4,99 €
Die reizende Miss Hannah Pym macht sich auf den Weg nach Bath, dem berühmten südwestenglischen Badeort. In der Postkutsche lernt sie die junge Miss Belinda Earle kennen, die von ihren wohlhabenden Eltern nach Bath verbannt wurde, nachdem sie dem Heiratsmarkt abgeschworen hat. Als die Kutsche in der Nähe von Baddell Castle liegen bleibt, eilt der attraktive Marquis von Frenton zu ihrer Rettung und bietet den Reisenden Zuflucht auf seinem Schloss an. Als Miss Pym die verstohlenen Blicke des Marquis in Richtung Belinda bemerkt, beschließt sie, dem Schicksal auf die Sprünge zu helfen. Denn auch Belinda scheint dem Marquis zugetan ...
Ein hinreißend schöner Liebesroman der berühmten Autorin M. C. Beaton - für Fans von Georgette Heyer, DOWNTON ABBEY und BRIDGERTON. Begleite die reisende Ehestifterin Hannah Pym auf der Suche nach Abenteuern und Romanzen in der charmanten Travelling Matchmaker Reihe:
Band 1: The Travelling Matchmaker - Fahrt ins Glück
    Band 2: The Travelling Matchmaker - Das Schloss am Fluss 
    Band 3: The Travelling Matchmaker - Hafen der Sehnsucht 
    Band 4: The Travelling Matchmaker - Neues Glück für Beatrice 
    Band 5: The Travelling Matchmaker - Ein wildes Mädchen 
    Band 6: The Travelling Matchmaker - Unterwegs ins Glück 
eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 182
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Inhalt
Grußwort des Verlags
Über dieses Buch
Titel
1
2
3
4
5
6
7
8
Über die Autorin
Weitere Titel der Autorin
Hat es Dir gefallen?
Impressum
Cover
Inhaltsverzeichnis
Titelseite
Inhaltsbeginn
Impressum
Liebe Leserin, lieber Leser,
herzlichen Dank, dass du dich für ein Buch von beHEARTBEAT entschieden hast. Die Bücher in unserem Programm haben wir mit viel Liebe ausgewählt und mit Leidenschaft lektoriert. Denn wir möchten, dass du bei jedem beHEARTBEAT-Buch dieses unbeschreibliche Herzklopfen verspürst.
Wir freuen uns, wenn du Teil der beHEARTBEAT-Community werden möchtest und deine Liebe fürs Lesen mit uns und anderen Leserinnen und Lesern teilst. Du findest uns unter be-heartbeat.de oder auf Instagram und Facebook.
Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich für unseren kostenlosen Newsletter an:be-heartbeat.de/newsletter
Viel Freude beim Lesen und Verlieben!
Dein beHEARTBEAT-Team
Melde dich hier für unseren Newsletter an:
Die reizende Miss Hannah Pym macht sich auf den Weg nach Bath, dem berühmten südwestenglischen Badeort. In der Postkutsche lernt sie die junge Miss Belinda Earle kennen, die von ihren wohlhabenden Eltern nach Bath verbannt wurde, nachdem sie dem Heiratsmarkt abgeschworen hat. Als die Kutsche in der Nähe von Baddell Castle liegen bleibt, eilt der attraktive Marquis von Frenton zu ihrer Rettung und bietet den Reisenden Zuflucht auf seinem Schloss an. Als Miss Pym die verstohlenen Blicke des Marquis in Richtung Belinda bemerkt, beschließt sie, dem Schicksal auf die Sprünge zu helfen. Denn auch Belinda scheint dem Marquis zugetan ...
M. C. Beaton
The Travelling Matchmaker
Das Schloss am Fluss
Aus dem Englischen von Anita Peter
Hannah Pym stand um vier Uhr morgens in einem der Zimmer des Gasthofs zum springenden Pferd im Zentrum von London auf. Sie war für ein Abenteuer bereit, denn für Hannah verkörperte die Postkutsche das Abenteuer schlechthin.
Sie hatte von ihrem verstorbenen Herrn eine beträchtliche Summe Geldes geerbt, was ihr zu einer neuen Freiheit verholfen hatte. Eine abenteuerliche Reise mit der Postkutsche nach Exeter lag schon hinter ihr und hatte ihren Appetit auf weitere solche Genüsse geweckt.
