Tödlicher Fallrückzieher - MC Schulz - E-Book

Tödlicher Fallrückzieher E-Book

MC Schulz

0,0

Beschreibung

Roger Hammer ist frisch gekürter Weltfußballer und führt den Kölner Bundesligisten und die Fußballnationalmannschaft von Erfolg zu Erfolg. Der Höhenflug findet ein jähes Ende, als Roger ermordet in seiner Brühler Wohnung liegt. Alle sind fassungslos und niemand kann sich die Tat erklären. Warum ausgerechnet Roger? Wer hatte einen Grund? Ist Fußball wirklich nur ein Spiel? Hauptkommissar Michael Müller übernimmt den Fall und gerät auf die Spur dunkler Machenschaften und in Welten, die dem Außenstehenden besser verborgen geblieben wären. Die Zeit drängt. Die Öffentlichkeit verlangt nach Antworten. Aber gut, der nächste Fall ist immer der Schwerste und ein Krimi dauert 90 Minuten!

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 303

Veröffentlichungsjahr: 2024

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Die Handlung und alle handelnden Personen sind frei erfunden. Jegliche Ähnlichkeit mit lebenden oder realen Personen ist rein zufällig.

Fußball ist deshalb so spannend, weil niemand weiß, wie das Spiel ausgeht.

Sepp Herberger

Protagonisten:

Mordkommission 1 Hauptkommissar Michael Müller Kommissarin Ariane Schäfer Kommissar Thorsten Kreiner

Mordkommission 2 Hauptkommissar Frank Koch Kommissar Hannes Krug Kommissar Karsten Pohlmann

Polizeirätin Lobel

1. FC Köln Präsident Dr. Alfons Steinberger Stürmer Roger Hammer Trainer Oliver Dahmen Athletiktrainer Manuel Mayer Physiotherapeut Willem de Kreup

Inhaltsverzeichnis

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

3. Kapitel

4. Kapitel

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

5. Kapitel

6. Kapitel

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

18. Kapitel

19. Kapitel

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

23. Kapitel

Danksagung

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

Roger Hammer ist Weltfußballer

Brüssel. Die Wahl zum Weltfußballer des Jahres gewann, wie von der deutschen Fußballprominenz vorhergesagt, der deutsche Stürmer Roger Hammer vom 1. FC Köln. Er setzte sich mit nur einer Stimme Vorsprung vor Ben Shermann von Arsenal London und Pepe Rodriguez von Real Madrid durch.

Roger Hammer ist erst der zweite deutsche Spieler nach Lothar Matthäus der es schafft, diesen Titel zu erlangen. Der DFB und viele deutsche Trainer und Spieler sind sich vollkommen einig über die Richtigkeit der Entscheidung und dem damit verbundenen Resultat.

Im Interview mit Kickerszene Aktuell sagte Hammer nach der Bekanntgabe seines Sieges: »Es ist eine große Ehre für mich, in die Fußstapfen meines Vorbilds Lothar Matthäus zu treten. Er gilt für mich immer, neben Franz Beckenbauer, als der beste deutsche Fußballspieler aller Zeiten. Ich bin unendlich glücklich und hoffe, dass meine Leistungen weiter so gut bleiben und ich mit dem 1. FC Köln meinen Traum, die deutsche Meisterschaft zu erringen, erfüllen kann. Bei dieser Gelegenheit möchte ich darauf hinweisen, dass diese Auszeichnung nicht mir allein gehört, sondern auch meinen Teamkollegen vom FC, der Kölner Region und der Nationalmannschaft.«

Zur Weltfußballerin wurde bei der FIFA-Gala »The Best« in Brüssel zum zweiten Mal die Brasilianerin Alonsa gewählt. »Es ist der krönende Abschluss meiner Karriere. Mehr konnte ich mir nicht wünschen.« Mit diesen Worten bedankte sich die Fußballerin und konnte auf der Bühne ihre Tränen nicht zurückhalten. »Danke, das bedeutet mir so viel«, sagte die 27-Jährige, die nach einem schweren Autounfall im letzten Frühjahr ihre Karriere vorzeitig beenden musste. Ein großer Verlust für den Frauenfußball. Die deutschen Nationalspielerinnen gingen erstmals leer aus.

Hammer durfte sich zudem über die Auszeichnung für das schönste Tor der Saison freuen. Dies verwunderte niemanden in der Fachwelt. Schließlich war es ihm als ersten deutschen Fußballer gelungen, fünfmal alleine im letzten Jahr das Tor des Monats zu erzielen. Zudem wurde er Torschützenkönig der Bundesliga. Er ist zurzeit unser bester deutscher Spieler und alle fragen sich, wie lange er noch dem 1. FC Köln erhalten bleibt. Es gibt einige hochdotierte Angebote aus dem Ausland und natürlich vom Bundesligaprimus Bayern München. Auf die Frage, wo er in Zukunft spielt, antwortete Hammer: »Aktuell liegt mein Fokus ganz und gar beim 1. FC Köln. Jetzt gilt es, eine erfolgreiche Saison zu spielen. Ich möchte betonen, dass ich mich sehr wohl bei meinem Verein fühle.«

Als bester Trainer der Saison wurde der strahlende, allseits beliebte Weltmeister-Coach Peter van der Mohlen ausgezeichnet. »Ich weiß, dass ich als Trainer ohne meine Mannschaft keinen Erfolg hätte. Deshalb gebührt ihr ein besonderer Dank«, sagte der Niederländer. Beste Trainerin einer Frauenmannschaft wurde Karen Bleyard von Paris St. Germain, der Franzose Therry Ibaut wurde zum Welttorhüter gewählt.

Die Kölner Oberbürgermeisterin hat bereits angekündigt, dass sie Roger Hammer nach seiner Rückkehr aus Brüssel die Ehrenbürgerwürde der Stadt verleihen wird.

Wir gratulieren Roger ganz herzlich und wünschen ihm im Trikot der Fußballnationalmannschaft und des 1. FC Köln viele weitere Traumtore!

