Texas Cattleman's Club: Zwischen Liebe und Intrige (8-teilige Serie) - Cat Schield - E-Book

Texas Cattleman's Club: Zwischen Liebe und Intrige (8-teilige Serie) E-Book

Cat Schield

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Beschreibung

NUR EINE NACHT IST NICHT GENUG
Was für ein Körper - was für ein Mann! Kaum steht Mellie ihrem neuen Boss gegenüber, gehen die erotischen Phantasien mit ihr durch. Wie würden sich zarte Küsse von Case Baxter wohl auf ihrer nackten Haut anfühlen? Doch Mellie ruft sich zur Ordnung: Der reiche Rancher ist bekannt dafür, dass er sich nicht langfristig an eine Frau binden will. Und für eine Affäre mit ihm - so heiß sie auch sein mag - ist sich Mellie eindeutig zu schade!

HEIßE NÄCHTE - KALTER VERRAT?
Nolan Dane scheint genau der Richtige zu sein, um Raina nach einer furchtbaren Trennung den Glauben an die Männer zurückzugeben: Sein tiefes Lachen erregt sie, die zärtlichen Berührungen seiner Hände jagen ein wohliges Kribbeln über ihre Haut. Und bei jedem seiner verheißungsvollen Blicke flattern Hunderte von Schmetterlingen in ihrem Bauch. Endlich beginnt die Antiquitätenhändlerin wieder Vertrauen zu fassen.

EIN KUSS IM SCHNEE, EIN JA FÜR IMMER
Schon als Teenager hat Hadley für den aufregend attraktiven Rodeo-Star Liam Wade geschwärmt. Nun braucht er sie als Nanny für seine Nichte. Hadley ist hin- und hergerissen zwischen unwiderstehlicher Anziehung und Misstrauen, denn sie kennt Liams zweifelhaften Ruf als Playboy. Ganz bestimmt wird sie nicht die nächste seiner zahllosen Geliebten sein!

EINE WETTE AUS LIEBE?
Ein toller Körper, eine charmante Art und außerdem ein begabter Kinderarzt - Dr. Parker Reese ist wirklich ein Mann zum Dahinschmelzen! Doch nach einer demütigenden Erfahrung hat Krankenschwester Clare Connelly sich eins geschworen: Affären im Job sind für sie tabu. Kein Wunder, dass sie den hemmungslos flirtenden Parker meidet. Erst als sie gemeinsam das Leben eines Kindes retten, fängt sie an ihm zu vertrauen.

VERBOTENES VERLANGEN NACH DIR
Als Grace nach Jahren ihre Jugendliebe Kyle wiedersieht, sind alle Gefühle sofort zurück: Heiße Wut - und brennendes Verlangen nach seinen leidenschaftlichen Küssen. Aber sie sollte ihm besser aus dem Weg gehen, wenn sie sich nicht erneut das Herz brechen lassen will. Nur leider ist sie als Sozialarbeiterin für seine kleinen Zwillingstöchter zuständig. Und als sein Babysitter ausfällt, muss Grace den sexy Singledad auch noch zu Hause unterstützen.

DIE LEIDENSCHAFTLICHE RACHE DES SCHEICHS
Nur ein hemmungsloser One-Night-Stand im Hotel? Scheich Rafiq kann die geheimnisvolle Fremde einfach nicht vergessen. Mit ihr hatte er den besten Sex seines Lebens! Dabei ist er nach Texas gekommen, um sich an seinem Erzfeind Mac zu rächen. Unter einem Vorwand sucht er diesen auf und trifft überraschend auch die Fremde wieder: Sie ist ausgerechnet Macs Schwester Violet!

AM ENDE TRIUMPHIERT DIE LIEBE
Nasira muss ihren Ehemann verlassen. So liebevoll Sebastian in der Nacht ist, so kühl und abweisend gibt er sich am Tag. Dieses Leben hält sie nicht mehr aus! Nasira flieht vor der Kälte in ihrer Ehe. Sie rechnet nicht damit, dass Sebastian ihr folgt und dass die körperliche Anziehung zwischen ihnen ungebrochen ist. Wenn er sie nur berührt, jagen ihr Schauder der Lust über den Körper.

EIN HÖCHST EROTISCHES ANGEBOT
"Ich möchte endlich mein eigenes Leben führen!" Seit sechs Jahren ist Andrea die Assistentin von Tycoon David "Mac" McCallum. Und genauso lange träumt sie schon von seinen Lippen auf ihrer Haut. Aber ihr Boss ist viel zu sehr mit seiner Arbeit beschäftigt, um sie als Frau wahrzunehmen. Andrea muss kündigen, damit sie endlich von ihm loskommt und einen Mann finden kann, der ihre Liebe erwidert.

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Seitenzahl: 1678

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Janice Maynard, Yvonne Lindsay, Cat Schield, Michelle Celmer, Kat Cantrell, Sarah M. Anderson, Kristi Gold, Maureen Child

Texas Cattleman's Club: Zwischen Liebe und Intrige (8-teilige Serie)

IMPRESSUM

Nur eine Nacht ist nicht genug erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by Harlequin Books S. A. Originaltitel: „Courting the Cowboy Boss“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 2005 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Roswitha Enright

Umschlagsmotive: 9783733716813_GettyImages_Ukrtime, Vasyl Dolmatov

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2020 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733716813

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Auf unseren neuen Präsidenten!“

Drei der vier Männer hoben ihre Gläser und grinsten Case Baxter an, der lachend abwehrte. „Danke, Jungs. Nett von euch.“

Mac McCallum schob sich das letzte Stück Steak in den Mund und wischte sich die Lippen ab. „Ehrlich, Mann. Was hast du dir nur dabei gedacht? Genau wie wir steckst du doch bis zum Hals in Arbeit. Und der Job als Präsident des Texas Cattleman’s Club lässt sich nicht so nebenbei erledigen.“

Mac war Inhaber und Geschäftsführer von McCallum Energy und wusste wie jeder andere hier am Tisch, dass Erfolg auch seine Schattenseiten hatte. Allerdings wirkte er mit seinem herzhaften Lachen immer so, als könne ihn so schnell nichts aus der Ruhe bringen.

Obwohl das Restaurant in dem ehrwürdigen Clubhaus elegant eingerichtet war, waren die meisten Gäste bodenständige Männer wie Mac und Case. Durch harte, auch körperliche Arbeit waren sie zu Reichtum gekommen, und sie gaben sich selbstbewusst und durch nichts zu erschüttern.

„Ich weiß, was du damit sagen willst“, meinte Case. „Und du hast vollkommen recht. Aber als mich das Wahlkomitee fragte, ob ich mich nicht aufstellen lassen will, musste ich an meinen Urgroßvater denken. Er würde sich freuen. Und es ist ja auch eine Ehre.“

„Keine Frage.“ Jeff Hartley schob seinen Teller zur Seite und lehnte sich zurück. „Aber falls du nicht auf irgendeine magische Weise den Vierunddreißig-Stunden-Tag erfinden kannst, weiß ich nicht, wie du das schaffen willst.“

Jeff gehörte die Hartley Cattle Ranch, und er wusste genau, wovon er sprach. Früh aufstehen und spät zu Bett gehen war für ihn normal.

Case hatte das unbehagliche Gefühl, dass seine Freunde nicht übertrieben. Doch seine Familie lebte schon seit Generationen in Royal, dieser kleinen texanischen Stadt. Und ihr Motto war immer gewesen, dem Gemeinwesen zu dienen und die eigenen Wünsche hintenanzustellen. Deshalb hatte er einfach nicht Nein sagen können, als das Komitee ihn aufforderte. Allerdings hatte er nicht damit gerechnet, tatsächlich gewählt zu werden. Denn die anderen beiden Kandidaten waren älter als er und seiner Meinung nach viel besser geeignet.

Zu spät. Er kam aus der Sache nicht mehr heraus. „Ich rechne stark damit, dass ihr mich bei dem Job unterstützt.“ Lächelnd sah er seine Freunde der Reihe nach an.

Parker Reese schüttelte den Kopf. „Auf mich brauchst du nicht zu zählen. Ich bin Arzt und kein Rancher. Ich kann deinem Baby bei einer Kolik helfen. Aber von Vieh verstehe ich nicht mehr, als dass man einem Stier nicht mit einem roten Tuch vor der Nase herumwedeln darf.“

Alle lachten, und Case musste daran denken, wie viel sich in den letzten Jahren geändert hatte. Erst seit Kurzem wurden auch Frauen als Vollmitglieder in den ehrwürdigen TCC aufgenommen. Tja, andere Zeiten …

Er sah Mac fragend an. „Ich dachte, dass Liam auch zum Lunch kommt.“

Liam Wade war Macs bester Freund und sein wichtigster Investor.

„Letzte Woche hat er drei Pferde gekauft. Sie sollen heute ankommen.“ Mac zuckte mit den Schultern. „Ihr wisst ja, wie er ist.“

Alle nickten. Pferde und Frauen, das waren Liams Lieblingsbeschäftigungen.

Doch Mac war nicht so schnell von dem alten Thema abzubringen. „Hey, Case, du hast uns noch nicht verraten, wie du in Zukunft mit all der zusätzlichen Arbeit fertigwerden willst.“

„Wieso? Gil Anderson hat schließlich Frau und Sohn und war trotzdem ein sehr guter Präsident. Ich bin glücklicherweise Single.“

Mac grinste. „Ja, Gil … unser Supermann. Da musst du noch ganz schön zulegen, Case.“

„Danke für dein Vertrauen.“

„Na, na.“ Parker hob besänftigend die Hand. „Wir wissen doch, dass du Herausforderungen liebst, Case. Lass dich nicht irremachen. Du schaffst das, da bin ich ganz sicher.“

„Danke.“ Case hatte großen Respekt vor dem Kinderarzt Dr. Parker Reese. Ganz Royal war froh, einen solchen Experten am städtischen Krankenhaus zu haben.

