf und wäre schon fast gekommen.

„Zieh deinen Rock aus“, befahl er mit ruhiger Stimme, und sie gehorchte sofort, wobei ihre zittrigen Finger an der Schließe und dem Reißverschluss auf der linken Seite ihres grauen Bleistiftrocks aus Wolle herumfummelten.

Der dicke Stoff fiel mit einem Zischen zu Boden und kühle Luft wehte über ihren entblößten Schoß. Oh je, alles was sie wollte, war, dass Jason seine große Hand zwischen ihre Beine schob. Sie hatte den ganzen Tag von dem Moment geträumt, in dem er sie berührte, von dem perfekten Augenblick, in dem seine starken Finger immer wieder in sie eindrangen, härter und härter, bis sie explodierte.

Er hob sie hoch in seine Arme und trug sie zum Bett hinüber. „Ich bin bereit, Jason“, flüsterte sie. „Nimm mich! Jetzt.“

Aber er ließ sich nicht von seinem Plan abbringen. „Alles zu seiner Zeit“, sagte er, während er ihr die Arme über den Kopf zog und ihre Handgelenke mit seiner blau-gelb gestreiften Seidenkrawatte an dem eisernen Bettgestell festband.

„Du fesselst mich?“, sagte sie, wobei ihre Worte eher wie eine Bitte als eine Frage klangen.

Jason machte sich nicht die Mühe zu antworten, sondern ging zu ihrer Kommode hinüber, holte zwei Tücher heraus, kehrte dann zum Bett zurück und spreizte ihre Beine. Sie pochte vor Hitze und Verlangen, als er ihr nasses Fleisch entblößte, indem er erst den einen und dann den anderen Knöchel an die Eisenpfosten band.

Er blieb stehen und starrte sie an, und Emma wurde von dem Bedürfnis überwältigt, ihm zu gefallen. Ihr Seidenhemd lag in Falten um ihren Oberkörper, ihre Brüste reckten sich ihm entgegen.

„Du weißt nicht, wie lange ich davon geträumt habe, das zu tun, Emma. Dich zu fesseln. Dich vor Lust schreien zu lassen.“ Er ließ einen Finger in sie gleiten, ohne noch etwas zu sagen, ohne irgendwelches Vorspiel, und sie bäumte sich gegen seine Hand. „Du warst so ein braves Mädchen auf dem College. Und jetzt sieh dich an. Du wartest auf mich, nackt unter deiner Seide und Wolle. Du lässt dich von mir ans Bett fesseln und spreizt deine langen Beine für mich. Du flehst mich mit deinen Augen an, alles mit dir zu machen, was ich will.“

Dann verstummte er, und sie wusste, dass er darauf wartete, dass sie die nächste Stufe des Verlangens erreichte … die Stufe, auf der sie ihn anflehen würde, sie bis in den Himmel zu bringen.

„Bist du bereit für mehr?“, fragte er und seine Stimme zitterte, als ihm anscheinend die Kontrolle entglitt. „Willst du, dass ich noch einen Finger in dich reinschiebe?“

„Bitte“, stöhnte sie und schloss die Augen, als er ihrer verzweifelten Bitte nachkam. „Mehr. Gib mir mehr, Jason.“

„Ich würde alles für dich tun“, sagte er eine Millisekunde, bevor sein heißer Atem sie umhüllte. Sie hielt den Atem an und wartete darauf, dass er seine Zunge in sie pressen würde. Aber als die Sekunden verstrichen und der erste Impuls eines Orgasmus in ihr ertönte, konnte Emma nicht länger warten. Sie stemmte ihre Hüften so weit wie möglich nach oben und presste sich gegen seine Lippen.

Sie spürte, wie er sie leise dazu drängte, loszulassen, gegen seine Lippen, seine Zähne zu kommen. Als ob sie noch irgendetwas anderes tun könnte, wenn ihr Körper bereits auf den Gipfel zustrebte. Sie war schon so kurz davor, und als sie sich immer wieder gegen seine feuchte Zunge stemmte und er seine Finger unablässig in sie stieß, strudelte Emma in einen welterschütternden Orgasmus, wie sie ihn noch nie erlebt hatte.

Ihr ganzer Körper erbebte unter seinem köstlichen Ansturm, und dann schwebte er über ihr, seine haselnussbraunen Augen brannten vor Verlangen. Er riss ihre Bluse auf und nahm eine Brustwarze in seinen Mund. Als sie spürte, wie seine Erektion gegen sie drückte, bäumte sie sich auf, um ihn in sich aufzunehmen.

„Nicht so schnell“, murmelte er und küsste sie wild auf die Lippen, wobei er ihr den Atem aus der Lunge sog, als sei es sein Gott gegebenes Recht. Als gehörte sie ihm, mit Leib und Seele.

Und sie wussten beide, dass es so war.

Alles, was sie wollte, war, dass er seine zwanzig steinharten Zentimeter in sie stieß. Sie hart und lange vögelte, damit sie immer und immer wieder kommen konnte.

Und dieses Mal war sie so kurz davor, so kurz …

* * *

Emma Cartwright erwachte aus ihrem feuchten Traum, die Laken unter ihr waren durchnässt und völlig unordentlich, ihre Arme über dem Kopf, ihre Beine gespreizt. Genau so, wie sie in ihrem Traum gefesselt worden war.

Enttäuschung überflutete sie. Sie hätte wissen müssen, dass es sich nur um eine weitere, nicht jugendfreie Version der gleichen Fantasie handelte, die sie in den letzten zehn Jahren nicht hatte unter Kontrolle bringen können.

Jason Roberts. Mit ihr. Im Bett. Wie er sie wild und leidenschaftlich liebte. Wie sie all die schmutzigen Dinge mit ihm tat, von denen sie im wirklichen Leben niemals zugeben konnte, dass sie sie wollte und von denen sie aber wusste, dass sie in seinen Armen erstaunlich und schön sein würden.

Nach so vielen Jahren der Frustration wünschte sie sich nur noch eines: Warum schaffte sie es nicht, zu dem Teil kommen, wo er tatsächlich in sie eindrang, bevor sie aufwachte? Zu dem Moment, in dem er sie nahm und sie sein eigen machte. Voll und ganz.

Denn dann würde sie wenigstens wissen, wie es sich anfühlte, ein Teil von Jason zu sein. Und dass er ein Teil von ihr war.

Aber Emma wusste mit absoluter Sicherheit, dass das Leiden ohne Jason, selbst in ihren Träumen, genau der Preis war, den sie zahlen musste. Für das, was sie ihm vor zehn Jahren auf dem College angetan hatte. Dafür, dass sie ihn mit ihrer Jungfräulichkeit gereizt hatte, nie nachgegeben hatte, ihm stets gesagt hatte, dass sie ihn liebte, und dann beschlossen hatte, mit einem anderen Mann zusammen zu sein und ihn zu heiraten.

