Troilus und Cressida - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - William Shakespeare - E-Book

Troilus und Cressida - Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

"Troilus und Cressida" ist ein Drama von William Shakespeare, das Liebe und Krieg behandelt und ebenso tragische wie komische Züge aufweist. Die Geschichte um Troilus und Cressida spielt im Trojanischen Krieg. Troilus ist der jüngste Sohn des Königs Priamos von Troja, Cressida die Tochter des trojanischen Priesters Kalchas, der auf die gegnerische Seite gewechselt ist, weil er den Untergang Trojas vorhergesehen hat. - "Troilus and Cressida" is a tragedy by William Shakespeare, believed to have been written in 1602. Troilus and Cressida is set during the later years of the Trojan War, faithfully following the plotline of the Iliad from Achilles' refusal to participate in battle to Hector's death. - William Shakespeare (1564-1616) war ein englischer Dramatiker, Lyriker und Schauspieler. - William Shakespeare (1564-1616) was an English poet, playwright and actor.

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William Shakespeare

Troilus und Cressida - Zweisprachige Ausgabe

(Deutsch-Englisch)

Books

- Innovative digitale Lösungen & Optimale Formatierung -
2017 OK Publishing
ISBN 978-80-272-1336-8

Inhaltsverzeichnis - Table of Contents

TROILUS UND CRESSIDA (german)
TROILUS AND CRESSIDA (englisch)
Englisch

TROILUS UND CRESSIDA

(german)

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

PERSONEN

PROLOGUS

ERSTER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

ZWEITER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

DRITTER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

VIERTER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

VIERTE SZENE

FÜNFTE SZENE

FÜNFTER AKT

ERSTE SZENE

ZWEITE SZENE

DRITTE SZENE

VIERTE SZENE

FÜNFTE SZENE

SECHSTE SZENE

SIEBENTE SZENE

ACHTE SZENE

NEUNTE SZENE

ZEHNTE SZENE

Englisch

PERSONEN

Inhaltsverzeichnis

PRIAMUS, König von Troja

HEKTOR seine Söhne

TROILUS seine Söhne

PARIS seine Söhne

DEIPHOBUS seine Söhne

HELENUS seine Söhne

ÄNEAS trojanische Heerführer

ANTENOR trojanische Heerführer

KALCHAS, ein trojanischer Priester , der auf der Seite der Griechen steht

PANDARUS, Oheim der Cressida

MARGARELON , ein Bastardsohn des Priamus

AGAMEMNON, Oberanführer der Griechen

MENELAUS, sein Bruder

ACHILLES griechische Heerführer

AJAX griechische Heerführer

ULYSSES griechische Heerführer

NESTOR griechische Heerführer

DIOMEDES griechische Heerführer

PATROKLUS griechische Heerführer[TERSITES ]

THERSITES, ein mißgebildeter und vulgärer Grieche

ALEXANDER, Diener der Cressida

PAGE des Troilus, DIENER des Paris, DIENER des Diomedes

HELENA, Gemahlin des Menelaus

ANDROMACHE, Gemahlin des Hektor

KASSANDRA, Tochter des Priamus , eine Prophetin

CRESSIDA, Tochter des Kalchas

Trojanische und griechische Krieger und Gefolge

Die Szene ist in Troja und im griechischen Lager vor dieser Stadt

Englisch

PROLOGUS

Inhaltsverzeichnis

Die Szen ist Troja. Von den Inseln Gräcias Sandten zornmütge Fürsten, heißen Bluts, Zum Hafen von Athen die Ruderschiffe, Beladen mit den Dienern und der Rüstung Des grausen Krieges. Neunundsechzig sinds, Gekrönte Fürsten, die von Attika Gesegelt sind gen Phrygien; ihr Gelübde, Troja zu schleifen, wo im Schirm der Mauern Helena ruht – geraubt dem Menelaus – Beim liebesselgen Paris: das die Ursach! Sie ziehn nach Tenedos, Und dort spein ihre kriegerische Fracht, Die tief sie drückte, nun die Schiffe aus; Vor Troja baut das unversehrte Heer Feldlager auf. – Sechstorig Priams Stadt – Dardania, Thymbria, Ilias, Chetas, Troas Und Antenoridas –, mit mächtgen Krampen Und wohlausfüllend schwer gewichtgen Riegeln, Schließt Trojas Söhne ein. – Erwartung nun, die muntern Geister schürend Auf dieser Seit und jener, Troer, Griechen, Setzt alles auf das Spiel; und hieher komm ich Als Prologus im Harnisch; nicht vertrauend Dem Werk des Dichters noch der Spieler Kunst, Nur angetan, dem Kriegsgedichte ziemend, Meld ich euch, edle Hörer, wie das Spiel, Des Kampts Beginn und Erstlinge verschweigend, Anfängt im Mittelpunkt, von dort enteilt

Englisch

ERSTER AKT

Inhaltsverzeichnis

ERSTE SZENE

Inhaltsverzeichnis

Troja . Vor dem Palsat des Priamus

Troilus in Waffen und Pandarus treten auf.

TROILUS Ruft meinen Knappen her, mich zu entwaffnen; Was soll ich vor den Mauern Trojas fechten, Dem hier im Innern tobt so wilder Kampf? Wem von den Troern noch ein Herz gehört, Der zieh ins Feld; ach, Troilus hat keins!

