Tiffany Pure Lust Band 11 - Alexx Andria - E-Book

Tiffany Pure Lust Band 11 E-Book

Alexx Andria

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Beschreibung

WAS EIN PLAYBOY-MILLIARDÄR WILL ... von Alexx Andria

Den attraktiven Milliardär Nico Donato interviewen? Ein Job wie jeder andere, findet Journalistin Lauren. Sie scheint die einzige Frau in New York zu sein, die nicht für den Playboy schwärmt. Doch gerade ihre ablehnende Haltung reizt Mr. Donato maßlos. Und viel zu schnell erfährt Lauren, wie gut es sich anfühlt, wenn Nico etwas haben will …

VERFÜHRUNG LAUTET DER DEAL von J. MARGOT CRINCH

Brett Collins kann es nicht fassen: Seine einstige Hassliebe Rebecca ist wieder da! Um sie wie früher zu provozieren, legt er ihr ein Kaufangebot für ihre Firma vor. Doch Rebecca bleibt cool. Er muss schwerere Geschütze auffahren. Wie gut, dass er weiß, dass sie ihm im Bett noch nie widerstehen konnte ...

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Seitenzahl: 403

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Alexx Andria, J. Margot Critch

TIFFANY PURE LUST BAND 11

IMPRESSUM

TIFFANY PURE LUST erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Neuauflage 2024 in der Reihe TIFFANY PURE LUST, Band 11

© 2018 by Kimberly Sheetz Originaltitel: „Beddable Billionaire“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Johannes Heitmann Deutsche Erstveröffentlichung als E-Book 2019 by by HarperCollins Germany GmbH,in der Reihe CLUB

© 2018 by Juanita Margot Critch Originaltitel: „ Boardroom Sins“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l. Übersetzung: Ivonne Senn Deutsche Erstveröffentlichung als E-Book 2019 by by HarperCollins Germany GmbH,in der Reihe CLUB

Abbildungen: nambitomo, Olesia Bekh_GettyImages, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2024 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751523653

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL

Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de

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Was ein Playboy-Milliardär will …

1. KAPITEL

Lauren

„Und ich will, dass Sie diese Story übernehmen, Lauren.“

„Entschuldigung, tut mir leid, wie bitte?“ Ich sah von meinem Notebook zu meiner Chefredakteurin auf. Ehrlich gesagt hatte ich während des üblichen Morgenmeetings kaum zugehört, denn das Wenige, das ich gehört hatte, hatte nicht gerade aufregend geklungen.

„Hottest Bachelor In Town. Ich will, dass Sie das schreiben.“ Patrice tippte mit ihrem manikürten Fingernagel auf die spiegelglatte Tischplatte.

Meine Miene zeigte deutlich, was ich davon hielt. Patrice Winneham, Chefredakteurin des Luxe-Magazins, konnte es nicht ausstehen, wenn man ihr widersprach. „Gibt es ein Problem?“, fragte sie in eisigem Tonfall nach.

Das Letzte, was ich schreiben wollte, war irgendeinen frivolen Artikel über New Yorks angesagteste und reichste Junggesellen, aber ich war auf meinen Job angewiesen. „Kein Problem“, log ich widerwillig. Allmählich sollte ich mich daran gewöhnt haben, aber in mir zog sich immer noch alles zusammen, wenn ich so tun musste, als würde mir etwas an diesen Storys liegen, die absolut nichts mit dem wahren Leben zu tun hatten.

Je länger ich für Luxe arbeitete, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, dass ich wegen solcher dämlichen Aufträge noch die letzte meiner feministischen Überzeugungen verraten würde.

Wer hätte gedacht, dass ich meine Seele verkaufen muss, um die Miete für das heruntergekommene Apartment in Brooklyn bezahlen zu können!

Aus dem Augenwinkel sah ich, dass das neueste und jüngste Mitglied unseres Teams vor Aufregung kaum noch stillsitzen konnte, so gern hätte sie diesen Auftrag bekommen. Ich warf der Kleinen eine Rettungsleine zu.

„Aber eigentlich scheint mir, dass Daphne töten würde, um so eine Story zu bekommen“, schlug ich vor und warf der jungen Rothaarigen am anderen Ende des Besprechungstisches einen freundlichen Blick zu.

Daphne nickte so eifrig, dass ihr fast der Kopf abfiel. Die Story war jetzt für sie greifbar nah, und sie kriegte sich kaum noch ein. „Sie hat diese frische, junge Sprache, die meiner Meinung nach viel besser zu diesem Artikel passt als meine.“

„Ja, und außerdem ist sie leichtgläubig“, erwiderte Patrice. „Wahrscheinlich würde sie sich in den Mann verlieben, noch ehe das Interview zu Ende ist. Das sind Probleme, die ich mir nicht aufhalsen will. Nein, Sie werden das Interview übernehmen. Die Sache ist entschieden.“ Mit einem warnenden Blick fügte Patrice hinzu: „Und ziehen Sie sich was Nettes an. Sie repräsentieren Luxe.“

Diesen wenig subtilen Seitenhieb ignorierte ich einfach. Den Modegöttern hatte ich noch nie gehuldigt. Ich zog immer an, was mir gefiel. „Hauptsache bequem“, lautete mein Mantra, und ich kannte kein Mitleid mit Frauen, die den ganzen Tag auf High Heels herumliefen und abends versuchten, die höllischen Schmerzen in ihren Füßen wegzumassieren.

Armes Mädchen, dachte ich bei Daphnes niedergeschlagener Miene.

Ich wusste noch genau, wie ich damals als idealistischer Neuling hier angefangen hatte. Und jetzt war ich ein abgestumpftes Mitglied der Redaktion, das sich mit Sarkasmus über Wasser hielt.

Patrice wirkte zufrieden damit, dass ihr Wort hier Gesetz war. Selbstgefällig fuhr sie fort: „Wir haben es geschafft, einen Junggesellen an Land zu ziehen, der so sexy ist wie sonst keiner. Obendrein stammt er aus einer der vornehmsten, traditionsreichsten und vermögendsten Familien. So was findet man heute kaum noch. Mit seinem Foto auf dem Cover werden den Leserinnen die Augen aus dem Kopf fallen. Für so eine Ausgabe brauche ich Leute mit Erfahrung.“

Entnervt zwang ich mich zu einem Lächeln. „Und wie heißt dieser sexy Single, der die Vaginas zum Glühen bringt?“

„Geduld, es ist …“ Patrice legte eine dramatische Pause ein. „Nico Donato von Donato Inc. Seine Familie stammt aus Italien. Sie haben ganz bescheiden mit einem Weingut in der Toskana angefangen. Ist das nicht ein Traum? Kann man sich irgendetwas Romantischeres vorstellen als diese italienische Landschaft?“

Woher soll ich das wissen, wollte ich erwidern. Der letzte romantische Moment in meinem Leben lag schon über sechs Jahre zurück, bevor mein Ex mich im fünften Monat hatte sitzenlassen.

Männer waren eine Komplikation, für die in meinem Leben kein Platz war. Ich war absolut zufrieden, wie es gerade lief.

„Wow! Ich habe Fotos von Nico Donato gesehen. Der ist definitiv ein Hottie“, schwärmte Daphne, und aus ihren Blicken sprach der blanke Neid. „Ich kann mir keine Frau vorstellen, die ihn zurückweisen würde.“

Ich gab mir Mühe, nicht die Augen zu verdrehen. Wie eine gute Angestellte nickte ich und stimmte Patrice zu, weil ich meinen Job brauchte. „Klingt wirklich fantastisch.“ Innerlich kämpfte ich gegen den Würgereiz.

