4,99 €
In Palinghuus findet das Musikfestival »Tausend Watt am Watt« statt. Zahlreiche Besucher strömen in den Ort und Sarahs Taxi steht kaum still. Als ein alter Bekannter von Sarah mit Eintrittskarten für das Festival anreist, lassen sich Sarah, James und der Kaleu nicht lange bitten und besuchen das Konzert der alten Rockband »Circling Paris«.
Doch als der Auftritt beginnt, fehlt von dem Leadsänger jede Spur. Denn der liegt leider erstochen in seiner Garderobe! Sarah macht sich zusammen mit James und dem Kommissar an die Ermittlung - und findet schnell heraus, dass beinahe jeder im Umfeld des Sängers ein Motiv hatte.
Über die Serie: Palinghuus in Ostfriesland: Zwischen weitem Land und Wattenmeer lebt Sarah Teufel mit ihrem amerikanischen Ex-Mann James in einer Windmühle. Gemeinsam betreiben sie das einzige Taxiunternehmen weit und breit - mit einem Original New Yorker Yellow Cab! Bei ihren Fahrten bekommt Sarah so einiges mit. Und da die nächste Polizeistation weit weg ist, ist doch klar, dass Sarah selbst nachforscht, wenn etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Denn hier im hohen Norden wird nicht gesabbelt, sondern ermittelt!
eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 196
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Grußwort des Verlags
Über diese Folge
Taxi, Tod und Teufel - Die Serie
Titel
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Epilog
Über die Autorin
Impressum
Liebe Leserin, lieber Leser,
vielen Dank, dass du dich für ein Buch von beTHRILLED entschieden hast. Damit du mit jedem unserer Krimis und Thriller spannende Lesestunden genießen kannst, haben wir die Bücher in unserem Programm sorgfältig ausgewählt und lektoriert.
Wir freuen uns, wenn du Teil der beTHRILLED-Community werden und dich mit uns und anderen Krimi-Fans austauschen möchtest. Du findest uns unter be-thrilled.de oder auf Instagram und Facebook.
Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich auf be-thrilled.de/newsletter für unseren kostenlosen Newsletter an.
Spannende Lesestunden und viel Spaß beim Miträtseln!
Dein beTHRILLED-Team
Melde dich hier für unseren Newsletter an:
In Palinghuus findet das Musikfestival »Tausend Watt am Watt« statt. Zahlreiche Besucher strömen in die Läden und Sarahs Taxi steht kaum still.
Als ein alter Bekannter von Sarah mit überschüssigen Eintrittskarten für das Festival anreist, lassen sich Sarah, James und der Kaleu nicht lange bitten und besuchen das Konzert der alten Rockband »Circling Paris«. Doch der Auftritt beginnt und vom Leadsänger fehlt jede Spur auf der Bühne. Denn der liegt leider erstochen in seiner Garderobe!
Sarah macht sich zusammen mit James und dem Kommissar an die Ermittlung – und findet schnell heraus, dass beinahe jeder im Umfeld des Sängers ein Motiv hatte.
Palinghuus in Ostfriesland: Zwischen weitem Land und Wattenmeer lebt Sarah Teufel mit ihrem amerikanischen Ex-Mann James in einer Windmühle. Gemeinsam betreiben sie das einzige Taxiunternehmen weit und breit – mit einem Original New Yorker Yellow Cab! Bei ihren Fahrten bekommt Sarah so einiges mit. Und da die nächste Polizeistation weit weg ist, ist doch klar, dass Sarah selbst nachforscht, wenn etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Denn hier im hohen Norden wird nicht gesabbelt, sondern ermittelt!
