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»Und so liegen wir einfach nur da und halten uns gegenseitig fest, um nicht zu ertrinken.« Mia ist stumm. Das war nicht immer so, doch seit sie vor zwei Jahren ihre Eltern auf brutale Weise verloren hat, bringt sie kein Wort mehr über die Lippen. Als sie zur Hochzeit ihrer besten Freundin Laura nach Edinburgh reist, lernt sie dort Finn kennen. Ein kurzer Blick, ein einfaches Händeschütteln – das reicht aus, um sie beide ineinanderstürzen zu lassen. Sie brauchen keine Worte, um zu wissen, wer der jeweils andere für sie sein könnte. Diese tiefgreifende Verbundenheit zwischen Mia und Finn sowie das Wiedersehen mit Laura lassen Mia zum ersten Mal wieder richtig leben. Doch ein gefährlicher Schatten aus der Vergangenheit erschüttert ihre neu geordnete Welt, und auch Finn, der sich gerade von seinen eigenen Dämonen löst, kann sie nicht retten … »Ein besonders Buch mit einem Thema, das ich bisher selten und vor allem nie so einfühlsam und mitreißend gelesen habe. In einem Wechsel zwischen zuckersüß-leicht und schmerzend-tief nimmt The Silence Between Us uns mit nach Schottland auf eine ganz besondere Reise.« Ivy-Leagh / Bestseller Autorin "The Silence Between Us" ist als E-Book sofort auf deinem Reader verfügbar und lässt dich in die Welt von Mia und Finn eintauchen. Begleite die beiden auf ihrer Reise, beim Überwinden ihrer eigenen Schatten und auf dem Weg zueinander.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2025
Über die Autorin
Zitat
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Playlist
Prolog
…
Mia
Finn
Mia
Finn
Mia
Finn
Mia
Mia
Finn
…
Mia
Finn
Mia
Finn
Mia
Finn
Mia
Finn
Mia
Finn
Mia
Mia
Mia
Finn
Mia
Mia
Lukas
Finn
Finn
Mia
Mia
Finn
Mia
Epilog
Danke
Change of Heart
Bis zum letzten Herzschlag
What About Us
ANTHOLOGIE
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„Nadine Dela, 1984 im idyllischen Bad Kreuznach geboren, entführt ihre Leserinnen und Leser mit ihren Geschichten in faszinierende Welten voller Spannung, Romantik und Humor. Die Liebe zum geschriebenen Wort und zur Erzählkunst begleitet sie seit jeher und fließt in all ihre Werke ein.
Zwischen dem Erschaffen fesselnder Charaktere und dem Ausarbeiten packender Handlungsstränge genießt die Wahl-Rheinländerin die Zeit mit ihrem Mann und ihrer Tochter. Gemeinsame Ausflüge in die Natur und entspannte Abende auf dem Sofa mit einem guten Buch oder einer fesselnden Serie stehen dabei hoch im Kurs.
Zu ihren Leidenschaften gehören neben dem Schreiben auch der goldene Herbst, der Duft von Zuckerwatte und natürlich die eine oder andere Sünde in Form von Eis und Pasta. Mit ihrem ansteckenden Humor und ihrem offenen Herzen begeistert Nadine Dela nicht nur ihre Leser, sondern bereichert auch ihr privates Umfeld mit ihrer positiven Energie.“
Website & Newsletter:
www.nadinedela.de
Für meinen Papa.
Ich wünschte, du könntest das sehen.
»In die Augen kann man jedem sehen. Aber jemand zu finden, der dieselbe Welt sieht, ist ziemlich selten.«
aus: John Green,
Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
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Als Lisi nach dem Tod ihres Vaters in das kleine Küstendorf Lychthaven zurückkehrt, will sie eigentlich nur den alten Buchladen ihres Vaters auflösen und wieder abreisen. Doch zwischen den verstaubten Regalen und dem Rauschen des Meeres stößt sie auf Erinnerungen, die sie nicht mehr loslassen – und auf Ben, den Freund ihrer Kindheit, der das Dorf nie verlassen hat. Alte Gefühle flammen wieder auf und Lisi ahnt, dass diese Rückkehr mehr verändern wird, als sie sich je hätte träumen lassen. Wird sie den Mut finden, ein neues Kapitel in ihrem Leben aufzuschlagen, oder bleibt sie eine Suchende zwischen den Seiten?
Eine berührende Geschichte über die Suche nach Heimat, die Kraft der Liebe und die Entscheidung, wo das eigene Herz wirklich zu Hause ist.
