Till - Audrey Night - E-Book

Till E-Book

Audrey Night

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  • Herausgeber: BookRix
  • Sprache: Deutsch
Beschreibung

Till soll seinen totgeglaubten Vater von einem Giftfluch befreien, wird es ihm gelingen, sich gegen seine neuen Feinde durchzusetzen? In einer Welt voll mystischer Wesen, von denen er zuvor dachte, sie würden nicht existieren, wird er in einen leisen Krieg gezogen und muss sich beweisen. Aurelia, eine tapfere Elfenkriegerin, steht ihm zur Seite. Geheimnisse werden gelüftet und machen alles nur noch schlimmer. Manchmal ist es besser, wenn man Dinge im Verborgenen lässt.

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Seitenzahl: 174

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Audrey Night

Till

und das Geheimnis des Schlüsselwächters

BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Table of Contents

Table of Contents

Titelseite

Buchbeschreibung

Vorwort

1. Ein ganz normaler Tag?

2. Eine fast unbekannte Welt

3. Der kranke König

4. Gut vorbereitet, ist halb gewonnen

5. In eurer Welt nennt ihr es Ghetto

6. Wir brauchen Waffen

7. Gefahr im hohen Gras?

8. Ein unverhofftes Wiedersehen

9. Wie man vor Angst verrückt wird

10. Schau ihr nicht in die Augen

11. Falsches Spiel?

12. Rettung in letzter Sekunde

13. Dem Geheimnis auf der Spur

14. Es kommt immer anders ...

15. Von Menschenkindern und anderen Wesen

16. Alles oder nichts

17. Von Intrigen und Lügen umgeben

18. Nur ein Fünkchen Hoffnung

19. Der Ruf zum Volke

20. Tharos auf der Flucht

21. Till und der Thron

22. Nichts ist so, wie es scheint

Impressum

Titelseite

AUDREY NIGHT

 

TILL UND DAS GEHEIMNIS DES SCHLÜSSELWÄCHTERS

 

Buchbeschreibung

BUCHBESCHREIBUNG

 

Ein Duft, der ihn träumen lässt, nur für kurze Zeit, euch die Magie erlässt, macht sich nun bereit, um euch zu    geben, was lindern

wird euer Leid.

 

Magische Wesen zaubern Till in die geheimnisvolle Welt von Galumas . Er soll seinen totgeglaubten Vater von einem Giftfluch und dessen Königreich von einem Verräter erlösen.

 

Keine einfache Aufgabe, denn Sirenen, Drachen und andere magische Wesen wollen ihn aufhalten. Sein Weg wird mystisch . Die junge Elfenkriegerin Aurelia wird ihn begleiten, doch werden sie die Aufgaben bestehen und Galumas retten?

 

Eine Geschichte von Verrat, Intrigen und Magie.

Vorwort

VORWORT

 

Gialas erzählt euch eine Geschichte, meine Geschichte. Wer ich bin? Ich bin Till. Mein Alter möchte ich nicht preisgeben – noch nicht. Aber ich kann euch sagen, dass ich zum Zeitpunkt meiner Geschichte ein ganz gewöhnlicher zwölfjähriger Junge war, na ja, fast gewöhnlich. Ihr werdet später merken, dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie zu sein scheinen.

 

Hört Gialas aufmerksam zu und taucht ein in meine Welt.

1. Ein ganz normaler Tag?

1. EIN GANZ NORMALER TAG?

 

Schweißgebadet wachte Till auf. Er hatte einen Albtraum wie jede Nacht in den letzten sieben Wochen. Till träumte von Wesen, die eigentlich gar nicht existieren konnten. Sie waren nur verschwommen zu sehen, dennoch erkannte er sie. Darunter waren zum Beispiel Elfen, Drachen, Zwerge und einige andere, deren Namen er noch nicht einmal kannte. Das fand er nicht so schlimm, was ihm viel mehr Angst bereitete, war das Flüstern. Er verstand nicht alles, nur einen Teil, aber was er heraushörte, klang so ähnlich wie: »Till, hilf uns, du bist der Wahre oder der Einzige.«

Dann war da noch irgendetwas mit einem Schlüssel, aber er konnte sich nie daran erinnern, was es damit auf sich hatte. In jedem Traum ging er einen langen Weg entlang, den erkannte er gut, doch alles Drumherum war eingehüllt in dichtem Nebel. Im Schatten des Nebels sah er Umrisse einiger Häuser, die ihm riesig vorkamen. Er versuchte, durch den dicken Dunst zu gehen, doch es gelang ihm nicht. Immer, wenn er es probierte, ertönte eine tiefe Stimme, die ihm befahl, auf dem Weg zu bleiben, da er noch nicht bereit sei. Till wollte nachhaken, doch es gelang ihm nie, in seinen Träumen zu sprechen, sein Hals war stets wie zugeschnürt.

