Tod im Verlies - Peter Weber - E-Book

Tod im Verlies E-Book

Peter Weber

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Beschreibung

Der Lobbyist Reinhard Strobel wird tot in der strengen Kammer eines Swingerclubs aufgefunden. Der Kriminalist Dr. Herbert Wolff wird mit den Ermittlungen beauftragt. Nachdem sich herausgestellt hat, dass Strobel ermordet wurde beginnen die Untersuchungen zum gewaltsamen Tod. Sie führen den erfahrenen Kriminalisten in einen Sumpf aus Korruption Desinformation und Erpressung. Aber wer konnte ein Motiv haben Strobel zu töten? Sind es Politiker, seine betrogene Ehefrau, eine Domina, einer seiner Auftraggeber, oder ganz wer anderer? Und was ist das Motiv für den Mord? Ist es Hass, Gier, Angst oder doch Eifersucht? Das Buch setzt sich mit Lobbyismus, Medienlandschaft und Korruption auseinander. Es wird eine fiktive Möglichkeit der Arbeitsweise eines Lobbyisten dargestellt und das Umfeld untersucht. Gleichzeitig wird die ungewöhnliche Geschichte einer beginnenden Beziehung zwischen dem verletzlichen Kriminalisten und einer professionellen Domina geschildert.

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Tod im Verlies

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kaptitel 13

Epilog

Impressum neobooks

Kapitel 1

Zwei annähernd gleich gekleidete Frauen betraten ein Kellerverlies. Während die eine hochhackige Pumps trug, steckten die Füße der anderen in hohen Schaftstiefeln, die bis über die Knie reichten. Beide trugen schwarze Netzstrümpfe, die von ledernen Strapsen gehalten wurden. Darüber hatten sie enge lederne Bodys an, die mehr enthüllten als verdeckten. Ihre Gesichter waren durch Masken unkenntlich gemacht. Nur dem genauen Beobachter blieb nicht verborgen, dass die eine der Frauen ihre Bikinizone noch nicht entsprechend behandelt hatte. Dem Mann, der in einem Käfig in dem Verlies an ein Andreaskreuz gefesselt war, konnte die nachlässige Intimpflege der einen Domina egal sein. Die aufrechte Haltung, die der Mann noch einnahm, hatte er nur den Ketten, mit denen er gefesselt war, zu verdanken. Als die Frauen erkannten, dass der Gefangene leblos war, stürmte die eine vermummte Gestalt schreiend aus dem Verlies, während die andere ihre Nerven behielt, und den Mann rasch losband. Sie ließ den Leblosen vorsichtig zu Boden gleiten, begann durch Herzmassage, seinen Kreislauf aufrecht zu erhalten, und versuchte an Hand von Mund zu Mund Beatmung, den Leichnam mit Leben spendendem Sauerstoff zu versorgen. Sie konnte nicht sagen, wie lange sie diese zwecklosen Versuche durchgehalten hatte. Sie wusste nicht wie viel Zeit zwischen dem Entdecken des Toten und der sanften Gewalt, die sie hinderte, dem Verstorbenen wieder Leben einzuhauchen, vergangen war. Jemand zerrte sie von dem Mann weg und sagte: „Sie haben das sehr gut gemacht. Aber lassen Sie uns jetzt unsere Arbeit machen.“

Als sie den Mann, der sie angesprochen hatte, erstmals bewusst anblickte, sah sie einen Rettungssanitäter. Abgelenkt durch ihren verzweifelten Versuch der Wiederbelebung hatte sie gar nicht bemerkt, dass inzwischen ein Notarzt und mehrere Ersthelfer eingetroffen waren.

Vorsichtig und ungelenk, behindert durch die hohen Stöckelschuhe, die sie nach wie vor trug, erhob sich die Frau und versuchte, das kribbelnde Gefühl in ihren eingeschlafenen Füssen zu ignorieren.

Als sie endlich in der Lage war, ein paar Schritte zwischen sich und den Leichnam zu bringen, sah sie einen uniformierten Polizeibeamten auf sich zukommen.