Hier gehts zum E-Book
James Arthur – Maybe
(meine Inspiration zur Geschichte)
Rachel Platten – Fooling You
Andrew Huang – Yours
Limp Bizkit – Behind Blue Eyes
Christina Perri – A Thousand Years
Maisie Peters – Feels Like This
James Blunt – You'`re Beautiful
Billie Eilish – ocean eyes
Chase Rice – Whisper
Hurts – Surrender
P!nk – Walk Me Home
OneRepublic – Rescue Me
Sam Smith – Stay with me
Savage Garden – Truly Madly Deeply
Sufjan Stevens – Mystery of Love
James Arthur – Impossible
Die Worte des Pfarrers ziehen an mir vorbei, ohne dass ich sie wirklich wahrnehme. Es fühlt sich an, als würde ich in einem dichten Wald stehen, umringt von Nebel, der jedes Geräusch davon abhält, zu mir durchzudringen. Der Schmerz, er ist seit Tagen so tief in mir verankert, dass er mich von innen aufzufressen scheint und nichts als Leere hinterlässt.
Er zieht mich.
Tag für Tag.
Tiefer.
In die Dunkelheit.
Auf dem Weg nach draußen greift Laura nach meiner Hand. Doch ich kann den Blick nicht von den beiden Särgen vor mir abwenden, in denen meine Eltern nun liegen. Sie werden niemals mehr zurückkommen, ich werde nie wieder ihr Lachen hören oder ihnen dabei zusehen, wie sie eng umschlungen tanzen.
Ich vermisse sie so sehr.
Nachdem wir die Grabstelle erreicht haben, bin ich wie festgefroren. Mein Atem geht nur noch stoßweise, als wäre ich einen Marathon gelaufen. Kurz spüre ich die Hand von Lauras Vater Frank auf meiner Schulter, als er nach vorn geht, um seine kleine Ansprache zu halten.
Dann werden die Särge ins Grab hinabgelassen, und ich klammere mich an die Lieblingsblume meiner Mutter, eine rosafarbene Lilie, die ich in der Hand halte. Vor diesem Moment habe ich mich am meisten gefürchtet. Der Pfarrer spricht noch ein paar Sätze, während mein Blick an dem Loch im Boden festhängt. Das Poltern der Erde, die er jetzt hinunter auf die Särge wirft, fühlt sich an wie ein Pfeil, der mir mitten durchs Herz gebohrt wird.
Die Tränen rinnen unaufhörlich über meine Wangen, während ich meine Beine Richtung Grab bewege. Jeder Muskel meines Körpers ist bis ins Unendliche angespannt. Der Anblick, der mich erwartet, nimmt mir all meine Luft und reißt mir gleichzeitig das Herz aus der Brust. Meine Hände hören nicht auf zu zittern, als ich die Lilie hinabfallen lasse. Ich bin wie erstarrt, kann mich keinen Zentimeter mehr bewegen. Die Welt scheint aufgehört haben, sich zu drehen, und ich falle auf die Knie, wo mich ein Weinkrampf überwältigt, mir noch die letzte Kraft raubt. Ich spüre Arme, die mich halten, höre Stimmen, und doch verstehe ich kein Wort, blicke in verschwommene Gesichter.
Plötzlich werde ich hochgehoben und vom Grab weggetragen. Eine Autotür wird geöffnet, und schon im nächsten Augenblick setzt Laura sich neben mich und hält mich fest. Ich bin unendlich dankbar, sie an meiner Seite zu haben, denn ich brauche sie jetzt mehr denn je.
Ich habe keine Luft mehr zum Atmen. Keine Kraft mehr, um zu funktionieren. Kein Verlangen mehr zu reden.
Seit Stunden sitze ich nun in diesem Café, während mein Blick an dem kleinen Buchladen auf der anderen Straßenseite haftet. Ich lasse ihn keine Sekunde aus den Augen. Auf einmal sehe ich sie, wie sie das Geschlossen-Schild an der Tür umdreht. Ich stehe auf und verlasse mit schnellen Schritten das Café, überquere die Straße jedoch nicht. Nachdem ich mir eine Zigarette angesteckt habe, spiele ich ungeduldig mit dem kleinen Feuerzeug in meiner Hand.
Wie immer verlässt sie das Geschäft nicht allein. Die Sonne blendet sie, woraufhin sie die Hand über ihre Augen hält und sich umschaut, dabei kaut sie auf ihrer Unterlippe.
Sie ist nervös.
Und ich bin ungeduldig.
Doch mir bleibt nichts anderes übrig, ich muss mich zurückziehen.
