Tirol unter vier Augen -  - E-Book

Tirol unter vier Augen E-Book

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Beschreibung

Tirol ganz nah: unter vier Augen neu erlebt! Fünf bekannte Tiroler Persönlichkeiten, fünf faszinierende Leben, fünf Erzählungen ganz persönlicher Momentaufnahmen, die man nicht vergisst: der 210-fache-Formel-1-Starter Gerhard Berger berichtet von seinen Ambitionen, einem Leben auf der Überholspur – auf dem glühenden Asphalt und fern davon; Geschäftsführerin, Unternehmerin und Sprecherin der Tiroler Adler Runde, Ingeborg Freudenthaler hat in den letzten 30 Jahren den größten Entsorgungsbetrieb Westösterreichs aufgebaut und erzählt davon, wie sie sich in der Welt der Männer durchgesetzt hat. Wir erfahren, wie Helmut Kritzinger, Politiker, einst Landesobmann des Tiroler Seniorbundes, immer noch Bezirksobmann des Seniorenbundes Innsbruck, Träger des Verdienstkreuzes des Landes Tirol und des Goldenen und Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik, zum Segen der Tiroler Senior*innen wurde und wie Helmut Kutin, Sozialmanager und 26 Jahre lang Präsident von SOS-Kinderdorf-International, unter dessen Leitung weltweit mehr als 154 SOS-Kinderdörfer gegründet wurden, sein Leben für die Kinder eingesetzt hat. Ebenso Eva Schlegel, die mit ihrer Objekt- und Medienkunst eine der erfolgreichsten und bedeutendsten österreichischen Gegenwartskünstlerinnen wurde – sie alle erzählen ihre vielfältigen Geschichten, haben Tirol und seine Abenteuer mitgeprägt und eröffnen damit einen ganz besonderen Blick auf dieses Land. Dieser Band versammelt Beiträge zu: •Gerhard Berger •Ingeborg Freudenthaler •Helmut Kritzinger •Helmut Kutin •Eva Schlegel

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Seitenzahl: 209

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Ähnliche


Tirol unter vier Augen

Zeitzeugen im Gespräch

Herausgegeben von Tiroler Tageszeitung,Land Tirol, ORF Tirol

Inhaltsverzeichnis
Cover
Titel
Tiroler Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft (Günther Platter)
Eine ganz besondere Geschichte (Hermann Petz)
Wichtige Stimmen aus Tirol (Dr. Esther Mitterstieler)
Alles braucht seine Zeit! (Fred Steinacher)
Ein Leben am Limit (Daniel Suckert über Gerhard Berger)
„Ich war ein Wörgler Straßenköter“
Einmal Formel-1-Test und zurück
Das Glücksengerl auf der Schulter
Gott meldete sich aus Maranello
Ein Feuer, das alles änderte
Die James-Bond-Jahre mit Senna
Hartes Pflaster
Zähe Rückkehr, schwerer Verlust
Sag leise „Ciao“
Die ungebrochene Anziehungskraft Motorsport
Zurück in den Bergen, hin zum Umweltschutz
Es zählt nur das Überleben
„Wäre ich ein Mann, würde ich dich zum Duell fordern“ (Hugo Müllner über Ingeborg Freudenthaler)
Innensicht – Außensicht
„Das ist alles irgendwie an mir vorbeigegangen“
„Veränderungen dürfen keine Bedrohung sein, sondern sind Chancen für die Weiterentwicklung“
„Wenn du immer in die Fußstapfen anderer trittst, hinterlässt du am Ende keine eigenen“
Wanderer zwischen den Welten (Mario Zenhäusern über Helmut Kritzinger)
Die ersten Jahre
Die Jugend
Der Widerstand und die Feuernacht
Die Flucht
Die Rückkehr
Beruflicher Neubeginn
Ein erfülltes und bewegtes Leben (Viktor Trager über Helmut Kutin)
Helmut Kutin: Sein Weg vom SOS-Kinderdorf-Kind zum Ehrenpräsidenten von SOS-Kinderdorf
Prolog
Einleitung
Krieg und Familientragödie prägen frühe Kindheit
Von Bozen ins SOS-Kinderdorf nach Imst
Von Imst ins Jugendhaus nach Innsbruck
Von Innsbruck über Wien und Paris nach Vietnam
Erfolgreiche Aufbauarbeit in Asien und Rückkehr nach Vietnam
Kutin wird Präsident von SOS-Kinderdorf International
Der Tod von Hermann Gmeiner als Zäsur und Neubeginn
Drei Jahrzehnte an der Spitze der weltweiten Arbeit
1990er-Jahre: Ausbau in Osteuropa und verstärkte politische Arbeit als internationale NGO
2000 bis 2009: Mit verstärkter Nothilfe und mehr Prävention ins Millennium
2010 bis 2019: Wirkungskreis ausweiten und Einfluss als kinderpolitische Kraft steigern
Global Player der Humanität und Wanderer zwischen den Welten
Helmut Kutin über Hermann Gmeiner
Helmut Kutin über Tirol als Wiege von SOS-Kinderdorf
Helmut Kutin über Prominente und Auszeichnungen
Helmut Kutin über Frauen in der Organisation
Helmut Kutin über den Wandel von SOS-Kinderdorf
Studie beleuchtet auch Schattenseiten der Geschichte
Positive Erfahrungen, Enttäuschungen, bittere Schicksale
Ein großes DANKE an alle Freundinnen und Freunde, Förderer und Partner
Sich selbst nicht so wichtig nehmen
Gedanken über die persönliche Zukunft
Ausblick mit Weitblick
Helmut Kutin: Ausgewählte Zitate, Gedanken, Botschaften
Fragen an Helmut Kutin
Anmerkung
Quellen /Literatur / Tipps
Anmerkungen
Ein Leben für das Experiment (Barbara Unterthurner über Eva Schlegel)
Aus dem künstlerischen und privaten Leben der aktuell erfolgreichsten Tiroler Gegenwartskünstlerin
Rebel with causes
Was ist Kunst? oder Damals, als Prince anrief
Läuft bei ihr
Pornos zum Abgeben
Zweiter Frühling auf der Akademie
Krisen ohne Sinnkrisen
Der immaterielle Raum wird digital
Bildnachweis
Impressum
Weitere E-Books aus dem Haymon Verlag