Bei Daphnes Seufzen konnte ich förmlich sehen, wie kleine Herzchen und Regenbogen um ihren Kopf herumschwebten. Lieber Himmel! Wahrscheinlich hatte Patrice sogar recht. Jemanden wie Daphne loszuschicken, um den italienischen Hengst zu interviewen, das wäre, als würde man ein Lamm zum Schlachter schicken.

Bei mir würde jeder Verführungsversuch gnadenlos scheitern.

Patrice redete schon wieder. „Ich weiß gar nicht, wieso dieser Mann noch Single ist. Aber nach dieser Ausgabe gibt es möglicherwiese eine Fortsetzung mit der Verlobung, denn irgendjemand wird ihn sich schnappen, das garantiere ich euch.“

„Vielleicht ist er ja ein Arschloch?“, warf ich ein, und alle am Tisch lachten, abgesehen von Patrice, die nur die Stirn runzelte.

Ich zuckte mit den Schultern. „Das liegt doch auf der Hand, oder nicht? Gut aussehend und reich, aber vielleicht hat er einen miesen Charakter. Kein Geld der Welt kann einen miesen Charakter aufwiegen.“

„Ich bin sicher, dass er ein liebenswerter Mensch ist“, stellte Patrice entschieden klar. „Und es ist Ihr Job, dafür zu sorgen, dass das deutlich wird.“

„Aber was, wenn – nur damit wir uns einig sind – er kein liebenswerter Mensch ist?“

Patrice tippte mit ihrem Montblanc-Füller auf die polierte Tischplatte. Ihre blauen Augen wirkten noch eisiger als sonst. „Ich bin sicher, er ist liebenswert. Und Sie werden gute Arbeit leisten. Ich freue mich schon darauf, Ihren Entwurf zu lesen.“

Wieso musste ich mich unbedingt mit der Löwin im Designerkostüm anlegen?

Wenn ich etwas Ernstes beitragen wollte, dann hieß es: Jetzt oder nie. Ich brachte also meine eigene Idee für einen Artikel vor.

„Ich habe mir überlegt, dass wir doch einen Artikel über Richterin Elena Kagan am Obersten Gerichtshof bringen könnten, um zu zeigen, wie sehr Frauen immer noch kämpfen müssen, um Stellen zu bekommen, die traditionell eher mit Männern besetzt werden.“

Das Schweigen war lähmend, und abschätzige Blicke trafen mich.

Abfällig stieß Patrice die Luft aus. „Wir sind hier bei Luxe und nicht beim Juristischen Rundbrief. Niemand interessiert sich für eine schrullige alte Frau in einer schwarzen Robe, es sei denn, sie trägt bei den Verhandlungen darunter Donna Karan.“

Tadelnd schnalzte Daphne mit der Zunge, und ich hätte die Kleine am liebsten geschüttelt, bis ihr Verstand einsetzt, aber letztlich hatte Patrice recht. Luxe würde in absehbarer Zukunft nichts über Fortschritte bei den Frauenrechten veröffentlichen. Bei Luxe ging es nur um Designerschuhe und um das ewige ungesunde und unerreichbare Schönheitsideal.

Verdammt, vielleicht fing ich tatsächlich an, Luxe zu hassen. Oder ich verwandelte mich in ein verbittertes Miststück, weil ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr flachgelegt worden war. Offenbar musste ich meinen Stolz hinunterschlucken und Mr. Großschwanz interviewen, weil ich sonst meine Miete nicht mehr zahlen konnte.

„Ich werde alles vorbereiten“, sagte ich. „Ist schon ein Fotograf bestellt?“

„Alles erledigt. Jacques wird die Aufnahmen machen. Ich hatte mir überlegt Strand und Meer … makelloses weißes Hemd und blauer Anzug …“

„Das werden bestimmt tolle Fotos“, stimmte ich zu, obwohl ich innerlich die Augen verdrehte. „Heißer Typ am Strand, das finden alle sexy“, sprach ich aus, was Patrice bestimmt hören wollte.

„Genau so ist es“, sagte sie erleichtert, mich endlich zur Vernunft gebracht zu haben. „Und für Themen mit Strandfotos lassen sich so einfach Anzeigen verkaufen. Also: Alle haben ihre Aufträge. Auf jetzt, begeistert mich.“

Als ich den Konferenzraum verließ, schob Daphne sich neben mich. „Hast du schon Fotos von Nico gesehen? Er ist der Wahnsinn. Blaue Augen, zum Sterben schön, und ein Körper … wie geschaffen für die Sünde. Er ist so süß. Und echt charmant.“

„Woher willst du wissen, dass er süß ist?“, erwiderte ich. „Bist du ihm schon begegnet?“

„O nein. Es reicht schon, wenn man sein Gesicht sieht.“

Am liebsten hätte ich mir den Finger in den Hals gesteckt. Vielleicht sollte ich die rosa Blase, in der Daphne lebte, zum Platzen bringen, indem ich ihr von meinem süßen Ex erzählte.

Aber wahrscheinlich würde Daphne mich am Ende für eine gehässige Zicke halten, besonders wenn sie erfuhr, wer mein Ex war.

Stattdessen sagte ich nur: „Für mich klingt das alles nur nach Problemen. Aber ich würde mich freuen, wenn ich mich irre.“

„Du willst diesen Auftrag wirklich nicht?“ Daphne war fassungslos. „Schließlich ist Nico Donato megareich. Abartig reich.“

Ich verzog das Gesicht. „Klingt ja toll.“ Wieso sollte irgendjemand überhaupt so reich sein wollen? Mir wäre es lieber, mir keine Sorgen mehr machen zu müssen, als abartig reich zu sein. Doch anscheinend war ich mit dieser Ansicht in der Minderheit.

Daphne stellte sich vor mich, als ich gerade in den Pausenraum gehen wollte, um dort meinen Joghurt zu essen. „Nimm mich mit“, flehte sie mich an. „Bitte! Er ist der Mann meiner Träume. Ich würde einen Mord begehen, um ihn zu treffen. Was, wenn er mein Seelenpartner ist?“

„Das ist exakt der Grund, wieso ich dich nicht mitkommen lasse.“ Ich ging an Daphne vorbei. „Vertrau mir, damit tue ich dir einen Gefallen. Männer wie Donato sind selbstverliebt und lassen gebrochene Herzen zurück, wo immer sie auch langgehen. Ich wette, wenn ich ein bisschen nachforsche, treibe ich Unmengen an Frauen auf, die von diesem reichen Widerling benutzt und weggeworfen worden sind. Nur weil er ein hübsches Gesicht hat …“

„Vergiss seinen Körper nicht“, wandte Daphne entschieden ein.

„Du bist noch jung. Wenn du ein bisschen mehr Erfahrung hast, wirst du erkennen, dass die abartig reichen Kerle normalerweise die sind, von denen man sich fernhalten muss.“

„Du bist nicht viel älter als ich“, stellte Daphne stirnrunzelnd klar.

„Wenn du es unbedingt wissen willst: Ich habe mir schon mal die Finger an einem verbrannt, der sehr süß war und gut mit Worten umgehen konnte. Aus Erfahrung lernt man, richtig?“

„Und deshalb willst du es kein zweites Mal riskieren?“

„Sosehr ich dieses kleine Geplauder auch genieße, ich habe noch viel Arbeit zu erledigen …“

Daphne schmollte, aber sie lief mir zum Glück nicht mehr bis zum Schreibtisch nach, und ich konnte meinen Joghurt ungestört essen, während ich mich im Netz ein bisschen über diesen Kerl schlau machte.

Nach ein paar Klicks hatte ich Fotos und Hintergrundinformationen über den jüngsten Donato-Spross.

Okay, er sah tatsächlich gut aus, das musste man ihm lassen.