LENA KARMANN
Tausend Watt und ein Mord
»Schaffen wir das wirklich noch?«, fragte der Fahrgast bereits zum dritten Mal und deutete auf das Ortsschild. »Schließlich müssen wir noch durch den ganzen Ort fahren.«
Sarah Teufel warf ihm über die Schulter ein beruhigendes Lächeln zu. »Keine Sorge, Palinghuus is ziemlich überschaubar«, versicherte sie ihm. »Wir müssen nur noch einmal links und einmal rechts abbiegen, dann sind wir auch schon so gut wie am Hafen.«
Ein Stück voraus kam die alte Windmühle in Sichtweite, in der Sarah mit ihrem Mann James Todd lebte. Rechts davon waren die Arbeiten für das neue Haus in vollem Gang, in das sie eigentlich umziehen wollten. Eigentlich, denn tatsächlich entschieden war das noch nicht. Derzeit tendierten sie dazu, den Neubau so zu gestalten, dass zwei oder drei Ferienwohnungen entstanden, die sie vermieten konnten, während sie weiter in der Windmühle wohnten, die ursprünglich an Urlauber vermietet werden sollte. Womöglich waren sie in drei Wochen schon wieder anderer Meinung, aber solange noch gebaut wurde, gab es auch keine Notwendigkeit, sich endgültig und unwiderruflich festzulegen.
»Außerdem haben Sie die Fahrt gebucht«, fuhr sie fort und bog nach links ab, »und unser Fährmann wird bestimmt nicht ohne Sie ablegen.«
»Aber nur telefonisch, weil es keine Möglichkeit gibt, online zu buchen, wo man anschließend wenigstens eine Bestätigung ausdrucken kann«, beklagte sich der Geschäftsmann. »Ich weiß nicht einmal, mit wem ich gesprochen habe.«
»Eigentlich können Sie nur mit Fehrmann gesprochen haben«, sagte Sarah, als sie auf den Marktplatz zufuhren. Auf der Ecke links herrschte ein reges Kommen und Gehen vor dem Dorfsupermarkt Schlemmerkörbchen, rechts fanden sich die ersten Gäste in der Klabauterfrau ein, die den sonnigen und warmen Tag mit einem kühlen Bier beginnen wollten.
»Mit dem Fährmann habe ich ja wohl gesprochen«, entgegnete ihr Passagier irritiert.
»Ich meinte Fehrmann«, erwiderte sie, bremste ab, um einen Lastwagen passieren zu lassen, und bog nach rechts ab.
»Was ist mit dem Fährmann?«, fragte ihr Fahrgast verständnislos.
»Er heißt Fehrmann. Mit ,e'«, erklärte Sarah und sah im Rückspiegel den Mann an, der verdutzt die Augenbrauen hochzog.
»Der Fährmann heißt Fehrmann? Sie wollen mich doch auf den Arm nehmen!«
Sarah schüttelte den Kopf. »Ich würde meine Fahrgäste nie auf den Arm nehmen. Es is so, wie ich sage. Dass Fehrmann uns auf den Arm nehmen will, hatten wir auch gedacht, als er uns über seinen Namen aufklärte. Als er vor einer Weile die Fähre übernommen hat, waren wir wochenlang der Meinung, dass er von der schweigsamen Sorte ist und keinem seinen Namen verraten will. Bis wir dann erfuhren, dass er Fehrmann heißt.«
»Ich glaube, so etwas Verrücktes habe ich noch nie gehört«, murmelte er. »Apropos Namen«, fügte er an, gerade als sie an der Werkstatt von Sarahs Ehemann vorbeifuhren. »Wieso nennen Sie Ihr Taxiunternehmen eigentlich Taxi Tod und Teufel? Das hat so etwas ... Morbides.«
Sarah lachte auf. »Ja, das könnte man tatsächlich meinen. Aber es is ganz einfach so, dass mein Name Sarah Teufel is und mein Mann James Todd heißt ...«
»Ihr Mann ist Engländer?«
»Amerikaner.«
»Ah, deshalb dieses New Yorker Taxi«, sagte er und nickte flüchtig.