Doch auch Jeff machte es Spaß, Case ein bisschen zu reizen. „Leider habe ich nicht so viel Vertrauen in deine Fähigkeiten wie Parker.“ Er schmunzelte. „Schließlich war ich schon mal bei dir zu Hause. Ein einziges Chaos! Man konnte kaum die Fernbedienung für den Fernseher finden. Wenn wir nicht gerade eine Dürreperiode hätten, würde ich sagen, man sollte das Haus niederbrennen.“

Case wurde rot. Er war kein Organisationstalent, das stimmte. „Ich weiß, dass da etwas geschehen muss. Und ich habe auch schon einen Plan.“

„Los! Erzähl!“ Alle sahen ihn gespannt an.

„Ich werde eine Haushälterin einstellen.“

Die drei Männer starrten ihn an. Mac fasste sich als Erster. „Aber dir ist klar, dass sie dazu ins Haus kommen muss.“

„Sehr witzig!“ Case richtete sich auf. „Ich muss jetzt den TCC leiten und deshalb bereit sein, Kompromisse zu machen.“

„Aha.“ Jeff schüttelte verblüfft den Kopf. „Aber was wird dann aus deiner eisernen Lebensregel, keine Frau in deine Männerhöhle zu lassen?“

„Mit Ausnahme einer Verwandten“, fügte Parker hinzu. „Bist du mit der Haushälterin verwandt?“

Über die Reaktion seiner Freunde durfte Case sich nicht wundern. Er war dafür bekannt, dass er keine Frauen, auch nicht die, mit denen er eine Affäre hatte, in sein Haus ließ.

„Wieso? Ich mache die Regeln, also kann ich sie auch ändern. Die Frau wird meine Angestellte sein. Sie kann, muss aber nicht mit mir verwandt sein. Schließlich suche ich keine Ehefrau, sondern eine Haushälterin.“ Er sah seine Freunde drohend an. „Ich habe aus meinen Fehlern gelernt, das könnt ihr mir glauben.“

Alle wussten von seiner unglücklichen Ehe. Er hatte sich in die Buchhalterin der Familienfirma verliebt und sie geheiratet. Nur um nach kurzer Zeit herauszufinden, dass sie sein Geld mit vollen Händen ausgab.

„Wir glauben dir ja auch“, meinte Jeff begütigend. „Und du musst selbst wissen, was du tust. Außerdem war der Präsidentenjob nur nach dem Tornado im letzten Jahr so aufreibend. Jetzt ist alles wieder einfacher. Du machst das bestimmt gut.“

Der Tornado … ja, der hatte Royal und Umgebung sehr mitgenommen. Und ohne die Hilfsbereitschaft der Mitglieder des TCC wäre die Stadt nicht so schnell wieder auf die Beine gekommen. Allerdings war noch einiges zu tun, da machte sich Case als neuer Präsident nichts vor.

„Okay“, meldete Jeff sich erneut zu Wort. „Wenn wir Case jetzt genügend eingeheizt haben, können wir uns ja auch mal einem anderen Thema zuwenden. Ich weiß nicht, wie ihr das seht, aber ich bin ehrlich beunruhigt, dass so viele Rancher in der letzten Zeit ihr Land verkauft haben. Und was mich misstrauisch macht: alle an ein und denselben Käufer. Findet ihr das nicht seltsam?“

„Eigentlich nicht.“ Mac zuckte mit den Schultern. „Viele Rancher hatten nach dem Tornado nicht das Geld, ihre Häuser wieder aufzubauen. Für ihr Land sollen sie einen guten Preis bekommen haben. Und jetzt haben sie die Chance, woanders neu anzufangen.“

Parker runzelte die Stirn. „Davon habe ich noch gar nichts gehört.“

Case nickte. „Ich schon. Diesen Nolan Dane kennt ihr doch noch von früher, oder? Er ist wieder in der Stadt und kauft das Land im Auftrag der Samson Oil auf. Das verstehe ich allerdings nicht. Warum ist eine Ölgesellschaft an Farmland interessiert? Zumal es sich um Land handelt, das schon vor vielen Jahren auf mögliche Ölvorkommen überprüft worden ist. Ohne Erfolg.“

„Aber jetzt gibt es doch ganz neue Techniken, Öl zu fördern, wie Fracking und so. Vielleicht verspricht man sich davon mehr“, warf Mac ein.

„Das glaube ich nicht. Da steckt etwas anderes dahinter.“ Jeff schüttelte den Kopf. „Nolan ist vielleicht ganz in Ordnung, aber Rechtsanwälten gegenüber bin ich generell misstrauisch.“

„Auf keinen Fall sollten wir ihn vorverurteilen“, meinte Parker. „Zumindest nicht, solange ordentliche Preise bezahlt werden. Case hat in seiner neuen Position jetzt die Möglichkeit, die Sache im Auge zu behalten.“

„Das werde ich.“ Case blickte auf seine Armbanduhr. „Apropos meine neue Position. In einer Dreiviertelstunde treffe ich mich mit meiner neuen Haushälterin.“

„Na, da bin ich mal gespannt.“ Parker schmunzelte. „Vor allem, ob Case letzten Endes in seinem Haus weiterhin das Sagen hat. Er will sich doch bestimmt sein sorgfältig arrangiertes Chaos erhalten.“

Mac grinste breit. „Das wird ihm nicht gelingen. Egal wie alt, Frauen sind nie zufrieden, bevor sie nicht alles nach ihrem Geschmack umgestaltet haben.“

Case stand auf. „Ich bin Präsident einer Organisation, deren Mitglieder seit Generationen die Stadt geführt haben. Da werde ich doch wohl noch mit einer Haushälterin fertigwerden.“

Auch die anderen erhoben sich. Mac schüttelte Case die Hand. „Klar. Auf meine Unterstützung kannst du immer zählen.“

Parker legte zackig die Hand an die Schläfe. „Melde mich zum Dienst, Sir!“

Jeff verneigte sich. „Mi casa es su casa – falls du mal irgendwo unterschlüpfen willst.“

Case lachte. „Ich danke euch, Freunde.“

Er winkte zum Abschied, und als er über den Parkplatz zu seinem Auto ging, dachte er daran, wie viel Glück er im Leben hatte. Er besaß Land, das er liebte, hatte viele Freunde und die Unterstützung der wichtigsten Clubmitglieder. Wenn es jetzt auch noch mit der Haushälterin klappte, dann hatte er sein Leben gut im Griff.

Während der Fahrt in Richtung Ranchhaus sah Mellie Winslow sich neugierig um. Felder, Weiden und Zäune der B Hive Ranch waren in fabelhaftem Zustand. So weit sie sehen konnte, graste gut genährtes Vieh auf den grünen Hängen. Case Baxters Ranch war offenbar perfekt in Schuss und finanziell erfolgreich.

Auch Mellies kleine Reinigungsfirma Keep N Clean lief gut. Aber verglichen mit diesem riesigen landwirtschaftlichen Unternehmen waren ihre Umsätze natürlich nur Peanuts. Case Baxter musste viel zu tun haben. Kein Wunder, dass er eine Haushälterin suchte. Und wenn sie den Job bekam, wäre das eine fantastische Werbung für ihre Firma.

Als sie schließlich vor dem alten Ranchhaus hielt, das schon mehrere Generationen Baxters beherbergt hatte, fiel ihr etwas Merkwürdiges auf: Es machte den Eindruck, als würde Vieh und Land mehr Aufmerksamkeit geschenkt als dem Haus. Es sah zwar nicht gerade heruntergekommen aus, aber der weiße zweistöckige Bau mit den blauen Fensterläden wirkte doch ein wenig vernachlässigt. Die Veranda rund ums Haus war beeindruckend, aber es fehlten die Farben. Es gab keine leuchtend bunten Kissen auf den Sitzschaukeln, keine Blumenrabatten rund um das Haus.

Sicher, jeder in Royal wusste, dass Case’ Eltern jung gestorben waren. Er war das einzige Kind. Und unwillkürlich ging Mellie durch den Kopf, wie traurig es wäre, wenn der Besitz in fremde Hände käme. Das war durchaus eine Möglichkeit, denn nach seiner traumatischen ersten Ehe hatte Case bisher keine Anstalten gemacht, eine Familie zu gründen.

Mellie atmete ein paarmal tief durch. Kein Grund, nervös zu sein, versuchte sie sich zu beruhigen. In den sieben Jahren des Bestehens ihrer Firma hatte sie mit manch reichem Rancher und anderen einflussreichen Persönlichkeiten zu tun gehabt. Bisher hatte sie Case Baxter nur hin und wieder im Vorbeigehen gesehen. Das würde sich jetzt wohl ändern …

Sie hängte sich ihre Tasche über die Schulter und griff nach der grünblauen Informationsmappe, die sie jedem Interessenten in die Hand drückte. Mit wenigen Schritten stand sie vor der Haustür. Zu ihrer Überraschung öffnete der Hausherr auf ihr Klopfen hin selbst die Tür.

Case Baxter, groß und schlank, blaue Augen, dunkelbraunes Haar.

Er begrüßte sie lächelnd, blieb aber in der Tür stehen. „Ich bin Case Baxter. Und Sie kommen sicher wegen der Stelle als Haushälterin?“

Mellie nickte und ergriff die dargebotene Hand. Seine warmen Finger drückten leicht zu. Wow! Er sah ja noch besser aus als auf dem Foto in der Zeitung. Der kurze akkurate Haarschnitt stand im Gegensatz zu dem leicht unrasierten Kinn. Der dunkle Bartschatten gab ihm etwas Verwegenes, aber das war heutzutage nichts Besonderes.

Und doch klopfte ihr Herz schneller.

Er sah so aus, wie man sich einen typischen Texaner vorstellte – braun gebrannt, enge ausgeblichene Jeans, abgeschabte, aber teure Lederstiefel. Dazu trug er ein kariertes Hemd mit aufgekrempelten Ärmeln und eine große moderne Armbanduhr.

