Umstritten -  - E-Book

Umstritten E-Book

0,0
12,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ein Hoch auf die "Umstrittenen" unserer Zeit! Dieses Buch ist jenen gewidmet, die sich in politisch schwierigen Zeiten ein demokratisches Ur-Recht herausgenommen und verteidigt haben: das Recht auf eine eigene Position. So unterschiedliche Personen wie Patrik Baab, Daniele Ganser, Ulrike Guérot, Stefan Homburg, Michael Meyen, Albrecht Müller, Friedrich Pürner stehen beispielhaft dafür. "Umstritten" - so bezeichnen "Qualitätsmedien" heutzutage kritische Denker, die auf die Realitäts- und Sinnbrüche in Politik und Berichterstattung hinweisen. Mit dieser Formulierung sollen Kritiker an den vorherrschenden "Wahrheiten" mundtot gemacht werden. Längst aber haben viele Bürger die Masche durchschaut. "Umstritten" zu sein, ist als ein Prädikatssiegel für Demokraten zu verstehen. Wer heutzutage vom Polit- und Medienmainstream niedergemacht wird, muss sehr viel richtig gemacht haben. Gut, dass es "die Umstrittenen" gibt.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 236

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Ebook Edition

Marcus Klöckner (Hg)

Umstritten

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN: 978-3-946778-48-6

1. Auflage 2024

© FiftyFifty Verlag GmbH, Neu-Isenburg 2024

Umschlaggestaltung: Johannes Bröckers

Satz: Publikations Atelier, Weiterstadt

Inhalt

Titel

Einleitung

Stefan Homburg – »umstritten«, weil er Coronastatistiken hinterfragt hat – von Patrick Reitler

Daniele Ganser – »umstritten«, weil er ein unbequemer Historiker ist – von Tobias Riegel

Ganser und die illegalen Kriege

»… kontrafaktische, antisemitische und antidemokratische Verschwörungsfantasien …«

Das »Geschäft« mit den »Verschwörungsmythen«

Ein untoter Kampfbegriff

Ganser, der »brandgefährliche« Historiker

Sprachliche Verrohung

»Cancel Culture« lebt von Unterwürfigkeit

Abgenutzte Diffamierungen?

Patrik Baab – »umstritten«, weil er Journalismus wagt –von Roberto J. De Lapuente

Ein Unternehmen für Außen- und Onlinewerbung berichtet

Ein Journalist zwischen drei Fronten

Eine Recherche und ihre Folgen

Baab ist dennoch kein Opfer

Michael Meyen – »umstritten«, weil er als Professor Mainstreammedien kritisiert – von Ole Skambraks

Alles verloren

Neuland

Herausgeber

Motor der Spaltung

Wo ist die Uni?

Er hat KenFM gesagt

Zensieren

Moralschilder

Einmischung

Feinde? Nein.

Vielfalt? Von wegen

Erbe der DDR

Freiheit

Ulrike Guérot – »doppelt um­stritten«, weil sie mit allen redet – von Jan David Zimmermann

Polarisierung heißt, einem Pol zugeordnet zu werden

Lanzen gegen Guérot

Ein Angriff von Markus Linden

Guérot als Stimme der Mitte: Sie redet mit dem Mainstream, aber auch den alternativen Medien

Die gefallene Heldin

Niveautiefpunkt des Mainstreams: Schmähpreis »Das goldene Brett vorm Kopf«

Dr. Friedrich Pürner – »höchst umstritten«, weil er sagte, was er denkt – von Anke Behrend

Von Anke Behrend

Eine beachtliche Karriere

Kritische Fragen waren unerwünscht

Pürner lässt sich den Mund nicht verbieten – zum Missfallen der Bayerischen Staatsregierung

Angriffe auf Pürner

Gerichtsverhandlung und: Wo bleibt die Entschuldigung?

Albrecht Müller – »umstritten«, weil er hinterfragt und selbst denkt – von Marcus Klöckner

Analyse ZDF-Sendung: Lanz: »Frau Guérot. Genau das hilft heute nicht weiter. Nein, nein, nein.« – von Marcus Klöckner

Danksagung

Anmerkungen

EINLEITUNG

Stefan Homburg – »umstritten«, weil er Coronastatistiken hinterfragt hat (Patrick Reitler)

Daniele Ganser – »umstritten«, weil er ein unbequemer Historiker ist (Tobias Riegel)

Patrik Baab – »umstritten«, weil er Journalismus wagt (Roberto J. de Lapuente)

Michael Meyen – umstritten, weil er als Professor Mainstreammedien kritisiert (Ole Skambraks)

Ulrike Guérot – »doppelt umstritten«, weil sie mit allen redet (Jan David Zimmermann)

Dr. Friedrich Pürner – umstritten, weil er sagte, was er denkt (Anke Behrend)

Albrecht Müller – »umstritten«, weil er hinterfragt und selbst denkt (Marcus Klöckner)

Lanz: »Frau Guérot. Genau das hilft heute nicht weiter. Nein, nein, nein.«

Orientierungsmarken

Titel

Inhaltsverzeichnis

Konzipiert und finalisiert in Casa Anna

Einleitung

Wer es wagt, in diesem Land eine eigene Meinung zu haben, gilt schnell als »umstritten«.