»Ganz genau«, bestätigte sie lächelnd. »Aber zurück zum Namen. Die Leute hier im Ort haben die Angewohnheit, seinen Nachnamen mit eine langen ,O' auszusprechen, weshalb aus Todd Tod wird.« Sie zuckte mit den Schultern. »Na ja, und anstatt die Leute jedes Mal zu korrigieren, was lästig is und bei unseren Kunden wohl auch nich so gut ankommen dürfte, haben wir beschlossen, uns ans Plattdeutsche anzupassen und unser Taxiunternehmen Tod und Teufel zu nennen.«
»Hm«, machte ihr Fahrgast kopfschüttelnd. »Zufälle gibt's. Da muss ich erst nach Palinghuus kommen, um gleich zwei ,Leidensgefährten' zu begegnen.«
»Leidensgefährten?«, fragte sie verwundert.
»Na ja, Parganini wird von den allermeisten Menschen beim ersten Anlauf falsch verstanden«, antwortete ihr Fahrgast.
Sarah stutzte. »Aber da kann man doch ein ,r' heraushören?«
»Meinen Glückwunsch, Frau Teufel«, gab er ironisch zurück. »In achtundneunzig von hundert Fällen können oder wollen die Leute, mit denen ich zum ersten Mal zu tun habe, dieses ,r' aber nicht wahrnehmen und fragen reflexartig: ,Sind Sie etwa verwandt mit dem berühmten ...'«
»Kann ich mir gut vorstellen«, sagte sie mitfühlend. »Vielleicht sollten Sie mit meinem Mann und dem Fährmann Fehrmann einen Club der Missverstandenen gründen.«
»Gute Idee«, fand Parganini grinsend. »Vielleicht können wir ja ein Gesetz auf den Weg bringen, dass jeder fünfzig Euro Schmerzensgeld bezahlen muss, wenn er den Namen seines Gegenübers missversteht oder falsch ausspricht.«
»Da könnte aus dem Club aber schnell der Club der superreichen Missverstandenen werden«, erwiderte Sarah und zeigte nach vorn, als sie sich dem Hafen näherten. »Da, sehen Sie es? Da liegt Ihre Fähre und wartet auf Sie.«
»Dann kann ja nichts mehr schiefgehen«, sagte der Mann auf dem Rücksitz und holte die Brieftasche hervor, um ein paar Geldscheine herauszunehmen.
Sarah fuhr über das Kopfsteinpflaster, bis sie den Steg erreicht hatten, über den die Fahrgäste auf die Fähre gelangten. »Der Rest ist für Sie«, sagte Parganini und hielt ihr die Scheine hin. »Ich benötige ...«
»... eine Quittung«, unterbrach sie amüsiert. »Wer im Anzug und mit einer Aktentasche in ein Taxi steigt, braucht fast immer eine Quittung.«
»Danke«, sagte er und steckte den Beleg ein. Er stutzte, als er sah, dass Sarah ausstieg. »Ähm ... Sie müssen mir nicht die Tür aufhalten, Frau Teufel.« Während er redete, öffnete er bereits die Tür, als wollte er seine Worte damit unterstreichen.