Hannah Pym wohnte in Kensington. Da sich der Nebel tags zuvor immer mehr verstärkt hatte, hatte sie kurz entschlossen Reisevorbereitungen getroffen, war nach London gefahren und hatte sich hier im Gasthof ein Zimmer gemietet, um heute Morgen rechtzeitig in die Kutsche einsteigen zu können. Sie zündete das Talglicht auf dem Kaminsims an, trug es zur Frisiertoilette, setzte sich und prüfte ihr Gesicht im Spiegel.
Seit ihrer letzten Reise pflegte sich Hannah eingehend im Spiegel zu betrachten, aber nicht, weil sie sich für schön hielt, denn sie wusste, dass sie das nicht war, sondern um nachzusehen, ob sie schon Ähnlichkeit mit einer Dame habe. Der Bruder ihres verstorbenen Herrn, Sir George Clarence, hatte sich nämlich ihrer angenommen, und das, obwohl sie eine ehemalige Haushälterin war, die dank des großzügigen Vermächtnisses seines Bruders wie eine Privatiere leben konnte. Hannah fühlte sich durch sein Verhalten sehr geschmeichelt und hoffte, dass der Umgang mit so illustrer Gesellschaft sich allmählich in ihren Gesichtszügen widerspiegeln werde.
Hannahs Kleid war aus feinem Batist und ihre Unterwäsche aus Leinen von allerbester Qualität. Das verdankte sie Sir George, der ihr empfohlen hatte, sich aus der Garderobe von Mrs. Clarence zu bedienen, der Frau ihres verstorbenen Herrn, die vor Jahren mit einem Lakaien geflohen war. Mit meiner Kleidung kann ich Staat machen, aber beim Gesicht hapert es, dachte Hannah. Sie war in den Vierzigern, hatte dichtes, rotblondes Haar und große Augen, die je nach ihrer Stimmung die Farbe zu wechseln schienen. Die Nase war leicht gebogen, die Haut blass und der Mund voll. Hannah war mager und flachbrüstig, hatte aber schöne Hände und Füße sowie schlanke Fesseln. Die Augen sind es, die verraten, dass ich eine Dienerin gewesen bin, dachte sie. Damen blicken hart und selbstherrlich. Sie haben keine neugierigen Augen.
Hannah sagte sich, dass sie nicht damit rechnen konnte, wieder solche Abenteuer wie auf der Reise nach Exeter zu erleben, als sie und die übrigen Passagiere einander durch einen Unfall, einen sich anschließenden Raubüberfall und einen heftigen Schneesturm ganz nahe gekommen waren. Sie wusste, dass die Passagiere mancher Postkutschen große Entfernungen zurücklegten, ohne ein einziges Wort zu sagen. Englische Zurückhaltung triumphierte meistens über Wissbegier.
Von unten hörte man den Lärm geschäftigen Treibens. Die Postkutsche nach Bath würde bald abfahren. Hannah fragte sich, wie ihre Mitreisenden wohl beschaffen sein würden, und sagte sich dann betrübt, dass es ihrem jetzigen Rang in der Gesellschaft nicht angemessen war, die Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken. Sie bemühte sich, mit hochmütiger Gleichgültigkeit in den Spiegel zu blicken, fand aber, dass sie damit dumm aussah, und zupfte sich bekümmert an der Nase.
Sie erhob sich von der Frisiertoilette und packte ihren Reisekoffer. Dann setzte sie mit dem Gefühl, etwas sehr Gewagtes zu tun, einen Turban aus Samt mit einem Federbusch und einem Schleier, der bis zu den Schultern reichte, auf ihren Kopf.
Hannah hatte die Übernachtung schon bezahlt. Die Kellner standen auf den Gängen herum und streckten den Gästen die Hand entgegen, begierig auf ein Trinkgeld. Hannah verteilte etwas Kleingeld und trat dann auf den in Nebel gehüllten Hof hinaus. Sie händigte dem Kutscher ihre Fahrkarte aus und stellte fest, dass er ein stutzerhafter junger Mann war. Er trug einen zweireihigen Mantel und einen Hut mit breiter Krempe und flachem Kopf. Die meisten Kutscher glichen dem alten Tom, mit dem sie nach Exeter gefahren war. Sie waren dick, hatten ein vom Alkohol gerötetes Gesicht und waren in dicke Schals gemummt. Aber dieser Kutscher hier gehörte einer neuen, jungen Art an. Er hatte eine hochmütige Miene aufgesetzt und sah aus, als hoffe er, dass ein paar Außenpassagiere kämen, damit er mit ihnen in seiner herablassenden Art reden konnte. Aber Hannah war offenbar der erste Ankömmling.