Nervös schaue ich aus dem kleinen Fenster direkt auf die Stadt Edinburgh unter mir, wo wir gleich landen werden. Ich kann nicht glauben, dass ich mich getraut habe, in ein Flugzeug zu steigen, um von Berlin hierherzufliegen. Auch wenn Laura darauf bestand, die Kosten des Tickets zu übernehmen, war dies für mich keine Option. Die Verlockung, ein zweites Ticket zu kaufen, damit der Platz neben mir frei bleibt, war groß, doch das wäre zu verrückt gewesen, und im Nachhinein bin ich froh, dass ich mich dagegen entschieden habe. Neben mir sitzt nur eine ältere Dame, die während des Fluges in ihren Magazinen geblättert und Kreuzworträtsel gelöst hat.
Ich ziehe mein Handy aus der Tasche und lese ein weiteres Mal Lauras letzte Nachricht.
Laura: Mia, ich schaffe es leider nicht zum Flughafen. Finn holt dich ab. Du kennst ihn nicht, aber ich habe dir schon von ihm erzählt. Er ist Ians Bruder. Mach dir keine Gedanken, er ist netter, als es auf den ersten Blick scheinen mag. Bitte sei nicht böse. Ich weiß, dass du nicht gern mit Menschen auf engem Raum bist, wenn du sie nicht kennst. Doch bei ihm brauchst du dich nicht unwohl zu fühlen. Ich habe ihm erklärt, dass du nicht redest und er dich nur abholen soll. Bis gleich, Süße, ich freue mich schon auf dich.
Ich kann nicht sagen, wie oft ich diese Nachricht bereits gelesen habe, gefühlt bestimmt tausendmal. Noch immer fasse ich es nicht, dass Laura mir das antut. Sobald ich nur daran denke, diesem Finn zu begegnen, tritt mir der Schweiß auf die Stirn, und mein Herz schlägt so schnell, dass man meinen könnte, es würde mir jeden Moment aus der Brust springen. Wie soll das erst werden, wenn ich ihm gegenüberstehe? Er weiß, dass ich nicht spreche. Trotzdem werde ich mit Sicherheit Fragen in seinen Augen sehen. Bestimmt hat Laura ihm auch nicht den Grund genannt, weshalb ich nicht rede. Ich bin keineswegs stumm auf die Welt gekommen. Vor zwei Jahren hätte niemand – ich eingeschlossen – damit gerechnet, dass keine einzige Silbe mehr über meine Lippen kommt. Doch dieser eine Abend hat mein ganzes Leben verändert und mir alles genommen. Die Erinnerung daran ist so real, als wäre es erst gestern geschehen. Dabei bin ich gut darin, solche Gedanken zu verbannen. Doch der Flug hierher stresst mich innerlich so sehr, dass ich es nicht verhindern kann, dass sie ein weiteres Mal die Oberhand gewinnen. Wieder nehmen sie mir die Luft zum Atmen und werfen mich an einen Ort zurück, den ich mit aller Macht zu vergessen versuche.
* * *
Es war der zwanzigste Dezember kurz vor Weihnachten. Gemeinsam mit meinem Paps fuhr ich zum Markt. Hier suchten wir uns jedes Jahr einen Weihnachtsbaum aus. Nach einer Stunde hatten wir das perfekte Prachtstück gefunden, das erkannte ich in seinem Blick. Seine Augen nahmen dann immer einen ganz besonderen Glanz an. Ich liebte diese Momente mit ihm, weil es unsere Momente waren. Auf dem Weg zurück redeten wir nie etwas und hatten auch keine Musik an. Ich kann nicht erklären, warum wir das so machten, aber es war genau unser Ding. Mein Paps und ich brauchten nie viele Worte, und das habe ich so sehr geliebt.
Als wir in unsere Einfahrt einbogen, war es im Haus stockdunkel. Paps legte die Stirn in Falten und sah zu mir. »Du wartest hier«, sagte er leise.
»Aber …« Weiter kam ich nicht.
»Kein Aber, Mia, du wirst hier warten, bis ich wiederkomme.« Diesmal waren seine Worte gepresst, sein Blick war entschlossen, und so nickte ich nur. »Wenn ich draußen bin, schließt du das Auto von innen ab, ja?«
Ich wollte noch etwas erwidern, doch er war schon auf dem Weg ins Haus. Nervös hielt ich mein Handy in der Hand, es war jetzt genau 19.33 Uhr. In Gedanken zählte ich die Sekunden. Keine Ahnung, warum ich hier sitzen musste, nur weil es im Haus dunkel war. Vielleicht war Mama einfach nur müde gewesen und hatte sich schlafen gelegt – okay, wenn ich im Nachhinein darüber nachdenke, war dieser Gedanke Schwachsinn. In all den Jahren hatte sie immer schon mit dem Christbaumschmuck im Wohnzimmer parat gestanden und heiße Schokolade mit Weihnachtsplätzchen vorbereitet. Doch diesmal war unser Haus zum ersten Mal dunkel – innen und außen, sogar die Weihnachtslichter waren aus. Nun begann ich wirklich, mir Sorgen zu machen, und eine Gänsehaut überzog meine Arme.