»Das glaube ich Ihnen, Herr Parganini«, sagte sie, als sie um den Wagen herumkam und die hintere Tür zudrückte, nachdem ihr Fahrgast ausgestiegen war. »Aber ich muss Sie an Bord begleiten, weil ich Fehrmann fragen will, wann er zurückkommt. Ich versuche mich immer ein wenig an seinen Zeiten zu orientieren, weil er regelmäßig Fahrgäste von der Insel mitbringt, die dann ein Taxi brauchen, wenn sie hier eintreffen.« Sie hob flüchtig die Hände. »Das klappt nich immer, weil man als einzelnes Taxi nun mal immer nur eine Tour zur gleichen Zeit übernehmen kann.« Der Mann schien etwas darauf erwidern zu wollen, wurde aber offenbar dadurch abgelenkt, dass Sarah nach zwei Schritten verdutzt stehenblieb und murmelte: »Was ist das denn?«
»Was ist was?«
»Das da«, sagte sie und zeigte auf das Gitter, das am Beginn des Laufstegs an den Geländern zu beiden Seiten mit einem Vorhängeschloss gesichert war und den Zutritt zur Fähre unmöglich machte. »Wenn das Gitter den Weg versperrt, is die Fähre für jeden tabu«, erklärte sie. »Es is zwar niedrig genug, um hinübersteigen zu können, aber wenn Sie sich das Schild ansehen, dann droht eine Anzeige, und Fehrmann übernimmt keine Haftung für Schäden.«
Parganini nickte verstehend. »Es kann niemand behaupten, er wäre nicht gewarnt worden.« Er ließ seinen Blick über die Fähre wandern. »Ist er an Bord? Müssen wir ihn rufen, damit er mir den Zutritt gewährt?«
»Fragen Sie mich was Leichteres«, antwortete Sarah irritiert. »So was haben wir noch nie erlebt. Menschenskinder, jetzt sind die Leute, die von Baltrum rüberkommen wollen, völlig aufgeschmissen. Die müssen alle nach Bensersiel übersetzen, und wer dann hierher nach Palinghuus will, muss ein Taxi nehmen. So was hat uns noch gefehlt.« Sie beugte sich über das Gitter und rief laut: »Herr Fehrmann, sind Sie da?«
Nichts rührte sich. Auch auf den zweiten und dritten Zuruf gab es keine Reaktion.
»Warten Sie hier«, sagte Sarah und kletterte über das Absperrgitter.
»Wo wollen Sie hin?«, hörte sie Parganini verwundert rufen, gab aber darauf keine Antwort, weil die nun wirklich allzu offensichtlich war. Sie ging an Bord, fasste nach der Tür, die unter Deck führte, doch die war abgeschlossen. Von einem unguten Gefühl begleitet, ging sie dann die Sitzreihen ab, immer darauf gefasst, irgendwo den Fährmann zu entdecken, der womöglich unglücklich gestürzt war oder vielleicht einen Schwächeanfall erlitten hatte. Zu ihrer Erleichterung wurde sie aber nicht fündig und kehrte an Land zurück, während sie ihr Handy aus der Tasche holte und Fehrmanns Nummer wählte.
Kopfschüttelnd kletterte sie über das Absperrgitter und sah ihren Fahrgast an. »Er meldet sich nich, und an Bord is er offenbar auch nicht.«
»Und nun?«
»Nun rufe ich meinen Mann und noch zwei oder drei Leute an, um zu fragen, ob einer von ihnen heute schon Fehrmann gesehen hat«, erklärte sie. »Wenn nich, rufen die auch wieder ein paar Leute an, bis so ziemlich jeder im Dorf gefragt worden is. Und ich rufe auch noch Frau Feddersen an, die bei Fehrmann gleich gegenüber wohnt und die mal klingeln und klopfen gehen kann.« Sie tippte auf ihr Smartphone. »In ein paar Minuten werden wir bestimmt mehr wissen.«
»Ein verschwundener Fährmann«, murmelte Parganini, gerade nachdem Sarah James angerufen hatte und die nächste Nummer wählte. »Genau deswegen bin ich hier.«
Sie stutzte. »Sie sind hier, um nach einem verschwundenen Fährmann zu suchen?«
»Nein, nein.« Der Mann winkte ab. »Ich bin hergekommen, um bei diesem Treffen auf Baltrum ein Konzept vorzulegen, das durch einheitliche Standards in solchen Fällen Fähren und die damit verbundene Infrastruktur zuverlässiger macht.«
»Wie macht man das, wenn der Fährmann einfach nich auftaucht, um die Fähre zu bedienen?«, fragte sie.