Sie stand einen Augenblick da und betrachtete die Kutsche. Es war ein moderner, eleganter Wagen auf hohen roten Rädern; der Wagenkasten war mit schwarzem Leder verkleidet. Die ovalen Fenster hoben sich durch ihre roten Rahmen ab. Sie kletterte in den Wagen hinein.
Es war ein kalter, frostiger Morgen, und sie konnte den Nebel förmlich riechen. Er roch wie Schwefel, der aus der Hölle kommt. Außerhalb der Kutsche huschten Schatten hin und her, die an Dämonen erinnerten. Was für Passagiere wohl mitfahren würden? fragte sich Hannah erneut.
Auf der ihr gegenüberliegenden Seite öffnete sich die Tür, und ein Paar stieg in die Kutsche. Hannah warf ihm einen schnellen neugierigen Blick zu. Die Frau war klein, hübsch und kokett. Der Mann sah auf eine landläufige Art gut aus; er stellte sich Hannah als »Mr. Judd« vor.
Plötzlich war draußen auf dem Hof das Rumpeln von Rädern zu hören. Hannah wischte die Fensterscheibe neben sich mit ihrem Handschuh sauber, blickte hinaus und bemerkte eine prächtige Kutsche. Auf ihrem Bock thronte ein Kutscher in einer rotgoldenen Livree, und hinten auf dem Fußtritt standen zwei Lakaien, die jetzt herabsprangen und an eine der beiden Kutschentüren, die sie öffneten, eine kleine Treppe legten. Eine modisch gekleidete junge Dame stieg aus, gefolgt von einer Frau in mittleren Jahren, die sehr ernst dreinblickte. Dann holten die Lakaien zahlreiche Gepäckstücke vom Dach der Kutsche herunter und übergaben sie dem Wächter der Postkutsche.
Der stutzerhafte Kutscher öffnete eine Tür der Postkutsche und half den beiden Damen hinein. Dann verbeugte er sich tief. Die junge Dame nahm gegenüber Hannah Platz, und ihre Begleiterin setzte sich neben sie.
Hannah erkannte sofort, dass das junge Mädchen geweint hatte. Nicht dass ihre Augen rot und verschwollen gewesen wären, aber aus ihnen sprach sehnsuchtsvolle Traurigkeit.
Die junge Dame bemerkte, dass Hannah sie ansah, und lächelte zaghaft. Ihre Begleiterin betrachtete sie missbilligend und klopfte ihr ermahnend auf die Finger. Dann warf sie Hannah einen hochmütigen Blick zu.
Als der Kutscher auf den Bock stieg, senkte sich die Kutsche und schwankte. Der Wächter schmetterte eine triumphale Fanfare, und die Kutsche fuhr in den undurchdringlichen Nebel hinein, der sie zu verschlucken schien.
Die Straßen werden gefroren sein, dachte Hannah. Es besteht also keine Gefahr, dass wir außerhalb von Knightsbridge im Schlamm stecken bleiben.
Sie suchte so angestrengt nach erkennbaren Wahrzeichen der Gegend, durch die sie fuhren, dass die Augen sie schmerzten. In der Kutsche war ein Fahrplan angeschlagen, den eine Öllampe beleuchtete und auf dem die Abfahrt und Ankunft an den einzelnen Haltestellen angegeben war.
Während ihr der Fahrplan nicht viel nützte, hatte sie mehr Glück mit den beiden Frauen ihr gegenüber. Das milde Licht der Lampe fiel auf das Gesicht des jungen Mädchens und auf das ihrer Begleiterin. Beide waren eingeschlafen, so dass Hannah sie in Muße studieren konnte. Die junge Dame hatte ein schmales, ausdrucksvolles Gesicht und einen empfindsamen Mund. Ihre Wimpern waren lang und seidenweich. Unter ihrer Haube quoll feines, schieferfarbenes Haar hervor.