»Umstritten«1 – das ist ein Begriff, auf den Medien, die immer wieder einen Zombie- und Weltbildjournalismus2 praktizieren, gerne zugreifen. Hat sich eine mehr oder weniger bekannte Persönlichkeit herausgenommen, eine Ansicht zu vertreten, die einen halben Millimeter von den Wahrheiten der großen Medien abweicht, sind Journalisten schnell mit dem Begriff »umstritten« zur Hand. Gerade im Nachrichtenjournalismus ist der Begriff »umstritten« als stark wertendes Adjektiv in vielen Fällen unangebracht. Eine Berichterstattung, die sich einem hohen Maß an Objektivität verpflichtet fühlt, schildert unaufgeregt Sachverhalte und Vorgänge. Ob Mediennutzer eine Person, um die es in der Berichterstattung geht, als »umstritten« betrachten oder nicht, soll ihnen selbst überlassen bleiben. Doch innerhalb einer weltanschaulich kontaminierten »Berichterstattung« verkommt der Begriff »umstritten« zur Waffe, die gegen unliebsame Meinungsabweichler eingesetzt wird.

Wie oft ist etwa in Medien von der umstrittenen Linke-Poli­tikerin Sahra Wagenknecht zu lesen? Wohl die meisten Bürger in Deutschland wissen, wer Wagenknecht ist. Dass sie von einigen heftig kritisiert und von anderen bewundert wird, ist kein Geheimnis. Wenn ihr zum X-ten Mal der Begriff »umstritten« angeklebt wird, dann hat das einen Grund: Einige Journalisten wollen Stimmung machen. Sie wollen Wagenknecht negativ rahmen. Ist etwa Olaf Scholz nicht umstritten? Alleine schon, wenn man an Cum-Ex denkt. Müsste nicht konsequenterweise in jedem Medienbericht stehen: der »umstrittene« Kanzler? Ist Baerbock nicht umstritten? Müsste nicht in jedem Beitrag stehen: die umstrittene Außenministerin? Welcher Politiker ist schon nicht umstritten? Wenn der Begriff aber einseitig verwendet wird und Journalisten ihn tendenziell nur Personen anheften, deren Interventionen im öffentlichen Meinungskampf in die »falsche« politische Richtung gehen, dann ist klar, woher der Wind weht.

Ulrike Guérot?

Sie sagte zur falschen Zeit und an der falschen Stelle: »Frieden, Freiheit, Grundrechte«, und plötzlich ist die über viele Jahre von großen Medien hochgeschätzte Europaexpertin umstritten.

Michael Meyen?

Ein reputierter Kommunikationswissenschaftler, der noch vor nicht langer Zeit als »Speerspitze der Forschung« betrachtet wurde, kritisierte Medien etwas zu laut und gab KenFM zwei Interviews und plötzlich heißt es auch bei ihm: umstritten!

Albrecht Müller?

Der Herausgeber des Internetmediums NachDenkSeiten, ein Urgestein der SPD, ehemaliger Wahlkampfleiter von Willy Brandt, setzte sich etwas zu sehr für Frieden mit Russland ein und plötzlich gelten auch er und sein Medium als umstritten.

Stefan Homburg?

Ein renommierter Finanzwissenschaftler und Statistikexperte, hat während der Pandemie Corona-Statistiken kritisch hinterfragt. Ergebnis: umstritten!

Patrik Baab?

Ein erfahrener NDR-Journalist, nimmt sich etwas heraus, was heutzutage eine Seltenheit ist: Er betreibt tatsächlich Journalismus. Deshalb ist er zu einer Recherchereise in die Ukraine gefahren. Er hat sich auf beiden Seiten der Front3 umgeschaut und auch mit dem »Feind« geredet. Resultat: umstritten!

Mit dem Begriff umstritten und seiner Verwendung in den Medien als Mittel zur Diskreditierung kritischer Experten habe ich mich zum ersten Mal 2016 in meinem Buch Sabotierte Wirklichkeit – wenn Journalismus zur Glaubenslehrewird auseinandergesetzt.4 Im Vordergrund stand das Prinzip der Benennungsmacht.5 Wenn Journalisten eine Person als umstritten bezeichnen, bedienen sie sich dieser Macht. Im Akt der Benennung, vollzogen durch die Macht, die Journalisten durch ihre reputierten und reichweitenstarken Medien gewährt bekommen, benennen sie nicht nur, sie erzeugen auch Wirklichkeit. Wir alle kennen das Prinzip: Eine Person muss nur oft genug mit einer Zuschreibung versehen werden und am Ende ist es wahrscheinlich, dass diese Person gemäß der Zuschreibung auch von anderen so wahrgenommen wird. Sieben Jahre sind seit der Veröffentlichung vergangen. Noch immer hat sich an dieser unsäglichen journalistischen Praxis der Diskursverseuchung durch Journalisten nichts gebessert. Im Gegenteil. Die Schäden an der Demokratie, die durch eine journalistisch in weiten Teilen entkernte Presselandschaft verursacht werden, kommen immer deutlicher zum Vorschein. Medien, die viel zu oft hochgradig manipulativ, hetzerisch und parteiisch agieren, haben maßgeblich zur Schließung des Debattenraums beigetragen, die Gesellschaft gespalten6 und in ideologischer Komplizenschaft einer für Land und Gesellschaft destruktiven Politik den Weg geebnet. Gelebter Pluralismus, der für jede gesunde Demokratie konstitutiv ist, wird zum Störfaktor bei der Festzementierung von angeblich unumstößlichen Wahrheiten. Demokratieverständnis? Sechs. Setzen.

