Tot sein kann ich morgen noch - Beate Mäusle - E-Book

Tot sein kann ich morgen noch E-Book

Beate Mäusle

0,0

Beschreibung

Als bei Beate ein aggressiver Tumor in der Brust entdeckt wird, ist die rauschende Party zum fünfzigsten Geburtstag gerade vorbei. Sie ist immer müde, aber welche Frau mit Beruf, Kindern, Ehe, Haushalt und Sport ist das nicht? Was auf die Diagnose folgt, ist ein Alptraum aus Operationen und Chemotherapie. Beate kämpft sich ins Leben und in den Alltag zurück, nimmt ihren Beruf wieder auf und sieht sich mit einem Luxusproblem der besonderen Art konfrontiert: 80 Tage Urlaub! Was damit anfangen? Sie erstellt die Bucket List ihres Lebens: Sprachreise in Venedig, Ayurvedakur in Indien und Pilgern auf dem portugiesischen Jakobsweg. Das Buch erzählt ihre ganz persönliche Heilungsgeschichte und zeigt, wie man Schicksalsschlägen mit Kraft, Mut und Humor begegnen kann.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 371

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhaltsverzeichnis
Nach dem Wirbelsturm
Learn: Vertraue in dich
Heal: Höre auf deinen Körper
Walk: Überschreite deine Grenzen
Wohin führt der Weg?
Dank
Literatur/Quellen

Impressum

© Alle Rechte vorbehalten.

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist

ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere

für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Verfilmungen

und die Einspeicherung und Verarbeitung auf DVDs, CD-ROMs, CDs, Videos, in

weiteren elektronischen Systemen sowie für Internet-Plattformen.

© Parlez Verlag 2021

ein Projekt der Bluecat Publishing GbR

Gneisenaustraße 64

10961 Berlin

www.parlez-verlag.de

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literaturagentur Wort Union

Covergestaltung: Lene Chiara Parnow

ISBN: 978-3-86327-072-8 

 

» I should not talk so much about myself if there were anybody else whom I knew as well.«

Henry David Thoreau in »Walden; or, Life in the Woods«

 

 

 

Meinem Mann und Sohn.

In guten wie in schlechten Tagen.

 

 

 

Dies ist meine Heilungsgeschichte und mein persönlicher Weg. Daraus lassen sich keine Empfehlungen und medizinischer Rat ableiten. Manchmal habe ich Namen und Erlebnisse modifiziert, um Anonymität zu gewährleisten.

Nach dem Wirbelsturm

Einleitung

Kein Jahr ohne Probleme. Es hört nie auf. Es gibt schwerwiegende, lebensbedrohliche und luxuriöse. Alle kann ich bieten. Auf diesem Gebiet bin ich Expertin. Die luxuriösen gefallen mir allerdings tatsächlich viel besser. Mein momentanes Luxusproblem wird weitgehend von allen akzeptiert, da es aus einem wirklich schwerwiegenden, existenziellen Problem entstanden ist. Manche in meinem Umfeld tun sich trotzdem schwer damit. Das wiederum ist nicht mein Problem. Doch der Reihe nach.

Vor mehr als einem Jahr ist mir der Himmel auf den Kopf gefallen. Ich habe meinen fünfzigsten Geburtstag gefeiert. Viele schauen in dieser Zeit auf ihr bisheriges Leben zurück und fragen sich: »War‘s das schon? Bin ich jetzt alt?« Die Kinder groß, die Hypothek immer noch da, ein erschlaffender Körper und eingeschlafene Ehen. Was soll jetzt schon noch kommen, die beste Zeit des Lebens ist vorbei und all so ein Gejammer.

Das sollte mir nicht passieren. Ich habe ausgelassen gefeiert und mich auf das kommende Jahrzehnt gefreut, in dem ich nach der Familienphase wieder mehr Zeit für mich haben würde. Ja, ich war müde, aber welche Frau in meiner Lage wäre das nicht? Beruf, Kinder, Haushalt, Ehe, Sport. Und in jedem Teilbereich wollen wir glänzen. Wir sind Mütter, die abends um zehn noch Low-Carb-Muffins für das Schulfest backen. Wir sitzen im Kindergarten auf kleinen Stühlchen und kleben Nikolausstiefel aus Jute zusammen, obwohl es genau dieselben bei Karstadt für fünfzig Cent gibt. Made in China. Wir fahren die Kinder zu ihren Terminen, kontrollieren Hausaufgaben, trösten. Samstagmorgens um sieben gehen wir zum Tennistraining, weil sonst keine Zeit dafür ist. Am Wochenende spielen wir Turniere und laufen Marathons. Im Job stemmen wir Aufgaben und Projekte und lächeln bei jeder weiteren »Herausforderung« unseren Chef an. Die Wohnung oder das Haus ist immer tipptopp. Wir setzen die neuesten Aufräumtrends von Marie Kondo um und kochen die Superfoodrezepte von Jamie Oliver. Im Garten stehen die neuesten Loungemöbel, wir haben jedoch keine Zeit, uns auf ihnen auszuruhen. Wir strengen uns an, für unseren Mann da zu sein und sind erschüttert über die vielen Scheidungen um uns herum.

Da darf man doch müde sein!

Luxusproblem

Ich war ständig müde, doch ich war glücklich dabei, ich war zufrieden mit meinem Leben. Es war so, wie ich es wollte.

Wenn man fünfzig wird, flattert in Deutschland die Einladung zum Mammographie-Programm ins Haus. Sie kam drei Monate nach meinem Geburtstag.

Ich hatte einen vollen Terminkalender und warf die Einladung in den Müll. Brauch ich nicht, ich bin gesund, ich doch nicht. Krank waren doch die anderen.

Wir flogen in unseren Sommerurlaub und als wir zurückkamen, lag die nächste Einladung in der Post. Dieses Mammographie-Programm war ganz schön hartnäckig, und in der Entspannungsnachwirkung des Urlaubs meldete ich mich für einen Termin an.

Beim ersten Termin hatte ich meine Versichertenkarte vergessen. Ohne Karte keine Mammographie. Den zweiten Termin hatten die Helferinnen verbummelt und das Gerät war schon zum Feierabend ausgeschaltet. Ach, dann lassen wir das, dachte ich, es soll wohl nicht sein, dass ich diese Untersuchung mache. Die Helferinnen bestanden jedoch darauf, das Gerät wieder anzuschalten und die Untersuchung durchzuführen. So bekam ich endlich mein brustgequetschtes Bild.

Schon wenige Tage später bekam ich eine Einladung ins Mammographiezentrum. Es sei nur ein Verdacht, die Einladung würde nicht bedeuten, dass man krank sei, sicher löse sich alles in Wohlgefallen auf. Immer noch war ich der Meinung, dass ich kerngesund sei, schlief nachts gut und machte mir keine Sorgen. Als der Arzt jedoch während des Ultraschalls über mir mit dem Gesicht zuckte und eine Biopsie anordnete, dämmerte mir Unheil. Mein Unterbewusstsein war schnell, es hatte die Lage schon begriffen. Mein Bewusstsein war jedoch ein ganzes Wochenende damit beschäftigt, die Wahrheit nicht hochkommen zu lassen. Ich arbeitete wie wild im Garten, ging joggen, war sehr gereizt und stritt über belangloses Zeug mit meinem Mann, machte meinem Sohn Vorhaltungen bezüglich seiner Hausaufgaben und seinem Engagement in der Schule. Es nützte alles nichts, eigentlich wusste ich es schon.