PANDARUS Kommst du denn damit nie zurecht?

TROILUS Der Griech ist stark und bei der Kraft gewandt, Keck bei Gewandtheit und bei Keckheit tapfer; Doch ich bin schwächer als des Weibes Tränen, Zahmer als Schlaf, betörter als die Einfalt, Zaghafter als die Jungfrau in der Nacht Und ungewandt wie unbelehrte Kindheit.

PANDARUS Nun, ich habe dirs genug gesagt; ich meinesteils werde mich nicht mehr drein mischen und mengen. Der, der aus dem Weizen einen Kuchen haben will, muß das Mahlen abwarten.

TROILUS Hab ich nicht gewartet?

PANDARUS Ja, auf das Mahlen; aber Ihr müßt das Beuteln abwarten.

TROILUS Hab ich nicht gewartet?

PANDARUS Ja, auf das Beuteln, aber Ihr müßt das Säuern abwarten.

TROILUS Auch darauf hab ich gewartet.

PANDARUS Ja, aufs Säuern; aber nun kommt noch in dem Wort »hernach« das Kneten, das Formen des Kuchens, das Heizen des Ofens und das Backen; ja, Ihr müßt auch noch das Kaltwerden abwarten, oder Ihr lauft Gefahr, Euch die Lippen zu verbrennen.

TROILUS Die Langmut selbst, wie sehr sie Göttin ist, Weicht vor dem Dulden mehr als ich zurück. Ich sitz an Priams Königstisch, und kommt Die holde Cressida mir in den Sinn – Verräter du! – sie »kommt?« Wann wär sie fort?

PANDARUS Gewiß, sie war gestern abend reizender, als ich sie oder irgendein Mädchen je gesehn.

TROILUS O laß dir noch erzählen: wie mein Herz, Als sprengts ein Seufzer, mir zerbrechen wollte; Daß mich mein Vater nicht erriet' noch Hektor, Verbarg ich, wie die Sonn im Sturme leuchtet, In eines Lächelns Falte diesen Seufzer; Doch gleicht, in Schein der Lust verhüllt, Bedrängnis Dem Scherz, der bald zum Gram wird durchs Verhängnis.

PANDARUS Ja, wär ihr Haar nicht etwas dunkler als das der Helena – doch was tut das? –, so wäre gar kein Unterschied zwischen den beiden Frauen. Doch was mich betrifft, so ist sie meine Nichte, ich möchte sie nicht, wie man zu sagen pflegt, herausstreichen; aber ich wollte, es hätte sie jemand gestern reden hören wie ich. Ich will dem Verstand deiner Schwester Kassandra nicht zu nahe treten; aber –

TROILUS O Pandarus! Ich sag dir, Pandarus – Wenn ich dir sage, dort ertrank mein Hoffen, Erwidre nicht, wie viele Klafter tief Es untersank. Ich sag, ich bin verzückt Aus Lieb in Cressida; du nennst sie schön, Senkst in die offne Wunde meines Herzens Den Blick, das Haar, die Wange, Gang und Stimme, Handelst in deiner Red – o liebe Hand, Mit der verglichen alles Weiß wie Tinte Sich selbst das Urteil schreibt; ihr sanft Berühren Macht rauh des Schwanes Flaum, die feinste Fühlung Hart wie des Pflügers Faust – dies sagst du mir, Und wahrhaft ganz, wenn ich dir schwör, ich liebe; Doch mit dem Wort legst du in jede Wunde, Mit der mich Liebe traf, statt Öls und Balsams Den Dolch, der sie geschlagen.

PANDARUS Ich sage nur, was wahr.

TROILUS Nicht einmal so viel!

PANDARUS Meiner Treu, ich mische mich nicht mehr hinein. Mag sie sein, wie sie ist! Ist sie schön, um so besser für sie; ist sie's nicht, so wird sie schon wissen, wie sie sich helfen kann.

TROILUS Lieber Pandarus! Was ist, Pandarus?

PANDARUS Müh und Not hatt ich von meinen Wegen; verkannt von ihr und verkannt von Euch; immer hin und her gelaufen und schlechten Dank für meine Mühe.

TROILUS Was, bist du böse, Pandarus? Auf mich?

PANDARUS Weil sie mit mir verwandt ist, darum ist sie nicht so schön als Helena; wäre sie nicht mit mir verwandt, da wäre sie freitags ebenso schön als Helena sonntags. Doch was kümmerts mich? Mir solls einerlei sein, und wenn sie schwarz wie eine Mohrin aussähe; es ist mir alles gleich.

TROILUS Sage ich denn, sie sei nicht schön?

PANDARUS Es kümmert mich nicht, ob Ihrs sagt oder nicht. Sie ist eine Törin, daß sie ihrem Vater nicht nachfolgt; sie muß zu den Griechen, und das werde ich ihr sagen, sobald ich sie sehe. Ich meinesteils will mich nicht mehr drein mischen noch mengen.

TROILUS Pandarus –

PANDARUS Ich nicht.

TROILUS Bester Pandarus –

PANDARUS Bitt Euch, laßt mich in Frieden! Ich lasse alles, wie ichs gefunden, und damit gut!Pandarus ab. Es wird zum Kampf geblasen.