„Na die Erziehung ist wohl zu heftig ausgefallen“, erklärte er mit einem verächtlichen Grinsen auf den Lippen. „Hast wohl ein wenig zu fest zugeschlagen Du lausige Domina. Lass mal Dein Gesicht sehen.“

Die Frau hatte, durch die Ereignisse abgelenkt, gar nicht gemerkt, dass sie noch immer in ihrem Kostüm gefangen war. Jetzt erst, nachdem sie Ruhe gefunden hatte, wurde ihr bewusst, wie sie auf den Polizisten wirken musste. Aufgrund ihrer Erfahrungen in diesem Gewerbe war ihr diese Art der Behandlung nicht fremd. Besonders bei unerwarteten Kontrollen in ihrem Studio hatte sie immer das Gefühl, dass ihre Berufskleidung die Beamten dazu verleitete, sie als Menschen respektlos zu behandeln. Sie hatte festgestellt, dass selbst die Polizistinnen, mit denen sie zu tun gehabt hatte, glaubten, sie würde die Gewalt und die Unterdrückung, die sie bei ihrer Arbeit anwandte, auch in ihrem privaten Umfeld leben.

„Lieber Herr Inspektor, wenn Sie eine deftige verbal-erotische Unterhaltung mit mir pflegen wollen, kostet das fünfzig Euro extra.“ erwiderte sie in erstklassigem Hochdeutsch, das auf eine ausgezeichnete Bildung schließen ließ. Verunsichert durch die offen zur Schau gestellte erzieherische Überlegenheit der Domina, wurde die Wortwahl des Gehänselten noch primitiver: „Wüllst mi rolln Du Huar?“ Schon überlegte die derart diskriminierte Frau eine passende Antwort, als der ausufernde Dialog unterbrochen wurde: „Gestatten Sie gnädige Frau mein Name ist Herbert Wolff, und ich wurde als ermittelnder Beamter der Wiener Polizei hierhergeschickt. Kann ich Ihnen einige Fragen stellen?“ wurde die Domina höflich angesprochen.

„Ja natürlich. Was wollen Sie wissen Herr Wolff?“ lächelte ihn die Frau an.

Noch einmal schenkte sie dem uniformierten Beamten, der sie respektlos behandelt hatte, einen verächtlichen Blick und verließ mit Wolff die Folterkammer.

„Wollen Sie sich nicht umziehen Frau…?“

„Entschuldigen Sie Herr Wolff, mein Name ist Eva Huber. Ich stehe Ihnen gleich für ein Gespräch zur Verfügung.“ antwortete die Domina mit leiser Stimme und verschwand in Richtung der Garderoben.

Als Sie nach einigen Minuten zurückkehrte, wurde sie von Wolff fast gar nicht mehr erkannt. Sie war in weite Jeans und einem legeren Shirt gekleidet. Ihre hochhackigen Pumps hatte sie gegen bequeme Ballerinas getauscht. Da auch ihr Haar jetzt offen auf ihre Schultern fiel, erinnerte ihn lediglich ihr stark geschminktes Gesicht noch an die Profession, die sie ausübte.

„So gefallen Sie mir besser Frau Huber.“, eröffnete der Kriminalist seine Einvernahme. „Warum waren Sie mit dem Verstorbenen hier? Und wer ist die Frau, die Sie begleitete?“

