10,99 €
Lukas, Pauli und Flo träumen vom großen Musikerfolg. Auf der Suche nach einem Proberaum und einer WG stoßen sie auf ein verlassenes Schulgebäude, in dem es tatsächlich spuken soll. Dort gibt es eine mysteriöse Dachbodentür, die immer wieder aufspringt und für ordentlich Zugluft im ganzen Haus sorgt. Dahinter warten die verrücktesten Abenteuer! Gleich neben der alten Schule wohnt – ganz zufällig - die Patchworkfamilie "WTF": Watt-Thießen-Fidan. Bestehend aus Psychologin Heike, Reporterin Almuth und den Kindern Henning (8) und Romy (13). Letztere versorgt mit ihrem eigenen Podcast, den "Hausenheim Hood News", die ganze Stadt mit Neuigkeiten. DEINE FREUNDE und die Nachbarskinder werden schnell zu einem unschlagbaren Team. Und während Flo, Lukas und Pauli hinter der Dachbodentür immer wieder in die absurdesten Abenteuer verwickelt werden, meistern die "WTFs" ganz ähnliche Herausforderungen in ihrem nicht weniger verrückten Familienalltag…
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Veröffentlichungsjahr: 2025
Willkommen in Hausenheim, einer Kleinstadt irgendwo in Deutschland. Hier lebt die Patchwork-Familie Watt-Thießen-Fidan (kurz: WTF) mit Sohn Henning (10) und Tochter Romy (13). Letztere ist als angehende Reporterin in der ganzen Stadt unterwegs und sieht sich unverhofft in einen waschechten Skandal verwickelt …
Tara, Laurin und die anderen Möwenweg-Kinder erleben spannende Abenteuer vom Frühling bis zum Winter: Sie wollen von zu Hause ausreißen und in einer Höhle schlafen, sie bekommen in den Sommerferien süße Zwergkaninchen, haben viel Spaß beim Laterne- und Fackellaufen und backen gemeinsam leckere Weihnachtskekse. Und dann, hurra, der erste Schnee ist da!
Zur gleichen Zeit stoßen die Freunde Flo, Lukas und Pauli auf dem Dachboden eines verlassenen Schulgebäudes auf eine geheimnisvolle Tür. Dahinter warten die verrücktesten Abenteuer auf die drei Musiker, die heimlich von der ganz großen Karriere träumen. Was das alles mit Nachbarin Romy und ihrer Familie zu tun hat?
Lest selbst!
In Hausenheim, einer Kleinstadt, die so klein ist, dass man auch „Kaff“ zu ihr sagen könnte, scheint die Sonne. Hell und heiß. Besonders heiß scheint sie auf den schlechtesten Imbiss der Stadt. Romy steht auf dem Parkplatz vor dem schmuddeligen Blechkasten und streicht sich ihre grünen Haare hinters Ohr. Es ist Freitagnachmittag, wieder eine Woche Schule geschafft – puh! Endlich Zeit für die wichtigen Dinge. Sie zückt ihr Smartphone, öffnet die Aufnahme-App und prüft das kleine Mikro, indem sie hineinpustet.
„Mic check, Mic check.“
Der Pegel sieht gut aus, alles in Ordnung. Romy holt Luft, betrachtet noch einmal das Schild – „GÜNNISGRILLZENTRALE“ – und startet die Aufnahme.
„Hallo! Ich bin Romy Thießen. Herzlich willkommen zur ersten Folge meines Podcasts: Den Hausenheim Hood News! Hier erfahrt ihr ab sofort alles, was in Hausenheim passiert, denn ich bin mit meinem Mikro in der ganzen Stadt unterwegs, immer auf der Suche nach der besten Story! Los geht’s bei Günni – in seiner Grillzentrale ist eigentlich immer was los.“
Sie öffnet die Tür und betritt den Imbiss. Hier ist es noch heißer als draußen, eine Wolke aus Pommesfett und Bratwurstdunst drückt sich in ihr Gesicht, Romy zuckt zurück und rümpft die Nase. Blinzelnd sieht sie sich um. Aus einem Lautsprecher dudelt leise Discoschlager. Der Imbiss ist nahezu menschenleer, nur in der Ecke sitzen zwei ältere Herren, der eine betrachtet sein Bier, der andere schläft, den Kopf auf der Tischplatte. Hinter dem Tresen steht Günni und kratzt sich den runden Bauch. Er grinst Romy an, greift mit der Grillzange nach einer Bratwurst und wedelt damit.