TROILUS Still, rauhe Töne, still, unholder Klang! Narrn, beiderseits! Schön sein muß Helena, Wenn ihr sie täglich schminkt mit eurem Blut.Der Anlaß kann mich nicht zum Kampf begeistern, Zu dürftig für mein Schwert ist dieser Preis! – Und Pandarus – Wie quält ihr mich, ihr Götter! Zugänglich nur wird Cressida durch ihn; Den Querkopf werb ich nie zum Werben an, Und sie bleibt spröd verschlossen jeder Bitte. Sag mir, Apoll, um deiner Daphne Liebe, Was Cressida, was Pandar ist, was ich? Ihr Bett ist Indien! Dort als Perle ruht sie; Was zwischen ihrem Thron und unserm Ilium, Nenn ich empörtes, flutbewegtes Meer, Mich selbst den Kaufherrn, und den Schiffer Pandar Mein Boot, mein Schiffgeleit, mein zweifelnd Hoffen.Trompelen. Äneas tritt auf.

ÄNEAS Wie denn, Prinz Troilus? Weshalb nicht im Feld?

TROILUS Weil ich nicht dort. Die Weiberantwort paßt, Denn weibisch ist es, draußen nicht zu sein. Was gibts, Äneas, Neues heut im Feld?

ÄNEAS

Englisch

ZWEITE SZENE

Inhaltsverzeichnis

Daselbst . Eine Straße

Es treten auf Cressida und Alexander, ihr Diener.

CRESSIDA Wer ging vorbei?

ALEXANDER Die Königin Hekuba Und Helena.

CRESSIDA Wohin?

ALEXANDER Zum Turm nach Osten, Des Höh die ganze Gegend überschaut, Die Schlacht zu sehen. Hektor, des Geduld Sonst unerschütterlich, war heut bewegt; Er schalt Andromache und schlug den Wappner, Und gleich, als gölt im Kriege gute Wirtschaft, War er in Waffen vor dem Morgenlicht Und zog ins Feld hinaus, wo jede Blume Wie ein Prophet beweint, was sie voraussieht In Hektors Zorn.

CRESSIDA Was reizte seine Wut?

ALEXANDER So wird erzählt: Im Heer der Griechen kämpfte Ein Fürst aus Troerblut, des Hektors Vetter, Ajax mit Namen.

CRESSIDA Wohl; was sagt man weiter?

ALEXANDER Er ist, so heißts, ein ganz besondrer Mann Und steht allein.

CRESSIDA Das tun alle Männer, wenn sie nicbt betrunken oder krank sind oder keine Beine haben.

ALEXANDER Dieser Mann, mein Fräulein, hat sich die Eigentümlichkeit von allerlei Tieren zugeeignet: Er ist so kühn wie der Löwe, so täppisch wie der Bär, so langsam wie der Elefant; ein Mann, in dem die Natur so viel Launen gehäuft hat, daß seine Tüchtigkeit in Torheit untergeht, seine Torheit durch Verständigkeit gewürzt ist. Niemand besitzt eine Tugend, von der er nicht einen Anflug bekommen hätte, noch irgend jemand eine Unart, von der ihm nicht etwas anklebte; er ist melancholisch ohne Ursach und lustig wider den Strich; er hat die Gelenkigkeit zu jedem Dinge, aber jedes Ding ist an ihm so ungelenk, daß er wie ein gichtischer Briareus hundert Hände und keine zum Gebrauch hat, oder wie ein stockblinder Argus lauter Augen und keine Sehkraft.

CRESSIDA Wie kann aber dieser Mann, der mich lächeln macht, den Hektor in Zorn bringen?

ALEXANDER Man erzählt, er sei gestern mit Hektor in der Schlacht handgemein geworden und habe ihn niedergeschlagen, und der Verdruß darüber und die Schmach habe den Hektor seitdem nicht essen noch schlafen lassen.Pandarus kommt.

CRESSIDA Wer kommt?

ALEXANDER Fräulein, Euer Oheim Pandarus.

CRESSIDA Hektor ist ein tapfrer Degen.

ALEXANDER Wie nur irgendeiner in der Welt, Fräulein!

PANDARUS Was sagt ihr? Was sagt ihr?

CRESSIDA Guten Morgen, Oheim Pandarus!

PANDARUS Guten Morgen, Muhme Cressida! Wovon sprecht ihr? Guten Morgen, Alexander! Wie gehts dir, Nichte? Wann warst du in Ilium?

CRESSIDA Heute morgen, Oheim.

PANDARUS Wovon spracht ihr, als ich kam? War Hektor schon gewaffnet und ins Feld gezogen, als du nach Ilium kamst? Helena war wohl noch nicht aufgestanden, nicht wahr?

CRESSIDA Hektor war schon fort, aber Helena noch nicht aufgestanden.

PANDARUS Ja, ja, Hektor war recht früh auf den Beinen.

CRESSIDA Davon sprachen wir eben; und daß er aufgebracht sei.

PANDARUS War er aufgebracht?

CRESSIDA Das sagt mir dieser da.

PANDARUS Freilich war er aufgebracht; ich weiß auch, warum; heut wird ers ihnen beibringen, das kann ich ihnen sagen, und Troilus wird ihm so ziemlich gleichkommen; sie mögen sich nur vor Troilus in acht nehmen; das mogen sie mir glauben!

