Totengräber von Goetheturm - Johannes Frumen - E-Book

Totengräber von Goetheturm E-Book

Johannes Frumen

4,4

  • Herausgeber: B3 Verlag
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2013
Beschreibung

Frankfurt 1979. Am Fuße des Goetheturmes wurden die Leichen zweier Drogenabhängiger aufgefunden, beide seltsam maskiert und übel zugerichtet. Daneben, wie zu einem Picknick, je ein Glas Rotwein. Hinter dem museal dekorierten Fundort gibt auch eine in der Nähe ausgehobene Grube Rätsel auf. Zwei verdächtige Heroindealer sitzen wenig später in Haft, doch die Beweisführung ist schwierig. Staatsanwalt Flamme hat alle Hände voll zu tun, denn zusätzlich muss er sich um einen weiteren Fall kümmern, in dem ein engagierter Betriebsratsvorsitzender eines Supermarktes betroffen ist. Bei ihm wurden Waffen und Drogen sichergestellt. Auf den ersten Blick haben die beiden Fälle nichts gemeinsam. Doch nicht umsonst trägt Staatsanwalt Flamme den Spitznamen "Fuchs". "Totengräber vom Goetheturm" ist eine lückenlose Vernetzung verschiedener realer Verbrechen. Gleichzeitig spiegelt der Krimi die 70er Jahre in Frankfurt wider. Das Buch ist damit eine spannende Reise in die jüngere Stadtgeschichte.

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Johannes FrumenTotengräber vom Goetheturm

Dieses Buch ist meiner Frau Ellen gewidmet,die mir im Alltag den notwendigen Freiraumzum Schreiben einräumt.

Wer anderen eine Grube gräbt,fällt selbst hinein.

Es ist kein Zeichen von Macht, sondern von Ohnmacht,wenn der Untergebene vernichtet werden muss,um ihn zu überzeugen.

Volksmund

Der Autor

Johannes Frumen ist das Pseudonym von Dr. Harald Hans Körner, der bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt von 1976 bis 2009 für Drogendelikte, Betäubungs-und Arzneimittelverfahren sowie Vergiftungs- und Dopingfälle zuständig war. Als Oberstaatsanwalt, Abteilungsleiter und Leiter der Hessischen Zentralstelle für die Bekämpfung der Betäubungsmittelkriminalität (ZfB) bei der Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt lernte er bei zahlreichen Dienstreisen rund um die Welt die Anbaugebiete, die verschiedensten Formen von Drogenhandel und Drogenschmuggel, die internationalen Verflechtungen der Drogenkartelle, die Geldwäsche betreibenden Banken aber auch die Nöte der Drogenabhängigen und der Drogen anbauenden Zivilbevölkerung kennen. Da von Harald Hans Körner ein Fachkommentar und zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen zum Betäubungsmittelrecht stammen, schreibt er seine Krimis unter einem anderen Namen.

Das Buch

Der Kriminalroman: TOTENGRÄBER VOM GOETHETURM ist eine Mischung aus Autobiographie, Erinnerung und Phantasie des Autors. Die Geschehnisse des Buches gehen zum Teil auf tatsächliche Ereignisse aus dem Berufsleben von Harald Hans Körner zurück. Im Roman werden jedoch verschiedene Fälle miteinander verwoben. Ort, Zeit, Namen und Personen wurden verändert. Keine der im Buch dargestellten Personen, Firmen oder Institutionen stimmen mit der Wirklichkeit überein. Falls dies so erscheint, ist dies aber reiner Zufall. Die Personen repräsentieren aber Züge und Meinungen von lebenden und verstorbenen Personen. Somit ist vieles in diesem Buch wahr, hat sich aber nicht so zugetragen. Der Roman ist nach STERBEENGEL der zweite Kriminalroman, in dessen Mittelpunkt der Frankfurter Staatsanwalt Martin Flamme steht.

Johannes Frumen

Totengräbervom Goetheturm

Kriminalroman

Johannes Frumen, Totengräber vom GoetheturmC 2013 B3 Verlags und Vertriebs GmbH, Markgrafenstraße 12,60487 Frankfurt am MainAlle Rechte vorbehalten. Das Werk einschließlich seiner Teile isturheberrechtlich geschützt.Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.Das gilt insbesondere für Kopien, Einspeicherung und Verarbeitungin elektronischen Systemen.Weitere Titel des B3 Verlages unter www.bedrei.deUmschlag: Bayerl & Ost, Frankfurt am MainFotos: Peter KörnerPrinted in Germany ISBN Nr.