„Die erste Frage scheint sich wohl von selbst zu beantworten Herr Wolff. Der tote – sein Name ist Reinhard Strobel – wollte entspannt werden. Reinhard hat vor einigen Tagen für heute einen Termin im Klub vereinbart. Er hat mich gefragt, ob es mich stören würde, wenn seine Frau ihn begleitete. Er sagte, sie wolle sich das ansehen, und lernen seine besonderen Neigungen zu befriedigen. Da ich die Kunden verliere, sobald sich die Ehefrauen mit diesen Praktiken auseinandersetzen, stimme ich normalerweise solchen Vorschlägen nicht zu. Da aber Reinhard bereits ein mehrjähriger Stammkunde war, und ich ihn wahrscheinlich in der nächsten Zeit sowieso an eine andere Domina verloren hätte, erklärte ich mich bereit den Termin wahrzunehmen. Ich stimmte der Begleitung seiner Frau zu. So sind wir heute in den Klub gekommen und haben begonnen die Nummer durchzuziehen. Reinhard war verrückt danach, an ein Kreuz gefesselt und anschließend einige Minuten allein gelassen zu werden. Wenn ich dann zu ihm zurückgekommen bin, war er schon so erregt, dass ich ihm sofort die Fesseln lösen musste und er sich mit drei oder vier Streicheleinheiten selbst befriedigte. Nachdem er sein Sperma auf meine Schuhe gespritzt hatte, musste er die Pumps sauber lecken. Wenn er seinen eigenen Samen schlucken musste, habe ich den Anblick des Ekels auf seinem Gesicht genossen. Das war das einzige Vergnügen, das ich bei den Sitzungen mit ihm empfand. Anschließend habe ich ihm noch ein Stück Papier einer Küchenrolle gegeben, um seinen Speichel wegzuwischen. Heute Abend haben seine Frau und ich ihn ans Kreuz gebunden, und den Raum verlassen, wie er es gewünscht hatte. Susanne - seine Frau - und ich haben uns an der Bar unterhalten, während er im Keller alleine war. Als wir ihn wieder aufgesucht haben, hing er seltsam verzerrt in den Ketten. Susanne hat zu schreien begonnen und das Verlies verlassen. Ich habe ihn losgebunden und mit Erster Hilfe begonnen. Ich glaube er war schon tot, als wir ihn fanden. Das ist meine Geschichte.“, schloss sie die Erzählung ab.

„Wie lange kannten Sie Herrn Strobel schon?“

„Seit etwa drei Jahren war er mein Kunde. Auf den Tag genau kann ich es nicht sagen.“

„Wussten Sie Näheres von ihm?“

„Was meinen Sie?“

„Wie lange zum Beispiel wussten Sie, dass er verheiratet war, oder was er beruflich machte? Ob er Feinde hatte?“ setzte Wolff sein Verhör fort. Eva runzelte nachdenklich die Stirn. Auf den Kriminalbeamten machte sie den Eindruck einer Frau, die überlegte, ob sie sich auf eine Verschwiegenheitsverpflichtung berufen konnte. Er beobachtete sie während ihrer Denkpause und war angenehm von ihrem Äußeren angetan. Nur das stark geschminkte Gesicht störte seinen positiven Gesamteindruck. Er sah eine Frau vor sich, die ihn nicht nur durch ihr Aussehen, sondern vor allem durch ihr selbstbewusstes Auftreten, ihre gepflegte Sprache und ihre strahlenden Augen beeindruckte.

„Haben Sie alle Einzelheiten an mir, die Ihnen wichtig sind, erforscht, Herr Wolff?“ unterbrach Eva seine Gedanken.

„Nein ehrlich gesagt nicht. Aber kommen wir auf meine Fragen zurück, vielleicht ergibt sich ja nachher noch eine Gelegenheit.“

„Wenn Sie es sich leisten können. Mein Honorar ist nicht gerade günstig. Zurück zu Ihren Fragen, ich wusste bis vor ein paar Tagen nicht, dass Reinhard verheiratet ist. Erst als wir den Termin für heute vereinbart haben, erfuhr ich davon. In meinem Gewerbe ist die Tatsache unwichtig, ob ein Freier eine Ehefrau hat oder nicht. Über seinen Beruf sprach er kaum. Er hat nur einmal angedeutet, dass er Unternehmen geholfen hat deren Interessen bei Politikern durchzusetzen. Er war ein Lobbyist, glaube ich, was immer das auch heißen mag. Ob er Feinde hatte, weiß ich nicht.“

„Haben Sie in letzter Zeit bei ihm etwas Ungewöhnliches beobachtet?“, wollte Wolff wissen.