CRESSIDA Wie! Ist der auch aufgebracht?

PANDARUS Was, Troilus? Troilus ist der Beßre von beiden!

CRESSIDA O Jupiter! Da ist gar kein Vergleich!

PANDARUS Wie, nicht zwischen Troilus und Hektor? Erkennst du nicht einen Mann, wenn du ihn siehst?

CRESSIDA Nun ja, wenn ich ihn sonst schon sah und kannte.

PANDARUS Ganz recht; ich spreche, Troilus ist Troilus.

CRESSIDA Da sprecht Ihr wie ich, denn ich weiß gewiß, er ist nicht Hektor.

PANDARUS Nein, und Hektor ist auch nicht Troilus in gewissem Betracht.

CRESSIDA So tun wir keinem Unrecht; er ist er selbst.

PANDARUS Er selbst? Ach, du armer Troilus! Ich wollte, wäre –

CRESSIDA Er ist es ja.

PANDARUS Mit dem Beding ginge ich barfuß nach Indien!

CRESSIDA Hektor ist er nicht!

PANDARUS Er selbst? Nein, er ist nicht er selbst – ja, ich wollte, er wäre er selbst. Nun, die Götter leben noch; die Zeit schaffts ihm oder entraffts ihm; ja, Troilus, ich wollte, sie hatte mein Herz im Leibe! Nein, Hektor ist kein beßrer Mann als Troilus.

CRESSIDA Verzeiht!

PANDARUS Er ist älter.

CRESSIDA Ich bitte um Entschuldigung!

PANDARUS Der andre ist noch nicht so alt; ihr sollt ganz anders sprechen, wenn der andre erst so alt sein wird. Hektor kann lange warten, ehe er seinen Verstand bekommt!

CRESSIDA Den braucht er auch nicht, wenn er seinen eignen hat.

PANDARUS Noch seine Eigenschaften.

CRESSIDA Tut nichts!

PANDARUS Noch seine Schönheit!

CRESSIDA Sie würde ihn nicht kleiden, seine eigne ist besser.

PANDARUS Du hast kein Urteil, Nichte! Helena selbst beteuerte neulich, daß Troilus, wenn von brauner Farbe die Rede sei – denn braun ist er allerdings – und doch nicht so recht eigentlich braun –

CRESSIDA Nein, sondern braun.

PANDARUS Die Wahrheit zu sagen, braun und nicht braun.

CRESSIDA Die Wahrheit zu sagen, wahr und nicht wahr.

PANDARUS Sie stellte seinen Teint über den des Paris.

CRESSIDA Nun, Paris hat Farbe genug.

PANDARUS Das hat er auch.

CRESSIDA So hatte Troilus denn zu viel Farbe; wenn sie seinen Teint über den des andern stellt, ist er höher an Farbe; wenn nun Paris rot genug ist und Troilus hochrot, so ist das ein zu teuriges Lob für einen guten Teint. Ebensogern hätte Helenas goldne Zunge den Troilus wegen einer Kupfernase rühmen können.

PANDARUS Ich schwöre dir, ich glaube, Helena liebt ihn mehr als den Paris.

CRESSIDA Dann ist sie wirklich eine leichtsinnige Griechin.

PANDARUS Nein, ganz gewiß, das tut sie. Neulich stellte sie sich zu ihm in das Bogenfenster, und du weißt, er hat nur drei oder vier Haare am Kinn –

CRESSIDA O gewiß, eines Bierzapfers Rechenkunst würde hinreichen, diese Einheiten in eine Summe zu ziehn.

PANDARUS Nun, er ist noch sehr jung, und doch sind seine Nerven so stählern, daß er dir bis auf zwei, drei Pfund ebensoviel aufheben wird als sein Bruder Hektor.

CRESSIDA Was! Ein so junger Mann und schon solche Stehlergaben?

PANDARUS Um dir zu beweisen, daß Helena in ihn verliebt ist – denke nur, sie kam und legte dir ihre weiße Hand an sein gespaltnes Kinn –

CRESSIDA Juno sei uns gnädig! Wer hats ihm gespalten?

PANDARUS Erinnerst du dich denn nicht seines Grübchens? Mir scheint, sein Lächeln steht ihm besser als irgend jemand in ganz Phrygien.

CRESSIDA O ja, er lächelt recht brav.

PANDARUS Nicht wahr?

CRESSIDA Freilich, wie eine Regenwolke im Herbst.

PANDARUS O still doch! Ich wollte dir ja beweisen, daß Helena in Troilus verliebt sei!

CRESSIDA Troilus wird Euch diesen Beweis nicht verweisen, wenn Ihr ihn führen könnt.

PANDARUS Troilus? Nun, der fragt nicht mehr nach ihr, als ich nach einem hohlen Ei frage.

CRESSIDA Wenn Ihr die hohlen Eier so gern habt als die hohlen Köpfe, seid Ihr wohl schal genug, die Schalen ohne Eier zu essen.

PANDARUS Wahrhaftig, ich muß noch immer lachen, wenn ich dran denke, wie sie ihm am Kinn kitzelte. Das ist doch gewiß, sie hat eine wundervoll weiße Hand; das muß man bekennen.

CRESSIDA Ohne Folter.

PANDARUS Und da fällt es ihr ein, ein weißes Haar auf seinem Kinn zu entdecken.