Prolog

Roger Hammer schließt hinter dem letzten der beiden abendlichen Besucher die Wohnungstür zu. Seufzend lehnt er sich mit seinem Rücken dagegen und beugt seinen Kopf leicht nach vorne. Er schließt die Augen und versucht, seine Atmung durch kontrolliertes Einund Ausatmen zu beruhigen. Langsam entweicht die Anspannung aus seinem Körper.

Es ist vorbei, er hat den Abend überstanden. In seinem Kopf formen sich noch einmal die Argumente des Abends. Es waren keine guten Gespräche,

wird ihm klar. Die Stimmung zwischen ihm und seinen Gästen war angespannt. Ein Streit schien vorprogrammiert. Trotzdem ist er froh und erleichtert, dass er seinen Standpunkt verteidigt hat. Dieses Mal hat er sich nicht, wie so oft in seinem Leben, umstimmen lassen. Das gibt ihm ein zufriedenes Gefühl. Er ist mit sich im Reinen.

Sein Magen grummelt. Er bekommt Hunger. Roger wird bewusst, dass er die letzte Mahlzeit vor mehreren Stunden zu sich genommen hat. Appetit ist ein sicheres Zeichen, dass sich sein Körper entspannt.

Im Kühlschrank findet er noch Reste vom gestrigen Abendbrot, die er sich in der Mikrowelle aufwärmen könnte. Bevor er Gelegenheit bekommt, sein Abendbrot aufzuwärmen, ertönt die Türglocke.

Verwundert verharrt er in seiner Bewegung. Eigentlich will er heute Abend niemanden mehr sehen. Aber könnte es wichtig sein? Er dreht auf dem Absatz um und geht zurück zur Wohnungstür. Er wirft einem Blick auf den Monitor neben der Tür. Etwas lässt ihn zögern. Während er die Tür öffnet, fragt er sich, warum sein Gast zurückgekommen ist.

»Hast du etwas vergessen?« »Hör zu, ich kann unser Gespräch so nicht stehen lassen. Lass uns bitte noch einmal reden.« Roger ist genervt. Die Gespräche haben ihn angestrengt, er ist müde und hat Hunger. Alles, was er will, ist alleine etwas essen und sich dann eine Folge seiner Netflix-Lieblingsserie reinziehen. Er verspürt gar keine Lust zum Reden!

»Ich bin mit dem Thema durch. Wir haben diskutiert und ich habe eine Entscheidung getroffen. Es gibt nichts mehr zu besprechen. Bitte geh jetzt.« »Roger, ich habe dir eine Sache noch nicht erzählt. Ich denke, die solltest du bei deiner Entscheidung unbedingt berücksichtigen.« Roger ist verärgert. Er findet es lächerlich, Argumente nach dem Ende einer Diskussion nachzuschieben, nur weil einem der Ausgang des Gesprächs nicht passt.

Entgegen seiner inneren Überzeugung bittet Roger seinen Gast ins Wohnzimmer.

»Mach es kurz. Ich bin müde und habe Hunger.« Sein Gast beginnt zu sprechen und Rogers Müdigkeit und auch sein Appetit sind urplötzlich verschwunden.

Er traut seinen Ohren nicht. Ist er wirklich so naiv?

Das kann doch alles nicht wahr sein.

Nach und nach erkennt Roger das Ausmaß der Wahrheit. Zuerst ist er tief gekränkt, aber dann spürt er eine riesige Wut in sich aufsteigen. Am liebsten würde er seinen Gast packen und eigenhändig aus seiner Wohnung werfen. Roger beherrscht sich mit Mühe. Er ist ein besonnener Mensch. Aber seine Wut lässt ihn laut schreien:

»Du mieser Lügner, du elender Betrüger! Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Es bleibt bei meiner Entscheidung. Raus aus meiner Wohnung. Verschwinde aus meinem Leben.« In dem Augenblick ertönt der Klingelton seines Handys. Der Ton ist gedämpft, als ob er aus den Tiefen einer dicken Schicht aus Kissen und Decken erklingt.

Roger dreht sich suchend zu dem Geräusch um. Er fragt sich, wo er sein Handy hingelegt hat.

Sein Gast nutzt Rogers Unaufmerksamkeit. Ihm ist klar, alles ist aus und vorbei. Wie ferngesteuert greift er eine der Trophäen auf dem kleinen Sideboard rechts von ihm. Es ist eine goldene Skulptur eines Fallrückziehers im Stiel Niki de Saint Phalle. Sehr modern gestaltet, aber mit scharfen Ecken und Kanten. Das linke Bein der Figur steht angewinkelt auf den Boden, während sich das rechte Bein, mit einem Ball am Fuß, nach oben streckt. Der Oberkörper fällt nach hinten. Es wirkt so, als ob die linke Hand fast den linken Fuß berührt, während der rechte Arm zur Seite gestreckt ist.

Die klare Aussichtslosigkeit seiner Zukunft lässt ihn zuschlagen.

Aus dem Augenwinkel fühlt Roger den Schlag auf sich zukommen und will sich zu seinem Gast drehen. In diesem Augenblick wird er ausgesprochen unglücklich am Kopf getroffen. Roger bricht auf der Stelle tot zusammen. Aus dem Loch in seinem Kopf fließt das Blut auf den dicken hellen Teppich unter seinem Körper.

Erschrocken starrt er auf sein Opfer. Er hat in seiner Wut einfach zugeschlagen. Aber er wollte ihn doch nicht umbringen. Egal, er muss verschwinden. Hoffentlich hat ihn niemand beim Betreten der Wohnung gesehen. Hektisch blickt er sich in dem Raum um. Hier muss doch etwas liegen, womit er seine Fingerabdrücke von der Skulptur wegwischen kann.

