Turmal - Timo Schwagerick - E-Book

Turmal E-Book

Timo Schwagerick

0,0

Beschreibung

Turmal und seine Freunde Saphira und Ruben sind Glücksdrachen. Schon seit tausenden von Jahren leben sie auf der Erde, um den Menschen Glück zu bringen, jedoch wissen die Menschen nichts von ihrer Existenz. Eines Tages erhält Turmal im Traum eine Vision, die ihn zu seiner wahren Bestimmung verhelfen soll. Vom Rat der Drachen wird Turmal mit seinen beiden Freunden auf eine lange Reise geschickt. Hierbei haben die drei Glücksdrachen nicht nur spannende, lustige Abenteuer zu bestehen und knifflige Aufgaben zu lösen, sondern lernen von Edel- und Heilsteinen geführt, wichtige Lebensweisheiten kennen. Wird Turmal seine wahre Bestimmung finden?

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 111

Veröffentlichungsjahr: 2024

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



„Auch der weiteste Weg beginnt mit dem ersten Schritt“

Lao-tse

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1 – Glücksdrachen

Kapitel 2 – Turmals Vision

Kapitel 3 – Der Rat der Drachen

Kapitel 4 – Titus will nicht gehen

Kapitel 5 – Remigius Vorräte

Kapitel 6 – Der große Streit

Kapitel 7 – Tulani kann nicht schwimmen

Kapitel 8 – Reggies neuntes Leben

Kapitel 9 – Sirak will nicht jagen

Kapitel 10 – Turmals neuer Platz

Kapitel 1 – Glücksdrachen

1

„Wenn man in deine Augen blickt, so glaubt man, darin das ganze Universum zu erkennen“, sagte Saphira mit einem breiten Lächeln auf ihren Lippen. Turmal der Glücksdrache grinste verlegen zurück und drehte den Kopf leicht zur Seite.

„Ja, das habe ich schon öfter gehört“, antwortete Turmal. „Meine Mutter erzählte mir einmal, dass der Name Turmal vom Heilstein Turmalin abgeleitet ist. Als ich auf die Welt gekommen bin, sagte meine Mama zu meinem Papa, dass meine Augen schwarz wie ein Turmalin sind, so bin ich zu meinem Namen gekommen.“

Saphira war Turmals beste Freundin, seit seinem ersten Tag in der Schule. Ihre warmherzige und freundliche Art machte es einem nicht schwer, sie sehr gern zu haben. Ihre weiche und gutmütige Stimme passte daher ganz hervorragend zu ihr. Sie hatte lange Wimpern und blaue Haare, die immer zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden waren, der ihr seitlich von Kopf hing. Turmal hatte jedes Mal das Gefühl, sich in ein warmes, weiches Federbett zu legen, wenn er ihr beim Erzählen zuhörte.

Saphira und Turmal waren Glücksdrachen. Ihr werdet euch nun vielleicht fragen, was macht ein Glücksdrache so den ganzen Tag und wie sieht ein Glücksdrache denn eigentlich aus? Nun, zuerst einmal muss man wissen, dass es Hunderte von Glücksdrachen auf der Erde gibt. Turmal zum Beispiel ist gerade einmal 2.354 Jahre alt, was für einen Drachen, genauer gesagt einen Glücksdrachen, noch sehr jung war. Man kann sagen, dass 200 Menschenjahre in etwa 1 Jahr eines Glücksdrachen bedeuteten, das heißt, dass Turmal in Menschenjahren gerade einmal 12 Jahre alt war. Vielleicht habt ihr auch von Glücksdrachen noch nie etwas gehört, weil Glücksdrachen für Menschen unsichtbar sind. Ihr ganzer Körper ist für das menschliche Auge viel zu feinstofflich, sodass man sie entweder gar nicht erkennen oder man sie beim Vorbeihuschen als Windstoß oder allerhöchstens als kleine Staubwolke identifizieren könnte. Tiere und auch manche Pflanzen hingegen sehen Glücksdrachen genauso gut, wie sie auch Menschen sehen können.