Abermals schaute ich auf mein Handy. 19.38 Uhr. Es waren bereits fünf Minuten vergangen. Warum kam Paps nicht zurück, und warum war es im Haus noch immer dunkel?
Mein Blick haftete auf dem Hauseingang, und plötzlich nahm ich rechts davon eine Bewegung wahr. Was war das? Ich kniff die Augen zusammen, und dann erkannte ich eine komplett in Schwarz gekleidete Gestalt, die wie vom Blitz getroffen wegrannte. Genauso schnell stieg ich aus dem Auto aus und eilte zum Haus. Die Haustür war halb geöffnet, und ich zitterte am ganzen Körper, als ich eintrat.
»Hallo Papa, Mama, wo seid ihr denn?«, kam es abgehackt über meine Lippen, während ich den Flur entlang in Richtung Küche ging. Dort lag etwas auf dem Boden, das ich in der Dunkelheit nur als Schatten ausmachen konnte. Wie angewurzelt blieb ich stehen. Aus einem Reflex heraus griff ich zum Lichtschalter – und nun sah ich, was es war. Da war Blut. Viel Blut. Mein Blick wanderte weiter, direkt zu den aufgerissen, leeren Augen meiner Mutter. Mein Puls raste, in meinem Kopf drehte sich alles. »Ma… Mama«, schluchzte ich.
Vorsichtig, Schritt für Schritt tastete ich mich weiter voran und sah dann auch noch Paps, der ebenfalls blutüberströmt dalag. Sein Brustkorb hob und senkte sich aber noch. In diesem Moment gaben meine Beine endgültig unter mir nach, und ich sank neben ihm auf den Boden. Ich legte die Hände auf seine Schulter, woraufhin er ein wenig die Augen öffnete und leise stöhnte. »Mia … du …« Doch weiter kam er nicht, seine Augen fielen wieder zu.
»Nein, Paps, bitte mach deine Augen wieder auf!« Erneut rüttelte ich an seiner Schulter.
»Mia, ich liebe …« Beim letzten Wort fiel sein Kopf auf die Seite, und sein Brustkorb hörte auf, sich zu bewegen.
Erst stieß ich einen fremden Laut aus, der sich gar nicht nach mir anhörte. Dann wurde mein Blick trüb von den Tränen, die nun ohne Unterlass liefen, und ich konnte nicht mehr aufhören zu schreien.
Auf einmal spürte ich Arme, die mich hochzogen, und ich schaute in vertraute blaue Augen. Es war Frank, Lauras Vater. Er sagte etwas zu mir, doch ich konnte ihn nicht verstehen. Zu laut war das Rauschen des Blutes in meinen Ohren. Das Letzte, was ich fühlte, war diese Enge in meiner Brust.
Und dann wurde alles schwarz.
Hier ist kein Platz für diese Gedanken, Mia. Beruhige dich und atme tief durch. Während ich darauf warte, dass wir das Flugzeug verlassen können, sage ich mir diese Worte wie ein Mantra immer und immer wieder. Doch nichts kann mich von diesen Gedanken, die jetzt wieder in meinem Kopf herumschwirren, ablenken. Schon allein die Tatsache, dass der Täter, der dieses schreckliche Verbrechen begangen hat, noch immer frei herumläuft, macht mir bis heute eine Scheißangst.
Nach dem Tod meiner Eltern wurde mir empfohlen, eine Therapie zu machen, in der Hoffnung, dass es mir dann wieder gelingt, Worte aus mir herauszulassen. Doch das hat nicht funktioniert. Es war nicht so, dass ich nicht wollte, ich habe es einfach nicht geschafft, mich zu öffnen.