Einige Tage später dann der Anruf: »Da ist ein Knoten in Ihrer Brust, sehr klein, man wird Sie operieren, eventuell bestrahlen und dann sind Sie wieder gesund. Machen Sie sich keine Sorgen.« Der Arzt war sehr einfühlsam, aber auch bestimmt: »Suchen Sie sich so schnell wie möglich ein Brustzentrum, um alles Weitere zu veranlassen.« Bis dahin wusste ich nicht einmal, dass es so etwas gibt. Er machte mir noch Vorschläge, wo ich hinkönnte, ich nahm alles wie durch einen Schleier wahr. Ich stolperte zurück in das Geschäft, wo ich vor dem Anruf des Arztes ein Geburtsgeschenk ausgesucht hatte, bezahlte und stand wieder an der frischen Luft. In ein paar Tagen wollten wir nach Berlin fahren und das neugeborene Baby unseres Patenkindes auf der Welt begrüßen.

Es war meine Mittagspause und ich lief durch die Stadt zurück ins Büro. Die Tränen liefen und langsam drangen die Wörter in mich. Tumor, Knoten, Operation, Bestrahlung, Brustzentrum. Tumor, Knoten, Operation. Tumor.

Am Marktplatz setzte ich mich auf eine Bank und hielt inne. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wie sollte ich diese Neuigkeit bloß meinem Mann beibringen oder meinem Sohn? Was tat ich ihnen damit nur an? Ich rief eine Freundin an. Sie wartete ohnehin auf das Ergebnis. Ich heulte ins Telefon, stammelte Unzusammenhängendes. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Was sollte ich jetzt bloß tun? Am liebsten wäre ich einfach für immer auf dieser Bank sitzen geblieben. Regungslos und fassungslos. Irgendwie schaffte ich es ins Büro, aber ich hatte das Gefühl, dass der Boden unter mir aufgehen würde und ich ganz tief fiele. Ich schlich mich nach drinnen, schaltete meinen Rechner ab und ging.

Zuhause angekommen rief ich meine Hausärztin an. Ich konnte sofort kommen. Sie half mir, mich zu sortieren und vereinbarte gleich einen Termin im Brustzentrum für mich. Es gab keine Wartezeiten wie sonst üblich, ich bekam sofort einen Termin. Bei dieser Diagnose geht das alles sehr schnell.

Im Brustzentrum sah die Welt dann ganz anders aus. Schnell operieren, Chemotherapie, das volle Programm. Aggressiver HER2-Rezeptor. Kalkablagerungen. Tumoreigenschaften. Maligner Tumor. Die Wörter waren unverständlich. Ich verstand nur: Krebs. Aggressiv. Bedrohlich. Da war es, das K-Wort.

Die Ärzte sagten mir, die Krankheit und Therapie würden mich ein Jahr lang beschäftigen. Ich glaubte ihnen nicht.

Es wurden vierzehn schlimme Monate. Die schreckliche Therapie brach über mich herein und ich bewältigte Tag um Tag, ließ mich nicht hängen und unterkriegen. Ich bot dem Krebs die Stirn und habe ihn aus meinem Körper vertrieben.

Ich trug eine schicke Perücke und wurde gefragt, zu welchem tollen Friseur ich ginge und ob es mir etwas ausmache, wenn sie meine Frisur nachschneiden lassen würden. Ich führte meine Glatze aus und man taufte mich Sinead O'Mäusle. Alle Haare verschwanden, Wimpern und Augenbrauen verabschiedeten sich. Mir fielen die Zehennägel aus. Am Ende der Therapie war ich so schwach, dass ich nur mit Mühe Treppen steigen konnte.

Ich kämpfte mich mit Sport, gesunder Ernährung und viel Schlaf zurück ins Leben. Bekämpfte die Angst. Begann wieder auf meinen Körper und meine Seele zu hören. Ich holte mir mein altes Leben zurück und machte ein besseres, neues Leben daraus. Der Krebs ist verschwunden, ich bin wieder gesund und versuche nach diesem Wirbelsturm, mein Leben wieder zu ordnen. Die Trümmer zu beseitigen und mich neu einzurichten. Vieles habe ich geändert, obwohl ich dachte, es gäbe nichts zu ändern. Nun muss meine Seele heilen. Dabei hilft mir mein Luxusproblem.

Nach mehr als einem Jahr bin ich an meinen Arbeitsplatz zurückgekehrt. Das erste Wochenende nach der ersten Arbeitswoche habe ich gefeiert. Ich war so glücklich, wieder ein Wochenende zu haben. Wieder Alltag. Vorbei waren die zähfließenden Tage, wo ich nur wartete, dass die Minuten vorbeigingen und die Schmerzen oder Übelkeit nachließen. Oft saß ich am Montagmorgen verloren am Küchentresen, mein Mann fuhr ins Büro und mein Sohn rannte zum Schulbus. Ausgespuckt, krank und wertlos saß ich daheim und wartete darauf, dass die Zeit verging. Oft war ich zu schwach für Aktivitäten, meist sollte ich wegen der Ansteckungsgefahr nicht unter Menschen gehen. Wie schön war es, als ich wieder einen Alltag hatte. Der Wert des Alltags wird dramatisch unterschätzt und wie wohltuend es ist, eine Aufgabe zu haben, Kollegen zu treffen und mit Freunden Mittagessen zu gehen.

Ich begann langsam mit meiner Wiedereingliederung und nahm schnell Fahrt auf. Die erste Woche arbeitete ich nur zwei Stunden, meine Ärztin bestand darauf. Ich wollte natürlich gleich wieder halbtags anfangen, aber sie hatte Recht. Zwei Stunden genügten am Anfang. Es war sehr schwer, wieder in einen Arbeitsrhythmus zu kommen. Nach einem Monat arbeite ich schon wieder Vollzeit. Vom Personalbereich bekam ich die Aufforderung, mir Gedanken über meinen angesammelten Urlaub zu machen. Einen Abbauplan? Und jetzt kommt’s: in meiner Krankheit hatten sich 80 Tage Urlaub angesammelt. Vier Monate. Wow.

Erst dachte ich: Na ja, den bekomme ich schon irgendwie weg. Als dann eine Kollegin bemerkte, da könne man ja eine Weltreise machen, begann es in mir zu arbeiten. Sollte ich längere Zeit am Stück Urlaub nehmen oder lieber in kleinen Häppchen? Konnte ich nach dieser langen Krankheit schon wieder so lange fehlen? Ich überlegte, wie ich mit meinem Luxusproblem von vier Monaten Urlaub umgehen wollte. Was wollte ich mit der vielen, freien Zeit anfangen? In 80 Tagen um die Welt?