„Nein bei mir hat er sich immer gleich verhalten. Vielleicht weiß Susanne mehr darüber. Bei mir war er ja nur zweimal im Monat. Ich kann Ihnen dazu nichts sagen. Da er auch keine Änderungen im Ablauf der Sexspiele erkennen ließ, glaube ich nicht, dass etwas Ungewöhnliches vorgefallen ist.“

„Vielen Dank für die Auskunft Frau Huber.“, beendete Herbert seine erste Einvernahme, „falls ich noch Auskünfte benötige, finde ich Sie wo?“

„Hier haben Sie meine Karte.“, Wolff musste Eva völlig verstört angeblickt haben, denn die Domina fuhr fort: „Wenn Sie genau schauen, weist mich die Karte als Modeberaterin für Herrenmoden aus und mein Studio ist als Schneiderei getarnt. Ich bin dort Montag bis Freitag von zehn bis zwanzig Uhr zu erreichen. Genügt Ihnen das, oder wollen Sie auch meine Privatadresse wissen?“

„Nein wenn wir Sie im Studio nicht erreichen, haben wir ja auch Ihre Telefonnummer auf der Karte stehen. Wie geht es Ihnen jetzt? Lässt der Schock schon nach? Sie wirken so gefasst.“, erkundigte er sich in der Hoffnung das Gespräch auf eine private Ebene bringen zu können.

„Alles bestens Herr Wolff. Ich konnte über das erlebte bis jetzt nicht viel nachdenken. Es war zwar mein erster Toter, den ich so hautnah erlebt habe. Reinhard war nur ein Kunde. Daher bin ich durch seinen Tod emotional nicht belastet. Schauen Sie nicht so ungläubig Herr Wolff. Ich hüte mich davor, eine gefühlsmäßige Beziehung zu meinen Kunden aufzubauen. Hat ein Freier kein Geld mehr oder ist er befriedigt, kann er gehen. Das einzige was zählt im Geschäft ist das Geld sonst nichts. Ich verkaufe meinen Körper und mein Wissen über Schmerz, Demütigung und Bestrafung, aber meine Seele gehört mir.“, teilte sie ihm mit leiser Stimme mit.

„Interessant Frau Huber, merken die Kunden nicht, dass Sie nur mit dem Verstand und nicht mit dem Herzen bei Ihnen sind?“

„Viele nicht. Wenn Freier zu mir kommen, sind diese so mit ihren Fantasien beschäftigt, dass sie gar nichts merken. Die meisten meiner Kunden könnte auch ein dressierter Schimpanse befriedigen. Sie wollen nur ihre Fetische und Träume ausleben und kümmern sich nicht um das Seelenleben der Liebesdienerin oder der Domina. Und welche Fantasien wollen Sie bei mir ausleben Herr Wolff?“, fragte sie den Kriminalisten mit einem schelmischen Lächeln.

„Frau Huber, meine Vorstellungen drehen sich um Zärtlichkeit, Liebe und Geborgenheit. Ich habe noch nie den Wunsch nach Unterdrückung – weder aktiv noch passiv – gespürt. Meine dominanten Gedanken und Wünsche lebe ich im sanften Bereich aus. Aber das ist eine andere Geschichte und Ihr Honorar kann sich ein armer Staatsbeamter nicht leisten.“, flüsterte Wolff heiser. Er war, der Vorstellung sich dieser Frau sanft zu nähern in seinem rationalen Denken bereits beeinflusst. Zwar war sein Gehirn noch nicht blutleer, aber seine Konzentration war schon vor einiger Zeit tiefer gerutscht. Um sich wieder der Klärung des Todesfalles widmen zu können, beschloss er die Gattin Reinhard Strobels zu vernehmen. Er rief, einen uniformierten Kollegen zu sich und bat ihn Frau Strobel zu suchen. „Frau Strobel hat schon vor einer Stunde das Etablissement verlassen. Die war nicht vernehmungsfähig. Der Arzt hat ihr ein starkes Beruhigungsmittel verabreicht. Eine Streife hat sie nach Hause gebracht. Ich dachte, Sie hätten das veranlasst.“, berichtete der Polizist. Herbert, der keine Auseinandersetzung wollte, antwortete einsilbig: „Ist in Ordnung, wann können wir sie vernehmen?“

„Der Arzt hat gesagt wahrscheinlich morgen Vormittag. Dann hat sicher die Wirkung des Beruhigungsmittels nachgelassen.“

„Danke. Haben Sie noch ein wenig Zeit Frau Huber?“ wandte Wolff sich wieder an die Domina.

