Tonia Sohn in Lebensgefahr? - Friederike von Buchner - E-Book

Tonia Sohn in Lebensgefahr? E-Book

Friederike von Buchner

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Beschreibung

Diese Bergroman-Serie stillt die Sehnsucht des modernen Stadtbewohners nach einer Welt voller Liebe und Gefühle, nach Heimat und natürlichem Leben in einer verzaubernden Gebirgswelt. "Toni, der Hüttenwirt" aus den Bergen verliebt sich in Anna, die Bankerin aus Hamburg. Anna zieht hoch hinauf in seine wunderschöne Hütte – und eine der zärtlichsten Romanzen nimmt ihren Anfang. Hemdsärmeligkeit, sprachliche Virtuosität, großartig geschilderter Gebirgszauber – Friederike von Buchner trifft in ihren bereits über 400 Romanen den Puls ihrer faszinierten Leser. Anna kam mit tränenfeuchten Augen in die Wohnküche der Englers. Sie war kreidebleich. Katja legte ihr den Arm um die Schulter und drückte sie auf einen Küchenstuhl. »Die Anna braucht einen Obstler«, sagte die alte Walli resolut. »Martin, Sebastian jammert vor sich hin. Kann es ein, dass das Schmerzmittel nicht geholfen hat?«, fragte Anna. »Ich sehe nach ihm«, antwortete Dr. Martin Engler. Er stand sofort auf und eilte davon. Walli schenkte Anna einen Obstler ein. Sie wollte nicht trinken. Aber Walli bestand darauf. Anna trank und verzog das Gesicht. Sie wischte sich mit dem Taschentuch die Tränen ab. »Katja, Walli, ich habe Angst. Ich habe solche Angst, wir könnten Sebastian verlieren«, schluchzte sie.

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Toni der Hüttenwirt – 319 –

Tonia Sohn in Lebensgefahr?

Dr. Martin Engler steht vor einem Rätsel

Friederike von Buchner

Anna kam mit tränenfeuchten Augen in die Wohnküche der Englers. Sie war kreidebleich. Katja legte ihr den Arm um die Schulter und drückte sie auf einen Küchenstuhl.

»Die Anna braucht einen Obstler«, sagte die alte Walli resolut.

»Martin, Sebastian jammert vor sich hin. Kann es ein, dass das Schmerzmittel nicht geholfen hat?«, fragte Anna.

»Ich sehe nach ihm«, antwortete Dr. Martin Engler. Er stand sofort auf und eilte davon.

Walli schenkte Anna einen Obstler ein. Sie wollte nicht trinken. Aber Walli bestand darauf.

Anna trank und verzog das Gesicht. Sie wischte sich mit dem Taschentuch die Tränen ab. »Katja, Walli, ich habe Angst. Ich habe solche Angst, wir könnten Sebastian verlieren«, schluchzte sie.

Katja und Walli warfen sich einen Blick zu. Sie wussten, wie ernst es um Annas Adoptivsohn Sebastian stand. Katja überlegte noch, wie sie Anna trösten und ihr die Angst nehmen könnte, als Walli antwortete:

»Anna, jetzt hör aber auf!«, sagte Walli streng. »So etwas darfst du nicht mal denken. Mei, Madl, ich verstehe dich. Aber das wird schon wieder. Ich kenne Martin schon lange. Wenn ich daran denke, was für Notfälle er schon erfolgreich behandelt hat, darüber könnte ich ein Buch schreiben, einen dicken Wälzer. Und außerdem hilft es Sebastian nicht, wenn du jetzt vor lauter Kummer auch noch krank wirst. Er braucht dich. Es gibt ihm Kraft zu wissen, dass du stark bist und bei ihm bist. Er muss deine Zuversicht spüren, dass er wieder gesund wird. Natürlich gilt das für Toni genauso.«

»Du hast schon recht, Walli«, antwortete Anna leise. »Aber ich kann es nicht ändern. Die Angst ist so groß. Sie ist einfach da.«

Walli streichelte Anna den Rücken, wie bei einem Kind. Da flossen Annas Tränen noch mehr.

»Hast du schon etwas gefrühstückt? Ich vermute nicht. Ich mache dir jetzt Frühstück und für Toni auch. Du brauchst eine Grundlage.«

»Ich habe keinen Hunger, Walli. Ich bekomme nix runter.«

»Schmarrn!«, schimpfte Walli. Sie entschied, süßer Haferbrei mit Obst sei genau die richtige Kost. Während Katja sich neben Anna setzte und sie tröstete, zauberte Walli auf die Schnelle ein stärkendes Essen, das nicht belastete.

