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Tiefes Land E-Book

Carsten Steenbergen

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Beschreibung

Bei einem Überfall auf ein Pharmalabor am Rande von Amsterdam werden Proben eines neuartigen, hochwirksamen Nervengifts entwendet. Die Menge reicht aus, um Tausende von Menschen zu töten. Willem van den Dragt, Agent des niederländischen Sicherheitsdienstes, und seiner Kollegin Tessa Boyens bleiben weniger als sechsunddreißig Stunden, um die Hintermänner aufzuspüren. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt ...

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Tiefes Land (Band 1)

Carsten Steenbergen

- Originalausgabe -

2. Auflage 2012

ISBN 978-3-942261-29-6

Psychothriller GmbH

www.psychothriller.de

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschriften oder Zeitungen, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung, der Vertonung als Hörbuch oder -spiel, oder der Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen, Video oder Internet, auch einzelner Text- und Bildteile, sowie der Übersetzung in andere Sprachen.

Danksagung

Für meine beiden Lichtblicke.

Ohne euch wäre dieses Abenteuer niemals möglich.

- Carsten Steenbergen -

06:10 Uhr, 04. Mai

Südliches Industriegebiet, Amsterdam

Regentropfen trommelten unentwegt auf das Autodach und ebenso auf den geöffneten Schirm. Fluchend knallte Dr. Tomer die Fahrertür zu. Das Warnlicht der silbergrauen Limousine malte grell orange leuchtende Schatten auf den nassen Asphalt und den Lack des Wagens. Ausgerechnet an diesem wichtigen Tag hatte der Motor plötzlich und ohne einen ersichtlichen Grund gestreikt. Nicht einmal zwei Kilometer vor dem Labor der Tifor Pharmaceuticals. An einen Fußmarsch bei diesem Wetter war natürlich nicht zu denken. Längst bevor er die Strecke zurückgelegt hätte, würden seine Hosenbeine triefend und klamm an der Haut kleben und die neuen Lederschuhe hoffnungslos ruiniert sein. Und eine Werkstatt zu informieren, konnte er sich wohl ebenfalls schenken. Bis sich um diese Stunde eine fand, die sowohl geöffnet war als auch noch einen Abschleppwagen besaß, wäre wertvolle Zeit vertrödelt. Zeit, die ihm jetzt einfach nicht zur Verfügung stand.

Ungehalten versetzte Dr. Tomer dem Vorderreifen einen Tritt, bevor er sich schließlich abwandte und die wenigen Meter bis zu dem Taxi zurücklegte, das am Straßenrand auf ihn wartete. Das eisblaue Nummernschild glänzte fahl im aufkommenden Dämmerlicht. Fahrten mit einem Taxi waren ein Luxus, den sich selbst besser Verdienende als er in Amsterdam nicht gerne gönnten. Aber das hier war eine unvermeidliche Ausnahme.

Gegen neun Uhr trafen einige hochrangige Vertreter der Geschäftsetage im Labor ein, die sich die Präsentation des neuen Präparats anschauen wollten. Jene Präsentation, die er in stundenlanger Fleißarbeit sorgfältig vorbereitet hatte und die so verdammt wichtig für den Fortlauf seiner beruflichen Karriere war.

Allein aus diesem Grund war er überhaupt an diesem Morgen so früh unterwegs. Die Uhrzeit verschaffte ihm die nötige Ruhe, die er brauchte, um die Unterlagen noch ein letztes Mal durchzusehen, bevor der ganze Rummel begann.

Nur um absolut sicherzugehen, dass später alles glatt lief. Von seinen Kollegen würde sich niemand blicken lassen, ehe nicht wenigstens Frühstückszeit war.

Dr. Tomer schaute auf seine Armbanduhr, während er auf der Rückbank des Taxis Platz nahm. Sechs Uhr dreizehn. Ihm blieben noch zweieinhalb Stunden, bis die Delegation eintreffen würde. Nicht unbedingt genug Zeit, aber es musste ausreichen. Solange es keine weiteren Verzögerungen mehr gab. Er nannte dem Fahrer sein Ziel. Das Taxi fuhr an und bremste plötzlich unerwartet heftig. Dr. Tomer, der soeben im Begriff war, sich anzuschnallen, reagierte viel zu spät. Schmerzhaft drückte sich der Gurt an seinen Hals und hinterließ einen brennenden Striemen. Mit der Hand betastete er die Verletzung, die sich knapp fünf Zentimeter lang in die empfindliche Haut gegraben hatte. Kein Blut. Wenigstens versaute er sein Hemd nicht. Immerhin etwas.