Man wollte mir den Urlaub auszahlen. Ging glücklicherweise aus Budgetgründen dann doch nicht. Das war mir sehr recht, ich wollte lieber die freien Tage. Dann schlug man mir vor, doch eine Vier-Tage-Woche einzuführen und so meinen Urlaub abzubauen. Schon klar. Vier Tage arbeiten, die Arbeit von fünf erledigen. An meinem freien Tag wäre ich Schultaxi, Köchin und Hausfrau. Das Einzige, was dabei herausspringen würde, wäre ein Mittagsschlaf.

Das war nicht, was ich wollte. Nach dieser schweren Krankheit sollte ich wieder brav in der Spur laufen? Nach so einer schlimmen Zeit sollte ich es wieder allen recht machen? Und wo blieb ich? Ich kam sehr ins Grübeln. Ich setzte mich hin und überlegte, was ich schon immer in meinem Leben machen wollte. So entstand meine persönliche Bucket List.

Was ich schon immer einmal machen wollte:

Wasserski fahren lernen

einen Sprachkurs in einer tollen Stadt machen

den Sommer als Sennerin auf einer Alm verbringen und Käse herstellen

eine Yogareise, muss nicht Indien sein

eine Ayurveda-Kur in Indien oder Sri Lanka

den portugiesischen Jakobsweg pilgern

eine Meditationsreise, am besten in ein buddhistisches Land

mit Delphinen schwimmen (peinlich, steht auf jeder

Bucket List

)

eine Eisdiele mit meinen leckeren Eiskreationen eröffnen

auf Safari gehen und den Elefanten in freier Natur »Hallo« sagen

Pinguine in freier Wildbahn sehen

auf eine Nordseeinsel fahren

nach Mailand fahren und Leonardo da Vincis Abendmahl anschauen

Während meiner Krankheit und Chemotherapie habe ich viel über den Sinn solcher Bucket Lists nachgedacht. Im Internet kann man tagelang Listen lesen, die Menschen erstellt haben. So berichten sie von den verrücktesten Dingen, die sie vor runden Geburtstagen oder vor dem eigenen Tod erledigt haben wollten. Das Leben erledigen?

Wenn man eine Krebsdiagnose bekommt, hat man von diesem Augenblick an keine Zukunft mehr. Krebs bedeutet in den Köpfen der Menschen immer noch unweigerlich den Tod, der auf die Krankheit folgt. Viele in meinem Umfeld reagierten so, als ob ich schon einen Fuß auf dem Friedhof hätte. Im Büro wurde ich von einem Kollegen gefragt, ob ich überhaupt wiederkommen würde. Nicht jeder glaubte an meine Heilung. Ich glaubte daran zu jeder Zeit.

Trotzdem kam der Tod gedanklich näher, setzte sich in meinen Kopf. Ich dachte: Jetzt musst du vielleicht sterben, was würdest du denn noch unbedingt machen wollen? Was wäre, wenn jetzt Schluss wäre?

Der Schriftsteller Wolfgang Herrndorf erkrankte Anfang 2010 an einem Gehirntumor. Alles, was er wollte, war seinen Roman zu Ende bringen und veröffentlichen, was er im Herbst 2010 mit »Tschick« tatsächlich schaffte. Seine Lösung war, der Krankheit mit Arbeit und Struktur zu begegnen. Der Tumor als Turbo für Lebensziele und Wünsche. Leider kann er den Erfolg nicht mehr auskosten. Der Gehirntumor hat gewonnen, aber »Tschick« hat überlebt.

Und ich, was muss ich auf dieser Erde noch erledigen, um friedlich sterben zu können? Die Antwort lautet: nichts. Alles, was ich wollte, war leben. Weiterleben. Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen. Meinen Sohn auf seinem Weg zum Erwachsenwerden begleiten, seinen Abiball erleben, bei seiner Hochzeit dabei sein und mit meinen Enkelkindern spielen, falls er sich für all das entscheiden würde. Ich war noch nicht bereit für diese Frage. Ich hatte keine Antwort, weil ich den Tod nicht akzeptierte.

Die Frage ist eine ähnliche Frage wie »Was würde ich mit zehn Millionen machen, wenn ich im Lotto gewinnen würde?« Es ist eine Trockenübung zum Ergründen unerfüllter und ungelebter Wünsche und Lebensträume. Ob Krebsdiagnose oder Lottogewinn, das ganze Leben kommt auf den Prüfstand. Wenn die Antwort lautet, nichts in seinem Leben verändern zu wollen, hat man den Jackpot schon geknackt. Man ist rundum zufrieden mit seinem Leben.

Was ist im Angesicht des Todes wichtig? Ist es wichtig, dass ich mit Delphinen geschwommen bin? Lässt es mich ruhiger sterben, wenn ich in einem Eisloch in Russland getaucht bin?

Ich glaube nicht. Ich habe jedoch noch keine gesicherte Antwort darauf und habe auch kein Interesse daran, das zügig herauszufinden. Ich glaube, man findet das nur heraus, wenn der Tod wirklich vor der Tür steht. Die Frage, was in meinem Leben für mich wichtig ist, stelle ich mir regelmäßig. Der Tumor war mein Turbo für die Antworten.

Ich möchte leben. Dabei ist wichtig, auf mein Herz zu hören und in der Liebe zu leben. Dazu braucht es nicht unbedingt einen Delphin oder ein Eisloch in Russland. Es braucht Mut und Geduld, das eigene Glück zu finden und zu leben. Frei von Erwartungen anderer.

Meine Wunschliste ist deshalb auch nicht als Vorbereitung auf den Tod zu verstehen. Es ist keine Liste, die es vor meinem Tod abzuarbeiten gibt. Es ist auch keine Liste von beruflichen oder privaten Zielen, im Sinne von Erfolg oder Karriere. Im Gegenteil, es ist eine Liste der Lebensfreude. Mit diesen achtzig Tagen möchte ich meine weitere Heilung unterstützen und neu herausfinden, was von mir gelebt werden will. Nach einem Jahr der physischen Heilung erfolgt eine Zeit der psychischen Heilung.

Die vielen Wünsche passten sehr gut in meine Realität. Ich konnte nicht vier Monate am Stück freinehmen und eine Weltreise machen. Das wollte ich auch gar nicht. Ich wollte wieder den Alltag leben, jetzt wo ich den Wert des Alltags richtig zu schätzen wusste. Er hat mich warm umfangen und mich wieder ins Leben zurückgebracht. Mein äußeres Leben passte weiterhin zu mir. Ich wollte es wieder zurückhaben, mein gewohntes, geliebtes Leben. Und trotzdem muss ich mir die Frage erlauben, ob es Veränderungen braucht, um gesund zu bleiben. Viele Menschen erkennen in ihrer Krankheit und Verzweiflung, dass sie ein Leben führen, das nicht zu ihnen passt. Falscher Beruf, falscher Partner, nichts ist so, wie es sein sollte. Ich möchte alles behalten und es noch mehr wertschätzen. Wieder Kraft bekommen. Gleichwohl war es Zeit, in der Lebensmitte, im Inneren aufzuräumen. Ein bisschen auch im Äußeren.

