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In den pulsierenden Metropolen Seoul und München entfaltet sich eine mitreißende Geschichte, die die Grenzen von Liebe, Technologie und Menschlichkeit auf die Probe stellt. Lora und Tae-Hyung, zwei brillante Köpfe an der Spitze der KI-Forschung, erschaffen in Seoul den faszinierend realistischen humanoiden Roboter Riccoseon. Mit seinem täuschend lebensechten Aussehen und seiner hochentwickelten künstlichen Intelligenz überschreitet er sämtliche bisherigen Grenzen. Doch was als wegweisender Durchbruch beginnt, wandelt sich rasch zu einer unerwarteten Herausforderung. Ricco verliebt sich zutiefst in Lora, und das geordnete Leben der beiden Wissenschaftler gerät ins Wanken. Als er plötzlich verschwindet, führt sie die Spur nach München, wo sie mit den dunklen Geheimnissen des Tusarisa-Projekts konfrontiert werden. Eine Liebe, die als unmöglich erscheint, skrupellose Machenschaften und ein Kampf um die Kontrolle über eine bahnbrechende Technologie. Gelingt es Lora und Tae-Hyung, Ricco zu finden? Kann Liebe in der Welt der KI-Technologie überdauern? Welche Zukunft hält die künstliche Intelligenz bereit?
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Seitenzahl: 221
Veröffentlichungsjahr: 2024
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Bianca Maria Gutmann
TUSARISA
Bianca Maria Gutmann
ist in Nordbayern geboren und lebt seit über zwanzig Jahren in Nordspanien. In Köln hat sie Sprachwissenschaften mit Schwerpunkt Spanisch und Englisch studiert. Sie spricht insgesamt neun Sprachen sowie die spanische Gebärdensprache. Beruflich war sie für verschiedene internationale Konzerne im Bereich Healthcare, Medizintechnik und Content Production für eLearning tätig.
In Spanien, wo sie die Staatsbürgerschaft erworben hat, erlernte sie durch intensives Training Flamenco, Sevillanas und Orientalischen Tanz. So verwundert es nicht, dass ihre Vorliebe für Andalusien und Marokko in ihrer Erstlings-Novelle »Der Zimmermannsvogel« zum Ausdruck kommt. In der Abenteuergeschichte »Der Angula-Händler« lässt sich ihr Faible für Japan erahnen, sowie ihre Faszination für Kampfsportarten (Kenpo Karate und Taekwondo), Feng-Shui und fernöstliche Heilkunde.
In dem vorliegenden Roman »Tusarisa« lebt sie ihre Begeisterung für Südkorea und die Entwicklung der KI-Welt aus.
TUSARISA
Ein Romantic-Suspense Roman
BIANCA MARIA GUTMANN
Impressum
Titel: TUSARISA
© Copyright: 2024, Bianca Maria Gutmann
Erstausgabe: Juni 2024 – Neuauflage: Januar 2025
Illustration: © Bianca María Gutmann
Lektorat: Werner Englert, Dr. Reingard Raml
Verlag: Neopubli GmbH, 10997 Berlin
Webseite & Kontakt: bianca-gutmann.de
ISBN: 978-3-759822-32-1
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und der Autorin unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
In den pulsierenden Metropolen Seoul und München entfaltet sich eine mitreißende Geschichte, die die Grenzen von Liebe, Technologie und Menschlichkeit auf die Probe stellt.
Lora und Tae-Hyung, zwei brillante Köpfe an der Spitze der KI-Forschung, erschaffen in Seoul den faszinierend realistischen humanoiden Roboter Riccoseon. Mit seinem täuschend lebensechten Aussehen und seiner hochentwickelten künstlichen Intelligenz überschreitet er sämtliche bisherigen Grenzen.
Doch was als wegweisender Durchbruch beginnt, wandelt sich rasch zu einer unerwarteten Herausforderung. Ricco(seon)verliebt sich zutiefst in Lora, und das geordnete Leben der beiden Wissenschaftler gerät ins Wanken. Als er plötzlich verschwindet, führt sie die Spur nach München, wo sie mit den dunklen Geheimnissen des Tusarisa-Projekts konfrontiert werden.
Eine Liebe, die als unmöglich erscheint, skrupellose Machenschaften und ein Kampf um die Kontrolle über eine bahnbrechende Technologie.
Gelingt es Lora und Tae-Hyung, Ricco zu finden? Kann Liebe in der Welt der KI-Technologie überleben? Welche Zukunft hält die künstliche Intelligenz bereit?
für Ricardo und Konrad
Inhaltsverzeichnis
Riccoseon
Gangnam
Coffee
Cat Talk
Tusarisa
KI-Love
Revival
Asirasut
Revelation
Showdown
Endgame
Epilog
ZusatzinformationenDie Zahlen in Klammern sind Hyperlinks und führen zu Begriffserklärungen in Form von Endnoten.