Der Fahrer wandte sich mit einem entschuldigenden Gesichtsausdruck zu Dr. Tomer um. »Tut mir leid, Mijnher.« Er deutete mit dem Daumen auf einen weißen Van, der sie gerade mit hoher Geschwindigkeit überholt hatte. »Hätte ich nicht gebremst, wäre ich dem Spinner hinten reingefahren. Rücksichtsloses Arschloch. Also nicht Sie, Mijnher, ich meinte ...«

Dr. Tomer winkte ab. »Ja, ja, geschenkt. Es ist ja nichts Schlimmes passiert. Könnten wir dann endlich weiterfahren? Ich habe es wirklich eilig, wenn Sie verstehen.«

»Natürlich. Ich bringe Sie so schnell wie möglich hin.«

»Vielen Dank.« Dr. Tomer angelte im Fußraum nach seiner braunen Lederaktentasche, die beim abrupten Halt von der Rückbank gerutscht war. Mit einem prüfenden Blick zog er eine umfangreiche Mappe heraus. Alles noch an Ort und Stelle, registrierte er beruhigt.

Dann überflog er hastig seine Unterlagen, auch wenn ihm das Geruckel des Taxis merklich auf den Magen schlug. Die Übelkeit rührte jedoch wahrscheinlich eher von der Tasse zu heißen, schwarzen Kaffees her, die er in aller Eile nach dem Aufstehen heruntergestürzt hatte.

Vor dem Gebäude des Pharmaunternehmens angekommen, bemerkte er aus dem Augenwinkel heraus einen weißen Schimmer, der seine Aufmerksamkeit erregte. Er blickte zur Seite und entdeckte den Van, der das Taxi zu Beginn der Fahrt so rücksichtslos überholt hatte. Das Fahrzeug parkte einige hundert Meter entfernt unter ein paar eng zusammenstehenden Bäumen, aber immer noch in Sichtweite, am Straßenrand.

Dr. Tomer war sich fast sicher, eine Bewegung hinter den dunkel getönten Scheiben ausgemacht zu haben. Einen Moment lang war er versucht, einfach hinüberzugehen und den Fahrer für seine rüde Fahrweise zurechtzuweisen. Doch dann entschied er sich dagegen. Er hatte jetzt Wichtigeres zu tun, als wildfremden Menschen die Leviten zu lesen, nur weil sie ihren Führerschein offensichtlich auf dem Rummel gewonnen hatten. Die Präsentation wartete. Er eilte die letzten Meter bis zum Eingang hinüber, öffnete die imposante, gläserne Sicherheitstür und betrat das Gebäude.

Gut fünf Minuten später, in denen er seine Schuhe so sorgfältig wie möglich von Wasser und Schmutz befreit hatte, saß Dr. Tomer endlich hinter seinem eigenen Schreibtisch. Er sortierte ein letztes Mal seine Unterlagen für die Vorführung, bevor er zum großen Besprechungsraum gehen und dort alles für den Besuch der Geschäftsführung herrichten wollte.

Ein kratzendes Geräusch im Flur, durch die offene Bürotür deutlich zu vernehmen, ließ ihn aufschauen. Es hatte geklungen, als ob jemand beim Gehen mit seiner Jacke unabsichtlich am Putz der Wand entlanggeschleift war.

»Saskia, sind Sie das? Wenn Sie schon da sind, könnten Sie freundlicherweise eine Kanne Tee für uns aufsetzen?«Niemand antwortete.

Dr. Tomer teilte sich das Büro mit Saskia Veden, einer Kollegin, die erst seit Anfang des Jahres mit ihm zusammenarbeitete. Für gewöhnlich gehörte sie eher zu den Spätaufstehern. Sie so früh im Labor zu sehen, wäre ungewöhnlich. Aber vielleicht war ja heute die berühmte Ausnahme von der Regel.