Der Rest des Traumes verlief immer gleich. Till lief bis zum Ende des Weges, der abrupt aufhörte und vor einem tiefen Abgrund endete. Ein Erdbeben begann, er stürzte hinunter und wachte schweißgebadet auf.

Nachdem er sich einigermaßen gefangen hatte, stand er auf, zog sich an und ging zum Frühstück. »Morgen«, nuschelte Till.

Seine Mutter drehte sich um und erwiderte: »Guten Morgen, mein Schatz. Hast du gut geschlafen?«

»Nein, ich hatte wieder diesen Traum, ich habe das Gefühl, dass er irgendetwas zu bedeuten hat. Ich weiß nur nicht was, und es bereitet mir ein flaues Gefühl in der Magengegend.« Er zog an seinem rechten Ohr. Das machte er immer, wenn er aufgeregt oder ängstlich war.

Till setzte sich hin und aß sein Müsli. Während er verträumt sein Frühstück verspeiste, putzte seine Mutter die Küche. Sie hieß Alma. Eigentlich war sie ein sehr liebenswerter Mensch, aber sie wirkte oft depressiv und abwesend. Till meinte, dass es an dem frühen Tod seines Vaters lag. Jeden Morgen summte Alma eine wehmütige Melodie, doch Till nahm das schon nicht mehr wahr, für ihn war es normal.

Freunde hatte Till keine, da ihn alle für sonderbar hielten. Früher war er darüber traurig gewesen, aber mit der Zeit hatte er sich damit arrangiert.

Seine Mutter drehte sich zu ihm um, atmete einmal tief durch und sagte: »Entschuldige, Schatz, ich war mit den Gedanken woanders. Es ist nur ein Traum und hat nichts zu bedeuten. Vielleicht solltest du nicht so viele Stunden mit deinen Videospielen verbringen. Du verplemperst einfach zu viel Zeit vor Deinem Computer«, sagte sie ihm wie jeden Morgen.

Till fiel auch jedes Mal auf, dass seine Mutter dabei sehr nervös wirkte, er konnte sich nur nicht erklären, warum? Wusste sie etwas oder hatte sie eine leise Ahnung, was es mit dem Traum auf sich hatte? Diese Gedanken verwarf er jedoch immer wieder ziemlich schnell, da er ohnehin nie zu einem Ergebnis kommen würde. Till fand sich damit ab, dass er und seine Mutter einfach sonderbar waren.

»Oh, es ist schon so spät, Till du musst los, die Schule fängt gleich an«, bemerkte seine Mutter sichtlich erleichtert.

Daraufhin nahm Till sich seine Tasche, gab seiner Mutter einen Kuss auf die Wange und verschwand zur Tür hinaus.

 

Verträumt lief er zur Schule. Er dachte viel über seinen Traum der letzten Nacht nach. Irgendetwas war anders gewesen, als wollte ihn jemand festhalten. Till versuchte, sich krampfhaft daran zu erinnern, was es war, und immer, kurz bevor er den Gedanken greifen konnte, war er auch schon wieder weg.

Plötzlich hörte er jemanden seinen Namen rufen. Till schaute sich um und entdeckte Aurelia. Sie war die neue Klassenkameradin und eine sehr gute Freundin, eigentlich seine beste und einzige Freundin. Aurelia war erst seit knapp zwei Monaten in Tills Klasse. Die beiden waren auf Anhieb sehr gut miteinander ausgekommen, was wahrscheinlich daran lag, dass Aurelia auch etwas sonderbar war. Till fühlte sich in ihrer Gegenwart geborgen, akzeptiert und verstanden.

Aurelia war die Schwester, die er nie hatte. Er vertraute ihr blind, wie sonst keinem anderen Menschen auf der Welt. Für ihn fühlte es sich einfach richtig an, und er war froh, dass er Aurelia hatte.

»Till, Till, komm schnell«, rief sie ihm entgegen.

»Was ist los? Ist alles okay bei dir?«

»Ja, wir sind spät dran. Mathearbeit«, fügte sie hinzu.