Wie ein Zombie stieg sie aus dem Bett und stellte die Dusche an. Hoffentlich würde das eiskalte Wasser ihr helfen, ihre unkontrollierbare Erregung zu vertreiben. Ein Bedürfnis, von dem sie genau wusste, dass es niemals gestillt werden würde. Denn ganz gleich, wie sehr sie sich wünschte, ihr Leben wäre anders verlaufen: Emma hatte ihre Entscheidungen getroffen.

Zu schade, dass sie alle schlecht gewesen waren.

Die Fantasie der letzten Nacht war ihre bisher stärkste und realistischste gewesen. Und sie wusste warum. Um sechs Uhr abends würde sie den beiden wichtigsten Männern in ihrem Leben bei ihrem zehnjährigen Ehemaligentreffen am College gegenüberstehen.

Dem Mann, den sie geliebt und verlassen hatte.

Und dem Mann, den sie nicht geliebt hatte und der sie verlassen hatte.

* * *

„Judy, wie geht es dir? Ich kann nicht glauben, dass wir uns schon so lange nicht mehr gesehen haben.“

„Hallo, Eileen. Wie geht es deinem Sohn? Vielen Dank, dass du heute Abend gekommen bist.“

Das Gedränge im Faculty Club der Stanford University löste sich kurzzeitig auf, und Emma atmete erleichtert aus. Sie hatte den ganzen Tag damit verbracht, den großen Veranstaltungsraum zu dekorieren mit geschmackvollen geblümten Tafelaufsätzen, karminroten Tischdecken und Dutzenden von Fotocollagen mit dem Titel „Damals und Heute“. Sie hatte so lange und so intensiv gelächelt, dass ihre Lippen taub waren und ihre Wangen sich anfühlten, als würden sie gleich zerbersten. Der Versuch, sich auf das zu konzentrieren, was Eileen über ihren Dreijährigen gesagt hatte, war fast unmöglich gewesen, immerhin stand Steven, ihr Ex-Mann, keine zwanzig Meter entfernt und betatschte seine neue, extrem junge und sehr schöne Freundin. Die Tinte auf den Scheidungspapieren war kaum trocken, aber Steven war bereits fröhlich drüber weg.

Und schlimmer als das, viel schlimmer, war es zu wissen, dass Jason Roberts jeden Moment durch die Tür kommen würde.

Und man würde von ihr erwarten, dass sie ihn mit einem unpersönlichen Lächeln begrüßte. Ein Lächeln, das nicht mehr sagte als: „Hallo, lange nicht gesehen, nicht wahr?“

Die traurige Wahrheit war, dass Emma nicht wusste, ob sie das Zeug dazu hatte, sich wie eine gefasste, reife zweiunddreißigjährige Frau zu verhalten. Nicht, wenn sie eigentlich nichts anderes wollte, als ihre Beine um Jason zu schlingen und ihn anzuflehen, es ihr zu besorgen.

In diesem Moment schlenderte ein gut aussehender junger Kellner in ihre Richtung. „Möchten Sie etwas trinken, Ma’am?“

Ma’am? Seit wann war sie bitte keine „Miss“ mehr? Würde Jason das etwa auch denken, wenn er sie sah? Dass sie eine verschrumpelte Version einer Frau war? Oh Gott. Sie würde es keine Sekunde länger auf dem Ehemaligentreffen aushalten. Sie hatte ihre Pflichten als Organisatorin erfüllt, und nun musste sie fliehen. Sich heimlich aus dem Staub zu machen, war die einzige Möglichkeit.

Die Stimme des Kellners durchbrach ihre hektische Fluchtplanung. „Leider habe ich im Moment nur noch Margaritas und Martinis.“ Sie konnte sich kaum auf ihn konzentrieren, als er sie von oben bis unten musterte und entschied: „Sie sehen aus wie Mädel, das es fruchtig mag.“

Etwas in seiner Stimme riss sie aus ihrer Panik. Da war etwas Flirtendes und Junges, das ihr das Gefühl gab, dass ihm vielleicht ein Fehler unterlaufen war, als er sie mit Ma’am angesprochen hatte. Vielleicht war sie ja doch nicht alt und verschrumpelt. Außerdem wusste sie, dass der feige Weg der Flucht heute Abend nicht wirklich eine Option war.

Alles, wovor sie sich so lange gefürchtet hatte, alles, was sie bedauert hatte, würde heute Abend zurückkommen und ihr eine Ohrfeige verpassen. Wenn sie sich dieses Mal ihren Fehlern stellte, so betete sie im Stillen, würde sie sich vielleicht endlich davon erholen.

„Ich sollte eigentlich lieber nicht“, sagte sie, während sie auf das Getränk in ihrer Hand hinunterblickte. Und doch war sie so verzweifelt bereit, der schrecklichen Realität ihres Lebens zu entfliehen, dass sie, ehe sie sich versah, das Glas an ihren Lippen hatte.

Die Flüssigkeit aus Eis und Erdbeeren bahnte sich ihren Weg durch ihre Kehle in ihren Bauch. War sie all die Jahre eine Frau für fruchtige Drinks gewesen, ohne es zu wissen? Und wenn das stimmte, was hatte sie sich wohl sonst noch nicht erlaubt zu sein? Amüsant? Glücklich? Zufrieden?

Ein Schluck genügte jedoch, um sie zum Nachgrübeln darüber zu bringen, wie viele Kalorien in dem Glas in ihrer Hand wohl waren. Und über das Training, das sie morgen würde absolvieren müssen, um diesen Drink wieder auszugleichen. Normalerweise würde sie sich nie erlauben, etwas anderes als Mineralwasser zu trinken – leere Kalorien erlaubte sie sich nicht, egal zu welchem Anlass –, aber wenn es jemals einen Abend gegeben hatte, an dem man die Regeln brechen musste, dann ja wohl heute.

Während sie ihren Blick über die Menge schweifen ließ, wandte sich Emma mit Nachdruck wieder der erfolgreichen Party zu, die im vollen Gange war. Sie wusste, dass sie sich darüber freuen sollte, wie gut der Abend verlaufen war, vor allem, wenn man bedachte, dass sie dieses zehnjährige Ehemaligentreffen bereits ein gesamtes Jahr lang geplant hatte. An jedem anderen Abend hätte sie mittendrin mitgemischt und über Jobs, Kinder und Urlaube gesprochen.

Heute Abend musste sie sich aber schon übermenschlich anstrengen, um überhaupt das Lächeln auf ihrem Gesicht zu bewahren.

Der Kellner kam wieder vorbei und fragte: „Noch einen Drink?“ aber sie hatte sich bereits ein volles Glas genommen. „Schlechter Tag, was?“ Er schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln, bevor er wegging.

Du hast keine Ahnung, dachte sie und gab dem dummen Impuls nach, der sie dazu brachte, zu sagen: „Kommen Sie gerne immer wieder vorbei“ – obwohl sie praktisch spüren konnte, wie sich die Fettmoleküle an ihren Hüften festsetzten.