„Moin, Romy! Leggere Wurst gefällig?“
Auf der Grillplatte vor ihm brutzeln noch weitere verschrumpelte Würstchen. So wie sie aussehen, schon seit Tagen.
„Ey Günni, ich ess immer noch kein Fleisch.“
„Stimmt ja! Dann hier: Schnitzelbrötchen!“
Er greift in die Ablage und hält Romy ein fahles Brötchen hin, aus dem ein wabbeliges Schnitzel hängt, bei dem die Panade schon abbröselt. Welke Salatblätter und eine angetrocknete Spur Mayo machen das Grauen perfekt.
„Ähm …“
„Oh. Ok. Jetzt hab ich’s. Halber Hahn? Da ist kein Schwein drinne.“
Günni nimmt sich ein Grillhähnchen und lässt es in Wellenbewegungen hin- und herfliegen.
„Günni. Ich mach ’nen Podcast und bin auf der Suche nach spannenden Geschichten aus Hausenheim. Hast du eine für mich?“
„Aber hallo!“ Er legt den halben Hahn zurück zu den anderen. „Kuck mal hier, mein T-Shirt. Überm Bauch.“ Günni streckt die kugelrunde Plauze noch ein Stück weiter nach vorn, das fleckige T-Shirt dehnt sich und er zeigt drauf. „Spannend, oder? Verstehst du? Es SPANNT, hahaha …“
„Ooooh Günni! Ich mache keinen Dad-Joke-Podcast, ich brauche NEWS! Heiße, echte News … in deinem Fleischtempel kommt doch halb Hausenheim vorbei! Was gibt’s Neues? Irgendwelche Gerüchte?“
Günni schüttelt den Kopf und kratzt sich erneut am Bauch. „Heiße News? Nee, du … heiß sind hier nur die Würstchen. Da musst du wohl wen anderes fragen.“
Romy lässt die Schultern hängen. Günni sieht sie traurig an und fischt was Kleines, Dünnes, fast Schwarzes vom Grill. Er hält es Romy vor die Nase. „Bisschen Bacon für den Weg? Geht auf’s Haus.“
Romy tritt vor die Tür und blinzelt in die Sonne. Das geht ja gut los. Sie riecht an ihrem T-Shirt. Bäh, fettiger Fleisch- und Pommesgeruch. Sie schüttelt sich, strafft den Körper und stößt den Gestank aus der Nase, dreimal.
Für die erste Folge ihres Podcasts braucht sie natürlich einen richtigen Kracher. Aber was soll’s – sie hat Zeit. Sie wird schon eine Story finden. Irgendwo in Hausenheim. Vielleicht. Oder? Gerade will Romy die Kopfhörer aufsetzen und Richtung Innenstadt losgehen, da ertönt in der Ferne eine Schiffshupe. Sie hebt den Kopf. Na klar, zum Hafen! Da ist bestimmt mehr los – also macht sie sich auf den Weg.