CRESSIDA Das arme Kinn! Ist doch manche Warze reicher!

PANDARUS Aber das gab ein Gelächter! Königin Hekuba lachte, daß ihr die Augen übergingen –

CRESSIDA Von Mühlsteinen.

PANDARUS Und Kassandra lachte!

CRESSIDA Aber es war unter dem Topf ihrer Augen wohl ein mäßigeres Feuer: liefen ihre Augen auch über?

PANDARUS Und Hektor lachte!

CRESSIDA Und wem galt all dies Lachen?

PANDARUS Ei, dem weißen Haar, das Helena an Troilus' Kinn erspäht.

CRESSIDA War es ein grünes gewesen, so hätt ich auch gelacht.

PANDARUS Sie lachten nicht so sehr über das Haar, als über seine hübsche Antwort.

CRESSIDA Wie war seine Antwort?

PANDARUS Sie hatte gesagt: Hier sind nur einundfünfzig Haare an Euerm Kinn, und eins davon ist weiß?

CRESSIDA Das war ihre Frage?

PANDARUS Jawohl, das bedarf keiner Frage. Einundfünfzig Haare, sagte er und ein weißes: das weiße Haar ist mein Vater, und die übrigen sind seine Söhne. O Jupiter, sagte sie, welches von diesen Haaren ist Paris, mein Gemahl? Das gespaltene, sagte er, reißt es aus und gebts ihm! Und nun entstand solch ein Gelächter, und Helena ward so rot, und Paris so böse, und die übrigen lachten so sehr, daß es ins Weite ging.

CRESSIDA Da mag es auch bleiben, denn es ist nicht weit her.

PANDARUS Nun, Nichte, ich sagte dir gestern etwas; das nimm dir zu Herzen!

CRESSIDA Das tu ich auch.

PANDARUS Ich schwöre dir, es ist wahr, er weint dir wie einer, der im April geboren ist.[Man hört zum Rückzug blasen. ]

CRESSIDA Und ich will in diesen Tränen so lustig aufwachsen, wie eine Nessel im Mai.Es wird zum Rückzug geblasen.

PANDARUS Horch, sie kommen aus dem Felde nach Haus; sollen wir hier hinauf treten und sie nach Ilium ziehn sehn? Tu es, liebste Nichte, tu es, liebste Nichte Cressida!

CRESSIDA Wie es Euch gefällt.

PANDARUS Hier, hier ist ein allerliebster Platz, hier können wirs recht schmuck mitansehn. Ich will sie dir alle bei Namen nennen, wie sie vorbeiziehn; merke nur vor allen auf Troilus.Äneas geht über die Bühne.

CRESSIDA Sprecht nicht so laut.

PANDARUS Das ist Äneas; ist das nicht ein hübscher Mann? Es ist eine rechte Blume unter den Troern, das kann ich dir sagen. Aber merke nur auf Troilus; gleich wird er kommen!Antenor geht vorüber.

CRESSIDA Wer ist das?[Antenor geht vorüber. ]

PANDARUS Das ist Antenor, der ist recht kurz angebunden, das kann ich dir sagen, und ist ein guter Soldat; einer von den besten Köpfen in ganz Troja, und ein artiger Mann in seiner ganzen Person. – Wann kommt doch Troilus? Gleich sollst du Troilus sehn. Gib acht, wie er nicken wird, wenn er mich sieht.

CRESSIDA Nickt er immer ein, wenn er Euch sieht? –

PANDARUS Ihr sollt es sehen.

CRESSIDA Falls er es tut, sollen die Reichen noch mehr haben.Hektor geht vorüber.

PANDARUS Das ist Hektor, der da, der da! Siehst du, der! Das ist ein Kavalier! Gott sei mit dir, Hektor! Das ist ein wackrer Mann, Nichte. O du edler Hektor! Sieh, wie er um sich blickt! Das ist eine Haltung! Ists nicht ein stattlicher Mann?

CRESSIDA Ein recht stattlicher Mann.

PANDARUS Nicht wahr? Es ist eine rechte Herzenslust, ihn zu sehn. Sieh nur, wieviel Beulen auf seinem Helm sind! Sieh nur hin, siehst du's? Sieh nur hin! Mit dem ist nicht zu spaßen; der verstehts; mit dem solls einmal einer aufnehmen! Das nenn ich Hiebe!

CRESSIDA Sind die von Schwertern?[Paris geht vorüber. ]

PANDARUS Von Schwertern? Von was sie wollen, das kümmert ihn nicht. Wenn auch der Teufel mit ihm anbände, das ist ihm alles gleich. Ja, beim Element, es ist eine wahre Lust! Ach, dort kommt Paris, dort kommt Paris;Paris geht vorüber. siehst du dort, Nichte? Ist das nicht auch ein hübscher Mann? Nicht? – Ei, das ist ja allerliebst – wer sagte doch, er wäre heut verwundet? Nun, das wird für Helena eine rechte Freude sein. O wenn ich doch nur den Troilus sähe! Gleich wirst du Troilus zu sehn bekommen.Helenas geht vorüber.

CRESSIDA Wer ist das?[Helenas geht vorüber. ]

PANDARUS Das ist Helenas. Ich begreife gar nicht, wo Troilus bleibt – das ist Helenus – er wird wohl gar nicht zu Felde gezogen sein – das ist Helenus.