„Margaritas schlürfen und dabei dem Kellner auf den Hintern gucken … sieht nach Spaß aus. Darf ich mitmachen?“

Schuldbewusst fuhr Emma zusammen, als ihre beste Freundin Kate plötzlich neben ihr stand. „Das mache ich gar nicht“, sagte sie, aber das leere Glas in ihrer Hand bewies das Gegenteil, ebenso wie das Zwinkern, das ihr der Kellner von der anderen Seite des Raumes zuwarf.

„Quatsch“, sagte Kate und zog Emma zu einem schwach beleuchteten Tisch in der Ecke hinter dem DJ. „Ich weiß, du flippst aus, weil du auf derselben Party bist wie Steven, auch bekannt als ,der Mann, den du nie hättest heiraten sollen‘“, fügte Kate mit einem verächtlichen Zucken ihres blutroten Mundes hinzu, „aber glaub mir, es spricht tatsächlich Bände gegen ihn, dass er mit Mitte dreißig mit der Cheerleaderin ausgeht. Es wirkt verzweifelt und erbärmlich. Du bist die Art von stilvollem Babe, die sein Playboy-Häschen gerne wäre.“

Die Worte waren aus ihrem Mund geschlüpft, bevor Emma es überhaupt bemerkt hatte. „Danke, Kate, aber ich bezweifle ernsthaft, dass die meisten Supermodels sich wünschen, in den Augen ihrer Eltern ein großer Versager zu sein, weil sie sich haben scheiden lassen, bevor sie ihnen Enkelkinder geschenkt haben.“ Durch den Alkohol fühlte sich Emma mutig genug, um zuzugeben: „Was ist, wenn ich ein Playboy-Häschen wie sie sein möchte? Was ist, wenn ich Männer mit meinen großen, prallen Brüsten und meiner verruchten Art verrückt machen will? Was ist, wenn ich fünfzehn Pfund zu viel wiegen und damit aber trotzdem gut aussehen will?“

Sie schnappte sich einen weiteren Drink von einem vorbeigehenden Kellner und dachte daran, dass der einzige Mann, den sie jemals in den Wahnsinn treiben wollte – Jason – sie wahrscheinlich mit einem scharfen Blick in zwei Hälften teilen würde, wenn er endlich ankam.

Kate griff nach Emmas Hand. „Du bist wunderbar und sexy und Steven hatte dich einfach nie verdient.“

„Und warum habe ich ihn dann geheiratet? Ich bin diejenige, die diese Entscheidung getroffen hat. Die ihn gewählt hat.“

Kate unterbrach sie in ihrer typisch unkomplizierten Art sofort. „Du warst so jung. Viel zu jung. Deine Eltern waren in ihn verliebt und du dachtest, es sei das Richtige zu heiraten. Du warst dir so sicher, dass du ihn lieben würdest.“

Emma blinzelte die Tränen weg, die zu fließen drohten. Es stimmte, ihre Eltern hatten Steven vom ersten Augenblick an geliebt, als sie ihn vor zehn Jahren bei einer Veranstaltung für Lehrkräfte in Stanford entdeckt hatten. Als amtierender Football-Star an der Westküste war er der perfekte Schwiegersohn. Also hatte sie sich um die Rechnungen gekümmert und seine Anzüge in die Reinigung gebracht, aber Leidenschaft hatte es zwischen ihnen keine gegeben. Ein Hauch von Freundschaft, aber niemals Verlangen.

„Du hast mich vor der Hochzeit zur Seite genommen, Kate, und mir gesagt, dass ich das nicht durchziehen muss. Warum habe ich nicht auf dich gehört? Selbst als du mich darauf hingewiesen hast, dass meine Gefühle für …“

Nein, sie konnte seinen Namen nicht laut aussprechen. Nicht jetzt, wo sich alle ihre perfekten Entscheidungen als alles andere als perfekt erwiesen hatten. Nicht, wenn die Erinnerung an ihre letzte nächtliche Fantasie noch zwischen ihren Beinen kribbelte.

Kate verspürte natürlich keine solchen Skrupel. „Du wolltest von dem Tag an mit Jason Roberts zusammen sein, an dem du ihn kennengelernt hast. Und du willst es immer noch.“

Emma sah Kate überrascht an.

„Was? Denkst du etwa, nur weil du nie über ihn sprichst, weiß ich nicht, was du fühlst?“

Emma hasste es, dass sie so durchschaubar war. Obwohl sie jahrelang versucht hatte, ihre Gefühle für Jason zu verleugnen, standen sie ihr wohl immer noch ins Gesicht geschrieben.

„Ich brauche noch mehr zu trinken“, sagte Emma, reckte den Hals und sah über Kates Schulter nach dem süßen Kellner. Emma wusste, dass sie sich morgen aufgedunsen und übel fühlen würde, dass sie den ganzen Tag im Fitnessstudio verbringen und nichts als Salat und Reiswaffeln zum Abendessen essen würde, aber das war ihr egal. Alkohol beruhigte ihre Nerven. Und Herrgott brauchte sie heute etwas Starkes für ihre Nerven.

Sie hatte jede einzelne von Jasons Sendungen auf dem Food Network-Kanal gesehen, alle seine Buchsignierungen mitbekommen, alles, wo sein Name als Gast aufgeführt war, verfolgt – wie eine erbärmliche Verliererin.

Und obwohl sie schon eine Million Mal davon geträumt hatte, ihn wiederzusehen, hoffte ein Teil von ihr immer noch, dass er heute Abend nicht kommen würde. Dass er zu sehr mit seiner hochkarätigen Kochsendung beschäftigt wäre. Oder seinem weltberühmten Restaurant. Oder einer seiner Supermodel-Freundinnen.

Denn dann müsste sie ihm nicht gegenübertreten. Dann würde sie sich nicht überlegen müssen, was sie sagen sollte, für den Fall, dass er überhaupt mit ihr reden würde.

Ich habe dich immer geliebt. Nein, zu erbärmlich.

Es tut mir leid. Auf keinen Fall gut genug, um das wiedergutzumachen, was sie getan hatte. Dafür, wie sie es getan hatte.

Liebe mich, du Hengst. Er würde sie auslachen. Jason konnte jede Frau der Welt haben. Warum sollte er sie überhaupt wollen? Selbst ihr eigener Ehemann, besser gesagt Ex-Ehemann, hatte sie nicht gewollt.

Emma griff gerade nach einem weiteren Getränk, um die Wahrheit zu verdrängen, als Kates Hand mit den rot-lackierten Nägeln ihren Unterarm umfasste. „Er ist da.“

Emmas Blut gefror in ihren Adern. Sie verrenkte sich verzweifelt den Hals und betete, dass sich aus dem Nichts ein Loch auftun würde, in dem sie verschwinden konnte. „Er darf mich in diesem Zustand nicht sehen“, zischte sie und suchte verzweifelt nach einem Versteck.

