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Unbesiegbar E-Book

Roni Loren

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Beschreibung

Seit Taryn Landry bei einem Highschool-Amoklauf ihre kleine Schwester verlor, tut sie alles, damit sich eine solche Tragödie nicht wiederholt. Denn was niemand weiß: Es war ihre Schuld.
Shaw Miller kennt das Gefühl von Schuld nur zu gut, denn der Amokläufer war sein Bruder. Um dem Gerede zu entgehen, änderte er seinen Namen, sein Aussehen und begann ein neues Leben.
Dann kreuzen sich ausgerechnet Taryns und Shaws Wege erneut. Und sie merken, dass sie mehr verbindet, als sie je gedacht hätten ...


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Seitenzahl: 551

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchÜber die AutorinTitelImpressumKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Epilog

Über dieses Buch

Seit Taryn Landry bei einem Highschool-Amoklauf ihre kleine Schwester verlor, tut sie alles, damit sich eine solche Tragödie nicht wiederholt. Denn was niemand weiß: Es war ihre Schuld.

Shaw Miller kennt das Gefühl von Schuld nur zu gut, denn der Amokläufer war sein Bruder. Um dem Gerede zu entgehen, änderte er seinen Namen, sein Aussehen und begann ein neues Leben.

Dann kreuzen sich ausgerechnet Taryns und Shaws Wege erneut. Und sie merken, dass sie mehr verbindet, als sie je gedacht hätten …

Band 2 der Long Acre-Reihe

Über die Autorin

Roni Loren schrieb ihren ersten Liebesroman im Alter von 15 Jahren, als sie feststellte, dass es einfacher war, über Jungs zu schreiben, als mit ihnen zu reden. Heute kann sie zwar auch nicht viel besser flirten, ist aber (hoffentlich) zumindest eine bessere Autorin. Sie hat einen Master in Sozialarbeit und viele Jahre als Therapeutin gearbeitet, bis sie sich ganz aufs Schreiben konzentrierte. Seitdem legt sie in ihrem gemütlichen Büro in Dallas, Texas nur noch ihre Figuren auf die Analysecouch. Sie ist zweifache Gewinnerin des RITA-Awards und eine New York Times- und USA Today-Bestsellerautorin.

Übersetzung aus dem amerikanischen Englischvon Anke Pregler

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Deutsche Erstausgabe

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2019 by Roni Loren

Titel der amerikanischen Originalausgabe: »The One You Fight For«

Originally published in the United States by Sourcebooks Casablanca, an imprint of Sourcebooks, Inc. www.sourcebooks.com

Für die deutschsprachige Ausgabe:

Copyright © 2021 by Bastei Lübbe AG, Köln

Einband-/Umschlagmotive: © Shutterstock.com;© Getty Images: GrandPix

Umschlaggestaltung: ZERO Werbeagentur, München

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-9485-6

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Kapitel 1

Dr. Taryn Landry hatte gelernt, dass sich ein Gespräch über Soziopathen in keiner Weise für ein erstes Treffen eignete. Doch irgendwie ertappte sie sich am Freitagabend dabei, wie sie sich immer weiter über das Thema ausließ, während ihr Date auf seinem Stuhl immer mehr vor ihr zurückwich. Seine Augen wanderten zu dem Handy, das neben seinem Teller in dem viel zu schicken Restaurant lag. Ein Handy, das etwa alle fünfzehn Minuten vibrierte. Offensichtlich war Doug, der Finanzplaner, ein gefragter Mann.

»Ja, also«, sagte sie, räusperte sich und versuchte, ihre weitschweifenden Ausführungen zu einem natürlichen Ende zu bringen. »Auf Basis meiner Forschungsarbeit und den Resultaten anderer Studien habe ich ein Programm entwickelt, das ich hoffentlich irgendwann in Schulen einführen kann. Die meisten Wesenszüge und Faktoren, die gewalttätiges Handeln begünstigen, lassen sich verändern, wenn man sich früh genug darum kümmert. Viele Leute denken, dass manche Menschen von Natur aus schlecht sind, doch ich weigere mich zu glauben, dass es nichts gibt, was wir tun können, und die Forschung stützt diesen Standpunkt.«

Doug hob den Blick, als ob ihm gerade erst bewusst wurde, dass sie noch da war. »Also … das ist interessant.«

Ja. Er hatte kein Wort von dem mitbekommen, was sie gesagt hatte. Wahnsinn. Doch sie war nicht überrascht. Sie hatte keine Studie dazu durchgeführt, doch genügend Anekdoten gesammelt, um zu wissen, dass sie bei dieser ganzen Dating-Sache jämmerlich versagte. Die Menschen wollten sich bei einer Verabredung über leichte, angenehme Sachen unterhalten – nach welchen Netflix-Sendungen sie verrückt waren, welche Hobbys sie hatten, in welche Städte sie irgendwann noch mal reisen wollten. Doch sie hatte keine Zeit für Lieblingssendungen oder aufwendige Hobbys oder für Reisen zu exotischen Orten. Sie hatte ihre Forschung, entwickelte ihr Programm und lehrte. Sie hatte kaum genug Zeit fürs Schlafen und noch weniger für sonstige Erholung.

Warum hatte sie sich bloß wieder auf das Daten eingelassen? Sie könnte jetzt in Freizeitklamotten zu Hause sein. Stattdessen saß sie hier in unbequemen Schuhen und mit einem noch unbequemeren Gespräch. Vielleicht hatte sie es getan, weil ihr der Gedanke gefiel, sich mit jemandem zu treffen. Wenn sie spätabends nach Hause kam und dabei einen Berg wissenschaftlicher Texte und die Arbeiten ihrer Studenten schleppte, stellte sie sich manchmal vor, wie es wäre, jemanden zu haben, den sie anrufen oder mit dem sie zu Abend essen könnte, oder mit dem sie mehr als nur essen würde. Vermutlich war das der Grund, weshalb sie bei diesem Blind Date gelandet war – die Idee, wie schön es sein könnte. Doch in der Realität war das Daten eine regelrechte Qual.