Außenministerin Annalena Baerbock sagte im September dieses Jahres die folgenden Worte:

»Deutschland ist eine Demokratie. Punkt. Es gibt bei uns Meinungsfreiheit, alle können immer und überall sagen, was sie wollen. Wer das wie Chrupalla verkennt, hat den Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie nicht verstanden – oder will es einfach nicht.«7

Die Aussage korrespondiert auf erwartbare Weise mit einer Politik, der die Entdifferenzierung der Realität alles andere als fremd ist. Richtig ist: Alle können alles sagen. Aber ansonsten hält die Aussage einer Realitätsprüfung nicht stand. Zu einer Demokratie gehört, dass jeder alles sagen kann. Nicht zu einer Demokratie gehört, dass Persönlichkeiten, die vom Mainstream abweichende Ansichten vertreten, öffentlich niedergemacht, mit Hass und Hetze überzogen werden und dass deren berufliche Existenz in Gefahr gerät.

Den Realitätscheck besteht auch nicht die Aussage, dass alle überall alles sagen können. Richtig ist: Ein Bürger kann sich auf eine Parkbank oder an den Stammtisch setzen und sagen, was er denkt (wobei das mit dem Sitzen auf einer Parkbank während der Corona-Zeit …). Das wird aber kaum jemanden weiter interessieren. Die großen öffentlichen Debattenräume, die für die Demokratie elementar sind und weitestgehend durch die großen Medien bereitgestellt werden, sind zugangsbeschränkt. Zutritt erhält in der Regel, wer die »richtige« Sicht, sprich: das richtige Weltbild, zum Besten gibt. Wie viele Experten saßen rund um den Krieg in der Ukraine bei Illner und Co. und sprachen nicht nur von einem »russischen Angriffskrieg«, sondern auch von einem Stellvertreterkrieg? Wo waren in der Corona-Krise Personen wie Wolfgang Wodarg oder Stefan Homburg? Wie oft durfte Patrik Baab von seinen Erlebnissen auf beiden Seiten der Front im Qualitätsfernsehen berichten? Wann saß das letzte Mal eigentlich der seit einigen Jahren auch als »umstritten« geltende Nahost-Experte Michael Lüders bei Anne Will?8 Viele kluge, kritische Geister, viele Experten sind nahezu komplett aus dem Debattenraum ausgeschlossen. Für sie gilt jenes »Überall«, das Baerbock meinte, offensichtlich nicht. Dass deutsche Medien ein enormes Problem damit haben, im pluralistischen Sinne Meinungsvielfalt abzubilden, ist altbekannt und bis zum Erbrechen abgebildet, analysiert und ausgewertet worden.9 Doch was wir seit geraumer Zeit erleben, geht über die Gewaltnahme demokratischer Debattenräume weit hinaus. Vor unseren Augen vollziehen sich Gewaltakte gegen Mitbürger, die von ihrem demokratischen Grundrecht der freien Meinungsäußerung Gebrauch machen. Wenn Ulrike Guérot die Coronamaßnahmenpolitik der Regierung kritisiert und die Auffassung vertritt: »Wer schweigt, stimmt zu«10, fallen wackere Demokraten wie ein publizistischer Lynchmob über sie her und wollen nur eins: sie aus ihrer Stellung als Professorin vertreiben und mundtot machen.

Wenn normale Menschen auf die Straße gehen und Bedenken gegen eine Impfung anmelden, der sie misstrauen oder vor der sie Angst haben, dann werden sie als »gefährliche Sozialschädlinge«11 bezeichnet und müssen sich als »ultra-asoziale Volldeppen«12 beschimpfen lassen. »Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen«13 – so stand es, verfasst von Nikolaus Blome, auf spiegel.de.

In einer gesunden Demokratie darf, soll und muss bisweilen auch heftig gestritten werden. Das ist beileibe nicht das Problem. Die Zerstörung des Meinungsabweichlers gehört aber nicht zu einer Demokratie. Was wir jetzt mit den massiven Angriffen auf Personen erleben, die sich den heiligen »Wahrheiten« von Politik und Medien entgegenstellen, ist erwartbar. Die innere Logik des Kampfes um die Definitionshoheit verlangt dieses Verhalten vonseiten der Wächter des öffentlichen Diskurses. Es geht um viel.

Große gesellschaftliche und politische Weichenstellungen, große Themen: Sie können politisch nur dann durchgesetzt werden, wenn das Monopol auf die »richtige« Sicht nicht torpediert wird.