Sie hatte immer davon geträumt, wie eine Göttin auszusehen, wenn sie sich das nächste Mal trafen. Dass sie ihn mit ihrem Charme, ihrer Raffinesse und ihrer Unwiderstehlichkeit beeindrucken würde. Stattdessen war sie betrunken und nervös und merkte erst jetzt, wie langweilig und vertrocknet sie in ihrem seidengefütterten cremefarbenen Leinenkleid von Ann Taylor aussah.

Kate drehte sich zu ihr um. „Du weißt, was du heute Abend zu tun hast, nicht wahr?“

Emma blinzelte heftig und versuchte zu schlucken, versuchte zu sprechen, aber ihr Mund war trocken wie die Sahara. Als sie endlich ihre Stimme wiederfand, flüsterte sie: „Das kann ich nicht.“

Kates Blick wurde härter. „Du kannst das sehr wohl. Du bist Single. Du bist wunderschön, egal, was du zu denken scheinst. Nur ein einziges Mal, wenn auch nur für heute Abend, nutze bitte diese Chance für dich. Hör auf, es allen anderen recht machen zu wollen, Schätzchen. Es ist an der Zeit, dir selber mal eine Freude zu machen.“

KAPITEL 2

Der achtzehnjährige Jason Roberts sah sich in seinem neuen Zuhause für die nächsten vier Jahre um und fragte sich, ob es wohl ein großer Fehler gewesen war, dass er einen Studienplatz an der Stanford University erhalten hatte. Alle schienen aus Akademikerfamilien zu stammen. Typische Mittelklasse. Perfekt. Er war erst seit einer Stunde auf dem Campus und hatte bereits eine süße Brünette kennengelernt, die eine olympische Turnerin war. Sie hatte sich nicht groß damit gebrüstet, aber er war trotzdem massiv von ihr beeindruckt.

Nicht, dass er das jemals offen zeigen würde. In seinem Rolling-Stones-T-Shirt und verblichenen Jeans lehnte er am Fuß der Treppe und sah zu, wie ein Kommilitone nach dem anderen schwere Koffer in den Aufenthaltsraum des Wohnheims schleppte. Er prägte sich jedes Detail ein – die übergroßen Diamantringe an den Händen der Mütter, die gepflegten Fingernägel der Väter, die zuversichtlichen, aufgeregten Gesichter ihrer Kinder – und doch würde er auf einen zufälligen Beobachter fast desinteressiert am Kommen und Gehen um ihn herum wirken. Es war etwas, das er im Laufe der Jahre perfektioniert hatte, ein lässiges, müheloses Auftreten: cool genug, um in jeder Situation zu jedem zu passen, aber nicht so cool, dass die Leute ihn für einen Snob hielten.

Und dann kam sie herein und seine Tarnung flog auf.

Das Mädchen war blond und dünn, fast zu dünn, aber was Jason wirklich auffiel, war, wie nervös sie war. Es war schmerzhaft. Er wollte die Hand nach ihr ausstrecken und sie von ihren Eltern wegziehen, die offensichtlich mehr damit beschäftigt waren, den Reichtum der Mitschüler einzuschätzen, als sich um das Wohlergehen ihrer eigenen Tochter zu kümmern. Er hielt sein Gesicht abgewandt, aber seine Augen blieben auf sie gerichtet.

Irgendetwas an ihr zog ihn an, er wollte sie festhalten, ihre Unsicherheit wegküssen. Er war beileibe keine Jungfrau mehr, aber er hatte noch nie so viel für ein Mädchen empfunden, nachdem er sie zum ersten Mal gesehen hatte.

Er wartete, bis ihre Eltern verschwunden waren, dann stellte er sich neben sie.

„Ich bin Jason. Brauchst du Hilfe mit deinen Sachen?“

Das dankbare Lächeln, das sie ihm schenkte, erhellte sie von innen heraus. Die ganze Schönheit, die er unter ihrer übermäßig blassen Haut und ihren markanten Wangenknochen vermutet hatte, erblühte vor ihm.

„Das wäre großartig“, erwiderte sie, sah ihm in die Augen und schien sich für einen Moment zu verlieren.

Seine Leistengegend zuckte vor lauter Bewusstsein und sein Blick wanderte instinktiv zu ihren Lippen. Er konnte es kaum erwarten, sie zu kosten. Es würde ein Geschmack sein, von dem er sicher war, dass er süßer sein würde als alles, was er je auf seiner Zunge vernommen hatte.

Und dann streckte das höfliche kleine Mädchen, von dem er wusste, dass sie von dem steifen Ehepaar, das sie abgesetzt hatte, dazu erzogen worden war, ihre Hand aus. „Ich wollte nicht unhöflich sein. Mein Name ist Emma. Emma Holden.“

Er umschloss die feinen Knochen ihrer weichen Hand mit seinen großen Fingern. Und in diesem Moment wollte Jason Roberts Emma Holden mehr, als er je etwas in seinem Leben gewollt hatte. Er war zwar erst achtzehn, aber er wusste bereits, dass er sie haben würde. Und das wäre auch genau richtig so. Das Beste, was sie je tun würden. Für sie beide.

* * *

Jason Roberts war der festen Überzeugung, dass seine Traumprinz-auf-weißem-Pferd-Aktion zur Rettung von Emma Holden das Dümmste gewesen war, was er je getan hatte. Und irgendwie konnte er sich der Vorahnung nicht entziehen, dass die Teilnahme an seinem zehnjährigen Ehemaligentreffen ebenfalls ganz oben auf der Liste seiner schlechtesten Entscheidungen stehen könnte.

Er hatte eigentlich nicht vorgehabt, heute Abend nach Palo Alto zu kommen, aber seine alten Saufkumpanen bearbeiteten ihn schon seit Monaten, zu dem Treffen zu kommen. „Wir drei sind die amtierenden Helden unseres Abschlussjahrgangs“, sagten sie ihm immer wieder. „Es liegt an uns, eine Siegesrunde zu drehen, um all den arroganten Mädels zu zeigen, was sie hätten haben können.“

Jason hatte das noch nie so betrachtet, aber ja, er nahm an, dass sie recht hatten. Keiner von ihnen hatte sich mit den Sportlern oder den Mädchen aus der Studentin­nenverbindung abgegeben. Sie waren nicht die schlausten Köpfe oder zukünftige Olympiasieger gewesen. Sie waren einfach eine Gruppe guter Jungs, raubeiniger Jungs, die wussten, dass sie nicht dorthin zurückkehren würden, wo sie hergekommen waren. Jeder einzelne von ihnen hatte sich auf untypische Weise einen Namen gemacht, war keineswegs der durchschnittliche Stanford-Absolvent, der Investmentbanker wird.