Als er nichts erblickt, nimmt er die Trophäe mit ins Gäste-WC. Dort hält er sie über die Toilettenschüssel und begießt sie mit WC-Reiniger. Nachdem er mehrfach abgespült hat, greift er ein Handtuch und wischt sie trocken, um mögliche Fingerabdrücke von ihm zu entfernen. Dann geht er zurück ins Wohnzimmer. Dort hat sich unter Rogers Kopf bereits eine Blutlache gebildet. Er lässt die Skulptur in die Blutlache fallen und verschwindet mit dem Handtuch aus der Wohnung, in der festen Überzeugung, keine Spuren hinterlassen zu haben.

1. Kapitel

Hauptkommissar Michael Müller quält sich mit seinem Auto durch den Kölner Berufsverkehr. Michael ist bei seinen Großeltern in Brühl aufgewachsen. Seine Eltern, zwei erfolgreiche Journalisten, hatten keine Zeit für ihn und deshalb den Großeltern die Erziehung überlassen. Als sein Opa starb, erbte er mit siebzehn Jahren dessen Mercedes. Der Daimler ist inzwischen in die Jahre gekommen, tuckert jedoch zuverlässig über die Deutzer Brücke in Richtung Präsidium.

An diesem trüben und nasskalten Novembermorgen ist Michaels Motivation, ins Büro zu fahren, am Nullpunkt angekommen. Gestern war es ihnen endlich gelungen, den Mörder eines jungen Mannes aus Pulheim festzunehmen. Die Tat ging ihm nicht aus dem Kopf.

Ein fünfzigjähriger Rumäne war nach der brutalen Tat an seinem Landsmann nach München geflohen. Als er gestern nach Köln zurückkehrte, hatte ihn ein Zeuge erkannt. Dadurch konnten sie ihn endlich verhaften.

Ein junger Mann starb, weil er als Schwiegersohn nicht gut genug war. Da die Tochter sich nicht trennen wollte, ermordete der Vater ihren Liebhaber ohne den geringsten Skrupel. Die Liebe seiner Tochter für den jungen Mann war ihm schlichtweg egal. Eine unvorstellbare Tat. Der Täter hatte mit dem Mord seine Familie zerstört. Verständlicherweise wollte seine Tochter jetzt nichts mehr mit ihm zu tun haben. Warum die Ehefrau zu ihrem Mann und nicht zu ihrer Tochter hielt, war für den Hauptkommissar schlicht ein Rätsel.

Das waren die Dinge in seinem Beruf, die ihm zusetzen, weil er sie nicht nachvollziehen konnte. Michael konnte Menschen, die selbst vor Mord nicht zurückschreckten, nur um ihre angebliche Familienehre durchzusetzen, einfach nicht verstehen.

Der Klingelton seines Handys reißt ihn aus seinen trüben Gedanken. Was für ein Glück, das er sich eine Freisprechvorrichtung ins Auto eingebaut hat. Auch ein Polizist sollte nicht mit dem Telefon am Ohr erwischt werden.

Der Anruf kommt von Michaels Oma. Sie möchte wissen, wie es ihm geht. Unbehaglich stellt er fest, dass er sich schon länger nicht mehr bei ihr gemeldet hat. Dabei hat er sie doch unglaublich gern.

»Guten Morgen Oma, es tut mir wirklich leid, dass du schon eine ganze Zeit nichts mehr von mir gehört hast.

Ich hatte viel zu tun, aber ich hoffe, es geht dir gut.«

»Junge, bei mir ist alles in Ordnung. Ich wollte dir doch von Luises und meinem Konzertbesuch in der Gaststätte »Nebenan« erzählen.«

»Wie war es?«

»Die Mitglieder der Band KickASS Bastards waren ganz reizende junge Männer. Sie waren so charmant zu Luise und mir. Außerdem haben sie richtig gute Musik gemacht, sogar etwas von AC/DC haben sie gespielt.

Die magst du doch auch. Komme doch beim nächsten Mal einfach mit.«

»Wie jung waren denn die jungen Männer?«

»Höchstens fünfzig oder ein klein wenig älter.«

»Mensch Oma, das sind doch keine jungen Männer mehr. Die sind ja fünfzehn bis zwanzig Jahre älter als ich. Da willst du mich doch nicht ernsthaft dahin mitschleppen.«

Als Omas glucksendes Lachen durch Telefon ertönt, wird Michael klar, dass sie ihn mal wieder auf den Arm genommen hat.«

»Für Luise und mich sind es junge Männer. Die Musiker hatten bestimmt noch nie Groupies, die über achtzig Jahre alt sind.«

Jetzt muss auch Michael lachen.

»Oma, du bist genial, aber nicht böse sein, ich bin gleich im Präsidium. Lass uns ein anderes Mal telefonieren.« Dass seine vierundachtzigjährige Oma zu einem Rockkonzert geht, findet Michael große Klasse. Sie ist schon eine tolle Frau, nur begleiten möchte er sie lieber nicht.

Endlich bewegt sich die Autoschlange schneller und Michael biegt nach knappen zehn Minuten auf den Parkplatz des Polizeipräsidiums ein. Nach der Ankunft ist der hochaufgeschossene Hauptkommissar froh, seine Glieder auszustrecken. Auch wenn das alte Auto seines verstorbenen Großvaters zu den größeren Karossen gehört, ist es für einen Mann von seiner Größe etwas unbequem. Michael nimmt seine schwarze Lederjacke vom Beifahrersitz. Normalerweise würde er selbst bei diesen Temperaturen für die wenigen Meter bis zum Eingang sie nur über seinen Arm legen. Bei der nassen Kälte zieht er sie heute Morgen über und betritt kurz darauf, wie immer in schwarzer Jeans und schwarzem Hemd gekleidet, das Polizeipräsidium.

Seine Kollegen, die Kommissare Ariane Schäfer und Thorsten Kreiner, sind heute bei dem Mistwetter schneller durchgekommen als er. Bei Michaels Eintritt ins Büro sitzen sie bereits einträchtig am Schreibtisch.

Früher war Michael überzeugt, dass die beiden ein heimliches Paar sind. Beide sind begeisterte Sportler, super fit und durchtrainiert. Ariane mit ihren langen dunklen Haaren, großen braunen Rehaugen und ihrer weißen Haut wirkt wie ein modernes Schneewittchen.