Walli blieb bei Anna am Küchentisch sitzen. Sie drohte, Anna zu füttern, wenn sie nicht essen würde.

Katja ging hinüber auf die Krankenstation und forderte Toni auf, in die Küche zu gehen und etwas zu sich zu nehmen. Zuerst lehnte er strikt ab, aber Martin schickte ihn hinaus.

»Geh schon! Du und Anna müsst bei Kräften bleiben. Ich habe mit einem Patienten genug zu tun. Los jetzt! Katja und ich bleiben hier am Krankenbett.«

Toni gab widerwillig nach.

Katja sah sich die Werte an, die über den Monitor des mobilen Überwachungsgeräts flimmerten.

»Wie sieht es aus, Martin?«, flüsterte Katja.

Martin gab ihr einen Wink. Sie gingen vor die Tür, ließen sie aber offen.

Sie sprachen ganz leise. Martin sprach nie am Krankenbett, wenn er sich um einen Patienten Sorgen machte. Auch wenn es so aussah, als schlafe der Patient, konnte man nie wissen, ob er nicht doch wach war und zuhörte. »Katja, es sieht nicht gut aus.«

»Das sehe ich. Jetzt mal im Klartext, wie steht es um Sebastian?«

»Man kann es so oder so sehen. Immerhin ist es gelungen, das Fieber von 41,9 Grad auf 40,0 Grad herunterzudrücken. Der damit verbundenen Gefahr ist die Spitze genommen. Doch das bedeutet nicht, dass es ihm besser geht. Ich vermute, das Fieber ist nur gesunken, weil er die Infusionen im Schnelldurchlauf bekommt. Die Flüssigkeit ist normalerweise schon um ein Drittel kälter, als die reguläre Körpertemperatur eines Menschen. Ich erlebe oft, dass Patienten während einer Infusion zu frieren anfangen.« Martin seufzte. »Zusätzlich habe ich den Kühlschrank im Labor mit Infusionsbeuteln gefüllt und auf 20 Grad eingestellt. Diese Temperatur ist das Maximum, was ich ihm geben kann, ohne Schüttelfrost zu riskieren. Im Augenblick kann ich Sebastian hauptsächlich dadurch helfen, indem ich so das Fieber bekämpfe. Die Schmerzmittel schaffen ihm etwas Erleichterung. Aber was er hat und welche Therapie ich anwenden soll, da kann ich nur zwei große Fragezeichen setzen. Die Schwellung an den Händen und Füßen ist nicht so zurückgegangen, wie ich es mir gewünscht hätte.«

Katja nickte. Sie war sehr betroffen.

»Wir müssen Zuversicht ausstrahlen, Katja. Wir dürfen uns nichts anmerken lassen.«

»Ich weiß, Martin. Ich bin nicht erst seit gestern deine Frau.«

Erna kam angelaufen. »Das Labor in Kirchwalden hat endlich die Werte durchgefaxt«, sagte sie. Erna war eine sehr erfahrene Sprechstundenhilfe und konnte die Werte lesen. Sie runzelte die Stirn.

Martin riss ihr die Seiten aus der Hand. Er warf einen Blick darauf. »Entweder sind die narrisch oder … Ich werde im Labor anrufen. Bleibe du bitte hier bei Sebastian am Krankenbett, Katja!«

Martin eilte ins Sprechzimmer und rief das Labor in Kirchwalden an. Er ließ sich sofort mit dem Arzt verbinden.

Doktor Paul Bergmann und Martin kannten sich gut.

»Grüß Gott, Martin! Ich habe deinen Anruf schon erwartet«, meldete sich Dr. Paul Bergmann.