PrologDas Unwetter im Stadtwald

In der Nacht zum 15. Juni 1979 hatte eine Sommergewitterfront mit orkanartigen Böen eine Schneise der Verwüstung durch den Frankfurter Stadtwald gezogen, zahlreiche Äste und Zweige heruntergerissen, Bäume entwurzelt oder mit brachialer Gewalt zersplittert. Ein gewaltiger Sturzregen hatte zu reißenden Wasserströmen geführt, die den Waldboden aufwühlten und alles mit sich rissen, was ihnen im Weg stand. Der Frankfurter Stadtwald glich einem Schlachtfeld, Äste und Baumstämme waren wie Streichhölzer umgeknickt und versperrten die Waldwege. Bis die Baumruinen fortgeschafft und die verwüsteten Flächen ihren ursprünglichen Zustand wiedererlangt hätten, würde es noch lange dauern. Ein modriger Gestank beginnender Fäulnis überlagerte nach und nach den frischen Duft gesunder Tannen. Ein Teil des Frankfurter Stadtwaldes hatte sich von einem Erholungsgebiet in ein Katastrophengebiet verwandelt. Auf vielen Waldwegen hatte der heftige Regen Pfützen in braune Seen verwandelt, die menschliche Rutschpartien befürchten ließen.

Schon mit dem ersten Tageslicht war an diesem Freitag Hans Stamm im Frankfurter Stadtwald unterwegs, um den Schaden in Augenschein zu nehmen. Mit hohen Stiefeln stapfte der Förster durch den Schlamm und über knackende Zweige. Noch eine Woche zuvor hatte er das Waldsterben als Folge der Luftverpestung durch den starken Flugverkehr beklagt. Diese Gewitterfront aber hatte kein langsames Waldsterben, sondern die schlagartige Vernichtung eines großen Teils des Waldes bewirkt.

Bei abnehmendem Mond hatte die Morgendämmerung früh eingesetzt; sie war im Begriff, die Dunkelheit zu vertreiben. Um halb sechs würde die Sonne aufgehen. Der Sturm hatte sich gelegt, die Stille war bedrückend. Ein kühler Windhauch wehte Stamm ins Gesicht. Niedergeschlagen registrierte der Förster die beklemmenden Berge zertrümmerter Bäume, die der Orkan zurückgelassen hatte. Um nicht auszurutschen, näherte sich Stamm langsam auf einem schmalen Teppich welker, brauner Blätter dem Goetheturm.

Dieser 43 m hohe, 1931 aus Holzstämmen gefertigte Aussichtsturm, war an schönen Tagen Ziel zahlreicher Wanderer. Mit seiner aus 196 Stufen bestehenden Holztreppe ermöglichte er tagsüber eine schöne Aussicht auf ganz Frankfurt, insbesondere auf die Hochhäuser wie die Dresdner Bank oder das 40-geschossige silbern glitzernde BfG-Hochhaus. Wandte man den Blick, sah man den Henninger Turm, in dessen Silo die Brauerei ihre Rohstoffe lagerte, und die Berge des Taunus. Bei Dunkelheit allerdings ragte der Goetheturm unheimlich wie ein schwarzer Wachturm aus der Römerzeit in den Himmel empor.

Stamm war leicht erkältet und fror ein wenig, obwohl er eine Lodenjacke, Cordhosen und einen warmen grünen Schal trug. Der Wald war um diese Zeit noch menschenleer, nahezu still. Unter seinen Füßen quatschte der Schlamm, knirschten und knarrten abgebrochene Zweige. Die Bäume schienen über den frühen Waldbesucher erstaunt zu raunen. Sie wisperten und raschelten leise mit ihrem Laub, als wollten sie ihm eine schaurige Geschichte erzählen.

Plötzlich schauderte Stamm. Sein Blick war wie gelähmt. Auf einer Holzbank vor dem noch geschlossenen Ausflugslokal „Goetheruh“, unmittelbar gegenüber dem hölzernen Goetheturm, sah er sich mit zwei seltsam gekleideten, oder sollte man besser sagen, verkleideten Personen konfrontiert. Sie saßen auf einer Holzbank angelehnt. Stamm schloss die Augen, weil er befürchtete, unter Wahnvorstellungen zu leiden. Als er sie aber wieder öffnete, war der Spuk nicht zu Ende. Er roch nicht nur billiges Haarspray, sondern überaus deutlich den abstoßenden Verwesungsgeruch von Leichen. Diese Personen waren keine Puppen, sondern Menschen, allerdings völlig leblos. Im Schein seiner Taschenlampe sah Stamm, dass die Augen der beiden Personen starr und glasig, die Haut bleich und die Nasenlöcher blutverkrustet waren. Ihre Hände waren von zahlreichen Injektionsmalen und Wunden übersät. Es war nicht schwer zu erkennen, dass beide Personen tot waren. Ihr äußeres Erscheinungsbild ließ darauf schließen, dass sie drogenabhängig gewesen waren. Sie wirkten wie Geisterfiguren aus dem Totenreich und hockten wie Mumien auf der aus Baumstämmen gefertigten Holzbank. Sie strahlten aber aufgrund der bunt zusammengewürfelten Kleidung und der Verletzungen keine Würde aus. Neben ihnen auf der Bank und auf dem Tisch dahinter standen bzw. lagen fein geordnet eine halbvolle Flasche Rotwein, zwei gefüllte Gläser, zwei saubere und zwei gebrauchte Spritzen, eine Packung Tempo-Taschentücher, ein Messer, eine verschimmelte Zitrone, ein Abbinde-Gürtel sowie ein Tablettenstreifen Rohypnol.