Im Oktober dieses Jahres äußerten sich der Virologe ­Christian Drosten und Gesundheitsminister Karl Lauterbach auf eine Weise, die die hier veranschlagte Argumentation untermauert. Lauterbach sprach von einer »Info-Pandemie« und einem regelrechten »Social-Media-Krieg«.14 Er beklagte, dass »alles, was man tue, ­infrage gestellt15« werde. Drosten sagte: »Sobald die politische Entscheidungsfindung durch Propaganda und Desinformation verzerrt wird, sind wir verloren.«16 Der Virologe vertrat die Position, dass nicht jeder Wissenschaftler »mit irgendeinem Abschluss«17 während eines Pandemiegeschehens reden sollte.

Tja. So hört es sich an, wenn der Meinungskorridor geschlossen werden soll. In den Augen der »legitimen Sprecher« sollen am besten alle Stimmen von »außen« (ein Außen, das sie selbst definieren) ausgeschlossen werden. Schließlich: Gegenstimmen stören.

Diese Position darf man vertreten. Sie passt aber nicht zu einer pluralistisch verfassten Gesellschaft, sondern gehört in eine Diktatur. Die Arroganz, die aus derartigen Auffassungen zum Vorschein kommt, lässt tief blicken. Dahinter, so muss man es sehen, steht wohl auch die Überzeugung, dass die eigene Sicht als »legitimer Experte« die richtige sein muss. Fundamentalkritik von »irgendeinem« anderen Wissenschaftler, der nicht die Weihen der offiziellen Politik erfahren hat, kann daher nur falsch sein. Auch hier gilt: Das darf so gesehen werden. Aber diese Sicht geht dann eben an der Realität vorbei.

Geradeaus gesprochen: Alternative Medien, Experten, die vom Mainstream abweichen, sind wie ein Stachel, der die Definitionsmonopolisten der Macht jedes Mal sticht, wenn sie ihre Wirklichkeitsvorstellungen der Gesellschaft überstülpen wollen. Der Kampf um die Definitionshoheit ist ein Kampf um die Durchsetzung einer Politik, die – und das spüren immer mehr Bürger – massiv gegen ihre Interessen gerichtet ist. Der Kampf um die Definitionshoheit ist letztlich eine von politischen und wirtschaftlichen Interessen geprägte Auseinandersetzung. Ziel ist es, Realität so zu verschleiern, dass eine machtelitär geprägte Politik ohne größere Widerstände durchgesetzt werden kann. Journalisten, die dabei die Meinungskorridore auf die Größe einer Zigarettenschachtel zurückgebaut haben, sind angetrieben von ihren politischen Überzeugungen, die weitestgehend Hand in Hand mit der jeweils vorherrschenden Politik gehen. Die Inzucht zwischen Politik und Journalismus ist längst von jeder Scham befreit.

Dieses Buch richtet sein Augenmerk auf »die Umstrittenen« und unbequeme Denker. Im Fokus stehen ihre Ansichten, ihr Handeln, die Kämpfe, die sie zu bestreiten haben, und die Angriffe gegen sie. Dabei geht es nicht um eine alles umfassende Darstellung, sondern eher um einen holzschnittartigen Überblick auf begrenztem Raum. Im Vordergrund steht beispielhaft in Buchform festzuhalten, was in diesem Land Kritikern der Herrschaftserzählungen angetan wird. Im digitalen Raum können zwar mit etwas Rechercheaufwand die einzelnen Fälle rekonstruiert werden, aber in Zeiten wie diesen schadet es nicht, auch in physischer Form die Übergriffe zu dokumentieren. Jedes Buch, das irgendwo in einem Bücherregal steht, konterkariert eine mögliche Zensur von unbequemen Ereignissen und Wahrheiten in der Zukunft.

Großartige Autoren, denen an dieser Stelle Dank gebührt, haben sich einzelner Fälle angenommen.

Den Auftakt im Buch macht der Journalist Patrick Reiter. Er fokussiert auf Professor Stefan Homburg, der aufgrund seiner Kritik an der Coronapolitik immer wieder angegriffen wird, sich aber nicht unterkriegen lässt: »Als aufgeklärter Bürger lasse ich mir nicht von angeblichen Experten diktieren, wie ich zu denken habe, sondern bilde mir eine eigene Ansicht und verbreite sie.«18 Herausgekommen ist bei Reitlers Auseinandersetzung ein Text, der sichtbar macht, wie schnell selbst ein hochreputierter Wissenschaftler für eine unbequeme Sicht öffentlich durch den Dreck gezogen wird. NachDenkSeiten-Redakteur Tobias Riegel hat sich den Fall Daniele Ganser vorgenommen. Medien bezeichnen den Historiker und Friedensforscher unaufhörlich seit vielen Jahren als »umstritten«.19 Kaum hatte er die Terroranschläge vom 11. September auch im Hinblick auf sein Wissen in Sachen Gladio und den Stay-behind-Strukturen der NATO20 kontrastiert, sah er sich massiven Angriffen ausgesetzt. Ganser dokumentiert in seinen Büchern den geostrategischen Kampf um Ressourcen und die illegalen Kriege der »Guten«. Mittlerweile kommt es bei Vorträgen Gansers sogar dazu, dass Städte und Gemeinden alles dransetzen, den Historiker nicht auftreten zu lassen. Der Geist der Demokratie? Von wegen! Auch auf diese aktuellen Entwicklungen geht Riegel ein.