CRESSIDA Kann Helenus fechten, Onkel?

PANDARUS Helenus? Nein – ja, er ficht so ziemlich erträglich. – Ich begreife nicht, wo Troilus bleibt. – Horch! Hörst du nicht, wie die Soldaten rufen: Troilus? – Helenus ist ein Priester.

CRESSIDA Was für ein Duckmäuser kommt denn da heran?Troilus geht vorüber.

PANDARUS Wo, dort? Das ist Deiphobus – nein, Troilus ists! Ach, welch ein Mann! Nichte! Hem! O du wackrer Troilus! Du Fürst der Ritterschaft!

CRESSIDA Still doch, ums Himmels willen, still!

PANDARUS Gib acht auf ihn; faß ihn recht ins Auge – o du wackrer Troilus! Sieh ihn dir recht an, Nichte; siehst du, wie blutig sein Schwert ist und sein Helm noch mehr zerhauen als der des Hektor. Und wie er um sich blickt, wie er einhergeht! – O wunderschöner Jüngling; und noch nicht dreiundzwanzig! Geh mit Gott, Troilus, geh mit Gott; hätte ich eine Grazie zur Schwester oder eine Göttin zur Tochter, er sollte die Wahl haben. O wunderschöner Held! – Paris? Paris ist ein Quark gegen ihn, und ich wette, Helena tauschte gern und gäbe noch ein Auge obendrein in den Kauf.[Mehrere Krieger ziehn vorüber. ]

CRESSIDA Dort kommen noch mehr.Gemeine Soldaten ziehen vorüber.

PANDARUS Esel, Narren, Tölpel! Spreu und Kleie, Spreu und Kleie! Suppe nach der Mahlzeit! In Troilus' Anblick konnt ich leben und sterben. Sieh nicht weiter hin; die Adier sind vorüber; Krähen und Dohlen, Krähen und Dohlen! Lieber wär ich solch ein Held wie Troilus, als Agamemnon mit ganz Griechenland.

CRESSIDA Die Griechen haben ihren Achilles; der übertrifft den Troilus.

PANDARUS Achilles? Ein Lastträger, ein Karrenschieber, ein rechtes Kamel!

CRESSIDA Nun, nun!

PANDARUS Nun, nun? Hast du denn kein Urteil? Hast du denn keine Augen? Verstehst du, was ein Mann ist? Sind denn nicht Geburt, Schönheit, gute Figur, Beredsamkeit, Mannhaftigkeit, Bildung, Artigkeit, Tapferkeit, Jugend, Freigebigkeit, und was dem gleicht, die Spezereien und das Salz, die einen Mann würzen?

CRESSIDA O ja; ein Mengelmus von einem Manne, und so in der Pastete gehackt und gebacken gibts ein Mus von lauter Mängeln.

PANDARUS Was sind das nun wieder für Reden! Man weiß nie, auf welcher Lauer du liegst.

CRESSIDA Auf meinem Rücken, um meinen Leib frei zu haben; auf meinem Witz, um meine Launen zu verteidigen; auf meiner Verschwiegenheit, um meinen guten Ruf zu sichern; meiner Maske vertrau ich, um meine Schönheit zu bewahren; dann endlich auch, um das alles zu schützen; und auf allen diesen Lauerplätzen lieg ich und habe wohl tausend Wachen.

PANDARUS Nenne mir eine deiner Wachen.

CRESSIDA Das ist eben meine Hauptwache, die gegen Euch gerichtet ist. Denn wenn ich erst nicht mehr behüten kann, was niemand finden sollte, so kann ich Euch wenigstens bewachen, daß Ihr nicht erfahrt, wie ich zu Schaden kam; es müßte denn so zunehmen, daß sichs nicht mehr verstecken ließe; und dann wärs ohnehin mit dem Wachen vorbei.

PANDARUS Ihr seid mir die Rechte!Der Page des Troilus kommt.

PAGE Herr, mein Gebieter wünscht Euch gleich zu sprechen.

PANDARUS Wo?

PAGE In Euerm Hause, Herr; dort legt er seine Rüstung ab.

PANDARUS Lieber Kleiner, sag ihm, ich komme gleich.Der Page geht. Ich fürchte, er ist verwundet. Lebe wohl, liebe Nichte, lebe wohl!

CRESSIDA Lebt wohl, Oheim!

PANDARUS Ich bin gleich wieder bei Euch, Nichte.

CRESSIDA Und bringt mir –

PANDARUS Nun ja! Ein Liebespfand von Troilus.[Geht ab. ]

CRESSIDA Bei diesem Liebespfand, du bist ein Kuppler!Pandarus geht ab.

Englisch

DRITTE SZENE

Inhaltsverzeichnis

Das griechische Lager . Vor Agamemnons Zelt

Trompeten. Es treten auf Agamemnon, Nestor, Ulysses, Menelaus und andere.

