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Mörderisches Foul auf dem grünen Rasen!Mysteriöser Tod im Tor: Der Fußballmanager Johann Bäringer wird erhängt aufgefunden. Jahrelang führte er den Provinzverein SV Aschach aus der Bedeutungslosigkeit bis in die zweite Fußballliga – unter Einsatz seines Vermögens, des Glücks seiner Familie und seines Lebens. Angespornt von lokalen Politikern und einem deutschen Wirtschaftsboss, riskiert er alles. Profispieler werden für den Dorfverein verpflichtet, sogar ein Stadion entsteht dort, wo früher auf einer Kuhweide gekickt wurde. Spurensuche – wer trägt Schuld am Tod des umtriebigen Managers? Angelehnt an die wirtschaftlichen Praktiken und an reale Ereignisse im österreichischen Fußball, bietet die Krimihandlung einen aufschlussreichen Blick hinter die Kulissen des Profifußballs.
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Seitenzahl: 234
Titelseite
Impressum
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Kapitel 54
Kapitel 55
Kapitel 56
Kapitel 57
Kapitel 58
Kapitel 59
Kapitel 60
Kapitel 61
Kapitel 62
Impressum:
eISBN: 978-3-902672-56-8
E-Book-Ausgabe: 2012
2011 echomedia buchverlag
A-1070 Wien, Schottenfeldgasse 24
Alle Rechte vorbehalten
Produktion: Ilse Helmreich
Produktionsassistenz: Brigitte Lang
Layout: Elisabeth Waidhofer
Lektorat: Roswitha Horak
Herstellungsort: Wien
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www.echomedia-buch.at
Prolog
Dicke Schneeflocken fielen herab, als Bürgermeister Ottokar Gruber mit Riesenschritten den Vorplatz der lokalen Polizeiinspektion überquerte. Sie mischten sich mit dem Schweiß auf seiner Stirn, der in Rinnsalen über sein Gesicht lief. Noch bevor die schwere Glastür wieder ins Schloss gefallen war und ohne seinen Hut abzunehmen, keuchte er im Hereinstürmen: „Gibt’s an Brief? Gibt’s an Brief? Und steht do eh nix übern Verein drinnen?“ Etwas ratlos glupschte ihn Inspektor Brathans an. Brathans glupschte weiter, ohne Wimpernschlag, als Bürgermeister Gruber seine Frage, unterbrochen durch weiteres Keuchen, wiederholte. Während Brathans sich wieder daran erinnerte, das Glupschen durch Zwinkern zu ersetzen, klappte seine Kinnlade herunter. Gruber glaubte, ein Kopfschütteln erkennen zu können, was ihn zumindest ein wenig beruhigte. Draußen fielen weiter dicke Flocken vom Jännerhimmel. Es war noch keine zwei Stunden her, dass man Johann Bäringer gefunden hatte. Erhängt. In einem Fußballnetz.
1
Johann Bäringer war allein. Zwischen den Lamellen der Jalousien kämpften sich zaghaft Lichtfinger durch die von Zigarettenrauch geschwängerte Luft. Er dämpfte eine weitere nur halb gerauchte Marlboro ab. Noch drei, dachte er, runzelte die Stirn, zerknüllte ein weiteres Foto und goss Wasser aus dem Tonkrug in ein Glas. Neben der fast leeren Packung Zigaretten lag ein noch nicht angebrochener Alustreifen mit zehn kleinen, rosafarbenen Tabletten. Nur nicht auffallen, hatte er sich beim Besuch des Dorfdoktors, eines Jugendfreunds, gedacht. Dann war der Arzt aber doch verwundert gewesen, dass Hans, der eigentlich Ordinationsbesuche und Medikamente jeder Art vermied, aus heiterem Himmel Schlaftabletten verlangte. „Weißt, es geht nicht alles ganz so, wie ich mir das vorgestellt hab“, versuchte er verlegen zu erklären. „Weißt eh, die Familie, der Verein, der Theobald, der mich hängen lässt … Sorgen hab ich halt.“ Daraufhin stellte der Arzt, ohne groß nachzufragen, ein Rezept aus. Johann gelang es, seine Erleichterung zu verbergen, und er verließ rasch die Ordination. Seit vielen Monaten hatte er Zweifel, wie sein weiteres Leben verlaufen sollte, besser, wie es überhaupt noch weitergehen konnte. Niemand wusste, was in ihm vorging, was alle seine Kraft in Anspruch nahm. Er konnte, nein, er durfte die Geheimnisse, die sich in den vergangenen Monaten und Jahren angesammelt hatten, mit niemandem teilen.