„Ich bin Mellie Winslow, die Inhaberin von Keep N Clean.“

Zu ihrer Überraschung runzelte Case die Stirn. Immer noch bat er sie nicht herein.

„Ich dachte, meine neue Haushälterin wollte sich heute vorstellen.“

„So ist es. Tatsache ist, dass mein Unternehmen so gut läuft, dass alle meine Angestellten beschäftigt sind. Und als dann Ihre Anfrage kam, entschloss ich mich, den Job selbst zu übernehmen.“

„Warum?“

Eine verständliche Frage. Ehrlichkeit währt am längsten, dachte Mellie. „Darf ich hereinkommen? Damit wir darüber sprechen können?“

„Warum nicht.“ Er führte sie in das angrenzende Esszimmer. Der große Tisch war fast gänzlich mit Papierstapeln bedeckt, und auf den freien Flächen lag Staub.

„Setzen Sie sich. Sie sehen selbst, dass hier dringend Ordnung geschaffen werden muss.“

Mellie setzte sich und schob Case die Mappe über den Tisch zu. „Darin sind Dienste und Kosten aufgelistet. Sie fragten, warum ich den Auftrag selbst übernehmen möchte. Wie ich schon sagte, meine Mitarbeiter sind ausgebucht. Aber um ehrlich zu sein möchte ich mir die Chance, den Präsidenten des Texas Cattleman’s Club als Kunden zu gewinnen, nicht entgehen lassen. Das ist einfach eine unbezahlbare Werbung für mein Unternehmen.“

„Vorausgesetzt, Sie sind so gut, wie Sie behaupten.“ Er öffnete die Mappe und überflog die Preisliste und die Danksagungen zufriedener Kunden.

Mellie schluckte ihre Empörung herunter. „Ich arbeite hart und sorgfältig. Außerdem muss man mir nicht ständig sagen, was zu tun ist. Einmal genügt. Sobald ich Bescheid weiß, bin ich Ihnen nicht mehr im Weg.“

Case lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und blickte Mellie schweigend an.

Das kann ich auch. Wenn er glaubte, sie dadurch zu verunsichern, hatte er sich geschnitten.

Doch schließlich zuckte er nur kurz mit den Schultern und lächelte. „Ihr Stundenlohn scheint mir gerechtfertigt. Aber wie wollen Sie Ihre Firma managen und gleichzeitig mein Haus in Ordnung bringen?“

„Wieso? So ähnlich wie Sie Ihre Ranch managen und gleichzeitig dafür sorgen, dass im TCC Ordnung herrscht.“

Mist! Das war vielleicht etwas zu forsch gewesen. Warum konnte sie auch ihren Mund nicht halten? Ganz sicher war das nicht der richtige Weg, wichtige Kunden zu gewinnen.

Glücklicherweise hatte Case Baxter Humor. Er lachte, und seine blauen Augen leuchteten.

„Gut gekontert!“ Doch dann beugte er sich vor und trommelte mit den Fingern leicht auf die Tischplatte, als läge ihm noch etwas auf der Seele.

Mellie sah ihn fragend an. „Haben Sie vielleicht mit irgendeinem anderen Reinigungsdienst schlechte Erfahrungen gemacht? Dann sagen Sie es mir, damit wir die Fehler vermeiden können.“

„Nein, das ist es nicht.“ Kurz biss er die Zähne zusammen, als quälte ihn irgendeine unangenehme Erinnerung. „Ich mag eigentlich keine Fremden in meinem Haus. Ich liebe meine Privatsphäre.“

„Das kann ich gut verstehen. Wenn Sie möchten, kann ich immer dann kommen, wenn Sie außer Haus sind. Aber vielleicht wollen Sie gerade das nicht. Dann arbeite ich, wenn Sie daheim sind. Wie Sie wünschen. Wie wäre es, wenn wir es einen Monat ausprobieren? Wenn Sie dann mit meiner Arbeit nicht zufrieden sind oder einfach genervt, dass eine Fremde regelmäßig ins Haus kommt, lösen wir den Vertrag.“

„So, so. Mir ist klar, warum Ihre Firma gut läuft“, meinte er schmunzelnd. „Es ist schwer, Ihnen etwas abzuschlagen.“

Mellie wurde rot. „Ich weiß, ich bin ehrgeizig. Aber jemand wie Sie hat dafür bestimmt Verständnis. Ich bin sicher, Sie werden es nicht bereuen, Mr. Baxter, sondern sich fragen, warum Sie Keep N Clean nicht schon eher engagiert haben.“

„Möglich. Aber ich will offen zu Ihnen sein. Mit Aufräumen und Putzen ist es nicht getan. Ich brauche jemanden, der mein häusliches Leben organisiert.“

Das hörte Mellie nicht zum ersten Mal. Und sie liebte es, einen ganzen Haushalt auf Vordermann zu bringen und dafür zu sorgen, dass ihren Arbeitgebern mehr Zeit für die Familie und das Privatleben blieb. Aber würde gerade Case Baxter so etwas wollen?

Als sie zögerte, kniff er leicht die Augen zusammen. „Ist das zu viel verlangt?“

„Nein, nein … überhaupt nicht. Aber Sie erwähnten, dass Ihnen Ihre Privatsphäre sehr wichtig sei. Da muss ich ganz genau wissen, wo Sie die Grenzen ziehen.“

„Zum Beispiel?“

Sein amüsiertes Lächeln brachte sie kurz aus der Fassung. Plötzlich musste sie an zerwühlte Bettlaken denken und überlegte sich, ob Case Baxter knappe Slips oder Boxershorts trug … Doch dann hatte sie sich wieder gefangen. „Ich meine, es gibt viele Möglichkeiten, einen Haushalt zu organisieren. Von einer wohlgeordneten Sockenschublade bis hin zu einer makellosen Küche, in der sogar die Gewürze nach Alphabet sortiert sind.“

Wieder dieses sexy Lachen. „Ich denke, da werden wir schon irgendeinen Mittelweg finden.“

„Heißt das, dass Sie es mit mir versuchen wollen?“ Ihr Herz schlug schneller. Bisher hatte sie nie Schwierigkeiten gehabt, Arbeit und Vergnügen auseinanderzuhalten. Aber bei diesem Mann musste sie auf der Hut sein. Er hatte ihr zwar keine Veranlassung gegeben zu glauben, dass er an ihr als Frau interessiert sein könnte, aber dennoch …

Er nickte. „Ja. Wir werden sehen, wie wir miteinander auskommen. Und falls einer Ihrer Mitarbeiter später Zeit hat zu übernehmen, dann hätte ich dafür volles Verständnis.“

„Soll das heißen, dass Sie mich nicht wollen?“

Du liebe Güte! Mellie wurde rot. Wieso habe ich das nur gesagt?

2. KAPITEL

Case zuckte zusammen, heiße Erregung durchlief seinen Körper. Obwohl er fast sicher war, dass Mellie Winslow mit ihrer Frage nichts hatte andeuten wollen, reagierte er ganz automatisch. Wie auch nicht, wenn sexuelle Spannung die Luft beinahe zum Knistern brachte und ihm eine schöne junge Frau gegenübersaß.

Überrascht von seiner eigenen Reaktion war Case kurz davor, alles wieder abzublasen. Vielleicht sollte er lieber keine Haushälterin einstellen, vor allem keine, die aussah wie Mellie. Denn er hatte eine Vorliebe für Rothaarige mit grünen Augen und einem hellen Teint, ganz genau wie Mellies zarte Haut …

Obwohl sie bestimmt hart körperlich arbeitete, war sie schlank, aber nicht knochig. Die roten Locken hatte sie hochgebunden. Ihre Haare schimmerten verführerisch im hellen Sonnenlicht, das durch die großen Fenster fiel. Er sollte sie loswerden, und zwar sofort …

„Wie kommen Sie darauf, dass ich Sie nicht will? Mache ich Sie nervös, Miss Winslow?“

Sie rümpfte die kleine gerade Nase. „Vielleicht ein bisschen. Aber das gibt sich.“

„Gut. Ich werde es mir merken.“ Er tippte auf einen Stapel Umschläge. „Die Probezeit gilt für beide Seiten. Vielleicht sind Sie entsetzt, wie unordentlich ich bin, und rennen nach dem ersten Tag schreiend davon.“

Mellie schüttelte lächelnd den Kopf. „Auf keinen Fall. Da bin ich anderes gewohnt, das können Sie mir glauben.“

In diesem Augenblick wurde ihm bewusst, dass er sich die sexuelle Spannung nicht einbildete. Vielleicht merkte Mellie nichts, er dagegen umso mehr. Mit seinen sechsunddreißig Jahren hatte er eben mehr Erfahrung in solchen Dingen als diese junge Frau, die bestimmt noch gut unter dreißig war.

„Sagen Sie nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“ Er blickte auf seine Uhr. „Tut mir leid, wir müssen zum Ende kommen. Ich habe noch eine Verabredung in der Stadt. Wie wäre es, wenn Sie Donnerstagmorgen anfangen? Ich schreibe auf, was Sie als Erstes in Angriff nehmen sollten. Einverstanden?“

Mellie stand auf. „Vollkommen. Danke, Mr. Baxter. Bis bald.“

„Sagen Sie Case zu mir.“

„Und ich bin für Sie Mellie.“

Case stand am Fenster und beobachtete, wie seine neue Haushälterin wegfuhr. Obwohl ihm klar war, dass mit seinem häuslichen Chaos dringend etwas geschehen musste, hatte er das Gefühl, einen schwerwiegenden Fehler zu begehen.

Er fand Mellie Winslow ausgesprochen attraktiv, und das hätte ihn sofort warnen sollen. Schließlich hatte er sich schon einmal in eine Angestellte verliebt, was eine teure Scheidung und ein ziemlich geschrumpftes Bankkonto zur Folge gehabt hatte. Seitdem hatte er keine längere Beziehung mehr geführt.