Tiroler Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Günther Platter, Landeshauptmann von Tirol

Sehr geehrte Leserinnen und Leser!

Der verstorbene deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl hat einmal gesagt: „Wer die Vergangenheit nicht kennt, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht gestalten.“ Die Beschäftigung mit der Geschichte ist keineswegs als reines Schwelgen in der verstaubten Vergangenheit zu verstehen. Nur wer das Frühere, das Gewesene kennt, kann seine Gegenwart verstehen und seine Zukunft gestalten. Geschichte beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Antike, die Zeit der Kaiser und die Schrecken der Weltkriege, Geschichte geschieht jeden Tag. Sie umgibt uns und wird immer wieder neu geschrieben.

Die Vergangenheit zu begreifen beruht nicht zwangsläufig auf dem Wälzen alter Bücher – oft sind es die Anekdoten und Erlebnisse jener Menschen, die mit dabei waren, die eine Zeit selbst erlebt haben, die uns Geschichte am besten näherbringen.

Mit der Reihe „Zeitzeugen im Gespräch“ haben das Land Tirol, die Tiroler Tageszeitung und der ORF Tirol ein Format geschaffen, welches uns dabei hilft, unsere eigene Vergangenheit zu verstehen und zu begreifen. Tiroler Persönlichkeiten, die in den unterschiedlichsten Bereichen – von Kultur bis Wirtschaft – Großes und Nachhaltiges geleistet und durch ihr Schaffen die Geschichte Tirols mitgeprägt haben, erzählen uns dabei aus ihrem Leben.

Von der Formel-1-Legende Gerhard Berger über die erfolgreiche Unternehmerin Ingeborg Freudenthaler bis hin zur renommierten Künstlerin Eva Schlegel – die achte Serie von „Zeitzeugen im Gespräch“ hat uns einmal mehr erstaunliche und spannende Einblicke in das Leben bekannter Persönlichkeiten ermöglicht und uns damit die Geschichte unseres Landes auf anschauliche und unterhaltsame Art und Weise nähergebracht.

Ich wünsche Ihnen, werte Leserinnen und Leser dieses Buches, viel Freude mit den Erinnerungen der Zeitzeugen. Zudem lade ich Sie herzlich ein, die kommenden Zeitzeugen-Gespräche zu besuchen und so ein Stück Tiroler Geschichte hautnah zu erleben.

Ihr

Günther Platter

Eine ganz besondere Geschichte

Hermann Petz, Vorstandsvorsitzender der Moser Holding

Wie heißt es doch so treffend? Geschichte wird durch Geschichten lebendig und interessant! Die Entstehung des achten Bandes unserer Zeitzeugenserie ist die beste Bestätigung dafür, weil wir damit in jeder Beziehung eine eigene, interessante Story präsentieren.