Obwohl Förster Stamm sich im Frankfurter Stadtwald wie in seiner Westentasche auskannte, häufig bei Dunkelheit durch den Wald eilte und die Baumkulisse nicht als gruselig empfand, lief es ihm bei diesem Anblick kalt über den Rücken. Die schwach beleuchtete Szene glich gespenstisch dem Bühnenbild eines Totenkultes. Die Angst vor unsichtbaren Straftätern und die Ehrfurcht vor den Toten vermischten sich. Er sah im matschigen Boden eine Schleifspur, die zu einem Erdhügel am Waldrand führte. Diese Anhebung war früher einmal angeblich ein Aussichtspunkt auf Frankfurt, der von Goethe gerne besucht wurde und deshalb den Namen Goetheruh trug. Davon übrig waren nur noch Reste einer Säule, die von hohem Unkraut überwuchert waren. Auf diesem Erdhügel war, er konnte es kaum fassen, zwischen Bäumen eine Grube ausgehoben worden wie ein Grab. Ein Spaten steckte noch in der Erde. Der Wind blies pfeifend eine schaurige Todesmelodie.

Er gewann seine Fassung zurück. Ihm schoss es durch den Kopf: Die Toten saßen zwar wie versteinert da, konnten aber noch nicht lange auf der Bank sein. Die Kleidung war nicht durchnässt, war den vorausgegangenen Regenschauern also nicht ausgesetzt. Der Sturm hätte die Toten und ihre Ausstattung hinweggefegt. Er suchte die Treppe des Goetheturms und die nähere Umgebung ab, schaute nach Fußgängern oder Autos, die sich möglicherweise vom Ort des Geschehens entfernten. Er konnte nichts entdecken, sodass er schließlich zu seinem Auto ging, um von dort aus mit Hilfe eines Funkgeräts die Frankfurter Kriminalpolizei zu alarmieren.

Die Ruhe des Waldes wurde innerhalb weniger Minuten durch das Sirenengeheul von Streifenwagen und des mit rotierendem Blaulicht herannahenden Wagens der Frankfurter Mordkommission zerstört. Das Gelände wurde weiträumig abgesperrt. Einige Anwohner des nahen Wilhelm-Beer-Weges waren, aufgeschreckt durch die Sirenen der Polizei, teilweise im Morgenmantel aus ihren Häusern gekommen und unterhielten sich aufgeregt und neugierig hinter dem Absperrband, das rot-weiß im aufkommenden Wind dahin flatterte.

Die Toten und das Grab

Inzwischen war es hell geworden. Beamte der Kriminaldirektion, Kommissariat 11 und Spezialisten der Spurensicherung in ihren weißen Kombianzügen beherrschten die Szenerie. Sie wirkten seltsam deplatziert in dieser bei Wanderern so beliebten idyllischen Waldlandschaft. Die Spuren mussten gesichert werden, bevor die ersten Spaziergänger und neugierigen Passanten sich an den Fundort der Toten drängten. Kriminalhauptkommissar Hans Stein, ein kräftiger, energischer und kontaktfreudiger Mann um die Fünfzig leitete die Polizeiaktion. Er war kein Haudegen, sondern ein erfahrener Beamter von altem Schrot und Korn, der unerschrocken, aber doch respektvoll die Tatorte besichtigte. Obwohl er im Lauf der Jahre schon viele merkwürdige Tatorte und Todesfälle erlebt hatte, schüttelte er immer wieder seinen Glatzkopf über das, was er hier sah. Die zwei Toten thronten noch immer in seltsamen Kleidern und Strümpfen ohne Schuhe am Fuße des Goetheturmes auf der Holzsitzbank, bewegungslos wie Schemen aus dem Schattenreich.

Als Stein näher herantrat, erblickte er einen etwa 25-jährigen Mann mit fettigen Locken, der eine Sonnenbrille und einen Cowboyhut aus Stroh trug. Zudem war er mit einem blutverschmierten, grauen Hemd, einer ärmellosen speckigen Lederweste, einer durchlöcherten Trainingshose und weißen Tennissocken bekleidet. Neben ihm auf der Bank thronte unnatürlich steif eine etwa gleichaltrige Frau. Ihre langen, kupferroten Haare waren unter einer hellgrünen Wollmütze versteckt. Außerdem trug sie einen weiten lilafarbenen Strickpullover, Leggins mit Leopardenmuster sowie eine zerzauste Kaninchenfelljacke und rosafarbene Wollstrümpfe. Obwohl es stark geregnet hatte, saßen die beiden ohne Schuhe und mit trockenen Strümpfen auf der Bank.