»Grüß Gott! Sag mal, was ist bei dir im Labor los? Vielleicht solltest du mal deine Analysegeräte überprüfen lassen. Das ist vielleicht ein Wirrwarr, was du mir gefaxt wurde.«

Paul Bergmann lachte leise am anderen Ende des Telefons. »Beruhige dich, Martin! Unsere Geräte sind in Ordnung. Ich konnte die Werte zuerst auch nicht verstehen und dachte, etwas sei schief gelaufen. Das kann mal vorkommen. Also habe ich mir die Mühe gemacht und führte selbst die Konzentrationsmessung durch, nicht automatisch, sondern manuell. Aber ich kam zu den gleichen Ergebnissen. Du weißt, dass man immer auch kritisch gegenüber sich selbst sein muss. Ich habe einen jungen Mediziner hier, der gerade seine Facharztausbildung in Laboratoriumsmedizin absolviert hat. Ich bat ihn, das Blut noch einmal manuell zu untersuchen. Er hat keine anderen Werte herausgefunden. Du kannst dich darauf verlassen, dass alles korrekt abgelaufen ist, Martin.«

»Paul, ich zweifele deine Fachkenntnisse nicht an. Ich habe nur noch nie solche Werte gesehen.«

»Ich auch nicht, Martin.«

»Paul, das gibt alles keinen Sinn. Die Werte sind alle extrem hoch. Aber die verschiedenen Parameter lassen keine Beurteilung zu, was die Diagnose angeht. Ich habe mir eindeutige Hinweise versprochen. Irgendwie passen die Ergebnisse nicht zusammen.«

»Da stimme ich dir zu, Martin. Ich betreibe jetzt schon über zehn Jahre mein Labor und vorher habe ich in München im Klinikum gearbeitet, wie du weißt. Noch niemals sind mir solche Werte untergekommen.«

Paul bat Martin, ihm von dem Patienten zu erzählen. Dem kam Martin gerne nach. Abschließend berichtete er:

»Paul, ich gebe ihm hoch dosiert Antibiotika. Die Infusionen laufen auf maximalem Tempo. Aber lange kann ich das nicht mehr verantworten, weil die Nieren wohl zu wenig arbeiten. Nun, ich messe den Umfang der geschwollenen Gliedmaßen stündlich. Sie werden nicht dicker, aber schwellen auch nicht ab. Ich vermute, dass er viel Flüssigkeit in den Organen einlagert.«

»Das hört sich nicht gut an, Martin.«

»Das hört sich bestimmt nicht gut an. Und bei den Werten bin ich alarmiert.«

»Warum behältst du den Patienten auf deiner Bettenstation?«, fragte Paul Bergmann.

»Ich weiß, ich weiß, Paul«, seufzte Martin. »Ich hatte gehofft, die Blutwerte würden eindeutige Hinweise auf die Erkrankung geben.«

»Da muss ich dich leider enttäuschen. Mir ist es jedenfalls ein Rätsel. Aber ich bleibe dran und mache mir Gedanken. Falls mir etwas einfällt, rufe ich dich an.«

»Paul, allmählich kommen mir sonderbare Gedanken, was es sein könnte.«

»Lass hören!«

»Ich überlege, ob eine Vergiftung in Betracht kommt. Aber Sebastian ist gestern nach Waldkogel gekommen. Letzte Nacht hat sich die Sache so zugespitzt. Wenn er eine Vergiftung hätte, dann könnte es nur eine Lebensmittelvergiftung sein. Sebastian arbeitet als Hotelmanager. Er hat im Augenblick sehr viel zu tun. Das Hotel hatte eine Tagung im Hause. Er hat sicherlich im Hotel gegessen.«

»Prüfe das nach, Martin! Vielleicht gibt es weitere unklare Fälle. Möglicherweise könnte eine Fischvergiftung das ausgelöst haben. Heute wollen die Hotels ihren Gästen sehr exotisches Essen bieten. Einheimische Kost wäre sicherlich risikoärmer als Zutaten, die von weit her eingeflogen werden. Womöglich war die Kühlkette unterbrochen. Oder, was man nie ausschließen kann, die Ware war mit einem Erreger kontaminiert.«

Martin schwieg einen Augenblick. »Paul, das ist ein guter Gedanke. Dass jemand versucht hat, Sebastian direkt zu vergiften, schließe ich aus. Aber es könnte auch einfach eine allergische Reaktion auf etwas sein. Vielleicht ein Insektenschutzmittel, wie sie in Flugzeugen und Schiffen versprüht werden. Oft werden dabei Mengenangaben und Anwendungsvorgaben nicht eingehalten. Da wird nach dem Motto gehandelt, viel hilft viel.«

»Etwas in der Richtung könnte der Auslöser sein, Martin.«

»Kannst du Sebastians Blut auf solche Spuren hin untersuchen, Paul?«

»Sicher!«

Doktor Martin Engler sagte, er werde Sebastian noch einmal Blut abnehmen.