„Ok, ich bin jetzt am Hafen von Hausenheim. Unser kleines Städtchen liegt nämlich an einem Fluss: Der Selbe! Nicht zu verwechseln mit der Gleiche. Die fließt woanders.“ Romy sieht sich um. Ein Schiff wird gerade entladen, ansonsten ist leider auch hier nicht viel los. Eine kleine Frau füttert Möwen. Zwei Punks lümmeln mit ihren Hunden im Schatten. Die Frau dreht sich um, es ist eine ältere Dame mit feuerroten Haaren, klopft sich die Hände sauber, winkt den Möwen zum Abschied und macht sich auf den Weg. Als sie an den Punks vorbeikommt, halten die ihr eine selbst gebastelte Angel in den Weg, an einer Schnur baumelt ein Pappbecher. Die Oma lacht, kramt in ihrer Handtasche und wirft ein paar Münzen hinein. Die Punks bedanken sich überschwänglich, ziehen unsichtbare Hüte, die Oma geht weiter. Sie strahlt übertrieben gute Laune aus. Romy wechselt die Straßenseite. „Hallo … entschuldigen Sie!“
Die Oma bleibt stehen und lächelt Romy freundlich an. „Guten Tag! Na, was kann ich denn für Sie wohl tun?“
Romy tritt näher und hält das Mikro in die Höhe.
„Hallo. Ich bin Romy Thießen – und mache einen Podcast.“
„Oh, wie schön, da müssen Sie mir mal das Rezept geben. Ich mach ja immer gern Schokomuffins.“
„Nein … kein Gebäck. Ein Podcast ist … so was wie eine Radiosendung – die Hausenheim Hood News! Ich suche spannende Geschichten, über die ich berichten kann. Das nehme ich auf – so wie jetzt gerade – und das können sich die Leute dann im Internet anhören.“
„Ach soooo!“ Die Oma hebt die Augenbrauen. Und dann den Zeigefinger. „Dann hab ich was für Sie.“
„Echt?“ Romy sieht sie gespannt an.
„Aber ja … mein Enkel Pauli, der erlebt immer die dollsten Dinger. Der ist Musiker, müssen Sie wissen.“
O wow, vielleicht hat sie Glück, und der Enkel spielt in einer bekannten Band!
„Ein Musiker? In welcher Band spielt er denn?“
„Ach so, nee, keine Band. Der sitzt nur zu Hause und spielt an seinen Maschinen rum. Aber er ist auch DJ. Und heute legt er auf. Beim Sommerfest in der Kleingartenanlage!“
Die Oma tritt einen Schritt näher und blickt Romy tief in die Augen. Dann sieht sie kurz über die Schulter, neigt ihren Kopf noch ein Stück vor und flüstert: „Da geht es richtig ab.“
Romy schaut sie ungläubig an. „Auf dem Kleingartensommerfest?“
„Aber ja! Die lassen nichts anbrennen, die kleinen Gärtner!“
Die Oma schlackert mit der Hand, als hätte sie auf eine Herdplatte gefasst.
„Äh, gut, ja … danke. Ich denke mal drüber nach.“ Romy will nicht unhöflich sein, also fragt sie noch: „Bei den Schrebergärten am Stadtrand?“
„Ganz genau. Ist nicht zu verfehlen, Sie werden es schon von Weitem hören. Immer den dicken Beats nach, da geht’s zu Pauli.“
„Danke! Wiedersehen!“
Romy lächelt ihr noch einmal zu und überquert die Straße.
Dicke Beats auf dem Kleingärtnerfest, so ein Quatsch. Da dudelt doch bestimmt der gleiche Mist wie in Günnis Grillzentrale. Wenn die wenigstens Um-die-Wette-Heckenschneiden oder ein Rasenmäherrennen veranstalten würden. Das wäre schon wieder so peinlich, dass es gut wäre. Aber, nee – zur Schrebergartenkolonie wird sie auf keinen Fall gehen.
Sie seufzt und schlendert in Richtung Stadtmitte. Eine Weile läuft sie ziellos umher. Selbst in der sogenannten Innenstadt sind die Straßen nahezu ausgestorben. Es ist einfach zu heiß. Und zu öde. Die Baustelle ist der einzige Ort, an dem ein bisschen was los ist. Romy geht rüber. Schon wieder ist ein altes Gebäude abgerissen worden, und nun wird im Schnelltempo ein Einkaufszentrum hochgezogen. Auf dem großen Schild, das am Rande der Baustelle steht, ist es schon in all seiner monströsen Hässlichkeit zu sehen.
Hier entsteht das SELBEEINKAUFSZENTRUM.
Und weiter unten: DÄMMERICHBAU.
Als sie am Gitterzaun angekommen ist, zückt sie ihr Smartphone und das kleine Mikro.
„So, ihr Lieben! Dritter Versuch! Wie man hören kann, stehe ich nun vor einer Baustelle. Und zwar in der Innenstadt, wo ein neues Einkaufszentrum errichtet wird. Da hinten ist ein Mann im Anzug. Der sieht wichtig aus. Fragen wir den doch mal.“ Romy geht ein paar Schritte am Bauzaun entlang, bis sie genau hinter dem Mann steht. Er hat die Arme in die Seiten gestützt und betrachtet den Bagger bei der Arbeit.
„Hallo, entschuldigen Sie …“, ruft Romy.
Der Mann im dunklen Anzug fährt herum und stiert Romy genervt an. Sein gelber Schutzhelm glänzt im Sonnenlicht.
„Was willst du? Ich arbeite!“
„Äh … Sie … gucken doch aber einfach nur dem Bagger zu?“
Der Mann kneift die Augen zusammen. „Manche sind so gut, die werden sogar fürs Zugucken bezahlt. Ich zum Beispiel. Also, was willst du? Hast du deine Puppe verloren?“
Hilfe. Was ist denn mit dem los?!
„Ich, äh, nein … ich suche spannende Geschichten aus Hausenheim für meinen Podcast. Und dieses Einkaufszentrum … Sie wissen nicht zufällig etwas darüber? Wann wird es fertig? Welche Geschäfte kommen da rein?“
Der Mann mustert Romy angewidert, zieht sich den Helm in die Stirn und tritt ganz nah an den Zaun heran. „Ich rede doch nicht mit den Kindernachrichten. Weißt du nicht, wer ich bin?“
Romy hebt den Kopf und liest den Namen auf seinem Helm.
„Dr. Degenhardt Dämmerich?“, liest sie langsam vor.
Oha. Herr DÄMMERICHBAU persönlich.
„Exakt. Und jetzt zisch ab, ich hab zu tun.“
Dr. Dämmerich. Was für ein Ekelbrocken.
Romy ist schlagartig die Lust vergangen, weiter nach Geschichten zu suchen. Bescheuerte Idee aber auch – ein Newspodcast aus einer Stadt, in der etwas ganz Entscheidendes fehlt: News.
Sie setzt die Kopfhörer auf, startet ihre Lieblingsplaylist und macht sich auf den Heimweg.
Als sie in der Fontanellenstraße 6 ankommt, knurrt ihr Magen – zum Glück gibt es gleich Essen. Sie bleibt vor ihrem Haus stehen und zückt noch einmal das Smartphone und ihr Mikro.
„Okay. Die Hausenheimer sind also entweder total langweilig oder megaunfreundlich. Darum erzähl ich euch erst mal was über mich und meine Familie. Also, ich heiße Romy, bin dreizehn und gehe in die siebte Klasse. Ich wohne in einem kleinen Haus zusammen mit meiner Mama Almuth, ihrer neuen Frau Heike und meinem kleinen Einsteinbruder – Henning. Mama ist Reporterin für den Hausenheimer Anzeiger, Heike ist Psychologin und hat unten im Haus ihre Praxis. Und Henning …“
Wie bestellt kommt Henning durchs Gartentor. Grinsend geht ihr kleiner Bruder auf sie zu.
„… und Henning steht jetzt direkt vor mir. Sag mal was ins Mikro, Henning. Bitte …“
Henning beugt sich vor und macht ein außerordentlich echt klingendes, langes, blubberndes Furzgeräusch.
„Ooaaaah, Manno! Dann kann ich auch gleich wieder gehen …“
Romy geht genervt an Henning vorbei zum Gartentor.
„Ok. Tschüss, dann …“, ruft Henning, „ich dachte, du bist an heeeeeeftigen Neuigkeiten aus der Nachbarschaft interessiert.“
Romy hält inne, sieht über die Schulter zurück. Henning schlendert langsam Richtung Haustür. „Aber dann erzähl ich das eben Mama. Es ist so unglaublich, ich muss es einfach loswerden …“
„Warte, warte!“, ruft Romy und rennt Henning hinterher. „Was ist los? Sag bloß, hier in Hausenheim ist etwas PASSIERT?
Henning grinst. „Ja … schon.“
Romy denkt an Dr. Dämmerich, an die Oma und ihre Kleingärtner, an Günni. Genervt stößt sie hervor: „Hat der Skatverein bei einem Turnier den dritten Platz gemacht?“
„Nö.“
„Ist der Kreisverkehr in der Sirenengasse jetzt eckig?“
„Nee.“ Henning schüttelt langsam den Kopf, weiterhin ein dämliches Grinsen im Gesicht. Romy hält es nicht mehr aus. „Nun sag schon! Bitteeeeeee!“
„Wie viel?“
Romy überlegt.
„Zweimal Geschirrspüler-Ausräumen.“
„Es sind absolut unglaubliche Neuigkeiten“, meint Henning.
„Arrrg, na gut – dreimal Geschirrspüler. Mein letztes Wort.“
„Deal.“ Henning hält ihr die Hand hin, Romy schlägt ein. „Aber wenn das jetzt irgendwelche Fake News sind, musst du doppelt zurückzahlen! Plus Biotonne runterbringen.“
Henning schließt die Augen und schüttelt bedeutungsschwer den Kopf. Dann sieht er Romy an und nickt einmal kräftig nach rechts.
„Das leer stehende Haus nebenan.“
„Die alte Grundschule? Was ist damit? Wird die wieder aufgemacht?“
Henning nickt erneut langsam. „So ungefähr.“
Romy wechselt umgehend in den Reporterinnenmodus und spricht in ihr Mikrofon: „Hier in der Fontanellenstraße steht seit Jahren ein verlassenes Schulgebäude: Die ehemalige Ferdinand-Fluchtsogern-Grundschule! Und wie ich soeben erfahren habe …“
„Lies mal, hier, den Aushang …“, Henning hält ihr einen Zettel hin, der irgendwie offiziell aussieht, Romy reißt ihn an sich. „Bekanntmachung des Bürgermeisters“, liest sie vor. „Beschluss der heutigen Ratssitzung: Das leer stehende Schulgebäude in der Fontanellenstraße 7 soll möglichst zeitnah wiederbelebt werden.“
Sie lässt den Zettel sinken und sieht Henning mit weit aufgerissenen Augen an. „Krass! Die Schule? Da wollen sie was Neues reinsetzen? Direkt neben uns? Wissen Sie schon, was?“
„Nein. Mehr als das, was auf dem Zettel steht, ist nicht bekannt.“
Romy grinst böse und sagt mit unheimlicher Stimme: „Dabei spuuukt es in der Schule doch …“
„Es gibt keine Geister“, erwidert Henning gelangweilt. Er glaubt an nichts. Nicht mal an den Weihnachtsmann.
„Weiß ich doch“, fährt Romy normal fort, dann fällt ihr ein, dass sie immer noch aufnimmt. Sie räuspert sich. „Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, das Gerücht hält sich hier in Hausenheim schon lange: Damals, vor etwa 15 Jahren, so erzählen es die Alten und Weisen unserer Stadt …“
„Na ja …“, mischt sich Henning gähnend ein. Romy winkt energisch ab. „Also, damals, vor 15 Jahren, zog manchmal, auch an völlig windstillen Tagen, eine mysteriöse Windbö durch das Schulgebäude – Klassenarbeiten wurden durcheinandergewirbelt, Schwämme sind von den Tafeln heruntergeweht und der Wind heulte gruselig durch die Flure. Schuuu-schuuuuuu!“
„Schön blöd. Da hat es ein bisschen gezogen – und die machen gleich die Schule dicht.“
Romy lässt das Mikro sinken. „Ich glaub ja auch nicht an den Quatsch. Und der Bürgermeister anscheinend ebenso wenig.“
Da kommt ihr eine Idee. „Mensch, Henning, weißt du was? Ich werde versuchen, unseren Bürgermeister zu interviewen. Für meinen Podcast! Endlich hab ich eine Story!“
Jetzt geht die Haustür auf, und Almuth, die Mutter der beiden, steckt ihren Kopf heraus. „Ach, hier seid ihr! Kommt ihr rein zum Essen?“
„Müssen wir?“, stöhnt Henning, gerade so, als wäre es schlimm, bekocht zu werden und sich an einen gedeckten Tisch setzen zu müssen.
„Ja-ha!“
Als Romy und Henning ihre Hände gewaschen und sich hingesetzt haben, befüllt Almuth einen Teller nach dem anderen. Es gibt Spaghetti, dazu selbst gemachtes Pesto – mit viel zu viel Knoblauch. Die ganze Woche müssen Heike und Almuth auf ihren geliebten Knobi verzichten, denn Heike, die Psychologin, kann ihre Patientinnen und Patienten schlecht mit Knoblauchfahne therapieren. Und Almuth muss als Journalistin ständig irgendwelchen Leuten ihr Mikrofon unter die Nase halten. Also ist Freitag Knoblauchtag, und Samstag stinkt das ganze Haus, als müsste man eine Vampir-Armee auf Abstand halten.
Vor allen steht ein Teller mit dampfenden grünen Spaghetti, Romy, Henning und Heike blicken erwartungsvoll zu Almuth.
„Bon Hamu!“, sagt sie.
„Bon Hamu!“, wiederholen alle und beginnen zu essen.
„Das war Swahili“, erklärt Almuth. Sie hat schon vor langer Zeit damit begonnen, jeden Tag in einer anderen Sprache „Guten Appetit“ zu wünschen, und Henning hat ausgerechnet, dass es zwanzig Jahre dauern wird, bis sie alle Sprachen der Welt durchhat.
„Und, Henning? Wie war’s in der Schule?“, fragt Almuth.
„Gut.“
„Habt ihr tolle neue Dinge gelernt?“
„Kann sein.“
„Wie war denn das Mittagessen?“
„Gut.“
„Und hast du bei der Schach AG wieder alle matt gesetzt?“
„Mhm-Mhm“, nickt Henning mit vollem Mund. Er bleibt jeden Freitag freiwillig länger in der Schule, um die Jungs aus der Oberstufe abzuziehen.
Heike trinkt einen Schluck Wasser und sieht zu Henning. „Mensch, Henning, du bist ja wieder so gesprächig wie ’ne Packung Toastbrot. Wenn meine Patient*innen so wenig sagen würden, könnte ich meinen Job an den Nagel hängen.“
„Die bekommen aber hoffentlich auch nicht so doofe Fragen gestellt …“, mault Henning zurück.
„Sie geben vor allem nicht so patzige Antworten. Deine Mutter will sich nur ein bisschen mit dir unterhalten …“
„Jaaaa … ich aber nicht“, stöhnt Henning und stopft sich eine Riesengabel Spaghetti in den Mund. Grüne Soße läuft ihm übers Kinn.
Almuth räuspert sich. „Ja, also, äh, eigentlich will ich auch über etwas ganz anderes mit euch reden. Es geht um euren Papa …“
Romy reißt besorgt den Kopf hoch. „Was ist mit Papa?“, fragt sie mit vollem Mund.
„Erst runterschlucken, Romy!” Almuth hält mahnend den Kopf schief. Romy greift hastig zum Glas, spült alles runter und fragt: „Ist er krank?“