Sie schienen dort nach einem gemeinsamen Gläschen Rotwein schmerzverzerrt eingeschlafen zu sein. Schon bei der ersten Leichenschau war zu erkennen, dass die Toten neben Totenflecken erhebliche Druckstellen und Wunden aufwiesen. Ihre Arme und Beine wiesen zahlreiche frische Injektionsmale auf. Kopfverletzungen bei beiden erweckten den Anschein, dass sie niedergeschlagen worden waren. Dennoch saßen sie aufrecht auf der Holzbank in einer zwar ungewöhnlichen, aber unbeschädigten Kleidung. Was aber war an der Kleidung so ungewöhnlich, dass es den Kriminalisten sofort auffiel? Das graue Hemd des Mannes war verkehrt zugeknöpft, an den Füßen waren die Strümpfe vertauscht. Beide Toten hatten keine Schuhe an. Die Wollmütze der Frau saß falsch herum auf deren Kopf. Dies wirkte wie eine Maskerade.

Die Injektionswerkzeuge lagen geordnet wie Essensbestecke auf der Bank, wie sie üblicherweise kein Drogenabhängiger niederlegen würde. An ihnen konnten Fingerabdrücke gesichert werden, während an den Weingläsern mit bloßem Auge keine Trinkspuren erkennbar waren. Offensichtlich schienen sie ohne Finger- und Lippenabdrücke gefüllt und halb geleert worden zu sein. Hauptkommissar Stein, der schon zahlreiche Drogentote in deren suchtbedingtem Lebenschaos aufgefunden hatte, war sich ziemlich sicher, dass der Fundort der Toten nicht mit dem Ort des Todeseintritts identisch war. Der Fundort wirkte nicht nur inszeniert, obendrein schien er museal dekoriert worden zu sein.

Rätselhaft wirkte auf Stein auch die frisch ausgehobene Grube auf dem benachbarten Erdhügel, die nicht fertiggestellt worden war. Trotz der frischen und schlammigen Erde, die zu einem Hügel aufgehäuft war, waren keine Schuhabdrücke, nur Schleifspuren erkennbar. Offenbar waren schwere Lasten über den Boden gezogen worden. Der Waldboden war ringsum von braunen Blättern und dunkelgrünem Moos bedeckt. War der Totengräber gestört worden oder hatte er es sich anders überlegt? In dem Erdhaufen steckte schließlich noch ein Spaten. Stein lief ein kalter Schauder über den Rücken. Was war hier geschehen? Ein Mörder, der seine Opfer selbst begräbt oder zumindest begraben wollte? War der Mörder und der Totengräber ein und dieselbe Person? Fragen über Fragen und keine Antwort ersichtlich.

Als Tathypothese zogen die Ermittler der Kripo Mord, Selbstmord, unter Umständen aber auch eine rituelle Tötung im Rahmen eines Totenkults in Betracht. Zunächst konnten die Beamten weder einen „Goldenen Schuss“ eines lebensmüden drogenabhängigen Liebespaares, noch die Fingierung einer Doppelselbsttötung zur Verdeckung eines Mordes ausschließen. Die theatralische Aufrichtung der Toten konnte auch einen religiösen Hintergrund haben.

Stein wusste, dass es in vielen Regionen der Welt seltsame Ahnenkulte gibt. So hatte er gelesen, dass in fernen Regionen Körper verstorbener Ahnen in Waldstücken, Höhlen, auf Hügeln oder Bergen aufgebahrt, mumifiziert oder eingemauert und als fortlebende Geister verehrt und sogar verpflegt wurden. Sie galten als Lebend-Tote nach ihrem Hinscheiden, und waren so nicht völlig tot, sondern lebten mit ihren Nachfahren als Geister weiter. Ein derartiger Ahnenkult war aber seines Wissens in Deutschland bislang unbekannt. Ferner waren Drogenabhängige als Vorbilder und Ahnen unwahrscheinlich. Außerdem fehlten die beim Ahnenkult unverzichtbaren Trank-, Speisen-, Kerzen- oder Kleideropfer. Die Flasche Rotwein war sicherlich keine Opfergabe. Dennoch wollte Stein diese Inszenierung als Ausdruck eines ungewöhnlichen Totenkultes nicht von vornherein ausschließen.