Ja, diese blauen Augen ließen tatsächlich Frauen dahinschmelzen, und sein Körper sah aus, als sei er aus Stein gemeißelt.

Und Nico war tatsächlich abartig reich.

Allerdings konnte ich keinerlei Informationen über irgendetwas Nützliches oder gesellschaftlich Wertvolles finden, womit er sich je beschäftigt hätte.

Keine wohltätigen Vereine, kein Engagement für den Frieden, keine einzige gute Tat.

Stattdessen fand ich Paparazzi-Schnappschüsse, wie er während der Collegezeit im Urlaub Schnaps aus dem Nabel einer heißen Mitstudentin schlürfte.

Ich fühlte mich bestätigt. Ein absoluter Nichtsnutz. Wie konnten Leute wie Nico immer weiter vorankommen, während ehrlich arbeitende Menschen wie ich ständig um jeden Dollar zu kämpfen hatten?

„Ich liebe meinen Job“, sagte ich leise zu mir selbst. Ich betrachtete das Foto meines Sohnes, das auf dem Schreibtisch stand. Gradys Zahnlückenlächeln reichte mir als Motivation, um den Mund zu halten, mich auf die Arbeit zu konzentrieren und meinen Job zu erledigen.

Houston Beaumont war ein wertloses Stück Scheiße, doch unser Sohn war die Sonne meines Lebens. Keine Sekunde hatte ich es je bereut, die Papiere zur Adoption nicht ausgefüllt zu haben.

Grady war nicht geplant gewesen. Verdammt, ich hatte ja nicht mal meine Beziehung mit Houston geplant, falls man es überhaupt eine Beziehung nennen konnte. Aber für den süßen kleinen strohblonden Kerl, der mich Mama nannte, würde ich alles tun.

Jeden Tag war ich meinem Schicksal dafür dankbar, dass Houston nicht versucht hatte, das Sorgerecht zu beantragen. Er war mehr als glücklich gewesen, mich und seinen Sohn zu vergessen.

Es machte mir nichts aus, eine Single-Mom zu sein, wenn das bedeutete, dass Grady nicht ständig zwischen zwei Welten pendeln musste. Meiner und der seines Vaters.

Ich schaffe das. Ein Kinderspiel.

Eins stand jedenfalls fest: Auf keinen Fall würde dieser Donato mich mit seinem Charme einwickeln.

2. KAPITEL

Nico

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Donato. Lauren Hughes vom Luxe-Magazin.“

Die große Brünette streckte mir energisch die Hand hin. Sie wirkte stark, sachlich und pflichtbewusst. Die intelligenten braunen Augen waren das einzig Bemerkenswerte an ihr.

Der Handschlag dauerte ganze zwei Sekunden, nicht länger, und dann setzte sie sich aufrecht ans äußerste Ende des Sofas in meinem Wohnzimmer. In einer Hand hielt sie den Recorder, und ihre Miene war so ausdruckslos, als sei sie bereit, geistig abzuschalten, sobald ich zu reden anfing.

„Freut mich auch, Miss Hughes.“ Ich ließ meinen Blick über ihr unförmiges Kleid schweifen, das sämtliche Kurven verhüllte. Schlichte, flache Schuhe vervollständigten ihr erbärmliches Outfit. Wahrscheinlich zog sich meine Putzfrau besser an als diese Frau. „Hoffentlich gab es nicht zu viel Verkehr. Sind Sie gut durchgekommen?“

Sie lächelte kurz.

Ihr Blick verriet mir, dass sie keine Lust auf Small-Talk hatte. Das passte mir gut, denn ich konnte das genauso wenig ausstehen. Allerdings war ich mir noch nicht sicher, was ich von dieser kühlen, nüchternen Reporterin halten sollte.

Die Frau war jedenfalls nicht das, womit ich gerechnet hätte. Keine heiße Kleine im hautengen Kleid mit der Brille auf der Nase und einer kunstvoll zerzausten Hochsteckfrisur?

„Haben Sie schon immer in New York gelebt?“, fragte sie und sah mich direkt an. Ich konnte keinerlei Make-up in ihrem Gesicht entdecken. Nicht mal Mascara, um die Augen zu betonen. Mit ein bisschen Schminke könnten diese dunklen Augen richtig hübsch sein. „Meine Kollegin hat mir gesagt, dass Ihre Familie ursprünglich aus Italien stammt.“

„Ja, so geht die Mär“, antwortete ich und versuchte es mit ein bisschen trockenem Humor. Als die Frau nicht mal mit einem höflichen Lachen reagierte, fuhr ich fort: „Aus der Toskana, aber wir leben jetzt schon in zweiter Generation in New York. Mittlerweile sind unsere italienischen Wurzeln ziemlich verwässert. Alles, was ich von meinen italienischen Vorfahren geerbt habe, ist die Schwäche für schöne Frauen, guten Wein und Pasta.“

„Aha.“

„Sie haben eine schöne Hautfarbe. Sind Sie eine Latina?“

„Ein bunter Mix aus verschiedenen Nationalitäten.“ Sie richtete sich noch etwas steifer auf. „Also, verraten Sie mir doch mal, wie es sich anfühlt, zu New Yorks begehrenswertesten Junggesellen zu gehören.“

„Tja, Sie kennen ja das Sprichwort: Es gibt nur eins, was schlimmer ist als das Gerede der Leute, nämlich wenn sie gar nicht mehr über dich reden. Aber ich bin gespannt, was da aus dem Unterholz krabbelt, wenn die Ausgabe Ihres Magazins erscheint. Das könnte interessant werden, bei so was sag ich nie Nein.“

„Wenn Sie gar nicht darauf aus sind, die große Liebe zu finden, hätten Sie das Interview ablehnen können. Ich bin sicher, wir hätten jemanden finden können, der sich stärker auf die Zielrichtung dieser Ausgabe einlässt.“

„Wer hat denn behauptet, ich würde nicht nach der Liebe suchen?“

„Also, meiner Ansicht nach klang das bei Ihrer Bemerkung eben deutlich durch. Frauen, die Interesse äußern, als Dinge zu bezeichnen, die aus dem Unterholz krabbeln, das empfinde ich als beleidigend. Sie nicht?“

Aus meinem Tonfall klang Gereiztheit durch, als ich zugab: „Das war vielleicht eine unglückliche Wortwahl. Vielleicht ist mir diese Aufmerksamkeit peinlicher, als ich zugeben mag. Ehrlich gesagt, habe ich mich nie als interessant genug empfunden, dass man mich zur Titelstory einer Zeitschrift macht. Außerdem weiß ich gar nicht, nach welchen Kriterien ich ausgewählt worden bin.“

Mit falscher Bescheidenheit konnte man immer leicht ein paar Pluspunkte sammeln, aber leider durchschaute Lauren meinen Plan, und das brachte mich aus dem Konzept.

Verdammt, einfach alles an dieser Frau brachte mich aus dem Konzept!

Ich hatte gedacht, Luxe würde mir eine ihrer Vorzeigereporterinnen für das Interview schicken. Vielleicht eine schlanke Praktikantin mit hübschen Titten und einem Po wie von einer Turnerin. Oder eine etwas stilvollere Kollegin mit endlos langen Beinen und langem blondem Haar, das man perfekt packen kann, um den heißen, sinnlichen Mund zum prallen Schwanz zu führen.

Ich unterdrückte meine Enttäuschung. Keine fügsame Praktikantin und keine erfahrene Blondine. Nein, Luxe hatte mir sie geschickt.

Eine nüchterne Spaßbremse.

Und der strenge Dutt auf ihrem Kopf war so straff geschnürt, dass ihr Gesicht aussah wie nach einem Facelifting für Arme.