Sie trank einen großen Schluck Wein, als ihre Verabredung wieder auf das Handy schaute. »Musst du deine Nachrichten ständig checken?«

»Hm?« Schuldbewusst blickte Doug hoch. »Oh, nein. Schon in Ordnung. Aber vielleicht sollte ich doch noch mal nachsehen für den Fall, dass es um die Arbeit geht.«

Taryn zuckte mit den Schultern, denn sie hatte diese Antwort erwartet. Sie besaß einen Hochschulabschluss im Menschenverstehen, doch Dougs Verhalten war auch ohne Doktortitel zu entschlüsseln. »Klar. Lass dich nicht aufhalten.«

Wenigstens konnte sie ihrer Freundin Kincaid erzählen, dass sie es versucht hatte. Kincaid hatte dieses Date für sie klargemacht, denn: Mädchen, ich mache mir Sorgen um dich. Du musst mal raus aus deiner Forschungseinrichtung und ein bisschen leben. Doug ist klug und auf eine gewisse Art attraktiv, wie der Bösewicht in einem Achtzigerjahre-Film.

Taryn hatte ihn sich wie den jungen James Spader vorgestellt, weshalb sie der ganzen Sache schließlich zögernd zugestimmt hatte. Doch Doug war mit Sicherheit noch nie der Typ für luftige Frisuren und weiße Anzüge gewesen. Außerdem vermutete sie, dass er eine leichte narzisstische Persönlichkeitsstörung hatte – was wahrscheinlich der Grund dafür war, dass er dichtgemacht hatte, als sie begonnen hatte, über Soziopathen zu sprechen. Beide Störungen waren miteinander verwandt. Wahrscheinlich war er beleidigt.

Doch vielleicht sollte sie lernen, nicht über ihre Forschungsarbeit zu reden und den Leuten nur den unverfänglicheren Teil erzählen – dass sie an der Universität Psychologie lehrte. Wenn die Menschen sie fragten, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente, taten sie es meistens aus Höflichkeit und wollten nicht alle Details hören. Doch Taryn mochte Details – mochte es, sie zu erzählen und sie zu hören. Die Lebensgeschichten anderer faszinierten sie unglaublich. Sie sammelte sie, wie andere Menschen Fotos von interessanten Orten sammelten. Sie wollte wissen, was jemanden so ticken ließ, wie er tickte, was ihn zu seinem Job gebracht hatte und ihn zu dem gemacht hatte, was er war. Doch selbst für sie war es schwer gewesen, etwas Interessantes an Doug, dem Finanzplaner, zu entdecken.

Dating-Experiment durchgeführt. Experiment gescheitert. Nun gut. Dieses Ergebnis entsprach ohnehin ihrer Hypothese. Blind Dates waren fast immer zum Scheitern verurteilt. Sie hätte sich gar nicht darauf eingelassen, wenn Kincaid nicht so verdammt ernst und besorgt angesichts ihres fehlenden Soziallebens ausgesehen hätte. Ihre Freundin wollte nicht, dass sie allein war, und Taryn liebte sie allein schon dafür. Doch gerade in diesem Moment wollte sie nichts lieber, als nach Hause gehen, in ihre Pyjamahosen schlüpfen und die letzten Daten in ihre Präsentation einfügen.

Taryn warf einen Blick auf die Uhr, und als sie sah, dass Doug immer noch mit seinem Handy beschäftigt war, zog sie ihr eigenes aus der Tasche. Zwei verpasste Anrufe und mehrere Textnachrichten wurden ihr auf dem Display angezeigt. Zwei davon stammten von ihrer Mutter. Die andere von ihrem Dad.

Verdammt. Taryn spürte ein mulmiges Stechen in den Eingeweiden, und fast hätte sie ihr Handy bei dem Versuch fallen gelassen, die Nachrichten zu öffnen. Sie hatte ihr Telefon auf leise gestellt und vergessen, ihre nächtliche »Bin wieder zu Hause«-Mitteilung an ihre Mutter zu schicken. Was im Haus ihrer Eltern Alarmstufe Rot bedeutete, wenn ihre Mutter einen ihrer schlechten Tage hatte. Schnell schrieb sie den beiden zurück und fühlte sich dabei wie ein schuldbewusster Teenager und nicht wie eine erwachsene Frau.

Ihrer Mom schrieb sie: Tut mir leid. Mir geht’s gut. Bin bei der Arbeit aufgehalten worden. Alles in Ordnung.

Das Blind Date erwähnte sie nicht, denn das hätte eine ganze Reihe weiterer panischer Fragen nach sich ziehen können. Wer ist er? Befindest du dich auch an einem sicheren, öffentlichen Ort? Was weißt du über diesen Mann?

Ihrem Dad schrieb sie: Tut mir leid. War mit einer Freundin unterwegs und hatte das Handy auf lautlos gestellt. Ist mit Mom alles okay?

Die Antwort ihres Vaters folgte schnell. Sie wird sich wieder beruhigen. Genieße deinen Abend. Danke, dass du dich gemeldet hast, Süße.

Taryn schob ihre Brille nach oben und rieb sich die Nasenwurzel, ein Gefühl der Schuld überkam sie. Wie hatte sie das vergessen können? War es wirklich so schwer, sich an eine kurze Nachricht zu erinnern? Vermutlich hatte sie ihre Mutter damit in eine Abwärtsspirale geschickt und beiden Eltern den Abend ruiniert. Argh.

»Alles in Ordnung?«, fragte Doug und riss Taryn damit aus ihren Gedanken.

Sie blickte hoch, als die Bedienung die Rechnung zwischen sie legte. »Hm, ja. Ich habe nur einen Anruf verpasst.« Sie warf das Telefon in ihre Handtasche und griff nach ihrem Portemonnaie. Bei diesem Date würden sie definitiv getrennt bezahlen. »Nun, wir sollten wahrscheinlich …«

»Willst du noch auf einen Drink mit zu mir kommen?«, unterbrach Doug sie und ließ eine schlanke schwarze Kreditkarte auf die Rechnung fallen, die noch nicht einmal Zahlen auf der Vorderseite hatte.

Die Bedienung schoss wie ein Kampfflugzeug herbei und nahm die Karte.