Overton-Redakteur Roberto J. De Lapuente richtet das Augenmerk auf die Causa Patrik Baab. Zwei Lehraufträge hat der Journalist verloren, nachdem er in die Ukraine gereist ist. Vor Ort wollte er sich in guter Journalistentradition selbst ein Bild vom Krieg machen. Dann veröffentlichte das Portal t-online.de einen Bericht, der den Eindruck entstehen ließ, Baab könnte als Wahlbeobachter fungiert haben.21 De Lapuente verdeutlicht: Baab sah sich in der Ukraine nicht nur den Gefahren von zwei Fronten ausgesetzt. Plötzlich musste er sich gegen Angriffe von der »Heimatfront« wehren. Der ehemalige SWR-Mitarbeiter Ole Skambraks22 hat für dieses Buch ein spannendes Interview mit dem Kommunikationswissenschaftler Professor Michael Meyen geführt. Gegen Meyen läuft ein Disziplinarverfahren, er wurde zur Befragung vor den Verfassungsschutz geladen. Skambraks Auseinandersetzung mit dem Fall Meyen macht transparent, was in unserem Land mittlerweile passiert. Meyens »Vergehen« besteht darin, dass er sich mit den Mitteln seiner Wissenschaftsdisziplin einer fundierten, herrschaftskonzentrierten Medienkritik bedient. Das schmeckt einigen nicht. Deshalb soll er – zu diesem Schluss ist zu kommen – fertiggemacht werden.

Der österreichische Schriftsteller und Journalist Jan David Zimmermann23 nimmt sich der Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot an. Sie hinterfragte die Maßnahmenpolitik und kritisierte dann auch noch das vorherrschende Narrativ zum Krieg in der Ukraine. Der Medienmainstream sah rot und plötzlich erhob der Trierer Politikwissenschaftler Markus Linden Plagiatsvorwürfe in der FAZ. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber Guérots, die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, ihre Stelle als Professorin. Guérots Kündigungsklage ist, während dieses Buch entsteht, noch am Laufen. Jan David Zimmermann zeigt auf, warum Guérot gleich als »doppelt umstritten« gilt.

In einem prägnanten Text skizziert die Autorin und ehemalige Kolumnistin für das Satiremagazin »Eulenspiegel« Anke Behrend den Fall Dr. Friedrich Pürner. Pürner war Leiter des Gesundheitsamtes Aichach-Friedberg im bayerischen Regierungsbezirk Schwaben.

Als Entscheider vor Ort hinterfragte er bestimmte Coronamaßnahmen. Die Konsequenz: Strafversetzung. Zumindest ordnet es Pürner so ein. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete Pürner als »höchst umstritten«.24 Sein Fall dokumentiert, wie schnell sogar massive beruflicher Konsequenzen drohen, wenn ein Mensch sich nicht verbiegen lässt.

Das zweite Interview im Buch habe ich mit Albrecht Müller geführt. Müller, Publizist und Herausgeber der NachDenkSeiten, ist mit seinen nunmehr 85 Jahren noch immer ein scharfsinniger Denker. Zu seinem Tagesgeschäft gehört es, Politik und Medien grundlegend kritisch zu hinterfragen. Doch insbesondere seine Position zum Ukraine-Krieg, die von einem Friedensansatz geprägt ist, kommt bei so manchem Vertreter des Medienmainstreams nicht gut an. Die Bezeichnung »umstritten«, so Müller im Interview, »kommt von jenen, die sich an einen Wust von Denkfehlern, Vorurteilen und falschen Beobachtungen« angepasst haben.

Zuletzt findet sich in diesem Buch eine Analyse jener Lanz-Sendung, in der Ulrike Guérot eingeladen war. An diese Sendung gilt es zu erinnern. An ihr lässt sich exemplarisch ablesen, was passiert, wenn eine Person, die als »umstritten« gilt, doch einmal Zugang zu einer Debattenplattform des Mainstreams bekommt. Guérot sah sich Angriffen nicht nur durch die Gäste Marie-Agnes Strack-Zimmermann und Fritz Pleitgen ausgesetzt, sie musste sich auch gegen den Moderator wehren. Wer die »Wahrheiten« des Mainstreams anzweifelt, soll sich eben nicht durchsetzen dürfen.

Gegen diese Entwicklung richtet sich das vorliegende Buch. Um einen Lichtblick hervorzuheben: Jede der hier vorgestellten Persönlichkeiten wurde auf die eine oder andere Weise angegriffen. Doch keine von ihnen hat aufgegeben. Alle haben den Angriffen standgehalten. Egal wie die Angriffe auch aussahen: Keine von ihnen ist zurückgewichen. Davor habe ich großen Respekt.