Damals nahmen Lauras Eltern mich auf. Ich war zwar schon zweiundzwanzig und hätte allein wohnen können, doch sie bestanden darauf, dass ich erst mal zu ihnen komme. Zumindest so lange, bis ich es einigermaßen verkraftet habe und der Täter gefunden ist. Doch beides ist bis heute nicht passiert. Laura wohnte zu diesem Zeitpunkt auch noch zu Hause. Zuerst wollten sie mir das Gästezimmer geben, doch ich war mehr als froh, als Laura mich fragte, ob ich nicht lieber zu ihr ins Zimmer ziehen möchte. »Es muss nicht für immer sein«, sagte sie, »nur so lange, bis du dich nicht mehr allein fühlst.« Und so wohnten wir anderthalb Jahre lang zusammen in Lauras Zimmer. Nicht, weil ich mich eine so lange Zeit allein gefühlt hätte, sondern weil wir uns so sehr daran gewöhnt hatten, dass wir es gar nicht mehr anders wollten.
Das änderte sich erst, als Laura vor einem knappen Jahr Ian kennenlernte. Na ja, eigentlich kannten sie sich schon länger aus dem Internet, aber erst vor einem Jahr entschloss sie sich, ihn in Edinburgh zu besuchen. Er hatte sie eigentlich schon viel früher persönlich kennenlernen wollen, aber Laura war zu skeptisch gewesen. Sie hatte zu viel Angst davor gehabt, dass es am Ende nicht funktionieren und sie dann auch seine Freundschaft verlieren könnte. Doch jedes Mal, wenn sie mit ihm telefonierte, schrieb oder sich im Videochat unterhielt, war da dieses Strahlen in ihrem Gesicht. Deshalb hatte ich es mir zur Aufgabe gemacht, sie zu überreden, ihn endlich mal zu besuchen – was nicht einfach ist, wenn man dafür nur ein Blatt Papier zur Verfügung hat. Natürlich wollte sie, dass ich auch gleich mitfliege, doch das war für mich zu diesem Zeitpunkt undenkbar. Sie sollte sich voll und ganz auf Ian konzentrieren können, ohne mich im Nacken zu haben. Mit meinen Angstzuständen, wenn ich unter Menschen muss. Zum Glück hörte sie auf mich und flog schließlich allein nach Edinburgh.
Ein Passagier nach dem anderen geht nun an mir vorbei Richtung Ausgang, die meisten von ihnen mustern mich interessiert. Doch ich ignoriere die neugierigen Blicke. Nach zwei Jahren bin ich schon ein echter Profi darin, die Menschen um mich herum auszublenden.
Ich habe beschlossen, es wie beim Check-in zu machen. Da habe ich gewartet, bis alle durch waren, und mich dann einfach ganz hinten angestellt. Jetzt werde ich warten, bis alle draußen sind, erst dann werde ich aufstehen und mich wieder als Letzte anstellen.
»Miss, Sie müssen sich jetzt auch zum Ausgang begeben«, kommt es von der Stewardess, die sich plötzlich in mein Blickfeld drängt. Ich nicke nur und lächle sie höflich an, meistens reicht das den Leuten schon als Reaktion. Nachdem ich mein Handgepäck aus dem Gepäckfach genommen habe, schlendere ich in Richtung Ausgang. Ich habe es tatsächlich geschafft, mich als Letzte in der Schlange einzureihen, und halte ausreichend Abstand zu der Frau, die mit ihrer kleinen Tochter vor mir steht. Die Kleine lächelt mich an, und ich lächle zurück. Lächeln ist etwas, das ich dank der letzten Jahre am besten beherrsche, und bei Kindern klappt das noch besser als bei Erwachsenen.
Kaum trete ich nach draußen, werde ich von drückender Hitze eingehüllt. Laura hat nicht übertrieben, als sie sagte, dass ich leichte Kleidung einpacken solle. Sie meinte, Ian könne sich nicht daran erinnern, dass es in den letzten Jahren einmal so heiß war wie in diesem Sommer. Mit langsamen Schritten folge ich den anderen Passagieren und sehe schon, wie einige von ihnen in Empfang genommen werden. Ich umlaufe sie gekonnt und betrete die große Flughafenhalle, in der mich kühle Luft von oben willkommen heißt. Da ich zum ersten Mal geflogen bin, weiß ich erst mal nicht, wo ich hinmuss, und gehe auf gut Glück einfach mal mit gesenktem Kopf den Menschen hinterher.
Laura hat mir vorhin noch mal geschrieben, dass ich die große Rolltreppe runtermuss, dort würde Finn auf mich warten. Doch sie sagte mir nicht, dass es nur eine Rolltreppe nach unten gibt, und die ist natürlich voller Menschen, Körper an Körper. Ich habe keine Ahnung, wie ich es da runterschaffen soll. Auf meiner Stirn bilden sich bereits Schweißperlen. Mia, du schaffst das, einfach nur tief ein- und ausatmen. Wenn ich mir das immer und immer wieder einrede, wird es schon gehen. Ich kann ja schlecht hierbleiben. Wobei, da vorne gibt einen kleinen Shop, in dem man Sandwiches und Kaffee bekommt. Mehr bräuchte ich nicht zum Überleben.