Unsicher fragte er seine Team-Kollegen: „Kann das Aufbahren von Toten unter einem Baum Ausdruck eines religiösen Ritus sein?“

Kollege Gerd Gründlich, ein schmaler, nachdenklicher Beamter, der viel rauchte und wegen seiner bleichen Haut krank wirkte, antwortete unsicher:

„Hans, ich habe einmal gelesen, dass eine Organisation eine Baum- bzw. Waldbestattung praktiziert und bestimmte Waldregionen zu einem Friedwald, ähnlich einem Friedhof, bestimmen will.“

Kollege Knut Thomas, ein junger, forscher Beamter mit Kurzhaarschnitt belehrte die älteren Kollegen etwas überheblich:

„Natürlich, es gibt derartige alternative Bestattungsformen. Baum- oder Waldbestattungen setzen aber eine Einäscherung voraus. Nicht der Leichnam, sondern die Urne mit der Asche wird unter einem Baum vergraben. Die Präsentation von nicht mumifizierten Leichen im Wald ist weder erlaubt noch üblich. Ich habe auch noch nicht gehört, dass Sekten so etwas Gespenstisches machen. Außerdem waren schließlich an den Leichen Spuren massiver Gewalteinwirkung. Dies deutet eher auf Straftaten hin und nicht auf religiöse Rituale.“

Stein hörte zu und bemerkte:

„Da kannst du recht haben, Knut. Wir dürfen deshalb bei der Spurensicherung keine Fehler begehen.“

In der Hoffnung, ein tatrelevantes Mikrospurenbild der Täterbekleidung zu erlangen, sicherten Stein und seine Kollegen mit Spezialklebefolien sowohl an den Kleidern der Toten als auch an ihren entkleideten Körpern alle erreichbaren Kontaktfaserspuren. Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass die Kleider der Täter oder der Leichentransporteure in unmittelbaren Kontakt mit den Kleidern der beiden Toten gekommen waren. Um selbst keine Fasern oder andere Spuren an den Leichen zu hinterlassen, trugen die Tatortermittler spezielle Schutzanzüge, Schuhe und Kopfhauben. Sie klebten die Örtlichkeiten, auch die Sitzbänke und die Tischflächen, nach Spuren ab und nahmen die ausgebreiteten Gegenstände mit, um sie nach Anhaftungen, Fingerabdrücken, Speichel, Schweißtropfen und Haaren zu untersuchen. Aus den Teilergebnissen sollte später ein Spurenbild erstellt werden, um damit eine Leitspur zu finden. Stein ließ mehrere Beamte das gesamte Gelände um den Fundort der beiden Leichen nach Tatortspuren und Tatwerkzeugen absuchen. Hierzu gehörten das Gelände des Waldausflugslokals Goetheruh, der hölzerne Goetheturm, der angrenzende Aussichtshügel mit ausgehobener Grube, der benachbarte Abenteuerspielplatz und der Parkplatz vor dem Goetheturm. Der Holzturm war schon oft Schauplatz von grausigen Auseinandersetzungen, Brandlegungen und Selbsttötungen gewesen. Stein, der die 190 Stufen des Goetheturms bei seinen Waldläufen mehrfach hinauf- und hinuntergerannt war, untersuchte jede Stufe bis zum Aussichtspunkt nach Spuren. Doch er fand nichts.

Ein schlammiger Tatort war im Grunde eine ideale Fundgrube für Ermittler. Doch hier fanden sie im Matsch keine Schuhabdrücke, nur Schleifspuren. Steins junger Kollege Knut Thomas, voll von theoretischem Wissen von der Polizeischule, schaute in die leere Erdgrube und entdeckte dort zwei schwarze Käfer. Er wandte sich an Stein und dozierte:

„Diese Käfer heißen ‚Schwarzer Totengräber‘ (‚Nicrophorus humator‘). Man findet sie vor allem auf Friedhöfen. Sie werden durch Leichengeruch angelockt und ernähren sich im Wald vom Aas kleiner toter Tiere. Sie …!“

„Knut, lass gut sein, das interessiert mich jetzt gar nicht“, stoppte Stein den belehrenden Redefluss seines Kollegen.

Obwohl Stein schon zahlreiche Tatorte inspiziert hatte und seine Anordnungen mit beruflicher Routine weitergab, konnte er seine Gedanken heute nicht richtig ordnen.

Um kurz nach sieben erschien der herbeigerufene Arzt Eberhard Fix. Beide Leichen waren von den Tatortspezialisten der Kripo bereits entkleidet worden. Dr. Fix verschaffte sich zunächst Gewissheit über den Eintritt des Todes. Bei der Leichenschau erkannte er aufgrund frischer Injektionsmale, dass es sich bei den beiden Toten um Abhängige harter Drogen handelte. Er entdeckte an ihnen deutliche Druck- und Stoßflecken, außerdem reichlich rötlich-violette Totenflecken, die sich leicht wegdrücken ließen.

„Die zwei sind hier nicht gestorben“, murmelte er.