Marcus Klöckner, im November 2023

Stefan Homburg – »umstritten«, weil er Coronastatistiken hinterfragt hat – von Patrick Reitler

Vom akademischen Überflieger zur einflussreichen Twitter-Größe: wie Corona das Leben von Stefan Homburg veränderte.

Der Finanzwissenschaftler Stefan Homburg war in Medien und Politik jahrelang ein gern gesehener Gast. Als er im April 2020 seine Zweifel am Corona-Narrativ öffentlich machte, drehte sich der Wind. Doch Homburg ließ sich nie mundtot machen. Heute ist er kein Institutsleiter mehr, dafür aber sehr erfolgreich auf Twitter unterwegs.

Er war ein Überflieger: Stefan Homburg, Jahrgang 1961, erhielt mit gerade einmal 30 Jahren einen Ruf als Professor auf Lebenszeit an die Uni Bonn. Seine Fachgebiete: Volkswirtschaftslehre und Steuerrecht.

Zuvor hatte er als Stipendiat VWL, Mathematik und Philosophie in Köln studiert. Schon früh bewies Homburg sein Talent als Autor: Bereits ein Jahr nach der Immatrikulierung begann er an der Seite seines späteren Doktorvaters Prof. Bernhard Felderer mit der Arbeit an dem gemeinsamen Lehrbuch »Makroökonomik und neue Makroökonomik«. Im Lauf der Jahre sollte es zu einem Standardwerk reifen. Den Doktortitel bekam der Mann aus Hellersen 1987 für eine Arbeit über die Theorie der Alterssicherung.

Mit Beginn der 1990er machte sich der Nordrhein-Westfale als junger Hochschullehrer schnell einen Namen. Homburg war die treibende Kraft beim Aufbau der Wirtschaftsfakultät im Magdeburg der frühen Nach-Wende-Zeit. Kein Wunder, dass auch die Politik irgendwann auf das Talent aufmerksam wurde. Finanzminister Theo Waigel bot ihm einen Platz als Regierungsberater im Wissenschaftlichen Beirat seines Bundesministeriums an. Homburg sagte zu. 2004 holte ihn Bundeskanzler Gerhard Schröder auch noch in den »Rat für Nachhaltige Entwicklung«.

Die längste Zeit seines Wissenschaftlerlebens aber ist für Homburg mit der niedersächsischen Hauptstadt Hannover verknüpft: Hier übertrug man ihm 1997 die Leitung des »Instituts für Öffentliche Finanzen« an der Leibniz Universität.

»Homburg gilt als Wissenschaftler, der schnell auf den Punkt kommt, geschliffen formulieren kann und ohne große politische Rücksichtnahmen auch ungeschminkte Wahrheiten verkündet«, lobte ihn die »Börsenzeitung« am 26. November 2009.1 Damals galt es in Deutschland offensichtlich noch als Tugend, auch mal anzuecken. Doch gut zwei Jahrzehnte später sah die Republik in diesem Punkt auf einmal ganz anders aus.

Zum Jahreswechsel 2019/20 waren in den sozialen Medien merkwürdige Bilder aus China aufgetaucht. Immer öfter fielen dabei die Worte »Wuhan«, »neuartiges Virus« und »unbekannte Seuche«. Bald zeigte auch das Fernsehen in Deutschland verstörende Aufnahmen aus Fernost. »Im Januar 2020 haben meine Frau und ich uns schiefgelacht über die billigen Storys aus China«, erinnert sich Stefan Homburg Ende September 2023, »Astronauten, die Gehwege von bösen Viren befreiten, ein junger Augenarzt, der die ›Pandemie‹ entdeckte und kurz darauf natürlich verstarb, Notkrankenhäuser ohne Fundamente. Damals hielt ich die Sache noch für harmlose Unterhaltung.«2

Doch die Medien bissen sich zum Erstaunen des Professors richtig fest an der Geschichte um ein Virus, das man im Volksmund inzwischen auf den griffigen Namen »Corona« getauft hatte. Der Tenor: Da kommt was auf uns alle zu, wir wissen nicht viel darüber, es könnte uns aber umbringen, schließlich leben wir in einer globalisierten Welt. Habt ihr nicht den Film »Outbreak« gesehen? Milliarden Menschen in Todesgefahr! Was tun? Um Gottes willen, was tun? Am besten erst mal menschliche Kontakte reduzieren. Corona will es so! Also auf keinen Fall Hände schütteln! Und nicht umarmen! Bleibt daheim! Schließt die Kindergärten und Schulen! Und die Altenheime, Kinos, Theater und Fußballstadien! Am besten alles dicht! Und natürlich Maske tragen! Vergesst die Freiheitsrechte, vergesst das Grundgesetz, vergesst kritisches Nachfragen! Oder wollt ihr etwa, dass die Oma stirbt?

Ein winziges Monster, das »Corona-Virus«, für Normalsterbliche unsichtbar und damit im Wesensgehalt unüberprüfbar, hatte das »beste Deutschland aller Zeiten« (Steinmeier) in wenigen Wochen zu einem Hotspot der Panik und Unfreiheit mutieren lassen.