„Und Sie arbeiten also für Luxe?“ Bei der Frage ließ ich mich ins Sofa sinken. Vielleicht war sie ja Freiberuflerin …

„Seit mittlerweile drei Jahren“, antwortete Lauren mit kühlem Lächeln. „Ich kann mir denken, wie beschäftigt Sie sind, deshalb danke ich Ihnen, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen.“

Komisch, wie sie etwas sagen und mit ihrem Tonfall gleichzeitig etwas völlig anderes ausdrücken konnte. War ihr denn gar nicht klar, was für ein Fang ich war? Unzählige Frauen wären außer sich vor Freude, wenn sie hier mit mir auf dem Sofa sitzen könnten. Im Grunde sollte sie begeistert sein, mich zu interviewen.

Aber sie wirkte in keiner Weise begeistert. Sie schien sich nicht mal zu freuen, hier zu sein.

Mein männlicher Stolz verlangte eine andere Reaktion. Vielleicht musste ich nur dafür sorgen, dass sie ein bisschen lockerer wurde.

„Erzählen Sie mir was über sich“, schlug ich charmant lächelnd vor. Bei diesem Lächeln wurden sogar die zurückhaltendsten Frauen weich. „Gefällt Ihnen Ihre Arbeit bei Luxe?“

„Ich bin nicht hier, um interviewt zu werden. Wir sind hier, um über Sie zu reden.“

„Hmm … Sind wir uns nicht schon mal begegnet?“

„Eher unwahrscheinlich.“ Lauren wirkte verblüfft.

Sie wirkte absolut desinteressiert an allem, was aus meinem Mund kam. Als würde sie hier eine Strafe absitzen. Roch ich vielleicht schlecht? Eine solche Verachtung war mir noch nicht begegnet.

„Erzählen Sie mir doch einfach, was die Menschen Ihrer Meinung nach über Nico Donato erfahren sollten“, schlug sie vor, als wolle sie mir Hilfestellung geben. „Welche Charitys Sie unterstützen, Ihre Hobbys oder alles, wodurch Sie die Welt zu einem besseren Ort machen.“

Schlagartig passten alle Puzzlesteine zusammen. Jetzt wusste ich, wie diese Frau tickte. Alles ergab einen Sinn. Die unmodische Kleidung, die verbitterte Ausstrahlung, die kaum verhohlene Verachtung … und jetzt die Einstiegsfrage, auf die sie die Antwort anscheinend bereits zu kennen glaubte. Sie wollte mich in die Schublade stecken, die sie bereits für mich ausgewählt hatte.

Lauren Hughes war hier, um mich zu verurteilen. Es war an der Zeit, das Gespräch etwas interessanter zu gestalten. Wenn sie glaubte, sie habe mich durchschaut, dann würde ich ihr etwas zu knabbern geben.

Lächelnd beugte ich mich etwas vor. „Ich will zwar nicht prahlen, aber letzte Woche habe ich im Buxom die Getränkerechnungen aller Gäste übernommen. Hat mich wahrscheinlich fast zehn Riesen gekostet, aber ich hab’s gern getan. So bin ich nun mal. Immer großzügig.“

„Im Buxom? Dem Stripclub?“ Reglos saß sie da und zog die Brauen zusammen.

„Es ist eher ein Club für Gentlemen, aber ja, wahrscheinlich könnte man es als Stripclub bezeichnen. Sie müssen wissen, dass die Mädchen dort wirklich hart arbeiten. Das ist auf jeden Fall ein Beruf, der oft missverstanden wird. Ich bin sicher, es gibt mindestens eine Lady dort, die sich mit ihren Auftritten das Jurastudium finanziert. Und wer könnte etwas dagegen haben, wenn man jemanden unterstützt, der sich weiterbilden will?“

„Sehr großzügig von Ihnen“, erwiderte Lauren kühl und presste die Lippen aufeinander, bevor sie fortfuhr: „Ist bestimmt nett, wenn man in der Lage ist, die Laster anderer Leute zu finanzieren.“

„Laster machen Spaß. Sie sollten das auch mal probieren.“

„Danke, aber ich denke, das habe ich nicht nötig.“

„Ach, kommen Sie. Irgendein Tabu muss es doch geben, das bei Ihnen den Schalter umlegt.“

„Tut mir leid, ich bin ziemlich langweilig.“

„Nehmen Sie mir die Neugier nicht übel.“ Jetzt wollte ich nur noch herausfinden, wie sehr ich diese Tugendpriesterin aus der Fassung bringen konnte. „Vielleicht … haben Sie ja ab und zu einen kleinen Klaps ganz gern? Oder ein bisschen Spaß mit Handschellen oder Fesseln? Insgeheim, wenn die Gardinen zugezogen sind?“

Mit professioneller Gelassenheit deutete sie auf den Rekorder in ihrer Hand, doch ich spürte, dass es in ihr kochte. „Können wir bitte wieder zum Interview zurückkommen?“

„Ach, ist das denn nicht alles Teil des Interviews?“

„Ich kann schlecht schreiben, dass Sie Stammgast im Buxom sind. Das wäre keine vorteilhafte Information in einem Artikel, der Sie als guten Fang erscheinen lassen soll.“

„Ich bin ein guter Fang.“

Sie zuckte mit den Schultern, als wolle sie sagen, das müsse jeder für sich selbst beantworten. „Konzentrieren wir uns auf die Grundlagen. Ich habe hier ein paar bewährte Fragen, die üblicherweise zu guten und soliden Antworten führen. Können wir?“

„Schießen Sie los.“

„Hund oder Katze?“

„Weder noch. Überall Haare, und sie kotzen und scheißen das Apartment voll.“ Mit ausholender Geste deutete ich auf meine Penthouse-Suite. „Es ist ja offensichtlich, wie viel Wert ich auf eine saubere Umgebung lege, in der ich meine Gäste empfangen kann.“

„Hmm … Mögen Sie gar keine Haustiere?“

„Nein, eigentlich nicht.“

„Gar keins? Nicht mal einen Hamster oder ein Kaninchen?“

„Nein, aber ich habe eine Schwäche für Spielchen.“

„Ach ja? Brettspiele? Cluedo, Monopoly, so was in der Art?“ Interessiert neigte sie den Kopf zur Seite.

„Haben Sie schon mal von Ponyplay gehört?“

Verständnislosigkeit zeigte sich auf ihrem Gesicht. „Ponyplay? So was Ähnliches wie Polo?“

Ich lachte leise und genoss die Situation viel mehr, als ich sollte. Aber ich wollte unbedingt sehen, wie sie rot wurde, wenn sie meine Erklärung hörte.

„Stellen Sie sich einen schönen Pferdeschweif vor, der an einem Dildo hängt. Dieser Dildo kommt in einen hübschen Arsch, sodass der Schweif zwischen den Backen hängt. Dann bekommt die Lady noch Zaumzeug und Zügel, und wenn’s gut läuft, kann man das Pony die ganze Nacht reiten.“

Fassungslos schnappte sie nach Luft. Völlig aus dem Konzept gebracht, schaltete sie den Rekorder aus und warf mir einen finsteren, wütenden Blick zu. Aber ihre Wangen waren so glühend rot, als hätte man darauf Spiegeleier braten können.