Taryn blinzelte. »Warte, was?«

Doug trank seinen restlichen Wein und lächelte. »Zu mir nach Hause. Ich wohne nicht weit von hier, und es ist noch früh.«

Das Lächeln, das er ihr schenkte, sagte alles, was sie wissen musste. Er schlug vor, dass sie miteinander schliefen. Obwohl sie einander gelangweilt hatten. Obwohl sie ungefähr so viel gemein hatten wie ein Grashüpfer und ein Wolkenkratzer. Und er hatte es gesagt, als ob es völlig normal wäre, ihr dies vorzuschlagen.

Sie legte den Kopf schräg. »Also obwohl uns ganz offensichtlich nichts miteinander verbindet und dieses Date ziemlich langweilig war, lädst du mich zu dir nach Hause ein?«

Nun war es an Doug, wie eine Eule zu blinzeln. Sein Lächeln erstarb. »Wow, du nimmst kein Blatt vor den Mund, was, Doc?«

Sie neigte dazu, Sachen, die ihr durch den Kopf gingen, einfach so auszusprechen, doch sie würde sich nicht dafür entschuldigen. »Habe ich die Situation missverstanden?«

Nun lachte er in sich hinein und richtete seine Krawatte. »Nein, das hast du nicht. Ich mag deine Ehrlichkeit. Dieses Date ist nicht so gut gelaufen, wie wir es uns wahrscheinlich erhofft haben, doch ich denke, dass wir zwei sehr beschäftigte Menschen sind, denen es einfach schwerfällt, über etwas anderes als die Arbeit zu sprechen. Aber …« – er zuckte mit den Achseln – »… das bedeutet auch, dass wir vermutlich beide etwas Dampf ablassen könnten, ohne uns darum sorgen zu müssen, wer morgen wen anrufen wird. Du bist wirklich attraktiv. Körperlich würde es vermutlich gut mit uns passen. Es könnte immer noch eine gelungene Nacht werden.«

Taryn dachte über seine Worte nach. Es war das Erste, was er den ganzen Abend über gesagt hatte, das irgendwie Sinn machte – oder aus dem zumindest ein Funke Logik sprach. Vielleicht hatte Kincaid doch nicht so falsch mit ihnen beiden gelegen. Wenn Doug aufhörte, auf diese »Ich bin ja so wichtig«-Art zu reden, war er ihr fast sympathisch. Fast.

Doch es war schon länger her, als sie sich erinnern konnte, dass sie mit irgendjemandem geschlafen hatte, und wenn sie diese Durststrecke beendete, wollte sie, dass es etwas bedeutete. Sie hatte diese Art von »Es ist bequem, und wir finden uns ausreichend sympathisch«-Sex schon früher gehabt. Währenddessen war es immer irgendwie seltsam unbefriedigend und danach peinlich gewesen. Nach der letzten einfallslosen Begegnung dieser Art hatte sie sich geschworen, beim nächsten Mal auf eine Eingebung in der Art von Oh mein Gott, ich will diesen Kerl nackt haben zu warten. Doch bislang hatte sie dieser Gedanke nur gelegentlich beschlichen, wenn sie sich einen Film mit einem heißen Schauspieler ansah.

Sie versuchte sich vorzustellen, wie sie Dougs Krawatte löste und sein Hemd aufknöpfte, mit ihren Händen über seine Brust fuhr und zuließ, dass er sie berührte. Der Zeiger ihres Interesses schwang ganz nach links, in die eisige Tundra-Zone. Nein.

Sie zog sich die Tasche auf den Schoß und schenkte Doug ein höfliches Lächeln, während die Bedienung die Quittung und die Kreditkarte zurück an den Tisch brachte. »Ich weiß dein Angebot zu schätzen. Doch ich habe heute Abend noch eine Menge Arbeit zu erledigen.« Und werde mir wahrscheinlich auch noch einen Film mit James Spader anschauen.

»Bist du sicher?«, fragte er und sah dabei ehrlich enttäuscht aus.

Sie stand auf und strich sich den Rock glatt. »Ja, aber vielen Dank für das Dinner.«

»Gerne. Komm, ich begleite dich noch nach draußen.«

Sie ließ es zu, dass er seine Hand locker auf ihren unteren Rücken legte, während er sie durch das Restaurant führte und dann hinaus in die schwülwarme Frühlingsluft. Ein paar Autos fuhren auf der feuchten innerstädtischen Straße, doch ansonsten war es in diesem Teil von Austin ruhig für einen Freitagabend – nur ein paar Restaurants und Bars hatten geöffnet, die vor allem von den Menschen besucht wurden, die in den Wohnanlagen der Umgebung lebten. Touristen zogen aufregendere Orte vor. Taryn hatte diesen Teil der Stadt schon immer gemocht.

Nun drehte sie sich zu Doug, um seine Hand zu schütteln. »Danke noch mal. War nett, dich kennenzulernen. Ich werde dich bestimmt anrufen, wenn ich mich doch noch entscheiden sollte, in Anlagefonds zu investieren.«

Sein Gesicht hellte sich auf. »Großartig. Hier, das ist meine Karte.«

Sie hatte kein Geld für irgendwelche Fonds, doch sie nahm seine Karte wie ein Friedensangebot an und steckte sie in ihre Tasche. »Danke.«

»Und wenn mir irgendwelche Soziopathen über den Weg laufen, werde ich sie zu dir schicken …« Er zuckte zusammen. »Warte, das sollte ein Witz sein, aber jetzt, da ich es laut ausgesprochen habe …«

Amüsiert verzog sie das Gesicht. »… hört es sich an wie eine Drohung.«

Seine Wangen röteten sich im Schein der Straßenlaternen. »Ich habe es nicht so gemeint. Tut mir leid, nach allem was du durchgemacht hast … Das war furchtbar von mir. Sorry.«

Ihre Haltung Doug gegenüber wurde etwas weniger abweisend, als sie seine offensichtliche Verlegenheit sah. Vielleicht war er doch weniger Narzisst als vielmehr ein Kerl, der versuchte, geschmeidig und selbstbewusst zu sein, obwohl er eigentlich genauso ungeschickt wie sie mit der Situation umging. Außerdem traten die Menschen, sobald sie wussten, wer sie war, und ihre Geschichte kannten, unweigerlich ins Fettnäpfchen und vergaßen alles, was sie sonst noch ausmachte. Es war wie irgendeine seltsame Krankheit.