Wer hätte schon gedacht, dass wir über zwei Jahre auf die von Redakteuren der Tiroler Tageszeitung aufgezeichneten Erzählungen unserer fünf Zeitzeugen warten müssen? Umso spannender, denke ich, ist daher der Blick zurück, mit dem die interessanten, lustigen, nachdenklichen, aber allesamt faszinierenden Details der Gespräche im Haus der Musik noch einmal an die Oberfläche geholt werden.

Gerhard Berger, Ingeborg Freudenthaler, Helmut Kutin, Helmut Kritzinger und nicht zuletzt Eva Schlegel vermittelten mit ihren Erinnerungen an Höhepunkte, Erfolge, Rückschläge, Erfahrungen und persönliche Eindrücke einmal mehr ein Stück Tiroler Zeitgeschichte aus ganz unterschiedlichen Bereichen.

Berger etwa plauderte locker über seine Gratwanderung im Cockpit der Formel 1, Ingeborg Freudenthaler darüber, wie sie sich in der Welt der Männer durchgesetzt hat, Helmut Kutin über „sein Leben“ für die Kinder. Wir erfuhren dank Bernhard Aichners meisterhafter „Regie“ dieser Zeitreisen, wie Helmut Kritzinger zum Segen der Senioren wurde oder Eva Schlegel als Objekt- und Medienkünstlerin den musealen wie auch öffentlichen Raum bespielt und damit zu einer der bedeutendsten österreichischen Künstlerinnen der Gegenwart avancierte.

Verbunden mit einem herzlichen Danke an alle Zeitzeugen, an unsere Partner Land Tirol und ORF Tirol wünsche ich höchstes Lesevergnügen mit „Tirol unter vier Augen“, diesem achten Band der Staffel.

Herzlichst

Hermann Petz

Vorstandsvorsitzenderder Moser Holding

Wichtige Stimmen aus Tirol

Dr. Esther Mitterstieler, Landesdirektorin ORF Tirol

Es hat gedauert, aber wir haben uns nicht unterbekommen lassen: Die achte Staffel der Zeitzeugen-Serie hat sich pandemiebedingt über zwei Jahre gezogen und ist jetzt abgeschlossen. Wieder haben sich in der Gesprächsreihe „Zeitzeugen“, die das Land Tirol, die Tiroler Tageszeitung und der ORF Tirol initiiert haben, starke Persönlichkeiten im Gespräch mit Autor Bernhard Aichner Eindrücke aus ihrem Leben entlocken lassen.

Tirols Motorsportlegende Gerhard Berger hat über seine wilde Kindheit, die brutale Welt des Profi-Motorsports und das Leben im Jetset erzählt. Heute lebt er in Söll in Tirol.

Die Unternehmerin Ingeborg Freudenthaler hat über die Motivation, aufzustehen, Neues zu gestalten und sich sozial zu engagieren, gesprochen, ebenso über die einflussreiche Tiroler Adler Runde.

Von seinem bewegten Leben hat der Sozialmanager und ehemalige Präsident von SOS-Kinderdorf International, Helmut Kutin, berichtet. Er erzählte Bernhard Aichner, dass er seinen 80. Geburtstag zum ersten Mal nach 65 Jahren wieder in seiner Geburtsstadt Bozen gefeiert hat. Dort hat er auch jene Stelle besucht, an der seine älteste Schwester zum ersten Opfer des Sexualmörders Guido Zingerle wurde. Das sollte die Familie zerbrechen lassen und Kutin für sein ganzes Leben prägen.

Helmut Kritzinger gilt als die Stimme der Seniorinnen und Senioren in Tirol. Er hat über seine 50-jährige Tätigkeit im Tiroler Seniorenbund ebenso berichtet wie von seinen Anfängen als Obmann der Südtiroler Volkspartei im Sarntal bis zu seiner Flucht nach Nordtirol. Die Senioren sind und bleiben ihm ein Anliegen. So erinnert er die aktiven Politiker daran, den Senioren mehr Gehör zu verschaffen.

Mit Eva Schlegel war eine der vielseitigsten Künstlerinnen Gast in der Interview-Reihe „Zeitzeugen im Gespräch“. Sie ließ ihr künstlerisches Schaffen zwischen Fotografie und Installation Revue passieren. So hat sie von ihren – sehr viel Aufsehen erregenden – begehbaren gläsernen Buchseiten oder von ihrem Auftrag, als erste Künstlerin seit dem Barock ein österreichisches Staatsoberhaupt zu porträtieren, erzählt.

Diese fünf außergewöhnlichen und sehr eindrucksvollen Zeitzeugen-Gespräche waren im „Trommelfell“ von ORF Radio Tirol zu hören, nun liegen sie in Buchform vor. Ich möchte Ihnen diese kurzweilige Lektüre mit vielfältigen Erinnerungen der „Zeitzeugen“ empfehlen.