„Mr. Donato … das … das … das ist widerwärtig.“

Ich lachte. „Kein vorschnelles Urteil über Dinge, die man noch nicht ausprobiert hat.“

„Und unangebracht. Also … absolut unangebracht im Rahmen eines solchen Interviews. Ich kann nicht schreiben, dass Sie Frauen gern Dinge in den Arsch schieben und sie wie ein Pferd reiten. Ich meine, kommen Sie schon!“

„Ich dachte, Sie wollen etwas Ehrliches hören. So bin ich. Ich möchte, dass meine potenzielle Partnerin in puncto Sex genauso offen und tabulos ist wie ich. Sonst ist es von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Stellen Sie sich bloß mal vor, wie viel Schmerz und Liebeskummer es uns beiden einbringen würde, wenn ich nicht ehrlich bin und wir erst später erkennen, dass wir sexuell nicht zueinander passen. Beim Sex ist Ehrlichkeit das Allerbeste.“

Mit dieser scheinbar einleuchtenden Logik hatte ich sie ausmanövriert. Sie konnte nicht viel gegen meine Argumente einwenden.

Lauren schürzte die Lippen, als könne sie nur mühsam zurückhalten, was ihr auf der Zunge lag. Nur los, Mädchen, lass es raus. Sag mir, was für ein perverser Mistkerl ich bin.

„Mr. Donato …“

„Bitte nennen Sie mich doch Nico. Mr. Donato, das klingt so förmlich. Außerdem muss ich bei dieser Anrede immer an meinen älteren Bruder Luca denken oder an meinen Vater. Beide sind totale Spaßbremsen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und ich bin das absolute Gegenteil von den beiden.“ „Verraten Sie mir, bei welchem Sextabu Ihnen heiß wird. Irgendwas muss es doch geben, das bei Ihnen den Ofen anheizt …“

Sie verengte die Augen zu Schlitzen und sagte eisig: „Darf ich ganz offen sprechen?“

Jetzt wird’s spannend. Mit großzügiger Geste gab ich ihr die Erlaubnis. „Tun Sie sich keinen Zwang an.“

„Mir ist bewusst, dass Sie den Ruf eines Playboys haben.“

„Ich habe einen Ruf?“, wiederholte ich scheinbar besorgt. „Verraten Sie mir, geht es dabei um meinen Schwanz?“

„Ihr Ruf als Frauenheld eilt Ihnen voraus, Mr. Donato. Aber ich bin hier, um Sie als begehrenswerten Junggesellen darzustellen. Diesem Interview haben Sie zugestimmt, wenn ich Sie daran erinnern darf. Wenn Sie also nichts dagegen haben, wäre es nett, wenn Sie wenigstens so täten, als würden Sie das hier ernst nehmen. Wir führen das Interview zu Ende, und ich mache mich wieder auf den Weg. Wie klingt das für Sie?“

Jetzt war es an mir, den Verärgerten zu spielen. Was musste man tun, damit diese Frau ein bisschen lockerer wurde?

„Wie wär’s mit Dinner? Heute Abend“, schlug ich vor und stellte mir vor, wie sie aussehen mochte, wenn sie das Haar nicht so straff nach hinten zog, als sei sie eine Nonne beim Papstbesuch.

„Nein, danke“, antwortete sie und verzog verärgert den Mund. „Das Interview bitte.“

Ich stieß einen Seufzer aus und ließ mich nach hinten sinken. „Schön. Ich beantworte Ihre Fragen, aber nur, wenn Sie mir meine beantworten.“

„So läuft das aber nicht.“ Ihr Tonfall klang entnervt, doch ich ahnte, dass sie sich nicht ihren ganzen Ärger anmerken ließ. Ich wäre jede Wette eingegangen, dass Lauren Hughes mich am liebsten gefesselt hätte, um mir dann die Seidenkrawatte in den Mund zu stopfen und mir mit aller Kraft in die Eier zu treten.

Und, verdammt, es gefiel mir!

Das Spiel, das wir zwei spielten, war gerade in die nächste Runde gegangen.

3. KAPITEL

Lauren

Mir riss fast der Geduldsfaden. Dieses Interview war die reinste Zeitverschwendung. Patrice musste jemand anderen schicken, um sich mit diesem Egomanen abzugeben. „Ich bin nicht hier, um Spielchen zu spielen. Wenn Sie einen neuen Termin ausmachen möchten, an dem Sie sich nicht ganz so sehr wie ein unreifes Ekel aufführen, dann lassen Sie es mich wissen.“ Ich stand auf, hängte mir die Tasche über die Schulter und wollte gehen.

„Einen Moment.“ Nico stolperte fast über die eigenen Füße, um mich abzufangen, bevor ich die Tür erreichte. „Es tut mir leid. Ich bin manchmal eben ein unreifes Ekel. Können wir noch mal von vorn anfangen?“

Diesmal klang er halbwegs ernsthaft, und das ließ mich zögern. Wenn ich dieses Interview bekam, würde mir das nützen, aber Nico hatte etwas an sich, was mich fast zur Weißglut trieb. Dennoch wäre mein Leben zehnmal unkomplizierter, wenn ich diese Story hinbekam, und dazu brauchte ich unbedingt dieses Interview.

Ich stieß die Luft aus und fragte misstrauisch: „Und Sie versprechen, sich zu benehmen?“

In seinen blauen Augen blitzte es frech, aber er brachte ein sehr ernsthaftes „Pfadfinderehrenwort“ heraus. Das an sich war schon lachhaft, aber wenigstens hatte er versucht, sich zu entschuldigen. Ich beschloss, ihm eine zweite Chance zu geben, und nahm wieder auf dem Sofa Platz. Als er sich neben mich setzte, musterte ich ihn sofort wieder voller Misstrauen. „Wäre es nicht besser, wenn Sie wieder da drüben sitzen?“ Ich deutete auf den Sessel.

„Ehrlich gesagt, kann ich seit einem Segelunfall in meiner Kindheit auf dem linken Ohr schlecht hören. Deshalb wäre es, wenn wir ein ernstes Interview führen wollen, wirklich besser, wenn ich etwas näher bei Ihnen sitze.“

Ich nickte zögerlich. „Also schön.“

Geduldig wartete Nico, bis ich das Aufnahmegerät wieder aus meiner Handtasche geholt hatte. Er war bereit, sich weiter zu unterhalten.

„Beschreiben Sie mir Ihr perfektes Date“, schlug ich vor und hielt ihm erwartungsvoll den Rekorder vors Gesicht.

Er zögerte keine Sekunde. „Sex. Schmutziger, verschwitzter Sex.“

O Gott! Das durfte doch nicht wahr sein! War es denn zu viel verlangt, von diesem Mann eine einzige Antwort zu bekommen, bei der man Kindern nicht die Ohren zuhalten musste? „Können Sie mir vielleicht irgendwas geben, worauf ich meinen Artikel aufbauen kann? Ich kann nicht schreiben, dass Ihrer Ansicht nach nichts als Sex zu einem guten Date gehört.“

„Wieso nicht? Das ist die Wahrheit“, sagte er, und diesmal erkannte ich, dass er vollkommen ehrlich war. Ich ignorierte das unpassende und absolut nicht angebrachte Prickeln, das mir den Rücken hinablief.

Wie sollte ich vorgehen? Mein Bauchgefühl riet mir, meine Sachen zu packen und zu verschwinden. Trotzdem fuhr ich fort: „Im Ernst? Entschuldigen Sie, aber das ist doch Bullshit. Finden Sie das nicht selbst ein bisschen oberflächlich?“

„Ganz und gar nicht. Worum geht es denn bei einem Date? Darum, jemanden kennenzulernen, richtig?“

Ich nickte zögernd und blieb misstrauisch. „Ja, ich schätze schon.“

Lächelnd fragte er: „Darf ich?“ Er griff nach meiner Hand.

Ich zögerte, gab jedoch nach und ließ zu, dass Nico meine freie Hand ergriff. Er drehte sie mit der Handfläche nach unten und strich an den dünnen Venen unter meiner Haut entlang. Ich kämpfte gegen das sinnliche Prickeln an und versuchte, nach außen hin unbeteiligt zu erscheinen, nach Möglichkeit sogar gelangweilt.