Thorsten, der schönste Polizist Kölns, verfügt zu seinen kurzen schwarzen Haaren über zwei gewinnende Grübchen. Seine Augen sind auch noch von einem so intensiven Blau, dass ihm die Frauen scharenweise zu Füßen liegen.

Im letzten Jahr gab es aber einen Artikel im Express, »Hammer-Tore durch Hammer-Braut«. Seitdem weiß das ganze Präsidium, dass Ariane mit Kölns Topstürmer Roger Hammer liiert ist.

Michael geht davon aus, dass die Kollegen mit dem Fahrrad zum Dienst gekommen sind. Der Hauptkommissar muss zugeben, dass diese sportlich durchtrainierten Körper extrem gut aussehen. Ihm reicht es aber voll und ganz, in seiner Freizeit mit seinen Kumpels Fußball zu spielen. Radfahren bei Nieselregen kommt für ihn überhaupt nicht in Frage. Das überlässt Michael lieber seinen Kollegen.

»Guten Morgen, Ihr habt nicht zufällig einen Kaffee für mich oder einen Euro für den Automaten?« Mit diesem für den Hauptkommissar üblichen Spruch begrüßt er Thorsten und Ariane.

»Wenn du das Mittagessen zahlst, kannst du einen Euro haben.« Ariane grinst ihn frech an. Wenn es so weitergeht, darf sie neben seinem riesigen Schokoladenbedarf auch noch seine Kaffeesucht finanzieren.

»Ich habe doch schon letzte Woche das Mittagessen für dich bezahlt«, antwortet er verdutzt.

»Letzte Woche handelte es sich um eine Retoureinladung, weil du mal wieder deine Geldbörse vergessen hattest. Heute kannst du mir einen ausgeben für dein ständiges Schnorren.«

»Okay, du hast gewonnen.« Michael ist sich seiner Schwäche bewusst, ständig die Kollegen um einen Euro für den Kaffeeautomaten anzuhauen. Genügend Kleingeld in der Tasche zu haben gehört nicht zu seinen Stärken.

Während Michael und Ariane an ihren üblichen Kabbeleien Gefallen finden, beendet Thorsten sein Telefonat. »Mist, es wurde eine Kinderleiche gefunden. Die Spusi ist schon vor Ort. Michael, kommst du mit? Der Fundort liegt in Nippes.« Bevor die Männer aufbrechen, betritt Polizeirätin Lobel in Begleitung eines etwa vierzig- bis fünfundvierzigjährigen Mannes das Büro. Er ist mittelgroß, sehnig und fast schon zu lässig gekleidet. In Kombination mit dem modernen Haarschnitt und der stylischen Sonnenbrille erkennen die Kommissare seinen Wunsch, jugendlich zu wirken.

»Schön, dass ich Sie hier gemeinsam antreffe.« Mit diesen Worten begrüßt die Polizeirätin ihre Mitarbeiter. »Ich möchte Ihnen gerne den Nachfolger von Hauptkommissarin Wolff vorstellen. Hauptkommissar Frank Koch leitet von nun an die zweite Mordermittlungseinheit.« Mit einem kargen Hallo gibt er den dreien die Hand.

Der Händedruck ist so lasch, als wünsche er Distanz zu seinen neuen Kollegen. Koch schaut ohne weitere Kommentare in die Runde. Kein einziger freundlicher Satz kommt über seine Lippen. Michael, Ariane und Thorsten betrachten ihn schweigend. Wie immer fühlen sie sich unwohl in Gegenwart der Polizeirätin.

Diese scheint die schlechte Stimmung nicht wahrzunehmen oder nicht wahrnehmen zu wollen und ergreift erneut das Wort. Extrem sachlich teilt sie Michael die Veränderung in seinem Team mit.

»Hauptkommissar Müller, Karsten Pohlmann wird zusammen mit Hannes Krug ab sofort das Team von Hauptkommissar Koch unterstützen. Damit ist Herr Pohlmann nicht mehr länger Teil ihres Teams, sondern wird zusätzlich Hauptkommissar Koch zugeteilt. Hat noch jemand Fragen?« Nachdem alle schweigend den Kopf schütteln, wendet sich Frau Lobel um einiges freundlicher an den Neuen.

»Dann zeige ich Ihnen jetzt Ihren Arbeitsplatz.« Ohne ein Tschüss ist der Neue auch schon durch die Türe.

Während Ariane in erster Linie großes Mitleid mit Hannes überkommt, sind Thorsten und Michael nur froh, Karsten los zu sein. Bei ihrem letzten Fall hat der Kollege sich weder mit besonderem Arbeitseinsatz noch mit Teamfähigkeit hervorgetan. Ihr Team hatte ohne ihn besser funktioniert und wird es jetzt sicherlich auch wieder.

»Dann lassen wir uns überraschen, wie sich unser neuer Mr. Cool so entwickelt.« Michael hat bei dem Neuen kein gutes Bauchgefühl, aber dass behält er erst einmal für sich. Seine Kommissare sollen ihre eigenen Erfahrungen machen.

»Komm, Micha, lass uns nach Nippes fahren. Schließlich wartet dort Arbeit auf uns.« Mit diesen Worten verlassen die beiden Männer das Büro. Ariane ist gespannt, was Hannes ihr beim nächsten gemeinsamen Mittagessen über Frank Koch so erzählen wird. Komischer Vogel, im November mit einer dunklen Sonnenbrille und dann auch noch so im Büro herumzulaufen, ist extrem schräg. Ariane hasst es, wenn sie Menschen nicht in die Augen sehen kann.

Denn eins ist ihr klar, mit einem Augenleiden wäre er kein Polizist. Wer weiß, was der Neue zu verbergen hat.