Die Begleiterin der jungen Dame war fest geschnürt. Profil und Busen erinnerten an eine Galionsfigur. Sie war gut gekleidet, aber ihre Sachen erweckten den Eindruck, als seien sie für jemand anderes angefertigt worden. Aufgrund ihrer Erfahrungen als Dienerin war Hannah überzeugt, dass es sich bei jener um eine bezahlte Begleiterin handelte und dass die Kleider, die sie trug, vielleicht einer ihrer Herrinnen gehört hatten.
Hannah wandte ihre Aufmerksamkeit nun wieder der Außenwelt zu. Draußen vor dem Fenster wallte dichter Nebel. Bald würden sie Kensington erreichen und an Thornton Hall vorbeikommen, wo sie viele Jahre gelebt und sich von der Spülmagd zur Haushälterin emporgearbeitet hatte. Sir George, der das alte Herrenhaus geerbt hatte, hatte ihr erzählt, dass er im Begriff sei, den Garten zu verschönern. Hannah wollte sehen, ob er schon etwas hübscher geworden sei, aber undurchdringlicher Nebel hüllte die Umgebung ein.
Hannah zog an dem Riemen, ließ das Fenster herab und lehnte sich hinaus. Aber sie erkannte nicht, wo sie waren.
Mit einem Seufzer zog sie das Fenster hoch. Dann bemerkte sie, dass die übrigen Passagiere wach geworden waren und sie mehr oder weniger entrüstet ansahen. »Nehmen Sie denn keine Rücksicht auf andere?«, fragte Mr. Judd. »Meine Gattin ist sehr empfindlich, nicht wahr, meine Liebe? Da stimmst du mir doch zu?«
»Ja, Liebling«, hauchte seine Frau.
Dann ergriff die Begleiterin der jungen Dame das Wort. »Ich bin schwach auf der Brust«, sagte sie und klopfte sich gegen den genannten Körperteil. »Wagen Sie es ja nicht, das Fenster noch einmal zu öffnen!«
»Entschuldigung«, sagte Hannah sanft. »Ich wollte wissen, wo wir sind. Ein Freund von mir besitzt außerhalb des Dorfes Kensington ein Haus. Er hat mir erzählt, dass er an seinem Garten arbeiten lasse, und ich wollte mir die Verschönerungen ansehen.«
»Und konnten Sie etwas erkennen?«, fragte die junge Dame.
Hannah schüttelte den Kopf. »Der Nebel ist zu dicht.«
»Unter diesen Umständen werden wir Bath nie erreichen«, sagte Mr. Judd ärgerlich.
Hannah schien es, als murmle die junge Dame ihr gegenüber: »Gut!«, war sich dessen aber nicht sicher.
Nachdem sie längere Zeit gefahren waren, hielt die Kutsche. Hannah blickte wieder hinaus. »Ach, du meine Güte! Wir sind ja erst beim Gasthof in Knightsbridge«, rief sie.
»Skandalös«, sagte Mr. Judd. »Findest du nicht auch?« Er starrte seine Frau, die am Einschlafen war, zornig an.
Sie setzte sich gerade hin und erwiderte mechanisch: »Ja, Liebling.«
Die Kutschentür ging auf und gab den Blick auf einen Kellner mit einem Tablett frei. Er verteilte Krüge mit einem dampfenden Gebräu aus Milch, Rum und Muskat.
»Was ist das?«, fragte die Begleiterin der jungen Dame argwöhnisch.
Hannah fing deren flehenden Blick auf und sagte: »Das ist ein harmloses Getränk.«
Schließlich setzte sich die Kutsche wieder in Bewegung und rasselte über das Kopfsteinpflaster von Knightsbridge. Es herrschte eisige Kälte. Obgleich Hannah einen pelzgefütterten Umhang anhatte und unter ihrem Kleid zwei Flanellunterröcke trug, fühlte sie sich denkbar unbehaglich. Sie vergrub die Füße vergeblich in dem Stroh, das auf dem Boden lag. Ihr wurde dadurch nicht wärmer.
»Ich friere ganz entsetzlich«, sagte Mrs. Judd plötzlich.
»Wir alle frieren entsetzlich«, erwiderte ihr Mann barsch. »Reiß dich zusammen!«
Gleich wird sie »Ja, Liebling« sagen, dachte Hannah, und das tat Mrs. Judd dann auch.