„Sagen wir mal, Ihre Handfläche sei Ihr geheimes Ich, und Ihr Handrücken der Schutzschild, den wir uns zulegen, um unsere empfindsame Seite zu schützen. Die vertrauen wir nur den Menschen an, denen wir vertrauen, weil sie uns nicht verletzen.“

Ich begriff nicht ganz, worauf er hinauswollte. „Was hat das mit Sex beim ersten Date zu tun?“

Langsam drehte er meine Handfläche nach oben. „Sex zeigt uns die Verletzlichkeiten auf und unsere tiefsten Wahrheiten. Dabei müssen wir die Fassade ablegen, hinter der wir uns vor der Welt verstecken. Sex entfernt diese Fassade und legt unsere empfindsamsten Stellen schutzlos bloß.“

Ich schluckte. Kleine Schauer durchrieselten mich. Ich konnte ein leichtes Zittern nicht unterdrücken. Auf einmal kam es mir in dem Apartment viel wärmer vor. Die Luft schien elektrisch aufgeladen zu sein. „Ich denke … ich verstehe, was Sie meinen … Aber es ist sehr weit hergeholt“, log ich, weil ich ihn auf keinen Fall merken lassen wollte, wie heiß mir bei seiner kleinen Demonstration geworden war.

Lachend schüttelte er den Kopf. „Ganz ehrlich, Miss Hughes. Sex macht uns alle gleich. Gibt es eine bessere Art herauszufinden, ob zwei Menschen wirklich zusammenpassen, als auf dieser Ebene der absoluten Wirklichkeit?“

„Interessante Theorie, aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das in den Artikel aufnehmen kann. Luxe ist nicht so eine Zeitschrift. Bei uns geht es mehr um Stil als um Klatsch.“

Das war eine komplette Lüge. Patrice wäre begeistert von Nicos These und würde den Absatz bestimmt noch als Zitat hervorheben, aber ich brachte es nicht über mich, das zuzugeben.

Die schreckliche Wahrheit war, dass Nico es irgendwie geschafft hatte, seine absonderliche Erklärung so erotisch zu demonstrieren, wie ich es noch nie erlebt hatte. Ich hasste es, wie atemlos ich mich fühlte. Schließlich war ich nicht wie Daphne, die man mit den richtigen Worten allzu leicht verführen oder betören konnte.

Offenbar unbeeindruckt zuckte Nico mit den Schultern. „Ich bin lediglich ehrlich. Sie haben mich gefragt, wie ich mir das perfekte Date vorstelle, und ich habe geantwortet.“

„Dann lügen Sie bitte. Vergessen Sie nicht, dass Frauen sich beim Lesen dieses Artikels überlegen werden, wie sie Sie beeindrucken können. Dies ist Ihre einmalige Chance, Ihre Träume zu formulieren und mit der Öffentlichkeit zu teilen.“

„Wie zum Beispiel, wie meine Traumfrau aussieht?“, fragte er nach.

„Zum Beispiel“, antwortete ich und war neugierig, wie er sich die ideale Partnerin vorstellte.

Aber Nico schien bei diesem Gedankenspiel nicht mitmachen zu wollen. Geschickt wich er dem Thema aus, indem er mit Blicken sinnlich an meinem Hals entlangglitt. „Waren Sie jemals Tänzerin?“

Die Frage kam für mich völlig überraschend, und ich wurde ein bisschen rot, als ich es zugab. „Äh, ja, als ich noch jünger war. Das ist eine Ewigkeit her.“

„Wieso haben Sie damit aufgehört?“

„Mit sechzehn habe ich mir bei einem Grand Jeté das Knie verletzt. Das ist nie ganz verheilt, und weil ich es mit so einer Verletzung nie ins New York City Ballet geschafft hätte, habe ich ganz mit dem Tanzen aufgehört.“

„Tragisch“, stellte er leise fest, und ich merkte, dass ihm das ernst war. „Soweit ich weiß, kommen Verletzungen bei Tänzern häufig vor, aber mit der richtigen Behandlung und Therapie können sie vollständig heilen.“

Wie sollte ich jemandem wie Nico begreiflich machen, dass eine solche Behandlung weit außerhalb der finanziellen Möglichkeiten meiner Familie gelegen hatte? „Meine Eltern hatten nicht das Geld für eine derart intensive Behandlung der Verletzung. Ich konnte von ihnen nicht verlangen, sich komplett zu verschulden, nur damit ich weiter tanzen kann.“ Entschlossen hob ich den Rekorder etwas an. „Kommen wir zurück zu Ihrer Traumfrau.“

Gelassen lächelte Nico, ohne auf meine Aufforderung einzugehen. „Ich hatte schon immer eine Schwäche für Tänzerinnen. Selbst wenn sie schon lange nicht mehr tanzen, umgibt sie immer noch so eine Aura von Anmut.“

Dagegen konnte ich nichts einwenden. Ich war stolz auf meine Körperhaltung, die ich mir in meiner Zeit als Tänzerin angewöhnt hatte.

„Vermissen Sie das Tanzen?“

„Das ist schon sehr lange her.“

„Das habe ich nicht gefragt“, entgegnete er lächelnd.

„Nicht ich werde hier interviewt.“

Er ließ den Blick über mein Kleid gleiten, und ich konnte sein modisches Urteil fast so deutlich hören wie die ständigen abfälligen Bemerkungen von Patrice. Haben die Leute denn wirklich nichts Besseres zu tun, als andere Menschen nach ihrer Kleidung zu beurteilen?

Nico wandte den Blick überraschenderweise ab, als habe er meine Gedanken gehört. „Kommen wir mal aufs Wesentlich zu sprechen: Sie halten nicht viel von mir“, stellte er sachlich fest. „Wie kommt das?“

Schuldbewusst wurde ich rot. Ich musste wirklich an meinem Pokerface arbeiten, wenn man mich so leicht durchschauen konnte. Vielleicht hatte ich mir auch einfach nicht genug Mühe gegeben, meine Verachtung zu verbergen.

„Ich finde Sie ganz okay“, widersprach ich und bemühte mich um ein ehrliches Gesicht. „Jedenfalls reicht es für dieses Interview. Ich bezweifle, dass wir genug Gemeinsamkeiten hätten, um befreundet zu sein, aber … Sie sind bestimmt ein toller Kerl.“

„Und Sie sind eine grauenhaft schlechte Lügnerin. Wieso mögen Sie mich nicht?“

Er würde nicht aufhören, weiter nachzuhaken. Durch Lügen konnte ich alles aufs Spiel setzen, also blieb mir nur noch die Wahrheit. Ich schaltete schon wieder den Rekorder aus. „Für unser Interview ist es zwar völlig irrelevant, aber es könnte ja sein, dass ich mit Menschen wie Ihnen nicht viel anfangen kann.“

„Wie sind Menschen wie ich denn?“

„Wollen Sie das wirklich unbedingt hören? Sehen Sie, es gibt bestimmt viele Frauen, die für ein Date mit Ihnen den rechten Fuß hergeben würden. Ich gehöre nur einfach nicht zu diesen Frauen.“

„Ich habe Sie ja auch nicht gefragt, ob Sie ein Date mit mir wollen. Ich möchte wissen, wieso Sie mich nicht mögen. Aber da Sie es nun schon angesprochen haben: Wieso wollen Sie kein Date mit mir?“

Wie hatte mir die Kontrolle über dieses Interview so entgleiten können? Mir hätte klar sein müssen, dass die Donatos es meisterhaft verstanden, die Menschen zu manipulieren.