Inzwischen war sie daran gewöhnt. Ihre Vergangenheit verschreckte die Leute entweder oder sie faszinierte sie auf eine kranke Art und Weise. Taryn war sich nicht sicher, was schlimmer war – Mitleid oder begafft zu werden. Wenigstens hatte Doug es während des ganzen Dates geschafft, sie nicht nach dem Massaker an der Long Acre High zu fragen. Das sprach eindeutig für ihn. »Ist schon in Ordnung. Ich weiß, dass du es nicht so gemeint hast.«

Erleichtert ließ er die Schultern fallen und suchte ihren Blick. »Ich finde es wirklich erstaunlich, was du beruflich machst. Ich bin mir nicht sicher, ob ich in der Lage wäre, nach so etwas wieder auf die Beine zu kommen. Jedenfalls wäre ich ganz bestimmt nicht dazu fähig, mich mit Schießereien an Schulen und Studien darüber zu beschäftigen. Wahrscheinlich würde ich nie wieder an die Sache denken wollen und den Kopf so tief es geht in den Sand stecken.«

Sie lachte, als sie sich Doug dabei vorstellte, wie er in Anzug und Krawatte den Kopf im Sand hatte. »Das wäre eine verständliche Reaktion.« Sie schob sich den Tragegurt ihrer Tasche über die Schulter. »Vermutlich ginge es mir genauso, wenn ich mich wie meine Freundinnen an die Nacht erinnern könnte. Doch mein Verstand hat das meiste davon ausgeblendet.«

Seine braunen Augen wurden groß. »Ehrlich?«

Sie nickte, obwohl sie angesichts der oft wiederholten Lüge einen vertrauten, unangenehmen Druck im Magen verspürte. »Ich habe damals meine Schwester verloren. Daran erinnere ich mich. Doch von den restlichen Ereignissen weiß ich im Einzelnen nichts mehr.«

»Wow, das muss ziemlich unheimlich sein.« Er zog an seiner Krawatte, als wäre sie ihm zu eng geworden. »Ich bin nicht sicher, ob es mir gefallen würde, dass es Erinnerungen gibt, auf die ich nicht zugreifen kann. Macht es das nicht besonders hart weiterzumachen?«

Weitermachen. Taten die Menschen das tatsächlich, nachdem ihre ganze Welt entzweigerissen worden war? Irgendwie einen Schritt vor den anderen setzen, vielleicht, doch weiterzumachen, als wäre nichts passiert, das erschien ihr wie eine lächerliche Erwartung. Es hörte sich an, als würde man sagen: Warum suchst du dir keine neue Persönlichkeit und wirst jemand ganz anderes? Taryn zuckte mit einer Schulter. »Ich muss mich nicht an diese Nacht erinnern, um zu wissen, wie wichtig es ist, dass solche Tragödien nicht wieder passieren, verstehst du? Ich habe alle Informationen darüber, die ich brauche.«

Doug steckte die Hände in die Taschen und nickte ihr ernst zu. »Nun fühle ich mich ziemlich mies bei dem Gedanken, wie unaufmerksam ich beim Essen war. Ich würde dich gerne wiedersehen, es besser machen, dich wirklich kennenlernen, statt so von der Arbeit abgelenkt zu sein. Glaubst du, ich bekomme noch eine Chance?«

Taryn lächelte, auch wenn es ein etwas sprödes Lächeln war. Jetzt hatte er plötzlich Interesse an ihr. Sie begann sich Sorgen zu machen, dass ihre tragische Geschichte das Einzige war, was andere an ihr interessant finden könnten. Der Gedanke daran war verdammt deprimierend. »Wie wäre es das nächste Mal als Freunde? Ohne den anderen beeindrucken zu müssen.«

Doug sah auf seine Füße hinunter und lachte leise, bevor er ihr wieder in die Augen sah. »Klingt nach einem Plan.«

Taryn trat vor und umarmte Dave schnell, ernüchtert darüber, wie der Abend gelaufen war, und bereit, nach Hause zu gehen. »Hab noch eine gute Nacht.«

Sie gingen in entgegengesetzten Richtungen davon, um zu ihren Autos zurückzukehren, und sie machte sich nicht die Mühe, sich umzudrehen und noch einmal zu winken. Stattdessen setzte Taryn ihre Schritte sorgfältig auf den Bürgersteig, während ihre Gedanken zu dem Date zurückwanderten und sie das Gespräch noch einmal analysierte.

Verdammt, sie war langweilig gewesen. Sie hatte so viel Zeit mit ihren Kollegen verbracht, die glaubten, dass jede Einzelheit ihrer Forschungsarbeit wahnsinnig spannend war, und mit ihren Studenten, die gezwungen waren, ihren Worten Aufmerksamkeit zu schenken, dass sie vergessen hatte, wie trocken der ganze Kram für jemanden außerhalb ihrer Welt sein konnte.

Argh.

Taryn holte ihr Telefon hervor und schrieb an Kincaid.

Taryn: Danke für deine Mühe.

Es dauerte nur wenige Sekunden, bis ihre Freundin antwortete.

Kincaid: Was ist los? Du schreibst mir vor Mitternacht. Das kann nichts Gutes bedeuten. Hab ich was verpasst?

Taryn: Nicht deine Schuld. Offenbar bin ich langweilig.

Kincaid: WAS? Hat er das gesagt? Werde Doug in den Arsch treten.

Taryn: Nein, ich sage das. Ich habe ihn gelangweilt.

Kincaid: Es ist nicht dein Job, einen Kerl zu unterhalten.

Taryn: Korrektur – ich habe mich selbst gelangweilt. Er war nur zufällig da, um sich von mir einschläfern zu lassen. Ich bin LANGWEILIG.

Kincaid: Du bist nicht langweilig. Du bist brillant.

Taryn: Was sich nicht ausschließt. Man kann beides sein.

Das Handy klingelte in ihrer Hand. Taryn ging weiter und an ihrem geparkten Wagen vorbei, weil sie noch etwas frische Luft vor der Fahrt nach Hause brauchte. »Hallo?«

»Hör auf, dich selbst als langweilig zu bezeichnen«, sagte Kincaid ohne Einleitung.