»Vereinfacht gesagt, schafft man ein Kontrollsystem, bei dem es einen Ersatzfährmann gibt, der von dem eigentlich diensthabenden Kollegen eine Mitteilung erhält, dass alles in Ordnung ist«, führte er aus. »Und zwar so zeitig, dass der Ersatzmann noch Zeit genug hat, um die Fahrt dann übernehmen zu können, wenn sie stattfinden soll, falls der Kollege ein Problem meldet oder gar keinen Laut von sich gibt.« Er deutete auf die Fähre. »Wäre dieses Kontrollsystem hier bereits in Benutzung, würden wir jetzt nicht hier stehen und ich müsste es Ihnen gar nicht erklären, weil ich längst auf der Fähre wäre und Sie die nächste Fahrt übernehmen könnten.«
Sarah nickte bedächtig und rief im Schlemmerkörbchen an. Während sie darauf wartete, dass dort jemand ans Telefon ging, entgegnete sie: »Ich schätze, meine nächste Fahrt steht bereits fest. Wenn Fehrmann nich bald auftaucht oder sich zumindest meldet, werde ich Sie wohl nach Bensersiel bringen müssen, denn sonst wird das nix mit der Überfahrt nach Baltrum.«
Parganini verzog den Mund. »Dann werde ich wohl vorsorglich schon mal anrufen und meine Verspätung ankündigen. Darf ich mich solange in Ihren Wagen setzen, damit wir uns nicht gegenseitig beim Telefonieren stören?«
»Ja, natürlich«, sagte sie, gerade als im Schlemmerkörbchen jemand ans Telefon ging.
Gut zwanzig Minuten später gab es noch immer kein Lebenszeichen von Fehrmann, und es hatte ihn auch niemand gesehen. Weder war er in der Arztpraxis gewesen, noch war er mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden, wie ihr Hauptkommissar Scharrmann mitteilen konnte, den sie gebeten hatte, diese Auskunft einzuholen.
»Ich sage meinen Leuten, dass sie die Augen offen halten sollen«, versprach ihr der Hauptkommissar. »Für eine offizielle Vermisstenmeldung ist es aber noch zu früh, Frau Teufel. Ich werde trotzdem eine Streife nach Palinghuus schicken, die sich in seinem Haus umsehen soll.«
»Das wäre gut«, erwiderte Sarah erleichtert. »Es is nich Fehrmanns Art, einfach nich zum Dienst zu erscheinen, ohne wenigstens irgendwem Bescheid zu sagen. Ich habe kein gutes Gefühl.«
»Na, dann hoffen wir mal, dass Ihr Gefühl Sie trügt und Fehrmann sich bloß einen angetrunken und dann die Nacht bei einer netten Dame verbracht hat, bei der er jetzt immer noch im Bett liegt und schnarcht, weil er denkt, er hätte seinen freien Tag.«
»Das würde zwar überhaupt nich zu Fehrmann passen«, entgegnete sie, »aber ich werde mal das Gleiche hoffen wie Sie.« Nachdem sie sich noch einen Moment lang unterhalten hatten, beendete sie das Telefonat genau in dem Augenblick, als Parganini aus ihrem Taxi ausstieg.
»Und?«, fragte er. »Hatten Sie Erfolg?«
»Leider nich«, musste sie zugeben. »Fehrmann scheint wie vom Erdboden verschluckt zu sein.«
»Sehr unerfreulich für Herrn Fehrmann«, sagte der Geschäftsmann. »Aber zugleich auch sehr nützlich für unser Unternehmen, da ich den Damen und Herren, denen ich unser Konzept vorstellen will, bei der gleichen Gelegenheit beweisen kann, wie effizient wir arbeiten.«
»Und wie wollen Sie das anstellen?«
»Ich habe bereits einen Springer organisiert, der sich in diesen Minuten auf den Weg macht«, verkündete Parganini mit unübersehbarem Stolz. »Er wird sich darum kümmern, bei welcher benachbarten Hafenmeisterei ein Zweitschlüssel für diese Fähre hinterlegt ist, und spätestens in zwei Stunden wird er dafür sorgen, dass Reisende zur oder von der Insel über Palinghuus an ihr Ziel gebracht werden.«
»Und wenn Fehrmann auftaucht während wir auf dem Weg nach Bensersiel sind?«, fragte Sarah. »Dann hat er sich umsonst auf den Weg gemacht.«
Der Mann schüttelte den Kopf. »In jedem Fall können wir zeigen, dass unser Motto den Tatsachen entspricht.«
»Und wie lautet das?«
»Wir reden nicht lange, wir handeln«, sagte Parganini.