„Denken Sie wirklich, ich würde Ihre Abneigung nicht bemerken? Sie müssen schon besser schauspielern, wenn Sie irgendjemandem weismachen wollen, dass Sie mich nicht für einen großen Haufen Scheiße halten. Was ich nicht begreife, ist, wieso Luxe meine Familie derart beleidigt, indem sie mir jemanden schicken, der es offensichtlich hasst, dieses Interview mit mir zu führen. Was soll der Scheiß?“

„Wenn Sie von Anfang an vorhatten, den Widerling zu spielen, wieso haben Sie mich dann nicht gehen lassen?“

„Ich war neugierig, aber jetzt bin ich nur noch gelangweilt und verärgert.“

„Wieso spielt meine Meinung für Sie überhaupt eine Rolle?“, erwiderte ich. Nico reizte mich zum Widerspruch, obwohl Einlenken klüger gewesen wäre.

Für Patrice wäre diese Katastrophe von Interview sicherlich keine sonderlich große Überraschung.

Würde sie mich feuern?

Vielleicht.

Nico beugte sich vor und kam mir deutlich zu nah. „Sie halten mich für einen Nichtsnutz mit Treuhandfonds, der nichts tut, als sein Geld für Huren und Drogen zu verschwenden oder zumindest für Stripperinnen und Alkohol.“

Als ich es nicht leugnete, lachte er mich aus, als sei ich eine Anfängerin. „Meine Familie spendet eine Unmenge an Geld an die unterschiedlichsten Organisationen und Charitys, aber wir vermeiden es ganz bewusst, mit unserer Wohltätigkeit hausieren zu gehen, weil wir finden, dass das unsere Privatangelegenheit ist. Uns liegt nichts an der öffentlichen Anerkennung. Deshalb sprechen wir nicht darüber, aber nur weil wir damit keine Werbung machen, gehen Sie davon aus, ich sei ein reicher Playboy, der sich mit Geldscheinen den Hintern abwischt.“

Genau das hatte ich über ihn gedacht. War es möglich, dass ich ihn unterschätzt hatte? „Mein erster Eindruck von Ihnen war vielleicht falsch, aber Sie haben sich keine große Mühe gegeben, mich vom Gegenteil zu überzeugen.“

„Haben Sie das von mir erwartet? Wäre es normalerweise nicht eher so, dass Sie aufgeschlossen herkommen, um sich im Gespräch mit mir Ihr Urteil zu bilden? Sie waren unhöflich“, stellte er nüchtern fest.

Ich biss mir innen auf die Wange, bevor ich es widerwillig zugab. „Das stimmt.“

„Sie geben es zu?“

„Ich war mir meiner Unhöflichkeit nicht bewusst. Lassen Sie uns bitte noch mal von vorn anfangen.“

„Wahrscheinlich sollte ich die Zeitschrift bitten, mir eine andere Reporterin zu schicken. Das wäre vielleicht besser.“

„Bitte tun Sie das nicht.“

„Ich glaube, es wäre für alle Beteiligten die einfachere Lösung.“

„Und ich versichere Ihnen, dass es das nicht ist. Es sei denn, Sie wollen, dass irgendein Idiot Ihre Story schreibt“, erwiderte ich.

„Niemand mag es, wenn man vorschnelle Urteile über ihn fällt“, stellte er ruhig fest, und ich ahnte, wieso er das sagte. Anscheinend konnte selbst Nico Donato sich nicht davon freimachen, welches Bild von ihm in der Öffentlichkeit kursierte.

„Es tut mir leid. Ich hätte hier nicht mit vorgefassten Ansichten über Sie herkommen sollen.“

Nico schien so weit besänftigt, dass er meine Entschuldigung annahm. Ich versuchte es mit einem aufrichtigen Lächeln. „Können wir neu anfangen? Alles vergessen? Ich verspreche, auch wenn ich mich bisher nicht sehr vorteilhaft aufgeführt habe, kann ich ziemlich gut schreiben. Niemand bei Luxe bekommt einen Artikel so gut hin wie ich.“

Nachdenklich musterte Nico mich. Der Blick seiner blauen Augen verdüsterte sich. Ich musste zugeben, dass Nico Donato wirklich ansehnlich war. Es war schon sehr lange her, dass mir bei einem Mann erotische Gedanken kamen.

Zwischen uns schien eine gewisse Energie zu pulsieren. Ein Waffenstillstand mit Nico half mir jedenfalls, meinen Job zu behalten.

Nico strahlte etwas aus, eine Art sexuelle Voodoomacht, und schon jetzt konnte ich spüren, dass zwischen uns etwas passierte, auch wenn es noch in den Anfängen steckte. Aber wahrscheinlich brauchte es nur einen Funken, um die Feuersbrunst zu entfachen.

Und genau davor hatte ich panische Angst.

4. KAPITEL

Nico

„Ich bin wirklich kein Arschloch“, beharrte ich. Dass Lauren jede meiner Provokationen spielend leicht parierte, fand ich verdammt heiß und erregend. Ich musste unbedingt mehr über diese Frau herausfinden, mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung standen. „Okay, wie wär’s damit: Ich beantworte alle Ihre Fragen. Beim Dinner.“

„Beim Dinner? Wieso?“

„Seien wir ehrlich, wir haben dieses Interview beide gründlich vergeigt. Machen wir reinen Tisch und fangen neu an. Ich gehe mal davon aus, dass wir zwei vernünftige Menschen sind, die in der Lage sind, den schrecklichen ersten Eindruck zu vergessen und einen zweiten Anlauf zu nehmen. So was geht am besten bei einem Glas Wein.“

„Dinner, aber kein Wein. Rein geschäftlich. Keine Spielchen“, erwiderte sie. „In einem hell erleuchteten Restaurant.“

Entschieden schüttelte ich den Kopf. „Hier bei mir.“

„Mir wäre es in einem Restaurant lieber.“

Sie gehörte nicht zu den Frauen, die sich leicht beeindrucken oder einschüchtern ließen. Also musste ich es anders probieren. „Darf ich ganz offen sein?“ Ich sah sie interessiert nicken. „Es mag Sie überraschen, aber ich koche liebend gern. Kochen ist das Einzige, das mir nicht einfach so in den Schoß gefallen ist. Ich habe mir diese Fertigkeiten mühsam angeeignet. Wenn ich Ihre Meinung über mich ändern will, dann besteht meine beste Chance darin, für Sie zu kochen.“

Sie konnte nicht wissen, dass ich wirklich die Wahrheit gesagt hatte. Natürlich verschwieg ich, dass ich schon vor langer Zeit entdeckt hatte, wie unwiderstehlich Frauen einen Mann fanden, der kochen kann.

Nach langem Überlegen nickte Lauren und nahm meinen Vorschlag an. „Wir fangen bei null an, Mr. Donato. Bis heute Abend. Um sieben Uhr.“ Sie stand auf und streckte mir die Hand hin, als wolle sie den Deal besiegeln. Leise lachend schlug ich ein. Ich brannte darauf zu erfahren, was für ein Körper sich unter dem hässlichen Kleid verbarg.

Aber ich spielte die Rolle des Gentleman, öffnete ihr die Tür und sah ihr nach, ohne ihr irgendeine unangemessene oder zweideutige Bemerkung nachzurufen.

Ich vermutete stark, dass sich bei Lauren unter der schroffen Kohle ein funkelnder Diamant versteckte, und ich war es nicht gewohnt, dass eine Frau mich regelrecht von sich stieß. Meistens musste ich fast grob werden, um mir die Frauen vom Hals zu halten.

Bei Lauren war es ganz anders.