Bergmann versprach, den Fahrer sofort loszuschicken. »Martin, da fällt mir noch etwas sein«, sagte er dann noch.

Dass er zögerte, deutlich zu werden, hörte Martin heraus. »Was ist, Paul?«

»Martin, ich will niemand etwas unterstellen. Du hast mir gesagt, dass der junge Mann der Sohn eines Freundes von dir ist und du ihn sehr gut kennst. Trotzdem möchte ich deine Gedanken noch in eine andere Richtung lenken… «

»An was denkst du? Mache es nicht so spannend, Paul.«

»Gut, aber springe mir nicht ins Gesicht! Ich denke an Drogen, wie Hasch, Kokain, Marihuana oder Heroin.«

Martin seufzte. »Paul, dass Sebastian zu den Drogenjunkies gehört, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«

»Ich verstehe dich, Martin. Wenn der Patient dir nicht so nahestehen würde, wäre dir der Gedanke nicht selbst schon gekommen? Sei ehrlich!«

»Paul, ich gestehe, dass meine Gedanken auch schon in die Richtung gingen. Doch ich habe sie sofort zur Seite geschoben. Außerdem fand ich keine Einstichstellen. Was nichts heißen muss, das gebe ich zu.«

»Richtig, das muss nichts heißen. Außerdem ist bekannt, dass viele junge, erfolgreiche Manager sich aufputschen.«

»Das stimmt«, seufzte Martin.

»Langer Rede kurzer Sinn, Martin, du nimmst ihm noch einmal Blut ab, und ich werde es auf bewusstseinsverändernde Substanzen untersuchen.«

»Paul, ich danke dir.«

»Gern geschehen! Der Fahrer ist schon unterwegs. Ich werde mich persönlich darum kümmern. Nach der Blutabnahme solltest du ihn an die Dialyse hängen, Toni. Aber du hast sicherlich kein Dialysegerät.«

»Richtig, darüber verfüge ich noch nicht. Wahrscheinlich werde ich ihm eine Verlegung in ein Krankenhaus nahelegen. Bisher hat Sebastian sich geweigert.«

»Wir legen auf. Ich werde Viktor Häberlein und Mona Christmann anrufen. Sie betreiben die Dialysestation eine Etage unter mir, hier im Ärztehaus. Sie haben einige mobile Dialysegeräte. Ich werde eins ausleihen und dir bringen lassen. Damit kann man die Zeit überbrücken, bis ich das Blut auf Drogen untersucht habe.«

»Ich danke dir, Paul. Richte Viktor und Mona Grüße von mir aus!«

Sie verabschiedeten sich und legten auf.

Als Martin wieder ins Krankenzimmer kam, saßen Anna und Toni wieder am Bett.

»Und wie sind die Laborwerte?«, fragte Toni. »Erna hat nur das Gesicht verzogen, als wir sie fragten. Dabei kann sie die Werte bestimmt deuten.«

»Erna hat gesehen, dass sie sehr ungewöhnlich sind. Selbst ich stehe vor einem Rätsel. Für einen genauen Hinweis, welche Erkrankung Sebastian befallen hat, reichen sie nicht aus.«

Toni und Anna starrten Martin an.

»Ich habe weitere spezielle Blutuntersuchungen veranlasst. Die Blutproben werden gleich abgeholt«, erklärte Martin Engler. Er nahm Sebastian erneut Blut ab.

Erna stand dabei und nahm die Blutröhrchen in Empfang. Sie ging hinaus, beschriftete alles und verpackte es für den Transport.

Martin hängte eine weitere Infusion an. Er rief Katja herbei und bat sie, bei Sebastian zu bleiben.

Toni und Anna nahm er mit in die Wohnküche. Walli schickte er hinaus und schloss die Tür. »Mit Freunden redet es sich hier besser, als drüben im Sprechzimmer«, sagte Martin.

Toni und Anna setzten sich an den Tisch.

Martin schloss die Küchenfenster. Er schenkte Kaffee ein aus einer Thermoskanne.

»Nun sag schon, Martin!«, drängte ihn Toni ungeduldig.