»Saskia?«

Immer noch keine Reaktion. Warum kam sie denn nicht herein oder antwortete wenigstens auf seine Rufe? Dr. Tomer stand auf, ging zur Tür und blickte hinaus. Ein Schatten raste auf ihn zu und der nachfolgende Schmerz, den der Pistolengriff des maskierten Mannes in seinem Gesicht auslöste, ließ ihn benommen zurücktaumeln. Ein Schwall warmen Blutes schoss ihm aus der eingedrückten Nase und strömte über das Kinn hinab. Grob packte ihn eine Hand am Ärmel und zog ihn aus dem Raum.

»Mitkommen!«Der Befehl des Mannes duldete keinen Widerspruch. Selbst wenn Dr. Tomer just in diesem Moment dazu in der Lage gewesen wäre, hätte er dem Fremden dennoch gehorcht. Das war nicht die Situation, den Helden zu spielen. Mühsam versuchte er, mit den Fingern das tropfende Blut aufzuhalten, während er den Flur entlang in Richtung Aufzug gezerrt wurde. Dort warteten drei weitere Männer, die Gesichter gleichfalls wie Dr. Tomers Entführer mit Skimasken bedeckt. Durch schmerz- und tränenverschleierte Augen erkannte er, dass alle in nachtschwarze Overalls gekleidet waren, jeder mit gefährlich aussehenden automatischen Waffen in den Händen. Langsam sickerte die Erkenntnis in seinen Verstand, der sich eben noch mit theoretischen Formeln und statistischen Werten beschäftigt hatte. Diese Männer waren Verbrecher.

Obwohl Todesangst seinen Knien beinahe jegliche Festigkeit raubte, rang er sich zu einer erstickten Frage durch. Vielleicht würden sie ihn verschonen, wenn er sich kooperativ zeigte. Und vielleicht fügten sie ihm auch keine weiteren Schmerzen zu. Vielleicht.

»Was wollen Sie?«

»Maul halten!«, kam der knappe Befehl zurück. Offensichtlich waren die Männer nicht zu einem Gespräch aufgelegt. Mit einem Ping öffnete sich die Aufzugtür vor ihnen. Dr. Tomer wurde hineingestoßen und die vier Bewaffneten folgten ihm.

Einer von ihnen, der ihn aus seinem Büro gezerrt hatte, drückte zielsicher die Taste für das Untergeschoss.

Sie wollen in den abgesperrten Sicherheitsbereich, erkannte Dr. Tomer erschrocken. Dorthin, wo die Bakterienproben gelagert wurden, bis ein Mitarbeiter sie für einen der unzähligen Tests benötigte. Wenn etwas davon für kriminelle Zwecke missbraucht wurde ... Der Wissenschaftler schaffte es nicht, den Gedanken zu Ende zu bringen.

Als der Aufzug einige Momente später seine Fahrt nach unten beendet hatte und den Blick auf den Flur zum Sicherheitsbereich freigab, war Dr. Tomer der Verzweiflung nahe. Ihm fiel einfach kein geeigneter Weg ein, wie er die Katastrophe verhindern konnte, die sich vor seinen Augen anbahnte.

»Aufmachen!«

Rüde wurde Dr. Tomer gegen das Terminal gestoßen, das den Zugang zum Sicherheitsbereich absperrte. Trotzdem wagte er einen halbherzigen Versuch, sich zu weigern.

»Nein, das können Sie nicht von mir verlangen.«

Ohne zu zögern hob einer der Gangster die Maschinenpistole und ließ sie mit Wucht auf Tomers Schulter herunterkrachen. Er schrie auf und sackte benommen vor Schmerz zu Boden. Sein ganzer Arm schien in Flammen zu stehen. Irgendwie kam er zu der Gewissheit, dass das Schulterblatt gebrochen war. Oder mehr.

Eine Hand packte ihn am lädierten Arm und riss ihn zurück auf die Beine. Ein weiterer qualvoller Schrei entrang sich seiner Kehle, Tränen liefen ihm über die Wangen. Seine Nase blutete immer noch.

»Aufmachen, ich werde mich nicht wiederholen.«

Mit zitternden Fingern klaubte Dr. Tomer die Magnetkarte von seinem Hals, zog sie durch den Leseschlitz und tippte anschließend den Zahlencode in die Zifferntastatur. Ein grünes Leuchtfeld signalisierte die korrekte Eingabe. Zischend öffnete sich die automatische Schiebetür zum Vorraum. Die vier Verbrecher ignorierten die Warnhinweise und die weiße Schutzkleidung aus sterilem Material.