Rick Stodler hatte ein internationales Bauimperium geschaffen. Ace McKinty hatte seine Flugstunden in eine der angesagtesten Billigflug­gesellschaften des Landes verwandelt. Und Jason war stolz auf alles, was er erreicht hatte. Verdammt stolz.

Er hatte Stanford als armer Schlucker verlassen, der mit einem Stipendium ein schickes Wirtschaftsstudium absolviert hatte und der nun als Multimillionär zurückkehrte. Ein weltberühmter Chefkoch. Ein New York Times-Bestsellerautor für Kochbücher. Und vom People Magazine war er zum Heißesten Junggesellen des Jahres gekürt worden. Und das zwei Jahre in Folge.

In dem Moment, in dem er den Stanford Faculty Club betrat, wurde ihm klar, dass Rick und Ace recht gehabt hatten, was die Sache mit den Helden anging. Frauen umringten ihn, Telefonnummern wurden ihm in die Hand gedrückt oder in die Hosentaschen geschoben.

Seine Kumpels winkten ihn herüber, und als er den Raum durchquerte, kämpfte Jason gegen den Drang an, die Umgebung nach Emma abzusuchen. Er hatte sich vorgenommen, ganz entspannt und gelassen zu wirken, wenn sie ihn sah. Kaum hatte er sich in ein Gespräch über gute Thai-Restaurants in der Stadt vertieft, als eine dralle Rothaarige ihre Brüste an seinem Arm rieb und ihm ein Bier reichte.

„Jason“, sagte sie, und ihre Zunge schnellte heraus, wie die einer Viper, die sich über ihre Mundwinkel leckte, „ich kann nicht glauben, dass es so lange her ist.“

„Hatten wir mal eine Vorlesung zusammen?“

Sie machte einen Schmollmund, und das war kein schöner Anblick für eine Frau in ihren Dreißigern, vor allem, wenn sie eine Ladung Kollagen hatte spritzen lassen. Sie erinnerte ihn an die Forelle, die er letzte Woche im Restaurant als Spezialität angeboten hatte.

Sie fuhr mit ihren Fingern seinen Arm hinauf. „Hast du etwa unsere naturwis­senschaftlichen Übungen im Chemie-Grundkurs vergessen?“ Sie erhob ihre Stimme in der größer werdenden Menge, um ihren Anspruch geltend zu machen. „Nur du und ich in einem verlassenen Labor, spät abends. Mit allerlei unanständigen Dingen im Kopf.“

Jason mimte zwar Unkenntnis, wusste aber genau, wer sie war. Alicia Haynes, Leiterin der Pi-Phi-Studentin­nenverbindung. Eines der Mädchen, die zu sehr damit beschäftigt waren, den Verbindungsstudenten, Sportlern und reichen Erben hinterherzulaufen, um einen Jungen mit Stipendium überhaupt zu bemerken. Sie hatte ihm den Chemieunterricht im ersten Studienjahr zur Hölle gemacht, nur weil er das Pech gehabt hatte, sie als Laborpartnerin zu bekommen.

Jason nahm einen großen Schluck von seinem Bier und nickte. Ihre Augen leuchteten auf, als sie darauf wartete, dass er in ihre allzu bereiten Arme fiel. „Tut mir leid“, sagte er, „ich erinnere mich nicht“, und hielt gerade lange genug inne, um zu sehen, wie sie wie eine durchlöcherte Aufblaspuppe zusammensackte.

So wie Rick und Ace die Erwartungen im Vorfeld hochgepusht hatten, hatte Jason eine Art Triumphgefühl erwartet. Er wollte sich großartig fühlen als armer Junge, der es nun zu etwas gebracht hatte und nach Stanford zurückkehrte, um es zu zeigen. Aber wenn er ehrlich darüber nachdachte, war ihm nach seinem Zusammenstoß mit Alicia klar geworden, dass er das nicht so empfand.

Aber irgendwie hatte er ja auch gewusst, dass es hier nicht um ein Mädchen aus seinem Chemielabor ging, das ihn nicht beachtet hatte, oder?

Es ging hier um Emma.

Und nach zehn langen Jahren, in denen er Abstand gehalten und dafür gesorgt hatte, ihr unter keinen Umständen zu begegnen, wusste er, dass die Zeit gekommen war, sich seiner Vergangenheit zu stellen.

Sich der einzigen Frau zu stellen, die er je wirklich geliebt hatte. Und die er nie hatte haben können.

Er konnte ihre Anwesenheit im Raum spüren. Ein Jahrzehnt mochte vergangen sein, aber ihre Macht über ihn war stärker denn je.

Er konnte es nicht länger aufschieben. Das wusste er. Aber dieses Mal, so beschloss er, würde er sich nicht von ihr unterkriegen lassen. Er hatte zu viele Frauen gehabt, war in zu vielen Betten ein- und ausgegangen, um zuzulassen, dass diese zierliche Frau sein Leben wieder zerstörte.

Heute Abend würde er ihr endlich zeigen, dass er keinerlei Probleme gehabt hatte, sie zu vergessen, auch wenn sie ihm im College das Herz aus der Brust gerissen hatte. Und dass er mit seinem Leben weiter gemacht hatte.

Genau wie sie.

Er lud seine Freunde ein, demnächst in seinem Restaurant vorbeizuschauen, obwohl die Reservierungsliste eigentlich immer vier Monate im Voraus komplett voll war. Dann begab er sich an die Bar. Der Raum war überfüllt und jeder Nerv in seinem Körper war lebendig.

Langsam suchte er den Raum nach seiner Beute ab und sah sie schließlich. Sie saß mit Kate – ihrer lauten, eigensinnigen besten Freundin – in der Ecke. Die beiden waren heute noch genauso ein seltsames Paar wie damals im College.

Kate trat vom Tisch zurück, und als Emmas eisblaue Augen seinen Blick trafen, stockte Jason unerwartet der Atem. Sie war jetzt noch schöner, als sie es zu Studienzeiten gewesen war. Sie war dünn, viel zu dünn, und so sittsam wie eine Nonne, aber das rohe Verlangen in ihren Augen zog ihn an wie eine Flamme eine Motte.

Zehn Jahre waren seit jenem Tag auf dem Quad vergangen, als er sie dabei erwischt hatte, wie sie mit Steven Cartwright Spucke austauschte. Jason hatte sich eingeredet, dass sie über seine armen, ländlichen Wurzeln hinwegsehen würde. Er hatte sie so sehr geliebt, dass er alle Anzeichen ignoriert hatte. Dass er nach dem ersten katastrophalen Essen, bei dem er die Dessertgabel statt der Salatgabel benutzt hatte, nicht mehr zum Essen bei ihren Eltern eingeladen worden war. Dass er nichts über Polopferde, Immobilien oder Jachten gewusst hatte. Er hatte Emma in seine Welt eingeladen – seine Familie hatte sie problemlos in ihre Reihen aufgenommen –, aber sie hatte ihn nicht in ihrer haben wollen.