Aufräumen

»Wer loslässt, hat beide Hände frei.«

von Herrn Pong, thailändischer Reiseleiter

Nach meiner Chemotherapie war ich in der Nordseeklinik in Sylt zur Reha. Für drei oder vier Wochen Reha braucht man ziemlich viel Gepäck und die Rentenversicherung bietet einem an, das Gepäck mit Hermes zu verschicken. Also verschickte ich meine zwei großen Koffer vorab und reiste mit leichtem Handgepäck. Gummistiefel, Regenjacke, Sportklamotten und Berge von Büchern musste ich nicht schleppen, was sehr angenehm war. Bei der Hinreise funktionierte das tadellos und meine Koffer warteten schon auf meinem Zimmer auf mich. Die Gummistiefel brauchte ich als Nordseeanfänger dann doch nicht. Ich hätte mit einem Koffer auskommen können. Bei der Heimreise ging ein Koffer verloren, nur einer kam zu Hause an. Eine Freundin bat mich, eine bestimmte Handtasche aus einem coolen Shop in Westerland mitzubringen. Ausgerechnet diese Handtasche war in dem verlorenen Koffer. Ja, ich weiß, wertvolle Dinge gehören ins Handgepäck. Diese Erkenntnis kam zu spät.

Ich rief bei der Hotline von Hermes an und eine freundliche Dame nahm die Verlustmeldung auf und versprach mir einen Rückruf. Keiner rief zurück. Am nächsten Tag rief ich wieder an, man konnte keine Verlustmeldung finden. Der Koffer müsste heute ankommen. Kein Koffer kam. Also rief ich am dritten Tag wieder an. Und am vierten. Am fünften auch. Ich führte die absurdesten Gespräche über Gepäcknummern, Online-Tracking des Gepäckstückes, Versandzentren und Abholbedingungen. So ungefähr am fünften Tag behauptete ein Hotline-Mitarbeiter, mein Gepäck wäre in der Nordseeklinik gar nicht abgeholt worden. Die Beweislast lag bei mir. Also rief ich in der Nordseeklinik an und bat um die Überprüfung der Abholscheine. Ja, also, das ginge nicht so einfach. Das seien ja unglaublich viele Abholscheine, die könnten sie erst am späten Nachmittag durchschauen, meinte die mehr oder weniger freundliche Rezeptionsmitarbeiterin. Null Bock also. Ich hatte in der Klinik sehr nette Freunde kennengelernt, deren Reha noch nicht zu Ende war. Sie kümmerten sich darum und schickten mir eine Kopie der Abholscheine per WhatsApp zu. Ich konnte am Tag sechs nach Verschwinden des Koffers also nachweisen, dass er abgeholt worden war. Ich rief jeden Morgen bei der Hotline an, ich brauchte den Koffer doch unbedingt, war doch die teure Handtasche meiner Freundin drin. Ungefähr am zehnten Tag hörte ich mich den armen Mitarbeiter der Hermes-Hotline anschreien. Ich wollte seinen Chef sprechen, um ihm mal zu sagen, welchem verkackten Saftladen er doch vorstand. Seelenruhig sagte der geschulte Mitarbeiter, es ergebe hier wohl keinen Sinn weiterzureden. Er wolle das Gespräch an dieser Stelle beenden, denn in so einer emotional aufgeladenen Situation würde man ja zu keinem Ergebnis kommen. Ich schrie ihn an, wenn hier einer das Gespräch beenden würde, dann sei das ja wohl ich und knallte den Hörer auf. So, da hatte ich es ihm aber gegeben. Meinen Koffer hatte ich noch immer nicht. Er blieb verschwunden und unauffindbar.

Einige Tage später war ich auf dem Weg zum Hautarzt. Vom Auto aus rief ich mal wieder in der Hotline an und traf auf eine sehr verständnisvolle Mitarbeiterin, die sich meine Geschichte mit großem Staunen anhörte. Sie wusste auch nicht weiter. Sie empfahl mir, ich solle doch zum nächsten großen Bahnhof gehen und dort nachfragen. Vielleicht könne die Deutsche Bahn weiterhelfen. Die seien ja schließlich für die Züge zuständig. Ich ging also zum Hauptbahnhof, stellte mich brav in der Schlange an und schilderte dem Mitarbeiter der Deutschen Bahn mein Anliegen. Ich erzählte ihm die ganze Kofferstory, ließ meinen wenig schmeichelhaften Auftritt bei der Hotline am Tag zuvor nicht aus und war sehr gespannt auf seine Reaktion. Mit weit geöffneten Augen und ebenso weit geöffnetem Mund lauschte er meinen Erzählungen. Sprachlos. Nach einer Weile hatte er sich gesammelt. Er sei nun fast fünfundvierzig Jahre in diesem Laden beschäftigt und würde sehr bald in seinen wohlverdienten Ruhestand gehen, er hätte viel erlebt, aber diese Geschichte würde alles toppen. Interessant sei auch, dass ich zum Bahnhof geschickt worden wäre, das sei ja völlig unverständlich. Er führte einige Telefonate, kam dann zum Schluss, dass er mir auch nicht helfen könne und verwies mich wieder zurück an Hermes. Er stellte mir einen Deutsche-Bahn-Gutschein über dreißig Euro aus, das sei das Mindeste, was er für mich tun könne. Er wünschte mir viel Glück, ich wünschte ihm eine schöne Rente und viel Erfüllung in der Freiheit.

Auf der Heimfahrt traf ich einen Entschluss. Ich würde den Koffer loslassen. Ich wollte nicht mehr bei der Hotline anrufen und mich zum Affen machen. Ich buchte den Koffer mental aus und sprach immer wieder vor mich hin: »Ich lasse den Koffer los.«

Ich würde die Kosten für die Handtasche übernehmen und mein Zeug darin war ohnehin unwichtig und leicht zu ersetzen. Ich fühlte mich gut und frei und war so glücklich darüber, nicht mehr in der Hotline anrufen zu müssen. Als ich Zuhause ankam, stand der Koffer vor der Haustür. Einfach so.

Mein Erkenntnisgewinn: Wenn man loslässt und nicht verbissen klammert, kommen die Dinge, die man braucht oder möchte, von selbst zu einem.

Das Loslassen hat viele Aspekte. Wir häufen viel in unserem Leben an und von Zeit zu Zeit hilft es loszulassen. Man kann sich von so vielem befreien:

Dinge, Materielles

verletzte Gefühle, Groll, Kränkungen

Menschen, Beziehungen und Freundschaften, die sich überlebt haben

Kinder, die erwachsen sind und ihr eigenes Leben gestalten wollen

schlechte Gedanken

überschüssige Pfunde

Haltungen und Prinzipien

Handlungen und Routinen

Die Liste lässt sich beliebig fortschreiben. Bei mir fing es harmlos mit Materiellem an. Während der Chemo war ich an das Haus gefesselt. Ich durfte es oft wegen drohender Infektionsgefahr nicht verlassen. Sollte nicht unter Menschen, weil die Blutwerte so schlecht waren. Bloß keine Hände schütteln. Ich trug immer ein Desinfektionsmittel bei mir. Einkaufen, ja, einkaufen ging schon. Ich sollte halt nichts anfassen, besonders nicht die Einkaufswagen im Supermarkt. Das sind die reinsten Bakterienschleudern. Einkaufen und bummeln ging also auch nicht, ist schwierig ohne anfassen.