Taryn wich einem Kaugummi aus, das auf dem Gehweg klebte. »Ich sage nur, was ich meine.«

»Nein. Du siehst die Dinge falsch. Du bist nur auf ausgefahrenen Gleisen unterwegs, Süße«, sagte Kincaid, und Sorge schwang in ihrem frechen Countrygirl-Akzent mit. »Sei nicht so hart mit dir selbst. Das kann den Besten von uns passieren.«

»Oh, bitte. Wann bist du schon jemals langweilig gewesen?«, fragte Taryn und rollte mit den Augen, was ihre Freundin allerdings nicht sehen konnte. Kincaid war der Prototyp einer Stimmungskanone. Wahrscheinlich hätte sie auch noch ein Seminar über Timesharing in ein heißes Event verwandeln können.

»Schon vorgekommen. Das schwöre ich«, sagte sie mit dramatischer Stimme. »Es gab eine Zeit, in der ich so viel gearbeitet habe, dass ich einem Typen in meinem Bett davon erzählt habe, dass Fensterbänke den Wert eines Hauses steigern.«

Taryn lachte. »Oh nein.«

»Ja, und du kannst mir glauben, dass ich zwei Wochen später in Urlaub gefahren bin«, sagte Kincaid bestimmt. »Wenn ich an Fensterbänke denke, während ein nackter Mann auf mir liegt, dann gilt Alarmstufe Rot. Die Bahamas mussten her.«

»Ich habe keine Zeit, um auf die Bahamas zu fliegen.« Sie hatte nicht einmal Zeit für eine Pediküre, und noch viel weniger für einen Abstecher auf irgendeine Insel, auf der man die Drinks mit Schirmchen servierte.

»Ich weiß, aber vielleicht brauchst du einfach mal eine Auszeit oder einen Perspektivwechsel«, schlug Kincaid vor. »Probier etwas Neues aus. Triff dich mit neuen Leuten. Himmel, zieh in die Stadt. Ich könnte dir eine günstige Eigentumswohnung vermitteln. Ich kenne einen Makler, der sich um die Gegend rund um die Universität kümmert.«

»In die Stadt ziehen?«

»Klar, warum nicht? Du bist jung, und du bist Single. Du kannst ziehen, wohin du willst.«

Taryns Blick wanderte zu den Loft-Apartments in dem Gebäude auf der anderen Straßenseite. Durch die großen Spiegelglasfenster konnte sie in um diese Zeit hell erleuchtete Wohnungen blicken, die jede eine andere Version von Zuhause zeigte – eine moderne, minimalistische Variante mit bizarren Kunstwerken an weißen Wänden und einem Paar, das an einem Esstisch saß, ein anderes Apartment mit einer unkonventionellen Sammlung afrikanischer Masken über der Couch, und ein weiteres mit einer Katze auf der Fensterbank und einer Frau, die daneben in einem Sessel Tee oder Kaffee trank.

In die Stadt ziehen? Der Gedanke war durchaus verlockend. Taryn war immer fasziniert von der Idee gewesen, im Zentrum einer großen Stadt zu leben. Mit alldem Trubel um sich herum. Restaurants und Geschäfte nur ein paar Schritte entfernt. Das alles war so weit von ihrer Realität in Long Acre entfernt, wo sie drei Straßen weit weg vom gemieteten Haus ihrer Eltern im Ranch-Stil lebte, dass sie es sich nun kaum vorstellen konnte.

Obwohl sie in Austin arbeitete, hatte sie noch nie irgendwo anders gelebt als in der eine Stunde außerhalb gelegenen Kleinstadt. Als Jugendliche hatte sie davon geträumt, in New York aufs College zu gehen, zu reisen, all die Dinge zu sehen, die die Welt zu bieten hatte. Doch nach dem Massaker und als es ihrer Mutter dann immer schlechter ging, war ihr diese Option abwegig, ja fast schon lächerlich erschienen. Nun kamen ihr bereits die einfachen Lofts in der Innenstadt von Austin regelrecht exotisch vor.

»Das ist nicht einmal im Entferntesten vorstellbar«, erklärte sie ihrer Freundin aus der Immobilienbranche.

»Okay, aber vielleicht versuchst du trotzdem mal, all die Einschränkungen in deinem Leben ein wenig zu lockern. Ich weiß, dass du dich um eine Menge zu kümmern hast, doch manchmal muss man auch einfach mal ausgehen, etwas Verrücktes machen … einige Fensterbänke in Augenschein nehmen, während man unter einem sexy Kerl liegt.«

Taryn schnaubte. »Heute Nacht wird es jedenfalls keine Fensterbänke geben.«

»Vergiss Doug. Aber wenn wir uns am Sonntag beim Wohltätigkeitslauf sehen, werden wir uns zusammen etwas einfallen lassen«, sagte Kincaid entschlossen.

»Wir sollten auch mit dem Training für das Zehn-Kilometer-Rennen der Universität beginnen, zu dem du mich gedrängt hast. Wir sollten einen Plan aufstellen«, erinnerte Taryn sie.

»Halt mal. Hab ich tatsächlich gesagt, dass ich da auch mitmache?«, fragte Kincaid, und ihre Stimme kiekste am Ende des Satzes. »Also ernsthaft?«

»Ja.«

»War ich da nüchtern? Denn ich glaube nicht, dass es zählt, wenn ich es nicht war.«

»Stocknüchtern.« Taryn schüttelte den Kopf. »Versuch nicht, dich da rauszureden. Du hast gesagt, dass du dabei bist, und … ich zitiere: wie ein Bär vor dem Winterschlaf gefuttert hast und jetzt deinen Arsch von der Couch hieven musst.«

»So etwas würde ich niemals sagen, aber wir werden nach dem Brainstorming zum Thema ›Lass uns was Aufregendes finden‹ darüber sprechen. Das ist jetzt wichtiger. Ich bin nicht mit langweiligen Menschen befreundet, deshalb weiß ich, dass da eine wilde, faszinierende Frau am anderen Ende der Leitung ist. Wir müssen sie nur ein bisschen hervorlocken. Es ist mir so was von egal, ob dich irgendwelche Kerle interessant finden, aber, Himmel, wenn du dich inzwischen schon mit dir selbst langweilst, wird es Zeit für eine Veränderung, Süße.«