Mit einer solchen Situation habe ich nicht gerechnet. Ich dachte, dass ich einfach nur hierherfliegen muss, durch den Flughafen gehe und es dann hinter mir habe. Wieso habe ich nur zugesagt? Ich hätte mit meinem Allerwertesten einfach zu Hause bleiben sollen. Mit einem Becher Ben & Jerry’s und einer Portion Gilmore Girls hätte ich es mit Sicherheit verkraftet, an Lauras großem Tag nicht anwesend zu sein. Ach, wem versuche ich da was einzureden? Ich wäre am Boden zerstört gewesen und hätte mir das nie verziehen. Sie hingegen hätte es mir, ohne mit der Wimper zu zucken, verziehen. Weil sie einfach Laura ist und für alles, was ich tue, immer Verständnis hat. Genau aus diesem Grund bin ich hier. Sie ist meine Familie, meine beste Freundin und die Schwester, die ich nie hatte.
»Mia?«, höre ich plötzlich eine männliche Stimme.
Ein paar rote Chucks schieben sich direkt vor mir in mein Blickfeld, und ich starre darauf, unfähig, mich zu bewegen. Nach ein paar Augenblicken habe ich den ersten Schreck überwunden, spanne meine Hand fester um den Griff meiner Tasche und lasse langsam meinen Blick nach oben wandern. Das muss dieser Finn sein. Er trägt eine helle Jeans, die nicht zu locker, aber auch nicht zu eng sitzt. Dann sehe ich ein rot-blau gemustertes Karohemd, und schließlich schaue ich in rehbraune Augen, die mich fragend mustern.
Zum ersten Mal seit langer Zeit habe ich das Verlangen, etwas zu sagen, die Worte, die in meinem Kopf sind, auszusprechen. Mich ihm als Mia vorzustellen und nicht bloß zu lächeln. Doch es kommt wie immer kein einziges Wort über meine Lippen, und so tue ich das, was ich immer tue: Ich lächle und strecke ihm die Hand entgegen. Dabei fühle ich mich alles andere als wohl, was aber nicht an ihm liegt.
Er ist nicht der erste Mann, dem ich gegenüberstehe. Noch bevor das mit meinen Eltern passierte, hatte ich einen festen Freund, unsere Beziehung ging zu diesem Zeitpunkt schon ein paar Monate. Doch er wusste danach nicht, wie er mit mir umgehen sollte, und war mit allem überfordert. Das zeigte mir, dass es nicht sein sollte. Ich war diejenige, die auf grausame Weise ihre Eltern verloren hatte, nicht er. Er hätte nur für mich da sein sollen, doch das konnte er nicht. Also schrieb ich ihm einen Brief, den ich ihm zusammen mit einer Kiste, in die ich all seine Sachen gepackt hatte, in die Hand drückte. Ich stand vor seiner Tür und sah den Knutschfleck an seinem Hals, der definitiv nicht von mir stammte. Da wusste ich, dass dies meine beste Entscheidung war. Merkwürdigerweise tat es mir im Herzen noch nicht mal weh, dass es nun aus zwischen uns war.
Seitdem gab es zwar nicht viele Männer, die versucht haben, mir nahezukommen, zwei oder drei vielleicht, doch ich habe sie erfolgreich umrundet. Nicht sie waren das Problem, sondern ich selbst. Ich hatte einfach keine Lust an Männern, wollte nur in Ruhe meiner Arbeit nachgehen und leben, ohne mich immer erklären zu müssen. Ich mag es nun mal in meinem kleinen Schneckenhaus.
Während der Woche arbeite ich in der kleinen Buchhandlung, die Lauras Tante gehört. Dort bin ich für das Lager zuständig, bestücke die Regale, mache Inventur, räume auf und empfehle Bücher, die ich gelesen habe, indem ich einen Zettel auf das jeweilige Buch klebe und schreibe, warum es mir gefallen hat. Mit den Kunden komme ich nicht in Berührung, was perfekt für mich ist. Am Wochenende mache ich dann meistens kleinere Grafikarbeiten. Hier läuft alles über Internet und E-Mail, sodass ich ebenfalls keinen mündlichen Kontakt zu den Auftraggebern habe. Damit verdiene ich so viel, dass ich eigentlich gar nicht mehr in der Buchhandlung arbeiten müsste. Doch für mich kommt nicht infrage, dort aufzuhören. Ich liebe diesen kleinen Laden, den Geruch nach Papier und Abenteuer und verbringe hier einfach gern meine Zeit.