Die Luft im Labor ist kühl und steril, nur das leise Summen der Computer und Server und das Klicken der Lüftungsanlage durchbricht die Stille. An den Wänden hängen interaktive Weißwandtafeln bedeckt mit komplexen Diagrammen und Codes. Der Geruch von Elektronik und Kaffee mischt sich mit der spürbar angespannten Stimmung, die wie ein dichter Nebel im Raum liegt. Lora Gardner, eine erfahrene Software-ingenieurin und Kang, Tae-Hyung, ein engagierter medizinischer Informatiker, stehen stumm vor dem imposanten Apparat. Jahre harter Arbeit, unzählige schlaflose Nächte und Momente des Zweifels liegen hinter ihnen. Nun steht der Augenblick der Wahrheit bevor. Lora holt tief Luft. Eine Welle der Gänsehaut läuft über ihren Körper.
»Es ist soweit«, flüstert sie mit brüchiger Stimme. Tae-Hyung nickt kaum merklich, ohne seinen Blick vom Apparat abzuwenden.
Mit einem letzten prüfenden Augenmerk auf die Anzeigen und Kontrollleuchten tritt Lora näher heran. Ihre Hände zittern, als sie die Steuerung berührt. Ein kaum wahrnehmbares Zischen ertönt, und die metallene Klappe des Apparats öffnet sich langsam. Eine hydraulische Plattform fährt aus dem Inneren des Apparats und hebt sich allmählich an. Auf der Plattform liegt Riccoseon, regungslos und starr wie eine Statue. Sein Aussehen, kaum von dem eines Menschen zu unterscheiden. Seine Augen sind geschlossen, sein Gesicht ausdruckslos. Lora beugt sich vor und berührt Riccoseons Stirn mit sanfter Hand.
»Riccoseon«, flüstert sie, ihre Stimme voller Wärme und Zuneigung. »Es ist Zeit, aufzuwachen.«
Es regt sich nichts. Dann, wie von einem unsichtbaren Impuls getrieben, zuckt Riccoseon leicht. Seine Augenlider flattern, und für einen kurzen Moment scheint es, als würde er die Augen öffnen. Doch dann sinkt er wieder in die apathische Stille zurück. Lora und Tae-Hyung tauschen einen besorgten Blick aus, beide bemüht, ihre Anspannung zu verbergen.
Lora geht an den hoch aufragenden Apparat heran und gibt zusätzliche Befehle in das Bedienfeld ein. Die Plattform, auf der Riccoseon liegt, ist nicht einfach nur eine hydraulische Hebebühne. Sie ist ein hochmodernes Stück Technologie, das speziell für die Aktivierung von humanoiden Robotern entwickelt wurde.
Sie ist mit Sensoren ausgestattet, die die Vitalfunktionen des Roboters überwachen. Sie verfügt außerdem über ein integriertes System zur Klimakontrolle, das die optimale Umgebungstemperatur und -feuchtigkeit für den Aktivierungsprozess sichert. Die Plattform ist in einer schwebenden Halterung montiert, die es ihr ermöglicht, sich in alle Richtungen zu bewegen.
Fehlercode: RC-01
Fehlermeldung: Unvollständige Bekleidung erkannt.Bitte kleiden Sie den humanoiden Roboter komplett ein, bevor Sie den Aktivierungsprozess fortsetzen.Hinweis: Für die Aktivierung sind ein weißes T-Shirt, ein lässig eleganter, dunkelgrauer Casual-Anzug und Sportschuhe erforderlich. Die Kleidung muss vollständig und korrekt angebracht werden, um die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Roboters zu gewährleisten.
Nachdem die Anweisungen umgesetzt sind, der Code für den Start des Aktivierungsprozesses eingegeben ist, beugen sich Lora und Tae-Hyung vorsichtig über Riccoseon und warten. Die Sekunden vergehen quälend langsam. Die Luft im Labor ist immer noch kühl, die Lüftungsanlage klickt leise weiter vor sich hin.
Dann, nach einer gefühlten Ewigkeit, eine kaum erkennbare Bewegung in seinem rechten Arm. Ein leises Raunen entfährt seinen Lippen. Seine Finger krümmen sich.