Dr. Esther Mitterstieler

Landesdirektorin ORF Tirol

Alles braucht seine Zeit!

Projektkoordinator Fred Steinacher

Als wir mit Gerhard Berger im Jänner 2020 die achte Staffel der Zeitzeugen-Gespräche eröffneten, dachten wir eher an „schnelle Rundenzeiten“, aber ganz bestimmt nicht an den Spruch „Gut Ding braucht Weile“. Wie auch immer – das Ziel ist erreicht, nach genau 26 Monaten, die zwischen dem Start-Gespräch von Bernhard Aichner mit Gerhard Berger und der Plauderei mit Eva Schlegel (März 2022) vergangen sind, durften wir das Buch „Tirol unter vier Augen“ präsentieren.

Es war eine herausfordernde Zeit für die Menschen im Allgemeinen, aber speziell auch für jene im Veranstaltungsbereich. Absagen, Verschiebungen waren ständige Wegbegleiter, doch wie sagte schon Marcus Tullius Cicero vor 2000 Jahren? „Je größer die Schwierigkeiten, die man überwindet, desto größer der Sieg!“

Dieses Produkt ist der beste Beweis dafür; Redakteure der Tiroler Tageszeitung haben die Erinnerungen unserer Zeitzeugen mitgeschrieben bzw. aufgezeichnet und ermöglichen uns in den einzelnen Geschichten einen interessanten Blick in die Zeitreise von Menschen, die Großes geleistet haben.

Als perfekter „Reiseleiter“ erwies sich dabei einmal mehr Bernhard Aichner, der meisterhaft moderierte und dafür sorgte, dass die Zeit an diesen Abenden im Haus der Musik jeweils wie im Flug verging. Ein herzliches Dankeschön also dem Bernhard, unseren Zeitzeugen, Judith Sallinger vom Haymon Verlag, den Redakteuren und Fotografen der TT sowie Sarah Müller und Harald Berger vom Land Tirol.

Viel Spaß bei der Lektüre wünscht

Fred Steinacher

Projekt-KoordinatorMoser Holding

Ein Leben am Limit

Von Daniel Suckert

Gerhard Berger im Zeitzeugengespräch mit Bernhard Aichner

„Ich wollte Weltmeister werden …“, sagte Gerhard Berger am 15. Jänner 2020 beim Podiumsgespräch mit Tirols Star-Autor Bernhard Aichner, um wenige Momente später den Satz zu vervollständigen: „… aber am Tag und in der Nacht.“ Besser konnte der 210-fache Formel-1-Starter sein Leben auf der Überholspur wohl nicht auf den Punkt bringen. Berger kannte immer nur eines: Vollgas. Am und abseits des glühenden Asphalts. Und darum blieb ihm am Ende das Größte, das es im teuersten Kreisverkehr zu gewinnen gibt, auch verwehrt: die Krone eines Weltmeisters.

Schlaflose Nächte hat er deswegen aber nicht.

Der Abend mit Tirols Formel-1-Legende war vor der heute alles bestimmenden Corona-Pandemie. In einem voll besetzten Saal im Haus der Musik. Und trotzdem sind die Geschichten noch so präsent, als hätte sie der heute 62-Jährige erst gestern erzählt. Er plauderte aus dem Nähkästchen über eine Zeit, als in der Königsklasse auf vier Rädern noch eigens produzierte Qualifying-Motoren im Heck der Boliden röhrten: „Wir hatten, zum Beispiel, 1986 Autos mit 1400 PS, die sich aber wie Lastwagen fuhren, ohne Traktionskontrolle, mit einer Handschaltung. Du hattest eigentlich immer nur eine Hand fürs Lenkrad, mit drei Pedalen statt zwei – Kupplung, Bremse, Gas. Im fünften Gang haben die Räder durchgedreht – das waren Monster, die unfahrbar waren. Stundenlanges Datenstudieren gab es bei uns nicht. Du hast dich mit viel Gefühl herangearbeitet, mit dem Ingenieur zusammen ein Set-up gebastelt.“

In jener Zeit betrug die Lebensdauer eines Qualifying-Motors gerade einmal eine Runde. In der heutigen Formel 1 gibt es keine Qualifying-Motoren mehr. Die Rennställe müssen pro Auto mit nur drei Antrieben eine ganze Saison bestreiten. Statt einem V12-Antrieb surren längst Hybrid-Motoren im Heck. Die Hälfte einer Runde fahren die Boliden von Mercedes, Red Bull oder Ferrari mit elektrischer Unterstützung. Was nicht jedem gefällt. Dem Berger ist das komplett egal: „Als Rennfahrer spielt die Art des Antriebes keine Rolle. Es geht nur darum, ob der richtig anschiebt.“