Man stellt sich die Zeit zuhause sehr idyllisch vor. Endlich lesen, Sport, Zeit für alles, was in einem hektischen Alltag zu kurz kommt. Leider vergisst man die Kleinigkeit der Krankheit. Ich konnte nicht viel lesen, weil die Chemomedikamente wie ein Schädeltrauma wirkten. Ich schlug mich mit einem Chemogehirn herum, konnte mich schlecht konzentrieren. Ich habe Fragen fünfmal gestellt und konnte mich dann weder an die Fragen noch an die Antworten erinnern. Beim Blick in die Vergangenheit waren die Erinnerungen an Geschehnisse weg, ich konnte mich an viele Fakten nicht mehr erinnern. Nach Abschluss der Chemotherapie wurde es erst nochmal schlimmer, bis es schließlich von Monat zu Monat besser wurde.

Meine Sehkraft litt. Am Ende der Chemo betrug sie nur noch 60 %. Die Chemo und der Diagnosestress lähmten Gehirn und Augen. Fernsehen war auch nur bis zu einem gewissen Grad spaßig. Manche Tage waren durch »Schrankalarm« und »Shopping Queen« strukturiert. Ich war schon per Du mit Guido Maria Kretschmer und wollte ihm eine Staffel unter dem Motto »Finde die passende Perücke, kreiere den schicken Chemolook rund um dein neues It-Piece« vorschlagen. Irgendwann war auch damit genug, ich konnte die Glotze nicht mehr sehen.

Also habe ich geräumt. Es war mehr eine praktische Sache. Ich wollte den Tagen wenigstens minimalen Sinn geben. Und ausmisten und entrümpeln stand schon seit Jahren auf einer meiner unzähligen To-Do-Listen. Begonnen habe ich schon vor der Krankheit damit, täglich einen nicht mehr gebrauchten Gegenstand zu entsorgen oder zu verschenken. Doch die Zeit zum richtigen Entrümpeln fehlte. Im Lauf der Jahre hatten sich viele Dinge angesammelt. Die Schränke waren brechend voll. Im Keller standen noch unberührte Kisten aus dem Haus meiner Oma, die ich bei Ihrem Tod mitgenommen habe. Kleidung, Spielzeug, Bücher, Möbel, Schuhe, Geschirr, von allem war zu viel da. Im Vorratsschrank lauerten abgelaufene Lebensmittel. Zu viel Materielles und zu viele Gedanken. Außen und innen, ein einziges Zuviel. Ich begann mit dem Außen.

Meine Anregungen, wie ich das machen wollte, holte ich mir von vielen Seiten. Eine ehemalige Yogalehrerin redete zu Beginn der Stunde über Klarheit, Reduktion und Loslassen. Es war unglaubwürdig. Sie zog von einer Wohnung in ein großes Haus und trennte sich von Altem, um dann im Neuen wieder kräftig anzusammeln. Die wahre Kunst des Entrümpelns und Loslassens besteht jedoch für mich darin, die Dinge nicht wieder anzuhäufen. Herausfinden, wieviel man braucht. Nicht vorne raustragen und hinten wieder reinschmuggeln. So wollte ich das nicht angehen.

Ich schaute auf Netflix die Serien von Marie Kondo, der japanischen Aufräumexpertin, die mit diesem Thema weltweite Erfolge feiert. Ich war sprachlos. In diesen, meist amerikanischen, Familien hatte sich unglaublich viel Zeug angesammelt. Viele junge Familien mit Kindern ertranken buchstäblich in Kleidung und Spielzeug. Oft konnte man die Farbe des Fußbodens nicht mehr erkennen. Manche wollten ihre Kleidung nicht waschen, sie kauften einfach neue und zuhause türmten sich die Kleiderberge. Marie Kondo empfiehlt, alles nach Kategorien auf einen Stapel zu legen und bei jedem Stück zu fragen, ob es einen noch glücklich macht.

Ich räumte also. Zimmer für Zimmer, von oben nach unten, habe ich mich durch unser Haus gepflügt. Ausgeräumt und aussortiert, mich von vielem Materiellen getrennt. Ich habe tagelang, so wie es eben mein Zustand der Erschöpfung von der Chemotherapie zuließ, Schränke aufgeräumt und Ordnung geschaffen. An manchen Tagen schaffte ich lediglich eine Schublade, an anderen gar nichts. Ich habe, so wie ich eben konnte, geräumt und erst im Nachhinein verstanden, dass dies reine Therapie für mich war. Die Ordnung im Äußeren hat das Aufräumen im Inneren angestoßen. Ordnung sei ein innerer Gemütszustand, ein Zeichen eines gesunden Geistes und einer glücklichen Psyche, schreibt Christa Spannbauer in ihrem Blog. Ich räumte mich gesund.

Meine Schwester bekam die Krise, dachte sie doch, ich würde schon mal vorsorglich mein Hab und Gut verschenken und meinen Nachlass regeln. Was natürlich Quatsch war, ich dachte keine Minute daran, sterben zu wollen oder zu müssen. Sie hatte eben Angst um mich. Für mich war es jedoch eine ganz zentrale Erfahrung der Krebserkrankung, denn all diese Dinge, mit denen ich mich umgab und die mir wichtig gewesen waren, nützten mir nun überhaupt nichts. Sie waren eher Ballast geworden. Ballast, der verwaltet, aufgeräumt und geputzt werden möchte. Ich war bereit, loszulassen.

Was nützt einem das eleganteste Kleid im Schrank, wenn man keine Haare hat?

Während der Chemotherapie war ich mit einer Freundin shoppen. Ich war die Perücke leid, es war Sommer und heiß und so eine Perücke ist wie eine Bademütze im Freibad. Ungemütlich. Man schwitzt darunter. Ich wollte sein, wie ich derzeit einfach war. Ohne Haare. Die Perücke war für mich ein Ausdruck von extremer Anpassung und Schutz für die Menschen um mich herum. Ziehst du eine Perücke auf, sind sie nicht mit dem Krebs konfrontiert. Es gab Tage, da brauchte ich sie doch, denn sie war auch Schutz für mich. Man muss die Reaktionen der Menschen auf eine Krebsglatze aushalten können. Wenn du keine Haare hast, stimmt was nicht mit dir. Du musst wie alle anderen sein. Du musst Haare haben. Ich hatte aber keine. Ein Mützchen mit angeklebten Plastikhaaren sollte Abhilfe schaffen? Meine Gedanken waren trotzig. »Ich bin doch viel mehr als Haare«, dachte ich immer. »Nehmt mich so, wie ich jetzt eben bin.«

Ich führte also meine Glatze spazieren und probierte im Geschäft ein sehr elegantes Kleid an. Ich fragte meine Freundin, ob mir dieses Kleid stehen würde. Sie schaute kritisch unter ihrer Brille durch und sagte: »Kannst du mal deine Haare aufziehen? So kann ich das nicht beurteilen.« Das Ergebnis: mit Perücke sah das Kleid entzückend aus, ohne eben nicht.