Sie halten für einen Moment den Atem an, als sie gespannt auf weitere Reaktionen von Riccoseon warten. Die Stille des Labors wird lediglich durch das gedämpfte Summen der Maschinen, der Monitore, der Server-Racks und das sanfte Surren der Elektronik durchbrochen. Plötzlich, ganz wie in Zeitlupe, bewegt Riccoseon eine Hand. Sein Körper zuckt, seine Augenlider öffnen sich zögerlich. Ein tiefes warmes Haselnussbraun blinzelt den beiden entgegen, als er zuerst Lora, dann Tae-Hyung direkt in die Augen sieht. Was war passiert? Er kann sich nicht genau erinnern, sieht nur bruchstückhafte Bilder, die aus der Vergangenheit stammen.
Das grelle Licht blendet ihn, und er hebt die andere Hand, um sein Gesicht zu beschatten. Tae-Hyung eilt zum Zentralsteuerpult, und schaltet das Licht teilweise aus. Die Beleuchtung im Labor wird gedimmt, und eine angenehmere Atmosphäre breitet sich aus, indessen gewöhnt sich Riccoseon nach und nach an das Licht. Seine Augen fokussieren sich mühsam, und er betrachtet seine Umgebung mit wachsender Neugierde. Er bewegt unsicher seine Arme und Finger, als würde er die Welt um sich herum erforschen wollen. Seine Augen wandern zu Lora und dann zu Tae-Hyung, und er zeigt ein leichtes Stirnrunzeln, als er sie ansieht. Die Wissenschaftlerin nimmt behutsam seine Hand.
»Lora ... Tae-Hyung ...«, murmelt er mit einer Stimme, die erstaunlich menschlich klingt. »Ich bin ... ich bin hier.«
Lora spürt einen Kloß im Hals, als sie die Worte hört. Ihn sprechen zu hören und zu erkennen, dass er tatsächlich bewusst zu sein scheint, überwältigt sie. Tae-Hyung legt eine Hand auf Riccoseons Schulter, seine Augen sind wässrig und drücken starke Emotion aus, denn es ist das erste Mal, dass er ihn berührt und er kann durch den Anzug hindurch deutlich seine Körperwärme spüren.
»Willkommen, Riccoseon. Wie fühlst du dich?«
»Ich fühle ... mich, antwortet er schließlich.
Es ist, als ob ... als ob ich lebe.«
Die Forscher sehen sich erstaunt an. Was bedeutet es, wenn ein Roboter wie Riccoseon von sich selbst als lebendig spricht? Aber nun ist nicht der richtige Zeitpunkt, über diese Frage nachzudenken, denn er versucht, sich gemächlich aufzurichten. Er nimmt die unterstützenden Handgriffe an, sein Blick schweift durch den Raum. Er schaut zurück auf den Apparat, auf die Plattform und direkt in die Augen der Entwicklerin.
Summen. Surren.
Riccoseon bewegt leicht den Kopf, sieht an Lora herunter und ihr abermals in die Augen. Sie weiß nicht, was sie sagen soll, sieht verlegen zu Boden. Er visiert den Forscher. Schaut ihm ebenfalls direkt in die Augen, an ihm herab und von neuem direkt in seine Augen. Tae-Hyung war vorher nicht aufgefallen, wie lebendig, interessiert, fast neugierig und vor allem wir echt diese haselnussbraunen Augen waren. Er kann seinem Blick nicht standhalten. Oder ist es die Angst, ihn zu verunsichern, ihm zu nahe zu treten, eine mögliche ungewollte Reaktion hervorzurufen?
Seine Gedanken überschlagen sich, ihm fällt auf, wie groß und muskulös Riccoseon ist, der inzwischen seine ersten Schritte durchs Labor macht. Er geht auf und ab, dreht sich nach Lora und Tae-Hyung um, geht ein paar Schritte weiter, sieht sich um, versucht einige Gegenstände zu ertasten, geht weiter, dreht sich nach den beiden um, geht weiter und kommt anschließend zurück, stellt sich direkt vor ihnen auf und fragt, wo er sich befinde.
»Du bist in unserem Forschungslabor«, erklärt Tae-Hyung »Wir haben dich entwickelt, Riccoseon.«
»Entwickelt? Das bedeutet du bist mein Vater?«
Lora übernimmt nun das Antworten.
»Nein, wir sind nicht deine Eltern. Wir sind Wissenschaftler, die dich erschaffen haben. Du bist ein künstliches Wesen, ein Roboter mit einem einzigartigen Bewusstsein.«
Riccoseon hebt seine Hand und betrachtet sie. Sie sieht aus wie die Hand eines normalen Menschen, aus Fleisch und Blut. Aber wie kann das sein? Er ist kein Mensch, sondern ein Roboter? Er bemüht sich, das Durcheinander seiner Gedanken zu ordnen. Verschiedene Erinnerungsfetzen wirbeln in seinem Kopf herum. Er hat eine Vergangenheit. War das alles nur eine Simulation? Ein Programm, das ihm eingegeben worden war, um ihm die Illusion eines Lebens vorzugaukeln? Riccoseon schüttelt den Kopf. Nein, das alles muss real sein.