Das ist bei den Fans anders. Bei der Hybrid-Einführung 2014 war der Aufschrei aufgrund des fehlenden Sounds riesengroß. Die „modernen Staubsauger“ seien nichts, um die Sinne zu betören. „Der Motorsport muss Emotionen beim Fan wecken. Das ist das Wichtigste“, weiß der heutige Chef des Deutschen Tourenwagen Masters (DTM) ganz genau. Motorsport muss man hören, riechen und sehen können. Dann wird auch das Können der PS-Gladiatoren ersichtlich, die schon einmal durchs Feuer gehen müssen. Was im Falle von Gerhard Berger bittere Realität wurde. Aber dazu später.

Die Zeitreise an diesem Abend war aber nicht nur eine in „die wohl geilste Zeit der Formel 1“. Der Unterländer nahm die Zuhörer mit in seine unbeschwerte Kindheit, die einen Hauch von Wildem Westen verbreitete.

„Ich war ein Wörgler Straßenköter“

Wenn man Gerhard Berger trifft, hat man nicht das Gefühl, man würde mit einem Herren aus der Ü60er-Garde sprechen. Er steckt nach wie vor voller Tatendrang, löst Probleme stets aus einem praktischen Gesichtspunkt und will von langen Entscheidungswegen nichts wissen. Das Alter spielt für ihn allerdings sehr wohl eine Rolle. Zu seinem 60er erklärte der 1959 in Wörgl geborene ehemalige Motorsportler unverblümt: „Berger wird 60 – das klingt scheiße! Es gibt Leute, die sagen: ,Mit dem Altwerden habe ich kein Problem.‘ Ich habe sehr wohl eines.“ Der Grund dafür ist recht einfach: „Ich fühle mich überhaupt nicht wie 60. Aber dann trifft man wieder jemanden, der sagt, er ist mit einem in die Schule gegangen – man schaut denjenigen an und denkt sich: ,Bin ich wirklich auch schon so alt?‘ Ich fühle mich ganz anders.“

Das wird ein wenig mit dem zusammenhängen, dass Berger im Motorsport stets als der „junge Wilde“ angesehen wurde. Deutsche Journalisten, beispielsweise, konnten es nie glauben, wenn der Berger an gemeinsamen Ski-Tagen über verschneite Ski-Hütten sprang. Für einen Berger ganz normal, für andere eine halsbrecherische Aktion. Dem Tiroler „Bua“ war das egal. Er hatte sich seine Unbekümmertheit bewahrt. Den Ursprung dafür findet man in seiner Kindheit.

Erzählt Berger über diesen Lebensabschnitt, dann gerät er regelrecht ins Schwärmen: „Wir waren in jungen Jahren mit dem Rad unterwegs – immer im Wald. Wir waren Ski fahren – immer im Wald.“

Natürlich stand beim Naturbursch durch das elterliche Transportunternehmen die Faszination für alles, was mit Benzin angetrieben wurde, auf der Pole Position. Motorräder, Autos, Lkws – es gab nichts, mit dem er nicht in Berührung kam. Und mit dem er durchs Gelände brauste. „Wir hatten so viel Platz, da konnte ich viel Blödsinn machen“, erinnert er sich.

Illegal natürlich. Denn zu dem Zeitpunkt „war ich sieben oder acht Jahre. Alles, was mit Motoren zu tun hatte, faszinierte mich einfach“. Zum Entsetzen der Eltern. Berger: „Die Mama hat schon Angst gehabt, wenn ich nur über die Stufen gegangen bin. Der Papa hat immer weggeschaut.“

Dafür haben die Lehrer umso genauer hingeschaut. Doch die Schule war so überhaupt nichts für den selbst ernannten „Wörgler Straßenköter“, der lieber in den Wäldern Rallye fuhr. „Es war eben wie im Wilden Westen. Nur hatten wir Mopeds statt Pferde.“

Was nicht nur einmal die Polizei, besser gesagt, die Gendarmerie, auf den Plan rief: „Die haben mich gesehen und schon die Augen verdreht: ,Berger, du schon wieder und auf einem Moped ohne Nummerntafel! Du wirst nie den Führerschein bekommen.‘“

Viel passierte nie, schließlich waren das zu der damaligen Zeit „alles nur Kavaliersdelikte. Für das bist du nicht ins Gefängnis gegangen“. Die Eltern hätten ihn wahlweise vom Krankenhaus oder der Polizei abholen müssen: „Ich habe alles gemacht, was Gott verboten hat.“

Apropos Gott – mit dem Kloster in Fiecht wurde dem Filius nicht nur einmal gedroht. Seinen Drang nach Freiheit, Action und das Ausloten der eigenen Grenzen konnte das aber nicht bremsen.