Der Geruch von frisch gemähtem Gras verirrte sich aus seiner Erinnerung in die abgestandene Luft des Hobbykellers. Hier hatte er sich schon immer gerne verkrochen, wenn die Realität zu schwer wurde. Wenn es wieder einmal Streit mit Sophie, seiner Frau, gab, weil er sich viel mehr um den Fußball und seine beiden Vereine kümmerte als um die Familie. Weit mehr? Johann kniff die Augen fest zusammen. „Weit mehr?“, hörte er sich selbst fragen. Nein, er hatte die vergangenen Jahre fast nur für sein Hobby verwendet, das ihn nun aufgefressen hatte. Zu sehr wollte er als Ritter in strahlender Rüstung den SV Aschach, seinen geliebten Fußballverein, in die höchsten Sphären des Landes führen, aus der Bedeutungslosigkeit an die Spitze! Die Übung war beinahe geglückt, immerhin, von der Unterklassigkeit über die Landes- bis in die Regionalliga hatte man sich hochgespielt, in der Zweiten Liga war man jetzt schon gelandet. Mehr, noch mehr Erfolg – so hatten alle gejubelt. Auch Hans war beflügelt. In Wahrheit stand es freilich ganz anders, als vor wenigen Monaten, im Sommer 2007, alles auseinanderzubrechen begann. Die Mitstreiter waren von einem Tag auf den anderen verschwunden. Freunde, Wegbegleiter durch Jahrzehnte, Gönner, Förderer und die Schulterklopfer hatten sich abgewandt. „I woaß von nix!“, hatte der Bürgermeister am Telefon barsch getönt. „I woaß von nix …“, murmelte Hans vor sich hin, drückte eine rosa Pille aus dem Alustreifen und legte sie auf die Zunge. Einen Augenblick zögerte er, zuckte mit den Achseln und spülte die Tablette mit einem Schluck Wasser hinunter. Seine Nachspielzeit hatte begonnen.
Auf dem Fußballplatz von Aschach, als er noch nicht das große Alpenstadion war, sondern bloß ein Stückchen gepflegter, ebener Rasen inmitten von Weiden und Wiesen, war es immer schon am schönsten gewesen. Damals kannte jeder jeden, die Menschen standen am Rand des Spielfelds und feuerten ihre Burschen an. Das Bier wurde in Flaschen direkt aus der Kiste verkauft, die Schiedsrichter flüchteten, wenn die aufgebrachte Menge ihre Entscheidungen missbilligte. Fußball war eine Freude, eine Leidenschaft. Als er noch ein kleiner Bub war, gab es nichts Befreienderes, als mit dem Hemd den Alltag abzulegen. Mit dem Überstreifen der Farben des SV Aschach öffnete sich seine andere Welt voller Helden, Tragödien, höchster Glücksmomente und niederschmetternder Niederlagen. Nur der Sieg zählt! Auf dem Fußballplatz gibt es kein Grau, nur gut oder schlecht. In Hans’ Leben gab es auch schon lange keine Zwischentöne mehr, nur ein Überleben oder Scheitern.