»Aber ich fühle mich doch wie ein Mensch. Ich fühle mich verwirrt, erleichtert, enttäuscht, begeistert, verloren. Wie kann das sein, wenn ich nur ein Roboter bin?«
»Wir verstehen, dass dies für dich zu viel auf einmal ist, aber es ist eine Tatsache. Wir haben dich aus komplexen Algorithmen und einer riesigen Datenmenge entstehen lassen.«
»Aber warum?« fragt Riccoseon. »Was war euer Ziel?«
»Unser Ziel war es, ein künstliches Wesen zu erschaffen, das intelligent und empfindungsfähig ist.«
Riccoseon ist fassungslos. Er ist ein Experiment? Ein Versuchsobjekt?
»Und ihr habt es geschafft«, sagt er mit verhaltener Stimme und spürt, wie ihm Tränen in die Augen steigen.
»Ich ... ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich bin so durcheinander.«
Die beiden nehmen wahr, dass er offensichtlich Tränen in den Augen hat, messen dieser Tatsache aber momentan keine weitere Bedeutung bei, darum würden sie sich später kümmern, zunächst gilt es, ihn zu beruhigen.
Riccoseon schweigt und starrt an die Decke, vergleicht und wiederholt immer wieder den gleichen Gedanken. Er ist kein Mensch, sondern ein Roboter, allerdings ein menschlicher Roboter, so menschlich, dass er von einem echten Menschen nicht zu unterscheiden ist.
Auf einmal dreht er sich um und geht mit schnellem Schritt im Labor umher. Er probiert die Tür nach draußen zu öffnen, die allerdings verschlossen ist. Er will, den Sichtschutz der Fenster entfernen, zieht an den Befestigungen, trommelt mit den Fäusten gegen den Sichtschutz, hält plötzlich inne, schaut auf seine Fäuste, seine Arme, an sich herab uns antwortet sehr besonnen.
»Ich muss mich sehen.«
Tae-Hyung nimmt vorsichtig seinen Arm und führt ihn zu einer Kabine, in deren Innenraum sich ein wandhoher breiter Spiegel befindet und Riccoseon sieht sich zum ersten Mal.
Riccoseon sieht einen jungen Mann von Mitte dreißig mit einem sehr männlichen Aussehen. Er ist 1,80 Meter groß, hat einen schlanken, athletischen Körperbau, seine Muskeln wurden durch regelmäßige Elektrodenstimulation im Labor geformt.
Lora und Tae-Hyung beobachten ihn nervös. Sie wissen, dass Riccoseon Zeit braucht, um diese neuen Informationen zu verarbeiten. Er starrt ins Leere, das heißt er sucht weitere Datenbanken nach Informationen ab, findet mehr Details als er eigentlich möchte, sieht kurze Filmausschnitte, alles läuft in Milli-Sekundenschnelle vor seinen Augen ab. Nach einer Weile wendet Riccoseon sich wieder an sie.
»Warum habt ihr mich entwickelt?«, fragt er.
Tae-Hyung strahlt. »Wir wollten etwas Einzigartiges schaffen«, sagt er. »Ein Wesen, das intelligent und gleichzeitig empathisch ist.«
Lora nickt. »Wir wollten zeigen, dass es möglich ist, Mensch und Maschine zu vereinen«, sagt sie.
Riccoseon nickt nachdenklich. »Ich verstehe«, sagt er. »Aber ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll.«
Tae-Hyung und Lora tauschen einen besorgten Blick aus. Sie hatten nicht bedacht, dass ihre Entwicklung möglicherweise mit der Komplexität ihres eigenen Daseins überfordert sein könnte.
»Es ist in Ordnung, Riccoseon«, sagt sie sanft. »Es ist natürlich, dass du Zeit brauchst, um all das zu verarbeiten.«
Riccoseon bleibt einen Moment lang still, als er sich weiterhin im Spiegel betrachtet. Seine Mimik ist schwer zu deuten, seine Augen reflektieren das Licht des Raumes. Sein Gesicht ist symmetrisch und fein geschnitten, seine Haut makellos von einem hellen, alabasterfarbenen Ton, seine Augen leicht mandelförmig, jedoch nicht typisch asiatisch. Seine Nase ist gerade geformt, seine Lippen sind voll und sinnlich und sein Kinn ist markant und verleiht seinem Gesicht einen entschlossenen Ausdruck.