„Ist das eine offizielle Anfrage Herr Wolff oder muss ich meinen Taxameter einschalten, um am Ende unseres Gespräches korrekt abrechnen zu können.“, meinte Eva zu seiner Anfrage.

„Natürlich nur dienstlich,“ erwiderte Herbert Wolff, „anders kann ich mir Ihre Zeit nicht leisten.“

„Wenn Sie so auf der Fortführung der Einvernahme bestehen, kann ich mich kaum entziehen. Was wollen Sie noch wissen?“ lächelte Eva ihn an.

„Es gibt noch soviel, was ich Sie fragen will Frau Huber. Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll. Welchen Wein trinken Sie gerne?“

Diesen Klub möchte ich so schnell als möglich verlassen.

Ich kenne in der Nähe ein nettes Lokal wo ich etwas essen kann, während Sie ihr Verhör fortsetzen können.“ Herbert lächelte, als er mit Eva den Klub verließ. Das Paar war in eine angeregte Plauderei vertieft, als sie den Swingerklub hinter sich ließen.

Kapitel 2

Obwohl Wolff mit Eva noch einen anregenden Abend bis spät in die Nacht genossen hatte, erwachte er früh am Morgen. Rasch erledigte er seine Morgentoilette, trank seinen Kaffee und begab sich zum Gerichtsmedizinischen Institut. Er hoffte der zuständige Pathologe hatte schon Informationen über die Todesursache von Reinhard Strobel für ihn. Da Wolff immer an das Gute in der Welt glaubte, und die Bequemlichkeit liebte, wünschte er sich entgegen seinem Bauchgefühl eine natürliche Todesursache.

„Hallo Herbert, ein schöner Morgen nicht wahr?“, begrüßte ihn der Gerichtsmediziner fröhlich. Dr. Johannes Seliger sah aus, als käme er frisch aus dem Urlaub, und dies, obwohl er die ganze Nacht über gearbeitet hatte. Wolff wusste, dass der Arzt Kraft aus seiner Tätigkeit schöpfte. Der Totenbeschauer liebte es, medizinischen Detektiv zu spielen. Je komplizierter sich das Auffinden einer Todesursache darstellte, umso glücklicher wirkte der Rechtsmediziner.

„Guten Morgen Johannes, meine Nacht war recht kurz und Deine? Hast Du schon etwas für mich? Du wirkst so glücklich.“ antwortete Wolff.

„Ja komm mit, ich zeige Dir etwas.“, frohlockte Dr. Seliger. Sie betraten den Raum, in dem die Obduktionen stattfanden. Da der Pathologe gerade erst mit seiner Arbeit fertig geworden war, lag die mit einem Tuch bedeckte Leiche von Reinhard Strobel noch am Seziertisch. Eine Putzfrau hatte bereits begonnen, den Platz um die Liege zu säubern. Dr. Seliger vertrieb sie mit einem kurzen Handzeichen: „Die versteht kein Deutsch.“, sagte er, als ihn Wolff verdutzt ansah. „Aber ich will trotzdem nicht, dass sie vielleicht etwas mitbekommt.“

„Gut. Was hast Du entdeckt?“

Der Rechtsmediziner zog das Tuch vom Leichnam, Wolff erkannte die hastig vernähten Schnitte, die der Arzt im Laufe der Untersuchungen durchführen hatte müssen. Dr. Seliger drehte den Kopf leicht zur Seite. Er deutete auf einen kleinen Kreis im Bereich der Halsschlagader.