2
Aschach hatte Tradition. Kaiser hatten in der kleinen Stadt übernachtet, behütet von den bis zu dreitausend Meter hohen Steilwänden der Alpen, die das Städtchen einrahmen. Tausende Jahre reichte die Geschichte des Ortes zurück, der durch den Abbau von Steinsalz einst zu Wohlstand gelangt und lange umkämpft war. Doch die Zeiten des Bergbaus waren längst vorbei, die alten Stollen taugten seit Langem nur noch als Touristenattraktion. Wie beinahe überall in der malerischen Provinz Österreichs hatten die Fremden das Ortsleben übernommen, von überall her kamen Touristen. Viele blieben. Handwerk, zarte industrielle Ansätze und die traditionelle Landwirtschaft waren in den Hintergrund getreten. Es hatte nicht allzu lange gedauert, bis die Dorfgranden auch in Aschach die Zeichen der Zeit erkannt hatten und im Fremdenverkehr die Zukunft sahen. Das alte Kurhaus wurde aufgehübscht, die Fassaden der uralten, geduckten Häuser wurden geputzt, Pensionen und Hotels eingerichtet. Bald lebten viele Aschacher ausschließlich vom Geschäft mit den Fremden, und die Zukunft der Gemeinde sah rosig aus: Immer mehr Stadtmenschen, mit Karriere oder stressigem Beruf und genügend Kleingeld in der Tasche, wurden beim Bürgermeister vorstellig, um Grundstücke, Wohnungen oder Villen zu kaufen. Bald kam auf zwei Einheimische ein Zuzügler. Wer von ihnen lebte, sah die Entwicklung freudig, sonnte sich im aufkeimenden Aufstieg Aschachs. Andere spotteten und wandten sich angewidert ab, wenn wieder Autos mit fremdländischen Nummerntafeln durch die engen Gassen schlichen und den gewohnten Gang des Dorflebens allein durch ihre Anwesenheit störten. Aschach war im Umbruch, auf dem Weg aus einer, noch immer deutlich sichtbaren, provinziellen Vergangenheit in eine Zukunft, in der die Mäntel in den Wind der Wünsche der Fremden gehängt werden. Was aber nicht bedeutete, dass die Provinzialität abgelegt wurde. Ganz im Gegenteil. Das Kitschige, das eigentlich längst aus dem Alltag der Menschen verschwunden war, wurde wieder hervorgekramt. Die Trachten wurden über Gebühr geschmückt, die Blumenkästen an den Häusern noch aufwendiger gestaltet, Traditionen an die Gäste angepasst, ihnen als oberflächlicher Urlaubsklimbim gegen kräftiges Entgelt serviert. Dort, wo vor wenigen Jahren beinahe nur der anheimelnde Aschacher Dialekt zu hören war, mischte sich das unschöne, harte Bundesdeutsch unter die vertrauten Worte. Aufbruchstimmung.
Die 80er waren die glücklichsten Jahre in Hans’ Leben. Den Abschluss der Handelsschule, deren Besuch ihm keinen Spaß machte, brachte er irgendwie hinter sich. Viel lieber als Bücher zu wälzen, trieb er sich auf dem Fußballplatz herum. Aber im Gegensatz zu seinem um zehn Jahre jüngeren Bruder Wilfried, der sich schon jetzt ein Studium in Wien erträumte, wollte Hans in der dörflichen Enge Aschachs bleiben, wo im alpenländischen Umfeld die beruflichen Aussichten für einen jungen Mann nicht gerade in Vielfalt erstrahlten. Hier hatte er seine Familie, seine Freundin Sophie, die er später heiraten wollte. Hier waren seine Wurzeln.