»Dann sollten wir das jetzt auch befolgen«, erwiderte Sarah schmunzelnd. »Je eher Sie in Bensersiel ankommen, desto eher kommen Sie nach Baltrum und zu Ihrem Treffen.« Sie bedeutete ihm wieder einzusteigen und ging um ihr Taxi herum, um sich ans Steuer zu setzen. Während sie wendete, sprach sie weiter: »Falls Fehrmann etwas zugestoßen is und er länger ausfällt, dann kann ich Ihnen jetzt schon versprechen, dass Ihr Springer am nächsten Wochenende jede Menge Arbeit haben wird, und zwar rund um die Uhr.«
»Rund um die Uhr?«, wiederholte er skeptisch. »Nehmen Sie es bitte nicht persönlich, aber Palinghuus macht auf mich nicht den Eindruck, dass es hier ein pulsierendes Nachtleben gibt.«
»Normalerweise nich, aber am Freitag startet das Musikfestival Tausend Watt am Watt, das nur alle drei Jahre veranstaltet wird«, antwortete sie. »Das geht bis Sonntagnacht, und die letzten Besucher reisen am Montagmittag ab. Weil es nich so viele Quartiere gibt, um Tausende von Musikfans unterzubringen, zelten viele auf den Inseln, und die müssen bis spät in die Nacht hin und her transportiert werden. Und es gibt immer wieder Nachzügler, die lange nach der letzten Band noch am Strand rumhängen und dann um fünf Uhr morgens zu ihrem Zelt wollen, das sie auf Baltrum aufgeschlagen haben.«
»Gut zu wissen, Frau Teufel«, sagte er. »Danke für diesen Hinweis. Dann werde ich vorsorglich schon mal einen Plan für das kommende Wochenende erstellen, damit ich gleich bei meinem Termin zeigen kann, dass wir auf alle Eventualitäten reagieren können. Trotzdem hoffe ich, dass dieser Herr Fehrmann spätestens dann auftaucht, wenn wir um die nächste Ecke gebogen sind, und er nur hoffnungslos verschlafen hat.«
»Das hoffe ich auch, Herr Parganini«, stimmte Sarah ihm zu, obwohl sie ein ungutes Gefühl hatte.
Sarahs ungutes Gefühl hatte sie nicht getäuscht. Für den Rest der Woche blieb Fehrmann spurlos verschwunden und galt inzwischen offiziell als vermisst. Die Polizei hatte sich in seinem Haus umgesehen, und da Hauptkommissar Scharrmann auf die besonderen Spürnasen von Sarah und James vertraute, hatte er sie gebeten, in Fehrmanns Haus ebenfalls nach Hinweisen zu suchen, die sein Verschwinden erklären konnten.
Das einzig Auffällige war aber gewesen, dass Fehrmann die Buchung für Parganini irrtümlich am Sonntag eingetragen hatte, nicht am Montag. Womöglich hatte er sich vorgenommen, vor dem Ansturm zum Festival am Freitag ein paar Tage freizunehmen, und da Parganini am Sonntag natürlich nicht zur Überfahrt erschienen war, hatte es für Fehrmann keinen Anlass gegeben, am Montag noch einmal auf den scheinbar unzuverlässigen Fahrgast zu warten. Vielleicht hatte er nur vergessen, irgendwem Bescheid zu sagen und einen Zettel am Zugang zur Fähre anzubringen.