Ob es damit zusammenhing, dass er so gut wie ohne Frauen aufgewachsen war? Seine Mutter war früh gestorben, er hatte keine Schwestern. Die einzigen weiblichen Verwandten waren zwei Cousinen, die in Kalifornien lebten und die er, wenn überhaupt, höchstens einmal in zehn Jahren sah. Sex mit Frauen war toll. Vielleicht war sogar eine normale Freundschaft zwischen Männern und Frauen möglich. Aber Frauen einzuschätzen, fiel ihm schwer.

Als Case auf den Parkplatz des Royal Diner einbog, fiel ihm gleich der große SUV des Sheriffs auf. Also war Nathan Battle bereits da.

Case trat ein und sah sich im Raum um. Nathan saß an einem Tisch in der Ecke, trank Kaffee und flirtete mit seiner Frau Amanda, der das Lokal gehörte.

Case nahm den Stetson ab und klemmte ihn sich unter den Arm. „Hallo, Amanda, hallo, Sheriff.“ Er schüttelte Nathan die Hand und setzte sich ihm gegenüber.

Amanda trat lächelnd auf ihn zu. „Herzlichen Glückwunsch! Ich habe gerade gehört, dass du der neue Präsident des TCC bist.“

„Danke.“ Case sah zu ihr hoch. Amanda und Nathan kannten sich schon von der Schule her, hatten sich getrennt und später wiedergefunden. Case beneidete sie um ihre selbstverständliche und liebevolle Nähe, die in jedem Blick spürbar war.

Amanda küsste Nathan auf die Wange. „Viel Spaß. Ich muss mich leider um eine verloren gegangene Sendung kümmern. Helen wird eure Bestellungen aufnehmen. Bis nachher.“

Helen kam und eilte dann mit ihren Wünschen in die Küche. Case lehnte sich leise seufzend zurück. Er hatte einen langen Arbeitstag hinter sich. Für ihn war es selbstverständlich, genauso hart zu arbeiten wie seine Leute.

Nathan trank aus und bestellte sich gleich noch einen Kaffee. Dann blickte er Case aufmerksam an. „Was gibt’s denn? Am Telefon hörtest du dich so geheimnisvoll an.“

„Ja? Das war keine Absicht. Ich wollte dich nur bitten, dir die Katastrophenpläne und Sicherheitsanweisungen anzusehen, die der TCC erarbeitet hat. Der Tornado vom letzten Jahr hat uns gezeigt, wie wichtig es ist, auf alles vorbereitet zu sein.“

„Mach ich gern. Sag mir, wann es dir passt.“

„Danke. Ich maile dir den Termin.“

Sie sprachen über dies und das, und erst nach einer halben Stunde kam Case mit dem heraus, was er Nathan eigentlich hatte fragen wollen. „Kennst du Keep N Clean?“

„Du meinst, die Firma von Mellie Winslow?“

„Ja.“

„Darüber habe ich nur Gutes gehört. Hin und wieder hat Amanda sie hier im Diner eingesetzt. Und ich kenne eine Reihe von Leuten, die mit der Firma sehr zufrieden sind. Warum fragst du?“

„Meine ehemalige Haushälterin ist vor acht Monaten in Rente gegangen und nach Florida umgezogen. Ich brauche dringend Ersatz, vor allem seit durch den TCC noch mehr Arbeit auf mich zukommt. Aber ich bin auch viel auf der Ranch unterwegs. Die Vorstellung, jemand Fremden im Haus zu haben, behagt mir gar nicht.“

„Ich bin sicher, dass Mellies Mitarbeiter wissen, wie sie sich darauf einstellen müssen. Zumindest habe ich noch von keinen Beschwerden gehört.“

„Und wie ist es mit Mellie selbst? Da ihre Leute voll ausgelastet sind, bot sie an, den Job selbst zu übernehmen.“

Nathan zog überrascht die Augenbrauen hoch. Er wusste natürlich über Case’ kurze, spektakulär gescheiterte Ehe Bescheid. Es war kein Geheimnis, aber es war Case peinlich. Heute war ihm klar, dass er damals nur mit gewissen Körperpartien, aber nicht mit dem Kopf gedacht hatte. Das Ergebnis war ihm eine Lehre gewesen.

„Fragst du mich das als Boss oder als Mann?“, wollte Nathan wissen.

„Was meinst du damit?“

„Na ja, Mellie Winslow ist nicht nur eine gute Geschäftsfrau, sie sieht außerdem fantastisch aus. Sie ist ungebunden, intelligent und hat Humor. Jeder Mann würde sich nach ihr die Finger ablecken.“

„Verdammt noch mal, Nathan!“ Case nahm einen Schluck Kaffee und verschluckte sich fast an dem heißen Gebräu. „Warum glauben meine verheirateten Freunde nur immer, sie müssten mich unbedingt verkuppeln?“

Nathan grinste. „Wie oft hattest du im letzten Monat Sex?“

Case blickte in seinen Kaffeebecher. „Nicht jeder hat so viel Glück mit seiner Ehe“, murmelte er vor sich hin. „Amanda ist ja auch ein Schatz.“

„Genauso wie Mellie. Vorurteile solltest du nicht haben. Und um es deutlich zu sagen, ich spreche hier von der Geschäftsfrau Mellie. Du kannst ihr vertrauen, wenn es das ist, was du wissen wolltest. Ganz sicher klaut sie nicht dein Silber oder verschwindet mit einem Picasso.“

Case’ Eltern hatten Kunst gesammelt. Wenn auch nicht gerade ein Picasso darunter war, so hatten sie es doch zu einer ausgesuchten Gemäldegalerie gebracht.

„Gut zu wissen. Sie machte einen ehrlichen Eindruck, aber es ist immer besser, noch eine andere Meinung zu hören. Gibt’s noch was?“ Als Nathan kurz die Stirn runzelte, hakte Case nach: „Was ist es? Spuck’s aus!“

„Ich dachte gerade an Mellies Vater. Vor dem musst du dich in Acht nehmen. Er ist ein Säufer und ein ziemlich übler Kerl. Mellie gezeugt zu haben, ist das einzig Positive, das man ihm nachsagen kann. Mehrmals im Jahr muss ich ihn wegen öffentlicher Ruhestörung verhaften.“

„Und Mellie unterstützt ihn?“

„Nein. Er lebt von den Pachteinnahmen diverser Grundstücke, die seit Generationen im Besitz der Winslows sind. Dazu gehört übrigens auch das Land, auf dem unser Clubhaus steht. Früher hat Mellie in der Verwaltung von Winslow Properties mitgearbeitet. Aber dann hat sie ihr eigenes Unternehmen gegründet, um möglichst wenig mit ihrem Vater zu tun zu haben.“

„Und was ist mit der Mutter?“

„Die ist schon vor vielen Jahren gestorben. Sie hat Mellie wohl ein kleines Erbteil hinterlassen, sodass sie ihre eigene Firma aufmachen konnte. Ursprünglich gehörten die Winslows zu den reichen Familien des Ortes. Aber der Vater hat schon so gut wie alles durchgebracht. Mit Alkohol und Glücksspiel.“

„Ich bin froh, dass du mir das erzählt hast. Noch etwas ganz anderes: Was weißt du über Samson Oil und deren Verbindung zu Nolan Dane? Man hat mir gesagt, dass er für die Ölfirma Land aufkauft.“

Nathan nickte. „Das habe ich auch gehört. Dane ist eigentlich ein ordentlicher Mann. Und er stammt aus Royal. Also gehe ich davon aus, dass man ihm vertrauen kann. Samson Oil dagegen ist ziemlich unbekannt. Kaum einer weiß etwas über dieses Unternehmen.“

„Meinst du, du kannst ein Auge auf Nolan und seine Verbindung zu Samson Oil haben?“ Case sah seinen Freund fragend an. „Irgendetwas an der Sache kommt mir komisch vor.“

Donnerstagmorgen ging Case ruhelos in der großen Diele auf und ab. Immer wieder war er kurz davor gewesen, Mellie anzurufen und die ganze Sache abzublasen. Dann hatte er es aber doch sein gelassen. Denn ihm fiel kein einziger vernünftiger Grund ein. Sie hätte ihn für verrückt erklärt.

Dass ihm seine Privatsphäre heilig war, war eine Sache. Wenn er jedoch allen Frauen für immer den Zugang zu seinem Haus verwehrte, würde er irgendwann als verbitterter alter Mann enden, der zwar viel Geld auf der Bank hatte, aber ein freudloses einsames Leben führte. Leider waren Gewohnheiten schwer abzulegen …

Fünf Minuten vor der vereinbarten Zeit klopfte Mellie an die Tür.

Okay, pünktlich war sie. Case öffnete die Tür und trat wie geblendet einen Schritt zurück.

Vielleicht lag es an der hellen Morgensonne, aber sehr viel wahrscheinlicher war es eine Reaktion auf Mellies Anblick. Sie lächelte ihn freundlich an und sah in ihrer Arbeitskleidung zum Anbeißen aus. Zu knielangen dunkelblauen Shorts trug sie ein gleichfarbenes Polohemd mit hellgrünen Paspeln sowie dunkelblaue Segeltuchschuhe mit hellgrünen Schnürsenkeln. Auf der Brusttasche des Polohemds war der Name ihrer Firma eingestickt.

Nicht dass er ihr auf die Brust geschaut hätte …

Schnell löste er den Blick von ihr und räusperte sich. „Äh … guten Morgen. Bitte kommen Sie herein. Ich habe einen Eistee im Kühlschrank.“

„Danke.“

Mellie trat ein, stellte ihre Tasche mit Putzmitteln im Flur ab und folgte ihm in die Küche. Sie setzte sich an den Küchentisch und schlug die langen Beine übereinander. Case trat der Schweiß auf die Stirn. Schnell wandte er sich um, nahm die Karaffe mit dem Tee aus dem Kühlschrank und setzte sich Mellie gegenüber.