Was ist Reichtum? Reich ist der, der viel von dem besitzt, was für ihn wichtig ist. Ich brauchte Gesundheit und keine Klamotten. Also sortierte ich Klamotten aus. Die Bücher, die ich in meiner Jugend gelesen hatte, waren vergilbt und rochen nach altem Papier. Ich überwand das Mantra, dass man keine Bücher wegwerfen darf, und warf die vergilbten Taschenbücher ins Altpapier. Lebensmittel waren abgelaufen, weil zu viel eingekauft. Weg damit und in Zukunft weniger einkaufen! Und die Kisten meiner Oma konnte ich endlich loslassen, weil ich ihren Tod überwunden hatte. Ich musste mich nicht mehr an Dinge aus ihrem Haushalt klammern, um mich ihr nah zu fühlen.

Brauche ich das oder kann das weg? Macht es mich glücklich? Mit jedem Stück, das unser Haus verließ, fühlte ich mich leichter und freier.

Ich erließ Embargos auf verschiedene Warengruppen. Die ganze Familie durfte keine Kugelschreiber, Werbegeschenke, Putzmittel, Servietten und Tee mehr einführen. Erst mussten die angesammelten Produkte aufgebraucht werden. Ich wachte sehr darüber, dass nicht alles wieder hereinspazieren konnte, was ich so mühsam aus dem Haus geschafft hatte.

Wenn ich nun alles auftragen würde, was sich an Kleidung angesammelt hatte, wie lange müsste ich nicht einkaufen? Die Frage bleibt unbeantwortet, denn ich habe sehr viel verschenkt und verkauft. Die zentrale Frage ist ja, wie viel man braucht. Das ist sehr individuell und wir wissen es heute gar nicht mehr, weil wir so im Überfluss leben. Meine spätere Pilgerreise auf dem Jakobsweg sollte mir noch tiefere Einsichten zu dieser Frage bereithalten.

Nach den vierzehn Monaten der Krankheit ist das Äußere nun entrümpelt und entschlackt. Ich fühle mich wohl und leichter. Ich brauche viel weniger von allem. Der Haushalt geht leichter von der Hand. Wenn ich vor meinem Kleiderschrank stehe, habe ich immer etwas anzuziehen, es hängen nämlich nur meine Lieblingsstücke darin. Auch wenn ich die KonMarie-Methode nach Kategorien nicht angewandt habe, sondern nach Zimmern ausgemistet habe, sind meine Sportshirts nach der KonMarie-Methode gefaltet. Ich muss über mich selbst lachen, dass mich das so glücklich macht. Ich bin buchstäblich erleichtert. Mein Gewinn ist ein Mehr an Lebensqualität, Leichtigkeit und Klarheit. Ich achte sehr darauf, was neu in mein Leben kommt, lasse unnötige Dinge gar nicht mehr in mein Leben und lebe damit auch nachhaltiger. Wobei zum Thema Nachhaltigkeit noch viel Luft nach oben ist. Im Keller steht kein Gerümpel mehr, es blockiert mich nicht mehr. Ich besitze weniger und bin gleichzeitig reicher. Ich bin dankbarer für das, was ich besitze, denn es ist genau das, was ich benutze. Lässt sich diese Erkenntnis auch auf das Innenleben übertragen? Sollte man auch nur gute Gedanken in Hirn und Herz lassen?

Es heißt, indem wir Ordnung im Außen schaffen, sorgen wir zugleich für unser inneres Gleichgewicht. Wenn wir Altes loslassen, kann das Neue in unser Leben treten. Es heißt, die Entscheidung, sich nur noch mit geliebten Dingen zu umgeben, bringt äußere und innere Harmonie ins eigene Leben. Wir befreien unsere Seele und entlasten unser Herz von unnötigem Ballast. Lassen frischen Wind in unser Leben, lösen Blockaden im Unterbewusstsein und finden uns selbst wieder. Es heißt, das Leben kommt nach Stagnation und Stillstand wieder in Bewegung.

Ist das so? Ohne den Krebs könnte ich das so unterschreiben. Der Krebs hat jedoch mein Leben in zwei Leben unterteilt: das vor dem Krebs und das danach. Im Leben nach dem Krebs ist das Gleichgewicht nicht mehr da. Ich weiß nicht mehr, wer ich bin. Ich habe das Vertrauen ins Leben und in meinen Körper verloren. Bin aus Raum und Zeit gefallen. Suche Orientierung. Vor dem Krebs hat der Verstand regiert, hat im Lauf der Jahre die Regierungsgeschäfte übernommen. Er ist über körperliche Bedürfnisse und Grenzen hinweggefegt, hat Emotionen unterdrückt und seelische Bedürfnisse nach hinten geschoben. Ich möchte neu denken, wer ich bin, was mich ausmacht und ob ich weiterhin so leben möchte, wie ich es tue. Ich möchte von meinem Kopf zurück ins Herz reisen und hoffe, dort Antworten zu finden.

Das Haus zu entrümpeln war die Vorübung, ein Vorgeplänkel für das, was im Inneren anstand. Damit habe ich mich warmgelaufen für die größere und anstrengendere Aufgabe des Entrümpelns und Entschlackens von Gedanken, Gefühlen, Glaubenssätzen und Beziehungen. Ich wollte mich auf das Wesentliche konzentrieren. Doch was war das? Mein Luxusproblem unterstützt mich dabei, genau das für mich herauszufinden. Mich wieder zu finden.

Die Geschenke des Krebses

Viele in meinem Umfeld verstehen bis heute nicht, warum ich mein altes Leben mit meiner Arbeit so unbedingt wiederaufnehmen wollte. Ich sollte doch downsizen, mich ausruhen und nicht mehr meinen anstrengenden Beruf ausüben. Nicht mehr so viel reisen. Das Reisen birgt doch so viele Gefahren. Was da alles passieren kann! Die hygienischen Verhältnisse! Die klimatischen Anpassungen! Die fremden Lebensmittel!

Soll ich auf der Terrasse sitzen, Pfefferminztee trinken, mich langweilen und auf das Rezidiv warten?

Nein, jetzt ist es an der Zeit größer zu denken. Ich liebe meine Familie, meine Arbeit, meine Freunde und mein Leben. Das Grundgerüst stimmt. Natürlich gibt es Themen, mit denen ich aus der Erfahrung der Krankheit anders umgehen möchte. Diese muss ich überdenken und anpassen. Genau dafür kommen die 80 Tage wie gerufen.

Jetzt mal ganz ehrlich. Natürlich stelle ich mir täglich die Frage, warum ich diesen verdammten Krebs bekommen habe und was ich daraus lernen soll. Ich habe mich gesund ernährt, Sport getrieben und in gesunden Beziehungen gelebt. Meine Diagnose hat in meinem Umfeld Entsetzen ausgelöst. Bei meinen Schwestern, Freundinnen und Kolleginnen. Wenn sie das bekommt, kann ich auch krank werden. Was hat das alles zu bedeuten? Kann man nach einer Krebsdiagnose so weiterleben wie vorher?