Ihr Ehemann hat gut reden, dachte Hannah ärgerlich. Er hat einen warmen Mantel an und trägt darunter ein Jackett, zwei Westen und eine Kniehose. Der Umhang seiner Frau ist ziemlich dünn, und darunter trägt sie ein himmelblaues Musselinkleid.
Die junge Dame, die Hannah gegenübersaß, beugte sich plötzlich zu Hannah vor und hielt ihr die behandschuhte rechte Hand hin. »Ich bin Miss Belinda Earle«, sagte sie, »und das ist meine Begleiterin, Miss Wimple.«
Miss Wimple entrüstete sich. »Wirklich, Miss Earle! So eine Vertraulichkeit!«
»Und ich heiße Hannah Pym und bin sehr erfreut, Ihre Bekanntschaft zu machen«, erwiderte Hannah freundlich.
Miss Wimple packte Belinda am Handgelenk, als wolle sie sie vor weiteren Annäherungsversuchen warnen.
Aber Belinda übersah das. »Und warum reisen Sie nach Bath?«, fragte sie Hannah.
»Ich reise, weil es mir Spaß macht. Ich bin noch nie in Bath gewesen und möchte die Stadt gern sehen.«
»Bei Nebel und Eiseskälte? Mitten im Winter?« Belindas Stimme klang zweifelnd, aber auch belustigt.
Hannah lachte leise. »Ich bin eine Optimistin, Miss Earle. Bestimmt wird bald wieder die Sonne scheinen.«
Die Kutsche schwankte, rollte weiter und wurde schneller. Hannah sah aus dem Fenster. Der Nebel verzog sich, und der Himmel war hellgrau. Aber Kensington lag hinter ihnen, und sie würde keine Gelegenheit mehr haben, einen Blick auf Thornton Hall und seinen Garten zu werfen.
»Bald gibt es Frühstück«, sagte Hannah fröhlich. Sie legten noch ein paar Meilen zurück, dann bog die Postkutsche in den Innenhof eines Gasthofs ein, und die steif gefrorenen Passagiere stiegen aus.
In diesem Augenblick hielt es Hannah für angebracht, eine Lobeshymne auf die englischen Postgasthöfe anzustimmen. Denn hell loderndes Kaminfeuer begrüßte sie, und es roch nach heißem Kaffee, frischem Brot und Räucherschinken.
Bevor Hannah dazu kam, sich an den Tisch zu setzen, nahm Miss Wimple sie beiseite. »Ermuntern Sie bitte meine Schutzbefohlene nicht zum Plaudern! Sie soll immer daran denken, dass sie mit Schimpf und Schande von zu Hause weg und nach Bath geschickt wird.«
»Warum? Was hat sie denn getan?«, fragte Hannah.
»Meine Lippen sind versiegelt«, erwiderte Miss Wimple.
Nach dem Frühstück eilte Hannah hinaus und fragte den Wirt, ob er den Damen für eine Weile eines seiner Schlafzimmer überlassen könne. Sie würden sich gern wärmer anziehen. Außerdem bat sie darum, dass heiße Ziegelsteine auf den Boden der Kutsche gelegt würden. Sie gab dem Wirt ein großzügiges Trinkgeld und dies auch dem Kutscher, damit er die Reisekoffer aus- und einlud.
Mr. Judd sagte in energischem Tonfall, seiner Frau gehe es glänzend. Aber Hannah übersah ihn einfach und wandte sich gleich an Mrs. Judd. »In meinem Koffer befindet sich ein Umhang, den ich nicht benötige. Wenn Sie sich in ihn hüllen würden, wäre Ihnen viel wärmer.«
Mrs. Judd warf ihrem Mann einen ängstlichen Blick zu.
»Kommen Sie mit mir«, sagte Hannah aufmunternd. »Wir bleiben nicht lange, Mr. Judd.« Sie führte Mrs. Judd die Treppe hinauf.
Belinda und Miss Wimple folgten ihnen.
»Das ist ein ausgezeichneter Gedanke«, sagte Belinda und warf den Deckel ihres Koffers zurück. »Ich werde noch zwei Unterröcke anziehen.«
Während Miss Wimple einen warmen Schal aus ihrem Koffer holte, wirkte sie gelöster und freundlicher.