Er stellte eine vollständig ausgeprägte Totenstarre an Finger-, Kiefer-, Ellenbogen-, Knie-, Fuß- und Zehengelenken fest. Aufgrund der Körperveränderungen, der Messungen der Körpertemperaturen und der Umgebungstemperatur am Leichenfundort schätzte Dr. Fix, dass der Todeszeitpunkt schon erheblich länger als acht Stunden zurückliegen und somit am Abend des Vortages gewesen sein musste. Im Totenschein stellte Dr. Fix einen nicht natürlichen Tod fest. Er wies die Kriminalbeamten außerdem darauf hin, dass die Leichen nicht nur am Kopf, sondern am ganzen Körper umfangreiche Verletzungen aufwiesen. Aufgrund seiner Feststellungen an den Leichen sei davon auszugehen, dass der Tod von beiden nicht am Fundort eingetreten sei. Er schränkte seine Ergebnisse jedoch mit den Worten ein:

„Aufschluss über die Todesursache können nur eine gründliche Obduktion und toxische Spezialuntersuchungen erbringen. Fest steht jedoch, dass die tote Frau offensichtlich vergewaltigt und darüber hinaus an der Brust mit Feuer und einem Rasierklingen ähnlichen Werkzeug malträtiert worden ist.“

Wegen des sommerlichen Wetters saß der 35-jährige Staatsanwalt Martin Flamme in Jeans und kurzärmeligem Hemd vor einem Berg unerledigter Akten in seinem Arbeitszimmer der Frankfurter Staatsanwaltschaft an der Konstablerwache. In seiner Behörde galt Flamme als Original. Mit seinem buschigen, rötlichen Seehund-Schnauzbart und seinen Hundeaugen wirkte er leutselig und gemütlich. Er sah aus, als könne er keiner Seele etwas zuleide tun. Eierdiebe, Schwarzfahrer und Drogenabhängige fanden bei ihm Verständnis und Unterstützung. Bei Kriminellen mit weißen Kragen aber stürmte er los und biss wie ein Schäferhund zu. Dann ging er keiner Auseinandersetzung aus dem Weg, legte sich bei seinen Ermittlungen sowohl mit Vorgesetzten als auch mit tatverdächtigen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens an. Lange Zeit hielt er innerhalb der Behörden auch den Rekord an Dienstaufsichtsbeschwerden. Er hatte die geringste Quote eingestellter Verfahren und die größte Zahl an Rechtsmitteln gegen unbefriedigende Strafurteile auf sich vereint. Unbeirrt ging er seinen Weg. Seine Ermittlungsverfahren beendete er erst, wenn er überzeugt war, die Täter überführen zu können. Die Ermittlungen dauerten bisweilen Jahre und bestanden nicht selten aus lang andauernden Zweikämpfen mit ablehnenden Ermittlungsrichtern, bis er seine Durchsuchungsbeschlüsse und Haftbefehle erhielt. Er wusste, dass ein Fall am besten in den ersten vier Wochen nach der Tat aufzuklären war, die Beweissicherung aber anschließend noch Monate dauern konnte. Seine Gegner hatten Flamme die zwei Spitznamen „Fuchs“ und „Känguru“ verpasst, beides Tiere mit einem rötlichen Fell. Känguru, weil Flamme seine Ermittlungen nicht auf Frankfurt und Deutschland beschränkte, sondern blitzschnell wie ein Känguru mit einem Rechtshilfeersuchen im Beutel zu Ermittlungen und Vernehmungen ins Ausland sprang. Fuchs, weil Flamme rötliche Haare hatte und häufig am Ende einer für den Angeklagten günstigen Beweisaufnahme mit neuen Beweismitteln überraschte. Still und nachdenklich saß er in der Hauptverhandlung da, zupfte an seinem rötlichen Schnauzbart, sprang plötzlich auf und zog ganz fuchsig einen entscheidenden Beweisantrag wie einen Ass aus dem Ärmel seiner Robe. Freisprüche kassierte er nur selten.

Die meisten Stunden des Tages verbrachte Flamme in seinem Arbeitszimmer. Deshalb versteckte er die Büromöbel zwischen einem Wald von Palmen. Da seine Eltern mehrere Blumengeschäfte betrieben, kannte Flamme sich mit Zimmergrünpflanzen gut aus und pflegte am Arbeitsplatz seinen privaten Palmengarten. Zwischen den Akten auf seinem Schreibtisch standen regelmäßig frische Blumen, heute eine Vase mit rosafarbenen Busch-Rosen und dunkelblauem Rittersporn. In großen Kübeln verzweigten sich eine Kokospalme, eine Dattelpalme, eine Areca-Palme, eine Yucca-Palme und eine Kentia-Palme um seinen Schreibtisch herum. Vom Schreibtisch fiel sein Blick auf ein Tourismusplakat, das mit einem Sonnenuntergang am Sandstrand von Khao Lak, nicht weit von Phuket, für einen paradiesischen Sommerurlaub mit Sonne, Sand und Palmen in Thailand warb. Ein von der Behörde ausrangierter Aktenbock diente als Pflanzenständer, auf dem eine weiß-grün gestreifte und gezackte Pandanus-Pflanze thronte, die ständig schwanger war und neue Ableger gebar.

In sein Aktenstudium vertieft, erschrak er, als das Telefon klingelte. Obwohl er Bereitschaftsdienst hatte, ließ er es zunächst weiterläuten, um seinen Gedankengang abzuschließen.