Unbekümmert durchschritten sie die Schleuse und betraten das Labor, während Dr. Tomer stolpernd hinterhergeschleift wurde. Drinnen begannen sie zielsicher, die Schränke mit den Bakterienstämmen zu öffnen und zu durchsuchen. Offensichtlich wussten sie sehr genau, was sie haben wollten.

Es dauerte eine knappe Minute, bis sie fündig wurden. Eine Batterie mit sechs durchsichtigen, verschlossenen Kunststoffröhrchen, in denen eine milchige Flüssigkeit schwappte, verschwand unversehens in einem mitgebrachten Transportbehälter und in der schwarzen Umhängetasche eines seiner Peiniger. Dr. Tomer musste nicht einmal die Aufschrift auf den Röhrchen lesen, um zu wissen, was die Männer eingesteckt hatten. Schließlich hatte er die letzten Wochen und Monate bis hin zur heutigen Präsentation an nichts anderem gearbeitet.

»Das dürfen Sie nicht«, protestierte er schwach. »So hören Sie doch auf! Sie sind ja wahnsinnig!«

Einer der Bewaffneten drehte sich um und sagte ein paar knappe Sätze in einer ihm fremden Sprache. Es klang irgendwie vertraut und gleichzeitig auch nicht. Verstanden hatte Dr. Tomer jedenfalls kein Wort.

»Was hat er gesagt?«

Der Maskierte, der ihn die ganze Zeit über am Arm gepackt gehalten hatte, wandte den Kopf zu ihm. Der Wissenschaftler hatte das unbestimmte Gefühl, das er unter seiner Skimaske amüsiert grinste, während er ihm antwortete.

»Er sagte: Knips ihn aus, er nervt.«

Noch bevor Dr. Tomer die Bedeutung dieser Worte in aller Deutlichkeit bewusst wurde, fühlte er den Druck einer eiskalten Mündung auf seiner Stirn.

07:03 Uhr, 04. Mai

Hauptquartier der General Intelligence, MIVD, Den Haag

Kolonel Henk Molen las gerade den Abschlussbericht einer seiner Einheiten über einen Einsatz in der südlichen Provinz Uruzgan, Afghanistan, als das leise Knacken der Gegensprechanlage und die Stimme seiner Sekretärin Elsie seine morgendliche Lektüre unterbrach.

»Kolonel, Ihr Termin ist eingetroffen. Soll ich ihn hereinschicken?«

Statt einer Antwort stand Henk Molen auf und kam hinter seinem gewaltigen Schreibtisch hervor, um seinem Gast persönlich die Tür zu öffnen. Es war kurz nach Sieben am Morgen, eine Zeit, zu der sich üblicherweise kein Besucher zu ihm verirrte. Aber der Kolonel war sich sehr genau darüber im Klaren, wer gerade vor seinem Büro wartete. Daher öffnete er gutgelaunt selbst die Tür.

Der Besucher salutierte förmlich, obwohl er keine Uniform trug. Henk Molenignorierte den Gruß und streckte ihm stattdessen freudestrahlend die Hand entgegen. Willem van den Dragt senkte den Arm und ließ sich widerstandslos in eine Umarmung ziehen.

»Willem, lass den Quatsch und komm rein. Gut siehst du aus. Schwarz wie immer? Elsie, zweimal Kaffee, aber von der schnellen Sorte, wenn ich bitten darf.«

Der Kolonel führte seinen Gast in das Büro und schloss die Tür. Schnaufend sank er anschließend in seinen ledernen Bürostuhl. Fast beiläufig nahm er die Pfeife aus dem Marmor-Aschenbecher und stopfte sie mit geübten Handgriffen und einer Prise Van Halteren Black & Bright. Kurz darauf verteilte sich der aromatische Geruch in Form von mehreren grauen Wölkchen im ganzen Büro.

Willem van den Dragt hatte ihm gegenüber auf einem der Besucherstühle Platz genommen. Anstelle der Uniform eines Kapitein trug er einen schmal geschnittenen Anzug in anthrazitgrauer Farbe, der seine durchtrainierte Statur gut zur Geltung brachte. Darunter ein weißes Hemd mit schlanker, schwarzer Krawatte. Die sonnengebräunte Haut ließ erahnen, dass sein zweiwöchiger Strandurlaub noch nicht lange zurücklag.