Allzu überzeugend war diese Erklärung allerdings nicht, und selbst wenn sie zutreffen sollte, musste Fehrmann irgendwo weit weg von Palinghuus etwas zugestoßen sein, da er bislang nicht mehr aufgetaucht war. Inzwischen war es Samstag, und das bedeutete, dass Tausende Besucher des Festivals vor dem Problem gestanden hätten, große und zeitraubende Umwege in Kauf zu nehmen, um von Baltrum über Bensersiel nach Palinghuus zu gelangen.
Doch Parganini hatte nicht zu viel versprochen und mit ausreichend Personal für ein reibungsloses Pendeln per Fähre gesorgt, was zweifellos eine gute Visitenkarte für den Fall sein würde, dass Fehrmann unauffindbar blieb. Da mit ihm auch sein Smartphone verschwunden war, konnte die Polizei nicht mal über die Kontakte in seinem Telefonregister versuchen, irgendeine brauchbare Information zu erhalten, die zu ihm geführt hätte.
Unterdessen war das Festival »Tausend Watt am Watt« in vollem Gange. Schon am Mittwoch waren die ersten Besucher angereist und hatten für Trubel in Palinghuus gesorgt. Viele sahen sich das gemütliche Fischerdorf an, bevor es am Freitagmittag mit den Konzerten losging. Die fanden auf vier Bühnen verteilt zu beiden Seiten des Deichs statt, da der Platz ansonsten nicht genügt hätte, um die Heerscharen an Besuchern aufzunehmen. Um zu verhindern, dass die Leute, die mit dem eigenen Auto anreisten, ganz Palinghuus zuparkten, waren die Zufahrtsstraßen zum Dorf schon seit Dienstagabend gesperrt und konnten nur noch von den Anwohnern passiert werden. Pendelbusse brachten die Besucher von den großen Parkplätzen weit draußen zum Deich. Und auch Sarah sprang immer wieder mit ihrem Taxi ein, um diejenigen zu fahren, die nicht den kostenlosen und hoffnungslos überfüllten Bus nehmen wollten und bereit waren, ein paar Euro für die bequemere Taxifahrt auszugeben.
Die Fähre nach Baltrum war nicht nur im Dauereinsatz. Sie war auch so begehrt, dass der Ersatzmann, den Parganini nach Palinghuus geschickt hatte, nach kurzer Zeit einen Mitarbeiter des Wachdienstes hatte anfordern müssen, damit nicht mehr Passagiere auf die Fähre drängten als zugelassen. Es wunderte Sarah, dass für die Überfahrt jedes Mal eine Gebühr von fünf Euro fällig wurde. Bei den früheren Festivals war es ein kostenloses Angebot gewesen, für das der Veranstalter eine Pauschale an den damaligen Fährmann gezahlt hatte. Aber vermutlich hatte man sich in der Kürze der Zeit nicht mehr einigen können. Überhaupt konnte man nicht anders, als Parganini dankbar dafür sein, dass er überhaupt so schnell für einen Betrieb der Fähre hatte sorgen können.
Auf dem Parkplatz am Hafen hatte sich fast ein Dutzend Foodtrucks eingefunden, die allesamt bestens zu tun hatten. Und das, obwohl bei einem Blick auf die Preise schnell deutlich wurde, dass die Betreiber die »Notlage« der Besucher ausnutzten, die keine andere Wahl hatten, wenn sie Tacos, Döner oder Burger essen wollten. So ganz ging deren Rechnung dann aber doch nicht auf. Viele Besucher setzten entweder auf Selbstverpflegung mit Dosenravioli auf dem Gaskocher, oder aber sie nahmen das Alternativangebot wahr, das Palinghuus zu bieten hatte. Vor dem Fischimbiss von Hannes Hansen, vor dem Schlemmerkörbchen, vor der Klabauterfrau und vor dem Café Snabbelsnuut standen praktisch von morgens bis abends lange Schlangen. Backfisch, belegte Brötchen, Labskaus und Dutzende andere lokale Gerichte, die nicht mal halb so viel kosteten wie das, was die Foodtrucks verlangten, fanden reißenden Absatz. Für die Palinghuusener bedeutete das zwar ein kräftezehrendes Engagement, das alles übertraf, was in der Zeit zwischen zwei Festivals von ihnen gefordert wurde. Aber die begeisterten Mienen der Festivalbesucher, die sich über ein großes Fischbrötchen, einen Berliner oder ein Baguette mit Camembert freuten, machten die Mühe genauso lohnenswert wie der Kassensturz am Montagabend nach dem Festival – und das ganz ohne Wucherpreise.
Am Samstagmittag saßen Sarah, James und der Kaleu im Garten vor der Windmühle und genossen bei einem Glas Eistee die warme Maisonne, während auf der Straße vor ihrem Grundstück Festivalbesucher in Richtung Deich strömten, von wo dumpfe Musik zu ihnen herüberschallte, die vor der jeweiligen Bühne eher in Richtung ohrenbetäubend tendierte.
»Wieso vermietet ihr eigentlich nich euren Garten an die Leute da?«, wollte der Kaleu wissen. »Auf der großen Fläche könnten doch bestimmt sechs oder sieben Zelte stehen.«
James schüttelte den Kopf. »Wir haben mal überlegt, ob wir das machen sollen. Aber dann haben wir gesehen, dass in manchen Vorgärten eine riesige Müllhalde zurückbleibt, weil die Camper am Montagmorgen um fünf Uhr klammheimlich ihre Sachen packen und verschwinden, damit sie ihren Abfall nicht entsorgen müssen.«
»Außerdem könnten wir dann nich die Terrassentür aufmachen«, ergänzte Sarah, »weil die Leute das als Einladung auffassen könnten, sich in die Mühle zurückzuziehen und auf der Couch ein Nickerchen zu machen. Es sind ja nich alles nur Engel, die zum Festival kommen.« Nach einer kurzen Pause fügte sie hinzu: »Und jetzt, wo wir Chico haben, geht das sowieso nich. Er möchte auf der Wiese herumtollen, aber wie soll das gehen, wenn da ein halbes Dutzend Zelte steht? Und ich möchte auch nich, dass irgendwelche Fremden ihm etwas von ihrem Essen abgeben, nur weil er seinen Bettelblick aufgesetzt hat. Wenn er es nich verträgt, haben wir die Probleme, aber nicht unsere Camper.«
Der Mischling, der an einen geschrumpften Schäferhund erinnerte, hob den Kopf, als er seinen Namen hörte, und schaute Sarah erwartungsvoll an. Sie beugte sich vor und kraulte ihn hinter dem Ohr, woraufhin er genießerisch den Kopf verdrehte.
»Stimmt auch wieder«, musste der Kaleu zugeben. »Würd ich auch nich wollen, wenn ich einen Hund hätte.«
Sarahs Telefon klingelte, sie sah kurz auf das Display und nahm den Anruf an. »Sarah Teufel? ... Ja, das is richtig. Der parkt auf unserem Grundstück. ... Richtig. Ja, danke.«
Als sie aufgelegt hatte, fragte der Kaleu: »Musst du los? Braucht irgendwer ein Taxi?«
»Mh-mh«, machte sie und schüttelte den Kopf. »Ein ehemaliger Schulfreund von meinem Vater hat sich angekündigt. Er will für eine Nacht bei uns schlafen, weil er zum Festival will.«
»Ein Schulfreund von deinem Vater?«, wiederholte der Kaleu nachdenklich. »Der zu diesem Festival will? Klingt sicher komisch, wenn das ausgerechnet von mir kommt, aber is er für diese moderne Musik nich 'n büschen zu alt?«
»Sollte man meinen. Aber da tritt wohl auch eine Band auf, die er von früher kennt und die er unbedingt sehen will. Ich habe eben am Telefon der Polizei gesagt, dass sie und die Wachleute ihn passieren lassen können, weil er seinen Wagen bei uns in die Einfahrt stellen kann und er nichts und niemanden zuparkt.«