AGAMEMNON Fürsten, Kann Gram mit Gelbsucht Eure Wangen färben? Bei jedem Plan, auf Erden hier begonnen, Bildet Erwartung sich ein großes Ziel; So groß verwirklicht es sich nie. Denn Hemmung Keimt in den Adern hochgezielter Tat, Wie Knorren, durch zu üppgen Saft erzeugt, Der schlanken Fichte Wacbstum stockend lähmen, Daß sie gekrummt und siech nicht hoch erwächst. Auch kanns, Ihr Fürsten, nicht befremdlich sein, Wenn uns Erwartung täuscht und Trojas Mauern Noch aufrecht stehn, bedroht seit sieben Jahren, Weil jede Kriegstat schon in vorger Zeit, Von der uns Kunde zukam, ward gekreuzt Und im Versuch weit abgelenkt vom Ziel Und jenem geistgen Vorbild des Gedankens, Das ihr ein Traumbild schuf. Weshalb denn, Fürsten, Seht Ihr beschämten Blicks auf unser Werk, Als wäre Schmach, was doch nichts anders ist, Als des erhabnen Zeus verzögert Prüfen, Ob noch im Menschen fest Beharren sei? Denn nicht erprobt sich dieser echte Stahl, Begünstigt uns Fortuna, denn alsdann Scheint Held und Feiger, Narr und Weiser, Künstler Und Tor, Weichling und Starker nah verwandt; Doch in dem Sturm und Schnauben ihres Zorns, Wirft Sondrung, mit gewaltger, breiter Schaufel Alles aufschütteind, leichte Spreu hinweg, Und was Gewicht und Stoff hat in sich selbst, Bleibt reich an Tugend liegen, unvermischt.

NESTOR In schuldger Ehrfurcht deinem heilgen Thron, O Agamemnon, wird dein letztes Wort Nestor erläutern. In dem Kampf mit Wechsel Bewährt sich echte Kraft. Auf stiller See, Wie fährt so mancher gaukeind winzge Kahn Auf ihrer ruhgen Brust, und gleitet hin Mit Seglern mächtgen Baus? Doch laß den Raufer Boreas erzürnen Die sanfte Thetis: rasch durchschneidet dann Das starkgerippte Schiff die Wellenberge, Springt zwischen beiden feuchten Elementen Gleich Perseus' Roß – wo bleibt das eitle Boot, Des schwachgefügte Seiten eben noch Wettkämpften mit der Kraft? Es flieht zum Hafen, Wenns nicht Neptun verschlingt. So trennt sich auch Des Mutes Schein vom wahren Kern des Mutes Im Sturm des Glücks, denn strahlt es hell und mild, Dann wird die Bremse quälender der Herde Als selbst der Tiger; doch wenn Stürme spaltend Der knotigen Eiche Knie darniederbeugen Und Schutz die Fliege sucht, ja, dann das Tier des Mutes, Wie aufgeregt von Wut, wird selber Wut Und brüllt, in gleichen Tönen widerhallend, Dem zorngen Glück entgegen.

ULYSSES Agamemnon, Du großer Fürst, Gebein und Nerv der Griechen, Herz unsrer Scharen, Seel und einzger Geist, In dem Gemüt und Wesen aller sollte Beschlossen sein, hör, was Ulysses spricht, Den Beifall und die Huldgung abgerechnet, Die,zu Agamemnon Mächtger du durch Rang und Herrscherwürde,zu Nestor Und du, Ehrwürdger durch dein hohes Alter, Ich euren Reden zolle, die so trefflich, Daß Agamemnon und der Griechen Hand Sie sollt in Erz erhöhn; und deine gleichfalls, Ehrwürdger Nestor, silberweiß, mit Banden Aus Luft gewebt, stark wie die Achs, urn die Der Himmel kreist, sollt aller Griechen Ohr An deine weise Zunge fessein – doch, Du Staatsmann und du Fürst, vergönnt Ulysses Nach Euch zu reden.

AGAMEMNON Sprich, Held von Ithaka; so sicher ists, Daß kein unnützes, kein gehaltlos Wort Je deine Lippen teilt, als wir erwarten, Wenn Hund Thersites anstimmt sein Gebell, Je Witz, Musik, Orakel zu vernehmen.