„Gehst scho’ wieder am Platz?“, rief ihm die Mutter nicht nur einmal mit vorwurfsvollem Blick nach. Woher hätte sie denn wissen sollen, dass Hans auf der Suche war. „Was fange ich nur mit meinem Leben an?“, war die zentrale Frage der vergangenen Monate. Der Sommer war heiß, doch der Herbst würde bald ins Land ziehen und seine Eltern erwarteten, dass ihr ältester Sohn einen angesehenen Brotberuf ergreifen würde. Das gehört sich schließlich so. Doch kaum brachten seine Eltern das Gespräch auf dieses wegen seiner Unentschlossenheit für ihn äußerst unangenehme Thema, klemmte er den zerschlissenen Lederball unter den Arm, zog Sportschuhe an und rief beim Zuziehen der Tür seinen üblichen Satz ins Haus: „Geh, Mama, i muaß trainieren …“
War die Tür des Elternhauses ins Schloss gefallen, war Hans frei, konnte atmen. Er blickte in den tiefblauen Himmel über den steilen Berghängen, sog die kalte Luft ein, die von den Alpen ins Tal herabschwappte. Wie sollte seine Mutter, deren sorgenvollen Blicke er durchaus verstehen konnte, denn wissen, wie zerrissen er war. Fußball, Leidenschaft – wie großartig wäre es, damit sein Geld zu verdienen? Aber das war eine verwegene Idee, denn seit seiner Gründung in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte der SV Aschach es nie geschafft, über die dörfliche Bedeutungslosigkeit hinauszukommen. Das machte auch nichts, denn die regionalen Matches sorgten im Ort für genügend Gesprächsstoff. Niemand hatte bisher auch nur gewagt, an Größeres zu denken. Hans dachte nicht zu sehr an eine Karriere als Spieler, denn dafür reichten weder sein Können noch sein sportliches Engagement aus. Viel lieber würde er den Boden bereiten, auf dem sich der Verein in höhere Sphären spielen könnte, er würde Fäden ziehen, den Verein aufbauen. Ein schöner Tagtraum. Aber … obwohl … „Moment“, dachte Hans, als er zum Fußballplatz schlenderte, „wieso eigentlich nicht?“ Doch dieser Anflug einer Idee verwehte, kaum da er gedacht war …
Die Realität holte ihn in diesem Sommer rasch wieder ein. Die berufliche Zukunft war noch immer unklar, das Abschlusszeugnis der Handelsschule dürftig und würde wohl nirgends eine besonders gute Visitenkarte für einen Job sein. Die Lösung des Berufsproblems stellte sich aus heiterem Himmel in der Person eines Verwandten ein. Als Hans eines sonnigen Nachmittags wieder einmal vom Fußballplatz nach Hause kam, saßen die Eltern und der Herr Großonkel am großen Holztisch der Stube zusammen. Erstaunt über den Besuch des selten gesehenen Verwandten grüßte Hans höflich und wandte sich schon wieder zum Gehen, als ihn die Stimme seines Onkels stoppte. Mit knappen und bestimmten Worten, die jeden Widerspruch ausschlossen, wurde seine Zukunft festgelegt. „Du lernst auf der Bank im Dorf ein gscheites Handwerk, im Rechnen warst du nie schlecht“, polterte der Großonkel, „ich hab’ da einen Freund, der hat schon mit dem Eder Helmut gesprochen, der macht mir das.“ Im ersten Augenblick der Überraschung brachte Hans keinen Ton heraus, erkannte aber sofort die ungeahnten, ja, ihm perfekt passenden Möglichkeiten: So konnte er daheim, in Aschach, bleiben, nach erledigten Bürostunden seinen Interessen nachgehen, alsbald seine Sopherl heiraten und eine Familie gründen.
3
Obwohl Hans jeden der Bankangestellten bestens kannte, betrat er völliges Neuland. Erster Arbeitstag, erster Anzugtag. Normalerweise hatte er seinen Sonntagsanzug nur zu besonderen Gelegenheiten herausgeholt, nun diente er als Alltagskleidung. Zwei zusätzliche, bei Weitem nicht so schöne Anzüge hatte er sich anschaffen müssen, einige weiße Hemden, ein Paar schwarze Lederschuhe. Nur bei der Auswahl der Krawatten tat er sich schwer, denn er hatte keine Lust, sich so etwas um den Hals zu legen. Er hatte das Gefühl, das Stoffband würde ihm die Kehle zuschnüren, ihn nicht atmen lassen. Eindringlich hatte ihn seine Mutter ermahnt, auf die guten, neuen Sachen aufzupassen. Teuer seien sie gewesen.
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