Er schenkte ihr ein und reichte ihr dann ein Blatt Papier. „Auf diese Punkte kommt es mir besonders an. Aber ich bin sicher, Ihnen fällt noch so einiges auf, was erledigt werden muss.“

Sie überflog die Liste. Was für lange Wimpern sie hat, dachte Case. Dann hob sie den Blick.

„Das sieht gut aus. Wenn es Ihnen recht ist, arbeite ich in den nächsten zwei Wochen ganztags, um einmal alles gründlich zu reinigen und eine gewisse Ordnung hineinzubringen. Danach können wir uns darüber unterhalten, wie häufig ich kommen soll.“

Erst nach ein paar Sekunden wurde Case klar, dass sie auf eine Antwort wartete. Er hatte leider an etwas völlig anderes gedacht, was allerdings durchaus mit Mellie zu tun hatte. Vielleicht hatte Nathan recht, und er musste unbedingt mal wieder Sex haben.

„Ja … äh, einverstanden. Ich habe übrigens neulich Nathan im Diner getroffen. Der Sheriff hat Sie und Ihre Firma sehr gelobt. Er meinte, dass man Ihnen unbedingt vertrauen kann.“

Sie runzelte die Stirn. „Sie haben Informationen über mich eingeholt?“

„Nein, nicht so“, sagte er hastig. „Wir kamen im Gespräch darauf. Sie können es mir ja nicht vorwerfen, dass ich ihn fragte, ob er Ihre Firma kennt.“

Abrupt stand sie auf und sah ihn kalt an. „In der Mappe, die ich Ihnen da gelassen hatte, finden Sie mindestens sechs Referenzen. Jede einzelne hätte Ihnen gesagt, wie zufrieden man mit mir war. Dazu hätten Sie nun wirklich nicht den Sheriff bemühen müssen, Mr. Baxter.“

Verblüfft sah er sie an. „Habe ich Sie beleidigt?“

Sie warf ihm die Liste wieder zu. „Wenn Sie mich ständig überwachen wollen, um sicher zu sein, dass ich Ihren Safe nicht ausräume oder ein kostbares Gemälde mitgehen lasse, dann kann es mit uns nicht klappen. Auf Wiedersehen, Mr. Baxter.“ Damit drehte sie sich um und ging mit schnellen Schritten in Richtung Tür.

„Warten Sie!“ Hastig sprang er auf und lief hinter ihr her. „So warten Sie doch, Mellie!“ Er erreichte sie, als sie sich im Flur die Tasche mit den Putzmitteln umhängte. „Bitte bleiben Sie. Wir haben doch eine Probezeit verabredet.“

„Die ist vorbei!“, fuhr sie ihn an und wollte sich umdrehen.

Doch er hielt sie am Arm fest. „Nein, tut mir leid.“ Er lächelte, um ihr zu zeigen, dass er einen Scherz machte: „Wenn Sie jetzt gehen, werden Sie vertragsbrüchig. Das ist Ihnen doch wohl klar.“

Aber Mellie Winslow war offensichtlich nicht nach Scherzen zumute. Wütend entzog sie ihm den Arm.

„Ich bin stolz auf mein kleines Unternehmen. Nie gab es auch nur die geringsten Beschwerden, alle waren mit unserer Arbeit sehr glücklich. Es gab keinen Grund, die Polizei einzuschalten.“

Case hätte sich ohrfeigen können. Da war er wirklich heftig ins Fettnäpfchen getreten. „Bitte verzeihen Sie mir. Ich hätte dem Sheriff gegenüber meinen Mund halten sollen. Geben Sie mir noch eine Chance.“

Sie musterte ihn schweigend. „Unter einer Bedingung“, sagte sie dann. „Es gibt keine Probezeit.“

Donnerwetter, die geht ja forsch ran.

Case war beeindruckt. Und mehr noch, er fand ihr Selbstvertrauen irgendwie erregend … Die ganze Frau gefiel ihm ausgesprochen gut. Unter anderen Umständen hätte er jetzt heftig mit ihr geflirtet.

Aber Mellie Winslow war hier, um sein Haus in Ordnung zu bringen, nicht um sein Bett zu wärmen. „Okay, Miss Winslow, ich bin einverstanden.“

Er streckte die Hand aus, aber das war ein großer Fehler. Denn als ihre Hände sich berührten, überlief es ihn heiß, und er hielt sie ein paar Sekunden länger fest, als nötig gewesen wäre.

Als er sie losließ, trat Mellie einen Schritt zurück. Zum ersten Mal wirkte sie leicht verunsichert.

„Ich habe wohl etwas überreagiert“, sagte sie leise. „Entschuldigen Sie, aber manchmal geht mein Temperament mit mir durch.“

„Also sind Sie eine typische Rothaarige?“

„Ich fürchte, ja. Ich sollte nicht so empfindlich sein.“

Sie standen da und sahen sich nur an. Beide spürten sie die Spannung, die in der Luft lag.

Case fasste sich als Erster. „Ich sollte jetzt gehen, damit Sie anfangen können.“

„Gut. Kann ich Ihnen eine SMS schicken, falls ich Fragen habe?“

„Selbstverständlich.“

Sie lächelte leicht. „Ich werde mich bemühen, Sie nicht in Ihrem Privatleben zu stören.“

Zu spät. Case griff nach den Schlüsseln, die auf einem Tischchen neben der Tür lagen.

„Auf Wiedersehen, Mellie Winslow. Hoffentlich finden Sie sich in meinem Haus zurecht.“

3. KAPITEL

Mit gemischten Gefühlen blickte Mellie ihrem neuen Arbeitgeber hinterher. Einerseits war es viel einfacher, sich mit einem neuen Haus vertraut zu machen, wenn der Besitzer nicht da war und einem im Weg stand. Andererseits hätte sie nichts dagegen gehabt, wenn er noch geblieben wäre.

Der Mann interessierte sie, obwohl er der typische Macho war, der alles besser wusste. Aber diese Mischung aus bodenständigem Rancher und hochkarätigem Geschäftsmann erregte ihre Neugier. Case Baxter war millionenschwer, das war ein offenes Geheimnis.

Er war nicht nur ein sehr erfolgreicher Rancher, er hatte auch mit Gewinn investiert. Und nach dem Tornado hatte er vielen kleineren Firmen Geld geliehen, als die örtlichen Banken bereits am Ende ihrer Kapazitäten angekommen waren. Denn Case wollte die lokale Wirtschaft unterstützen und vertraute dem Unternehmergeist der Einwohner von Royal.

Auch deshalb war er in Royal beliebt und geachtet. Kein Wunder, dass man ihn zum Präsidenten des TCC gewählt hatte. Nach der Wahl hatte die Zeitung einen langen Artikel über ihn gebracht, den Mellie natürlich gelesen hatte. So wusste sie, dass er sechsunddreißig war, also sieben Jahre älter als sie.

Sieben Jahre, das war nicht besonders viel. Nur dass Mellie immer noch das Gefühl hatte, erst am Anfang zu stehen, was ihre Firma und ihr Leben an sich betraf. Case dagegen hatte schon alles erreicht und war ein Mann im besten Alter – in jeder Beziehung …

Doch statt über diesen sexy Cowboy nachzudenken, sollte sie sich jetzt lieber auf ihre Arbeit konzentrieren. Case Baxters Haus war ein sehr gutes Beispiel dafür, wie man die Vergangenheit bewahren und sie mit modernen Elementen kombinieren konnte. Leider war die Schönheit des Hauses kaum zu erkennen, da ein fürchterliches Durcheinander herrschte.

Kopfschüttelnd betrat Mellie die Küche. Offenbar aß Case meist außer Haus. Im Kühlschrank fand sie Orangensaft und Milch, im Eisfach Pizza und einige Steaks. Bis auf ein paar Schachteln Trockenmüsli und Cornflakes waren die Vorratsschränke leer.

Irgendwie tat Case Baxter ihr leid, wenn sie sich vorstellte, wie er hier allein in dem alten großen Haus herumwirtschaftete. Dabei hätte er sich den besten Koch leisten können. Aber nur wenige Männer hatten die Gabe, sich ein gemütliches Heim zu schaffen – und typische Texaner wie Case Baxter schon gar nicht. Blumen arrangieren und Kekse backen, das war bei ihm wohl nicht drin. Bei der Vorstellung musste sie lachen.

Aber jetzt ran an die Arbeit, Mellie! Sie fing mit dem Esszimmer an. Den mit Papieren überhäuften Tisch kannte sie schon. Den ganzen Werbemüll sollte sie in die Recyclingtonne werfen und nur Briefe und Papiere aufheben, die irgendwie wichtig aussahen. So stand es auf der Liste.

Damit war sie ziemlich schnell fertig. Letzten Endes war nur ein gutes Dutzend Briefe übrig geblieben, die sie Case auf den Schreibtisch legte, einen wunderschönen antiken Rollsekretär. Erstaunlicherweise war das Büro geradezu klinisch aufgeräumt. Nichts stand herum, keine Fotos, keine Erinnerungsstücke.

Auch hier befiel sie wieder dieses merkwürdige Gefühl, wie immer, wenn sie das Haus eines Fremden aufräumte. Irgendwie drang sie doch sehr in die Intimsphäre ihrer Arbeitgeber ein. Deshalb konnte sie durchaus verstehen, dass Case zuerst gezögert hatte, ihr den Auftrag zu erteilen. Vom Zustand des Büros her zu urteilen, war er ein vorsichtiger Mann, der sich nicht so leicht in die Karten blicken ließ.

Als sie schließlich in seiner Schlafzimmertür stand, war ihre Arbeitszeit bereits vorbei. Bisher hatte sie lediglich drei Räume aufgeräumt, aber das Esszimmer und das Wohnzimmer waren auch in einem desolaten Zustand gewesen. Das Schlafzimmer würde sie sich morgen vornehmen. Immerhin konnte sie schon mal die herumliegenden Kleidungsstücke zusammensammeln und in den Raum hinter der Küche bringen, wo Waschmaschine und Trockner standen. Morgen war als Erstes die Wäsche dran.