Keine halbe Stunde später stürmt Karsten zu Ariane ins Büro. »Hast du den Idioten gesehen? Den Mistkerl will ich nicht als Chef. »Mein Name ist Hauptkommissar Koch und ich lege großen Wert auf Disziplin und Pünktlichkeit! Der Typ ist mega-widerlich. Wo ist Michael, der muss mich da rausholen.«

»Sorry, Karsten, aber ich glaube, da sind Michael die Hände gebunden. Warte doch erst mal ab, ob der Neue etwas draufhat? Vielleicht ist er unfähig und wir werden ihn ganz schnell wieder los.« Ariane hätte nie gedacht, Karsten einmal so viel Verständnis entgegenzubringen.

»Die Chancen stehen schlecht«, antwortet Karsten. »Er hat uns bereits einen Vortrag über seine Erfolge bei der Mordkommission in Duisburg gehalten.«

»Duisburg, okay, das ist interessant. Ich glaube, da kenne ich jemanden.«

»Die Info ist von mir, Ariane. Wenn der Typ Leichen im Keller hat, informierst du mich als Ersten. Verstanden?«

Ariane lächelt Karsten an und spürt in diesem Moment, dass ihr Mitleid auch schon wieder verschwindet. Faszinierend, wie Karsten es immer wieder schafft, den Unsympathen rauszukehren. Dabei sagt die Gerüchteküche, ihm laufen die Frauen hinterher.

Eine davon soll Polizeirätin Lobel gewesen sein. Deshalb darf er sich auch den einen oder anderen Fehltritt leisten. Ariane schüttelt bei diesem Gedanken verständnislos den Kopf. Sie würde Karsten nicht mal haben wollen, wenn er der einzige Mann auf dieser Erde ist.

Michael und Thorsten verlassen mit dem neuen Gerichtsmediziner Ali den Tatort. Ali hat vor wenigen Wochen seine Facharztausbildung in Pathologie abgeschlossen. Er hat noch nicht viele Einsätze hinter sich und braucht erst einmal eine Zigarette.

»Sorry, Jungs, aber es ist ein Riesenunterschied zu meiner Ausbildung, eine Kinderleiche wie weggeworfen in der Natur zu sehen. Da brauche ich Nikotin, um runterzufahren.«

Zitternd zündet Ali sich seinen Glimmstängel an. Was für ein liebenswerter Kerl. Ali ist in Deutschland geboren und auch deutscher Staatsangehöriger. Seine Mutter spricht wenig Deutsch und sein Vater, ein Autohändler, konnte die Ambitionen seines Sohnes nie ganz verstehen. Dieser hatte nur den einen Wunsch, dass sein einziger Sohn später seinen Autohandel übernimmt. Ali hatte sich gegen alle Widrigkeiten durchgesetzt. Er hat Abitur gemacht und sein Studium selbst mit allen möglichen Jobs finanziert. Auch wenn Gerichtsmediziner sein Traumberuf ist, sieht man ihm an, dass die Kinderleiche ihm heftig unter die Haut geht.

»Kannst du uns schon etwas über den Todeszeitpunkt oder die Todesursache sagen?«, fragt ihn Michael.

»Genaues gibt es immer nach der Obduktion, aber meine Vermutung liegt bei etwa zweiundzwanzig Uhr gestern Abend. Es kann durchaus ein tödlicher Unfall gewesen sein. Es sieht so aus, als ob es möglich wäre, dass er durch einen Schlag unglücklich gefallen oder auch nur gestürzt ist. Aber auch hier gibt es Genaueres nach der Obduktion. Ich zieh den Jungen vor und melde mich bei euch.«

»Ali?«

»Ja.«

»Wie alt schätzt du den Jungen?«, möchte Thorsten noch wissen.

»Sieben oder acht Jahre.« Mit diesen Worten tritt er seine Zigarette aus und hebt die Kippe vom Boden, damit er sie ordentlich einpacken kann.

Kinder tragen keinen Personalausweis bei sich. Michael bittet Thorsten, im Präsidium nachzuhaken, ob ein Kind vermisst wird. Thorsten ist überrascht, als er bei seinem Anruf im Präsidium eine so schnelle Antwort der Kollegen erhält.

»Das ist eigenartig. Es gibt keine einzige Vermisstenmeldung! Micha, wie sollen wir vorgehen?«

»Wenn keine Vermisstenmeldung vorliegt, werden wir einen Aufruf starten müssen, um herauszufinden, um wen es sich bei dem Jungen handelt. Sicherheitshalber kontaktierst du bitte das Jugendamt. Der Junge könnte aus einem Heim weggelaufen sein. Etwas stimmt hier nicht. Ein spurlos verschwundenes Kind löst normalerweise direkt Alarm aus.«

»Ich kümmere mich darum«, ist Thorstens dienstbeflissene Antwort. »Hoffentlich finden wir etwas heraus.« Michael schätzt Thorsten für seine hilfsbereite und ruhige Art. Er ist dankbar für einen so engagierten und fähigen Kollegen. Auf Thorsten ist immer Verlass.

Vollkommen egal, ob mal wieder Ärger mit der Lobel ansteht oder die Arbeit überhandnimmt. Thorsten bleibt ruhig und ist für ihn und Ariane da.

Abends steht Michael in der Küche seiner Wohnung im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Sein Rückzugs- und Entspannungsort ist der dazugehörige Balkon mit einem Blick auf den alten und riesigen Melatenfriedhof.

Als leidenschaftlicher Hobbykoch bereitet er sich zum Abendessen ein Omelett mit schwarzen Oliven, Kirschtomaten und Artischockenherzen zu. Als es an der Wohnungstür klingelt, glaubt Michaels Unterbewusstsein einen irrwitzigen Moment daran, seine geschätzte Kollegin Eva steht davor. Leider verfliegt der Gedanke recht schnell und die Realität, dass sie nie wieder dort klingeln wird, trifft ihn immer noch hart.

Er vermisst sie und ihre spontanen Besuche so sehr.

Auch wenn Evas Mörderin im Gefängnis für ihre Tat büßt, kann es den Verlust und den damit verbundenen Schmerz nicht mindern.