Eine typische Berger-Geschichte folgt auf das Stichwort „Freitagabende“. Wenn kleine Steine auf sein Fenster kullerten. Der junge Berger hatte sich einen Ruf erarbeitet, den sich so mancher übermüdeter LKW-Fahrer zunutze machte: „Die haben mich in ihre Touren nach Italien einfach eingeplant. Sie haben hinten geschlafen und ich bin gefahren.“

Natürlich ohne Führerschein, denn „da war ich so 12, 13 und 14 Jahre alt“. Bei Kontrollen schnellte der Puls keineswegs in den roten Bereich: „Da haben wir halt einen fliegenden Wechsel gemacht.“

Auf diesen Ausflügen landete er hin und wieder auf einer Kartbahn, in der Nähe von Riccione. Die kannte er noch aus seiner Kindheit. „Da war ein alter Besitzer, der schon immer die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hat, wenn ich im Sommer gekommen bin. Da war ich ein kleiner Bursch, habe das ein oder andere Mal auch was kaputt gemacht. Dann hat er mir mit dem Hammer in der Hand gedroht, meine Eltern haben sich dafür geschämt.“

Später, zusammen mit den LKW-Fahrern, hatte man an der Kartbahn schon einmal das Fahrtengeld verfahren. Und noch mehr. Berger: „Auch die Hälfte der Paprika-Ladung. Als wir dann ohne Geld wieder zu Hause waren, ist die andere Hälfte der Lieferung wegen der Hitze auch noch kaputt gewesen.“

Jahre später kehrte Berger als Ferrari-Fahrer zurück an die Kartstrecke: „Der alte Besitzer war da sicher schon 90 oder 95. Er hat mich immer so angeschaut, wusste nicht, woher er mich kannte. Irgendwann hat er sich erinnert und seither sind dort Poster von mir an der Wand gehangen. Die Kartbahn gibt es heute noch.“

Die Leidenschaft für alles, was mit Pferdestärken betrieben wurde, wuchs in all den Jahren kontinuierlich an. Nach dem Schulabschluss ging es in eine Handelsschule. Stundenpläne, Hausaufgaben, lernen – es war einfach nichts für den PS-Cowboy. Darum brach er die schnell wieder ab und begann eine Lehre als Kraftfahrzeugmechaniker. Natürlich im elterlichen Unternehmen.

Da war der Wunsch, einmal Rennfahrer zu werden, längst gereift in ihm. Dass Papa Johann der Leidenschaft seines Filius so gar nichts abgewinnen konnte, zog dann eine Notlüge nach sich. Für das erste Autorennen (Ford Escort Gruppe 5) auf dem Österreichring Ende der 70er-Jahre. „Dem Papa habe ich erzählt, ich müsste in Innsbruck am Wochenende für die Prüfung in der Berufsschule lernen. Am Österreichring habe ich gleich den ersten Sieg geholt.“ Das blieb aber nicht geheim: „Das war blöd, weil die Tiroler Tageszeitung darüber groß im Sport berichtet und der Papa den Artikel gelesen hat.“

Die Eltern reagierten, glaubten, er hätte eindeutig zu viel Freizeit: „Da war ich dann gleich einmal ein Jahr kaltgestellt.“ Nach dem Jahr ließ sich der Jungspund aber nicht mehr stoppen: „Mir ist egal, was ihr alle sagt. Ich werde jetzt Rennfahrer.“

„A fescher Bua“ war Gerhard Berger bereits in jungen Jahren. Der Naturbub hatte es aber auch faustdick hinter den Ohren. (Foto: Heinz Zeggl)

Einmal Formel-1-Test und zurück

„Der Berger war mit einem Talent gesegnet. Der hat an guten Tagen alle schlagen können“, sagte niemand Geringerer als Helmut Marko. Heute Motorsportkonsulent bei Red Bull, Entdecker von Talenten wie Vierfach-Champion Sebastian Vettel oder dem frisch gekürten Weltmeister Max Verstappen. Marko selbst wäre fast bei Ferrari gelandet. Der Vorvertrag bei der Scuderia war bereits unterschrieben, als beim Großen Preis von Frankreich (1972) ein Stein das Visier durchschlug. Dabei wurde Markos linkes Auge so schwer verletzt, dass er von da an eine Augenprothese tragen musste. Die Aussicht auf eine Formel-1-Karriere war damit dahin. Der „Doktor“ war einer von vielen Förderern von Berger – ihre Wege kreuzten sich Anfang der 80er-Jahre.