Mit dem Wäschebündel in den Armen sah sie sich noch einmal im Schlafzimmer um. So ein Riesenbett wie dieses mit den vier geschnitzten Bettpfosten und dem Baldachin hatte sie noch nie gesehen. Die Bettlaken bestanden aus feinster Baumwolle, die milchkaffeefarbene Überdecke wirkte edel und männlich zugleich. Die Bettdecke lag halb auf dem dunklen Holzfußboden, und das Laken war zerwühlt, als hätte Case eine unruhige Nacht gehabt. Ein Pyjama war nirgendwo zu sehen. Schlief der Mann etwa nackt?

Bei dem Gedanken wurde Mellie rot, ließ das Wäschebündel fallen und machte schnell noch das Bett. Das Bild des großen, nackten muskulösen Mannes auf den feinen Laken ließ sie dabei jedoch nicht los. Ganz im Gegenteil, es erregte sie.

Das war schlecht, sehr schlecht sogar. Erstens, weil sie für irgendeine Art von Beziehung – oder auch nur Sex – sowieso keine Zeit hatte. Außerdem war Case einer von Royals begehrtesten Junggesellen. Er würde sich bestimmt nicht mit seiner Putzfrau abgeben!

Mellies Familie war schon lange in Royal ansässig, wahrscheinlich schon so lange wie die Baxters. Aber sie hatte kein Interesse daran, in eine der ersten Familien einzuheiraten. Sie wollte irgendwann einen netten normalen Mann finden, der wie sie Kinder haben wollte und Zeit für seine Familie hatte.

Mellie wusste, dass Case es einmal mit der Ehe versucht hatte, was schiefgegangen war. Ganz sicher würde er nicht so schnell wieder heiraten wollen, wenn überhaupt. Und da sie nicht der Typ für unverbindlichen Sex war, sollte sie Case Baxter als das betrachten, was er für sie war: Er zahlte gut, und sein Name machte sich prächtig in ihrer Kundenkartei.

Leise seufzend hob sie das Wäschebündel wieder auf, ließ es wenig später vor der Waschmaschine fallen und griff nach ihrer Handtasche. Die Putzmittel konnte sie hierlassen, dagegen hatte Case bestimmt nichts. Auf dem Weg nach Hause machte sie noch einen halbstündigen Stopp in ihrem Büro, um E-Mails und Telefonnachrichten durchzusehen. Sie freute sich auf einen ruhigen Abend mit ihrer Lieblings-TV-Show und den Spaghetti von gestern.

Doch leider kam alles anders. Ihr Vater saß auf den Treppenstufen vor ihrer Haustür und das wohl schon eine ganze Zeit, denn zwei leere Bierdosen standen neben ihm. Er hatte dunkle Ränder unter den Augen und schwankte, als er aufstand und Mellie entgegenkam.

„Du siehst ja ganz anders aus“, sagte er verblüfft.

Er selbst war klein und untersetzt mit von Grau durchsetzten schwarzen Haaren und einer wettergegerbten Haut. Früher war er ein guter Geschäftsmann gewesen, aber als seine geliebte Frau starb, hatte er Trost im Alkohol gesucht.

Mellie umarmte ihn kurz und schob ihn dann von sich. „Ich bin erwachsen, Daddy. Und außerdem liebe ich mein Privatleben. Aber das scheinst du nicht zu begreifen.“

Sie hatte sich sehr bemüht, sich von ihm abzunabeln, aber das war einfacher gesagt als getan. Denn sie konnte seinen Schmerz nur zu gut nachfühlen. Ila Winslow war der Mittelpunkt ihrer kleinen Familie gewesen. Als sie ihrem Krebsleiden erlag, war Mellie sechzehn gewesen, und Vater und Tochter hatten sich zunächst ganz in ihrem Schmerz vergraben. Harold hatte sich dann dem Alkohol ergeben, und Mellie war nichts anderes übrig geblieben, als sehr schnell erwachsen zu werden.

Er folgte ihr ins Haus. „Hast du etwas zu essen für deinen armen alten Vater?“

Sie presste die Lippen zusammen, um ihm keine patzige Antwort zu geben. „Wir können uns eine Pizza bestellen“, sagte sie dann betont ruhig. „Eigentlich wollte ich Reste essen.“

„Pizza ist okay. Hast du Geld? Ich habe mein Portemonnaie zu Hause vergessen.“

Wie immer … Dabei könnte Harold bequem von den Miet- und Pachteinkünften leben. Aber Geld glitt ihm einfach durch die Finger. Und immer, wenn er blank war, kam er zu Mellie und klopfte an ihre Tür. Manchmal im übertragenen Sinn, aber immer häufiger auch persönlich, so wie heute.

Und sie hatte sich auf einen ruhigen Abend gefreut! Leise seufzend wandte sie sich ab. „Dann bestell du schon mal die Pizza. Ich ziehe mich um.“

Als sie wenig später ins Wohnzimmer zurückkam, hatte ihr Vater es sich in einem Sessel bequem gemacht und spielte mit der Fernbedienung. Zögernd lächelte er Mellie an, konnte aber seine Verzweiflung nicht verbergen. Sie wusste, er sah keinen Sinn mehr in seinem Leben. Wie oft hatte sie schon versucht, ihn davon zu überzeugen, dass sein Leben noch nicht vorbei war, aber ohne Erfolg. Immer musste sie die Starke sein, und dabei hätte sie in ihm auch gern einmal eine Stütze gehabt.

Die Pizza wurde geliefert. Schweigend aßen sie, der Fernseher plärrte vor sich hin. Mellie wusste, sie musste mit ihrem Vater ein ernstes Wort reden. Das war längst mal wieder fällig. Aber sie musste es geschickt anfangen.

„Ich habe heute einen neuen Job angefangen, Daddy. Bei Case Baxter.“

„Dem neuen Präsidenten des Texas Cattleman’s Club?“

„Ja. Ich glaube, das ist eine gute Werbung für mein Unternehmen.“

„Bestimmt. Ich bin stolz auf dich, mein Kind.“

Meinte er das ehrlich? Vielleicht. „Danke. Meine kleine Firma läuft ganz gut. Ich bin zufrieden.“

„Freut mich für dich.“

Sie schwiegen eine Weile.

„Daddy, wir müssen über letzte Woche sprechen“, fing Mellie wieder an.

Harold runzelte die Stirn und blickte störrisch vor sich hin. „Alles okay“, stieß er zwischen den Zähnen hervor. „Mach dir keine Sorgen. Ich trinke längst nicht so viel, wie du glaubst.“

„Sheriff Battle hat dich auf der Straße gefunden. Du hattest einen totalen Blackout.“ Sie sah ihn eindringlich an. „Du weißt, dass ich dir jederzeit eine Entziehungskur bezahle. Mach es, bevor es zu spät ist.“

„Ich hatte nicht gefrühstückt. Deshalb war mein Blutzucker niedrig, und ich bin ohnmächtig geworden.“

„Aber Daddy, mach dir doch nichts vor. Ich weiß, dir fehlt Mom. Mir auch. Auf keinen Fall will ich dich auch noch verlieren. Aber das wird passieren, wenn du so weitermachst.“

Einigermaßen mühsam kam Harold aus dem Sessel hoch und stand schwankend vor Mellie. „Mit mir ist alles in Ordnung. Ein Mann kann doch wohl ein paar Bier trinken, ohne dass er sich gleich eine Strafpredigt anhören muss.“

Wenn es nur Bier wäre …

Der Alkohol hatte ihn schnell altern lassen. Er sah erschreckend aus.

„Denk doch wenigstens mal darüber nach“, bat sie ihn. „Es ist wirklich nicht so schlimm. Auch in Texas gibt es gute Einrichtungen. Ich möchte doch nur, dass du gesund und kräftig bist, damit du später noch mit deinen Enkeln spielen kannst.“

Harold verzog den Mund zu einem ironischen Lächeln. „Enkel? Du hast ja noch nicht einmal einen Freund. Deine Firma hält dich nachts nicht warm. Vielleicht solltest du dir weniger Gedanken um mich machen und dir lieber einen Mann suchen.“

Auch das hatte sie schon hundertmal gehört. So reagierte er immer, wenn sie ihn auf das Thema Alkohol ansprach. „Dazu habe ich noch reichlich Zeit.“

„Wirklich?“ Sein Blick war schmerzerfüllt. „Wir glauben immer, wir haben noch so viel Zeit. Und dann ist plötzlich alles vorbei. Liebe wird einem nicht auf ewig geschenkt. Sie zu verlieren, schmerzt. Ich glaube, deshalb lässt du niemanden an dich heran. Ich mache dir einen Vorschlag, Kind. Sobald du ein erfülltes Privatleben hast, darfst du dich mit meinem beschäftigen.“ Er wandte sich zur Tür.

„Gute Nacht, Daddy.“ Nachdenklich blickte Mellie ihm hinterher, als er halbwegs aufrecht die Straße hinunterging. Den Führerschein hatte man ihm schon lange abgenommen. Glücklicherweise konnte er zu Fuß nach Hause gehen. Immer noch wohnte er in dem Haus, in dem sie aufgewachsen war.

Später im Badezimmer dachte sie über das nach, was ihr Vater gesagt hatte. Es stimmte, sie ging so gut wie nie aus. Weil sie ihre ganze Kraft in den Aufbau ihres Unternehmens stecken musste. Auf Kosten ihres Privatlebens?

Ihr Vater hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. In ihrem Bemühen, ihn dazu zu bringen, Hilfe anzunehmen, hatte sie die eigene Reaktion auf den Tod ihrer Mutter verdrängt. Ging sie deshalb der Liebe aus dem Weg? Allerdings hatten die wenigen Männer, mit denen sie in den letzten Jahren ausgegangen war, sie nicht besonders interessiert. Sie hatte sich lieber auf ihr Geschäft konzentriert.