Michael betätigt den Summer der Haustür und hört kurz darauf die schweren Schritte auf der Treppe. Wenig später blickt er in das Gesicht seines Kollegen Kommissar Hannes Krug. Dieser bleibt ein wenig unsicher vor der Türe stehen und fragt übertrieben höflich, ob Michael Zeit für Gespräch hat. Um die Stimmung zu entspannen, bittet Michael ihn mit einer Einladung zum Essen in seine Wohnung.

»Mensch, Hannes, komm rein, hast du schon was gegessen? Habe mir gerade ein Monster Omelett gemacht und kann dringend Hilfe gebrauchen.« Während Michael sein Abendbrot mit Hannes teilt, betrachtet er den Kollegen aufmerksam. Er sieht müde und alt aus. Ein Zeichen von zu wenig Schlaf und Essen. Kein Wunder, auch er vermisst die Kollegin Eva Wolff.

Nach dem Essen gießt er Hannes und sich einen Cognac ein und stellt noch ein paar Cashewnüsse auf den Tisch. Michael mit seinem gesegneten Appetit hätte das Omelett auch locker alleine geschafft. So, wie Hannes aussieht, hat er mit der Teilung eine gute Tat vollbracht. Außerdem bleibt ihm immer noch die Möglichkeit, sich an den Nüssen satt zu essen.

»Es sieht ganz danach aus, als erlebten wir beide heute einen hundsmiserabelen Tag. Schieß los, was liegt dir auf dem Herzen?« Hannes dreht den Cognacschwenker in seiner Hand und es sieht fast so aus, als wolle er gar nicht trinken.

Dann setzt er an und seinem Gesicht ist die Überraschung anzusehen, wie mild das bernsteinfarbene Getränk schmeckt. »Der ist richtig gut«, lautet sein verwunderter Kommentar.

»Ist auch nur für besondere Gelegenheiten.« Michael merkt, Hannes benötigt noch ein wenig Zeit, um sich zu öffnen. Schweigend genießen sie ganz langsam den Gran Cru Remy Martin XO.

»Frank Koch, ich kenne ihn von früher. In meiner Ausbildung war ich in Essen stationiert und hatte ihn als Kollegen. Wobei Kollege nicht das richtige Wort ist. Er war schon damals eher ein Kollegenschwein. Er liebte es, die Fehler der anderen publik zu machen und klaute mit Vorliebe deren Ideen, um sie als seine auszugeben. Nach oben buckeln, nach unten treten war seine Devise und ich gehe nicht davon aus, dass er sich verändert hat. Könnte mir vorstellen, der Mistkerl wurde weggelobt. Wenn ich von meinen früheren Kollegen seinen Namen hörte, dann war die Geschichte immer negativ. Was soll ich nur machen, wir haben uns gerade ein Haus gekauft und meine Frau erwartet doch ein Baby. Ich will nicht mit ihm arbeiten, aber ich kann auch nicht ohne guten Grund sofort weg.«

»Was ist, wenn du die Abteilung wechselst? Ich könnte Holger von der Wirtschaftskriminalität fragen? Wir sind gute Kumpels.«

»Ich mag meine Arbeit, soll ich sie wirklich wegen diesem Vollhorst aufgeben?« Hannes stellt die Frage verzweifelt und Michael wird klar, dass sein Lösungsvorschlag vorerst noch keiner ist.

»Nein, du hast recht. Den Weg solltest du nur einschlagen, wenn es für dich nicht mehr zumutbar ist. Vielleicht fliegt er irgendwann so auf die Nase, dass wir ihn wieder loswerden. Egal was passiert, du hast auf jeden Fall meine Unterstützung. Du weißt, ich bin auf deiner Seite, genauso wie Ariane und Thorsten, davon bin ich überzeugt.«

»Danke, Michael, das ist gut zu wissen. Eva sagte mir einmal, wenn sie diese vertrauensvollen Gespräche in all den Jahren mit dir nicht gehabt hätte, wäre sie bestimmt durchgedreht. Nach heute Abend verstehe ich sie viel besser. Glaube mir, ich vermisse sie unendlich.«

»Tja, da geht es mir nicht anders.« Michael schiebt seine tiefe Trauer ganz schnell zur Seite. Evas Tod treibt ihm an schlechten Tagen immer noch die Tränen in die Augen.

2. Kapitel

Am Tag seines Todes steht Roger Hammer, der Superstürmer des 1. FC Köln, trotz trübem Novemberwetters mit einem Glas warmer Milch auf seinem Balkon und blickt in den Garten von Schloss Augustusburg in Brühl. Alle Kollegen aus seinem Verein wohnen in Köln-Junkersdorf, im Hahnwald oder Düsseldorf. Er entschied sich für das beschauliche Brühl. Hier wird er selbst bei seiner großen Bekanntheit in Ruhe gelassen.

Niemand belästigt ihn beim Einkaufen oder im Restaurant. Dazu kommt diese ruhige Wohnung mit dem traumhaften Blick auf das Brühler Schloss. Das entschädigt ihn für den regelmäßigen Stau auf dem Weg zum Training.

Ein Blick auf die Uhr zeigt ihm, dass er starten muss, der Trainer wird sauer, wenn ein Spieler zu spät kommt. Dabei ist es ihm egal, um welchen Spieler es sich handelt oder ob es einen Grund für die Verspätung gibt. Auch Roger als Aushängeschild des Vereins bildet hier keine Ausnahme.

Er steigt in seinen Porsche 911 und macht sich zur Musik von Pink auf zum Geißbockheim nach Köln. Die Autobahn A 555 ist relativ frei und die meisten Berufspendler sind auf der B 51 unterwegs. Während die Regentropfen passend zu TRUSTFALL auf die Scheiben klatschen, legt er entspannt die Strecke zurück.

Um die Leistungsfähigkeit der Spieler zu erhöhen, hat Trainer Oliver Dahmen die Ernährung umgestellt. Damit den Spielern die Umstellung leichter fällt, wurde das gemeinsame Frühstück und Mittagessen eingeführt. Dabei ist es geblieben. Der Zusammenhalt der Spieler und die Stimmung im Training haben sich durch die gemeinsamen Mahlzeiten spürbar verbessert.