Dennoch war der Wunsch, mit ihr zusammen zu sein, fast instinktiv. Als würde man aus einem Fenster im zehnten Stock eines brennenden Gebäudes springen. Und auch genau so gefährlich. Zehn Jahre lang war er ihr aus dem Weg gegangen, hatte jede Einladung zu Ehemaligen-Veranstaltungen abgelehnt, nur weil sie vielleicht dort sein könnte. Er wollte nicht herausfinden, ob er sie immer noch mehr brauchte als die Luft zum Atmen.

Er war es leid, sich vor ihr zu verstecken. Er war es leid, sie glauben zu lassen, dass sie gewonnen hatte. Er war ohne einen großen Plan hierhergekommen. Offen gesagt: Er hatte immer noch keinen. Nach allem, was er wusste, wäre es das Beste, von hier zu verschwinden, zurück nach Napa zu fahren und zu versuchen, sie wieder ganz zu vergessen. Er brauchte nur in sein Auto zu steigen, auf die Autobahn Richtung Norden zu fahren.

Und was dann? Er würde in sein großes weiches Doppelbett schlüpfen in dem kränkenden Bewusstsein, dass er ein zu großes Weichei war, um ihr gegenüberzutreten. Ein Selfmademan, Multimillionär, weltberühmter Koch und Weichei.

Auf keinen Fall.

Es war an der Zeit, sich um unerledigte Dinge zu kümmern. Nämlich sich selbst zu beweisen, dass Emma keine Macht mehr über ihn hatte. Dann würde er zu seinen Chardonnay-Weinbergen zurückkehren und sich zu 100 Prozent der einzigen Sache verschreiben, die wirklich wichtig war: Gutes Essen.

Er hatte also nicht vor, sich umzudrehen und zu fliehen. Er hatte nicht vor, sich in seiner glänzenden Edelstahlküche zu verstecken und Tierknochen mit Messern zu zerhacken, die scharf genug waren, um allem, womit sie in Berührung kamen, schweren Schaden zuzufügen.

Jason ließ die angespannten Muskeln seines Nackens durch seine kräftigen Finger gleiten und fummelte an seinem Stanford University Ten-Year-Reunion-Abzeichen herum. Dann machte er sich bereit, Emma zu zeigen, wie sehr sie es im College vermasselt hatte, indem er ihr seinen Ruhm, sein Geld und seinen völlig intakten Haaransatz unter die Nase rieb.

KAPITEL 3

Emma sah den Mann, den sie liebte, zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt und vergaß zu atmen, als das letzte Stück ihrer perfekt geordneten Welt zerbrach und zu Boden fiel. Er sah genauso aus wie am ersten Tag, als sie ihn im Studentenwohnheim kennengelernt hatte, nur weiser und stärker.

Und noch attraktiver.

Jason Roberts war kein Junge mehr. Er war ein Mann. Der köstlichste Mann, den sie je gesehen hatte.

Jason war um die 1,85 m und seine muskulösen Gliedmaßen ließen auf unglaubliche Kraft schließen. Emmas Erinnerungen verrieten ihr, was sich unter seinem Hemd und seiner Hose befand, und sie erschauderte bei dem abenteuerlichen Gedanken, ihn nackt zu sehen. Auch wenn das Nacktsein mit Jason das unwahrscheinlichste Szenario der Welt war.

Seine Arme und Beine wären von gestählten Muskeln durchzogen, der natürliche, kraftvolle Körperbau eines Athleten. Seine leichten, dunklen Locken trug er immer noch zu einem kurzen Pferdeschwanz im Nacken zusammengebunden. Eine Frisur, die an jedem anderen Mann im Raum lächerlich ausgesehen hätte – aber bei Jason betonten die zu langen Haare nur seine Männlichkeit.

Emma war sich sicher, dass jede Frau in diesem Raum denselben Tagtraum hatte: nämlich wie es wohl wäre, mit ihm nackt zu sein. Er war die Art von Mann, die Frauen auf der Straße oder in einem Restaurant auffiel und die sie nicht aus den Augen lassen konnten, selbst wenn sie bereits einen Partner oder Ehemann hatten.

Seine Sinnlichkeit war roh und nicht zu übersehen.

Ihn heute Abend hier zu sehen, war der letzte Schlag. Emma wurde plötzlich schwarz vor Augen und begann vom Stuhl zu rutschen. Doch bevor sie auf dem Boden aufschlug, wurde sie von starken Armen aufgefangen. Sie atmete einen wunderbar vertrauten Geruch von frisch geschlagenem Holz ein.

Jasons Aftershave.

„Emma“, sagte er, und es genügte der Klang ihres Namens auf seinen Lippen, um jede Zelle in Emmas Körper mit einer Kombination aus Verlangen, Hoffnung und Angst auf Touren zu bringen. Aber das Kribbeln in ihren Brüsten – praller und voller als noch vor fünf Minuten – verriet ihr, welches der drei Gefühle den Sieg davontrug.

Verlangen.

Sie leckte sich die trockenen Lippen und krächzte: „Willkommen beim Ehemaligentreffen.“

Jasons Gesichtsausdruck war hart. Und so schön, dass sie dachte, sie würde träumen. „Danke“, sagte er und der Klang seiner Stimme jagte ihr einen Schauer über den Rücken, von den Zehen bis zu den Spitzen ihrer Brüste.

Ihre Augen blieben an seinen hängen, und ihr wurde klar, dass sie verrückt werden würde, würde sie seine gebräunte Haut nicht unter ihren Fingerspitzen spüren, seine Lippen nicht auf ihrer Zunge schmecken und ihre Schenkel nicht um seine Hüften legen können.

Mehr als zehn Jahre nach ihrem ersten Kuss kollidierte alles in Emmas Welt mit Jason. Sie hatte es innerlich schon immer geahnt: ihr erster gemeinsamer Kuss hatte sich so lebhaft in ihr Gedächtnis eingeprägt, als wäre er gerade erst geschehen.

* * *

Es waren Erstsemestertage am Strand, und Emma konnte nicht glauben, dass sie vergessen hatte, ein trockenes T-Shirt mitzunehmen, um sich am Ende des Tages umzuziehen. Ihr war kalt und sie kam sich unglaublich dumm vor, und so beschloss sie, auf dem Rücksitz des Wohnheim-Vans zu warten, bis alle fertig waren und einstiegen. Ein paar Minuten später steckte Jason seinen Kopf durch die Tür.

„Hey, Einzelgängerin. Wollen wir zusammen Einzelgänger sein?“

Sie grinste, als er sich auf die lange Sitzbank aus Kunstleder setzte, um ihr Gesellschaft zu leisten. Sie war zu schüchtern, um nur mit einem Handtuch und einem Bikinioberteil bekleidet herumzusitzen, und war sich sicher, dass sie in ihrer freizügigen Kleidung fett aussah. Also zitterte sie in ihrem nassen T-Shirt, zum Teil wegen der Feuchtigkeit, die in ihre Haut eindrang, aber vor allem, weil sie mit Jason allein auf so engem Raum war. Der Sauerstoff im Van reichte nicht für sie beide.