Nun steht also Finn vor mir – ein wirklich schöner Name, den ich nur allzu gern über meine Lippen bringen würde. Ein Lächeln schleicht sich in sein Gesicht, und in seinem Blick erkenne ich Erleichterung, mich gefunden zu haben. Er greift nach meiner Hand, und als ich seine Haut auf meiner spüre, überzieht plötzlich eine Gänsehaut meinen ganzen Körper. In jeder Faser kribbelt es, meine Atmung wird schneller, und gleichzeitig droht mir das Herz aus der Brust zu springen. Es schlägt so heftig, dass ich fürchte, es müsste jeden Moment stehen bleiben. Ich sehe ihm an, dass es ihm wohl genauso geht. Er mustert mein Gesicht, durchforstet es mit seinem Blick, bis seine Augen an meinen hängen bleiben. Ich halte die Luft an – und plötzlich gerate ich ins Taumeln.
Als Laura mich bat, Mia vom Flughafen abzuholen, fragte ich mich erst, was sie sich dabei gedacht hatte. Immerhin ging es hier um Mia, die, wie ich das mitbekommen hatte, seit dem Tod ihrer Eltern vor zwei Jahren kein Wort mehr gesprochen hat. Und sie meidet Menschen, vor allem Fremde, die sie nicht kennt. Nun, mich kennt sie auch noch nicht, und ich bezweifle, dass sie es gut finden wird, nach einem solchen Flug von einem Fremden abgeholt zu werden. Ich teilte Laura meine Bedenken mit, doch sie meinte nur, dass Mia kein Problem damit habe. Daraufhin hob ich zweifelnd eine Augenbraue, was sie wie immer gekonnt ignorierte. Schließlich zeigte sie mir noch ein Foto von Mia, auf das ich aber nur einen flüchtigen Blick warf. Ich musste mich beeilen, um noch rechtzeitig am Flughafen anzukommen. Es war ja nicht so, dass Laura mir rechtzeitig Bescheid gegeben hatte, dann hätten wir alles in Ruhe planen können.
Nun fahre ich also mit meinem Jeep Richtung Flughafen, versuche, mithilfe der Klimaanlage der Bullenhitze Herr zu werden, und höre dabei Maybe von James Arthur. Da ich fast zehn Minuten zu spät bin, flitze ich im Eiltempo ins Flughafengebäude. Ich hätte nicht gedacht, dass es hier so voll ist. Zwar wusste ich, dass es einige Reisende hierher nach Edinburgh verschlägt, doch mir war nicht klar, dass es so viele sind. Und unter all diesen Menschen muss ich nun Mia finden, deren Foto ich nur flüchtig gesehen habe, was ich jetzt schon bereue. Vielleicht hätte ich ein Schild schreiben sollen, was ich eigentlich auch vorhatte, doch dazu hätte ich erst mal Papier und Stift im Auto haben müssen.
Hektisch renne ich weiter in die Halle hinein, fokussiere jeden Rotschopf, der in mein Blickfeld kommt, und begebe mich zielstrebig in Richtung Rolltreppe. Sie ist der einzige Ausgang nach draußen, Mia muss also dort herunterkommen. Da ich sie nirgendwo entdecke, bin ich mir nun sicher, dass sie noch oben sein muss. Während ich versuche, zwei Stufen auf einmal zu nehmen – was in dem Gedränge nicht einfach ist –, bleibt mein Blick immer nach oben gerichtet, in der Hoffnung, sie auf irgendeine Art und Weise zu erkennen. Ihr Bild habe ich kein bisschen mehr im Kopf, ich weiß nur, dass sie rote Haare hat, denn das hat Laura immer mal wieder erwähnt. Ich könnte mir jetzt selbst in den Allerwertesten treten, aber es bringt nichts, mich darüber aufzuregen. Für mich steht an erster Stelle, Mia zu finden. Ich kenne sie nicht und weiß nicht, wie sie mit einer solchen Menschenmenge umgeht. Verdammt, warum in aller Welt hat Laura mir nicht mehr Infos gegeben?