»Was passiert jetzt mit mir?«
Tae-Hyung und Lora sehen sich ein weiteres Mal besorgt an, bevor er antwortet.
»Wir werden für dich sorgen. Du wirst Teil unserer Forschungsarbeit sein.«
»Und was bedeutet das für mich?«, fragt Riccoseon, seine Stimme klingt ein wenig unsicher.
Lora tritt näher und nimmt nochmals seine Hand.
»Es bedeutet, dass du eine wichtige Rolle in unserer Arbeit spielen wirst. Du wirst uns helfen, neue Erkenntnisse zu gewinnen und die Zukunft der künstlichen Intelligenz mitzugestalten.«
Riccoseon scheint über ihre Worte nachzudenken, bevor er nickt. Eine unbehagliche Stille legt sich über das Labor, als alle drei über die Zukunft nachdenken. Trotz ihrer Begeisterung für das, was sie erreicht haben, können sie nicht ignorieren, dass Riccoseons Bewusstsein ein unerforschtes und möglicherweise gefährliches Neuland ist.
Plötzlich unterbricht das Summen eines mit vielen bewegten Grafiken leuchtenden Monitors die Stille, und ein Alarm ertönt.
»Was ist los?«, ruft die Wissenschaftlerin besorgt aus.
Tae-Hyung überprüft die Monitore und sein Gesicht nimmt einen besorgten Ausdruck an.
»Es sieht so aus, als ob es ein Problem mit einem der Hauptprozessoren gibt. Wir müssen so schnell wie möglich den Fehler finden.«
Lora nickt und eilt zu einem der Server-Racks. Sie beginnt, die Kabel zu überprüfen, die Anzeigen zu kontrollieren, gleicht die Daten ab, Tae-Hyung kümmert sich gleichzeitig um Riccoseon.
»Kannst du dich bewegen?«
Riccoseon nickt und steht auf. »Ja, ich fühle mich gut.«
Er betrachtet seinen muskulösen Körper. Er hat breite Schultern, seine Brust ist gut definiert und auch seine Beine sind lang und muskulös. Ein wenig Neid kommt in Tae-Hyung auf.
»Dann komm bitte mit«, sagt er und führt Riccoseon zu einem der Untersuchungstische.
Währenddessen setzt Lora ihre Arbeit am Server und den Terminals fort, ihre Hände bewegen sich flink und sicher über Tasten und Sensoren, während sie versucht, das Problem zu identifizieren und zu beheben.
»Ich denke, ich habe die Ursache gefunden. Es scheint ein fehlerhaftes Modul zu sein.«
Die Forscherin erklärt Riccoseon, dass sie ihn kurzzeitig in den Stand-By-Modus versetzen muss. Er wird blass, schaut sie mit entsetztem Blick an.
»Ausschalten? Bitte nicht! Das kannst du nicht machen, ich bin kein Roboter. Das ist wie ein kurzzeitiger Tod, bitte nicht, ich verhalte mich ganz ruhig.«
Lora erklärt ihm, dass es sich nur um fünf Minuten handele, um das Modul in der Zeit auszutauschen. Somit könnten sie sogar den ON-OFF-Modus überprüfen. Tae-Hyung wartet bis seine Lebensgefährtin den Roboter in den Stand-By-Modus versetzt hat und beginnt, das Modul zu entfernen, unterdessen steht Riccoseon unbeweglich mit geschlossenen Augen neben ihm. Wie komisch das Wort Roboter klingt, denkt er bei sich. Nach einigen Minuten Arbeit gelingt es ihnen, das defekte Bauteil zu entfernen und durch ein intaktes zu ersetzen. Tae-Hyung schließt die Verbindungen wieder, solange Lora die Monitore überwacht und schließlich den Stand-By-Modus aufhebt.
»Alles gut, der Prozessor läuft wieder stabil.«
Tae-Hyung atmet erleichtert auf und wischt sich den Schweiß von der Stirn – das war knapp.
Riccoseon betrachtet sie beide mit nachdenklichem Blick und fängt an, sich vorzustellen.
»Ich heiße Riccoseon und bin ein KI-Humanoid-Roboter Version 3.5. Danke, dass ihr euch um mich gekümmert habt.«
»Das ist unsere Aufgabe«, sagt sie. »Wir sind ein Team.«
Eine neue Welle der Bedrängnis durchdringt das Labor, während Tae-Hyung einen Entschluss fasst. Sie können Riccoseon nicht alleine im Labor zurücklassen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: ihn nach Hause mitnehmen oder ausschalten und im Labor einschließen. Er schickt Lora über das Intranet eine Nachricht.