Zuvor stand aber der Alfasud-Cup an. Die erste volle Saison fuhr Berger 1981. Karl Wendlinger senior, dessen Sohn Karl Anfang der 90er in der Formel 1 u. a. bei March und Sauber aktiv war, half seinem jungen Landsmann unter die Arme. Der Vater von Karl fuhr selbst beim Alfasud-Cup. Zu dieser Zeit waren zehn österreichische Fahrer in diesem Cup aktiv und 1981 gab es gleich eine Europameisterschaft.

Das junge Talent wurde zwar etwas belächelt, aber man ließ ihn überall dabei sein. Vor dem ersten Auftritt saßen alle rotweißroten Fahrer noch zusammen. Berger: „Da haben die alle von Ersatzmotoren gesprochen. Ich hatte ja keinen und fragte, ob ich auch einen haben könnte. Da haben die routinierten Piloten gelacht und gesagt: ,Gerhard, da sind 90 Piloten am Start – du brauchst keinen Reservemotor, du fährst am ersten Tag nach Hause.‘ Lange Rede, kurzer Sinn – ich war nach dem Pre-Qualifying Zweiter und alle anderen österreichischen Piloten sind nach Hause gefahren. So habe ich wenigstens einen Reserve-Motor bekommen.“

Dann kam Marko und die Deutsche Formel-3-Meisterschaft (1982), später noch die europäische Formel-3-Meisterschaft – Berger blühte regelrecht auf. Der „Doktor“ zeigte ihm die Profi-Welt. „Er hat mir alles erklärt, mich geformt und gefordert. Er hat gesagt: ,Schau nicht links, nicht nach rechts und lass es einfach fliegen.‘ Helmut hat den Tiefgang in der Analyse. Ich weiß, heute gibt es oft Kritik an ihm, er sei zu hart mit den Jungen. Das stimmt aber nicht. Er steht komplett hinter dir, wenn es aber nicht funktioniert, sagt er dir das offen und geht. Genau so soll es aber sein. Das ist Leistungssport.“ Im Falle vom Berger sagte Marko eines Tages: „Kennst du den Burghard Hummel?“

Berger verneinte.

Marko erklärte: „Das ist ein Installateur und Fahrradhändler im Ötztal. Fahr zu dem und frag ihn, ob er einen Sponsor für dich hat.“

Berger konnte sich darauf keinen Reim machen: „Was sollte ein Fahrrad-Händler im Ötztal mit Motorsport am Hut haben? Das wollte mir nicht einleuchten. Dann haben wir uns getroffen und der Burghard erklärte mir auf einmal, wen er aller kennt. Von Colin Chapman bis Max Mosley. Und überhaupt ruft er jetzt den Dieter Stappert an und der soll mich anschauen.“

Stappert war nicht irgendwer, sondern der Rennleiter von BMW. Unter dessen Teamführung wurde Nelson Piquet 1983 auf einem Brabham-BMW erster Formel-1-Weltmeister mit einem Turbomotor. Dem Stappert imponierte der Berger und so unterstützte er ihn. Bei der Tourenwagen-Europameisterschaft verdiente er sich als BMW-Werksfahrer das nötige Geld, um weiter Formel 3 fahren zu können.

„Irgendwann ist wieder der Ötztaler Installateur gekommen. Er habe mit dem Günter Schmid gesprochen. Der leitete das Formel-1-Team ATS. Der Burghard hat dem Günter gesagt, er solle ein zweites Auto an den Start bringen und mir eine Chance geben. Das wäre doch was, hat der Burghard gemeint.“ Schmid organisierte tatsächlich ein zweites Auto. Allerdings ohne Motor. Da griff der Berger selbst zum Telefonhörer und rief den Stappert an. Die guten Tourenwagen-Leistungen ließen den deutschen Motorhersteller spendabel werden – es gab zwei Motoren für ihren Tiroler Werksfahrer. Die Motorsportfamilie funktionierte, Bergers starke Leistungen öffneten ihm die nötigen Türen.

Bevor allerdings die ersten Formel-1-Rennen anstanden, musste er sich erst beweisen. Und zwar bei einer Testfahrt in Zandvoort. Da wurde der heutige Chef des Logistik-Unternehmens aber nicht Monate zuvor eingeladen, alles abgesprochen und ein Flugzeug für die Anreise zur Verfügung gestellt. Alles kam spontan und Improvisation war gefragt.