In einem der vielen Krebsbücher, die ich zur Krankheitsbewältigung gelesen habe, fand ich einen einleuchtenden Vergleich. Ein Zimmer im Keller ist voller Schimmel, weil nicht genügend gelüftet wurde. Der Schimmel wird entfernt und das Zimmer ist wieder schön. Wenn man zukünftig nicht wieder Schimmel haben möchte, sollte man ab jetzt lüften, richtig?

Der Krebs hat mir viel genommen, meine Unbeschwertheit zum Beispiel. Er hat mir aber auch viel gegeben. Ich habe während meiner Therapie so viel Zuspruch und Liebe erfahren, so viele Menschen haben mich unterstützt und nicht allein gelassen. Sie haben mich durch diese schlimme Zeit getragen. Ich bin nicht allein auf dieser Welt und wenn es schwer wird, sind unglaublich viele liebe Menschen an meiner Seite. Familie, Freunde, Nachbarn, Kollegen.

Meine Kollegen hatten mir einen Adventskalender der besonderen Art geschenkt. Jeden Tag im Advent fand ich ein Päckchen oder eine Karte von 24 unterschiedlichen Kollegen in der Post, was mich zu Tränen rührte. Das hat mir in der Zeit der Operationen sehr viel Kraft gegeben. Mein Sohn kochte mir Tee, wenn es mir sehr schlecht ging. Er nannte mich »mein kleiner buddhistischer Mönch«. Mit Glatze und schwarzer Lesebrille kam das meinem Erscheinungsbild sehr nahe. Mein Mann wich nicht von meiner Seite und hat mich durch die dunkelsten Stunden begleitet, auch wenn er nur zusehen, meine Hand halten und mit mir leiden konnte. Er zog mir die Schuhe aus, wenn ich zu schwach dafür war. Meine Schwägerin war an meiner Seite und gab mir Anleitung, wie ich gut durch die Chemo komme, wie ich meine Selbstheilungskräfte aktiviere und positiv bleibe.

Freundinnen sind gekommen und sind mit mir gelaufen. An den besonders schlimmen Chemotagen war ich dafür besonders dankbar. Ich hätte mich alleine nicht getraut aus dem Haus zu gehen, aus Angst, vor Schwäche umzufallen. Eine Krebsfreundin ist tatsächlich während eines Spaziergangs zu Chemozeiten bewusstlos umgefallen. Ihr Hund hat sie solange im Gesicht geleckt, bis sie wieder aufgewacht ist.

Ich wurde mit frischem Obst versorgt, bekam Kuchen von der Nachbarin. Ich bekam Cremes für die schlimmen Hautprobleme, Nagellacke, damit mir meine Nägel nicht ausfallen sollten. Meine Freundin und Kosmetikerin hat mir sehr geholfen, mich auch ohne Haare und Brust weiterhin weiblich zu fühlen. Aloegel und gestrickte Mützen halfen mir, mit meiner Glatze umzugehen. Ich wurde mit Geschenken und Liebe überhäuft. Freundinnen und deren Töchter kamen und erledigten die Gartenarbeit, die ich mit meinen neuropathischen Händen nicht mehr erledigen konnte.

Meine Schwestern brachten mir Essen, gaben mir Spritzen, die ich mir selbst nicht geben konnte. Sie schickten Postkarten und waren bei mir. Ich fühlte mich geliebt und umsorgt. Sie besuchten mich in der Reha, um sicher zu sein, dass es mir gut ging. Von meiner Freundin aus den USA kamen Chemo-Care-Pakete und andere Mütter unterstützten mich bei Fahrdiensten. Ich könnte die Liste seitenweise fortführen. Es war unglaublich und sehr ermutigend.

Es gab auch Enttäuschungen. Natürlich gab es die. Bis dahin nahestehende Menschen, die mit meiner Krankheit nicht umgehen konnten. Sie weinten, wenn sie mich sahen und ich musste sie trösten. Ich sah ihre Angst um ihr eigenes Leben in ihren Gesichtern. Ich verstand das, wenngleich ich mich davon distanzieren musste. Ich brauchte meine Kraft für die Therapie. Musste mit meinen eigenen Ängsten fertig werden. Brauchte selbst Trost.

Nach der Krankheit hat sich doch einiges bei mir geändert. Die Grundfesten in meinem Leben blieben bestehen, aber ich bin eine andere geworden. Mein Verstand musste Teile seiner Macht abgeben. Im Job sagte man mir oft: »Sie sind zu emotional. Sie müssen eiskalt sein und Ihre Ziele durchboxen, im Haifischbecken der Führungskräfte.« Was für ein Blödsinn. Das gilt für mich nicht mehr. Ich kann beruflich Grenzen setzen. Ich arbeite nicht mehr bis spät in die Nacht und auch nicht mehr am Wochenende. Ich kann wieder ausruhen. Morgen ist auch noch ein Tag.

Wer ist diese andere Frau tatsächlich? Das ist ein Prozess, der noch nicht abgeschlossen ist. Ich kann jetzt schon sagen, dass ich viel gelassener geworden bin. Privat und beruflich. Stau? Termindruck? Fiese Bemerkungen? Über viele Dinge kann ich mich tatsächlich nicht mehr aufregen. Ich habe deutlich erfahren, dass ich nicht unsterblich bin. Das ändert die Perspektive. Vorher wusste das mein Verstand, jetzt habe ich es gefühlt, erfühlt. Soll ich mich da noch aufregen, dass sich in der Schlange beim Bäcker jemand vordrängelt?

Ich habe gelernt, dass ich, obwohl ich so viel Unterstützung erhalten habe, letztendlich doch ganz alleine war, bei dem, was die Krankheit mir abverlangte. Niemand konnte mir die Last der Chemotherapie abnehmen. Ich musste das ganz alleine aushalten. Die Schmerzen, die Übelkeit, die Hoffnungslosigkeit. So habe ich erfühlt, dass ich auch ganz alleine für mein Glück verantwortlich bin. Das Glück kommt aus mir selbst. Ich bin leichter, das Leben ist nicht mehr schwer. Ich habe begonnen zu meditieren und zu beten, die Unterschiede sind fließend. Ich habe den Wunsch, nach Gott zu suchen.

Ich habe meine verrückten To-Do-Listen aufgegeben. Die waren in der Tat gar nicht zu schaffen. Ich bin im Außen nicht mehr so getrieben. Auf meiner neuen To-Do-Liste steht: »Ich muss gar nichts« und: »Lebensfreude«.

Jeden Tag aufs Neue bin ich dankbar für mein Leben, meine Gesundheit und für die Luft, die ich atmen darf. Dankbar, dass ich die Therapie überstanden habe, dankbar, dass ich noch lebe. Dankbar, dass meine Familie zu mir hält. Ich höre wieder auf meinen Körper, gebe ihm, was er braucht. Nehme den Kontakt wieder auf.

Ich habe das Interesse am Shoppen verloren. Ob das eine vorübergehende Erscheinung ist? Janosch sagt: »Wer fast nichts braucht, hat alles.« Richtig. Ich habe mein Leben zurück, und das ist wirklich richtig viel.