Mit den gelockten, sandblonden Haaren, die über die letzten Monate länger gewachsen waren, als man sie im Militärdienst üblicherweise trug, und den gepflegten Koteletten, die das Gesicht des gut dreißig Jahre alten Mannes umrahmten, hätte man ihn glatt für einen Surfer halten können. Wenn man sich den Anzug wegdachte und ihn sich stattdessen in Shorts und Hawaii-Hemd vorstellte.

Über der linken Braue zog sich halb verdeckt eine helle Narbe. Das Souvenir eines turbulenten Einsatzes bei As Samawah im Irak, vor vier Jahren.

Willem van den Dragt war Spezialist für Ermittlung und Aufklärung von terroristischen Aktivitäten und Hintergründen. Er diente beim MIVD und unter dem Befehl von Kolonel Henk Molen seit der Reform von 2002, die aus dem ehemaligen Military Intelligence Service einen Dienst für alle Einheiten der Defensie formte. Sei es Landmacht, Luchtmacht, Marine oder General Intelligence.

Die Bürotür öffnete sich nach einem höflichen Anklopfen erneut und Elsie trat mit einem Tablett ein, auf dem zwei Kaffeetassen, Zucker und Milch sowie eine gefüllte Teekanne standen.

Sie stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab und goss dem Kolonel, dann Willem eine Tasse ein. Anschließend ließ sie die beiden Männer allein. Nach einem ersten tiefen Schluck lehnte sich Henk Molen in seinem Sessel zurück.

»Nun erzähl schon, mein Junge. Wie war der Urlaub?«

»Wie Urlaube halt so sind«, winkte Willem beiläufig ab. »Viel Sonne, viel Strand, ein gutes Buch. Das Übliche.«

»Das Übliche? Kein Abenteuer oder wenigstens eine Eroberung zu vermelden? Das sieht dir überhaupt nicht ähnlich.«

Willem zuckte wortlos mit den Achseln. Fast automatisch wanderte sein Blick zu dem Emblem hinauf, das an der Wand über dem Schreibtisch angebracht war. Das Wappen des MIVD: Eine Sphinx mit vier gekreuzten Schwertern, alles mit einem Riemen umschlossen.

Meritum in Veritatem Discernendo – Verdienst liegt im Erkennen der Wahrheit. Die Sphinx in der Mitte des Wappens symbolisierte die Weisheit des MIVD. Die vier gehobenen Schwerter standen dabei für die vier Abteilungen der Defensie, der niederländischen Verteidigungsarmee, der Riemen für die Verbundenheit des Geheimdienstes. Der Kolonel gab ein ungeduldiges Schnauben von sich, doch Willem ließ sich nicht anmerken, ob er es mitbekommen hatte. Er löste den Blick von der Sphinx und sah seinen Vorgesetzten direkt an. Schließlich huschte ein leises Grinsen über seine Züge.

»Na ja, wie man es nimmt.«

Der Kolonel lachte, wurde dann aber wieder ernst. »Gut zu wissen, dass du dich nicht unterkriegen lässt.«

Willems Lächeln verflog so schnell, wie es gekommen war.

»Hör mal, Henk. Genau darüber wollte ich mit dir reden. Es stinkt mir gewaltig, den Laden hier verlassen zu müssen. Du weißt, wie viel es mir bedeutet, beim MIVD zu arbeiten. Die Strafversetzung ... kannst du nicht noch einmal ...«

»Nein, Willem«, unterbrach ihn Henk kopfschüttelnd. »Dazu ist es zu spät. Du hättest einfach früher auf mich hören und deine Eskapaden etwas einschränken sollen. Auch mir sind irgendwann die Hände gebunden. Deine Versetzung zum AIVD war alles, was ich aus der Angelegenheit herausholen konnte, glaube mir.«

Willem setzte die Tasse mit einem lauten Klirren auf den Unterteller. Beinahe anklagend stand er auf, legte die Glock 17 samt Holster ab und warf sie auf den Schreibtisch. Die Waffe polterte auf die Platte und rutschte bis zur Kante, wo sie direkt vor Henk Molen liegen blieb.

»Die brauche ich wohl nicht mehr.«

»Willem, nun sei doch vernünftig ...«