Doktor Martin Engler seufzte tief. »Okay! Doch bevor ich zur Sache komme, von der ich annehme, dass sie … ach, lassen wir die große Vorrede. Ich will euch nur sagen, dass ich nach allen Richtungen suche. Die Laborergebnisse weisen nicht in eine bestimmte Richtung. Das Blut wurde in Kirchwalden einmal automatisch von Analysemaschinen untersucht und danach zur Kontrolle von dem Kollegen Bergmann und einem anderen Arzt noch einmal persönlich untersucht. Ich habe ausführlich mit Bergmann telefoniert. Er vermutet, es könnte eine Vergiftung sein. Die Symptome würden dazu passen.«

»Vergiftung«, wiederholte Toni. »Du meinst, so etwas wie eine Lebensmittelvergiftung?«

»Das ist natürlich auch möglich. Ich werde nach unserem Gespräch das Hotel anrufen, in dem Sebastian arbeitet. Gib mir die Nummer, Toni!«

Toni gab Martin die Visitenkarte, die Sebastian ihm vor Wochen gegeben hatte. Toni trug sie in seiner Brieftasche mit sich herum. Er war so stolz auf seinen Buben, unter dessen Namen die Bezeichnung ›Hoteldirektor‹ stand.

»Danke! Dem müssen wir auf jedem Fall nachgehen. Vielleicht sind mehrere Mitarbeiter erkrankt. Aber es kann auch eine Überempfindlichkeit gegen ein Insektizid oder Pestizid sein. Jedenfalls wird sein Blut auf solche möglichen Substanzen untersucht. Bis heute Abend haben wir das Ergebnis. Paul opfert seinen Samstag dafür. Ihn interessiert der Fall sehr.«

»Das ist schön«, sagte Anna und seufzte. »Jetzt müssen wir wieder warten. Man kommt sich so hilflos vor, Martin.«

»Das verstehe ich. Das ist immer so, in solchen unklaren Fällen. Da muss man Geduld haben.«

Martin versuchte, Toni und Anna zu beruhigen. Er betonte, dass Sebastians Herz gleichmäßiger schlage, auch wenn er noch einen etwas schnelleren Puls habe. Positiv sei auch, dass die Körpertemperatur sich gut um die 40 Grad halte. »Mit den Infusionen halte ich ihn stabil, bis das Ergebnis kommt. Dann sehen wir weiter. Sollte eine Substanz, erlaubte oder unerlaubte, diesen Zustand ausgelöst haben, kann man mit der Therapie beginnen.«

Martin hatte sich die Worte genau überlegt. Er wollte umgehen, Toni und Anna darauf anzusprechen, ob sie sich denken könnten, dass Sebastian Drogen nähme.

Doch Anna und Toni verstanden sofort. Sie sahen sich an.

»Du meinst doch mit ›erlaubten oder unerlaubten Substanzen‹ nicht etwa Rauschgift in irgendeiner Art?«, fragte Toni mit fast tonloser Stimme.

Doktor Martin Engler trank schnell einen Schluck Kaffee. »So etwas in der Richtung dachte ich schon.«

»Martin, das kann nicht dein Ernst sein«, schrie Toni. »Willst du damit sagen, dass du vermutest, Sebastian könnte ein Junkie sein?«

Toni war die Wut über diese Ungeheuerlichkeit anzusehen. Er hatte einen hochroten Kopf. Anna war kreidebleich geworden.

»Martin, Sebastian ist anständig und würde nie und nimmer Drogen nehmen. Er trinkt kaum etwas. Wenn er arbeiten oder Auto fahren muss, kommt kein Tropfen Alkohol über seine Lippen. Er ist grundsolide. Dass dir so ein Gedanke kommt, dass lässt tief blicken. Ich bin maßlos enttäuscht von dir. Wie kommst du nur auf eine solche hirnrissige, absolut depperte Idee?«, brüllte Toni weiter.

Tonis Stimme überschlug sich fast. Anna war in Sorge, dass Toni Martin gegenüber handgreiflich werden könnte. Es war einfach zu viel für Toni, dessen Herz so schwer war. Auch wenn er sich nach außen hin nicht gehen ließ, wusste Anna, als liebende und einfühlsame Ehefrau, wie es in ihm aussah.

»Ruhig, Toni, ruhig!«, sagte sie. »Du bekommst das in den falschen Hals. Martin meint es doch gut. Ich schließe genau wie du aus, dass Sebastian Drogen nimmt.«

Martin warf Anna einen dankbaren Blick zu. »Höre mir bitte ganz ruhig zu, Toni«, sagte er dann zu Toni. »Ich verdächtige Sebastian keinesfalls, ein Junkie zu sein. Aber ich weiß auch, dass viele ehrgeizige junge Leute sich aufputschen, damit sie auch mal länger durcharbeiten können.«