Als er schließlich abnahm, hörte er die fordernde Stimme von Hauptkommissar Stein:

„Herr Staatsanwalt, Sie müssen sofort zum Goetheturm kommen und sich zwei Tote ansehen, bevor wir sie wegschaffen. So etwas haben Sie noch nicht gesehen!“

Verärgert fragte Flamme zurück: „Moment! Gibt es eine neue Leichensache? Schildern Sie mir erst einmal kurz, was Sie bisher festgestellt haben!“

Während Stein die Situation beschrieb, malte Flamme Kreuze auf die Schreibtischunterlage und umrandete das Wort: Herointote mehrfach. „Ich komme sofort!“, beschied er schließlich den Anrufer, griff nach einem Notizblock, schlüpfte in seine geliebte schwarze Wildlederjacke, band sich einen blutroten Schal um den Hals und eilte zum Goetheturm.

Nachdem Flamme den Fundort und die Auffinde-Situation genauestens in Augenschein genommen hatte, beschlagnahmte er beide Leichen. Auf seine Anordnung hin wurden sie in das Zentrum für Rechtsmedizin in Frankfurt verbracht, wo sowohl ihre Obduktion im Institut für forensische Medizin als auch die toxikologischen Ergänzungsuntersuchungen im Institut für forensische Toxikologie vorgenommen werden sollten.

Bei beiden Toten waren keine Personalpapiere gefunden worden. Die Frau hatte ein Portemonnaie mit 80 Pfennig bei sich. In der Geldbörse befand sich zudem ein Zeitungsausriss, auf dem eine Telefonnummer, vermutlich aus dem Frankfurter Stadtteil Bockenheim, notiert war. Der Mann hatte einen Bierdeckel mit mehreren Telefonnummern in seiner Hosentasche. Die Spurensuche in der Umgebung des Fundorts hatte nur magere Ergebnisse erbracht. Es fanden sich zwar zahlreiche Fußspuren und Reifenspuren auf dem Goetheturmweg und dem nahe gelegenen Parkplatz. Höchst unwahrscheinlich war jedoch, dass sie tatrelevant sein würden. Polizeihunde hatten zwar von den Leichen ausgehend eine Geruchsspur aufgenommen und bis zum Pkw-Parkplatz verfolgt. Sie brach jedoch dann ab.

Die Untersuchungen in der Nähe des Tatorts hatten ergeben, dass in dem Erdhaufen neben der ausgehobenen Grube ein Gärtnerspaten steckte. Nicht weit davon lag ein gelbes, aufgerolltes Schneider-Maßband. Beides wurde sichergestellt. Ferner wurde eine Zigarettenkippe der Marke Peter Stuyvesant entdeckt und eingetütet. Bei der Durchsuchung sämtlicher Müllbehälter der Umgebung, die erst am Tag zuvor geleert worden waren, fanden die Beamten in einem Abfalldrahtkorb eine leere Cola-Dose, eine Plastiktüte mit Resten eines belegten Brotes und einen faulen Apfel, einen weißen Stoffrest mit Knopf und zwei zerknitterte Zeitungen. Diese Fundstücke wurden zusammen mit den bei den Toten sichergestellten Gegenständen zur kriminaltechnischen Untersuchung und Auswertung in das kriminaltechnische Labor übersandt.

Stein bat anschließend um Unterstützung durch Kollegen vom Drogenkommissariat.

Anschließend befragte Stein das Personal des Lokals Goetheruh, das inzwischen in der Gaststätte eingetroffen war, und die umstehenden Personen. Doch niemand kannte die Toten. Polizeifotos vom Fundort und von den Toten wurden in mehreren Frankfurter Tageszeitungen in der Wochenendausgabe vom 16. und 17. Juni 1979 mit dem Aufruf veröffentlicht: „Wer kennt diese Toten?“ Hans Stein und seine Kollegen der Mordkommission bzw. des Drogenkommissariats befragten unter Lichtbildvorlage ergebnislos Sozialarbeiter und Drogenabhängige in verschiedenen Drogenhilfeeinrichtungen nach den Toten. Stein suchte auch auf der Frankfurter Drogenszene am Hauptbahnhof das Gespräch mit Drogenabhängigen. Er legte ihnen Bilder von den Toten vor und fragte, ob sie in der Drogenszene bekannt seien. Doch die meisten Befragten schüttelten den Kopf. Einzelne Drogenabhängige behaupteten allerdings, beide Personen gelegentlich schon einmal gesehen zu haben. Identifizieren konnte sie allerdings niemand.

Erst auf die Zeitungsberichte hin gingen einige Hinweise ein:

Nach einer Pressemeldung des Frankfurter Kuriers über die Frankfurter Drogentoten Nummer 16 und 17 des Jahres 1979 meldete sich am Montag darauf früh morgens der Sozialarbeiter Franz Nothelfer telefonisch bei der Polizei. Er gab an, die beiden Toten unter dem Namen Jonny Langbein und Irene Pütz als Drogenabhängige kennengelernt, beraten, dann aber aus den Augen verloren zu haben.