Ich musste daran denken, dass sie für Luxe arbeitete. Sie passte absolut nicht ins Schema dieser schrillen Zeitschrift.

Alles an dieser Frau faszinierte mich. Verdammt, ich war von meinem Alltag so gelangweilt, dass ich beschloss, dieses Mysterium zu ergründen.

5. KAPITEL

Lauren

Ich trat hinaus auf die Straße und konnte mir nicht erklären, was da zwischen Nico und mir abgelaufen war. Wie hatte er es überhaupt geschafft, den Spieß so geschickt umzudrehen?

All sein Gerede über einen neuen Anfang und einen besseren ersten Eindruck kaufte ich ihm nicht ab, aber er hatte irgendetwas an sich, was in mir den Wunsch weckte, auf sein Spiel einzugehen.

Aber ich war ihm nicht hilflos ausgeliefert. Wenn er dachte, er könne mich mit seinem Charme zum Schmelzen bringen, während er mich mit seinen Kochkünsten beeindruckte, dann würde er sich noch wundern, wenn er frustriert und mit Samenstau ins Bett ging. Ein gutes Dinner, für das ich nichts tun oder bezahlen musste? Da war ich mir nicht zu schade, die Einladung anzunehmen.

Mein Ex Houston stammte aus einer reichen Familie, und er hatte alle Register gezogen, um mich zu beeindrucken. Leider hatte das bei dem naiven Mädchen, das ich damals noch gewesen war, funktioniert. Allerdings war ich heute nicht mehr das Mädchen von damals. Ungeplant schwanger und dann sitzengelassen zu werden – das brachte sicher jedes Mädchen dazu, schnell erwachsen zu werden.

Heute war ich abgeklärter und ziemlich sicher, dass jeder Mensch seine eigenen Pläne verfolgte.

Ach, verdammt! Mir fiel ein, dass ich für heute Abend noch einen Babysitter für Grady brauchte.

Ich rief meine jüngere Schwester Claire an und hoffte, dass sie Zeit hatte. Doch ich erreichte nur ihren Anrufbeantworter.

Ich biss mir auf die Unterlippe und konnte mich nicht entscheiden, ob ich nun meine Mom oder Ronnie anrufen sollte.

Ich entschied mich für Ronnie.

„Hey, Baby, hast du heute Abend Zeit, für mich auf Grady aufzupassen?“, fragte ich, während ich ein Taxi anhielt.

„Ach, Süße, ich bin leider schon fest verplant.“

„Macht ja nichts. Trotzdem danke“, sagte ich leise lachend.

Folglich blieb nur noch meine Mutter übrig.

Hmm. Meine Mom und ich waren fast immer unterschiedlicher Meinung. Zum Beispiel fand sie, ich solle von Gradys Dad Unterhalt einfordern, obwohl ich ihr immer wieder erklärt hatte, dass es für Grady und mich besser war, keinerlei Kontakt mehr zu Houston zu haben. Houston tat so, als habe er überhaupt keinen Sohn, und damit war ich absolut einverstanden. Aber für meine Mom ließ ich mir dadurch eine Menge Geld entgehen.

„Er muss Verantwortung für seinen Sohn übernehmen“, hatte sie während eines der vielen sinnlosen Streits gesagt. „Geld hat er genug. Er muss zahlen.“

„Ich will nicht, dass Houston Kontakt zu Grady hat“, hatte ich geantwortet und gehofft, die Diskussion sei damit beendet. „So sind wir besser dran. Houston ist nicht bereit für die Vaterrolle.“

„Das hättest du bedenken sollen, bevor du dich von ihm hast schwängern lassen. Wenn dein Vater das noch erleben würde … Er würde mit dem jungen Mann ein ernstes Wörtchen reden.“

Ich hasste es, wenn sie meinen Vater erwähnte.

Deshalb war ich jetzt nicht begeistert von der Idee, sie zu bitten, Babysitter zu spielen.

Lieber würde ich Grady mitnehmen.

Der Gedanke kam mir erst absurd vor, aber dann erkannte ich, dass es vielleicht genial wäre.

Ganz bestimmt würde Nico nichts Unangemessenes versuchen, wenn ein Sechsjähriger mit im Raum war.

Die Idee hatte ihren Reiz. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, dass es die ideale Lösung für eine schwierige Situation war.

In Gradys Gegenwart konnte ich die Unterhaltung leichter immer wieder zurück zum Thema bringen, und mit Grady als Vorwand könnte ich auch pünktlich wieder gehen.

Ich würde mein Interview bekommen und unbehelligt wieder aus Nicos Apartment entkommen.

Problem gelöst!

6. KAPITEL

Nico

Den heutigen Abend hatte ich bestens vorbereitet. Perfekte sanfte Musik, gedämpftes Licht und ein Menü, von dem bisher noch alle begeistert gewesen waren.

Meiner Meinung nach sollten Männer zwei Dinge gut können: kochen und ficken.

Und ich war in beidem ausgezeichnet.

Es klingelte an der Tür. Anscheinend war dieser Frau Pünktlichkeit wichtig.

Strahlend lächelnd ging ich zur Tür und war bereit für die nächste Runde mit Miss Hughes. Doch als ich die Tür öffnete, erstarrte mir das Lächeln im Gesicht. Mit dieser Situation war ich überfordert.

„Hallo. Ich heiße Grady.“

Ein kleiner Junge mit einer riesigen Brille auf der Stupsnase streckte mir seine kleine Hand hin. Ich zögerte. Aber Lauren klärte die Überraschung schnell auf. Und wenn ich mich nicht irrte, lag dabei ein spöttischer Ausdruck in ihrem Blick.

„Single Mom ohne Babysitter. Das bedeutet, der Junge muss heute Abend leider mit zur Arbeit kommen. Ich hoffe, das stört Sie nicht.“ Sie lächelte, als wisse sie genau, dass durch das Kind gerade all meine raffinierten Pläne zerstört worden waren. Genau in diesem Moment fing in meiner Playlist ein sexy Song an, und ich fühlte mich ertappt, als habe sie mich mit heruntergelassener Hose erwischt.

Aber ich brauchte nicht lange, um mich anzupassen. Schnell erwiderte ich das Lächeln. „Keine Sorge. Freut mich, dich kennenzulernen, kleiner Mann.“ Ich schüttelte dem Jungen die Hand und war beeindruckt von dem festen Druck. „Kommt rein. Ihr habt Glück, dass ich mich nicht für das Hummer-Soufflé entschieden habe. Ich dachte, zu unserem Interview passt eher etwas weniger Förmliches. Hoffentlich mögt ihr zwei Spaghetti.“

Grady antwortete zuerst. „Ich liebe Spaghetti! Das ist mein Lieblingsgericht! Hast du auch Knoblauchbrot gemacht?“

Ein bisschen altklug, der Kleine. Ich mochte ihn jetzt schon. „Klar doch. Jeder echte Italiener, der etwas auf sich hält, serviert zu einem Gericht Brot.“

„Guter Mann.“ Grady nickte anerkennend, während er in mein Wohnzimmer vorausging und sich umsah. „Meine Mom hat gesagt, dass du viel Geld hast, aber keine Moral. Wie gut kannst du denn kochen?“

Entsetzt schnappte Lauren nach Luft. Die Direktheit ihres Sohns war ihr peinlich. „Grady! Lieber Himmel, das tut mir leid.“ Dabei versuchte sie, ihren Sohn mit einem Blick zum Schweigen zu bringen.

Ich musste lächeln.

„Ich weiß gar nicht, was mit ihm los ist. In der Schule haben sie dasselbe Problem mit ihm. Man kann nicht immer alles sagen, was einem durch den Kopf geht, Grady! Bitte entschuldige dich.“