Nach dem Essen geht es auf das Trainingsgelände. Wie immer stehen einige Dutzend Fans am Seitenrand, um ihnen zuzuschauen.

Unter ihnen beobachtet die achtzehnjährige Mona gebannt das Training des FC. Sie liebt Fußball. Diese athletischen Männerkörper sind einfach eine Augenweide. Vor allem der japanische Abwehrspieler Kendo hat es ihr angetan. Ihm zuliebe hat sie sogar versucht, Japanisch zu lernen. Das war leider so schwierig, dass sie es gleich wieder aufgegeben hat. Hinzu kommt, dass sich Kendo so gar nicht für sie interessiert hat.

Also hat sie ihre Begeisterung auf Mesut verlegt.

Schließlich behaupten alle, er sei noch Single.

Während sie der Mannschaft beim Aufwärmtraining zuschaut, suchen ihre Augen immer wieder Mesut. Leider hat er bisher nicht einmal zu ihr hingesehen.

Nachdem die Einheit abgeschlossen ist, beginnt der Athletik-Trainer Manuel Mayer mit der Koordinationsleiter. Mit dieser Übung können Bewegungsmuster eingeübt werden, die dazu führen, dass das Gehirn neue neuronale Verknüpfungen trainiert. Hierdurch verbessert sich das Bewegungslernen und die Koordination. Mayer lässt die Spieler in Verbindung mit dem Gerät leichte Passübungen trainieren. Eine bis in den Kreisligen bekannte Methode, hinter der sich trotz ihres gering wirkenden Schwierigkeitsgrades Tücken verbergen. Wenn die Übungen ungenau ausgeführt werden, ist der Trainingseffekt sinnlos. Das hat Mona bereits recherchiert. Sie ist sehr stolz auf ihr Fachwissen.

Sie weiß, wie wichtig es ist, dass die Spieler die von ihnen verlangten unterschiedlichen Schrittfolgen an der Koordinationsleiter beherrschen. Dies hält deren Konzentration hoch und zugleich schult es ihre Koordinations- und Rhythmisierungsfähigkeit.

Sie muss gestehen, dass Manuel Mayer sehr akribisch bei der Durchführung der Übungen ist. Sobald ein Spieler die nötige Konzentration missen lässt, kann er sehr unangenehm werden. Also geben sich die Jungs alle Mühe.

Wenn der Manuel nicht so ein alter Mann wäre, der ist bestimmt vierzig, also uralt, dann wäre er noch attraktiver als Mesut.

Roger ist jeden Morgen aufs Neue fasziniert. Die FC-Fans stehen bereits am frühen Morgen, sogar bei diesem nasskalten Wetter, am Spielfeldrand und beobachten das Training. Oft kommen besonders hübsche und sehr attraktive Mädchen zum Training, immer in der Hoffnung, einen Spieler auf sich aufmerksam zu machen. Die eine oder andere Liaison mit einem Spielerkollegen hat in der Vergangenheit so ihren Anfang genommen.

Mona sieht, wie auf der anderen Seite des Spielfelds die vier Schlussmänner des FC trainieren. Diese spielen in zwei Teams gegeneinander Spikeball. Das ist eine Trendsportart, die ein entfernter Verwandter des Beachvolleyballs ist und sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit erfreut. Spikeball fand seinen Weg in den professionellen Fußball, weil dort neben der Reaktionsfähigkeit vor allem auch die Antizipation, die Präzision sowie im Falle der Torhüter auch Reflexe, Sprünge und die Absprache mit den Mitspielern geschult wird. Der Kern bei diesem Training besteht darin, beim Spikeball zu kommunizieren. Wer es nicht macht, hat schlechte Karten. Das ist zwar nett anzusehen, aber Mona hat kein Interesse an ihnen. Sie weiß, dass die Jungs alle in festen Händen sind.

Warum sollte sie für die ihre Energie verschwenden.

Lieber schaut sie zu, wie der Cheftrainer Oliver Dahmen den Schwerpunkt des Trainings setzt. Torabschlüsse, Zweikämpfe und Umschaltspiel, alles ist wichtig und muss genau einstudiert werden. Mona freut sich immer, wenn sie eine der neuen Spielvarianten beim nächsten Bundesligaspiel wiederkennt.

Das Training endet mit ausgiebigen Dehnübungen und dann verlassen die Spieler den Platz. Mona weiß von Muskelentspannungsmassagen oder Theorieeinheiten, die folgen. Hier sind dann aber keine Fans mehr zugelassen. Weil das zu lange dauert, bevor sich die Spieler, müde und abgekämpft, durch den dichten Berufsverkehr auf den Nachhauseweg begeben, verlässt Mona das Gelände und hofft auf den nächsten Tag, an dem Mesut sie schließlich beachten wird.

Auf der Heimfahrt nach dem Training fällt es Roger besonders schwer, sich auf den Verkehr zu konzentrieren. Er braucht Harmonie in seinem Leben. Da ist es alles andere als cool, dass er heute und gestern einen Disput mit zwei Teamkollegen hatte.

Am Abend stehen ihm auch noch sehr unerfreuliche Gespräche bevor. Den Gesprächspartner wird seine Entscheidung, die er zu seiner Zukunft getroffen hat, nicht gefallen. Ihm ist bewusst, sie werden alles versuchen, um ihn umzustimmen. Er schwört sich, sämtliche Argumente der Gegenseite an sich abprallen zu lassen und seinen eigenen Weg zu gehen. Schließlich ist es sein Leben. Wie oft wurde er in der Vergangenheit benutzt. Angeblich zu seinem Vorteil. In Wirklichkeit ging es doch immer nur darum, die Taschen der anderen zu füllen. Das ist nun vorbei. Jetzt entscheidet er.

Bei diesem Gedanken steigt ein unangenehmes Gefühl in ihm hoch. Wären diese Gespräche bloß schon Vergangenheit! Wenn er doch nur zaubern könnte und der Abend wäre überstanden, denkt Roger sehnsüchtig.