Auch die Frankfurter Bahnpolizei hatte Bekanntschaft mit den Toten gemacht. Sie hatte die beiden Drogenabhängigen zweimal in den nur schwach beleuchteten unterirdischen Gängen unter dem Frankfurter Hauptbahnhof angetroffen und ihnen Hausverbot erteilt. Die Beamten hatten nicht nur den Verdacht, dass die beiden in den von den Bahnsteigen aus erreichbaren dunklen Gängen der unterirdischen Frankfurter Drogenszene übernachteten. Vielmehr gingen sie davon aus, dass sie dort Rauschgifte konsumierten und verkauften. In einem unverschlossenen kalten, verdreckten Raum hieß es, sei die Drogenabhängige mit Namen Irene der Gelegenheitsprostitution zu Billigtarifen nachgegangen.

Nachforschungen von Hauptkommissar Stein ergaben sehr schnell, dass Jonny Langbein früher in Frankfurt gelebt hatte und wiederholt wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz in Erscheinung getreten war. Seine Eltern waren verstorben, sonstige Angehörige waren nicht bekannt. Irene Pütz stammte aus Augsburg. Auch bei ihr waren keinerlei Verwandte bekannt. Die Kripo Augsburg hatte umfangreiche Erkenntnisse über den Drogenmissbrauch der beiden. Vor einiger Zeit hatten beide angeblich gemeinsam die Drogenszene in Augsburg verlassen und waren nach Frankfurt übergesiedelt. Beide waren in Augsburg als hochgradig heroinabhängig registriert.

Stein lud Franz Nothelfer zur Identifizierung der beiden Toten ins Gerichtsmedizinische Institut und zur anschließenden Zeugenvernehmung ins Polizeipräsidium vor. Nothelfer identifizierte die beiden Toten zweifelsfrei als Jonny Langbein und Irene Pütz. Ansonsten erbrachte die Vernehmung jedoch keine weiteren Erkenntnisse. Stein hatte allerdings den Eindruck, dass Nothelfer, obwohl er ihn ausdrücklich über seine Pflichten als Zeuge in einem Ermittlungsverfahren belehrt hatte, sich auffällig wortkarg verhielt. Nach der Vernehmung fragte er sich, ob Nothelfer unter Umständen etwas mit dem Fall zu tun hatte. Über Nothelfer gab es allerdings keinerlei negative Erkenntnisse. Er war als Drogenhelfer allseits beliebt und anerkannt.

Sowohl die chemischen Untersuchungsergebnisse des Hessischen Landeskriminalamtes Wiesbaden als auch die toxikologischen Untersuchungsergebnisse des Instituts für forensische Toxikologie im Zentrum der Rechtsmedizin lagen relativ schnell vor. Der öffentliche Druck und die ständigen Nachfragen des zuständigen Staatsanwalts Flamme hatten bewirkt, dass diese Untersuchungen vorgezogen worden waren. Es hatten sich hohe Morphinwerte im Blut, Urin, Speichel, Hirn und Kot gefunden. Bei dem konsumierten Heroin handelte es sich um ein 79-prozentiges Gemisch, von dem sich noch ein Rest in der sichergestellten Spritze befand. Derartiger Stoff wurde im Grenzgebiet Türkei/Syrien in illegalen Laboratorien hergestellt und von kurdischen Gastarbeitern zumeist versteckt in Lastkraftwagen nach Deutschland geschmuggelt. Das bei den Toten festgestellte Heroingemisch war nicht nur hochprozentig, es enthielt auch eine starke Strychnin-Beimengung. Stein wusste, dass manche Heroinabhängige diese Giftbeimengung als zusätzlichen Kick bevorzugten. Es gab keinen Zweifel, dass dieses hochprozentige Heroingemisch allein oder im Verbund mit anderen Umständen den Tod der beiden Drogenabhängigen herbeigeführt haben konnte. Als erste Basis waren diese Ergebnisse durchaus ermutigend und Erfolg versprechend.

Obduktion

Die Obduktion der beiden rätselhaften Leichen aus dem Frankfurter Stadtwald wurde am kommenden Montagnachmittag durchgeführt.

Es war ein heißer Tag, an dem alles Lebende nach Kühle und Feuchtigkeit verlangte. Nicht nur Blumen, Tiere und Bäume dursteten, auch die Menschen in Stadt und Land suchten das kühle Nass auf der Haut und in der Kehle. Staatsanwalt Flamme und Hauptkommissar Stein waren persönlich mit einer Flasche Mineralwasser zum Gerichtsmedizinischen Institut in der Kennedyallee 104 geeilt und die Treppen zu den im Keller liegenden Autopsie-Räumen hinuntergestiegen, wo im Jahr zirka 1.000 Leichen obduziert wurden. Hier fanden sie nicht nur eine angenehme Kühle vor, sondern auch Rauchschwaden von Formaldehyd, grelles Neonlicht und einen nervigen Summton der Kühlaggregate.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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