Prof. Dr. Stefan Homburg kam das alles allmählich gar nicht mehr so lustig vor. »Als aufgeklärter Bürger lasse ich mir nicht von angeblichen Experten diktieren, wie ich zu denken habe, sondern bilde mir eine eigene Ansicht und verbreite sie«, stellt er auf seiner Website klar. Und was der damals 59-Jährige seit dem Frühjahr 2020 alles so verbreitete, schmeckte großen Teilen der Medienlandschaft überhaupt nicht.

Homburg hatte es gewagt, die politisch verordneten Maßnahmen grundsätzlich infrage zu stellen. Denn schon vor Beginn des ersten »Lockdowns« in der bundesrepublikanischen Geschichte, schon vor dem 23. März 2020 also, waren »die Zahlen« nachweislich gesunken. Homburg schaute sich den Sachverhalt um die damals angeblich maßgeblichen Kenngrößen »Verdopplungszeit« und »R-Wert« in acht Ländern an. Seine Schlüsse veröffentlichte er am 13. April 2020 als »Discussion Paper No. 671: Effectiveness of Corona Lockdowns: Evidence for a Number of Countries«3. Die Quintessenz: »Lockdowns waren überflüssig und wirkungslos.«

Zwei Tage später erschien eine Kurzzusammenfassung in der Zeitung Welt, in der der Zahlenmensch das »rationale und unaufgeregte« Schweden, außerdem Südkorea und Taiwan, als beispielhaft für einen besseren Umgang mit der »Pandemie« würdigte und »konventionelle Abwehrmaßnahmen wie Hygiene, Testung und Quarantäne« als angemessenere Strategien zur Corona-Eindämmung empfahl.4 Es war auch genau jener 15. April, an dem Homburg vollends davon überzeugt war, dass hier etwas ganz gewaltig schieflief: »Als herauskam, dass der R-Wert, das damalige Maß aller Dinge, schon vor dem Lockdown unter eins gelegen hatte und Merkel und ihre Ministerpräsidententruppe den Lockdown trotzdem unbefristet verlängerten, wusste ich, dass etwas nicht stimmte.«5

Seine Zweifel legte Homburg zwei Tage später noch einmal in einem YouTube-Interview mit der Journalistin Milena Preradovic dar. Dabei kritisierte er abermals das Robert Koch-Institut (RKI) und die Politik für ihren »Lockdown-Wahn«. Halb resignierend, halb prophetisch fügte er hinzu: »Solange die Umfragewerte für die Hardliner so gut sind, wird sich auch an der Situation nichts ändern.«6

Der Fehdehandschuh gegen Politik und Medien war für alle sichtbar ausgepackt.

Der Erfolg des Preradovic-Videos rief schnell die »Faktenchecker« auf den Plan. Ihr Urteil war vernichtend: Der Finanzwissenschaftler habe beispielsweise wichtige Tatsachen wie die Vor-Lockdown-Maßnahmen nicht berücksichtigt und Schätzungen von Todesfallzahlen falsch dargestellt, schrieb etwa Lea Weinmann von »Correctiv« unter Berufung auf das Robert Koch-Institut.7 Der Wirtschaftswissenschaftler Jan Schnellenbach8 nannte Homburgs Ansatz, »politische Forderungen auf der Grundlage von bivariater Augenschein-Empirie« zu stellen, »mehr als fahrlässig«. Sein Kollege Rüdiger Bachmann9 hielt den Volkswirt für »brandgefährlich« und einen »Scharlatan«.

Homburgs Ruf war schon im April 2020 schwer angeknackst, kaum dass er sich aus der Deckung gewagt hatte.

Doch statt verängstigt zurückzurudern, legte Homburg noch eine Schippe drauf. Besuchte Demonstrationen. Protestierte lauter und schärfer gegen das »chinesische Politikmodell«, das er in Deutschland immer deutlicher zu erkennen glaubte. Redete über »Sklavenmasken« und spekulierte über baldige Zwangsimpfungen.

Am 9. Mai 2020 zog er auf einer Großdemonstration in Stuttgart vor Tausenden Menschen eine historische Parallele:

»Wir haben jetzt leider gesehen, wie fragil unsere demokratische Ordnung ist und wie schnell so etwas, was in den 1930er-Jahren passiert ist, jederzeit wieder passieren kann.«10

Bastian Brinkmann, Wirtschaftsredakteur der einflussreichen Süddeutschen Zeitung, nahm Homburg am 14. Mai 2020 daraufhin in die Kontaktschuld-Mangel: Der Finanzwissenschaftler sei zwar selbst »kein ungehobelter Covidiot«, werde aber »von den querfrontlerischen Gruppen beklatscht«11. Außerdem arbeite Homburg mit einer »selektive[n] Wiedergabe von Informationen«, was ein »typisches Mittel« zur Verbreitung von Verschwörungsmythen sei, schrieb Brinkmann.