»Weißt du«, fing Till zögerlich an. »Ich hatte wieder diesen Traum.« Er wirkte etwas verunsichert. Eigentlich wollte er Aurelia damit nicht schon wieder auf die Nerven gehen, aber er musste es einfach loswerden, auch wenn er sich selbst nicht erklären konnte, warum.

»War es wieder der gleiche Traum?«, fragte Aurelia.

»Ja! Nein! Ach, irgendwie doch, aber auch ganz anders als sonst. Keine Ahnung, wenn ich ehrlich bin. Aber mir ist noch etwas eingefallen«, entgegnete Till.

Aurelia grinste und hakte nach: »Oh, wie aufregend! Magst du mir erzählen, was?« Sie sah hoffnungsvoll aus, als würde es um ihre Gedanken und Träume gehen.

»Elfen«, antwortete Till knapp.

»Hmm, das ist doch nichts Neues.«

»Na ja, Elfen unter einem lilafarbenen Himmel und Sterne, die so schön und hell leuchteten, wie ich es noch nie zuvor gesehen habe. Der dichte Nebel hat sich heute Nacht etwas verzogen. Ich konnte sogar Häuser erkennen, eines war schöner und prächtiger als das andere, irgendwie magisch. Die Bäume waren riesig und sahen so lebendig aus. Ich kam mir wie in einem Märchen vor. Der Traum war seltsam, teilweise beängstigend, aber ich glaube, ich habe mich dort trotzdem sehr wohl gefühlt, als wäre ich dort zu Hause. Am Ende des Weges war jedoch alles wie bisher, auch der Nebel kam zurück«, erzählte er etwas ängstlich und unsicher.

Aurelia sah sichtlich erfreut aus und erwiderte: »Endlich, es ist so weit!« Sie klatschte vor lauter Aufregung in die Hände.

»Was, dass ich zum Psychiater muss?« Till war sichtlich verwirrt.

»Nein, mein Dummerchen. Du konntest die Welt erkennen. Unsere Welt …«

Till verstand nun gar nichts mehr. »Du hattest den gleichen Traum?«

Aurelia verdrehte die Augen und begann zu lachen. Sie holte einmal tief Luft und erwiderte: »Nein, ich hatte natürlich nicht den gleichen Traum.« Sie lächelte ihn an und fügte hinzu: »Nun ist es Zeit zu gehen.«

»Ja, zur Mathearbeit.«

»Vergiss die doofe Mathearbeit. Wir werden jetzt reisen«, sagte sie mit schärferem Ton.

Till wusste nicht, was los war. Aurelia machte ihm gerade Angst. Er war sich auch nicht mehr so sicher, ob er der Verrückte war oder doch Aurelia. »Ähm, drehst du gerade ein bisschen durch? Willst du mich auf den Arm nehmen? Wo willst du mit mir hin?« Till war noch verwirrter als vorher, war verunsichert.

»Na, nach Hause! Du musst mir glauben und mir vertrauen. Du vertraust mir doch, oder?« Sie zog eine Augenbraue hoch und starrte Till an.

»Schätze schon«, flüsterte er.

Plötzlich zog ein Gewitter auf, und es regnete wie aus Eimern. »Perfekt«, rief das Mädchen.

Sie zog ihre Kette mit dem grün leuchtenden Pendel unter ihrem T-Shirt hervor. Till musste es unwillkürlich anstarren, konnte trotz aller Anstrengung seinen Blick nicht abwenden. Ihm wurde völlig anders, sein ganzer Körper fing an zu kribbeln.

»Schnell, nimm meine Hand«, befahl sie ihm.

Ohne dass Till es wollte, ergriff er sie. Es war so, als hätte seine Hand sich selbstständig gemacht. Er konnte ihre nicht mehr loslassen.

Aurelia sang mit engelsgleicher Stimme:

 

»Pendel der Nacht, führ uns durch Raum und Zeit, in die lila Nacht, wir haben einige Aufgaben zu bestehen, lass uns unsere Heimat sehen.«

 

Goldener Sternenstaub wirbelte um die beiden herum. Till bekam ein Gefühl von Freude, Trauer, Wut, Angst und Hoffnung, alles gleichzeitig. Seine Umwelt nahm er verschleiert wahr, bis er nur noch den Staub sah. Dann wurde ihm schwindelig und er fiel in Ohnmacht.

 

2. Eine fast unbekannte Welt

2. EINE FAST UNBEKANNTE WELT

 

Als Till aufwachte, traute er seinen Augen kaum. Er musste einige Male blinzeln, um es richtig erkennen zu können. Er sah in den Himmel, der lila war, genau so wie in seinem Traum. Ein helles angenehmes Lila und voller Sterne, die so stark leuchteten, dass keine Sonne mehr nötig war.