Taryn lächelte und lehnte sich an einen Laternenpfahl. »Ich bin mir nicht sicher, ob es dagegen ein Mittel gibt, aber trotzdem danke.«

»Ja. Ganz sicher gibt es das. Dafür werde ich schon sorgen. Wir sehen uns am Sonntag.«

Taryn verabschiedete sich von ihrer Freundin und stieß sich von dem Pfahl ab, fühlte sich schon ein wenig besser und überlegte, auf welchem Weg sie am besten zu ihrem Wagen zurückkehrte. Vermutlich sollte sie erst noch einmal um den Block gehen. Gerade hatte sie mit Kincaid über die Vorbereitungen für den Lauf gesprochen, dabei bestand ihr eigenes Training auch nur aus dem Hin- und Herlaufen im Seminarraum – und das seit Ewigkeiten. Sie machte sich auf den Weg und dachte an den Rest ihres Abends. Vielleicht würde sie sich heute eine Auszeit gönnen, ihre Statistiken Statistiken sein lassen und sich direkt den James-Spader-Film ansehen.

Taryn bog um die Ecke und kam einen halben Block weiter an einer kleinen Bar mit geöffneter Tür vorbei. Ihre Schritte verlangsamten sich. Die Leuchtreklame vor der Tür kündigte eine Open Mic Night im Tipsy Hound an, und die ersten Gitarrenakkorde eines alten Green-Day-Songs, den sie früher geliebt hatte, drangen zu ihr heraus, zusammen mit dem Klirren von Bierflaschen und gedämpften Gesprächsfetzen. Taryn konnte nicht anders, als lauschend stehen zu bleiben und sich dann der Tür zu nähern, um einen Blick hindurchzuwerfen.

Die Bar war winzig und nur halb voll, doch der schlanke Typ auf der Bühne, der nur von einem einzigen Scheinwerfer beleuchtet wurde, beherrschte den Raum mit seinen leuchtend lilafarbenen Haaren, seiner Akustikgitarre und einem Song über das Wandern auf einsamen und verlassenen Straßen. Taryn lauschte der Eingangsstrophe des Songs, und ihre Finger bogen sich um den Gurt ihrer Tasche, als hielte sie den Hals einer Gitarre, und in Gedanken spielte sie Akkorde mit. Boulevard of Broken Dreams war einer der Songs gewesen, die sie sich auf der Highschool heimlich selbst auf der Gitarre beigebracht hatte. In dem Lied war eine angemessene Portion Angst zum Ausdruck gekommen. Nun formten ihre Lippen den Text mit.

»Willst du reinkommen?«, fragte eine muntere Männerstimme aus dem dunklen Inneren.

Taryn erschrak und blinzelte, als ein Kerl mit einer nach hinten gedrehten Baseballkappe und langem rotem Haar in den beleuchteten Eingangsbereich trat. Er trug eine Schürze um die Hüften gebunden und hatte einen Stift hinterm Ohr, doch irgendwie hatte sie das Gefühl, dass er hier das Sagen hatte.

»Der Eintritt ist frei«, fügte er hinzu. »Und wenn du auf die Bühne willst, kriegst du fünfzig Mäuse und ein Bier, wenn du Publikumsliebling wirst.«

»Auf die Bühne?«, fragte sie ungläubig.

Er zuckte mit den Schultern. »Sicher. Du hast doch gerade mitgesungen.« Er nickte zu ihrer Schulter und wackelte mit den Fingern. »Und Luftgitarre gespielt.«

Hatte sie das? »Ähm, nein, danke. Also, ich kann nicht.«

»Sicher kannst du es. Jeder kann es«, sagt er mit einem entspannten Lächeln. »Das ist das Schöne an einer Open Mic Night.«

Sie schüttelte den Kopf, und ihre Schultern verspannten sich. »Nein, ich habe keine Gitarre oder so und …«

»Du kannst dir dort drüben eine leihen.« Er nickte Richtung Bühne. »Spielst du?«

Taryns Blick sprang zur Bühne. Spielte sie? Nein, seit über zehn Jahren nicht mehr.

Doch ein seltsamer Drang, zu sagen »Ja, tue ich, und natürlich werde ich spielen«, schoss durch sie hindurch wie ein Feuerwerkskörper. Was zum Teufel war das? Vielleicht war die Mischung aus Wein und ihrem Gespräch mit Kincaid schuld daran. Und schon hatte sie bizarre Gedanken. Taryn trat einen Schritt zurück und hob die Handflächen vor sich in die Höhe. »Nein, ich habe nicht mehr gespielt, seit ich in der Highschool war. Ich gehe lieber nach Hause.«

»Ach, komm schon, ich kenne diesen Blick. Eigentlich willst du.« Er machte eine ausladende Handbewegung Richtung Bühne, wo der Typ gerade seinen Song beendete. »Versuch’s einfach. Ich wette, du wirst dich an mehr erinnern, als du glaubst. Außerdem ist Mo der Letzte des Abends gewesen, und ich würde gern noch ein paar mehr Bier verkaufen. Gib dir einen Ruck. Es ist praktisch eine 90er-Nacht, also ist alles aus diesem Jahrzehnt willkommen, aber wie du gesehen hast, kannst du dir auch etwas anderes aussuchen. Buh- und Zwischenrufe sind hier übrigens nicht erlaubt.« Er tippte auf sein Namensschild, auf dem in blauen Buchstaben Kaleb stand, daneben ein Logo mit einem Bluthund mit hängenden Lefzen. »Da bleibt das Tipsy Hound seinem Maskottchen treu. Die Leute hier sind freundlich. Und betrunken. Aber vor allem freundlich.«

Ihre Kehle war trocken, als Taryn schluckte, und ihr Herz schlug schneller als der Rhythmus der Musik. War es das, wovon Kincaid gesprochen hatte? Einen Schritt aus ihrer Komfortzone zu machen und sich damit auf komplett unbekanntes Terrain zu begeben? Taryn hatte während ihrer gesamten Highschool-Zeit Gitarre gespielt, doch außer in der Kirche war sie nie irgendwo aufgetreten. Ihre Eltern wären nie mit den Songs einverstanden gewesen, die sie spielte, oder mit denen, die sie in der Privatheit ihres Zimmers schrieb. Für die beiden war Musik nur eine Ablenkung.