„Siehst Du diesen winzigen Punkt in der Mitte der Markierung?“ Wolff beugte sich zu dem Toten hinunter und betrachtete den gesamten Bereich innerhalb der Markierung. Sein ungeübtes Auge konnte nichts Ungewöhnliches erkennen. Als er seine mangelnden Entdeckungskünste dem Pathologen eingestand, reichte ihm dieser eine Lupe. Erst jetzt erkannte Wolff einen winzigen roten Punkt in der Mitte des Kreises.

„Willst Du damit andeuten Strobel ist vergiftet worden? Das muss ja ein starkes Mittel gewesen sein. Durch die dünne Nadel kann der Täter nicht viel Substanz injiziert haben.“, wollte er vom Arzt wissen.

„Keine voreiligen Schlüsse, Herbert. Es ist ihm etwas gespritzt worden. Aber es war kein Gift, sondern Luft. Die eigentliche Todesursache war ein Schlaganfall, der durch die Gasblase im Blut ausgelöst wurde. Meiner Meinung nach hat der Täter genau gewusst, dass er nur eine geringe Luftmenge benötigt, um den Tod herbeizuführen. Aus der Gasmenge im Blut des Toten schließe ich auf 3-5 ml Luft, die der Mörder ihm verabreicht hat. Aufgrund der geringen Menge konnte er auch eine äußerst dünne Nadel verwenden, die eine Blutung fast nahezu ausschloss.“

„Und wie hast Du das entdeckt? Wollte der Täter eine natürliche Todesursache simulieren?“ unterbrach Wolff den Bericht des Gerichtsmediziners.

„So wie der Stich ausgeführt wurde, gehe ich davon aus, dass hier jemand mit medizinisch-anatomischem Fachwissen am Werk war. Die Spritze wurde nahe dem Übergang zu einer Gehirnaorta des Verstorbenen gesetzt und der Täter scheint gewusst zu haben, dass sofort das Atemzentrum im Hirn betroffen werden wird. Er wollte einen schnellen Tod. Dem Killer war es egal ob wir einen Mord feststellen können oder nicht. Als ich eine Computertomografie des Gehirns gemacht habe, ist mir klar geworden, dass ein Schlaganfall die Todesursache sein musste. Und dann habe ich nach den Ursachen geforscht. Der Tote war körperlich in gutem Zustand und es fanden sich keine Gründe für diese plötzliche Apoplexie. Ich habe das Gehirn genauer untersucht und dabei den Lufteinschluss in der Arterie festgestellt. Anschließend musste ich nur noch den Weg der Gasblase nachvollziehen und habe den Einstich gefunden. Dem Täter muss klar gewesen sein, dass unsere genauen Untersuchungen die Todesursache ergeben werden. Es war ihm egal. Für mich steht fest, dass entweder ein Profikiller oder ein teuflischer Arzt diese Tat begangen hat.“, schloss der Pathologe seinen Bericht ab.

„Wann bekomme ich Deinen Bericht schriftlich? Ich werde aufgrund Deiner mündlichen Aussagen die Staatsanwaltschaft und den zuständigen Untersuchungsrichter noch heute von Deiner Ansicht, dass es Mord war, unterrichten. Hast Du DNA-Spuren gefunden? Oder irgendetwas anderes?“

„Leider, bis auf den Einstich war der Tote, was Spuren anbelangt so vollkommen rein wie eine Jungfrau. Der Mörder hat wahrscheinlich einen Mundschutz und sicher Handschuhe getragen. Der Bericht ist morgen fertig.“

„Danke“, sagte Wolff und griff zu seinem Mobiltelefon. Er rief den für den Fall zuständigen Untersuchungsrichter an und bat ihn kurzfristig um einen Termin, der in zwanzig Minuten am Gericht stattfinden sollte.

Pünktlich betrat Wolff das Büro des Richters: „Guten Morgen Euer Ehren, Servus Hans“, begrüßte er seinen Freund.

„Servus Herbert, darf ich Dir den zuständigen Staatsanwalt Mag. Wolfgang Mayer vorstellen.“

„Guten Morgen Herr Mayer.“, grüßte Wolff den Anwesenden und reichte ihm dabei die Hand.