Kaum bin ich oben am Ende der Rolltreppe angelangt, entdecke ich eine Frau, die mit dem Rücken zu mir steht. Auch wenn ich ihr Gesicht nicht sehen kann, wirkt sie auf mich fehl am Platz, so als wollte sie gar nicht hier sein. Ihr ganzer Körper scheint angespannt zu sein. Ich möchte sie nicht erschrecken und gehe mit langsamen Schritten auf sie zu. Ihr Kopf ist gesenkt, und sie hat die Augen geschlossen. Die Knöchel an ihren Händen sind weiß hervorgetreten, vermutlich deshalb, weil sie zu fest den Griff ihrer Tasche umklammert, als wäre er ihr rettender Anker.
»Mia?«, kommt es leiser als beabsichtigt über meine Lippen.
Sie öffnet die Augen, und ihr Blick wandert langsam an mir nach oben. Dieser Moment gibt mir Zeit, ihr Gesicht genauer zu betrachten. Ihre Haut ist sehr hell, wahrscheinlich geht sie nicht wirklich viel vor die Tür, oder besser gesagt, sie hält sich nicht viel draußen auf. Die zierliche Nase ist überzogen mit Sommersprossen, von denen sich einige auch auf ihren Wangen wiederfinden. Ihre Haut wirkt so zart, dass ich das Verlangen spüre, sie mit meinen Fingern zu berühren. Für einen Moment bleibt mein Blick an ihren Lippen hängen. Verlegen beißt sie sich auf die Unterlippe, und ich sehe schnell weg, richte meinen Blick stattdessen auf ihre Augen, die mich nun anschauen. Große hellgrüne Augen, die mich an die Polarlichter auf Island erinnern – viel zu schön, um wegzuschauen.
Auf ihre Lippen legt sich jetzt ein leichtes Lächeln, das es fast bis zu ihren Augen schafft, und sie öffnet ein wenig den Mund, so als wollte sie etwas sagen. Aber es kommt kein Wort über ihre Lippen, und in ihrem Blick erkenne ich etwas wie Bedauern, was jedoch schnell wieder verfliegt. Ihre Augen bohren sich in meine, und zum ersten Mal überhaupt lasse ich es zu, dass eine Frau bis tief in meine Seele sieht, ohne dass es mich stört.
Ich greife nach ihrer Hand, dabei weiß ich nicht mal, aus welchem Grund. Kaum habe ich ihre Haut berührt, jagt ein Kribbeln durch meinen ganzen Körper, und Gänsehaut steigt meinen Rücken hoch. Unfähig, mich von ihr zu lösen, hefte ich weiter meinen Blick auf sie und erkenne, dass es ihr genauso geht. Wie lange wir hier so stehen, ohne uns zu bewegen, kann ich nicht sagen. Doch plötzlich verändert sich ihr Gesichtsausdruck. Ihre Augen fangen an zu flattern, sie beginnt zu schwanken, und ihre Hand droht aus meiner zu rutschen. Blitzschnell reagiere ich und greife mit dem linken Arm um ihre Taille, damit sie nicht zu Boden fällt.
»Mia! Hey Mia, Vorsicht!«, rufe ich.
Glücklicherweise scheint sie sich wieder zu fangen und blinzelt ein paarmal. Ich erkenne Scham in ihrem Blick, wobei ich nicht verstehe, warum sie sich für das, was passiert ist, schämen müsste.
Immer noch besorgt sehe ich sie an. »Geht es wieder?«
Sie nickt und versucht, sich aus meiner Umklammerung zu lösen, doch noch möchte ich sie nicht freigeben. Zu groß ist meine Sorge.
»Mir wäre es lieber, wenn wir zu einem Arzt fahren, um dich mal durchchecken zu lassen«, sage ich, und das ist mein voller Ernst. Ich würde sie mir am liebsten über die Schulter werfen, um sie zu einem Arzt zu bringen. Keine Ahnung, wo dieses Verlangen, sie beschützen zu wollen, auf einmal herkommt. Wieso kommen mir überhaupt solche Gedanken?
Sie schüttelt den Kopf, und ich mustere ihr Gesicht, um herauszufinden, ob es ihr wirklich gut geht.
»Aber ...« Wieso habe ich überhaupt gesagt, dass ich sie am liebsten zu einem Arzt fahren möchte? Sie hatte doch nur das Gleichgewicht verloren. Man kann es auch echt übertreiben, Finn.
Weiter komme ich mit meinem »Aber« jedoch nicht, da sie mich mit einer Handbewegung zum Schweigen bringt und sich mit einem Ruck von mir löst. Nur widerwillig lasse ich sie los. Sie greift nach ihrem Handy, tippt etwas ein und hält es mir dann vors Gesicht:
Ich habe heute zu wenig getrunken und war den ganzen Flug über sehr angespannt.