Wie ferngesteuert biegt er mit seinem Porsche auf der A 555 an der Abfahrt Brühl-Süd ab.

Der Arbeitstag neigt sich dem Ende. Als Ausgleich für den harten Arbeitsalltag einer Polizistin und um den unsympathischen neuen Kollegen aus dem Kopf zu bekommen, geht Ariane zum Karatetraining. Sie liebt dieses Training über alles. Hier kann sie komplett abschalten. Selbst wenn sie auf ihren nervigen Dauerverehrer und Arbeitskollegen Kevin Schenkenberg trifft.

Monatelang hat Kevin, mit den schlechtesten Anmachsprüchen der Welt, versucht, ihre Aufmerksamkeit zu erobern. Am Schluss probierte er sich gar als Dichter mit einem grottenschlechten Liebesgedicht. Erst die Schlagzeile im Express bewahrte sie vor weiteren Annäherungsversuchen. Kevin ist nervig, aber bestimmt kein schlechter Typ. Er hätte bei ihr null Chancen, selbst wenn ihre Gefühle keinem anderen Mann gehören würden.

Zu ihrem Glück bleibt ihr heute ein Zusammentreffen mit ihm erspart. Was auch besser für ihn ist. Arianes aktuelle Stimmung schließt nicht aus, dass beim Trainingsende ein ungeplantes Veilchen im Gesicht des Kollegen erblüht.

Trotz des intensiven Trainings geht ihr der neue Hauptkommissar Frank Koch nicht aus dem Kopf. Polizeiarbeit ist Teamarbeit und ein schlechtes Teammitglied kann die Gruppe sprengen und die Leistungskurve steil nach unten ziehen. Wie es Hannes jetzt wohl ergeht? Er und Eva haben sich super verstanden.

Dass es mit Hauptkommissar Koch dann so übel kommt, damit hat keiner von ihnen gerechnet. Sie wird Hannes morgen auf einen Kaffee in die Kantine einladen. Vielleicht kann sie ihm so eine kollegiale Stütze sein.

Nachdem Heiko das Training mit Dehnübungen und einer abschließenden Entspannungsübung beendet, steht Ariane erschöpft aber auch gelöst unter der Dusche. Was würde sie nur ohne ihren Sport machen. Den ganzen Ärger in sich hineinfuttern und frustriert alt werden? Nein, danke!

Kickerszene Aktuell Kickerszene Aktuell

Wechselt Roger Hammer zu Bayer Leverkusen?

Uns liegen brisante Informationen vor, dass der Topstürmer des 1. FC Köln den Verein zum Saisonende verlässt. Die Gerüchteküche geht davon aus, dass Roger Hammer bereits einen Vertrag mit Bayer Leverkusen geschlossen hat.

Bei den vielen Anfragen aus dem Ausland sowie vom Bundesligaprimus Bayern München ist dies schwer zu glauben. Schließlich sind die Vereine aus Köln und Leverkusen seit Jahren verfeindet.

Ein Weggang des wichtigsten Kölner Spielers zu Bayer Leverkusen bringt massive sportliche Probleme mit sich.

Zudem wird er alle Fans bis ins Mark erschüttern.

Alle Reaktionen der Kölner Fußballwelt zeigen, schlimmer als ein Fortgang von Roger Hammer wäre ein Vertrag Hammers mit dem Hassgegner Leverkusen. Dies kann sich niemand vorstellen. Woher stammen also die Gerüchte? Geht es nur darum, Unruhe in den FC zu bringen?

Alle Anfragen unserer Redaktion beim Spieler selbst und seinem Manager oder direkt bei der Pressestelle des FC blieben unbeantwortet.

Wir alle warten jetzt auf ein Dementi. Natürlich verstehen wir, dass ein Topspieler wie Roger Hammer im Ausland ganz andere finanzielle Verdienstmöglichkeiten hat. Keine Menschenseele würde ihm verübeln, einen Vertrag bei einem Spitzenverein wie Barcelona oder ManCity zu unterzeichnen.

Sollte er aber tatsächlich zu Leverkusen wechseln, würde dies seine bislang enorme Beliebtheit in Köln massiv beeinträchtigen.

Kickerszene bleibt selbstverständlich dran und serviert alle brandneuen Informationen!

3. Kapitel

Das Klingeln ihres Handys reißt Ariane um kurz vor Mitternacht aus dem Tiefschlaf. Vollkommen benommen schaut sie aufs Display und sieht Thorstens Telefonnummer. Noch im Halbschlaf nimmt sie das Gespräch an.

»Hi, was ist los?« Ein tiefes Gähnen macht ihr bewusst, das Körper und Geist nur weiterschlafen wollen.

»Ariane, du musst kommen. Sofort! Es ist etwas Schreckliches passiert! Ich brauche dich!« Thorstens Stimme scheint kurz vor einem Kollaps zu stehen, so hysterisch klingt sie. So hat sie ihn noch nie erlebt. Ariane ist in diesem Moment hellwach. Sie spürt die Panik in der Stimme ihres vertrauten Kollegen.

»Sag mir, wo du bist, und ich mache mich sofort auf den Weg.«

Während Thorsten Ariane die Adresse mitteilt, zieht sie gleichzeitig Jeans und Sweater, vom gestrigen Abend an. Barfuß springt sie in ihre Sneaker, wirft ihre Trainingsjacke über und spurtet die Treppe zu ihrem Auto in die Tiefgarage herab. Mit überhöhter Geschwindigkeit rast sie zu Thorsten in die Stadt Brühl, direkt vor den Toren Kölns.

Arianes Kollege wartet vor dem Eingang des Gebäudes am Franziskanerhof in der Brühler Innenstadt. Auch wenn die Häuser von außen eher langweilig wirken, versöhnen sie mit einem traumhaften Blick auf das Brühler Schloss Augustusburg. Abgesehen davon steht jedem Eigentümer die persönliche Aufteilung und Ausstattung der Wohnung frei. Hier zu wohnen ist so viel schöner, als es von außen vermuten lässt.