Mag. Mayer übersah die Geste geflissentlich und antwortet: „Guten Morgen Herr Wolff und für Sie Herr Magister Mayer, wenn ich bitten darf.“

„Sehr gerne, wenn Sie darauf bestehen Herr Magister Mayer, mein Name ist Dr. Herbert Wolff, das heißt für Sie in Zukunft Herr Dr. Wolff." Vom Schreibtisch des Richters Johann Neubauer war ein herzhaftes Lachen zu hören. An die Adresse des Staatsanwaltes gerichtet erläuterte er: „Dr. Wolff ist Absolvent der juristischen Fakultät der Universität Wien und arbeitet für die Kriminalpolizei. Nicht jeder Jurist wird Richter, Staats- oder Rechtsanwalt. Für manche ist auch Platz im Polizeidienst. Gut die Herren haben sich bekannt gemacht. Was hast Du für mich Herbert?“, fragte der Richter.

„Reinhard Strobel ist eindeutig ermordet worden. Ihm wurde Luft in die Halsschlagader gepumpt. Durch die ganz feine Nadel, die der Täter verwendet hat, ist auch kaum Blut geflossen. Dr. Seliger geht von einem Profikiller oder satanischen Arzt aus.“

„Ein Profikiller? Das war sicher diese Nutte, die bei ihm war.“, wurde Wolff in seinem Vortrag vom Staatsanwalt unterbrochen. Ein Seitenblick zu Hans verriet ihm, dass der Richter Mag. Mayer eine kleine Lektion vergönnte. Wolff nahm diesen Gedanken auf und wandte sich dem Staatsanwalt zu: „Frau Huber und Frau Strobel haben ein wasserdichtes Alibi. Sie haben sich mit dem Barkeeper im Klub unterhalten, als Reinhard Strobel ins Jenseits befördert wurde.“

„Wahrscheinlich wussten die beiden warum. Die werden einen Killer beauftragt haben. Nehmen Sie die beiden fest. Im Verhör wird die Nutte schon gestehen.“

„Herr Mag. Mayer, haben Sie sich gerade selber zugehört. Aus den Reaktionen der beiden Damen ist nicht zu schließen, dass diese mit dem Tod von Strobel etwas zu tun haben. Oder glauben Sie, dass Frau Huber -und so möchte ich, dass die Dame auch von Ihnen angesprochen wird – aus einem schlechten Gewissen heraus mit der Wiederbelebung begonnen hat. Vielleicht ist Frau Strobel auch vor Freude schreiend aus dem Raum, in dem ihr toter Gatte hing, gelaufen und ihr Nervenzusammenbruch ist auf die Ausschüttung von Glückshormonen zurückzuführen. Wir stehen erst am Anfang der Ermittlungen Herr Mag. Staatsanwalt, und es ist für keinen von uns hilfreich wenn Sie irgendwelche Verdächtigungen in den Raum stellen, nur weil das Opfer in Begleitung einer Prostituierten und seiner Ehefrau im Swingerklub war. Aufgrund der Aussage von Frau Huber, wollte Frau Strobel den masochistischen Fetisch ihres Gatten kennenlernen, um ihre Ehe zu retten. Und da glauben Sie an einen von ihr bezahlten Killer?“

„Die beiden stecken sicher unter einer Decke, die haben das gemeinsam ausgeheckt!“, widersprach Mayer dem Polizisten.

„Haben Sie Vorurteile Herr Magister, nur weil Frau Huber als Domina ihr Geld verdient und die andere Dame ihren Gatten in einen Klub begleitet hat, den Sie vielleicht auch gerne aufsuchen würden.“

„Was fällt Ihnen ein! Wollen Sie mir etwas unterstellen? Machen Sie lieber Ihre Arbeit und bringen Sie mir die Ehefrau und diese Nutte!“, schrie Mayer den Kriminalisten lauthals an.

„Bitte um Ruhe meine Herren“, unterbrach Richter Neubauer den Streit.

„Herbert, bitte erkläre mir Deine nächsten Schritte?“