»Okay«, hörte sie sich selbst sagen.

Okay??? Der Magen plumpste ihr in die Kniekehlen, und sie konnte nicht glauben, dass ihr Mund das Gegenteil von dem sagte, was sie eigentlich wollte.

»Großartig!«, sagte Kaleb. »Also gut, wie ist dein Name? Ich werde dich ankündigen, sobald Mo fertig ist.«

»Ähm …« Was mache ich nur? Was zum Teufel mache ich da nur? »James.« Sie krümmte sich innerlich angesichts des falschen Namens. »Mit einem z.«

Mit einem z? Was zum Teufel sollte das? Als würde es so weniger seltsam klingen?

Doch der Typ ließ sich nichts anmerken. »Unisex. Gefällt mir. Cool.« Er winkte mit der Hand. »Komm mit mir. Ich bin übrigens Kaleb. Besitzer und Betreiber.«

Sie musste schnellstens kehrtmachen. Auf gar keinen Fall würde sie das hier tatsächlich durchziehen. Doch ihre Füße bewegten sich vorwärts, als ob eine unsichtbare Hand sie an Marionettenfäden zog. Ihre Hände waren schweißnass, und sie konnte kaum atmen. Sie fühlte sich von ihrem Körper auf eine beunruhigende Weise wie abgetrennt. Dennoch ging sie weiter.

Die Bühne kam näher.

Der andere Song endete. Kaleb lächelte sie an.

Verdammte Scheiße. Sie tat es tatsächlich.

Kapitel 2

Ich kann das nicht. Tu es nicht. Lauf! Die Sätze schossen Taryn durch den Kopf wie aufgeschreckte Mäuse, doch ihre Füße blieben fest auf dem Boden neben der Bühne. Ein bescheidener Applaus folgte auf Mos Auftritt, dann eilte Kaleb die wenigen Stufen auf die kleine, abgenutzte Bühne hinauf.

»Heute Abend haben wir noch einen weiteren Auftritt für euch«, sagte er in das Mikrofon. »Eine Newcomerin, die sich vermutlich ein wenig vor euch fürchtet, also schenkt ihr ein bisschen Liebe und bestellt euch noch einen Drink auf sie. Bitte begrüßt mit mir Jamez mit einem z!«

Taryn hatte das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen. All die Shrimps, die sie beim Dinner aus Langeweile in sich hineingestopft hatte, wollten nun direkt auf der Bühne wieder ans Tageslicht zurück. Doch da reichte Kaleb ihr bereits die abgenutzte, aber mit neuen Saiten bestückte Akustikgitarre. Er holte ein Plektron aus der Tasche. »Die Bühne gehört dir.«

Ihre Füße fühlten sich an, als würden sie in Zement stecken, doch sie nahm das Instrument und ging zu dem Hocker hinüber. Ein paar Leute klatschten. Eiswürfel klirrten in Gläsern. Taryn konnte niemanden ansehen. Sie setzte sich, überkreuzte die Knöchel und starrte auf die Gitarre hinunter, halb überrascht, wie diese in ihren Händen gelandet war. Vielleicht war sie vor dem Restaurant auf dem Gehweg gestürzt, hatte sich den Kopf gestoßen, und das alles hier war nur eine Art wirrer Traum aufgrund einer Gehirnerschütterung.

Sie hatte keine Ahnung, welches Lied sie spielen sollte. Hatte keine Ahnung, ob sie überhaupt noch spielen konnte. Und der einzelne Scheinwerfer schien sich in ihre Haut zu brennen und jede Spur von Unsicherheit auszuleuchten.

Sie räusperte sich, und das Mikrofon verstärkte das Geräusch und ließ sie aufschrecken. Sie leckte sich die Lippen. »Tut mir leid. Ich habe das seit einer wirklich langen Zeit nicht mehr gemacht.«

Hinten aus dem Publikum erklangen ermutigende Pfiffe.

Dreh nicht durch. Dreh nicht durch. Dabei drehte sie gerade völlig durch. Taryn legte die Hand an den Gitarrenhals und versuchte sich zu konzentrieren. Songs der 90er-Jahre. Sie brauchte einen Song, den sie auswendig konnte und der nicht zu kompliziert war. Sie scrollte durch ihre mentale Playlist und endete bei einem, der ihr verschrecktes Teenagerherz mit Gefühl erfüllt hatte. Sie holte tief Luft und wagte es, den Blick zu heben, ohne zu wissen, wer sie in diesem Moment war, steckte aber nun zu tief in der Sache, um noch davonkommen zu können. Sie machte keine Versprechungen, die sie nicht hielt. Sie formte mit den Fingern einen G-Akkord und probierte ihn aus. Der Sound war klar und sandte ein vertrautes Vibrieren durch ihren Körper. Das schenkte ihr einen Funken Hoffnung. Gitarren änderten sich nicht, auch wenn sie selbst es getan hatte.

Zögere es nicht länger hinaus.

Sie zwang sich, ins Publikum zu schauen, und ihr Mund näherte sich dem Mikrofon. »Meiner Schwester hat dieser Song hier gefallen. Und ich hoffe, euch geht’s genauso.«

Taryn holte noch einmal tief Luft und zwang sich, die Eröffnungsakkorde von What’s Up? der 4 Non Blondes zu spielen. Sie zitterte am ganzen Leib, als ob ein elektrischer Schlag durch sie hindurchfuhr. Sie brachte es nicht fertig, zu den wenigen Gesichtern an dem Tisch zu blicken, der der Bühne am nächsten war, und verpasste ihren Einsatz. Sie schloss die Augen und spielte den Anfang noch einmal, wobei sie sich zwang, die Worte einfach irgendwie herauszubringen. Ein paar Zeilen, und dieser plötzliche Anflug von Unzurechnungsfähigkeit wäre vorüber.

Endlich kam ihre Stimme gegen die Blockade in ihrer Kehle an und erfüllte die kleine Bar. Sie sang die ersten Zeilen darüber, wie die Zeit verging und sie es trotzdem nicht den großen Berg der Hoffnung hinaufschaffte. Ihre Stimme fühlte sich eingerostet an und zitterte ein wenig, und ihre Fingerspitzen lagen unsicher auf den Saiten, doch sie machte weiter, die Augen geschlossen, und der Text stieg tief aus ihrem Innern auf in ihr Bewusstsein.