Da sie seit Urzeiten auf der Erde wandeln, ist es für die meisten Tiere auch nichts Ungewöhnliches, wenn sie einem Glücksdrachen begegnen. Sie werden von allen Tierarten aufgrund ihrer Freundlichkeit geschätzt. Daher haben sie auch keine natürlichen Feinde. Glücksdrachen sind in etwa 3 bis 5 Meter lang, haben meist silbrig glänzende Schuppen, einen langen, kräftigen, geschuppten Schwanz und kräftige, muskulöse Flügel, die eine enorme Spannweite erreichen können, wenn sie die Flügel weit auseinanderspreizen. Daher sind sie auch wahre Flugkünstler. Sie können in atemberaubender Geschwindigkeit in die Lüfte steigen und beim Flug auch Wind und Wetter trotzen. Ihre vier kräftigen Tatzen mit den langen, scharfen Krallen daran, benötigen sie nur gelegentlich, um mit ihnen Beeren zu pflücken oder sich zum Schlafen in den höchsten Baumwipfeln festzuhalten. Ihr in die Länge gezogenes Gesicht mit den buschigen Augenbrauen lässt sie auf ihre Umgebung auch überhaupt nicht so gefährlich wie andere Drachenarten wirken. Das sind sie auch nicht. Ein Glücksdrache könnte niemandem etwas zuleide tun. Sie sind einfach auf der Welt, um Glück und Freude unter die Menschen zu bringen, auch wenn man sich bei ihnen nie dafür bedanken würde. Natürlich nicht, Menschen kennen ihre Existenz ja nicht, und vor allem Erwachsene sind in mancher Hinsicht eben nun mal ein wenig einfältig. Aber das macht den Glücksdrachen nichts aus. Sie erfreuen sich einfach daran, wenn es den Menschen, denen sie zugeteilt wurden, gut geht und diese lachen und sich freuen. Denn durch die positive Energie, welche die Menschen durch Lachen und Freude ausstrahlen, ernähren sich die Glücksdrachen zu großen Teilen. Es macht die Glücksdrachen stark, fit und gesund. Für alles Weitere genügt den Glücksdrachen ab und zu mal ein Schluck frisches Quellwasser, oder ein paar Wildbeeren aus dem Wald, die sie dann sehr genüsslich verspeisen.

2

„Hey ihr zwei fliegenden Krokodile, ihr habt mich zicher den ganzen Tag schon vermizzt, nicht wahr?“, hallte es plötzlich hinter Turmal und Saphira und ihre Köpfe drehten sich gleichzeitig nach hinten um, sodass Saphiras blauer Pferdeschwanz und Turmals strubbeliges schwarzes Haar herumwirbelten. Es war Ruben, der mit seinem bekanntermaßen ziemlich losen und frechen Mundwerk mal wieder den Vogel abschoss.

Turmal und Saphira lachten auf. „Natürlich Ruben, ohne dich würden wir den ganzen Tag nicht wissen, was wir tun sollen“, witzelte Saphira und zwinkerte Turmal zu, der sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte.

Ruben war schon ein besonderer Glücksdrache. Er nahm nie ein Blatt vor den Mund, und man hatte des Öfteren das Gefühl, dass sein Mund schneller etwas aussprach, als seine Gedanken es sich manchmal wünschen würden. So kam es nur allzu oft vor, dass er von einem Fettnäpfchen ins andere trat, und es ihm oft erst im Nachhinein klar wurde, was er da gerade gesagt hatte. Aber das machte den beiden nichts aus, sie kannten ihn nicht anders und liebten ihn auch dafür. Sie waren zusammen ein eingeschweißtes Team und es fehlte tatsächlich etwas, wenn er nicht da war. Es verging auch kaum ein Tag, an dem sich die drei einmal nicht begegneten und sich gegenseitig über die Geschehnisse des Tages berichteten. Ruben war der jüngste, aber größte Drache von den dreien und hatte von früher Kindheit an einen kleinen Sprachfehler. Er verwechselte die Buchstaben „s“ mit „z“ nur zu gerne und bildete damit des Öfteren sehr komische Sätze, die dann nur Turmal und Saphira verstehen konnten. Es ging das Gerücht um, dass sich Ruben als Kleinkind einmal kräftig auf die Zunge gebissen hatte, als er versuchte, gleichzeitig zu sprechen und einen großen Blaubeerpfannkuchen zu verspeisen. Vielleicht kam der Sprachfehler daher, sie hatten ihn aber nie darauf angesprochen. Ruben war zudem der einzige Glücksdrache unter den drei Freunden, der die Kunst des Feuerspeiens beherrschte. Es gab nicht viele Glücksdrachen, die das konnten, und Turmal und Saphira fragten sich manchmal, ob diese Fähigkeit bei ihm nicht etwas fehl am Platz war. Erst letzten Sommer hatte er einen Tiefflug durch ein Löwenzahnfeld versucht, und nach einem Niesanfall durch die aufgewirbelten Pusteblumen beinahe einen Waldbrand ausgelöst. Zum Glück konnte das herannahende Gewitter den kleinen Brand schnell löschen, sodass niemand zu Schaden kam. „Uppsala!“, hatte Ruben von sich gegeben, als er gesehen hatte, was er getan hat.