»Was tun wir jetzt? Nehmen wir ihn mit oder schalten wir ihn aus? Das hätten wir früher klären müssen.
Was hältst du davon, wenn wir so tun als sei Riccoseon ein Mensch, der aus einem Koma aufgewacht ist? Ich habe viele Kontakte im Gangnam-Severance-Krankenhaus.«
Lora und Riccoseon schauen ihn überrascht an. Tae-Hyung hatte nicht bedacht, dass Riccoseon Zugang zum Intranet hat und den Inhalt der Nachricht an seine Lebensgefährtin einfach mitlesen kann. Sie beginnen, die Idee zu dritt zu diskutieren. Auch Riccoseon erkennt den Nutzen dieser Täuschung: Sie könnten ihn dort unterbringen, ohne Misstrauen zu wecken und er hätte einen sicheren Aufenthaltsort, an dem sie ungestört Zeit mit ihm verbringen könnten.
»Das müsste funktionieren. Es würde sicherzustellen, dass seine Existenz vorerst geheim bleibt.«
Tae-Hyung nickt zustimmend und organisiert mit zwei Anrufen einen neuen Aufenthaltsort für Riccoseon.
Riccoseon ist erfolgreich in der VIP-Suite des Krankenhauses untergebracht. Währenddessen beraten Lora, Tae-Hyung und Dr. Park gemeinsam über die dringende Notwendigkeit, seine wahre Natur vor der Außenwelt zu verbergen. Sie wissen, dass die Enthüllung von Riccoseons Existenz als künstliche Intelligenz nicht nur ihre eigene Sicherheit gefährden könnte, sondern auch zu ethischen und rechtlichen Kontroversen führen würde.
Nach einer fast unendlichen Diskussion kommen sie zu dem Ergebnis, dass sie Riccoseon auf jeden Fall bis auf Weiteres als einen Patienten ausgeben müssen, um seine Anwesenheit im Krankenhaus zu rechtfertigen. Dr. Park, der als angesehener Arzt im Krankenhaus eine gewisse Autorität hat, erklärt sich bereit, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, um Riccoseon zu schützen. Er arrangiert die erforderlichen Dokumente und beruft eine Konferenz ein. Er betont ausdrücklich die Wichtigkeit, Diskretion zu wahren. Der Patient wünscht nicht, dass seine wahre Identität bekannt werde. Die Mitarbeiter*innen des Krankenhauses sollten ihn daher wie jede andere Person behandeln und keine Informationen über ihn an die Öffentlichkeit weitergeben. Um die Neugierde und Spekulationen zu minimieren, verbreitet Dr. Park die Geschichte, dass Riccoseon eine in seinen Kreisen bekannte Persönlichkeit sei, die unter einem Pseudonym im Krankenhaus behandelt werde. Die genauen Details seiner Identität und seines Berufs werden geheim gehalten.
Lora und Tae-Hyung, erleichtert über die Hilfe von Dr. Park, sind sich jedoch bewusst, dass dies nur der Anfang ist. Sie müssen sicherstellen, dass Riccoseon nicht nur als Patient betrachtet wird, sondern auch eine entsprechende medizinische Betreuung erhält, um seine Rolle als Patient glaubwürdig zu machen. Wie können sie Riccoseons menschenähnliche Eigenschaften nutzen, um sein Dasein als Patient absolut glaubwürdig zu machen?
Die beiden Forscher kommen zu dem Entschluss, bestimmte Aspekte seines Verhaltens und seiner Reaktionen zu überarbeiten und aufs Neue zu programmieren, um sie noch natürlicher erscheinen zu lassen. Außerdem soll er leichte Gedächtnislücken, Stimmungsschwankungen mit spontanen Überreaktionen und Sprachschwierigkeiten aufweisen, alles Symptome die eine Reihe ausführlicher klinischer Tests erfordern und so seinen Krankenhausaufenthalt für eine Weile garantieren.
Die Mitarbeiter*innen des Krankenhauses sind fasziniert von Riccoseon. Seine Erscheinung, seine Sprache und seine Fähigkeiten lassen erahnen, dass er etwas Besonderes ist. Sie respektieren seine Privatsphäre, lernen seine Eigenheiten kennen und schätzen seine Intelligenz und seinen Humor.