Hannah packte ihren scharlachroten Umhang aus und bestand darauf, dass Mrs. Judd ihn überzog.
Als die Reisenden weiterfuhren, waren alle viel fröhlicher als zuvor. Jubelnd drückten sie ihren Dank über die Wärme aus, die den heißen Ziegelsteinen im Stroh auf dem Boden der Kutsche entströmte. Nur Mr. Judd vergiftete die Atmosphäre, indem er seiner Frau wegen des geliehenen Umhangs eine Strafpredigt hielt. Hannah stellte fest, dass Mrs. Judd den scharlachroten Umhang nur umso fester um sich zog. Diese schlief als Erste ein, dann ihr Mann und schließlich Miss Wimple.
»Wir fahren jetzt ganz schön schnell«, sagte Belinda zu Hannah.
»Sie sind im Gasthof zum springenden Pferd in einer sehr schönen Kutsche angekommen«, entgegnete Hannah, ohne auf Belindas Bemerkung einzugehen. »Ich bin erstaunt, dass Sie trotzdem mit der Postkutsche reisen.«
»Nun, ich bin in Ungnade gefallen«, erwiderte Belinda gelassen. »Mein Onkel und meine Tante behaupteten, sie hätten ein Vermögen ausgegeben, um mich zu verheiraten, und wollten nicht noch mehr Geld an mich verschwenden. Deshalb beschlossen sie, mich zu meiner Großtante Harriet nach Bath zu schicken. Sie ist eine fromme alte Dame und soll mir das Verwerfliche meines Tuns vor Augen führen.«
»Das Verwerfliche?«
Belinda blickte verstohlen nach der schlafenden Miss Wimple hin und beugte sich dann vor. »Ich bin mit einem Lakaien durchgebrannt«, sagte sie.
Hannah sah sie mitfühlend an. Mrs. Clarence, die Gattin ihres verstorbenen Herrn, hatte es genauso gemacht – die hübsche und fröhliche Mrs. Clarence, nach deren Verschwinden Thornton Hall zu einem Trauerhaus geworden war.
»Wie ist es denn so weit gekommen?«, fragte Hannah.
»Sind Sie denn gar nicht schockiert?«, entgegnete Belinda.
Hannah schüttelte den Kopf.
»Nun gut, dann kann ich Ihnen ja alles erzählen«, sagte Belinda und seufzte. »Ich bin neunzehn Jahre alt. Vor zwei Jahren starben meine Eltern an den Pocken. Ich erbe ihr Geld, aber erst mit einundzwanzig oder wenn ich heirate. Mein Vater war ein Gelehrter und meine Mutter eine sehr hübsche Frau, ganz im Gegensatz zu mir. Mein Onkel, der Bruder meines Vaters, und meine Tante sind ganz anders. Sie sind sehr streng. Das Vermögen, das ich in Aussicht habe, verleitete sie zu der Annahme, dass es einfach sein werde, mich mit einem Herzog oder Grafen zu verheiraten. Daher führten sie mich in der vergangenen Saison in die Gesellschaft ein. Aber es fand sich kein passender Mann für mich. Zwar zeigten ein paar Herren ein gewisses Interesse an mir, aber sie hatten keinen Titel und waren deshalb nicht diskutabel. Meine Verwandten sagten, ich wirkte nicht unschuldig genug und zöge dadurch die falschen Männer an. Ich versuchte, ihnen klarzumachen, dass ich mit einundzwanzig unabhängig und reich sein würde und reisen oder mich bilden könnte, so viel ich wollte. Ich brauchte also nicht zu heiraten. Darauf erwiderten sie, es sei der sehnlichste Wunsch meiner Mutter gewesen, dass ich heiratete, und zwangen mich, eine weitere Saison über mich ergehen zu lassen. Aber es ist so trist, auf Bällen herumzusitzen. Zwar interessierte sich der eine oder andere Herr für mich, aber es handelte sich immer um einen älteren Lebemann.«
Hannahs Blick ruhte auf Belindas Mund, der Leidenschaft verriet.
»Wie gesagt, vermissten mein Onkel und meine Tante an mir das unschuldsvolle Wesen, das man von einer Debütantin erwartet, und engagierten Miss Wimple, damit sie mir die Kunst des Flirtens beibringe.«
»Wie kann man von einer unverheirateten Frau in mittleren Jahren erwarten, dass sie einer jungen Dame das Flirten beibringt?«, fragte Hannah.