Normalerweise schlief sie nach einem anstrengenden Tag sofort ein. Aber heute Nacht ging ihr zu viel durch den Kopf. Ihr Vater schien keine Kontrolle mehr über sein Leben zu haben, und sie konnte ihm nicht helfen. Andererseits war er ein erwachsener Mann und für sich selbst verantwortlich.

Um sich abzulenken, dachte sie an den morgigen Tag. Sie freute sich, ihn wieder in Case Baxters schönem Haus verbringen zu können. Eine sehr lohnende und interessante Aufgabe, das Haus wieder in seinem alten Glanz erstrahlen zu lassen. Und vielleicht würde sie sogar ihren Auftraggeber wiedersehen …

Da sie Schlüssel zu dem Haus hatte, konnte sie kommen und gehen, wann sie wollte. Das sei besser so, er sei viel unterwegs, hatte Case gesagt. Wollte er ihr möglichst aus dem Weg gehen? Schade. Er war genau der Typ von Mann, den sie anziehend fand.

Als sie endlich kurz vorm Einschlafen war, gab ihr Handy einen kurzen Piepston von sich. Jemand schickte ihr eine SMS.

Stöhnend nahm sie das Handy vom Nachttisch.

Mellie, ich hoffe, ich störe Sie nicht. Es ist spät, ich weiß. Aber ich wollte Ihnen unbedingt danken. Sie haben Wunder vollbracht. Ich dachte schon, ich hätte mich im Haus geirrt, so schön sah alles aus. Danke, Keep N Clean …

Case Baxter. Von ihm hatte sie nun wirklich keine SMS erwartet. Sollte sie darauf antworten? Oder ihn in dem Glauben lassen, sie habe schon geschlafen?

Ja, vielleicht. Aber nett von ihm, dass er ihre Arbeit anerkannte. Lächelnd kuschelte sie sich wieder ins Bett. Vielleicht würde sie ihn ja morgen sehen. Oder wenigstens heute Nacht von ihm träumen …

4. KAPITEL

Case drückte sich den Stetson tief in die Stirn, schlug den Jackenkragen hoch und zog den Kopf zwischen die Schultern. Endlich regnete es, aber es war leider nicht der ersehnte sanfte Landregen, den die trockene Erde brauchte. Stattdessen kam die Nässe in eiskalten harten Tropfen.

Seit heute Morgen um sieben war Case mit seinem Vormann unterwegs, um die Zäune zu überprüfen. In den letzten Wochen waren ihnen zwei Dutzend Rinder abhandengekommen. Ein Loch im Zaun? Oder das Werk von Viehdieben? Bevor Case die Polizei einschaltete, wollte er sich erst einmal selbst vergewissern.

Auf dem Heimritt war Case froh, dass mit dem Zaun alles in Ordnung war. Allerdings würde er jetzt zum ersten Mal bedauern, dass er Mellie eingestellt hatte. Normalerweise zog er sich nach einem Ritt wie diesem, verdreckt, wie er war, vor der Waschmaschine aus. Dann lief er nackt durchs Haus auf die überdachte Terrasse, um sich im Whirlpool aufzuwärmen. Das ging ja nun nicht.

Mist. Mürrisch stieg er vom Pferd und übergab es einem seiner Stallburschen. Er war schlecht gelaunt, nass und hungrig und ärgerte sich, dass er sein Haus nicht für sich hatte. Doch als er Mellie Winslow in seinem Schlafzimmer fand, wie sie sich hochreckte, um die Bettpfosten abzustauben, änderte sich schlagartig seine Laune.

Was für ein Anblick. Dieser kleine feste Po in der eng anliegenden Hose! Sein Herz schlug schneller, und ein eindeutiges Verlangen machte sich bemerkbar, sodass er schnell ein paar Schritte zurücktrat.

Sie hatte ihn gehört und drehte sich verlegen lächelnd um. „Oh, Mr. Baxter, entschuldigen Sie. Ich wusste nicht, dass Sie heute so früh nach Hause kommen. Ich werde in einem anderen Raum weitermachen.“

„Kein Problem. Ich will nur duschen. Das dauert nicht lange.“

Leider nicht, weil du nicht mitkommst …

„Im Bad sind frische Handtücher, wahrscheinlich noch warm vom Trockner.“ Sie sah ihn fragend an. „Haben Sie schon zu Mittag gegessen?“

„Nein. Ich mache mir nachher eine Kleinigkeit.“

„Wie wäre es mit einer heißen Suppe und einem Sandwich?“

Seine Finger waren eisig, die Haut feucht und kalt. Aber im Innern war ihm kochend heiß. Warum hatte er bloß keine ältere Person mit Dutt und Großmutterlächeln eingestellt? Stattdessen stand diese verführerische junge Frau vor ihm. Dazu noch in seinem Schlafzimmer. „Also, das wäre sehr nett. Danke.“

„Okay.“ Mellie nickte und ging.

Case lehnte sich kraftlos an die Wand, sein Puls raste. Viel zu viel ging momentan in seinem Leben vor, als dass er sich diese Ablenkung leisten konnte. Außerdem war er kein Teenager mehr, sondern ein erwachsener Mann. Er würde doch wohl noch sein Verlangen zügeln können.

In der Dusche ließ er das Wasser so heiß wie es ging auf sich herunterprasseln. Aber seine heftige Erregung ließ sich davon nicht beeinflussen. Verdammt, was war denn an dem Mädchen dran, dass er an nichts anderes denken konnte als daran, sie auszuziehen und sie nackt in sein Bett zu zerren?

Sie war sehr hübsch, auf eine natürliche Weise. Doch Royal war voll von hübschen Mädchen, und bisher hatte ihn das selten beeindruckt. Vielleicht lag der Unterschied darin, dass sie hier in seinem Haus war. Und das war allein sein Fehler.

Er stieg aus der Dusche, trocknete sich ab und zog sich an. Die verdreckten Sachen ließ er auf dem Badezimmerboden liegen. Darum würde sich wohl seine Haushälterin kümmern.

Aber wollte er das? Wenn er ehrlich war, nein.

Dass sie hinter ihm herräumte, war ihm irgendwie peinlich. Vielleicht war er in dem Punkt etwas extrem, aber eine Beziehung zu einer Frau konnte er sich nur auf einer gleichberechtigten Basis vorstellen. Allerdings machte Mellie bei ihm nur das, wofür sie bezahlt wurde, und zwar sehr gut. Was war daran verkehrt? Warum fühlte er sich unwohl dabei?

Sie war in der Küche. Auf dem Tisch direkt am Fenster war für eine Person gedeckt.

„Sie können sich schon setzen.“ Mellie wies auf das Gedeck. „Ist alles fertig.“

Case blieb in der Tür stehen. „Wollen Sie nicht auch etwas essen?“

Sie wurde rot. „Ich … äh … Ich frühstücke immer ziemlich üppig und arbeite dann die Mittagszeit durch.“

„Aber Sie können doch wenigstens eine Tasse Kaffee mit mir trinken.“ Er lächelte freundlich, um sie zu beruhigen, denn sie wirkte irgendwie nervös.

„Na gut.“

Als sie die Tomatensuppe und den Teller mit dem warmen Käsesandwich auf den Tisch gestellt hatte, setzte er sich. „Hm, das sieht ja gut aus. Danke.“

„Kaffee?“

„Ja, gern. Schwarz, bitte.“

Sie goss ihnen ein und tat Milch und Zucker in ihren Becher. Dann setzte sie sich ihm gegenüber und sah zu, wie er mit großem Appetit Suppe und Sandwich aß. Er hatte gar nicht gemerkt, wie hungrig er gewesen war.

Zufrieden lächelnd schob er schließlich den Teller von sich und lehnte sich zurück. „Danke, das war sehr gut. Und, Mellie, welche Zukunftspläne haben Sie eigentlich in Bezug auf Keep N Clean?“

„Wenn ich meiner Fantasie freien Lauf lasse, dann stelle ich mir vor, in den mittelgroßen Städten von Texas Filialen aufzubauen“, entgegnete sie. „Quasi als Gegengewicht zu den großen Reinigungsunternehmen, die die Firmen betreuen.“

„Donnerwetter!“ Er sah sie überrascht an. „Haben Sie Betriebswirtschaft studiert?“

„Ja, ein paar Semester. Aber das meiste habe ich mir selbst beigebracht. Ich habe den Markt genau beobachtet, um herauszufinden, was gebraucht wird. Keep N Clean ist ein Serviceunternehmen und wird nur Erfolg haben, wenn die Dienste, die wir anbieten, auf den Kunden maßgeschneidert sind.“

„Sehr richtig.“ Case stand auf, um sich noch einen Kaffee einzuschenken. „Auch noch einen?“

„Nein, danke. Ich sollte jetzt lieber weitermachen.“

„Nicht so hastig.“ Auch er hatte viel zu tun, aber er wollte Mellie noch nicht gehen lassen. „Erzählen Sie mir doch ein bisschen von sich.“

Sie runzelte die Stirn. „Muss das sein?“

„Bitte. Tun Sie es mir zuliebe.“

„Wenn Sie darauf bestehen.“ Sie zuckte mit den Schultern. „Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich bin in Royal aufgewachsen. Meine Mutter starb an Krebs, als ich sechzehn war. Mein Vater konnte mit dem Verlust nicht gut umgehen, und so habe ich für uns beide gesorgt. Als ich mich selbstständig machen wollte, habe ich mich in der Stadt umgesehen und überlegt, was hier gebraucht wird. Ich fand heraus, dass es zwar große industriell geführte Reinigungsunternehmen gab und Einzelpersonen, die in Haushalten putzten, aber nichts dazwischen.“

„Das also war Ihre Nische. Interessant.“

Sie krauste die Nase und lachte leise. „Und jetzt arbeite ich für den Präsidenten des TCC.“

„Sehen alle Ihre Mitarbeiter in ihrer Arbeitskleidung so attraktiv aus wie Sie?“ Als sie ihn entgeistert anstarrte, setzte er schnell hinzu: „Tut mir leid. Das war wohl unpassend.“

„Eher unerwartet.“ Sie musterte ihn aufmerksam, als wollte sie herausfinden, was in ihm vorging. „Ich habe gehört, dass Sie Frauen gegenüber sehr verschlossen sind und sie zum Beispiel nie in Ihr Haus lassen.“

Dieser Klatsch … „Das stimmt so nicht. Ich lege nur großen Wert auf meine Privatsphäre. Aber da ich weder Zeit noch Lust habe, die Wollmäuse unter dem Bett hervorzufegen oder den Kühlschrank sauber zu machen, muss ich kompromissbereit sein.“

„Aha.“

„Was soll das bedeuten?“

„Nur, dass Sie mich wirklich überraschen. Normalerweise nehmen reiche Leute ihre dienstbaren Geister gar nicht wahr. Wir sind sozusagen unsichtbar für sie.“

Leicht verärgert zog er die Brauen zusammen. „Ich kann nicht für alle gut situierten Menschen in dieser Stadt sprechen, aber meine Freunde sind nicht so.“

„Wenn Sie meinen. Außerdem, dass Sie sich nur als gut situiert bezeichnen, trifft wohl nicht ganz zu.“

„Ist Ihnen mein Lebensstil ein Dorn im Auge, Mellie?“, fragte er leise.