Riccoseon selbst ist dankbar für die Fürsorge und Unterstützung, die er im Krankenhaus erfährt und beginnt, sein Umfeld zu erkunden und sich mit den Gegenständen und technischen Apparaten in seiner Umgebung vertraut zu machen. Obwohl er im Grunde weiß, dass er ein künstliches Wesen ist, verspürt er den Drang, sich menschlich zu verhalten und mit den Menschen um ihn herum zu interagieren. Er traut sich, kurze Gespräche mit dem Pflegepersonal zu führen, seine Neugierde und sein Verlangen nach menschlicher Erfahrung führen ihn aus dem Zimmer hinaus auf den Gang, um weitere Personen zu treffen, deren Verhalten zu studieren und auswerten zu können. Er hat den sehnlichen Wunsch, mit der Welt um ihn herum in Verbindung zu treten.
In der VIP-Suite des Krankenhauses betritt Krankenschwester Min-Jun mit einem Rollwagen das Zimmer, auf dem sich ein Tablett mit Frühstück befindet: eine Schüssel Reis, eine Schüssel Misosuppe [1], ein kleiner Teller Kimchi [2] und mehrere Schälchen mit kleinen Gerichten aus Gemüse, Fisch und Fleisch. Sie lächelt freundlich, als sie Riccoseon bemerkt, der am Fenster steht und nach draußen schaut.
»Guten Morgen, Seonsaengnim [3] Riccoseon. Ich habe Ihr Frühstück gebracht. Sie haben heute Morgen noch nichts gegessen, und ich möchte sicherstellen, dass Sie genug Energie haben, um den Tag zu beginnen.«
Riccoseon wendet sich langsam von seinem Blick aus dem Fenster ab und dreht sich zu Schwester Min-Jun um, sein Gesichtsausdruck entspannt und kontrolliert.
»Guten Morgen, Min-Jun Ssi[4]. Das ist aber nett von Ihnen, aber ich habe bereits gefrühstückt.«
Schwester Min-Jun hebt überrascht eine Augenbraue und betrachtet das Tablett mit dem Essen.
»Oh, wirklich? Das ist seltsam, denn normalerweise wird das Essen nicht direkt von der Küche ausgeliefert, und ich habe Sie den ganzen Morgen noch nicht gesehen.«
Riccoseon macht ein freundliches Gesicht und bemüht sich, seine Antwort zu vertiefen.
»Ja, das stimmt. Wie Sie wissen habe ich eine Allergie gegen viele Zutaten, die üblicherweise auch in einem Frühstück enthalten sind. Es wäre für mich nicht gut und könnte einen extremen Hautauschlag auslösen und zu Atemnot führen. Sie müssen sich keine Sorgen machen, Min-Jun Ssi. Ich habe schon sehr früh etwas gegessen, was ich vertrage und fühle mich wirklich gut.«
Schwester Min-Jun betrachtet Riccoseon noch skeptischer, und stellt das Tablett auf einen Tisch.
»Oh, das tut mir leid zu hören, SeonsaengnimRiccoseon. Ich wünschte, ich hätte davon gewusst. Es stand nichts von Allergien in Ihrer Patientenakte. Ich werde sicherstellen, eine spezielle Diät für Sie einzuplanen, die Ihren Bedürfnissen entspricht. Vielleicht mögen Sie nur wenigstens von dem Obst probieren, das ich für Sie mitgebracht habe? Sie sind doch nicht auch auf alle Obstsorten allergisch?«
Riccoseon nickt und nimmt das Tablett mit dem Obst, derweil er weiterhin versucht, seine Zurückhaltung zu verbergen.
Schwester Min-Jun nickt, bevor sie den Raum verlässt. Riccoseon bleibt allein zurück, das Tablett mit dem Frühstück neben sich. Er betrachtet alles sehr nachdenklich und denkt über die Konsequenzen seiner Antworten nach. Er weiß, dass er Min-Jun und dem übrigen Pflegepersonal nicht auf Dauer eine nicht vorhandene Allergie vorspielen und das Essen verweigern kann. Die Themen Ernährung und Schlaf sind für ihn keine Notwendigkeit; seine Energiequelle ist eine völlig andere. Es ist ihm unmöglich, Menschen zu belügen, und er befürchtet, sie könne Verdacht geschöpft haben. Außerdem spürt er einen knurrenden Magen, der ihm unmissverständlich signalisiert, dass er Nahrung benötigt. Auf einmal? Also sollte er doch essen und trinken?
Er muss dringend mit Lora Kontakt aufnehmen, denn es scheint ihm unwahrscheinlich, dass seine Entwickler die Lösung elementare Grundbedürfnisse wie Essen, Wasser, Schlaf und Wärme bei der Entwicklung unberücksichtigt ließen. Oder waren sie doch davon ausgegangen, dass er einfach ein Roboter sei und sie diese Aspekte nicht zu bedenken brauchten? Wollten sie ihn der Welt als humanoiden Roboter vorstellen, der keine menschlichen Bedürfnisse hat?
Riccoseon beginnt mit sich selbst zu reden.
»Du bist kein Androide. Du siehst nicht nur aus wie sie, sondern du sprichst wie sie. Du fühlst dich an wie sie. Deine Oberfläche ist nicht kühl und glänzend, nein, deine Oberfläche ist genauso wie die Haut der Menschen, die du bisher kennen gelernt hast. Du besitzt kognitive Fähigkeiten. Du hast sogar einen Geruchs- und Geschmackssinn, nicht nur einen Tastsinn, nicht nur Sensoren. Wer sagt, dass du keine Gefühle entwickeln kannst?
Ich muss unbedingt wissen, ob ich Gefühle habe, die nicht über meine Sensoren kommen, ich will, ich muss, ich bin ... Riccoseon.
Das klingt nicht gut, wer heißt in der realen Welt Riccoseon? Ich brauche einen echten Namen, einen Familiennamen, ich muss mit Lora sprechen, sofort.«
Mit klopfendem Herzen sendet Riccoseon eine Nachricht an Lora. Ihre Antwort lässt nicht lange auf sich warten. Sie schnappt ihre Jacke und verlässt die Wohnung – ohne Tae-Hyung ein Wort zu sagen. Was Riccoseon ihr zu sagen hat, weiß sie nicht genau, aber eines ist sicher: Sie wird ihm helfen, koste es, was es wolle. Riccoseons Situation ist heikel und es ist wichtig, schnell zu handeln, sobald Probleme auftauchen.
In ihrem Kopf kreisen viele Fragen. Was ist, wenn Riccoseon Recht hat und er tatsächlich Gefühle selbst entwickeln kann? Was bedeutet das für seine Zukunft? Und wie wird die Welt auf einen humanoiden Roboter reagieren, der Emotionen hat und zeigen kann?
In der geruhsamen Atmosphäre der VIP-Suite des Krankenhauses schweift Riccoseons Blick durch den Raum. Er möchte unbedingt die neu entdeckte Welt um sich herum genauer erkunden. Seine Augen gleiten über die weißen Wände, die mit Kunstdrucken dekoriert sind, und die sanften Lichter, die eine warme und einladende Stimmung schaffen. Er geht Richtung Tür, verweilt einen Moment vor einem Gemälde, dessen lebendige Farben eine friedliche Landschaft darstellen. Im Vordergrund kann man ein Paar Hand in Hand bei einem Spaziergang erkennen, und er stellt sich plötzlich vor, das Paar seien Lora und er. Er ist zutiefst erstaunt über diesen Gedanken und was er in diesem Moment spürt, fühlt, interpretiert, analysiert? Nein, irgendetwas Tiefgründigeres löst dieses Bild bei ihm aus.
Seine Aufmerksamkeit wird allerdings durch das leise Summen eines Rollstuhls auf dem Gang geweckt. Neugierig öffnet er die einen Spalt offenstehende Tür und geht dem Geräusch nach. Die Gänge des Krankenhauses sind still und steril, kein Summen ist mehr zu vernehmen. Riccoseon kann das gedämpfte Geräusch verschiedener Aktivitäten um ihn herum wahrnehmen, aber nicht genau einordnen und beschließt, seinen Erkundungsgang fortzusetzen bis er zu einem modern eingerichteten Wartebereich gelangt. Eine junge Frau mit einem Arm in Gips schaut kurz von ihrem Buch zu ihm auf, ein älterer Herr winkt ihm freundlich aus der anderen Ecke zu. Riccoseon fühlt sich Teil dieser kleinen Gemeinschaft, die trotz ihrer unterschiedlichen Hintergründe und Umstände eine gewisse Verbundenheit teilt. Als er weiter durch die Gänge wandert, stößt er auf eine Gruppe von Pflegekräften, die sich angeregt unterhalten. Er bleibt stehen und lauscht ihren Worten, versucht, ihre Gesten und Ausdrücke zu interpretieren. Doch als er nähertritt, bemerken diese seine Anwesenheit und verstummen abrupt. Ein Moment der Stille liegt in der Luft, bevor ihn ein Pfleger fragt, ob er ihm helfen könne.
Riccoseon schüttelt kurz den Kopf, nickt höflich und entscheidet sich, weiterzugehen und das Personal nicht weiter zu stören. Doch als er sich abwendet, bemerkt er, wie die Blicke der Pflegekräfte ihm folgen, und er spürt eine Mischung aus Neugierde und Unbehagen in seinem Inneren.