Auch die Historikerin Susanne Götze und die Journalistin Annika Joeres stürzten sich kurz nach Homburgs provokantem Vergleich gemeinsam auf den unbequemen Finanzprofessor. In einem »Correctiv«-Artikel12 stellten sie Homburg als Teil einer »altbekannten Allianz« aus »Klimaleugnern, Marktradikalen und Rechtspopulisten« vor. Dass Homburg ein Marktradikaler sei, lag für sie wohl auf der Hand: Immerhin habe er mit Ökonomen wie Hans Olaf Henkel oder Prof. Max Otte dafür plädiert, »die Marktwirtschaft ins Grundgesetz zu schreiben«. Und ebendiese Männer, die allesamt irgendwann mit der AfD zu tun gehabt hatten, träten nun auch noch »vehement für Lockerungen des Kontaktverbotes« ein und verbreiteten »krude Theorien zu Corona«!

Insgesamt hatten Götze und Joeres große Schnittmengen zwischen AfD-Politikern, Coronakritikern und »Klimaleugnern« festgestellt: Sie alle verbinde »die Abneigung gegen staatliche Eingriffe sowie ein Grundmisstrauen gegen die Wissenschaft«, warfen die Autorinnen den Finanzwissenschaftlern und ihren Mitstreitern vor. Unterm Strich, so Götze und Joeres, gehe es ihnen allen ohnehin nur darum, »Aufmerksamkeit für sich selbst zu schaffen«.

Der Deutungsrahmen der Leitmedien für die kommenden Jahre war damit endgültig festgezurrt. »Unversehens stand ich, ein eher dröger Gelehrter, als Staatsfeind Nr. 1 da«, erinnerte sich Homburg drei Jahre später bei einem Vortrag.13

Verschärfend kam hinzu, dass Homburg sich Anfang Mai entschlossen hatte, seine Bedenken und seine Kritik auch auf der sozialen Plattform Twitter (heute: X) zu äußern. »Zu diesem Zeitpunkt ging ich davon aus, dass der Wirbel um das neue Virus von kurzer Dauer sein und sich die Sache bald klären werde. Entsprechend glaubte ich an ein kurzes Gastspiel auf Twitter«, schreibt Homburg knapp zwei Jahre später in seinem Buch »Corona-Getwitter«.

Schon einer seiner allerersten Tweets, ein Eintrag vom 17. Mai 2020, sorgte für sehr viel Aufregung. Kritisch angesprochen auf seinen Stuttgarter Demo-Spruch mit der Parallele zu den frühen 1930er-Jahren, legte Homburg noch einmal nach:

»Das hier IST 1933. Damals gab es keinen Krieg und keine Lager. Es wurde erst die Demonstrations- und Meinungsfreiheit abgeschafft, dann das Rechts-, Presse- und Wissenschaftssystem gleichgeschaltet. Sechs Jahre später war man dann so weit.«14

»Keiner meiner Tweets hat so viel Zustimmung erhalten wie dieser«, stellt Homburg Ende September 2023 fest. »Gerade auf ihn werde ich immer wieder angesprochen, weil es ja stimmt, dass Rechtsstaat, Freiheit der Wissenschaft und die übrigen gewohnten Werte allesamt im Frühjahr 2020 versenkt wurden.«15

Immer wieder betont Homburg auch, dass er mit der Zahl 1933 weniger auf die beginnende Naziherrschaft als vielmehr auf den »Niedergang der Weimarer Republik Anfang 1933« hinweisen wollte. Doch für solche Feinheiten gab es im Mai 2020 längst keinen Platz mehr im deutschen Diskurs.

Die »Linksjugend«, die »Grüne Jugend« und die »Jusos« Niedersachsen reagierten am 22. Mai empört und schrieben gemeinsam einen Offenen Brief16 an den Hannoveraner Universitäts-Präsidenten Prof. Volker Epping. Darin forderten sie die Entlassung des alteingesessenen Institutsleiters. Es dürfe nicht sein, dass ein Universitätsprofessor wie Homburg mit seiner grundsätzlichen Glaubwürdigkeit und Seriosität bestimmte Demonstrationen »adele«, die »bewusst zahlreiche Verschwörungstheoretiker*innen und Rechtsextremist*innen« anzögen. Überhaupt verbreite Homburg inzwischen »wahnwitzige Fake News« und »krude Falschinformationen«. Außerdem warfen die linkslastigen Jugendorganisationen Homburg »geschichtsrevisionistische Relativierung nationalsozialistischer Gräuel« vor.

Auch die Welt, in der Homburg noch wenige Wochen zuvor über den aus seiner Sicht unnötigen Lockdown geschrieben hatte, rückte ein gutes Stück von ihrem Gastautor und einst gerne gesehenen Experten ab: »Von NS-Vergleichen und weiteren Äußerungen, die Homburg an anderer Stelle getätigt hat, distanziert sich die WELT-Redaktion ausdrücklich«, wurde nun am Ende seines Artikels eingefügt.17

Der nächste Aufreger ließ nicht lange auf sich warten: Homburg solle kritische Studenten aus einer Onlinevorlesung geworfen haben!18 Er selbst stellt die Sache heute wie folgt dar: