Tyra und Elrik - Arek Graf - E-Book

Tyra und Elrik E-Book

Arek Graf

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Beschreibung

Die Abenteuer der jungen Tyra, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, in die Fußstapfen ihres Vaters zu treten, nehmen eine überraschende Wendung, als sie auf einen alten Freund der Familie trifft. Auf dem Weg, die Schwertkampfkunst ihres Vaters zu lernen, trifft sie gemeinsam mit Elrik auf eigenartige Charaktere und ungeahnte Gefahren, deren Ausmaß sie sich nicht im Traum vorgestellt hätte.

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Seitenzahl: 503

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Vorwort

Dieses Buch war das erste große Literaturprojekt, dem ich mich in meinen jungen Jahren gewidmet habe. Inspiriert von einer Vielzahl anderer Werke und von meiner endlosen Fantasie getrieben verbrachte ich Monate damit, dieser ihrerzeit größten und komplexesten Geschichte Leben einzuhauchen. Im jahre 2017 begann ich im Alter von 19 Jahren damit, die Welt von Tyra und Elrik zu schaffen. Große Dankbarkeit verdient hier meine ehemalige Lehrerin, die mir stets gut zugeredet und mich in meiner hobbymäßigen Arbeit an Büchern unterstützt hat. Falls Sie, Frau Miczka, jemals in Besitz eines dieser Exemplare kommen sollten, so hoffe ich, dass Sie sich Ihres guten Einflusses auf ihren damals jungen Schüler bewusst sind.

Den maßgeblichen Grundstein für meine Begeisterung an literarischen Werken haben meine Eltern gelegt, die mich beide stets ermutigt haben, verschiedene Genres zu lesen und mich dahingehend weiterzubilden. Daher ist es mir eine Ehre, mein erstes großes Werk meinen großartigen Eltern zu widmen.

Möge es jedem Leser Freude bringen, die Welt von Tyra und Elrik zu erkunden, welche sich über insgesamt vier Bände erstreckt und die Höhen und Tiefen der zwei Abenteurer begleitet. Wer also Gefallen an diesem Roman findet, darf sich auf Fortsetzungen freuen, die nach und nach das Licht der Welt erblicken werden. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Werks habe ich den zweiten Band bereits fertiggestellt und die Arbeit am dritten Teil der Serie begonnen, sodass jeder meiner Leser ohne Sorge um Verzögerungen oder gar einen Abbruch dieser Romanreihe in die Geschichte eintauchen kann.

Es verbleibt mit Freude ein aspirierender Autor, der mit Stolz auf die Früchte seiner Arbeit blickt und diese nur allzu gerne teilt.

~Noah

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Kapitel Eins: Wanderer

Kapitel Zwei: Nach Norden

Wenige Minuten nach der Zerstörung des Altars

Gegenwart

Kapitel Drei: Der Kult von Nex

Kapitel Vier: Gurog der Mächtige

Kapitel Fünf: In den Fängen des Kults

Epilog

Eins: Wanderer

Sehr weit entfernt von der Zivilisation und somit fernab jeglichen Schutzes vor Banditen, Raubtieren und Sklavenhändlern wanderte eine junge Frau in der Wildnis umher. Von den Stadtmenschen wurde sie kritisch beäugt und stets gemieden, und sofern der Kontakt nicht von ihr ausging wechselte auch niemand ein Wort mit ihr. Keiner konnte oder wollte ihr helfen, keiner glaubte ihr, wenn sie ihre Abstammung preisgab und den damit verbundenen Respekt einforderte. Eigentlich hasste sie es, nur aufgrund ihrer Vorfahren respektiert zu werden, da eben diese auch für die missliche Lage der jungen Frau verantwortlich waren. Der Name ihres Vaters, den sie selbstredend mit Stolz trug, war ein zweischneidiges Schwert für sie. Als Kind dachte sie, dass es etwas Gutes sei, wenn Menschen sie fürchteten. Wenn man gefürchtet wurde, drohte einem keine Gefahr, denn niemand traute sich an einen heran. Das dachte sie, und sie irrte sich danach nie mehr auf die gleiche törichte Weise.

In einem gewissen Alter lernte man, was Furcht auslösen konnte. Im besten Fall wurde man gemieden, im Schlimmsten wurde man angegriffen, überfallen oder hingerichtet, gerade in einem Zeitalter, in dem professionelle, aber auch viele selbsternannte Hexenjäger ihre Arbeit so ernst nahmen, dass sie prompt ihr Beuteschema erweiterten, ohne von irgendwem kritisiert zu werden. Also hätte die junge Frau gut daran getan, die Merkmale an ihrem Körper zu verbergen, aufgrund derer sie das Misstrauen, die Abneigung und den Hass der Stadtmenschen abbekam. Allerdings bestand das Problem, dass diese Merkmale praktisch das erste waren, das man zu Gesicht bekam: Ihre gräuliche Hautfärbung in Verbindung mit zwei Tätowierungen, die von ihren Augen ausgehend zu ihren Wangen liefen und jeweils zwei blässlich schwarze Schatten darstellten, die auf den ersten Blick wie Blitze aussahen, die sich auf ihren Wangen zu einem einzelnen verbanden. Auch ihre hellgrauen, fast silbernen Haare waren ein Hinweis, doch die konnte sie wenigstens unter einer Kapuze verdecken.

Um weiteren Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen und endlich jemanden zu finden, der ihr helfen konnte, entfernte sie sich so weit wie möglich von der mit militärischen Truppen und Hexenjägern überfüllten Stadt, in der sie sich die letzten Tage aufgehalten hatte. Die Menschen dort waren nicht nur arrogant, sondern auch ignorant. Sie hatten ihre Städte seit weniger als einem Jahr wieder unter Kontrolle, doch sie schienen jetzt schon zu denken, dass sie allein die Horden der Untoten zurückgeschlagen hätten, welche eine noch viel schlimmere Bedrohung ankündigen sollten. Wären nicht die Grauen gewesen, die den Menschen in der Not beistanden, stünde heute keine einzige Stadt mehr. Die Grauen. So nannten die Menschen das vom Aussterben bedrohte Volk der jungen Frau. Sie nahmen nicht einmal den richtigen Namen in den Mund.

Kopfschüttelnd griff sie nach dem Knauf ihres Schwerts. Es baumelte noch immer an ihrer linken Hüfte, so wie es die letzten vier Stunden der Fall war, doch immer musste sie sich davon vergewissern, um sich selbst zu beruhigen. Natürlich war es ihr unangenehm, in den Städten der Menschen zu wandeln und sich angaffen, beleidigen und verhöhnen zu lassen, doch die Alternative in Form von möglichen Überfällen und Wildtierangriffen war nicht unbedingt beruhigender. Die Wege ins Niemandsland waren so unsicher wie es ein Nachkriegsgebiet nur sein konnte, und das obwohl es einige Ortschaften und Dörfer gab, die sich gegen allerhand Gefahren zu verteidigen wussten. Eigentlich hätte sie mit Söldnern oder bestenfalls Soldaten gerechnet, die die abgelegenen Orte schützten, doch bis zum Schutz der tatsächlich kampferprobten Wächter hatte sie einen weiten Weg vor sich. Die Menschen ließen die Wege, die ihre Dörfer und Städte miteinander verbanden, einfach verwildern, um ihre Leibeigenen und Sklaven am flüchten zu hindern. Nur, wer sich eine Leibwache leisten oder mit dem Schwert umgehen konnte, war in der Lage, sicher zu reisen.

Es wurde langsam dunkel. Spätestens jetzt bereute die Frau, nicht wenigstens bis zum Morgen des nächsten Tages abgewartet zu haben. In ihrem eigenen Leichtsinn hielt sie es für klug, allein loszuziehen und dabei nur einen kleinen Beutel mit sich herumzutragen, in dem sie Brot, Käse und eine Wasserflasche verstaute. Zumindest hatte sie daran gedacht, auch genug einzupacken. Die Nacht würde sie damit überstehen und auch bis zum Mittag des kommenden Tages wäre sie versorgt, ab dann musste sie aber improvisieren. Sie kannte sich in diesem Teil des Landes kaum aus, da sie überwiegend im Osten lebte. Als mit ihrer Mutter das letzte ihr bekannte Familienmitglied starb, hatte sie keinen Grund mehr, sich weiter im Haus ihrer Eltern aufzuhalten.

Versuchen wollte sie es, doch das Gefühl, zu erwachen und mit Totenstille begrüßt zu werden, während man leere Zimmer absuchte, weil man hoffte, dass alles nur ein böser Traum war, machte sie fast wahnsinnig. Also packte sie die wenigen Sachen, die ihr geblieben waren, und zog vor zwei Monaten gen Norden, wo es für Einzelgänger angeblich einfach war, ein neues Leben aufzubauen. Anfangs hatte sie einen Rucksack bei sich, in dem sie genügend Proviant, Geld und Bücher ihres Vaters mit auf die Reise nahm.

Auch ihre sogenannte Rüstung packte sie ein. Es handelte sich hierbei eigentlich nur um die Kluft, die sie immer trug, wenn sie als Kind mit ihrem Schwert trainiert hatte. Sie achtete damals mehr auf das Aussehen als auf die Effizienz ihrer Rüstung, da sie niemals daran dachte, eines Tages von ihr abhängig zu sein, was darin resultierte, dass der einzige Vorteil die Beweglichkeit während des Kampfes war. Sie trug Lederhandschuhe, die an den Knöcheln mit Stahlspitzen verstärkt wurden, sodass ihre Faustschläge mehr als nur ein wenig schmerzhaft ausfielen. Die Handschuhe gingen bis zu ihrem Ellbogen, alles darüber war nur durch die Ärmel ihres Stoffoberteils geschützt. Zudem trug sie alte, aus zähem Leder gefertigte Schulterschützer, die mit ihrem Oberkörperschutz verbunden waren – einem dünnen Oberteil in roter Farbe, das sie mit Teilen eines Kettenhemds überzogen hatte. Dieses schützte jedoch nur ihren Schulter- und Brustbereich, während ihr Bauch lediglich von dem roten Stoff verdeckt wurde.

Ihr Unterkörper war in die gleiche Mischung aus Kleidung und Schutz gehüllt – die junge Frau trug eine braune, knielange Hose, die sie mit Überresten eines Kettenhemds verstärkt hatte. Dicke Stiefel, in denen sie bis zu den Knien steckte, rundeten die provisorische Kampfmontur ab.

Irgendwann begann sie, aus Sicherheitsgründen nur noch diese leichte Rüstung zu tragen und verzichtete auf die dicke Kleidung, die sie eigentlich vor der Kälte im Norden schützen sollte. Vor nicht allzu langer Zeit bekam sie es mit einer kleinen Gruppe Banditen zu tun, da hatte sie noch zwei Schwerter und konnte mit ihrem Geschick auftrumpfen, ja sogar einen der Banditen schwer verletzen. Dennoch, es stand drei gegen eine, und schnell wurde ihr das linke Schwert aus der Hand geschlagen, was sie völlig durcheinander brachte. Also warf sie ihren Rucksack zu Boden und lief vor dem aussichtslosen Kampf davon, um sich an einem anderen Tag rächen zu können.

Sie hatte jedoch nichts mehr außer ihrem letzten Schwert und dem Geld, das sie noch in der Hosentasche versteckt hielt. Bevor sie überhaupt die großen Städte im Norden erreichte, musste sie sich zuerst in kleineren Gebieten durchschlagen, was für eine Graue nicht gerade einfach war. Schon aufgrund ihres Schwerts hielt man sie für eine Mörderin, denn die Klinge stammte aus der Schmiede eines legendären Kriegswaffenherstellers. Sie ähnelte einem Säbel und hatte kunstvolle, rankenförmige Muster auf der Oberfläche. Jene Muster wurden von allen Kämpfern, aber auch Attentätern der Grauen verwendet, was im Falle der jungen Frau einen schweren Start bei den Stadtmenschen des Nordostens bedeutete.

Sie arbeitete in einer Gaststätte und zwei Schänken, wo wenigstens die Wirte freundlich genug waren, ihr Unterkunft und Versorgung zu garantieren, wenn sie sich nützlich machte. Für mehrere Wochen kümmerte sie sich um die Betten der Gäste, brachte die Getränke an die Tische und spülte die Gläser, um sich somit ihren Aufenthalt zu finanzieren. Doch das war nichts, womit sie sich langfristig anfreunden konnte, und so zog sie mit dem verdienten Geld weiter in die erste wirklich große Stadt - Potsdam. Glücklicherweise waren die Hexenjäger dort nicht sehr beliebt, doch rasch stellte sich heraus, dass der Grund hierfür weniger erfreulich war. Es bestand ein mündlicher Vertrag zwischen zwielichtigen Kultisten und schlampig arbeitenden Behörden. Letztere waren bekannt dafür, sich Hilfe auf weniger gesetzeskonformem Wege zu sichern, was dem herrschenden Kurfürsten Johannes von Brandenburg zwar bekannt war, doch der wurde von seinem Sohn stets am Intervenieren gehindert. Man erzählte sich, der Sohn sei Mitglied eines solchen Kults und der Kurfürst habe Angst davor, seinen einzigen Erben durch unüberlegte Handlungen zu verlieren.

Diese Stadt ließ die junge Frau jetzt wieder hinter sich, denn dort konnte es wahrlich keine Zukunft für sie geben. Mittlerweile griff sie schon zum zehnten Mal nach ihrem Schwert, um sicherzugehen, dass es noch da war, obwohl sie sich zuweilen fragte, was ihr das Schwert noch nützte. Nicht nur war sie im Kampf mit einer Klinge völlig unerfahren, da sie ausschließlich die Zwillingsklingen-Technik trainiert hatte, sondern das Schwert schützte sie lediglich vor Gegnern, die sie sehen und anfassen konnte. Ihr eigentlicher Feind war aber die mit der Dunkelheit aufkommende Kälte des Nordens, die sich mit jeder Minute deutlich spürbar auf ihren Körper auswirkte.

Sie legte zitternd die Arme um ihren Körper und kam absichtlich vom Weg ab, um nach geeigneten Holzstücken zu suchen, mit denen sie sich an einem Feuer versuchen konnte. Glücklicherweise lagen einige große Äste verteilt um einen umgekippten Stamm, der zweifellos von Holzfällern zurückgelassen wurden, um am nächsten Tag abgeholt zu werden. Massives Eichenholz, das erkannte die Frau sofort. Ihr Schwert ziehend näherte sie sich den dicken Ästen und zerteilte diese mit unschönen Hieben, in der Hoffnung, ihr Schwert damit nicht abzustumpfen. Zehn Minuten lang bearbeitete sie das Holz, bis sie genug zusammenhatte, um ein ordentliches Lagerfeuer anzuzünden. An ihrer Fähigkeit, eine Flamme zu erzeugen, zweifelte sie aber langsam.

Feuersteine benutzen konnte sie, doch sie spürte bereits, wie ihre Finger trotz der Handschuhe langsam auskühlten und sich taub anfühlten. Die grauhäutige Frau nahm die zwei Feuersteine aus ihrem kleinen Beutel und dachte daran, wie schön es wäre, jetzt am Feuer zu sitzen und in ihrem Tagebuch zu schreiben. Sie hatte es bei dem Überfall verloren, als sie ihren Rucksack zurückließ, und sie freute sich damals sogar darüber.

Sie hasste Tagebücher, doch sie zwang sich, jeden Abend wenigstens ein paar Worte hineinzuschreiben. Ihre Mutter hatte ihr gesagt, wenn sie jeden Tag daran schrieb, würde die Zeit viel schneller vergehen. Das war, als ihr Vater noch lebte und wie immer mitten im Krieg steckte. Sie vermisste ihn sehr, das konnte sie nicht leugnen, und daher hielt sie sich an den Rat ihrer Mutter. Irgendwann ereilte sie die Nachricht seines Todes, und von diesem Tag an wurde das Tagebuch eher eine Last für die junge Frau. Sie schrieb, weil sie es mit ihrem Vater verband. Immer, wenn sie etwas ausgesprochen Dummes tat, wie etwa Streit mit hochnäsigen, adligen Jünglingen anfangen, ihre Vorgesetzten verärgern oder einen Bierhumpen 'versehentlich' über die feine Kleidung eines nervigen Gastes zu schütten, schrieb sie dies in ihr Tagebuch und konnte sich fast vorstellen, wie ihr Vater müde auf sie herablächelte.

Tyras Abenteuer – Das war der Titel ihres Tagebuchs, auch wenn man weniger von Abenteuern und mehr von einer Aneinanderreihung unglücklicher Zwischenfälle sprechen konnte; Zwischenfälle, wie beispielsweise in der Eiseskälte beim Versuch, ein Feuer zu entzünden, von tollwütigen Wölfen angefallen zu werden.

Tyra, so nannte sich die Frau, werkelte weiter mit den Feuersteinen herum und erzeugte nach zwei Minuten endlich den ersten Funken. Ein Lächeln huschte über ihre Lippen, dann machte sie genau so weiter. Noch ein paar beharrliche Versuche, und ihr Lagerfeuer wäre nicht mehr länger nur ein Traum.

Ein leises, immer bedrohlicher werdendes Knurren hinter ihrem Rücken ließ sie erstarren. Ein zweiter Wolf ertönte wenig später, kurz darauf gesellte sich ein dritter dazu. Tyra drehte sich langsam um und zog ihr Schwert, hielt es zitternd und unsicher in den Händen. Das von der Kälte ausgelöste Zittern wurde nun von der Angst verstärkt und ihr Körper bebte fast schon panisch, die Ketten ihrer Rüstung klapperten dabei und animierten die Wölfe nur weiter dazu, ihre Beute zu fixieren. Einem der Tiere lief gelber Schaum aus dem Mund, während er mit seinem Knurren die anderen übertönte.

Klasse, dachte sie. Tollwütig sind sie auch noch.

Von ihrer Mutter hatte Tyra oft Geschichten darüber gehört, wie ihr Vater Reißer jagte. Diese entfernten Verwandten der gemeinen Waldwölfe waren deutlich größer und gefährlicher, doch wie die kleineren Wölfe hatten auch sie eine entscheidende Schwachstelle.

Ihr Vater wartete ab, bis einer der Reißer im Blutrausch auf ihn zusprang, sodass er mit dem Schwert von unten nach oben stoßen konnte. Ließen ihn seine Reflexe nicht im Stich, resultierte dies darin, dass die Klinge sich durch den unteren Teil des Reißermauls bohrte und beim Austreten die Zunge und den Nasenknochen am oberen Ende der Schnauze durchstieß. Dann ließ er sich nach hinten fallen und trat den Reißer dabei von sich weg.

Ob das bei Wölfen auch möglich war? Tyra stand kurz davor, es herauszufinden. Die drei Wölfe umzingelten sie und knurrten kontinuierlich, als wüssten sie, dass die junge Frau davon unglaublich eingeschüchtert wurde. Der aggressivste Wolf blieb stehen und bellte laut, dann sprintete er urplötzlich auf seine Beute zu und setzte zum Sprung an. Sie nahm all ihren Mut zusammen und wartete den richtigen Moment ab, ging einen Schritt zurück und führte die Stoßbewegung nach oben mit aller Kraft aus. Für einen Moment dachte sie, ihr Vater hätte sie bei der Bewegung mit einer Hilfestellung unterstützt. Sie stellte sich vor, wie er ihre Hände hielt und seiner Tochter zu einer flüssigen Bewegung verhalf, sie dabei unterstützte, sie auszuführen.

Tyra spürte Widerstand an ihrem Schwert. Der Wolf jaulte schmerzerfüllt, als die Klinge sein Maul durchbohrte und ihn schwer verwundete. Die Frau ließ sich nach hinten fallen, wobei sie aufgrund seines Gewichts nicht in der Lage war, den Wolf im Fallen von sich wegzustoßen. Als sie mit dem Rücken auf dem Boden aufschlug und das Tier auf ihrem Brustkorb landete, entwich ein zur Hälfte unterdrückter Schrei ihrer Kehle.

Die Kettenrüstung schützte sie zwar vor tiefen Verletzungen durch spitze Steine, die ihrem Rücken eine unsanfte Landung bescherten, doch schmerzhaft war der Zusammenstoß allemal. Das Blut des Wolfs, dessen geöffneter Mund sich über dem Kopf seines eigentlich als Beute gedachten Ziels befand, floss Tyra ins Gesicht und von dort aus auf ihren Hals. Es war ein Ekel erregendes Gefühl, das mit Speichel vermischte Blut auf ihrer Haut zu spüren, und die junge Frau versuchte, die aufkommende Übelkeit zu unterdrücken. Mit all ihrer Kraft drückte sie den Wolf von sich herunter, um das Schwert aus seinem Maul zu ziehen und die beiden anderen Wölfe anzusehen. Diese hatten ihren Angriff abgebrochen, da das herzzerreißende Jaulen ihres Mitjägers selbst sie kurz zum Verstummen brachte.

Dann knurrten sie wieder. Ob Tyra wohl noch einmal so eine Aktion anbringen konnte? Sie wurde immer schwächer und müder, ihre Hände spürte sie fast gar nicht mehr. Ihr Rücken und ihre Brust schmerzten, ihre Sicht wurde vom Blut des Wolfs eingeschränkt und der Gestank des Speichels bescherte ihr Übelkeit. Trotzdem musste sie durchhalten.

Ohne Vorwarnung fielen die beiden Wölfe über ihren halbtoten Kameraden her und zerfleischten ihn, wobei Tyra angewidert wegsah. Sie ergriff ihre Chance und nahm die Beine in die Hand, um einfach nur fortzulaufen so weit sie konnte, bis ihre Beine sie nicht mehr tragen und ihre Lunge sie nicht mehr mit genug Sauerstoff versorgen konnte. Es war ihr egal, solange sie genug Abstand zu den Wölfen aufbaute.

Eine einfache Tollwut hatten sie nicht. Sie waren völlig durch. An einem kleinen Holzgebilde, das nach einem Straßenschild aussah, fiel die völlig erschöpfte Frau auf die Knie und atmete heftig durch. Am liebsten hätte sie sich einfach hingelegt und die Augen geschlossen, ganz egal, welche Gefahren noch auf sie warteten. Banditen, Sklavenhändler, die Wölfe, vor denen sie eben noch entkommen war? Sollten sie doch kommen und die Frau mitnehmen.

Als sie damit fertig war, ihren närrischen Gedanken freien lauf zu lassen, hievte sie sich am Ständer des Holzschilds hoch und lehnte sich noch eine Weile dagegen, bis sie sich wieder stark genug fühlte, weiterzulaufen. Durch das Rennen war ihr für ein paar Minuten wieder etwas warm geworden und auch ihre Finger schienen wieder von ihrem Blutkreislauf beachtet zu werden, doch das würde nicht lange so bleiben. Jede Sekunde, die sie herumstand und vergeudete, schwächte sie noch weiter.

Tyra versuchte, die in das Holz eingekerbten Worte zu erkennen, sah aber aufgrund der Dunkelheit kaum etwas. Sie erkannte nur, dass das Schild nach Norden zeigte – in die Richtung, in die sie gerannt war. Immerhin befand sie sich auf dem richtigen Weg.

Das Schwert in die Scheide steckend schleifte sie sich den Weg entlang und musste aufgrund ihrer langsamen und abgehackten Bewegungen mittlerweile selbst wie eine Untote aussehen. Bei ihrem Glück würde ihr die nächste Wache aus genau diesem Grund einen Bolzen durch den Schädel jagen, um sicher zu gehen, dass sie keine Gefahr darstellte. Die Frau lächelte schwach. Immer noch ein angenehmeres Ende als von Wölfen zerfleischt oder von Räubern zu Tode misshandelt zu werden.

In einiger Entfernung, sie schätzte zweihundert Meter, sah sie Feuer in Form von einigen Fackeln brennen. Das musste das Dorf, die Siedlung oder die kleine Stadt sein, auf die das Schild zeigte. Eine Fackel bewegte sich in einer geraden Linie von links nach rechts – ein Nachtwächter patrouillierte vor den Toren. Am liebsten hätte sie nach ihm gerufen, doch sie wusste genau, dass sie zu keinem Schrei mehr in der Lage war. Es dauerte nicht lang, da entdeckte der aufmerksam in die Nacht blickende Mann die Umrisse der jungen Frau.

Als der Nachtwächter ihr entgegenkam und warnend sein Schwert zog, hob sie die Hände über den Kopf, um zu zeigen, dass sie keine Feindin war. Anhand seines langen Schwerts und der eisenbeschlagenen Rüstung, die unter seinem dicken Mantel hervorlugte, konnte sie ihn als ehemaligen Soldaten identifizieren, der sich jetzt entweder als Söldner verdingte oder bei der Stadtgarde angeheuert hatte.

„Was macht eine Frau allein bei Nacht hier draußen?“, fragte der Wächter beinahe besorgt und erstarrte, als er ihr Gesicht sah. Nicht nur war sie blutüberströmt, sondern sie hatte graue Haut und die Tätowierungen, die ihre Herkunft bezeugten. Tyra dachte für einen Moment, dass er sie abweisen würde, doch zu ihrer Überraschung zog er seinen dicken Mantel aus und warf ihn ihr über die Schulter. Sofort zog sie das wärmende Kleidungsstück eng um ihren Körper und warf dem Wächter einen dankbaren Blick zu, der dies mit einem Nicken erwiderte.

„Kommt, ich habe ein Zimmer in der Gaststätte. Wascht Euch, legt ein paar saubere Klamotten an und ab ins Bett. Ich habe die ganze Nacht hier draußen zu tun, daher werde ich Euch auch nicht stören.“

„Habt vielen Dank“, sagte sie von jäher Ungläubigkeit gepackt. Der Mann lief mit ihr zum Tor und öffnete es mit einem schweren gusseisernen Schlüssel, ehe er auf ein langes Gebäude zeigte, das sich auf der rechten Seite der Ortschaft befand. Im Untergeschoss brannte noch Licht.

„Keine Ursache. Ein Kental hat mir mal das Leben gerettet, ich begleiche hier nur meine Schuld. Passt dennoch auf Euch auf. Hier ist Euresgleichen nicht gern gesehen.“

„Mhm“, gab Tyra unbeeindruckt zurück. „Bin ich schon gewohnt.“

Der Wächter nahm dies offenbar mit Bedauern zur Kenntnis. Die Kental waren für einige Menschen so etwas wie Kameraden geworden, als sie sich gemeinsam mit ihnen durch schier endlose Wellen untoter Widersacher kämpfen mussten. Manchmal glaubte Tyra, dass nur noch Soldaten und Ritter verstanden, wie wichtig die Zusammenarbeit der beiden Völker war und immer sein würde.

„Tut mir echt leid“, sagte der Wächter nach einem Augenblick der Stille.

„Was?“, fragte Tyra.

„Das Benehmen der Menschen. Vor langer Zeit hatten unsere Völker eine Gemeinsamkeit: Wie Ihr liebten auch die Menschen ihr Land, ihr Volk, ihre Traditionen und die enge Zusammenarbeit mit Eurem Volk. Mittlerweile habe ich aber das Gefühl, dass viele von uns sich wünschen, die Menschen würden ausgerottet werden. Anders kann ich mir das Verhalten gegenüber den Kental nicht erklären. Wir verdanken euch, dass wir noch ein Land und ein Volk haben. Manche scheinen das mit der Zeit zu vergessen.“

Vor der Tür der Gaststätte machten die beiden Halt. Tyra zog die Kapuze tief ins Gesicht, damit drinnen niemand ihr Gesicht sehen konnte. Sowohl das Blut, als auch ihre Tätowierungen würden, sobald sie entdeckt wurden, nur unnötige Konflikte heraufbeschwören, die sie jetzt überhaupt nicht brauchen konnte. Der Wächter verabschiedete sich, kehrte auf seinen Posten zurück und ließ Tyra allein, die sich in das von ihm angesprochene Zimmer begab. Noch nie hatte sie sich so sehr auf ein Bett gefreut, wie es heute der Fall war.

Ein warmer Sonnenstrahl streichelte die graue Haut der noch immer schlafenden Frau, die in ihrem Schlummer unzählige aneinandergereihte Träume hatte. In den letzten Monaten betrafen einige davon ihren Vater und das gemeinsame Training mit ihm. Der Sonnenstrahl wanderte von ihrer Wange aufwärts und folgte dabei wie ein himmlischer Finger den Linien ihrer Tätowierungen, bis das linke Auge von dem hellen Licht erfasst wurde. Müde seufzend drehte Tyra den Kopf zur Seite und öffnete verschlafen ihre Augenlider.

Sie sah nur eine verschwommene Wand, die sie daran erinnerte, wo sie war: In einem Zimmer der Gaststätte des beschaulichen Dorfs. Sofort fiel ihr der Wächter ein, dem sie dieses Zimmer zu verdanken hatte, und sie warf den Kopf unsicher auf die linke Seite, um sich im Raum umzusehen.

Beruhigt atmete sie aus. Sie war allein. Natürlich hatte der Mann jedes Recht gehabt, sich in dem von ihm bezahlten Zimmer aufzuhalten, doch sie fühlte sich bei dem Gedanken, mit einem fremden Menschen allein in einem geschlossenen Raum zu sein nicht sonderlich wohl, egal, wie nett und höflich er auch sein mochte. Hinzu kam die Tatsache, dass sie unter ihrer Decke splitternackt auf dem Bett lag.

Am Abend zuvor folgte sie dem Rat des Wächters und nutzte das in der Waschschüssel vorhandene Wasser, um sich von der feuchten Erde, dem getrockneten Wolfsblut und seinem Speichel zu reinigen.

Auch ihr Schwert säuberte sie von den Körperflüssigkeiten des toten Tiers, selbiges tat sie mit ihrer Kleidung, die sie dann über ein kleines Feuer hängte, welches sie über Nacht im Kamin hatte brennen lassen. Dabei hatte sie vorsichtig ihre Schultern und den Teil ihres Rückens, den sie mit den Händen erreichen konnte, nach Verletzungen abgetastet. Wie sie vermutet hatte waren die spitzen Steine nicht sehr tief durch die Kettenrüstung gekommen, trotzdem schmerzten die jeweiligen Punkte schon bei der bloßen Berührung.

Der Teil mit dem Waschen war also erledigt, nur hatte sie keine Wechselklamotten bei sich, und in der Kiste des Wächters wollte sie nicht herumwühlen, also legte sie sich einfach so ins Bett und hoffte, dass ihre Rüstung bis zum nächsten Morgen trocknen würde. Den dicken Mantel des Mannes hatte sie auf dessen Reisetasche gelegt, damit er ihn direkt wiederfand, sollte er die nächtliche Kälte doch nicht ohne den dicken Wollschutz überstehen können.

Mehrere Minuten lag sie ruhig atmend in dem gemütlichen Bett und sah zur Decke. Verglichen mit den stickigen Kammern der Kaschemmen, in denen sie zu früheren Zeitpunkten gearbeitet hatte, war dieses Zimmer ein wahrhafter Traum. Das großzügig mit Stroh gepolsterte Bett fühlte sich an wie eine Wolke und die Wolldecke war so gemütlich, dass Tyra sich in ihr eingerollt hatte. Und das Federkissen erst! Die junge Frau lachte leise über sich selbst. Sie lebte einmal mit ihren Eltern in einem recht großen Haus und genoss akzeptablen Wohlstand aufgrund ihres Vaters, der beim Militär einen hohen Rang hatte. Nun gehörte sie zu einer so niedrigen Gesellschaftsschicht, dass sie sich bereits über ein anständiges Bett freute, als sei es ein Weltwunder. Wegen des angenehmen Sonnenlichts, das ihr mit einer wohligen Wärme einen guten Morgen wünschte, wollte Tyra noch ewig in jenem fabelhaften Bett liegenbleiben, doch diese Wahl hatte sie leider nicht. Es war ja nicht einmal ihr eigenes Zimmer.

Sie streckte sich ausgiebig und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Beim Aufsetzen schmerzte ihr Rücken wieder. Zum Glück war das alles, was von der letzten Nacht geblieben war, dachte sie. Der schwere Wolf, der mit seinem ganzen Gewicht auf ihrem Brustkorb gelandet war, hätte ihr mit hoher Wahrscheinlichkeit ein paar angebrochene Knochen bescheren können, doch anscheinend hatte sie wenigstens da etwas Glück gehabt.

Die junge Frau stieg aus dem Bett und sah nach ihrer Rüstung, die noch immer über dem Kamin hing und beinahe vollständig getrocknet war. Zwar rochen ihre Klamotten nun nach Rauch, aber das war ein Preis, den sie zu zahlen bereit war. Gemütlich zog sie ihre braune Hose an, befestigte den dazugehörigen Teil des Kettenhemds mit ihrem Reisebeutel daran und schlüpfte in die langen Stiefel, ehe sie nach ihrem roten Oberteil griff und es sich überzog. Als letztes kam das dafür vorgesehene Kettenhemd, die Handschuhe ließ sie vorerst noch hängen. Ihr Schwert lag mitsamt der Scheide am Bettrand, und als sie dieses an ihrer Hose befestigte, fiel ihr auf, dass die Tasche des Wächters fort war.

Ein Brief lag auf dem runden Tischchen und Tyra blickte kurz auf den Umschlag, da sie dachte, dass er an den eigentlichen Besitzer dieses Zimmers adressiert war. Auf dem Umschlag stand jedoch in schönen Lettern geschrieben: An die Kentalfrau.

Tyra öffnete den Umschlag und zog den Brief heraus, den der Wächter, der sich im Verlauf des Textes als Söldner entpuppte, hinterließ.

Guten Morgen

Wenn Ihr das lest, werde ich schon fort sein, denn die Händlerkarawane, die mich für meinen Schwertarm bezahlt, zieht früher weiter, als gedacht. Ich hätte mich gerne noch mit Euch unterhalten, aber Pflichten sind nun mal Pflichten. Ich habe den Wirt im Voraus für ein Frühstück bezahlt, das ich jetzt leider nicht mehr genießen kann, also sagte ich ihm, dass eine junge Frau vorbeikommen wird, der er das Essen geben soll. Brot, Eier und Speck, ich hoffe Ihr mögt es. Lebt wohl.

Ach, noch etwas: Lasst Euch nicht von den Menschen und ihrer Dummheit ärgern. Eines Tages werden auch die Kental wieder den Respekt bekommen, den sie verdienen.

-Philip

Tyras Lippen formten sich zu einem kurzen Lächeln, während sie den Brief zurück auf den Tisch legte und daran dachte, wie nett der Mann war. Zweiundzwanzig Jahre lebte sie nun, und noch nie war ihr ein Mensch untergekommen, der ihr so zuvorkommend begegnete. Womöglich, dachte Tyra, sollte sie sich ab sofort nur noch an Söldner, Soldaten und Ritter halten. Die schienen Kental noch zu respektieren.

„Danke“, flüsterte sie leise ins Leere, obwohl sie wusste, dass der letzte Teil des Briefs sehr unrealistisch war. Die Kental waren eine alte Rasse, die lange vor den Menschen existierte. Talentierte Schwertkämpfer und brandgefährliche Magier waren stets ihre Aushängeschilder, doch seit der großen Säuberung, die sich gegen Magier, Hexen und deren Sympathisanten richtete, gab es kaum noch Kental, die ihre magischen Fähigkeiten preisgaben. Die Menschen jagten Magier, weil sie glaubten, dass jeder dunkle Künste studieren könne und deshalb zur unweigerlichen Gefahr werden würde.

Was aber die Kental anging – Tyra war ein Einzelkind, was für ihr Volk ungewöhnlich war. Ihr Vater wuchs mit fünf Geschwistern auf, ihr Großvater mit sieben. Doch es wurden immer weniger Kental geboren, sogar in deren Heimatland, in Kentar. Vielleicht ging es mit ihrem Volk einfach zu Ende, ganz natürlich und ohne Rückwirkung. In gewisser Weise konnte sie auch verstehen, weshalb dem so war. Es lockte der Ruf der Schlacht, dem gerade die jungen Generationen ungeduldig zu folgen bereit waren. Überall gab es Kämpfe und Konflikte, jederzeit konnte man sich unter Beweis stellen, was den Wunsch nach einer Familie mit der Zeit bei vielen untergrub. Auch das war eine neue Entwicklung, die Tyra mit großer Besorgnis zur Kenntnis nahm, obwohl sie selbst nicht besser war. Sie wollte ihrem Volk helfen, so gut sie konnte, und doch folgte sie selbst dem Ruf des abenteuerlichen Lebens, anstatt sich in Kentar niederzulassen und auf einem nicht kriegerischen Weg zu helfen.

Die grauhäutige Frau schnappte sich ihre Handschuhe und hängte sie an einen der Kettenstränge ihrer Hose, dann öffnete sie die Türe und blickte sich kurz um. Einige Gäste saßen verteilt in dem weiträumigen Saal und verschlangen gierig ihre Mahlzeiten, bevor es an die Arbeit ging. Die meisten Bewohner schienen aber noch nicht auf den Beinen zu sein, denn von draußen hörte man keinerlei Geräusche – bis auf einen Hahn, der das verschlafene Dorf spätestens jetzt zum Erwachen brachte.

Tyras Zimmer befand sich im zweiten Stock und sie nahm die Treppe nach unten, wo sie zu dem langen Saal kam, in dem sich auch der Tresen des Wirts befand. Da sie aus dem Zimmer hinter dem Tresen Schritte hörte, setzte sie sich auf einen der Hocker und wartete, bis der Inhaber der Gaststätte mit seiner Arbeit fertig war. Es dauerte ein paar Minuten, in denen Tyra die vielen Jagdtrophäen und Gemälde im Speisesaal bewundern konnte. Ausgestopfte Köpfe verschiedener Wildtiere wurden neben Portraits der jeweiligen Jäger an die Wand genagelt, vereinzelt fand sie auch Gemälde von Wäldern, Hügeln oder Schlössern. Stammt wohl aus den besseren Zeiten der Menschenländer, dachte Tyra seufzend. Dass noch eines dieser Schlösser in gutem Zustand war, bezweifelte sie stark.

Hinter der Tür trat der leicht dickbäuchige Wirt hervor und hob sich mit seiner rechten Hand die schwitzende Stirn, als er Tyra erblickte. Die mit unzähligen Soßen und Getränkeflecken beschmutzte Schürze, die er über seine Wampe gezogen hatte, erinnerte ein wenig an den blutbefleckten Kittel eines selbsternannten Arztes, dem Tyra einmal über den Weg gelaufen war.

„Grundgütiger“, brachte der Wirt mit wenig Freude in der Stimme ob des ersten Tagesgastes hervor.

„Der Söldner sagte, Ihr habt Frühstück für mich“, erklärte Tyra ruhig, ohne auf seinen Tonfall zu reagieren. Es brachte nichts, mit ihm zu streiten.

„Ich wusste, dass er eine Frau dabei hatte, aber ausgerechnet eine Graue?“, murmelte der Wirt vor sich hin, während er wieder im Hinterzimmer verschwand. Die Frau seufzte leise. Nicht aufregen, dachte sie. Geduldig lief sie vor dem Tresen auf und ab. Sie hatte nicht vor, im Haus zu speisen, da sie dem Wirt nicht zutraute, seine Kommentare für sich behalten zu können. Nicht, dass irgendein Mensch das wirklich gekonnt hätte.

Da kam er auch schon um die Ecke, in den Händen hielt er einen Teller mit einem noch warmen Brot, Spiegeleiern und Speckstreifen, wie im Brief des Söldners Philip versprochen. Er legte das Frühstück auf den Tisch und blickte Tyra kurz an, um ihr einen gut gemeinten Rat zu geben.

„Hier. Nimm es und verschwinde, nicht nur aus der Gaststätte, sondern aus dem Dorf. Wir wollen deinesgleichen nicht mehr sehen.“

„Weshalb? Weil meine Vorfahren Euch wegen Eurer Unfähigkeit im Krieg helfen mussten?“, fauchte sie zurück und klang dabei viel boshafter, als sie es eigentlich wollte. Schon in seinem Gesichtsausdruck konnte sie sehen, dass er sich überlegte, wie er seinen Unmut am besten zur Geltung bringen konnte.

„Dass Ihr uns zur Seite gestanden habt war ja schön und gut“, sagte der Wirt so nett, wie es ihm gegenüber Tyra möglich war. „Aber dann habt Ihr beschlossen, euch in unsere Politik einzumischen.“

Sie sah den Wirt schräg an.

„Irgendjemand muss Euch ja beibringen, wie man sich um sein Volk kümmert. Euer ach so hochwohlgeborener Adel lässt das Land verkommen und Euer Volk verarmen, und da wundert Ihr euch, wenn ...“

Die Hand des Wirts traf mit einem dumpfen Aufschlag auf die Oberfläche des Tresens und schnitt ihr das Wort ab. Bei dieser Bewegung kamen all die Fettpolster in seinem Gesicht in Wallung.

„Halt dein Maul, Weib, und fasel nicht von Dingen die du nicht verstehst! Dein Volk ist am Aussterben und du willst einem Menschen irgendetwas erklären? Jetzt nimm dein Essen und verschwinde.“

Für einen Moment spielte Tyra mit dem Gedanken, ihm den Teller ins Gesicht zu werfen, doch ihr knurrender Magen machte ihr einen Strich durch die Rechnung. Wortlos nahm sie ihn an sich und verließ die Gaststätte, um kurz vor der Tür stehen zu bleiben. Es tat wirklich weh, wenn ihr jemand unter die Nase rieb, wie es um ihr Volk stand. Und den Menschen ging es nicht unbedingt besser. Sie hatten ihre Glanzzeiten, doch langsam ging es mit ihnen bergab. Viele verhungerten, starben bei Überfällen und die Adligen nutzten ihre Macht grenzenlos aus. Von den Kental hätten sie lernen können, wie man einen gesunden Zusammenhalt erreicht, wie man als ein Volk in einer Symbiose mit seinen Brüdern und Schwestern lebte. Doch das wollte keiner hören. Lieber driftete man in eine Sackgasse.

Tyra setzte sich auf ein Fass, das ein paar Meter vor der Gaststätte stand, und sah sich ein wenig um. Das Tageslicht ermöglichte ihr einen Blick auf das mittelgroße Dorf und seine Bewohner, die nun alle langsam aus ihren Häusern kamen. Viele beachteten die Kental gar nicht, da jeder mit seinen eigenen Gedanken und Arbeiten beschäftigt war.

Doch darüber konnte sie sich später auch noch Gedanken machen. Jetzt war es an der Zeit, das Frühstück zu verspeisen, denn egal, wie sehr sich die grauhäutige Frau über die Menschen aufregte, ihre Kochkünste musste man einfach anerkennen. Es schmeckte köstlich.

In den letzten Tagen hatte sie kaum etwas so gutes gegessen, meistens hartes Brot und Käse, den man zur Zeit sehr billig erstehen konnte. Doch Eier und Speck waren etwas, das sie nicht jeden Tag zu Gesicht bekam.

Während sie sich an ihrem Frühstück erfreute, beobachtete sie die Dörfler. Vereinzelt liefen bewaffnete Männer durch die Straße, die weniger wie Wachen und mehr wie Söldner aussahen. Die scheinen im Norden sehr beliebt zu sein, dachte Tyra bei sich. Ihr Blick fiel auf einen Mann, der nicht direkt auf sie zulief, aber zumindest in ihre Richtung kam. Er interessierte sie deshalb, weil er sich von den anderen Bewohnern stark abhob.

Der braunhaarige Schwertträger hielt die Hände hinter dem Rücken und lief gemütlichen Schrittes geradeaus, sein Blick wanderte ohne Eile prüfend von einer Person zur nächsten. Er war großgewachsen und hatte breite Schultern, seine Körperhaltung war trotz der Ruhe, die er ausstrahlte, sehr bedrohlich, da er mit seinem aufrechten Gang viele überragte. Einen Meter achtzig maß er ungefähr, was verglichen mit der Durchschnittsgröße von Einssiebzig doch recht groß war. Er trug eine schwarze Hose und ein weißes Oberteil mit braunen Streifen an den Ärmeln, doch sein Oberteil hing nicht locker an seinem Körper, sondern war gespannt, was auf eine Lederrüstung unter seiner harmlos aussehenden Kluft deutete. Ein Veteran, ohne Zweifel. Auch sein Schwert sah nicht nach irgendeiner normalen Anfertigung aus einer beliebigen Schmiede aus – er trug ein gekrümmtes Einhandschwert an seiner linken Hüfte, und auf der Scheide war ein Tier abgebildet, das von weitem wie ein Reißer aussah. Entweder, der Mann hatte einen fähigen Duellanten getötet und dessen Waffe an sich genommen, oder er gehörte einmal zu einer sehr angesehenen und gefürchteten Einheit des gemischten Militärs aus der Zeit, in der die Kental noch mit den Menschen zusammen kämpften.

Der Mann lief mit einem höflichen Lächeln an Tyra vorbei, und zuerst dachte sie, er wolle sich über sie lustig machen, weil sie nicht in der Gaststätte aß. Doch was er dann sagte, ließ sie für einen Moment verdutzt innehalten.

„Lass es dir schmecken, junge Dame.“

Sie blickte über ihre Schulter zu ihm, doch er lief gemütlich weiter seinen Weg und verschwand irgendwann in einer Seitenstraße.

Diese Höflichkeit im Hinterkopf behaltend beobachtete sie das Treiben weiter, leerte alsbald ihren Teller und kramte die Wasserflasche aus ihrem Reisebeutel, um einen guten Schluck zu trinken. Einen besseren Start in den Tag hatte sie in den letzten Monaten nicht gehabt. Den Teller legte sie auf das Fass, um nicht wieder vor den Wirt treten zu müssen, und überlegte, wo sie als nächstes hingehen sollte.

Sie brauchte auf jeden Fall ein zweites Schwert, obwohl es nicht einfach irgendeines sein durfte. Es musste so geschmiedet werden wie das, welches ihr geblieben war. Ob Menschenschmiede das hinbekamen? Sie zweifelte daran. Menschen verließen sich auf Waffen, die groß und stark waren. Sie nutzten ihre Schwerter viel mehr als Hieb- und Stichwaffen, nicht als Werkzeuge zum Zerteilen von Gliedmaßen.

Irgendwo in der Nähe hörte Tyra, wie Metall auf Metall geschlagen und dadurch zum Klirren gebracht wurde. Es war ein rhythmisches Geräusch, eine kontinuierliche Abfolge gezielter Schläge. Das musste die Schmiede des Dorfes sein. Dem Geräusch folgend arbeitete sie sich im Dorf vorwärts, kam dabei an einem Bauernhof mit grasenden Kühen und Ziegen vorbei, während ein Mann eine Schar Gänse den staubigen Weg entlangtrieb. Sie sah viele Fachwerkhäuser mit qualmenden Kaminen, die von strohbedeckten Hütten umgeben wurden. Tyra konnte zwei Kinder beim Spielen mit Holzschwertern beobachten. Ihrem aufgeregt ausgerufenen Dialog nach zu urteilen stellten sie sich wohl vor, sie seien ein Soldat des Königreichs und ein Krieger der dunklen Mächte, die die Welt erobern wollten. Zum Glück war das auch nur eine Vorstellung. Dunkle Mächte gab es keine mehr und deren Schergen wurden vor langer Zeit vertrieben. Obwohl noch immer ungeklärt war, wer vor zwei Jahren den Angriff der Untoten initiiert hatte, rechnete niemand damit, dass dieser es erneut versuchen würde. Die wahren dunklen Mächte waren nun die korrupten und gierigen Adligen, die nie genug Einfluss haben konnten und das Land der Menschen immer weiter spalteten. Leider hatten sie auch Ritter und Soldaten unter sich, was ihre Macht zusätzlich untermauerte.

Tyra erreichte die Schmiede, in der gerade ein sehr behaarter, kräftiger Mann ein Beil bearbeitete. Die Schwerter, die an der Wand hingen und zum Verkauf standen, sahen alle nicht nach dem aus, was Tyra brauchte.

„Was willste haben?“, rief der Schmied laut, damit die junge Frau ihn trotz der vielen Lärmquellen der Schmiede verstehen konnte. Sie zog ihr Schwert und zeigte es ihm, worauf er jede Bewegung stoppte und sich die Waffe genauer ansah. Er schien kurz zu überlegen, dann schüttelte er nur den Kopf und spie auf den Boden.

„Nee, kannste vergessen. Ich schmiede grobe Sachen, Beile, Hämmer, aber nich' so hübsche Teile wie deins.“

„Verstehe“, gab Tyra zurück. „Kennst du jemanden, der mir weiterhelfen kann?“

Der Schmied kratzte sich am Kopf und überlegte erneut für einige Sekunden, doch auch diese Frage verneinte er.

„Nee, dafür brauchste 'n Meisterschmied.“

Die Frau nickte enttäuscht, akzeptierte das aber. Eine andere Möglichkeit blieb ihr auch kaum.

„Und weißt du, wo ich einen Meisterschmied finden kann?“

„Du nervst langsam, weißte das? Wenn du Meisterschmiede suchst, geh in die großen Städte und frag da. Ich schmiede bloß grobes Zeug, und der andere Schmied hier ist 'n Penner der nur Kurzschwerter macht, die er an Attentäter vertickt. Habt ihr Grauen nich' sowieso eure eigenen Schmiede?“

„Ja, die haben wir, aber siehst du hier irgendwo einen, den ich fragen kann?“

Der Schmied musste kurz nachdenken, bevor er verstand, dass das keine wirkliche Frage sondern nur eine sarkastische Bemerkung war. Kopfschüttelnd hämmerte er wieder auf seinem Beil herum und schickte die Frau fort.

„Ach, verpiss' dich einfach“, rief er ihr missmutig hinterher.

Tyra hatte nun einen weiteren Anhaltspunkt, denn der Schmied erwähnte noch einen zweiten Waffenhersteller, und Kurzschwerter waren für sie ebenfalls in Ordnung. Zumindest hoffte sie, dass der andere Schmied gute Qualität bieten konnte, und nicht solche Schwerter herstellte, die bei der kleinsten Belastung zerbrachen.

Sie hätte eventuell nach dem Weg fragen sollen, denn momentan lief sie nur den auf dem Boden eingelassenen Weg entlang. Vielleicht führte er sie zum Schmied, vielleicht auch zum Dorfausgang, sie hatte keine Ahnung.

Auf ihrem Weg kam sie an einem Bach vorbei, der durch das Dorf floss und einige schöne Blumen beherbergte, die kurzzeitig Tyras Aufmerksamkeit für sich gewannen.

Im Allgemeinen war dieses Dorf sehr schön gehalten, was wohl an der niedrigen Einwohnerzahl lag. Die meisten Leute kümmerten sich um ihre Gärten, die Höfe und die Gestaltung der Wege, während andere eher gemeinnützige Arbeiten verrichteten und Söldner für die Sicherheit sorgen. Tyra konnte sich vorstellen, dass dieses Dorf von allen anderen Gebieten der Menschen einer Idylle am nächsten kam.

Wieder vernahm sie ein rhythmisches Klirren, das der Metallbearbeitung verschuldet war, doch sie befand sich auf dem falschen Weg. Sie musste nach links und einem Weg folgen, der praktisch zum Ende des Dorfes führte, wo neben zwei Häusern nur noch ein Holzwall aus schräg in die Erde gelassenen Pfählen zum Schutz gegen wilde Tiere wartete. Dafür, dass das Dorf einen großen Eingang mit Steintor und Fallgatter besaß, war der Rest des Schutzwalls eher eine Enttäuschung, sollten Banditen und Räuberbanden auftauchen.

Das links stehende Haus am Ende des Dorfes war die Schmiede, in der ein sehr klein gewachsener Mann mit schwarzem Vollbart arbeitete. Neben ihm ging eine ältere Frau ihrer eigenen Tätigkeit nach und werkelte an einem Ring, den sie vermutlich selbst angefertigt hatte. Als Tyra die Schmiede betrat und ein paar Schritte auf die beiden Inhaber zulief, weitete die Frau die Augen, als hätte sie einen wertvollen Goldschatz erspäht.

„Du meine Güte! Olaf, sieh dir das an.“

Von der Faszination, die in ihrer Stimme lag mit Neugierde erfüllt, blickte der kleine Schmied ebenfalls zu der grauhäutigen Besucherin und ließ vor lauter Verwunderung den Hammer fallen, der klirrend auf ein paar anderen losen Metallstücken am Boden aufkam. Tyra fuhr innerlich zusammen, als das laute Geräusch durch den offenen Raum hallte.

„Ich glaub's nicht, Erika“, sagte Olaf und kam Tyra vorsichtig näher. Seine Augen hafteten an ihrem Schwert. Sie zog es zu seiner Freude aus der Scheide und hielt es in der Luft, wo der Schmied nun auch die Gravierungen auf der Klinge begutachten konnte.

„Wo ist das Zweite?“, fragte er, ohne die Augen vom Schwert abzuwenden. „Uthars Zwillingsklingen sind nicht dafür gedacht, allein …“ Er blickte Tyra kurz entschuldigend an, dann wandte er sich wieder dem Schwert zu. „Ach, wem erzähle ich das, du kennst deine Traditionen sowieso besser als ich. Was ist mit dem Zweiten passiert?“

Nun kam auch Erika hinzu, um das Schwert aus nächster Nähe zu bewundern.

„Ihr kennt Uthar Schwertwind?“, fragte Tyra vollkommen überrascht.

„Jeder gute Schmied kennt Uthar Schwertwind“, antwortete die ältere Frau mit einem Augenzwinkern.

„Oder sollte zumindest von ihm gehört haben“, ergänzte Olaf nickend.

Tyra lächelte unvermittelt. Sie war irgendwie froh, dass der Name des besten Waffenschmieds der Kental in diesem entlegenen Ort Anerkennung fand. Als sie auf die Frage Olafs antwortete, kam sie auch gleich zu ihrem Anliegen, denn sie war musste trotz der Lust, sich mit den beiden ausgiebiger zu unterhalten, noch ein Problem bewältigen, das zweifellos Vorrang hatte.

„Das zweite Schwert ist mir in einem Kampf abhanden gekommen. Ich brauche nun wieder eines und hatte gehofft, Ihr könntet mir weiterhelfen.“

Olaf seufzte. In seinem Blick konnte Tyra eine fast schon bedrückende Enttäuschung erkennen.

„Tut mir wahnsinnig leid, Mädchen. Ich kann sowas nicht, das müssen die Hände eines Meisters machen. Ich würde die Klinge nur beleidigen, wenn ich mich an ihr versuchte.“

„Es muss nicht genau so eine sein“, sagte Tyra in der Hoffnung, er habe eventuell selbst eine Art hauseigenes Rezept für eine robuste und elegante Klinge. Erika schüttelte entschuldigend den Kopf.

„Was mein Mann hier schmiedet ist nicht direkt zum Kämpfen gedacht. Wir beliefern … ach, wie sage ich es am besten?“

„Attentäter“, sagte Olaf an ihrer Statt. „Es gibt keinen Grund, das schönzureden. Die Zeiten sind hart und man kann sich seine Kundschaft nicht aussuchen.“

Die junge Frau nickte wortlos. Ein wenig deprimiert war sie trotz der Tatsache, dass ihr von Beginn an klar war, hier keinen Meisterschmied zu finden. Sie steckte ihr Schwert zurück in die Scheide und lief zu einer Karte, die an der Wand hing. Wo sollte sie als nächstes hin? Zwei weitere kleine Dörfer, von denen eines als 'Schneefeld' beschrieben wurde, lagen nördlich von dem, in dem sie sich momentan befand, und dann führte ein sehr langer und unangenehm aussehender Weg zu einer Stadt namens Schwarzfurt, deren Mauern sogar auf der Karte unüberwindbar wirkten. Das eine Dorf war zirka ein bis zwei Tagesmärsche entfernt, das nächste, Schneefeld, hätte sie in der Hälfte der Zeit erreichen können, die Stadt war von dort aus dann wieder mehr als zwei Tagesmärsche entfernt. Mit dem Zeigefinger fuhr sie auf der Karte die Straße entlang und wog ihre Möglichkeiten ab. Die Stadt lag im hohen Norden, was extreme Kälte bedeutete. Wenn Tyra daran dachte, wie es ihr letzte Nacht erging, zitterte sie wieder am ganzen Körper. Sie brauchte unbedingt dickere Kleidung oder vielleicht einen Mantel, außerdem genug Proviant und, wenn möglich, Arbeit. Irgendwo auf dem Weg musste sie sich noch etwas Geld dazuverdienen, um sich eine Kutsche leisten zu können. Häufig waren fahrende Händler unterwegs, bei denen man aufsteigen konnte, aber die wollten sogar Geld, um nur mit einem zu sprechen.

Alle Planungen und Spekulationen zur Seite schiebend stellte sie sich eine Frage, die sie beantworten musste, um zu wissen, wie es mit ihr weitergehen sollte: Was, wenn sie die Stadt tatsächlich erreichte? Gab es dort überhaupt einen Meisterschmied, und wenn nein, gab es dort eine Zukunft für sie?

„Nimm den Finger da runter, Mädchen“, rief Olaf von der anderen Seite des Raums und riss Tyra aus den Gedanken.

„Habe ich etwas Falsches gemacht?“, fragte sie verwirrt und war sofort erleichtert, als der Schmied sie nett anlächelte.

„Nein, aber schlag dir Schwarzfurt aus dem Kopf. Die Schmiede dort verlangen so viel Gold für dein Wunschschwert, dass du dein jetziges verkaufen müsstest. Dann hättest du wieder nur eins.“

„Das ist eine große Stadt“, widersprach Tyra. „Ich werde sicher Arbeit finden und mir das Geld verdienen können. Ich brauche ohnehin etwas mehr Ortskenntnis, daher wäre es gut, wenn ich dort eine Weile verbringe.“

Erika legte den Ring, an dem sie gerade feine Gravuren vornahm, zur Seite und sah die junge Frau nachdenklich an.

„Aye, das ist eine große Stadt. Und wenn du wüsstest, welche Arbeit es für hübsche und alleinstehende Mädchen wie dich dort gibt, würdest du nicht so reden.“

Das reichte, um Tyra niederzuschlagen. Wenn der Norden keine Option war, was sollte sie dann tun? In den Süden? Die Südländer waren überwiegend Barbaren und Fanatiker, die sich Gerüchten zufolge nach der Untotenplage mit Orks eingelassen hatten, die ungefähr zur selben Zeit dort auftauchten. Im größten Teil des Südens herrschte nur noch das Gesetz des Stärkeren. Einzig und allein die Ländereien rund um die Wolfsfeste, dem Domizil des dortigen Herrschers, waren bis dato unabhängig geblieben und zumindest dort, wo die Soldaten des Fürsten Einfluss hatten, gab es Frieden. Da aber kaum Informationen aus dem tiefen Süden durchkamen und die wenigen Mitteilungen, die es in die anderen Länder schafften, nicht immer an alle Bürger weitergegeben wurden, war es durchaus möglich, dass die Wolfsfeste schon gefallen und der Süden in den Händen der Barbaren war.

Der Westen erschien Tyra noch einigermaßen akzeptabel, da dort zur Abwechslung keine Konflikte mehr herrschten. Den Frieden hatten sie sich auch redlich verdient, denn vor fünfzehn Jahren gab es einen verheerenden Bürgerkrieg, der eine halbe Dekade andauerte und die Städte und Außenbezirke geschwächt zurückließ, was den anschließenden Überfallkommandos der fremdländischen Invasoren Tür und Tor zum Einfall in die Städte öffnete. Kental und Menschen kämpften Seite an Seite, um die bereits vom Bürgerkrieg gebeutelten Ländereien aus den Händen der Gegner zu befreien. Nachdem der Westen verteidigt wurde und die föderierten Truppen abgezogen waren, ergriffen Orkstämme ihre Chance.

Mithilfe der Truppen, die diesmal aus dem Norden kamen, konnte man die größten Orkstämme zerschlagen, deren Anführer ausschalten und die wenigen Überlebenden wurden nie mehr gesichtet. Zwei Jahre lang gab es Probleme mit der Bestimmung neuer Stadtverwalter, korrupten Fürsten und der Vergebung wichtiger Ämter, und dann herrschte ein Jahr lang wohlverdienter Frieden – bis die Untotenplage über das Land zog und speziell den geschwächten Westen wie ein mühevoll aufgebautes Kartenhaus umfegte. Erst durch die Kental, die halfen, die Untotenplage zu beenden, fand der Westen den lang ersehnten Frieden.

Zwischen Kental und Menschen bestanden schon immer Bündnisse, vor allem militärische, da große Barbarenstämme und fremdländische Kriegstreiber für die beiden einstmals verbrüderten Völker eine Bedrohung darstellten. Als die Kental den Menschen abermals zur Seite standen und diese dabei unterstützten, sich von den Untoten zu befreien, halfen sie den westlichen Ländereien dabei, ihre Stabilität wieder herzustellen, indem sie in deren Politik mitmischten. Viele fanden das gut, andere bezeichneten diese Hilfe als ungewollten Eingriff in menschliche Angelegenheiten. Nichtsdestotrotz wurden die meisten korrupten Machthaber dabei ausgeschaltet, und seitdem erholte sich der Westen, galt zum ersten Mal seit langem wieder als ein sehr sicheres Gebiet.

Der Süden hatte damals ähnliche Probleme, nur waren die Kental nicht mehr da, um dort für Ruhe zu sorgen. Urplötzlich tauchten die lang totgeglaubten Orks wieder auf und sorgten fortan für Unruhen. Der Norden hatte aufgrund seiner mächtigen Mauern, den eisernen Soldaten und deren stahlharten Willen keine wirklichen Probleme gehabt, während der Osten durch seine Nähe zu den Ländern der Kental ebenfalls gut vor dem Verfall geschützt wurde. Wirklich gelitten hatte tatsächlich nur der südwestliche Bereich des Königreichs der Menschen.

Während Tyra so über diese Geschichte nachdachte, fiel ihr auf, wie interessant die zeitliche Abfolge der verschiedenen Probleme war: Der Süden verwandelte sich eines Tages wie von allein in ein Paradies für Räuberbanden und Barbarenstämme, der Westen wurde von Bürgerkrieg überzogen, dann von Orks und dann von inneren Unruhen. Anschließend kamen die Untoten, und plötzlich gab es im Süden eine angebliche Allianz zwischen auf einmal wieder aufgetauchten Orks und Barbaren. Fast hätte sie geglaubt, dass das alles zum selben Plan einer oder mehrerer Personen gehörte, die planten, die Menschen zu vernichten. Kopfschüttelnd lachte sie leise und wurde dafür mit schrägen Blicken von Olaf und Erika angesehen.

„Was ist los?“, fragte der Schmied ein wenig besorgt. Eben noch wurden die Hoffnungen der jungen Frau bezüglich ihrer langen Reise niedergeschmettert und nun lachte sie, als fände sie ihre missliche Lage auf irgendeine bizarre Weise unterhaltsam. Tyra hatte ganz vergessen, dass sie sich in der Schmiede befand, und schaute wieder zu dem alten Paar, ehe sie antwortete.

„Alles bestens. Habt Dank für Eure warnenden und ratsamen Worte.“

Als Tyra die Schmiede verließ, blickten die beiden sich ratlos an.

Tyras Laune war wieder auf dem Tiefpunkt angelangt. Sie hatte weder eine Ahnung wohin sie gehen, noch was sie tun sollte, und als wäre das nicht genug, hatte sie sich den einzigen Wirt im Dorf zum Feind gemacht. Nun, es war nicht unbedingt ihre Schuld, da er sie so oder so nicht mochte, aber Menschen wurden nur noch wütender wenn man ihnen die Fakten auf den Tisch legte und dabei ihre Traumwelt, in der sie immer recht behielten, zum Platzen brachte.

Wieder auf der Hauptstraße angekommen folgte sie dem Weg und überlegte derweil, welche Möglichkeiten sie noch hatte. Hätte sie nur ihr zweites Schwert gehabt. Alles wäre anders gewesen. Tyra war keine Meisterkämpferin, aber sie konnte sich zur Wehr setzen, wenn es darauf ankam. Die verfluchten Banditen hatten sie lediglich in einem Moment der Unachtsamkeit erwischt und obendrein war es ein vier gegen eins Szenario. Aber wenn sie sich nun einer Söldnergruppe anschließen und bei fahrenden Händlern als Leibwächterin anheuern würde, hätte sie nicht nur ein gutes Einkommen, sondern auch Rückendeckung gehabt.

„Ihr seid zurück!“

Die vor Freude nur so strotzende Stimme eines alten Mannes weckte die Aufmerksamkeit der Kriegerin. Er stand vor seinem Haus und schien mit dem braunhaarigen Ex-Soldaten zu sprechen, der Tyra Stunden zuvor noch so höflich angesprochen hatte. Dieses Mal jedoch hatte er Blut auf seinem weißen Oberteil, und es war ganz gewiss nicht sein eigenes.

„Habt ihr euch um die Banditen gekümmert?“, fragte der alte Mann.

„Sie werden Euch nicht mehr belästigen“, bestätigte der Veteran. Wie vorhin hatte er auch jetzt ein interessantes Lächeln im Gesicht, so als wollte er jedem, mit der sprach, ein wenig Hoffnung damit schenken. Tyra kam sich beim Lauschen irgendwie blöd vor, doch sie wollte zumindest wissen, ob dieser Söldner ihr nicht vielleicht helfen konnte.

„Die Wölfe sind auch tot“, sagte der Mann mit Bedauern in der Stimme. „Das ist keine einfache Tollwut. Die Tiere waren vollkommen wahnsinnig und begannen sogar einander anzugreifen.“

Der Alte nickte und sah über seine Schulter ins Haus.

„Ich verstehe. Ich hoffe, mein Sohn erholt sich bald. Diese Wölfe haben ihn schlimm erwischt. Aber nun nehmt dies – Ihr habt einem alten Mann einen großen Dienst erwiesen.“

Der Mann reichte dem Söldner einen prall gefüllten Beutel, der bei Tyra kurz die Frage aufwarf, woher er so viel Geld hatte. Wenn er derart kleine Aufträge so fürstlich belohnen konnte, hatte er es doch gar nicht nötig, in diesem kleinen Dorf vor sich hin zu vegetieren. In den Städten hatten es alte Menschen aufgrund der vielen Ärzte und freiwilligen Helfer ohnehin einfacher.

Bei genauerem Nachdenken kam ihr aber in den Sinn, dass es sich hier um seine Ersparnisse handeln musste. Alles, was er bisher zusammengetragen hatte, war er bereit zu geben. Auch der Veteran musste dies im Hinterkopf haben, denn er lehnte es mit fast schon zu ritterlich erscheinenden Worten ab.

„Das kann ich nicht annehmen. Ich habe mich nicht des Geldes wegen um diese Probleme gekümmert, sondern weil es jemand tun musste.“

„Und dieser jemand hat sich etwas dafür verdient“, beharrte der Alte und nahm ein paar Goldmünzen aus dem Beutel, in dem sich jetzt vermutlich nur noch Silbermünzen befanden. Diese hielt er seinem Gegenüber hin und sah ihn mit einem Blick an, der keine Widersprüche zuließ. Der Veteran nahm den Beutel entgegen und verneigte sich dankbar vor dem Alten, ehe er sich mit freundlichen Worten verabschiedete.

„Ich danke Euch. Alles Gute für Euren Sohn.“

Als der Veteran sich auf den Weg machte, lief Tyra ihm unentschlossen hinterher. Was sollte sie zu ihm sagen? Dass sie nichts mit sich anzufangen wusste? Da war sie mit Sicherheit nicht die einzige. Aber er sah nicht so aus, als würde er sie direkt abweisen. Gewiss hatte er Rat für sie, immerhin kannte er sich in der Welt aus und war offensichtlich ein talentierter Schwertkämpfer – das Zeichen auf seiner Schwertscheide trug er völlig zurecht.

Er bog nach rechts ab, wo er eine kürzere Straße hinablief und auf einer Wiese stehen blieb. Vor ihm floss der sich durch das Dorf windende Bach und versperrte den Weg, doch schnell stellte sich heraus, dass der Bach das Ziel des Mannes war. Er kniete nieder, zog sich das Oberteil vom Körper und entblößte damit die Lederrüstung, die Tyra bereits zuvor vermutet hatte.

Dann wusch er sein weißes Oberteil in dem Bach, um das noch nicht vollkommen getrocknete Blut so gut es ging zu entfernen. Als er damit fertig war zog er aus einem an seinem Gürtel hängenden Beutel ein Stofftuch, das er befeuchtete und dann aufstand, um sein wunderschönes Schwert zu ziehen. Tyra erkannte, dass der Schmied, der diese Waffe anfertigte, von Uthar Schwertwind inspiriert war, denn die leicht gebogene Klinge und die Muster auf der Oberfläche ähnelten dem Stil des Meisterschmieds, der die Kental stets mit besten Waffen versorgte. Die Klinge war blutig, was der Braunhaarige mit dem feuchten Tuch schnell änderte.

Wie auch bei ihrem Schwert musste bei dem des Mannes ein spezieller Stahl aus der letzten Vulkanschmiede im Osten benutzt worden sein. Stahl, der weder schmelzen noch rosten konnte, weshalb Feuchtigkeit kein Problem für die Schwerter darstellte. Nachdem er sich um das Schwert gekümmert und es mitsamt dem Tuch weggesteckt hatte, nahm er sein Oberteil und hängte es auf einen Ast, wo es im Sonnenlicht trocknen sollte. Der Mann entfernte sich vom Bach und Tyra ergriff ihre Chance, ihn anzusprechen. Schon als sie zu ihm lief, lächelte er sie wieder so freundlich an wie zuvor. Sein Lächeln schien neben seinem Schwert sein ständiger Begleiter zu sein.

„Ihr helft Leuten in Not?“, fragte sie gerade heraus. Der Mann blieb stehen und stützte seine linke Hand auf dem Schwertknauf.

„Wenn ich es kann, ja. Du hast Schwierigkeiten?“

Tyra nickte und versuchte, ihre Situation so zu erklären, dass es ihr nicht peinlich war. Einfach sagen, dass sie aufgrund ihres fehlenden Schwerts und der damit verbundenen Selbstsicherheit praktisch keine Ahnung hatte, was sie tun sollte, klang nicht wie eine besonders gute Erklärung, wenngleich es der Wahrheit entsprach. Obwohl sie eine Peinlichkeit vermeiden wollte, stolperte sie unvermittelt in eine hinein, als der Mann ihr Dilemma praktisch eins zu eins wiedergeben konnte, ohne auch nur ein Wort der Erklärung von ihr gehört zu haben.

„Wenn ich raten darf: Du bist auf der Suche nach einem zweiten Schwert, doch der Norden ist nicht ganz das, was du dir erhofft hast. Da du in diesem Dorf bist, kann das nur bedeuten, dass du nach Schwarzfurt wolltest, aber mittlerweile müsstest du herausgefunden haben, dass die Stadt ein sehr raues Pflaster und somit nicht für jeden geeignet ist, nicht wahr?“

„Wie habt Ihr … ja“, gab sie verlegen zurück und starrte unsicher auf ihre Stiefel. Sie wollte gar nicht wissen, wie er sie so einfach durchschauen konnte, sondern einfach nur ein produktives Gespräch erreichen, bevor es noch peinlicher wurde. Kental ließen sich nie durchschauen, sagte man. Das Gegenteil wurde soeben bewiesen.

„Ich wandere schon seit Ende des Kriegs umher und ich kann dir versichern, dass selbst ich kein Freund des Nordens bin. Die Kälte ist oftmals ein schlimmerer Feind als die Banditen.“

„Wenn Ihr den Norden nicht mögt, weshalb zieht Ihr hier umher?“, fragte sie, ohne die Neugierde in ihrer Stimme zu verbergen. Der Mann lächelte wieder.

„Weil ich hier jemanden suchen muss. Für einen guten Freund nehme ich sogar die Kälte auf mich. Aber nun zu dir – was genau möchtest du erreichen? Deine Reise scheint kein festes Ziel zu haben, doch was sagt dein Herz?“

Tyra musste nicht lang überlegen, um diese Frage zu beantworten. Die Flamme ihrer Entschlossenheit brannte nur aus einem einzigen Grund.

„Ich möchte die Kampfkunst meiner Familie meistern und meinem Volk helfen. Doch dazu muss ich viel lernen und Erfahrungen sammeln, die mir nur außerhalb meiner Heimat zugänglich sind.“

Der Mann nickte mit einem respektvollen Gesichtsausdruck. Ihr Ziel war sehr hoch gesteckt und vielleicht unmöglich zu erreichen, doch einmal mehr zeigte sich, wie sehr die Kental zusammenhielten. Für einen Moment schien er tief in Gedanken versunken zu sein und musterte sie abschätzend, so als ob er nicht glaubte, dass sie ihren Worten Taten folgen lassen konnte oder wollte.

„Dann komm mit mir“, sagte er schließlich, als der Ernst in seinem Blick wieder dem netten, vertrauenerweckenden Lächeln wich.

„Ich – was?“, gab sie ungläubig und auch ein wenig unsicher zurück. Auf dieses Angebot einzugehen wäre töricht gewesen, zumal sie überhaupt nicht wusste, wer der Mann war. Seine Nettigkeit und Hilfsbereitschaft hätten ebenso eine Fassade sein können.

„Der beste Freund eines Wanderers ist nicht nur sein Schwert, sondern auch ein Gesprächspartner. Reise mit mir und ich kann dir helfen zu finden, wonach du suchst.“

Instinktiv wich Tyra einige Schritte zurück. Ihr gefiel die Entwicklung des Gesprächs ganz und gar nicht. Wie sollte er ihr helfen können, ihren Wunsch zu erfüllen?