Sie war sich sicher, dass sie sich das wahrscheinlich nur einbildete, aber obwohl sie sich erst seit einer Woche kannten, fühlte sie bereits eine besondere Verbindung zu Jason.

Insbesondere im sexuellen Sinne.

Das war wohl auch der Grund, warum sie Jason nicht in die Augen sehen konnte, als er begann, sein T-Shirt auszuziehen.

„Hier“, sagte er und entlockte ihren von der Sonne geröteten Lippen ein Keuchen.

Sie betrachtete das Stoffbündel in seinen Händen, und verstand einen Moment lang nicht. Dann stellte sie verwirrt fest, dass er ihr anbot, sich etwas Trockenes anzuziehen.

„Danke“, sagte sie, als sie ihm das T-Shirt abnahm und es sich über den Kopf streifte. Sein T-Shirt, auf dem NETTE JUNGS KOCHEN stand, hing riesig an ihrer schlanken Figur hinab. Sie hob ihren Hintern vom Sitz und schob den Saum des T-Shirts über ihre Hüften. Gleichzeitig zog sie auch das nasse Handtuch von ihren Beinen. Endlich war sie wieder halbwegs anständig gekleidet und vor allem angenehm trocken.

Jasons T-Shirt war noch warm von der Hitze seines Körpers. Emma war nun umgeben von seinem Duft – einer elementar männlichen Essenz aus sauberer Seife und Sonnenschein, die die Spitzen ihrer kleinen Brüste zu festen Knospen werden ließ. Sie sprach ein stilles Gebet des Dankes, dass sie sein Hemd anhatte, um die klassischen Zeichen des sinnlichen Verrats ihres Körpers zu verbergen.

Während ihrer gesamten Highschool-Zeit hatte Emma kaum mehr als das kleinste Anzeichen von Anziehung für einen Jungen verspürt. Aber jetzt sorgte der leichte Duft von Jason auf seinem T-Shirt dafür, dass es warm und feucht zwischen ihren Beinen wurde.

Wie peinlich war es wohl, dass sie sich in den allerersten Kerl verliebt hatte, der an der Uni nett zu ihr gewesen war? Vor allem, wo doch ein toller Kerl wie Jason jedes Mädchen haben konnte, das er wollte, und jedes Mädchen in ihrem Wohnheim wie verrückt mit ihm geflirtet hatte.

Ihre Hände kribbelten noch immer von dem kurzen Hautkontakt, als ob sie sich auf weitere Berührungen freuen würden. Emma sah Jason durch ihre Wimpern hindurch an und bewunderte seinen Körper in seinen Badeshorts ohne Hemd. Seine Brust war steinhart, seine Bauchmuskeln waren ein gut definiertes Sixpack, und die Wölbung seiner Brust zwischen den ausgeprägten Brustmuskeln war mit einem leichten Hauch von braunem Haar mit goldenen Spitzen versehen. Gerade genug Brusthaar, um sexy zu sein, dachte sie, als sie ihre Augen auch über seine durchtrainierten, gebräunten Beine gleiten ließ.

Emma riss sich mit aller Macht am Riemen. Warum starrte sie ihn so offensichtlich an? Ihre Mutter würde einen Herzinfarkt bekommen, wenn sie ihre übersexualisierte Tochter jetzt sehen könnte. Sie zwang sich zu einem strahlenden Lächeln und sagte: „Hier in Stanford scheinen alle sehr nett zu sein, nicht wahr?“

Er grinste sie an und sagte: „Ja, das stimmt“, und die Kraft seines Lächelns hätte ihr fast das T-Shirt vom Leib gerissen. Zum ersten Mal in ihrem Leben wusste Emma, wie es sich anfühlte, sich nach jemandem zu sehnen. Sein Lächeln fühlte sich an, als würde sie unter einer starken Lampe stehen.

In diesem Moment rutschte der angeheuerte Fahrer auf den Fahrersitz und rief ihnen zu: „Sieht so aus, als ob nur Sie beide jetzt zurückfahren.“ Der Fahrer fuhr schwungvoll los, und als sie um eine scharfe Kurve fuhren, stützte sie sich mit den Händen auf Jasons nackter Brust ab, um nicht auf ihn zu fallen. Aber seine Arme lagen bereits um sie und verhinderten gerade noch, dass sie vom Sitz rutschte.

Aneinandergepresst, die Lippen nur einen Hauch voneinander entfernt, sah sie ihm in die Augen. Unfähig, der Anziehungskraft zu widerstehen, die er auf sie ausübte, beugte sie sich den letzten Zentimeter vor. Jason zog sie an sich, neigte den Kopf und senkte seine vollen Lippen auf ihre.

Sie spürte seinen Atem und dann den sanften, verführerischen Druck seiner warmen Haut auf ihren Mund, der in Erwartung seines Kusses bereits leicht geschwollen war.

Der Kuss war süß und sinnlich und die stärkste sexuelle Erfahrung, die Emma je in ihrem Leben gemacht hatte. Sie ließ ihre Zunge in seinen Mund gleiten, wollte seinen Geschmack kennenlernen, wollte ihn verschlingen.

Jason stöhnte auf, als ihre Zunge in seinen Mund glitt, und er vertiefte den Kuss, indem er sie noch näher an sich heranzog. Ihre Hände tanzten über die heiße Haut seiner Brust und begannen von selbst, nach unten zu wandern, zum Bund seiner Badeshorts. Emma verschwendete keinen Gedanken an den Fahrer, sie dachte nur daran, wie herrlich es sich anfühlte, in Jasons Armen zu liegen und von ihm ins Delirium geküsst zu werden.

* * *

Die Art, wie Jason sie ansah, war beängstigend und gleichzeitig erregend, als wollte er sie verschlingen, so wie er es vor so vielen Jahren getan hatte. Er war so nah, dass Emma spüren konnte, wie seine Körperwärme sie einhüllte und Leben in ihr kaltes Blut pumpte.

Sie hatte sich nur einmal wirklich erlaubt, zu leben – mit Jason. Und jetzt wollte sie wieder leben.

„Komm mit mir nach draußen“, sagte er, und diese fünf einfachen Worte erregten sie mehr als alles andere. Und das, obwohl irgendwo in ihrem Hinterkopf eine Warnglocke ertönte, die sie darauf hinwies, dass es überhaupt keinen Sinn ergab, dass Jason aus heiterem Himmel mit ihr zusammen sein wollte.