Sie lehnte sich zurück und strich sich ein paar Haarsträhnen aus der Stirn. „Also, mir fällt schon auf, dass ich leider keinen einzigen Modigliani im Flur hängen habe.“

„Meine Eltern haben Kunst gesammelt, überall auf der Welt. Aber glauben Sie mir, ich würde die komplette Sammlung hergeben, wenn sie wieder bei mir sein könnten, und sei es nur für einen Tag.“

Oh nein …

Mellie wurde knallrot. Da war sie wohl etwas zu weit gegangen. „Entschuldigen Sie, Case, das war nicht sehr taktvoll. Natürlich sind menschliche Bindungen wichtiger als Dinge. Glück kann man nicht kaufen.“

Er grinste ironisch. „Das nicht, aber Geld ist gut für vieles.“

„Für was denn zum Beispiel?“

Er lehnte sich weiter vom Tisch zurück und kippelte auf zwei Stuhlbeinen. „Man kann für ein Wochenende nach Paris fliegen. Sich eine Jacht kaufen. Sich teure Football-Tickets leisten. Wohltätigkeitsvereine unterstützen. Eine Frau verwöhnen.“

Er sah sie an und wartete offensichtlich auf eine Reaktion von ihr.

Und die kam auch prompt. Nicht dass sie ihm verraten hätte, was er in ihr ausgelöst hatte. Mellie räusperte sich. „Eine Frau zu verwöhnen, mag ja ganz nett sein. Aber die meisten Frauen, die ich kenne, möchten lieber unabhängig sein.“

„Sieht ganz so aus, als würden Sie die falschen reichen Leute kennen und ich die falschen Frauen.“

„Kann schon sein.“ Mellie stand auf. Der Mann wurde ihr leider immer sympathischer. „Es ist noch Suppe da, falls Sie möchten. Ich muss jetzt wirklich weitermachen.“

Auch Case erhob sich und trat neben sie, als sie das Geschirr in die Spülmaschine einräumte. „Ist Ihr Chef denn ein solcher Sklaventreiber?“, fragte er leise.

Sie kam hoch und stand jetzt direkt vor ihm. „Ich bin mein eigener Chef, Case. Und ich brauche keinen Mann, der mich verwöhnt. Wenn ich nach Paris fliegen will, kann ich mir selbst ein Ticket kaufen.“

Er blickte ihr auf den Mund, und sekundenlang glaubte sie, er wolle sie küssen.

„Seien Sie doch nicht so empfindlich, Mellie“, sagte er rau. „Was ist denn schon dabei, wenn ein Mann eine Frau verwöhnen will.“

Oh Gott, diese Stimme. Doch sie nahm sich zusammen und blickte ihm in die Augen. „Wollen Sie mit mir flirten, Case Baxter?“

Lächelnd hob er die Augenbrauen. „Und wenn?“

Dieser Mund … Wenn sie Case doch nur sagen könnte, was sie am liebsten mit ihm machen würde, wonach sie sich sehnte. Nämlich nach heißem scharfem Sex in seinem frisch gemachten Bett … Aber leider war sie dafür viel zu vernünftig und verantwortungsbewusst.

„Ich fürchte, dann müsste ich Ihnen einen Vortrag über sexuelle Belästigung einer abhängig Beschäftigten halten.“

„Aber Sie haben mir doch gerade gesagt, dass ich nicht Ihr Chef bin, Mellie. Wir sind also gleichberechtigt. Das bedeutet, wir sollten einfach abwarten, was geschieht.“ Und bevor sie etwas sagen konnte, beugte er sich vor, küsste sie kurz auf die Stirn und verließ die Küche.

Mellie blieb wie erstarrt stehen. Sie fühlte sich wie ein Teenager, der gerade von seinem Idol geküsst worden ist. Dabei hatte er ihre Lippen gar nicht berührt.

Vorsichtig trat sie ans Fenster und sah, wie Case auf die Scheune zuging. Offenbar arbeitete er tatsächlich auf seiner Ranch. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie hätte allerdings wissen müssen, dass er nicht zu der Sorte hochnäsiger blasierter Reicher gehörte. Denn dann hätte man ihn nicht zum Präsidenten des TCC gewählt. Dessen Mitglieder hatten einen guten Ruf. Obwohl sie reich waren.

Dennoch, der Mann war tabu für sie, das durfte sie nie vergessen.

An die Arbeit. Für Schlafzimmer und Bad brauchte sie fast den ganzen Tag. Beide Räume waren riesig. Erst gegen drei Uhr war sie fertig, aber sie hatte sich auch jede Einzelheit vorgenommen, die Fugen zwischen den Fliesen und Kacheln ebenso wie die hölzernen Fensterläden. Außer einer prächtigen großen Kommode besaß das Schlafzimmer natürlich noch einen mächtigen begehbaren Schrank, in dem allerdings das Chaos herrschte. So gern sie sich die Sachen auch ansehen würde, heute war die Zeit zu knapp, darum würde sie sich den Schrank morgen vornehmen.

Sie machte etwas früher Schluss als am Tag zuvor. Im Büro war noch allerlei aufzuarbeiten, das redete sie sich zumindest ein. Aber vielleicht hatte sie nur Angst, Case noch einmal zu begegnen?

Doch auch im Büro konnte sie sich gedanklich nicht von ihm lösen. Wollte er wirklich etwas mit ihr anfangen? Wenn das der Fall war, musste sie schwer auf der Hut sein. Es wäre absolut verrückt, wenn sie sich von einem Multimillionär verführen lassen würde, das sah ihr auch gar nicht ähnlich.

Normalerweise war sie vorsichtig, eher misstrauisch und auf ihre Unabhängigkeit bedacht. Sie arbeitete hart, war ehrgeizig, allerdings auch großzügig. Was sie nicht gut konnte, war ihr allerdings gerade wieder bewusst geworden: nämlich die Motive der Männer einschätzen.

Als ihre Mutter nicht mehr lebte, hatte ihr Vater versucht, sie aufzuklären. Männer wollen nur das eine, hatte er sie immer gewarnt, nämlich Sex. Und es war die Aufgabe der Mädchen zu entscheiden, wie weit sie gehen wollten.

Leicht gesagt. Aber was sollte sie tun mit fast dreißig Jahren, als relativ erfolgreiche Unternehmerin, als pflichtbewusste Tochter, die bisher auf alles verzichtet hatte, was andere Frauen glücklich machte? Auf Liebe, eine Familie und auf einen Mann, der in ihr Gefühle weckte, wie sie sie noch nie gehabt hatte …

Case war vielleicht nicht der ideale Kandidat, wenn sie einen künftigen Familienvater wünschte. Aber vielleicht war er genau der Mann, den sie jetzt brauchte und nach dem sie sich sehnte …

5. KAPITEL

Gegen halb vier kam Case nach Hause und freute sich schon auf ein weiteres Wortgefecht mit der entzückend kratzbürstigen Mellie. Aber ihr Auto war nicht mehr da. Wollte sie ihm aus dem Weg gehen? Und wusste sie nicht, dass das Männer nur noch neugieriger machte?

Am Abend war er mit Nathan Battle zum Essen verabredet. Amanda war bei ihrem Buchclub, und die beiden Männer freuten sich auf saftige Steaks, Billard und die Sportübertragungen auf Nathans neuem großen Flachbildschirm.

Nathan hatte sich bereit erklärt zu kochen. Case hatte Bier mitgebracht, außerdem noch einen frischen Apfelkuchen von seinem Lieblingsbäcker. Da der Regen vor Stunden aufgehört hatte, saßen die beiden Männer draußen auf der Terrasse und genossen die klare würzige Luft.

Es duftete nach gegrilltem Fleisch, und Case musste an den Mittagsimbiss denken, den Mellie für ihn zubereitet hatte. Und an Mellie natürlich …

Er fuhr zusammen, als Nathan mit dem Fuß gegen sein Stuhlbein stieß.

„Hey, was ist denn los mit dir? Hast du mir gar nichts aus der Welt der Reichen und Schönen zu erzählen?“

„Nein.“ Case sank ein wenig in seinem Korbsessel zusammen. „Ich bin nicht reich und schön.“

„Aber Case, so kenne ich dich ja gar nicht.“ Nathan schüttelte lachend den Kopf. „Da kann ich mich ja im Leichenschauhaus besser unterhalten. Belastet dich dein neues Amt?“

„Nein. Offiziell ist der alte Präsident ja noch zehn Tage im Amt.“

„Was ist es denn dann?“

„Nichts.“ Case stürzte sein Bier hinunter und machte eine zweite Dose auf.