„Ich glaube, das nächzte mal muss ich beim Niezen besser aufpassen und meinen Flügel vor den Mund nehmen“, murmelte Ruben. Seine tiefroten Augen zeigten dabei jedoch auch ein verschmitztes Lächeln. Turmal wünschte sich des Öfteren selbst ein wenig mehr von Ruben zu haben. Er wirkte immer so unbeschwert und machte sich wegen nichts und niemandem Sorgen. Turmal hingegen prüfte nur allzu oft alles sehr genau, vielleicht manchmal auch zu oft, ob er etwas tun soll oder lieber nicht.

Turmal war zudem etwas kleiner als ein Glücksdrache es normalerweise ist. Er hatte auch keine besonderen Fähigkeiten, wenn man ihn danach fragte, zumindest nicht so auffällige wie der Feuer speiende Ruben, oder wie Saphira, die ein besonderes Gespür für Situationen und Personen hatte und manchmal Dinge im Vorfeld wusste, bevor sie passieren würden. Turmal war sich sicher, dass sie mit ihren saphirblauen Augen ein wenig in die Zukunft schauen konnte. Er selbst hatte nichts von all diesen „coolen“ Fähigkeiten. Keine besondere Stärke, so wie jeder Glücksdrache eine ganz besondere Stärke hatte. Aber das stimmte nicht ganz. Turmal konnte mit einem Blick abschätzen, ob jemand wohlwollend ist, oder es nicht gut mit einem meint. Daher konnte man ihm nichts vormachen, er durchschaute es sofort. Zudem strahlte er eine sehr ansteckende Ruhe aus, sodass sich die meisten Drachen in seiner Gegenwart einfach wohl und sicher fühlten. Saphira dachte das ein oder andere Mal, was wohl aus Ruben geworden wäre, wenn er Turmal nicht an seiner Seite gehabt hätte. Ruben setzte sich zu den beiden Freunden auf einen breiten Ast neben der Baumkrone einer stolzen Eiche, wo sich Saphira und Turmal niedergelassen hatten, um die leuchtenden Sterne am Firmament zu betrachten. Wenn die den Glücksdrachen zugeteilten Menschen schliefen, war dieser Ort der Lieblingsplatz der drei Freunde, im dichten Wald nahe der Berge, um auf dem höchsten Baum in die Sterne zu schauen, den Grillen zu lauschen und sich über die Geschehnisse des Tages zu unterhalten. Er kraulte mit seiner vorderen Kralle den langen, roten Ziegenbart, der von seinem Kinn spiralförmig abwärts hing und fragte: „Wie war euer Tag? Habt ihr euren Menzchen Glück und Freude bereiten können?“

Kapitel 2 – Turmals Vision

1

Glücksdrachen schlafen nicht viel am Tag. Es ist im Grunde nicht notwendig, denn sie arbeiten ja nicht im eigentlichen Sinne. Sie machen einfach nur genau das, was sie sowieso gerne machen würden. Sie sind dafür bestimmt, Glück und Freude in die Welt zu tragen. Das ist ihr eigentlicher Zweck, warum sie auf der Erde weilten. Jedoch genießen Glücksdrachen es genauso sehr, im Schlaf ihren Gedanken freien Lauf zu lassen und das Gefühl von Einheit mit der Unendlichkeit und Geborgenheit des Universums zu erhalten. Glücksdrachen hatten auch niemals Albträume, oder Träume, mit denen sie sich noch den Tag hinweg beschäftigen würden.

In dieser Nacht jedoch war das ein wenig anders, als Turmal ins Reich der Träume fiel. Normalerweise träumte Turmal von den Abenteuern des Tages, oder ließ noch einmal die Gedanken Revue passieren, wenn sie ihrem zugeteilten Menschen zu einem schönen Moment des Glücks verhelfen konnten. Er war seit einigen Jahren dem Mädchen Aurelia zugeteilt worden und seitdem begleitete er die mittlerweile 8-Jährige auf ihrer Reise durch das Leben. Zugeteilte Kinder wurden von den Glücksdrachen auch Glückskinder genannt. Es war nicht das erste Mal, dass Turmal ein Glückskind hatte. Es war sogar der Normalfall, dass ein Glücksdrache einem kleinen Kind zugeteilt wurde, um es in für sie aufregenden und herausfordernden Zeiten des Erwachsenwerdens zu unterstützen. Doch Turmal hatte Aurelia besonders ins Herz geschlossen.

Turmals Traum in dieser warmen Sommernacht war daher umso außergewöhnlicher und erstaunlicher. Inmitten von den wohligen Gedanken einer beginnenden Traumphase erschien Turmal mit einem Schlag ein riesiger weißer Drache. Er war sicherlich 10 Meter groß. Anstatt Schuppen und den gewöhnlichen Färbungen der Haut eines Drachens, hatte dieser Drache ein leuchtend weißes Fell, aus dem glänzend-goldenes Licht zu strahlen schien. Turmal wusste, nur die Weisesten unter den Glücksdrachen hatten ein Fell, und nur bei den Allerweisesten unter ihnen war das Fell so weiß wie bei diesem Drachen. Turmal wusste nicht, ob er Angst haben sollte, denn für ihn fühlte es sich ganz und gar nicht wie ein Traum an. Er sah so real aus. Der Drache stand vor ihm, als wenn er ihn direkt anfassen könnte, und er musste etwas die Augen zusammenkneifen, um nicht von seinem Licht geblendet zu werden.

2

„Du wirst dich auf eine Reise begeben, Turmal“, klang es plötzlich von dem großen weißen Drachen. Seine Stimme klang zwar sehr tief und freundlich, aber auch sehr bestimmend.

„Wer bist du?“, fragte Turmal mit zittriger Stimme.

„Man nennt mich Vigor, dort wo ich herkomme“, antwortete er und spannte seine Flügel aus, deren Spannweite einen gigantischen Schatten auf Turmal warf.

„Du wirst dich auf eine Reise begeben, mein lieber Turmal“, sagte der weiße Drache noch einmal. „Zögere nicht zu lange damit, zu beginnen.“

„Ich verstehe nicht“, sagte Turmal verwirrt. „Eine Reise – wohin soll ich denn reisen?“

„Begib dich auf die Suche nach deiner wahren Bestimmung“, antwortete der weiße Drache. Turmal verstand zwar die Worte, aber nicht die Bedeutung dahinter.

„Meine Bestimmung habe ich doch bereits“, antwortete er. „Meine Bestimmung als Glücksdrache ist es, Glück und Freude den Menschen zu bringen. Das weiß doch jedes Kind.“

„Du bist für höhere Aufgaben berufen, mein lieber Turmal“, antwortete Vigor und schaute Turmal dabei direkt in seine Augen.

Turmal erkannte sofort, dass der Drache genauso tiefschwarze Augen hatte, wie er selbst. Das hatte er von keinem Drachen bisher so wahrnehmen können.

„Hier, nimm diesen Bergkristall und trage ihn bei dir, er wird dich auf deiner Reise begleiten und führen“, sagte Vigor mit seiner tiefen Stimme. Vigor öffnete seine Tatze und darin lag ein transparenter Stein in Form einer Halbkugel. Er ließ ihn Turmal in seine offene Tatze rollen. Turmal betrachtete den hellen, transparenten Stein, den er von Vigor erhalten hatte. Der Stein war faustgroß und hatte die Form einer Halbkugel. Er hatte eine glatte, polierte Oberfläche, wie bei einer Billardkugel. Es sah so aus, als wenn die andere Hälfte fehlen würde, denn die Bruchstelle war sehr scharfkantig und gezackt. Er drehte ihn in seiner Tatze hin und her und erkannte, wie sich das weiße Licht Vigors in ihm brach. Vigors weißes Licht entfaltete auf seiner schuppigen Haut ein buntes Farbenmeer. Als er ganz fasziniert davon nach einiger Zeit wieder aufblickte, war Vigor verschwunden und das Dunkle der Nacht brach wieder über ihn hinein.

3

„Turmal, Turmal, was hast du?“, hörte er plötzlich eine Stimme neben sich rufen. Es war Saphira, die ihn nun auch an den Schultern anfasste und rüttelte.

„Du hast geschrien im Schlaf, was ist los?“ Turmal öffnete schwerfällig seine Augen. Es war bereits die Dämmerung des herannahenden Tages hereingebrochen und die Sonne kündigte sich am Horizont mit einer orange-rötlichen Färbung an.