Till stützte sich mit beiden Händen auf den Boden, um aufzustehen. Unter sich fühlte er einen sehr weichen und flauschigen Grund. Er schaute hinab und sah das Gras, das sich wie eine weiche, kuschelige Decke anfühlte. Überall um ihn herum waren bunte Blumen und Pflanzen in allen Größen und Farben. Neben ihm wuchs eine Pflanze, die wie eine Palme mit vielen blauen Blättern und lilafarbenen Blüten aussah. Till konnte ihr förmlich beim Wachsen zusehen. Abwechselnd öffneten und schlossen sich die Blüten. Er beobachtete es eine Weile und ihm gefiel, was er da sah.

Er schaute sich weiter um und entdeckte etwas entfernt Häuser, die so aussahen, als würden sie nicht in diese Zeit gehören, sondern eher ins Mittelalter, wobei sie irgendwie magisch wirkten. Till hörte einen Wasserfall, sah sich um und suchte, woher das Geräusch kam, doch da war nichts.

Er setzte sich hin und bemerkte plötzlich jemanden neben sich. Till schaute hoch und war erstaunt. Da stand eine Elfe, wunderschön, zierlich, lange blonde Haare und, er musste zweimal hinsehen, leuchtende lilafarbene Augen. Tills Mund blieb vor Erstaunen weit offen, er vergaß dabei sogar das Atmen. Er schnappte nach Luft, räusperte sich und fing an zu stottern: »W-w-wo i-i-ist A-a-aurelia?«

Die Elfe antwortete mit engelsgleicher Stimme: »Ich bin Aurelia! Herzlich willkommen zu Hause, Till.«

»Du bist nicht Aurelia. Was hast du mit ihr gemacht? Aurelia ist klein und hat dunkle Haare, ach ja, und lila Augen hat sie auch nicht«, gab Till frech zurück.

Freundlich und verständnisvoll antwortete die Elfe: »Till, ich bin wirklich Aurelia. Als ich zu dir kam, musste ich mich eurer Welt anpassen. Ich hätte so doch nicht zur Schule gehen können.« Sie lachte lieblich und zeigte ihm zum Beweis ihr Pendel. »Sieh doch, erkennst du es wieder?«, fragte die Elfe.

»Ja, aber du könntest es Aurelia gestohlen haben.«

Sie nahm Tills Gesicht in beide Hände und forderte ihn auf, die Augen zu schließen. »Schau gut zu, Till«, sagte sie leise.

Till blickte sie an und schloss nach kurzem Zögern seine Augen. Auf einmal sah er, wie er Aurelia vor zwei Monaten kennengelernt hatte, wie sie zusammen lernten, die Sportveranstaltung der Schule, alles, was er in den letzten Wochen mit ihr erlebt hatte. Die Erinnerungen liefen wie ein Film vor seinem inneren Auge ab. Er atmete tief durch und sagte erleichtert »Du bist es wirklich, ich kann es fühlen, aber wo sind wir hier? Ist es ein Traum?«

»Nein, Till wir sind in Galumas, genauer gesagt in MÀL. Meiner Heimat«, erklärte sie.

»Hier sieht es wie in meinem Traum aus«, antwortete Till verblüfft.

»Nacht für Nacht habe ich dir diesen Traum geschickt, war schon fast am Verzweifeln, weil du dich nie an einen Ort erinnern konntest. Und dann endlich, heute Morgen, hast du mir vom lilafarbenen Himmel erzählt. Da wusste ich: Du bist jetzt bereit, hierherzukommen«, erklärte sie ihm.

Till hakte nach: »Was soll ich hier?«

»Du musst uns retten.«

»Euch retten? Wovor? Warum?«, fragte er ungläubig.

Aurelia hakte sich bei Till ein und lief mit ihm über die Wiese. »Weißt du, Till, es ist etwas Schreckliches passiert. Unser König wurde mit einem Dolch vergiftet. Er liegt im Sterben. Wenn der König stirbt, werden alle Elfen ebenfalls sterben. Die Königreiche der Elfen gehen dann automatisch an Morrosh, den König der Orcs. Dieses geschieht aufgrund einer uralten Vereinbarung zwischen König Cian und den Orcs. In ganz Galumas würde fortan nur noch Krieg und Zerstörung herrschen, weil sich die Königreiche im Laufe der Zeit zerstritten hatten. Dieses ändert aber nichts an der Gültigkeit der Vereinbarung«, schilderte sie. »Nur du kannst das verhindern«, fügte sie rasch hinzu.

»Ich? Hast du mich mal angesehen? Ich bin klein und dünn. Wahrscheinlich bin ich sogar der unsportlichste Junge auf der ganzen Erde. Und nimm es mir bitte nicht übel, aber was habe ich mit der ganzen Sache zu tun?«

»Komm mit, Till, ich möchte, dass du jemanden kennenlernst«, erwiderte sie.

Sie gingen von der Wiese auf einen schmalen Sandweg. Er glitzerte in einem kräftigen Gelbton und knirschte unter den Füßen wie frisch gefallener Schnee. Es war ein sehr langer Weg, der zu einem großen Haus mit sechs nebeneinanderstehenden Türmen führte. Von jedem Turm führte eine Brücke aus fließendem Wasser zum nächsten. Till war gleichermaßen sprachlos und begeistert.

Die beiden gingen direkt auf das Haus zu und Till traute seinen Augen kaum, aber irgendwie schien das Haus zu wachsen. Allerdings nicht auf die Weise, dass es größer wirkte, weil sie näher kamen, nein, es wuchs wirklich. Mittlerweile hatte das Haus noch drei weitere Türme dazubekommen, die mit Efeu zugewachsen waren.

Ihm fiel auf, dass nun auch an jeder Seite vier Nebengebäude standen. »Verrückt, das Haus sah eben doch noch ganz anders aus«, sprach er zu Aurelia.

Die Elfe musste laut lachen und entgegnete erleichtert: »Super, du siehst es wachsen, das ist ein sicheres Zeichen, dass du der Richtige bist.«

Till bekam es mit der Angst zu tun. Er war doch ein normaler Junge, was sollte er schon ausrichten können? Plötzlich überfiel ihn ein Gefühl von Heimweh und er musste an seine Mutter denken. Was sie wohl durchmachen würde, wenn er nicht nach Hause kam?

»Du brauchst dir keine Sorgen um deine Mutter zu machen. Sie wird nicht merken, dass du weg bist, das verspreche ich dir«, beantwortete Aurelia Tills Gedanken.

»Gedankenlesen kannst du also auch?«, fragte er verwirrt.

»Haha, nein, ich kenne dich einfach, und dein Gesichtsausdruck spricht Bände«, sagte die Elfe lächelnd zu ihm.

Am Haus angekommen blieb Aurelia stehen und wandte sich an Till: »Hier müssen wir rein.«

»Äh ja, ist klar, durch Wände gehen kann ich nicht.«

Aurelia holte aus der Tasche ihres Kleides ein Efeublatt aus purem Gold hervor, drückte es gegen die Wand und ein großes Tor aus dickem Holz erschien.

»Wie hast du das gemacht? Was geht hier vor?«, fragte er erstaunt. Till starrte sie an und blieb mit offenem Mund vor ihr stehen.

Sie hielt ihm das Efeublatt hin. »Das hier ist ein Schlüssel. Jeder in diesem Land hat einen, also jede Elfe, die hier lebt«, fügte sie noch hastig hinzu. Sie hielt dem Jungen das Tor auf, bat ihn hinein und folgte ihm.

Till war ganz aufgeregt. Neugierig auf das, was ihn erwartete, blickte er in einen großen Saal und war enttäuscht, denn da war nichts, noch nicht einmal ein Stuhl. »Was soll das sein?«, fragte er verdutzt.

»Schließe deine Augen«, forderte sie ihn sanft auf.

Till schloss seine Augen und hörte, wie Aurelia ein paar Schritte ging. Er vernahm zuerst ein lautes Klicken und dann ein herrliches Glockenspiel. Er fühlte sich auf einmal sehr wohl und geborgen.

»Öffne deine Augen, Till«, rief die Elfe ihm zu.

Er öffnete sie und konnte nur ein kratziges »Wow« hervorbringen. Till stand in dem Saal und schaute sich begeistert um. In der Mitte des Raumes befand sich eine riesige Tafel mit vierundzwanzig Stühlen. Der Tisch war aus massivem Ebenholz und mit wunderschönen Schnitzereien versehen. Till war beeindruckt. Er ging näher heran und betrachtete die Stühle. Es waren keine gewöhnlichen Stühle, denn sie standen nicht auf vier Beinen, sondern schwebten einfach in der Luft. Till führte eine Hand unter einen Stuhl, da er einen Trick vermutete, doch da war nichts. Er setzte sich darauf und stellte erstaunt fest, dass dieser bequem war und nicht wackelte. »Wahnsinn, das ist total krass«, rief er.

Till drehte sich um und erblickte einige Fenster. Sie waren aus Buntglas, und jedes erzählte eine andere Geschichte. Auf einem war eine Elfe zu sehen, die Wasser aus einem Brunnen holte, auf einem anderen Bäume und Pflanzen. Ein weiteres Fenster, das größer war als alle anderen, zeigte einen König. Till war verwundert, denn der König kam ihm irgendwie bekannt vor, er wusste nur nicht, woher.

Er lief weiter und schaute sich um. An der Decke erblickte er einen Kronleuchter. Auch dieser war nicht gewöhnlich, nein, er bestand aus fließendem Wasser, verlor jedoch keinen Tropfen, wirkte stabil und magisch. Der Leuchter hatte keine Glühbirnen, so wie Till es kannte, tausende kleine Glühwürmchen leuchteten das Wasser an. Es war ein prächtiges, helles Farbenspiel. Er war entzückt und hätte den Glühwürmchen stundenlang zusehen können.

Plötzlich ertönte ein lautes Knarren. Till erschrak. »Aurelia?«, fragte er verunsichert. Keine Antwort. »Aurelia?«, wiederholte er lauter.

»Ja, ich bin hier hinten, komm zu uns.«

Till drehte sich ein weiteres Mal um und sah Aurelia am Ende rechts in der Ecke stehen, links neben ihr befand sich, wie aus Zauberhand, ein gewaltiger, mit Samt überzogener Sessel. Ihm wurde nun klar, woher gerade das Knarren gekommen war. Auf dem Sessel saß ein Elf mit langem, weißem Haar. Er war zierlich, jedoch wirkte er aus unerfindlichen Gründen stark. Auch seine Augen waren lila. Sein Blick strahlte Gutmütigkeit und Hoffnung aus, als er Till ansah.

Der Elf stand auf und reichte Till die Hand. »Seid gegrüßt«, sagte er mit einem Lächeln. »Diese Ähnlichkeit ist verblüffend. Und Eure Ohren, wunderbar! Da sieht man gleich, von welchem Blut Ihr abstammt. Ich bin übrigens Tharos und stets zu Diensten«, erklärte er. Till wollte gerade antworten, als Tharos mit großem Stolz hinzufügte: »Ich bin die rechte Hand des Königs und ein guter Freund von ihm, schon seit Kindheitstagen. Wir sind zusammen aufgewachsen.«

Till wollte wieder etwas sagen, doch Tharos war anscheinend noch nicht fertig.

»Ihr seid Till, ich habe schon sehr viel von Euch gehört. Es ist mir eine große Ehre, Euch kennenlernen zu dürfen. Ich bitte um Verzeihung, aber ich neige dazu, sehr viel zu reden und bekomme es nicht immer mit, wenn jemand anderes das Wort ergreifen möchte. Ich bitte inständig um Entschuldigung, mein Prinz.«

»Hä?«, brachte Till heiser hervor. »Ich bin kein Prinz. Ich bin Till, ein ganz normaler Junge. Und ich kann es wirklich nicht leiden, wenn sich jemand über meine spitzen Ohren lustig macht. Ich werde in der Schule deswegen schon genug gehänselt. Außerdem, von welchem Blut sollte ich denn abstammen? Kennen Sie meine Mutter?« Till zog an seinem Ohr, ohne es mitzubekommen.

Tharos ging auf Aurelia zu und flüsterte ihr ins Ohr: »Weiß er gar nicht Bescheid? Was hast du ihm erzählt oder verschwiegen?«

»Hallo?«, mischte Till sich ein. »Ich kann euch hören. Ich soll euch davor retten, dass sich die Orcs hier alles unter den Nagel reißen. Sieh mich an, sehe ich etwa wie ein Krieger aus?«

Tharos bat Till, an der Tafel Platz zu nehmen, und tat es ihm gleich. »Wie es mir scheint, hat Aurelia ein paar Fakten vertauscht, hinzugefügt oder weggelassen. So kennen wir sie, versteht mich nicht falsch: Aurelia ist eine tolle Elfe, herzlich, gutmütig, loyal und ehrlich. Sie verdreht manchmal die Tatsachen oder bringt Fakten durcheinander, aber nicht absichtlich. Eure Hoheit, ich bitte Euch, mir jetzt aufmerksam zuzuhören.«