Das hört sich doch schon nach richtig viel an! Nach fleißiger Krankheitsbewältigung und streberhafter »Do more of what you love«-Binsenweisheit. Eine Freundin sagte mir, nachdem ich ihr erzählt habe, was ich alles unternehme, um gut durch die Chemo zu kommen: »Auch hier möchtest du wieder die Beste sein!« Das saß. Ich Streber, ich.

Meine Suche nach den Gründen, warum ich krank geworden war und den notwendigen Anpassungen in meinem Leben, war wie das Lüften meines verschimmelten Kellers. Ich möchte gesund bleiben! Wenn ich die Gründe kenne, kann ich Veränderungen umsetzen. Ich möchte ergründen, wie ich lüften kann. Dazu können die achtzig Tage beitragen und die Freiheit, damit zu tun, was immer ich möchte. Was also möchte ich mit diesen unglaublichen achtzig Tagen anstellen?

Meine persönliche Bucket List

Ich sitze vor einem riesigen Kalender und brüte über meiner Planung. Es ist gar nicht so einfach herauszufinden, was man wirklich möchte. Höre auf dein Herz? Wenn das so einfach wäre. Es spricht so leise und undeutlich. Herz über Kopf. Mein neues Motto. Das muss ich erst noch üben.

Warum eigentlich Bucket List? »Kick the bucket« heißt auf Deutsch »den Löffel abgeben«. Eine Löffelliste quasi. Wie gesagt, für mich ist es eine Liste der Lebensfreude.

Was von meiner Löffelliste passt also in meine achtzig Tage?

Meine Liste ist eine momentane Auflistung meiner Lebensträume und Wünsche. Wobei Lebensträume ein großes Wort ist. Vor dreißig Jahren hätte diese Liste anders ausgesehen. Viele meiner Lebensträume habe ich bereits verwirklicht. Manches möchte ich mit meiner Familie erleben. Manche Punkte meiner Liste sind nicht unbedingt in einem kurzen Zeitraum zu bewältigen. Ich habe einfach aufgelistet, wonach mir der Sinn steht. Ob das Lebensträume sind, weiß ich jetzt auch nicht.

Was picke ich mir also für mein Luxusproblem heraus? Was hält einer Überprüfung stand und was erweist sich am Ende doch nicht als wichtig? Sind diese Wünsche in meinen achtzig Tagen Urlaub zu realisieren? Das muss ich genauer beleuchten.

Beginnen wir mit den Wasserskiern. Das wollte ich schon als Kind lernen. Um seinen Wünschen auf die Spur zu kommen, sollte man sich an seine Kindheitsträume erinnern, sagt man. Hier haben wir einen! Ich sehe mich elegant, einhändig und graziös über das Wasser gleiten. Das ist, glaube ich, ein Wunsch der einfacheren Sorte. Da müsste ich nur an den Bodensee fahren und entweder einen Kurs buchen oder das Boot von Freunden nutzen. Das muss unbedingt auf die Liste!

Beim Sprachkurs in einer tollen Stadt ist die Lage klar. Schon einige Jahre lerne ich Italienisch an der VHS. Um flüssig sprechen zu können, fehlen noch der letzte Schliff und die Gelegenheiten. Ich liebe Italien, die Sprache, die Menschen, das Land und die Küche. Wer nicht? Ein Sprachkurs würde mich wirklich weiterbringen. Und mir riesig Freude bereiten. Roma, Firenze, Milano, Venezia. Check, das ist unbedingt ein Wunsch für mein Luxusproblem. Auf die Liste!

Was treibt mich bei dem Wunsch, einen Sommer lang Sennerin sein zu wollen? Ein Freund und ich träumen schon seit Jahren von einer Auszeit in den Bergen. Für den Sommer werden händeringend Senner und Sennerinnen gesucht. In meiner Vorstellung liege ich wie Heidi im Heustadel, bewirte Wanderer mit einer Brotzeit und verarbeite Milch zu Käse. Abends genieße ich beim Alpenglühen das Alleinsein, kann Abstand finden zum Trubel in meinem Leben. Soweit die Theorie. But wait. Ich schaue mir Anzeigen von Sennereien an. Es gibt da ein Problem. Ich müsste melken und Kühe versorgen. Das geht gar nicht. Da habe ich die Hosen voll. Ich habe großen Respekt vor Kühen, nicht umsonst sind sie in Indien heilig. Erst kürzlich hat mir ein befreundeter Tierarzt erzählt, wie ihm eine Braungefleckte mal kurz einen Tritt auf den Oberschenkel gegeben und ihn außer Gefecht gesetzt hat. Als Kind habe ich einer Freundin, deren Eltern einen Bauernhof bewirtschafteten, geholfen, die Kühe auf die Weide zu treiben. Die Kühe haben mich getrieben. Von helfen konnte keine Rede sein. Leichten Herzens verschwindet die Alm ganz aus meiner Gedankenwelt. Das war ein Faketraum. Runter von der Liste.

Schon als junge Frau habe ich Yoga geübt und es jetzt nach meiner Therapie wieder aufgenommen. Ich habe es mit Tai Chi versucht, aber das ist nichts für mich. Yoga sehr wohl. Es gibt viele Yogalehrer und Angebote bei uns. Ich übe Yoga bei einer tollen Lehrerin im Fitnessstudio. Sie hat bei mir den Appetit auf spirituelles, indisches Yoga geweckt. Das wird an vielen Orten der Welt gelehrt. Vielleicht sollte es aber doch Indien sein? Luxusproblem! Auf die Liste.

Indien und Sri Lanka als Ursprungsländer des Ayurveda interessieren mich schon immer. Einige Freunde haben mir von den Erfolgen einer Entgiftungskur, einer Panchakarma, erzählt, zuletzt auch Martina, die ich in meiner Anschlussheilbehandlung nach der Chemotherapie kennengelernt habe. Sie ist nach Sri Lanka gereist und hat drei Wochen in einer staatlichen Klinik in Öl gebadet, Öleinläufe verabreicht bekommen und sich die Stirn mit Öl begießen lassen. Basis einer Ayurvedakur sind Ölmassagen. Nicht jeder findet das anziehend, ich schon. Das Chemogift muss ganz aus meinem Körper raus! Dieser Wunsch kommt mit Prio eins auf die Liste.

Der Plan, den portugiesischen Jakobsweg zu pilgern, gehört unbedingt auf die Liste. Das schwirrt schon lange in meinem Kopf umher. Ich hatte immer den klassischen, bei uns bekannten Weg von den Pyrenäen nach Santiago de Compostela im Blick. Den Camino Francés. Der ist zeitlich aufwendig. Mein Sohn war in meiner Zeit der Chemotherapie in Gondomar in Galizien, nicht weit von Santiago de Compostela, zum Schüleraustausch und wir haben eine liebenswerte spanische Familie kennengelernt. So bin ich auf den portugiesischen Camino gestoßen. Der geht klassisch von Lissabon im Landesinneren nach Santiago de Compostela, vorbei an vielen bedeutenden, historischen Klöstern der Pilgergeschichte. Es gibt auch einen Küstenweg, der mich sehr anspricht. Von Porto aus möchte ich nach Santiago de Compostela pilgern und bei Marisú in Gondomar vorbeischauen. Auf die Liste. Mit der allerhöchsten Prio.