ULYSSES Troja, noch unerschüttert, wär gefallen Und herrenlos des großen Hektor Schwert, Wenn folgendes nicht hemmte: Verkannt wird Seel und Geist der Oberherrschaft! Und seht: so viele Griechenzelte hohl Stehn auf dem Feld, so viel Parteienhohlheit! – Wenn nicht der Feldherr gleicht dem Bienenstock, Dem alle Schwärme ihre Beute zollen, Wie hofft ihr Honig? Wenn sich Rang verlarvt, Scheint auch der Schlechtste in der Maske edel. Die Himmel selbst, Planeten und dies Zentrum, Reihn sich nach Abstand, Rang und Würdigkeit, Beharrungskraft, Form, Lauf, Verhältnis, Jahreszeit, Amt und Gewohnheit in der Ordnung Folge; Und deshalb thront der majestätsche Sol Als Hauptplanet in höchster Herrlichkeit Vor allen andern, sein heilkräftig Auge Verbessert den Aspekt bösartger Sterne Und trifft, wie Königs Machtwort, allbeherrschend Auf Gut und Böses. Doch wenn die Planeten In schlimmer Mischung irren ohne Regel, Welch Schrecknis! Welche Plag und Meuterei! Welch Stürmen auf der See! Wie bebt die Erde! Wie rast der Wind! Furcht, Umsturz, Graun und Zwiespalt Reißt nieder, wühlt, zerschmettert und entwurzelt Die Eintracht und vermählte Ruh der Staaten Ganz aus den Fugen! Oh, wird Rangordnung, Die Letter aller hohen Plän, erschüttert, So krankt die Ausführung. Wie könnten Gilden, Würden der Schule, Brüderschaft in Städten, Friedsamer Handelsbund getrennter Ufer, Der Würde und das Recht der Erstgeburt, Ehrfurcht vor Alter, Zepter, Kron und Lorbeer Ihr ewig Recht ohn Rangordnung behaupten? Tilg Rangordnung, verstimme diese Saite, Und höre dann den Mißklang! Alles träf Auf offnen Widerstand. Empört dem Ufer Erschwöllen die Gewässer übers Land, Daß sich in Schlamm die feste Erde löste, Macht würde der Tyrann der blöden Schwäche, Der rohe Sohn schlüg seinen Vater tot, Kraft hieße Recht – nein, Recht und Unrecht, deren Endlosen Streit Gerechtigkeit vermittelt, Verlören, wie Gerechtigkeit, den Namen. Dann löst sich alles auf nur in Gewalt, Gewalt in Willkür, Willkür in Begier; Und die Begier, ein allgemeiner Wolf, Zwiefältig stark durch Willkür und Gewalt, Muß dann die Welt als Beute an sich reißen Und sich zuletzt verschlingen. Großer König, Dies Chaos, ist erst Rangordnung erstickt, Folgt ihrem Mord. Und dies Nichtachten jeder Rangordnung Geht rückwärts Schritt für Schritt, indems hinauf Zu klimmen strebt. Des Oberfeldherrn spottet, Der unter ihm zunächst, den höhnt der zweite, Den nächsten dann sein Untrer: so vergiftet Vom ersten Schritt, der seinem Obern trotzt, Wird jeder folgende zum neidschen Fieber Kraftloser, bleicher Nebenbuhlerschaft. Und solch ein Fieber ists, das Troja schirmt, Nicht eigne Stärke. Kurz, den Troern schafft Nur unsre Schwäche Frist, nicht eigne Kraft.

NESTOR Sehr weislich hat Ulysses uns enthüllt Die Seuche, an der unsre Macht erkrankt.

AGAMEMNON Der Krankheit Art hast du durchschaut, Ulysses; Welch Mittel nun?

ULYSSES Der Held Achilles, den die Meinung krönt Als Nerv und rechte Hand des ganzen Heers, Das Ohr gefüllt mit seinem luftgen Ruhm, Wird frech und launenhaft und ruht ihm Zelt, Verspottend unser Tun. Mit ihm Patroklus, Auf einem Lotterbett, treibt freche Possen Den lieben langen Tag Und stellt mit tölpisch lächerlichem Pathos, Das der Verleumder Nachahmung benennt, Uns all zur Schau. Manchmal, o großer König, Agiert er deine höchste Majestat, Stolzierend wie ein Bühnenheld, des Geist Im Kniebug wohnt und dens erhaben dünkt, Der Bretter Schall und hölzern Echo hören, Wenn er mit steifem Fuß den Boden stampft; So jämmerlich verdreht und übertrieben Verzerrt er deine Hoheit. Wenn er spricht, Klingts wie geborstne Glocken: sinnlos Zeug, Wie es von Typhons Schlund hervorgebrüllt Noch Bombast schiene. Bei dem schalen Wust Liegt breit und faul Achilles auf den Polstern, Lacht aus der tiefen Brust ihm lauten Beifall, Ruft: Herrlich! Das ist Agamemnon völlig! Nun spiel mir Nestor! Räuspre, streich den Bart Wie er, wenn er zu reden Anstalt macht! – Er tuts und triffts, wie Nord und Süd sich treffen, So ähnlich wie Vulkan der Gattin ist, Doch Freund Achill ruft nochmals: Meisterhaft! 's ist Nestor ganz! Jetzt spiel ihn mir, Patroklus, Wie er sich nachts beim Überfall bewaffnet. – Und dann – wie klein! – muß selbst des Alters Schwachheit Zur Posse dienen; hustend räuspert er, Schiebt, krankhaft fuschelnd, an des Panzers Hals Die Nieten ein und aus, und bei dem Spaß Stirbt Herr Großmächtig, schreit: Genug, Patroklus! Schaff Rippen mir von Stahl, sonst spreng ich alle Vor übermäßger Lust! – So dient den beiden All unsre Fähigkeit, Natur, Gestalt, Besondre Gab und allgemeine Art, Vollbrachte Tat, Entwurf, Befehl und Plan, Aufforderung zum Kampf, Antrag um Stillstand, Erfolg und Mißgeschick, was ist und nicht ist, Zum Stoff für Albernheit und Parodie.

NESTOR Und von dem schlimmen Beispiel dieser zwei, Die, wie Ulysses sagt, die Meinung krönt Mit Herrscherton, ward mancher angesteckt. Ajax, voll Eigendünkels, trägt das Haupt So hoch gezäumt, so trotzig wie der breite Achilles, bleibt in seinem Zelt wie jener, Gibt Schmäuse den Partein, schimpft unsre Waffen, Als wär er ein Orakel, hetzt Thersites, Den Schalksnarrn, der wie Münze Lästrung prägt, Durch niedrigen Vergleich uns zu besudeln,