Tetrodotoxin - Sina Krammer - E-Book

Tetrodotoxin E-Book

Sina Krammer

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Beschreibung

Genau vor sechs Jahren wurden zwei Kinderleichen im Wald gefunden. Es handelte sich damals um sechs Jahre alte Zwillinge mit kupferrotem Haar. Die Komissarin Lena und ihr Kollege Toni von der Soko Twins konnten den Mörder der Kinder bis heute nicht finden. Er hinterließ eindeutige Hinweise auf seine Identität. Das ungewöhnliche Gift des Kugelfischs wurde vom Mörder als Waffe ausgewählt, Jetzt sind wieder zwei, sechsjährige Zwillinge mit roten Haaren verschwunden. Lena Hubermayer und ihr Kollege ermitteln erneut. Doch die Zeit läuft ihnen davon...

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Seitenzahl: 374

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Alle Personen und Handlungen sind frei erfunden und entspringen ausschließlich der wahren Fantasie des Autors. Jede vermeintliche Übereinstimmung mit immer noch lebenden Personen oder auch Verstorbenen wären rein zufällig.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1: 6 Jahre später

Kapitel 2: Das Aquarium

Kapitel 3: Die Kinder

Kapitel 4: Noch 144 Stunden …

Kapitel 5: Noch 139 Stunden …

Kapitel 6: Noch 128 Stunden …

Kapitel 7: Noch 118 Stunden …

Kapitel 8: Noch 116 Stunden …

Kapitel 9: Noch 110 Stunden …

Kapitel 10: Noch 106 Stunden …

Kapitel 11: Noch 99 Stunden …

Kapitel 12: Noch 96 Stunden …

Kapitel 13: Noch 90 Stunden …

Kapitel 14: Noch 80 Stunden …

Kapitel 15: Noch 78 Stunden …

Kapitel 16: Noch 75 Stunden …

Kapitel 17: Noch 74 Stunden …

Kapitel 18: Noch 72 Stunden …

Kapitel 19: Noch 70 Stunden …

Kapitel 20: Noch 67 Stunden …

Kapitel 21: Noch 64 Stunden …

Kapitel 22: Noch 57 Stunden …

Kapitel 23: Noch 52 Stunden …

Kapitel 24: Noch 40 Stunden …

Kapitel 25: Noch 38 Stunden …

Kapitel 26: Noch 35 Stunden …

Kapitel 27: Noch 32 Stunden …

Kapitel 28: Noch 29 Stunden …

Kapitel 29: Noch 24 Stunden …

Kapitel 30: Noch 22 Stunden …

Kapitel 31: Noch 20 Stunden …

Kapitel 32: Noch 18 Stunden …

Kapitel 33: Noch 17 Stunden …

Kapitel 34: Noch 15 Stunden …

Kapitel 35: Noch 13 Stunden …

Kapitel 36: Noch 11 Stunden …

Kapitel 37: Noch 10 Stunden …

Kapitel 38: Noch 8 Stunden …

Kapitel 39: Noch 6 Stunden …

Kapitel 40: RÜCKBLENDUNG

Kapitel 41: Die Zeit läuft …

Kapitel 42: Gerettet?...

Kapitel 43: Time-out…

Kapitel 44: Verloren…

EPILOG: 3 Wochen danach …

Prolog

»Sir Henry, Henry! Wo bist du denn schon wieder? Henry?« Dieser Hund treibt mich noch in den Wahnsinn. Ich sollte wirklich einmal eine Hundeschule aufsuchen, so kann es einfach nicht weitergehen. Kaum lässt man den dummen Köter von der Leine, verschwindet er spurlos im Wald und hört nicht mehr.

»Henry! Henry!«

Ein kaum wahrnehmbares Bellen ertönt aus dem Wald. Ein hysterisches, aufgeregtes Bellen.

»Sir Henry?«

Kruzifix diese Misttöhle! Kann der nicht einmal bei mir auf dem Weg bleiben und wie ein normaler Hund mit mir spazieren gehen? Nein, kaum spürt er die Freiheit, sieht man den Troll nicht mehr. Und jetzt bellt er den ganzen Wald zusammen. Ich laufe dir bestimmt nicht hinterher! »Henry!« Er muss schon weiter weg sein, denn sein Bellen ist längst nicht mehr allzu laut zu hören. »Henry!«

Nach einer halben Stunde hatte Henrys Besitzer ihn endlich mitten im Wald, dreißig Meter von ihm entfernt entdeckt. Zuvor rief er ständig nach dem quirligen Basset. Was war das doch für eine dumme Idee, sich einen Basset zuzulegen!

»Schau doch mal, wie knuffig der ist! Und was für lange Ohren der hat! Und dieser liebe, treudoofe Blick!« Knuffig. Seine Frau fand immer alles und jeden knuffig. Was war das überhaupt für ein Wort? Egal, man konnte ihr fast keinen Wunsch abschlagen, denn sie lag einem so lange damit in den Ohren, bis man doch schlussendlich nachgab. Sir Henry war zwar kein schneller Läufer und sehr träge, dennoch war er ein äußerst eifriger Jäger und nahm Jagd auf alles, was sich bewegte. Durch seinen guten Geruchssinn war er kaum zu bremsen. Hatte er einmal eine Fährte aufgenommen, war der eigensinnige Hund nicht mehr zu bändigen. Auch sein Gehör schien dann urplötzlich nicht mehr zu funktionieren. Eigentlich sollte diese Rasse ja intelligent und sehr lernfähig sein, doch dieser Hund war einfach nur eigensinnig und hatte nur seinen Jagdtrieb im Sinn. Ein Köter halt.

Henry bewegte sich nervös hin und her und bellte etwas Unbekanntes vor sich liegend am Waldboden an. Noch konnte sein Herrchen nicht erkennen, was es war, aber er vermutete, dass es sich um ein totes Tier handeln musste, dass Sir Henry erschnüffelt hatte und nun sein Eigen nannte. Er wollte ihm bestimmt stolz präsentieren, was er da gefunden hatte, was mindestens einmal in der Woche vorkam, wenn er mit ihm spazieren ging. Doch heute verhielt sich der dickköpfige Bursche aus einem unbekannten Grund anders, seltsam sogar. Normalerweise starrte er das tote Vieh stur an, bellte und bewegte sich nicht einmal. Doch heute sprang er wild von links nach rechts und zurück.

»Was hast du denn schon wieder gefunden, du Bazi? Ich suche dich bereits ununterbrochen und rufe nach dir und du hast nichts Besseres zu tun, als hier im Wald totes Gefiech aufzusuchen! Vielleicht sollte ich dir einmal die Ohren ausputzen, damit du besser auf mich hörst! Jetzt ist Schluss und du kommst an die Leine. Meine ganzen Beine sind schon zerkratzt! Nein, aus! Nicht ins Maul nehmen! Aus! Mensch, was ist denn das?«

Sir Henrys Besitzer wurde erst bewusst, was sein Hund da gefunden hatte, als er genauer hinsah. Vor dem Hund lag eine menschliche Hand, nein, ein menschlicher Körper. Ein ziemlich kleiner Körper. Der Körper eines Kindes. Die Leiche lag nackt vor ihm auf dem Waldboden, den Körper unnatürlich verdreht, die Hände weit von sich wegstreckend. Die Haut war ledrig, komisch braun, ohne Flüssigkeit. Fliegen tummelten sich um den Körper. Der Mund des toten Kindes war weit geöffnet, wie zu einem lauten Schrei geformt. Die Augen waren nicht mehr vorhanden. Auch wies die Leiche etliche Bisswunden auf, die wahrscheinlich wilde Tiere hinterlassen hatten. An seinem linken Zeigefinger fehlte der Fingernagel. Auf der Stirn war etwas Unbekanntes eingeritzt. Es sah aus, als ob es sich um eine arabische Sechs handeln würde. Etwa einen Meter von der ersten Leiche entfernt, lag ein zweiter Körper. Er konnte es nicht glauben. Hier lagen zwei kleine Kinder. Tot. Und so wie die Leichen aussahen, lagen sie schon eine ganze Weile hier. Auch die zweite Leiche zierten mehrere Bisswunden, aber um einiges schlimmer als die andere. Sie hatte lange, rötliche Haare, wahrscheinlich handelte es sich um ein Mädchen. Die andere Leiche hatte kurze, rötliche Haare. Die Fingernägel des Mädchens waren dunkel verfärbt, der Nagel des linken Zeigefingers war ebenfalls nicht mehr vorhanden. Auch das Mädchen war nackt. Die Leichen waren zueinander gewandt, die Arme jeweils zu dem Gegenüber ausgestreckt. Die rechten Hände beider Kinder waren ineinander verschränkt, als könne sie nichts und niemand voneinander trennen. Waren es womöglich Geschwister? Ein Junge und ein Mädchen? Die zweite Leiche hatte ebenfalls den Mund weit geöffnet, bereit, jederzeit einen Schrei auszustoßen. Bereit, um all ihre erlittenen Qualen hinauszuschreien. Da, wo einmal zwei fröhliche Kinderaugen waren, die neugierig alles von ihrer Umwelt aufsaugten und erkundeten, klafften nun zwei tiefe, hässlich schwarze Löcher.

Henrys Besitzer drehte sich schlagartig um und übergab sich. Er musste hier weg! Einfach nur weg. Er nahm Sir Henry an die Leine und rannte mit ihm aus dem Wald, so schnell er nur konnte. Am Waldrand angekommen, hielt er inne. Oh mein Gott! Was soll ich machen? Solch eine Scheiße! Oh Gott. Du saublöder Köter! Was musst du auch immer abhauen! Solch ein Mist! Er holte sein Handy aus seiner Hosentasche heraus. Gut, dass die heutige Zeit mittlerweile so weit vorgeschritten war, dass jedermann ein Handy besaß. Keinen Empfang. Wie sollte es auch anders sein? Welcher Depp wohnt auch in Kolmöd und geht mit seinem Hund im Wald spazieren! Er ging ein paar Schritte Richtung Parkplatz, dabei einen festen Blick auf die Empfangsbalken des Handys gerichtet, bis der Bildschirm endlich einen Strich anzeigte.

* * *

»Danke, Herr Kolbinger, dass sie uns angerufen haben. Halten Sie sich bitte zur Verfügung, falls wir noch Fragen haben. Sie sollten ihrem Sir Henry heute eine extra große Portion Futter ausgeben. Das hat sich der clevere Kerl wirklich verdient. Brauchen Sie seelische Unterstützung? Unser Kriseninterventionsteam ist hervorragend darin!«

»Nein, danke. Das benötige ich nicht. Mir geht es soweit gut. Ich muss das nur erst einmal verdauen.«

»Alles klar und falls Ihnen noch etwas einfällt, oder wir Ihnen doch helfen können, dann melden Sie sich bitte.«

Lena zog eine Visitenkarte aus ihrer Hosentasche und reichte sie ihm. Er betrachtete die Karte gedankenverloren.

Polizeikommissarin Lena Hubermayer.

Lena ließ sich langsam in die Knie sinken und betrachtete die grauenvolle Szenerie. Sie ließ ihre Augen über die beiden leblosen Kinderkörper schweifen, die grauenvollen Verletzungen und die kupferroten Haare. Ihr Blick folgte den verschränkten Armen bis zu den kleinen Kinderhänden.

»Jetzt wissen wir wohl, zu wem die beiden Fingernägel gehören, die wir vor sechs Tagen zusammen mit dem ominösen Würfel gefunden haben«, murmelte Lena leise vor sich hin.

Tränen sammelten sich in ihren Augen. Sie konnte es nicht glauben, wie jemand so etwas tun konnte. Sie musste sich mit einer Hand am feuchten Waldboden abstützen. Ihr Kollege Toni tauchte hinter ihr auf und legte ihr seine schwere, warme Hand auf die Schulter. Er seufzte.

»Mein Gott, wer ist dazu fähig?«, fragte er ungläubig.

»Ich weiß es nicht. Aber jetzt wissen wir wenigstens, was der Würfel zu bedeuten hatte. So wie die Leichen aussehen, liegen sie hier schon eine Zeit lang.«

»Worauf willst du hinaus?«, fragte Toni und ließ sich neben ihr auf die Knie sinken.

»Es war ein Hinweis, dass wir genau sechs Tage Zeit hatten, die Kinder zu finden. Und wir haben es vermasselt.«

Tränen rollten über ihre Wangen und fielen lautlos ins feuchte Moos.

1

6 Jahre später

Er ging hinunter in sein Reich. In sein dunkles Reich. Dort waren zwei Kinder hilflos seinen Perversionen ausgeliefert. Er hielt sie nun schon seit Tagen dort gefangen. Zwillinge. Zwei süße, kleine Kinder, die er in seinen Fängen hatte. Er konnte es gar nicht erwarten, wieder die schwere Tür aufzusperren und den dunklen, schalldichten Raum zu betreten. Den Duft der Angst aufzusaugen. In seiner Hand hielt er ein Skalpell. Er hatte es selbst noch einmal geschärft. Heutzutage konnte man sich nicht mehr auf die Industrie verlassen. Wenn man eine scharfe Klinge bestellt, könnte man damit höchstens weiche Bohnen zerschneiden. Mit diesem jedoch konnte man ein Haar spalten. Er zitterte vor Aufregung, als er den Schlüssel in das Schlüsselloch steckte. Nur noch eine Umdrehung trennte ihn von den Kindern. Endlich. Da saßen sie, ganz am Ende des Raumes, in der hintersten Ecke. Aneinander gekauert, zitternd, darauf hoffend, dass es endlich vorbei war. Vorbei mit den endlosen Qualen, denen sie Tag für Tag ausgesetzt waren. Es roch leicht nach Exkrementen. Er betrat den Raum, schloss die schwere Tür hinter sich und blieb zunächst erst einmal stehen. Er hatte genau geplant, was er nun mit ihnen anstellen würde. In der einen Hand das Skalpell, in der anderen Hand die Spritze, gefüllt mit dem marinen Tetrodotoxin, dem tödlichen Nervengift des Kugelfisches. Es heißt, dass schon eine geringe Menge von 0,5 - 1,5 Milligramm reicht, um einen erwachsenen Menschen bei oraler Aufnahme umzubringen. Das Gift ist zehn- bis hundertmal tödlicher als das Gift der Schwarzen Witwe und zehntausendmal tödlicher als Zyankali. Es ist ein relativ zügiges Gift, heißt es. Einmal soll ein Mensch, der den Kugelfisch verzehrt hatte, schon nach siebzehn Minuten gestorben sein.

Er hatte es genossen, bei seinem ersten Opfer zuzusehen, wie das Gift langsam wirkte und die Muskelerregungen unterband. Wie an seinem Körper motorische und sensible Lähmungen erschienen. Er nahm anfangs immer nur die Menge, die dazu reichte, sein Opfer körperlich zu lähmen. Schließlich sollte es schon noch mitbekommen, was mit ihm geschah. Zwar erlebt er seine Folter nur im paralysierten Zustand, aber dennoch bei vollem Bewusstsein. Artikulieren konnte sich das Opfer aufgrund des Giftes nicht mehr. Oh ja, allein an die Auswirkungen des Giftes und an das wehrlose Opfer zu denken, bescherte ihm einen mächtigen Ständer. Erst wenn er genug mit seinem Opfer „gespielt“ hatte, gab er ihm den letzten „Schuss“.

Er ging auf die Kinder zu, bereit, ihnen die Spritze in ihre weiche, nackte Haut zu jagen. Zuzusehen, wie die farblose Flüssigkeit in ihren kleinen Körper eindrang, erregte ihn jetzt schon maßlos. Er packte den kleinen Jungen am Arm, hob seine linke Hand, in der er die Spritze hielt und wollte gerade zur Injektion ansetzen.

Scheiß Wecker! 05:45 Uhr. Warum musste ausgerechnet jetzt sein Wecker klingeln? Er hatte gerade einen wunderschönen und realen Traum gehabt. Keine zehn Sekunden wach und er hatte schon schlechte Laune. Wie gerne hätte er seinen Traum fortgesetzt. Er richtete sich in seinem Bett auf, rieb sich den Schlaf aus den Augen, nahm den Wecker in die linke Hand, feuerte ihn mit aller Macht gegen die Wand, sodass dieser in tausend Teile zersprang und klirrend auf den Boden fiel. Schon jetzt verfluchte er diesen Tag. Er setzte seine nackten Füße auf dem billigen Holzboden auf und suchte auf dem Nachttisch fluchend nach seiner Brille. Erst jetzt bemerkte er, dass er nicht wie gewöhnlich mit einer Morgenlatte aufwachte, sondern mit einem schlaffen Etwas. Mit einem feuchten, schlaffen etwas. Er verabscheute seinen Penis, er hasste ihn sogar, da er ziemlich klein geraten war und er in der Schule deswegen immer gehänselt wurde. Auch die sich darauf befindende Narbe verabscheute er zutiefst.

Er hob die Decke hoch, um nachzusehen, ob das geschehen war, was er vermutete. Ja, er hatte wohl im Schlaf ejakuliert, als er seinen schönen Traum hatte. So etwas ist ihm ja noch nie passiert. Es wurde wohl Zeit, seinen Traum, seine Sehnsucht bald wahr werden zu lassen. Inzwischen waren doch schon sechs Jahre seit seinem letzten Opfer vergangen. Ein paar Vorkehrungen musste er allerdings noch treffen. Die Opfer, die waren jedoch bereits ausgewählt.

* * *

Wunibald Kraushaar stieg aus seinem alten roten Opel Kadett und ging Richtung Hauptgebäude der Egweiler Hauptschule. Er musste heute erst zwei Stunden später anfangen, da die erste Klasse zuerst Mathematik und in der zweiten Stunde Musik hatte. Erst in der dritten Stunde hatten sie Sport, somit hatte er noch ein wenig Zeit, sich auf den Unterricht vorzubereiten. In diesem Schuljahr wurden ihm anhand mangels der Lehrkräfte wieder zusätzlich zu den Achtklässlern die Erstklässler zugeteilt. Heute versuchte er ihnen den Purzelbaum beizubringen. Zuvor probierte er ihnen etwas Koordination zu erlernen, bevor sie heute an den Purzelbaum ran durften. Manche würden es schneller, manche weniger und einige nie erlernen. Im Lehrerzimmer angekommen, setzte er sich erst einmal zu den anderen Kollegen.

»Guten Morgen! Na, was gibt es denn Neues bei euch? Schönes Wochenende gehabt? Ich war erneut draußen im Wald auf der Jagd. Aber leider hat sich kein Wild blicken lassen. Du musst also leider noch länger auf deinen Rehschlegel warten. Ich hoffe, du bist mir nicht allzu böse, Heribert?«

»Oh, solch ein Pech aber auch, na ja, Wuni, eines Tages wirst du schon noch Glück haben und ein Rehlein schießen. Du, ich muss aber jetzt zu meiner Klasse, habe also leider keine Zeit, mit dir zu quatschen.«

Heribert stand auf, ließ Wunibald allein am Tisch sitzen und verließ den Raum. Die zwei anderen Kollegen folgten ihm.

»Man regt mich der Typ vielleicht auf! Was für einen Scheiß, der immer labert! Das interessiert doch keine Sau! Noch dazu dieser abartige Dialekt. Soll er doch so oft in den Wald gehen, wie er will, und dort versauern! Und das Duschen hat er heute auch schon wieder vergessen, oder? Man, wie kann man nur so stinken wie der, ekelhaft.«

»Tja, Heribert, an dir scheint er ja wohl einen Narren gefressen zu haben. Du bist auch viel zu nett zu ihm. Ich bin mal gespannt, wann er dir den „Rehschlegel“ bringt. Oder seinen eigenen! Der schnallt es nicht, dass ihn keiner, aber wirklich keiner mag. Vielleicht sollten wir ihm einmal einen Korb voll Deo und einen bayrischen Kurs für Anfänger schenken?«

»Ja, das machen wir. Na ja, wir sehen uns ja zur Pause wieder, habe jetzt meine Erstklässler. Bis später.«

Oh ja, die Erstklässler. Er war froh, dass auch er in diesem Schuljahr wieder die Kleinen im Musikunterricht bekommen hatte. Die Kleinen, die noch keine Ahnung von der bösen Welt da draußen hatten. Die noch unberührt von jeglicher Grausamkeit und Leid waren. Dieses Jahr hatte er acht von zwanzig Kindern, die ihm besonders am Herzen lagen, da sie sich ein wenig von dem Rest der Klasse unterschieden. Vor allem gefielen ihm die Zwillinge, Leandro und Kiana.

* * *

Wunibald saß nun schon wieder allein am Tisch. Jedes Mal, wenn er das Lehrerzimmer betrat und sich zu seinen Kollegen setzte, ging eine merkliche Veränderung im Raum vor. Aus einem unbekannten Grund hatte er das Gefühl, dass ihn die anderen Kollegen nicht sonderlich leiden konnten. Aber warum nur? Er sollte seinen Lieblingskollegen Heribert einmal darauf ansprechen und ihn fragen, warum sich alle so komisch in seiner Gegenwart verhalten. Ja, eigentlich war er sich ziemlich sicher, dass ihn seine Kollegen nicht mochten. Ist mir auch recht, dachte er sich. Ich zieh’ mein Ding durch. Sie sollen doch machen, was sie wollen. Ich ziehe mein Ding durch und fertig. Einfach nicht aufregen. Sein linkes Auge begann nun plötzlich zu zucken, heftig und unkontrollierbar. Er durfte sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.

* * *

»Oh Mann, jetzt haben wir gleich Sport. Ich habe so was von keinem Bock, ey.«

»Ich habe genauso wenig Bock, wenn der Wuni nicht immer so stinken würde. Das ist wirklich vollkommen abartig. Und das auch noch die letzten zwei Stunden. Ich kann den Kerl nicht leiden. Ich mein, er ist doch wirklich sehr sportlich, also da hat er echt was drauf, aber dieser Gestank … «

»Ja, und was mich auch so nervt, ist sein Dialekt! Sö, nü, wa, ikke, weste. Alter, wo habe sie denn den ausgegraben? Gibt’s keine bayerischen Lehrer mehr? Muss man jetzt auch Ossis einstellen? Und so einen Hässlichen noch dazu! Wir sollten ihm echt mal wieder einen Streich spielen. Er gibt einfach nicht auf. Jetzt haben wir ihn schon wirklich oft und gemein behandelt, aber mehr oder weniger kommt es mir so vor, als ob ihn das nicht im Geringsten interessieren würde.«

»Ich glaube schon, dass ihm das an die Nieren geht. Hast du schon mal gesehen, wie er immer zuckt und richtig das Schwitzen anfängt, wenn wir ihn bloßstellen?«

»Benny, wir sollten ihn jetzt wirklich endgültig fertig machen!«

»Die geilste Idee war echt, wo wir sein Foto ins Internet gestellt haben.«

»Ja, das stimmt. Wo er die nackte Frau von hinten nimmt. In seinem geilen Lack und Leder Outfit! Was für ein Aufsehen, das gegeben hat! Das war geil! Und wie viel Ärger er da bekommen hat. Du hast echt was drauf. Selbst Profis haben sich da schwergetan zu erkennen, dass es nur am PC gefälscht worden war. Da hat er gleich noch mehr das Schwitzen angefangen.«

»Nicht nur das Schwitzen, Alter! Auch das Stinken und vor allem das Zucken! Das ist echt der Hammer, wie der jedes Mal herumzuckt, wenn wir ihn ärgern! Vielleicht bringen wir ihn heute endlich dazu, dass er aufgibt und kündigt! Ja, heute habe ich das Gefühl, dass er abkacken wird!«

»Yup Alter! Den knacken wir heute!«

»So, jetzt stellt euch mal alle in einer Reihe auf, damit ich die Klassenliste durchgehen kann. Auch ihr zwei, Tim und Benjamin.«

Wie ich diese Klasse hasse. Vor allem Tim und Benjamin. Wie oft sie mich schon gemobbt haben. Wie sehr ich diese zwei Schwachköpfe hasse. Die Erstklässler taten wenigstens das, was man ihnen sagte. Aber die in der Neunten tanzen einem nur auf der Nase herum. Haben andere Interessen als Sport. Derweil hält das den Körper und den Geist fit!

»Benny, welch Kraus, hier spricht ein Haar! Los, stell dich sofort hin, wenn es spricht!«

»Was war das eben? Habe ich da richtig gehört? Was bildet ihr euch eigentlich ein? Entweder ihr entschuldigt euch sofort bei mir, oder es hagelt mal wieder einen Verweis!«

»Mal locker, Herr Kraushaar. Sie sollten sich lieber mal nicht so aufspielen hier. Bei ihnen sollte mal das Wasser hageln! Schon lange nicht mehr geduscht, was? Sie stinken wie die Hölle! Da fangen sogar die Blumen an zu kotzen«, antwortet Benjamin frech.

»Ja genau. Wie wär’s mal als Versuchskaninchen für Duschgel und Deodorant! Schweiß hätten Sie ja genug! Und wenn wir schon dabei sind, sie versteht hier keine Sau mit ihrem abartigen Ostgoten-Dialekt«, setzt Tim noch einen obendrauf.

»Jetzt reicht es! Ihr kommt sofort mit mir mit! Und zwar auf dem direkten Weg zum Direktor Babelhof.«

»Wir gehen vor, damit wir nicht in ihrem Schweiß, äh Windschatten gehen müssen!«

Lachend gingen Tim und Benny in das Büro des Direktors.

Euch wird das blöde Grinsen schon noch vergehen! Ihr bekommt schon noch euer Fett weg, ihr kleinen miesen Wichser! Ihr widerlichen Ratten. Ihr widert mich so an. Das zahl’ ich euch schon noch eines Tage heim, das schwöre ich euch, ihr Bastarde!

Sein Auge begann wieder heftig zu zucken, auch sein Mund verzog sich nach rechts. Das hatte wohl gesessen.

2

Das Aquarium

Hallo, meine Kleinen, da bin ich wieder! Na, habt ihr schon auf mich gewartet, hm? Ihr habt doch bestimmt einen Riesenhunger, nicht wahr? Ja, ihr seid alle sechs meine Lieblinge. Du, Nummer sieben, wirst bald deinem Ende nahe sein. Dein Schicksal wird das selbige, wie das meiner nächsten Opfer sein. Ich werde dich aus deiner gewohnten Umgebung herausreißen, dich quälen, dich aussaugen, dir dein Gift stehlen und schlussendlich werde ich dich töten. Genau das werde ich mit dir machen, Nummer sieben. Und meine Opfer werden dein Schicksal teilen. Auch sie werde ich aus ihrer geschützten Umgebung reißen. Auch sie werden meiner Folter ausgesetzt sein. Wie sehr sehne ich mich schon danach. Ich habe eindeutig viel zu lange gewartet. Nein, eigentlich ist jetzt die perfekte Zeit. Sechs Jahre. Sechs. Wie ich diese Zahl liebe. Sechs. Oh, ich verachte dich so, Nummer sieben. Ja, jetzt hole ich euch ein paar Schneckchen, ganz leckere Schneckchen, bin gleich wieder da …

Er ging in den anderen Raum. Dieser, der drei Räume, war der Einzige in seinem Keller, der ein Fenster besaß. Direkt am Fenster stand ein Aquarium mit zweihundert Litern. Es stand deswegen am Fenster, damit viel Licht in das Aquarium fiel. Viel Licht bedeutete viele Algen. Viele Algen bedeuteten viel Futter. Und viel Futter hieß, dass die Schnecken und Garnelen darin sich gut vermehrten und viel Nahrung hatten. Er züchtete das Futter für seine Lieblinge natürlich selbst. Somit wusste er, was seine Schätze fraßen. Auf die Zoofachhandlung konnte man sich ja nicht verlassen. Am Schluss war ein Futtertier krank und vergiftete schließlich sein Ein und Alles. Seine geliebten Kugelfische, die er seit Jahren pflegte und heranzüchtete. Nein, daran wollte er gar nicht erst denken. Er nahm ein paar Schnecken aus dem Aquarium und ging hinüber in den anderen Raum, wo ein zweites, riesiges Aquarium mit den Kugelfischen darin stand. Es war so groß, dass es fast den ganzen Raum ausmaß. Das Aquarium hatte er selbst angefertigt. Ein halbes Jahr hatte er dafür gebraucht. An die Ausgaben, die er dafür gebraucht hatte, wollte er gar nicht erst denken. Zum Glück hatte er nach dem dubiosen Tod seiner Mutter ihr Haus und eine Menge an Erspartem geerbt.

Das Aquarium fasste einhundertfünf Tausend Liter. Allein nur die Glaskosten betrugen achttausend Euro. Das Glas war ein spezielles Sicherheitsglas, damit seinen Schätzen ja nichts passieren konnte, wenn diese horrende Wassermenge gegen die Scheiben drückte. Das Aquarium stand auf einem von ihm selbst angefertigten Unterbau aus Stahl, dass locker die doppelte Masse aushalten würde. Zu den Ausgaben kamen natürlich noch Materialkosten und monatlich die immense Stromrechnung. Das Meerwasser-Aquarium war sein größter Stolz. Er hatte sich die schweren Glasplatten damals vor acht Jahren in den Keller transportieren und anschließend sein Haus darauf bauen lassen. Anders wäre ein solch riesiges Aquarium nicht möglich gewesen.

In seinem Aquarium befanden sich nicht nur seine sieben, bald sechs, Kugelfische. Es befanden sich noch blau geringelte Kraken, Seesterne aus Taiwan, Krebse, Igelfische und Mondschnecken darin. Von jeder Art waren es sechs Stück. Und jede hatte das tödliche Gift Tetrodotoxin in sich. Er hatte es schön mit lebenden Steinen besetzt, auf denen sich nach einiger Zeit auch wunderschöne Korallen gebildet hatten. Einige hatte er auch in der Zoohandlung gekauft. Allein für die Steine hatte er ein Vermögen ausgegeben, da es an die fünfhundert Kilogramm waren. Er hatte von dem Verkäufer seines Vertrauens einen Sonderpreis für die Steine bekommen. 12 Euro pro Kilogramm anstatt 15 Euro für den thailändischen Stein. Für den indopazifischen Stein musste er nur 60 Euro satt 75 Euro pro Kilogramm zahlen.

Um das Aquarium herum standen sehr viele Pflanzen. Der ganze Raum war voll von Pflanzen. Das Aquarium war zentral in der Mitte des Raumes platziert, sodass er ringsherum gehen konnte und so alle seine Lieblinge immer und überall im Blick hatte. Bei den Pflanzen handelte es sich um sechs Wunderbäume, die bereits auf zwei Meter herangewachsen waren. Die Samenschalen des Wunderbaums sind sehr giftig, da sie das toxische Eiweiß Rizin enthalten. Bei der Einnahme kann schon eine Menge von 0,25 Milligramm tödlich wirken, das entspricht wenigen Samen. Auch die weiteren Pflanzen, die er in diesem Raum hatte, waren natürlich giftig. Ihn zog das Gift förmlich an. Er hatte zu den Wunderbäumen noch sechs riesige Kannenpflanzen gestellt. In der Natur können die Kannen eine Größe von bis zu fünfzig Zentimeter erreichen. Seine hatten eine Größe von ungefähr zwanzig Zentimetern. Sie gehörten zu seinen Lieblingspflanzen, denn er musste sie einmal in der Woche mit einer lebendigen Maus füttern. Er liebte es, wenn er die Maus am Schwanz packte, sie ihm hilflos ausgesetzt war, zappelte und quiekte. Außer den Kannenpflanzen und den Wunderbäumen befanden sich noch sechs Engelstrompeten und sechs White Snakeroot in dem Raum. Damit auch seine Pflanzen gut gediehen, hatte er eine Leitung an die Decke gebaut, die stellenweise Wasser über die Pflanzen versprühte. Somit herrschte in diesem Raum eine hohe Luftfeuchtigkeit, gar eine tropische Atmosphäre.

Das Aquarium war sechseckig. Seine Höhe betrug zweieinhalb Meter. Er hatte es liebevoll und artgerecht eingerichtet. Allein das Einrichten dauerte einen Monat, bis es ihm so gefiel, wie er es sich vorstellte. Es musste schließlich perfekt sein. Alles musste für ihn perfekt sein. Bis zu drei Stunden täglich verbrachte er damit, das Aquarium in einem perfekten Zustand zu halten und seine Lieblinge zu beobachten. Er stieg in seinen Neoprenanzug, schnallte sich die Taucherflasche um, überprüfte seinen Atemregler und seinen Mares Mission 2, der seinen Luftvorrat und seine Tiefe anzeigte. Wobei letzteres eigentlich überflüssig war. Anschließend stieg er die kleine selbst gefertigte Stahlleiter hinauf, setzte sich an den für ihn ausgebauten Rand des Aquariums und ließ sich langsam in dieses zu seinen Lieblingen hineingleiten. Er streckte die Hand, in der er die Schnecken hielt, aus. Seine Kugelfische wurden nach ein paar Monaten sehr zutraulich, sodass diese Bewegung ausreichte, um seine Lieblinge anzulocken.

»Ja, das schmeckt euch, gell! Meine kleinen Lieblinge. Ja, so seid ihr brav. Wenn man euch so ansieht, könnte man gar nicht meinen, dass ihr so giftig sein könnt. Oh, wie ich euch liebe, meine Sechs. So viel Zeit habe ich in euch investiert. So viel Liebe und Pflege. Und jetzt seid ihr herangewachsen, zu sechs, na ja sieben Prachtexemplaren. Bald werdet ihr perfekt sein. Sechs. Nummer sieben, bald ist dein Tag gekommen. Dein Schicksal wird das selbige sein, wie das von Nummer acht.«

3

Die Kinder

»Leandro, Kiana, ihr müsst aufstehen. Es ist schon halb sieben. Los jetzt! Hopp, hopp! Waschen, anziehen, Zähne putzen und dann gibt’s Frühstück! Raus aus den Federn!«

»Och nö Mami! Noch fünf Minuten! Bitte, bitte, bitte! Wir sind noch so müde!«

»Keine Widerrede! Raus jetzt ihre kleinen Schlafmützen! Je länger ihr zum Aufstehen braucht, desto weniger Zeit habt ihr zum Frühstücken! Und mit leerem Magen kann man nicht gescheit lernen!«

Nach einem kurzen Murren stieg Kiana zuerst aus ihrem Bettchen. Sie streckte sich genüsslich und ging anschließend zu ihrem Kleiderschrank. Sie musste nicht lange überlegen, was sie heute anzog. Es war ihr Lieblingskleid, das sie sich aus dem Schrank nahm. Natürlich ein hellgrünes Kleid, welches perfekt zu ihren ebenfalls grünen Augen passte. Ihre Mutter, Isabell, hatte es ihr vor einem dreiviertel Jahr zum sechsten Geburtstag geschenkt. Seitdem trug sie es, wenn es nicht gerade in der Wäsche war, ununterbrochen. In der Mitte des Kleides befand sich ein gelber Schmetterling, der auf einer Blume saß. Links und rechts hatte es jeweils eine kleine Tasche. Sie schlüpfte hinein und huschte ins Bad. Kiana war immer die Erste beim Aufstehen.

Ihr Bruder Leandro hingegen war in der Früh immer etwas mürrisch und schwer aus den Federn zu bekommen. Man musste ihm schon am Vorabend seine Kleidung herrichten, weil es in der Früh zu einem riesigen Zinnober gekommen wäre, da ihm in seinem Morgenmuffel nichts, aber auch wirklich gar nichts recht gewesen wäre. Er stieg schimpfend aus dem Bett, schlüpfte aus seinem Bärli-Schlafanzug in seine Jeans und sein blaues T-Shirt hinein. Dann stapfte auch er ins Bad zu Kiana. Das Mädchen war bereits mit dem Zähneputzen fertig und überließ ihrem Bruder das Waschbecken. Hätte sie länger gebraucht, wäre es wahrscheinlich schon jetzt zu einem ersten kleinen Streit zwischen den beiden gekommen, dem Gesicht von Leandro nach zu urteilen. Ihre Mutter bürstete Kiana gerade das rote lange Haar und band es schmunzelnd zu einem Pferdeschwanz zusammen. Es war immer dasselbe mit den beiden. Leandro war in den ersten zehn Minuten, nachdem er aufgestanden war, unausstehlich. Nur die geringste Kleinigkeit, die ihm nicht in sein Hälschen passte, brachte ihn auf die Palme, während Kiana bereits vor Energie und guter Laune sprühte. Zwanzig Minuten, nachdem die Kinder geweckt wurden, saßen beide brav an dem von der Mutter zuvor schon liebevoll gedeckten Frühstückstisch. Ihr Vater, Peter, saß bereits mit einer Tasse Kaffee am Tisch.

Kiana aß immer ihre Bienen-Kellers, dazu ein Glas lauwarmen Kaba. Leandro mochte es lieber deftiger. Er aß meistens ein Brot, mit Wurst und Käse belegt und trank ebenfalls einen lauwarmen Kaba.

»Magst du mal von meinem Brot beißen? Aber nur, wenn ich dann einen Löffel von deinen Bienen abbekomme!«

»Alles klar! Auf drei findet die Übergabe der Ware statt! Eins, zwei, drei.«

Leandro schnappte sich die Kellogg‘s und riss gleichzeitig sein Brot wieder an sich. Mit einem breiten Grinsen steckte er sich den Löffel in den Mund.

»Hehe, da guggste! Wie n’ Auto! Damit hast du nicht gerechnet! Gell?«

Und wie sie damit gerechnet hatte. Auch sie fing jetzt an, breit zu grinsen, holte aus ihrer Tasche einen zweiten Löffel hervor und aß genüsslich weiter. Jetzt schaute er wohl wie ein Auto.

Kopfschüttelnd hob der Vater nach dem Schauspiel wieder seine Tageszeitung hoch und fing an dahinter zu grinsen. Isabell konnte sich nun auch nicht mehr halten. Sie lachte gewiss eine Minute durch. Wie sie es liebte, den beiden zuzusehen. Sie waren zwar Zwillinge, manchmal sehr gleich vom Wesen, aber dann doch wieder grundverschieden. Wie schlau die kleine Kiana doch schon mit ihren sechs Jahren war. Sie konnte geschickt und spielerisch einer Attacke ihres Bruders ausweichen, um somit seiner Stichelei den Wind aus den Segeln zu nehmen.

»So hopp jetzt! Hier ist eure Brotzeitdose! Und jetzt ab mit euch in die Schule! Lernt fleißig und seid brav! Ich freu’ mich schon, wenn ihr wieder zu Hause seid! Jetzt aber los, ihr kleinen Trödler! Gott sei Dank habt ihr es nicht so weit! Bis später! Ich habe euch lieb!«

»Wir dich auch Mami! Bis später!«

* * *

Da sind sie ja. Endlich. Oh ja, heute hat sie wieder ihr hübsches Kleidchen an! Wie ich das an ihr liebe. Heute sind sie etwas später dran als sonst. Er saß in ungefähr dreihundert Metern Entfernung hinter einem Busch und wartete auf die Müller-Zwillinge. Er beobachtete sie täglich und das jetzt schon seit zwei Wochen. Ihren Schulweg hatte er genau erkundet. Sie erschienen fast jeden Morgen pünktlich um dreiviertel acht an dieser Stelle. Die Stelle, die später zu ihrem Verhängnis werden sollte. Die Stelle, die für einen kurzen Augenblick uneinsehbar ist, wenn zwei kleine Körper hinter dem großen Busch verschwinden. Die perfekte Stelle. Er hatte einen mächtigen Ständer. Wie sehr er die Kinder wollte. Jetzt. Ein bisschen Geduld benötigte er noch. Noch fünf Stunden. Fünf. Dann seid ihr mein!

»Was haben wir denn jetzt in der ersten Stunde?«

»Musik, du Doofi! Warum fragst du mich denn immer? Nur weil du zu faul bist, auf den Stundenplan zu schauen!«

»Oh! Solch ein Mist, ich habe meine Flöte vergessen! Warte, ich lauf’ schnell zurück und hole sie!«

»Immer dasselbe mit dir. Beeil dich, wir sind ohnehin schon spät dran!«

»Alles klar! Ich fliege!«

* * *

Ja, die Zwillinge hatten es ihm angetan. Sie waren beide etwas kleiner als die anderen Mitschüler. Das Mädchen hatte wunderschöne dicke, lange, rote Haare, die ihr ungefähr zehn Zentimeter über die Schulter reichten und in der Sonne kupfern schienen. Leichte Sommersprossen prangten in ihrem hübschen Gesicht, die sich wie ein Schmetterling über den Nasenrücken hinweg bis zu den Wangen zogen. Ihre grünen, neugierigen Augen fielen einem sofort auf. Sie war sehr zierlich, ihre Bewegungen elegant und doch kindlich. Und auch ihr Bruder hatte kupferrotes Haar und dieselben neugierigen, spitzbübischen, hellgrünen Augen. Auch ihn zierten etliche Sommersprossen im Gesicht.

Er liebte es, sie zu beobachten, ihnen die Griffe beizubringen, sie ihnen immer und immer wieder zu erklären, die kleinen zerbrechlichen Fingerchen zu berühren, ihre Stimme zu hören und ihren Duft einzuatmen. Oh ja, die Zwillinge hatten es ihm wirklich angetan, vor allem, da sie sich so aus dem Rest der Klasse abhoben.

Heribert, benimm dich jetzt! Zeig ihnen einfach ganz normal, wie sie ihre Flöte zu halten haben, ohne großartig aufzufallen. Bloß nichts anmerken lassen, wie sehr du sie begehrst. Mach nicht wieder denselben Fehler wie damals. Nicht, dass sich wieder solch eine blöde Sumpfkuh über mich beschwert, dass ich ihrem Kind zu nahe komme. Mir hat es damals schon gereicht, dass mir die nervige Polizeikommissarin so auf den Zahn gefühlt hat. Wie eine lästige Schmeißfliege war sie. Gott sei Dank hat der Direktor Babelhof zu mir gehalten und mich nicht gefeuert. Auch wenn er seitdem ein strengeres Auge auf mich hat. Nein, so was darf nicht mehr passieren. Dafür steht zu viel auf dem Spiel. Entschieden zu viel Arbeit und mehr als genug Vorbereitung. Ich muss damit aufhören. Ich muss mich beherrschen. Ach was, ich darf mich nur einfach nicht erwischen lassen. Ich muss einfach nur vorsichtiger an die Sache rangehen. Dann wird auch keiner auf mich kommen.

* * *

»Psst! Psst! Kiana! Gsst!«

»Was ist denn? Was willst du denn?«

»Nur noch zehn Minuten! Dann haben wir endlich aus! Wollen wir dann ein kleines Wettrennen machen? Wer als erster zu Hause ist? Ich bin bestimmt als Erster zu Hause! Und der, der letzter ist, also du, der muss die Hausaufgaben in Mathe von dem anderen mitmachen! Okay?«

»Wenn du dir sicher bist, dass du gewinnst, warum sollen wir dann ein Wettrennen daraus machen? Nur, weil du Mathe nicht magst?«

»Och manno Kiana, du bist solch eine Spielverderberin! Bitte! Vielleicht gewinnst du ja!«

»Kiana, Leandro, seid still! Es sind ohnehin noch zehn Minuten, dann habt ihr aus und ein schönes Wochenende vor euch!«

»Entschuldigung! Okay, abgemacht, aber nur wenn der Verlierer die ganzen Hausaufgaben macht!«

»Alles klar, der Schlussgong ist das Startzeichen!«

Als die Glocke um Punkt ein Uhr schrillte, packten Kiana und Leandro so schnell es nur ging ihre Schulsachen in den Ranzen, damit jeder gleich drauflos spurten konnte. Keiner wollte dem anderen Zeit und somit nützlichen Vorsprung lassen. Leandro packte seine Hefte sogar so schnell ein, dass er in zwei Eselsohren hineinmachte. Oje, das würde wieder ordentlich Ärger von seiner Mama geben. Aber egal, Hauptsache er war schneller als seine Schwester, denn auf Hausaufgaben hatte er heute überhaupt keine Lust. Er malte sich schon im Geiste aus, dass er mit seinem besten Freund Emanuel draußen Fußball spielte, während seine Schwester am Schreibtisch saß und beider Hausaufgaben erledigte. Dieser Gedanke gefiel ihm sehr.

Beide hatten ihre Sachen ziemlich zeitgleich gepackt und sprinteten nun zur Klassenzimmertür hinaus auf den Gang in Richtung Ausgang. Nach der Hälfte der Strecke waren beide immer noch gleich schnell und sehr außer Atem. Auf ein kurzes Zeichen von Leandro hin blieben beide gleichzeitig vor der großen Hecke stehen, um verschnaufen zu können.

»Wir verschnaufen jetzt und wenn jeder wieder fit ist, starten wir zur zweiten Runde bis nach Hause. Einverstanden?«

»Aber wirklich erst, wenn wir beide wieder Luft haben!«

Da sind die beiden ja. Jetzt gehört ihr endlich mir. Mir ganz allein.

Sein Atem ging plötzlich schneller, als er die Kinder sah. Seine Hände begannen zu zittern. Sie zitterten vor Gier.

»Hey! Kinder! Leandro! Kiana! Psst! Kommt mal schnell hinter die Hecke! Ich muss euch etwas Schönes zeigen! Aber beeilt euch und seid leise, sonst ist es nicht mehr da!«

Die Kinder erkannten die ihnen vertraute Stimme sofort, schauten einander in die Augen und freuten sich schon darauf, was er ihnen hinter dem riesigen Busch zeigen würde. Gespannt stiegen beide durch die Hecke.

4

Nur noch 144 Stunden …

»Schön langsam mache ich mir wirklich Sorgen. Es ist jetzt mittlerweile schon kurz nach halb zwei! Um ein Uhr war der Unterricht zu Ende. Sie müssten doch schon längst hier sein. Ihr Schulweg ist nicht so lang. Ich ruf’ die Polizei!«

»Jetzt beruhig dich doch erst einmal und mach dir nicht so viele Gedanken, Schatz. Vielleicht sind sie zu ihren Freunden mit nach Hause gegangen, damit sie mit ihnen spielen können, es ist Wochenende. Oder sie sind zum Spielplatz gegangen und vertreiben sich dort noch ein wenig ihre Zeit. Ruf erst bei den Eltern von Emanuel oder von Sophia an. Wahrscheinlich sind Kiana und Leandro dort und haben nur vergessen, uns Bescheid zu sagen.«

»Und ob ich mir Sorgen mache. Das haben die zwei noch nie gemacht! Vielleicht hatten sie einen Unfall! Vielleicht hat sie ein Auto angefahren und sind jetzt im Krankenhaus! Oder jemand hat sie einfach mitgenommen! Ich werde noch wahnsinnig vor lauter Sorge!«

»Wer soll denn bitteschön unsere zwei Quälgeister mitnehmen? Da würde eher noch jemand dafür bezahlen, dass wir sie wieder zurücknehmen! Soweit haben sie es doch nicht nach Hause, dass sie jemand mitnimmt. Und wenn sie einen Unfall gehabt hätten, hätte die Polizei oder das Krankenhaus bestimmt schon angerufen oder an unserer Haustür geklingelt. Jetzt ruf doch mal bei den Eltern von ihren Freunden an und ich schaue derweil am Spielplatz vorbei, ob sie dort sind. Du wirst sehen, dass deine Sorgen umsonst waren.«

»Du hast recht, aber ich mache mir trotzdem Sorgen. Sie sind meine zwei Engel und ich könnte mir nichts Schlimmeres vorstellen, als dass ich sie verliere. Aber du hast vermutlich wirklich recht. Wahrscheinlich sind sie wirklich bloß mit zu ihren Freunden, um mit ihnen zu spielen. Aber falls sie weder dort noch am Spielplatz sein sollten, schalte ich sofort die Polizei ein. Und dann gibt es kein, wenn und Aber! Hoffentlich hast du recht!«

* * *

»Na, Tango! Du alter Banause! Machen wir einen kleinen Ausflug? Ja? Hast du Lust?«

Der Hund begann mit seinem Schwanz zu wedeln. Das tat er immer, wenn Lena oder jemand, den er kannte, ihn ansprach.

»Ich nehme an, das soll „ja“ heißen! Du verstehst mich zwar nicht, zumindest nicht immer, aber mit dem Schwanz kannst du trotzdem jederzeit wedeln, gell! Na komm, du großer Bär, packen wir deine Siebensachen zusammen und fahren zu Dad.«

Dad. Oh Dad. Seitdem die Mama gestorben war, hatte sich ihre Beziehung deutlich verbessert. Sie wurde sogar sehr intensiv. Manchmal spürte Lena sogar, wenn es ihrem Dad, ihrem Bubu, nicht so gut ging. Und auch andersherum war die Sympathie da. Ihre Mutter starb vor über einem Jahr an einem Gerinnsel, das sich heimlich und leise gebildet hatte und in ihr Herz gewandert war. Für beide war es damals ein großer Schock gewesen. Unerwartet. Hart und ungerecht. Es gab keine Vorzeichen für das Gerinnsel, für den Tod, sodass man sich darauf hätte vorbeireiten können. Nichts. Der Tod schlich klamm und heimlich ein und hinterließ ein großes Loch aus Schmerzen. Damit ihr Bubu nicht allzu oft allein war, besuchte sie ihn, wann immer sie Zeit hatte. Manchmal vertraute sie ihm auch einen ihrer Fälle an, wenn sie in einer Sackgasse steckte und nicht mehr weiterwusste. Ihr Dad war früher ebenfalls bei der Mordkommission gewesen und ging mit sechzig Jahren als Polizeioberrat in Pension. Nachdem seine Frau Elli gestorben war, zog er ein dreiviertel Jahr später in ein Häuschen mit einem wunderbaren Garten um. Jetzt war sein Garten seiner ganzen Aufmerksamkeit, Zeit und Liebe gewidmet. Er hatte angefangen, wunderbare Rosen zu züchten und baute sämtliches Obst und Gemüse dort an.

»Heutzutage ist doch alles überzüchtet. Genmanipuliert! Meinst, in dem Zeug ist noch ein Vitamin zu finden? Na, ganz bestimmt ned!« … hatte er in seinem bayerischen Dialekt mehr als einmal geschimpft. »Drum bau i mei Zeug selbst an! Da weiß ich, was drin ist! Es ist doch kein Wunder, dass jeder dritte Mensch einen Vitaminmangel hat.«

Bob hatte zahlreiche Morde aufgeklärt und wurde dadurch von seinen Kollegen, die bereits den Fall aufgegeben hatten, sehr geschätzt und liebevoll der „Seher“ genannt, da er immer das gesehen hatte, was für den Fall entscheidend war, während die anderen für das Wesentliche blind waren. Nur bei Lenas Fall, damals vor ungefähr sechs Jahren, war er ebenfalls blind. Weder Lena noch er konnten das verdammte Puzzle zusammensetzen, das ihnen den Hinweis auf den Mörder der beiden Geschwister gegeben hätte. Es wurmte beide immer noch sehr, dass sie damals nicht in der Lage waren, den bestialischen Mord aufzuklären. Doch er war nicht vergessen. Niemals.

»So Tango, ab mit dir ins Auto! Wir besuchen Dad.«

Der schwarze Schäferhund sprang mit großer Freude in den Honda Civic von Lena, blickte aus dem Kofferraum und wedelte freudig mit dem Schwanz.

»Oh, solch ein Mist! Ich habe mein Handy in der Wohnung liegen lassen. Tango, du bleibst hier! Bleib! Ich bin gleich wieder da.«

Tango gehorchte Lena aufs Wort. Bob bewunderte immer die Bindung zwischen seiner Tochter und ihrem Hund. Tango verstand Lena meistens blind, ohne dass sie ein Wort zu ihm sagen musste. Wenn sie traurig war, bemerkte er das sofort, kam zu ihr und legte eine seiner großen, schweren Pfoten auf sie, wedelte mit dem Schwanz und schaute sie aus großen treuen Hundeaugen an. Wenn ihr jemand zu nahe kam, knurrte er, blieb aber an ihrer Seite. Erst auf ein geheimes Zeichen von Lena hin (es waren die Worte „Beiß den Bazi“), dass nur sie zwei kannten, griff er sein Gegenüber an. Trainiert hatten sie solch eine Situation zum Umfallen. Vorgekommen ist sie bis jetzt erst einmal, als ein Mann, dumm wie er war, Lena in der Tiefgarage wohl vergewaltigen wollte. Das Ganze endete mit einer saftigen Bisswunde in seinem Allerwertesten, die genäht werden musste.

»So, jetzt können wir losfahren.«

Sie schlug den Kofferraum zu, stieg ins Auto und fuhr los. Zwanzig Minuten später kam sie bei dem Haus ihres Vaters an. Sie ließ Tango aus dem Kofferraum raus, der sogleich wie von einer Tarantel gestochen über den Zaun sprang und hinten in den Garten zu Dad lief. Bob hörte bereits die schweren Pfoten des Hundes, denn er galoppierte wie ein Pferd.

»Hey, du schwarzes Schaf! Grüß dich, mein Junge. Lange nicht mehr gesehen.«

Und da stand auch schon sein wunderschönes Mädel. Er hatte schon immer gewusst, dass sie eine intelligente und hübsche Frau wird. Und das war sie mit ihren einen Meter fünfundsiebzig, ihren langen Beinen, die bis zum Himmel reichten, ihren langen schwarzen Haaren, die fünfzehn Zentimeter über die Schulter reichten und ihrem hübschen Gesicht, das dem eines Engels glich. Sein Mädel eben.

»Da seid ihr ja endlich wieder! Ich habe schon gedacht, ihr würdet den alten Herrn vergessen.«

»Ganz bestimmt nicht, Bubu, das würde ich doch nie!«

»Komm rein, mein Engel und lass uns einen frischen Kaffee zusammen trinken. Gut siehst du heute aus!«

Nach einer Stunde gemütlichen Zusammenseins klingelte das Handy von Lena.

»Hubermayer. Ja. Wo? Wie lange schon? Ich bin sofort da!«

Dad, ich muss leider weg, es werden zwei Kinder vermisst. Sie sind bis jetzt spurlos verschwunden.«

Seine grauen Augen verfinsterten sich.

»Alles klar. Bis später mein Engel. Melde dich, wenn du mehr weißt.«

»Mach’ ich Dad, danke für den Kaffee! Bis dann! Komm, Tango, es gibt Arbeit.«

5

Nur noch 139 Stunden …

Mist, sie schliefen noch immer. Er hätte doch weniger Chloroform nehmen sollen. Nachdenklich betrachtete er die kleine, braune Glasflasche in seiner Hand. Das Etikett war bereits vergilbt und löste sich an zwei Ecken. Lange hatte es in seinem Schrank gestanden, bis es endlich zum Einsatz kommen konnte. Er stellte das Fläschchen zurück ins Regal und drehte sich um.

In der anderen Ecke des Raumes lagen die beiden wehrlosen Kinderkörper. Er hatte ihnen die Hände zusammengebunden und sie vorsichtig zwischen ein paar Kissen auf den Boden gelegt. Voller Euphorie betrachtete er ihre jugendlichen Gesichter. Sie lagen im Schatten und man konnte die makellosen und noch etwas rundlichen Gesichtszüge gut erkennen. Langsam ging er durch den Raum, darauf bedacht keinen Lärm zu machen. Vorsichtig ließ er sich vor den beiden Kindern auf die Knie sinken und streckte seine Hand nach dem Gesicht des Jungen aus.