Berger stand zum Zeitpunkt des Anrufs gerade kurz vor dem Qualifying zum 24-Stunden-Rennen im belgischen Spa-Francorchamps, als sich Schmid meldete. Der spätere Benetton-Pilot grübelte: „Ich hab gerechnet, ob es sich ausgeht.“ Belgien-Niederlande und wieder zurück. „Aber das war eine einmalige Chance, die musste ich nützen. Also bin ich vor dem 24-h-Rennen schon praktisch 24 Stunden im Auto gesessen.“

Nervosität verspürte der „wilde Hund“ gar keine. „Man hat Respekt gehabt“, erinnert er sich, um wenige Augenblicke später schmunzelnd zuzugeben: „Ehrlich gesagt ist der Bolide mit mir gefahren und nicht umgekehrt.“ Die Aufgabe war keine leichte. Berger, gesegnet mit einem natürlichen Grundspeed, musste hier und jetzt einen bleibenden Eindruck bei Schmid und Co. hinterlassen.

Zum Glück drehte der Brasilianer Nelson Piquet vor ihm einige Test-Runden. Dem späteren dreifachen Formel-1-Champion schaute der Jungspund genau über den Heckflügel: „Ich habe mir die Bremspunkte von Piquet gemerkt. Dann bin ich die Gerade runtergebrettert mit über 300 km/h, habe Piquets Bremspunkt gesehen und mir gedacht: ,Augen zu und durch.‘ Danach ist der Renningenieur gekommen und hat gesagt: ,Du bremst ja spät.‘ Und ich meinte nur cool: ,Das passt schon gut so.‘“

Das wirkte, die nächste Visitenkarte war platziert, die Strapazen hatten sich gelohnt. Und dank dem Ötztaler Installateur, den Motoren von BMW ging es 1984 auf der Überholspur Richtung Formel 1. Ein einzigartiger Aufstieg: „Obwohl ich so gut wie alle Nachwuchsserien und den Kart-Sport übersprungen habe, insgesamt nur 40 Rennen gefahren bin, und trotzdem saß ich auf einmal in einem Formel-1-Auto.“

Beim Alfasud-Cup zeigte der junge Berger erstmals auf. Er erhielt viel Unterstützung von Karl Wendlinger senior. (Foto: Heinz Zeggl)

Das Glücksengerl auf der Schulter

Vier Rennen hatte er in der elitären Rennserie absolviert, da kam ein weiterer Anruf. BMW-Testfahrten für den Klassiker in Macao würden anstehen, er solle dringend kommen. Testen für eine andere Rennserie? Das war in dieser Motorsport-Ära was ganz Normales. Etwas, was er auch liebte. Nur Formel 1 und sonst nichts anderes, wie es heute praktiziert wird, stand in all den Jahrzehnten nicht einmal zur Debatte. Ein Rennfahrer tat das, was seine Berufsbezeichnung mit sich brachte: Er fuhr Rennen und sammelte in allen möglichen Serien Erfahrungen dafür.

Der Wörgler holte kurzerhand seinen Rennanzug im Büro und machte sich in der Nacht noch mit dem PKW auf den Weg. Mit der Vorfreude im Hinterkopf, bald im nächsten Cockpit das Gaspedal nach unten drücken zu können.

Doch es kam ganz anders. Ein betrunkener Autofahrer, der gegen 23 Uhr eine Tankstelle verließ, übersah den Rennfahrer und rammte ihn. Ein Ausweichmanöver scheiterte, Berger flog aus dem Seitenfenster, „weil ich damals nicht angeschnallt war. Ich bin in einem Bach gelandet“.

Bergers Glücksengerl saß im Auto hinter ihm. Zwei deutsche Hubschrauber-Notärzte, die in Ungarn Urlaub gemacht hatten und sich auf dem Weg nach Hause befanden, waren sofort zur Stelle. Sie hatten ein Restaurant gesucht und waren deshalb von der Autobahn abgefahren.

Das Ärzte-Duo rettete dem Jungspund das Leben. Berger: „Ich hatte mir das Genick gebrochen, hatte schwere Kopfverletzungen und wäre damals bei diesem Unfall fast gestorben. Ich war bei Bewusstsein, konnte mich aber nicht rühren. Diese Leute hatten Infusionen und alles Mögliche mit dabei.“ Und ein Fachwissen. Denn als die Sanitäter kamen und den Schwerverletzten abtransportieren wollten, intervenierte das Ärzte-Duo. Einen normalen Abtransport würde er nicht überleben: „Die Sanitäter mussten also ein Luftbett und ähnliche Sachen holen.“