Aber Emma hatte den Rest ihres Lebens Zeit, ihre Fehler im Kopf durchzugehen und zu erkennen, was sie falsch gemacht hatte, als sie ihn verraten und ein vorgetäuschtes, perfektes dem echten Leben aus Fleisch und Blut vorgezogen hatte, das sie und Jason gemeinsam hätten führen können. Heute Abend war ihre einzige Chance, mit ihm zusammen zu sein, sich ihm endlich ganz und gar hinzugeben. Und diese Chance würde sie ergreifen.

Ein geflüstertes „Ja“ war alles, was Emma zustande brachte, als sie zur Tür ging, denn sie wusste, dass Jason hinter ihr war. Mit jedem Schritt spürte sie seine Hitze und die Kraft seines Blicks brannte sich in sie hinein.

Plötzliche, starke Lust strömte durch ihre Adern. Sie fühlte sich wilder und verruchter als jemals zuvor, abgesehen von ihren geheimen erotischen Träumen. Von diesem Moment an gehörte der heutige Abend ihr, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen.

Mit Jason gefährlich nahe hinter sich, so nahe, dass sie sein gleichmäßiges Atmen in ihren Ohren hören konnte, schob sich Emma durch die schweren Doppeltüren und atmete die kühle Nachtluft ein. Doch auch sie vermochte ihr Fieber kaum zu senken. Ihr Verlangen. Sie begrüßte die Abkühlung nach der Hitze der vielen Körper, die alle versuchten, sich gegenseitig damit zu übertrumpfen, wie weit sie es geschafft hatten in den zehn Jahren, die seit dem College vergangen waren. Erstaunlicherweise war der Kopfschmerz verschwunden, der sich den ganzen Tag über hinter ihren Augen aufgebaut und gedroht hatte, ihr den Schädel zu zerbrechen.

Der Gedanke war flüchtig – Jason ist die beste Medizin, so wie immer – und spukte ihr durch den Kopf. Es schien, als wartete er nur auf einen ruhigen Moment, in dem sie ihn würde sezieren können.

Der Stanford-Campus mit seinen alten Eichen und den stattlichen Palmen, großen Rasenflächen und der Mischung aus alten Steingebäuden und modernen Glas- und Stahlkonstruktionen hatte ihr schon immer gefallen. Aber heute Abend, als Emma sich vom Faculty Club aus in die Nacht hinein bewegte, angetrieben von Jason, der sie leise drängte weiterzugehen, weg vom Klirren der Weingläser und dem übermäßig lauten Gelächter, nahm sie ihre Umgebung nicht mehr bewusst wahr.

Unter den Wedeln einer Palme drehte sie sich zu ihm um, betete um Mut und hoffte, dass sie die Kraft hatte, ihr Vorhaben durchzuziehen.

Jasons Lächeln war wild und intensiv. „Zu unserem üblichen Ort?“

Emma schauderte bei seinen Worten, denn sie wusste, dass sie seine Einladung, ihre Vergangenheit wieder aufleben zu lassen, nicht verdient hatte. Sein Angebot war ein Geschenk, das wertvollste Geschenk, das sie je erhalten hatte. Viel wertvoller als ein BMW oder ein Diamantarmband oder alles, was ihr Ex-Mann ihr je geschenkt hatte.

Ein weiterer flüchtiger Gedanke durchflutete sie – ich würde alles für diesen Mann aufgeben – und wieder nahm sie den Gedanken tief in sich auf. Ein weiterer Punkt auf ihrer Liste, um den sie sich später kümmern würde.

„Ja“, flüsterte sie wieder, und ihre Augen leuchteten vor unvergessenen Erinnerungen. „Zum See.“

Sie waren wieder achtzehn und liefen durch die Nacht, über vertraute, ausgetretene Pfade über den Campus, vorbei an den Wohnheimen, an den Büros der Dozenten, hinaus in die Wildnis des Uni-Campus. Die ledernen Kanten von Emmas Schuhen gruben sich tief in ihre Fersen, ihre Lunge keuchte und pumpte Luft ein und aus, ihr Haar drang aus dem engen Pferdeschwanz und tanzte auf ihren Schulterblättern. Sie fühlte sich frei. Als ob alles möglich wäre. Als ob Träume wahr würden. Und obwohl sie aus Erfahrung wusste, dass das wahre Leben niemals wie ein Märchen verlaufen würde, wollte sie heute Abend so tun, als ob es doch möglich wäre.

Jasons Lebenssaft strömte über ihre verwobenen Finger in sie hinein und erneuerte sie. Wie ein Vampir saugte Emma seine Kraft auf und ließ sich von ihr erfüllen, bis die vertrocknete Frau von vor wenigen Minuten fast ausgelöscht war.

Und dann lag der See am Rande des Campus vor ihnen, der Vollmond spiegelte sich auf seiner glatten, ruhigen Oberfläche.

Plötzlich traf die Angst sie wie ein Presslufthammer, genau an der Stelle in ihrem Schädel, die im Ballsaal kurz vor der Detonation gestanden hatte. Wem wollte sie etwas vormachen? Sie war keine Frau, die mit den Wölfen rannte, verdammt noch mal. Die sanften Visionen vom Märchenende verflüchtigten sich, und sie fühlte sich verletzlicher als je zuvor.

Als ob er ihre plötzliche Panik gespürt hätte, sagte Jason: „Jetzt oder nie, Emma.“

Seine Worte waren weder eine Einladung noch eine Missbilligung und ein Bild vom Rest ihres Lebens drängte sich ihr auf. Es war nicht schön. Es war nicht interessant.

Wenn sie dieses „jetzt“ nicht annehmen würde, gäbe es für den Rest ihres Lebens nur noch „nie“.

Sie drehte sich zu ihm um und fixierte seinen haselnussbraunen Blick mit ihrem und sprach das Wort, das ihr Schicksal besiegeln würde.

„Jetzt.“

* * *

Was zum Teufel mache ich hier eigentlich?

Jason wusste, dass er eigentlich gehen sollte. Genau diesem Moment. Eigentlich sogar vor fünf Minuten. Er sollte ein wenig Smalltalk halten, die Vergangenheit hinter sich lassen, Emma vergessen und sein Leben normal weiterleben.

Aber mit Emmas Lippen nur wenige Zentimeter von seinen entfernt, mit ihren Brüsten so nah, dass er sich an sie lehnen konnte, konnte Jason kaum an etwas anderes denken, als sie zu berühren. Sie zu küssen.

Sie zu lieben.

Eine unbarmherzige Stimme in seinem Inneren – eine Stimme, die Emma in ihm mit ihrem Verrat im College hervorgeholt hatte und die seitdem nie wieder verstummt war – erinnerte Jason schnell daran, dass nichts davon irgendetwas mit Liebe zu tun hatte.

Und so gestand er sich ein, dass er sie von dem Moment an, als er sie in dem überfüllten Raum gesehen hatte, hatte besitzen wollen, sie mit allem, was in ihm steckte sein eigen machen wollte. Mit seinen Händen. Seinem Mund. Seinen Zähnen. Mit allem von ihm.