»Man glaubt eben, dass Frauen in mittleren Jahren alles wissen. O Entschuldigung!« Belinda errötete.
Hannah lachte. »Ich fühle mich nicht angesprochen. Fahren Sie mit Ihrer Geschichte fort!«
»Zu unserem Haushalt gehörte ein Lakai. Sein Name ist Patrick Sullivan.«
»Ire?«, fragte Hannah verständnisvoll.
»Ja, ein Ire und mit all dem Charme ausgestattet, der diesen Menschen eigen ist. Er hat dichtes, schwarzes, gelocktes Haar.«
Hannah hob erstaunt die Augenbrauen.
»Ich sah ihn einmal ungepudert, als er gerade von einer Beerdigung kam«, erzählte Belinda. »Er schien ständig zu Beerdigungen zu gehen. Später fand man heraus, dass er in unserer Gegend gar keine Verwandten hat und die Beerdigungen nur erfand, um mehr freie Zeit zu haben. Er hatte fröhliche himmelblaue Augen. Hinter dem Rücken von Tante und Onkel machte er sich über seine Herrschaft lustig.« Sie kicherte. »Er nannte sie Dorsch und Dörschin. Sie sehen mit ihren farblosen Augen und den dicken Lippen einem Fisch nicht unähnlich.
Ich sagte zu Patrick, dass mich der Gedanke an eine weitere Saison zur Verzweiflung treibe, und er erwiderte: ›Brennen Sie mit mir durch!‹
Ich muss verrückt gewesen sein, dass ich mich auf so etwas eingelassen habe. Jetzt erscheint mir das alles wie ein Albtraum. Aber damals glaubte ich, er wolle mich heiraten. Ich war überzeugt, dass wir ein herrliches Leben haben würden.
Ich bin nicht aus dem Fenster geklettert oder dergleichen. Patrick hat alles arrangiert. Das heißt, er wartete einfach, bis mein Onkel und meine Tante spazieren gingen. Ich stopfte einen Koffer voll mit Sachen und mietete eine Kutsche, die uns in die Stadt bringen sollte.
Aber dort angekommen, lüftete Patrick den Hut und sagte, er hoffe, dass ich jetzt, da ich frei sei, glücklich würde, und ging davon.
Ich lief hinter ihm her und sagte: ›Aber Sie müssen mich doch heiraten, Patrick.‹
Er erwiderte, das werde er nicht tun. Vielmehr trete er am Grosvenor Square eine neue Stellung an.
Ich wies ihn darauf hin, dass er nicht mehr zu arbeiten brauche, wenn er mich heirate; denn dann könne ich über mein Erbe verfügen.
Aber Patrick hatte das Testament meiner Eltern, das sich im Schreibtisch meines Onkels befindet, gelesen. Es heißt da, dass ich das Geld meiner Eltern, wenn ich vor meinem einundzwanzigsten Geburtstag heirate, nur dann bekomme, wenn ich einen Mann wähle, gegen den mein Onkel und meine Tante nichts einzuwenden haben.
›Aber wohin soll ich denn gehen?‹, fragte ich ihn. Er kratzte sich am Kopf und meinte dann treuherzig, ich hätte doch sicher Verwandte, die besser zu mir seien als mein Onkel und meine Tante. Als ich dies verneinte, schlug er mir vor, nach Hause zurückzukehren, bevor man mich vermissen würde.
Ich werde immer daran denken, wie er von mir wegging – klirr, klirr, klirr.«
Hannah blickte verwundert drein. »Klirr, klirr? Sie sprechen in Rätseln. Wahrscheinlich meinen Sie, wie ein Ritter in schimmernder Rüstung?«
Belinda schüttelte den Kopf. »Nein, nichts dergleichen. Es waren die Löffel, verstehen Sie? Er hatte das Silberzeug gestohlen.«
Hannah versuchte ernst zu bleiben, musste dann aber doch lachen, und Belinda stimmte in das Gelächter ein.
»So, so«, sagte Hannah schließlich und wischte sich die Tränen aus den Augen. »Und wie wollen Sie bis zu Ihrem einundzwanzigsten Geburtstag überleben?«
»Das liegt alles noch in weiter Ferne«, meinte Belinda traurig.