Es war wie mit Liedern aus ihrer Kindheit, die sie nie so ganz verlassen hatten, selbst wenn sie vergessen hatte, dass sie existierten. Die Worte kehrten zu ihr zurück, als ob sie nur darauf gewartet hätten. Mit der Zeit sang sie lauter und sicherer, und bevor es ihr bewusst war, hatte sie den Höhepunkt des Songs erreicht und brachte die hohen Noten mit heiserer Stimme heraus.

Für einen Moment war Taryn wie verloren, fand sich in dem Zimmer wieder, das sich eine Wand mit dem ihrer jüngeren Schwester teilte. Wenn Taryn spielte und sang, schlug Nia am Ende jeden Songs mit den Händen gegen die Zwischenwand. Es war ihre Art, wie ein großes Publikum nach mehr zu verlangen. Ihre Schwester, die immer zugehört hatte, wenn sie sang. Ihre Schwester, die ihren Eltern nie, egal wie sauer sie aufeinander waren, verraten hatte, dass Taryn irgendwann Songwriterin werden wollte. Ihre Schwester, die an sie geglaubt hatte.

Die Erinnerung traf Taryn wie ein Fausthieb in den Magen, und im nächsten Moment verließ sie der Song. Sie öffnete die Augen, ihre Brust fühlte sich eng und ihre Haut brennend heiß an. Sie wusste nicht, mit welchen Worten sie geendet hatte, doch es war vorüber. In der Stille fühlte sie sich wie erstarrt. Doch bevor sie auch nur blinzeln konnte, brach die kleine Menge in Applaus aus und johlte begeistert auf. Der Klang war fremd für ihre Ohren und mehr, als sie ertragen konnte. Der Raum begann sich um sie zu drehen.

Schnell stand sie auf, wobei sie fast den Hocker umgestoßen hätte, und stellte die Gitarre wieder in ihre Halterung. In ihren unbequemen Heels eilte sie zum seitlichen Bühnenrand und die Stufen hinunter, wobei sie Kaleb anrempelte, der versuchte, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Sie musste hier raus. Jetzt. Zum Teufel. Sofort.

»Ich denke, es ist ziemlich offensichtlich, wer heute Abend unsere Gewinnerin ist«, rief Kaleb von irgendwo hinter ihr. »Jamez mit einem z, komm zu mir!«

Taryn stieß im Dunkeln hart gegen die Ecke eines Tisches und stöhnte auf. Sie griff nach einer Stuhllehne, um das Gleichgewicht zu halten, stolperte dennoch, verdrehte sich den Knöchel und verlor ihren Schuh.

»Hey, ganz ruhig«, sagte eine tiefe Stimme. Eine Hand griff nach ihrem Ellbogen und stützte sie. »Alles okay mit dir?«

Nein. »Ich muss hier raus.«

Der Mann ließ sie los, blieb aber in ihrer Nähe. Sie konnte nichts sehen außer seiner großen Silhouette in der Dunkelheit. »Aber du hast gewonnen. Es gibt Geld …«

»Ich brauche meinen Schuh.« Sie hörte, wie hysterisch ihre Stimme klang, konnte aber nichts daran ändern. Die Bar fühlte sich zu klein an, die Erinnerungen waren erdrückend. »Wo ist mein Schuh?«

»Hey, alles in Ordnung. Geh nach draußen und schnapp etwas frische Luft«, sagte er mit fester, aber beruhigender Stimme, wie ein Cop, der auf jemanden einredete, der an einer Dachkante stand. »Ich werde deinen Schuh finden und ihn dir bringen, okay?«

Das Angebot schickte der Himmel. »Danke.«

Sie eilte weiter zur Tür und humpelte Richtung Licht, wobei sie die wiederholten Rufe ignorierte, sie solle auf die Bühne kommen und ihren Preis abholen. Sie stolperte nach draußen und holte tief Luft. Sie drückte sich mit dem Rücken an die Gebäudemauer und lehnte den Kopf dagegen, während sie versuchte, sich wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Eine oder zwei Minuten später hörte sie Schritte zu ihrer Linken, und die beruhigende Stimme war zurück. »Da bist du also. Alles in Ordnung. Atme einfach in deinem Tempo«, sagte der Mann. »Ich habe deinen Schuh, und ich habe ihnen gesagt, dass du nicht zurückkommen wirst. Du kannst dir so viel Zeit nehmen, wie du brauchst.«

Taryn presste die Lippen zusammen und nickte leicht, doch ohne die Augen zu öffnen. »Danke.«

Der Mann sagte nichts weiter und ließ ihr den Raum, den sie brauchte, doch sie konnte seine Anwesenheit spüren, den frischen Duft seiner Kleidung und einen Hauch von Bier riechen. Wahrscheinlich sah sie wie eine Verrückte aus. Sie hätte es bei langweilig belassen sollen.

Endlich, nachdem sie noch einige Male tief ein- und ausgeatmet hatte, öffnete sie die Augen und drehte den Kopf, um dem Fremden zu danken, doch die Worte blieben ihr in der Kehle stecken wie ein Stück trockenes Brot. Der Typ war breitschultrig und so massiv wie die Wand, an der sie lehnte. Und das dunkelgrüne T-Shirt, das er trug, konnte seinen muskulösen Körper ganz und gar nicht verbergen. Ihr Blick sprang nach oben, und sie sah, dass er sein schmutzig-blondes Haar zu einem Man Bun, einem Männerdutt, zusammengebunden hatte. Seine hellen Augen sahen im Mondlicht grau aus. Ein seltsames Gefühl von Vertrautheit durchfuhr sie wie ein krankes Déjà-vu, und ihr drehte sich der Magen um. Sie kannte diese Augen.

Doch das war nicht möglich. Diese Augen gehörten zu einem toten Teenager, einem Killer. Ihr Verstand führte sie an der Nase herum.

Der Typ reichte ihr den hochhackigen Schuh, den sie verloren hatte, und einen Fünfzig-Dollar-Schein. »Dein Preisgeld.«

Taryn nahm ihm beides mit zitternder Hand ab. Ihr Verstand schien einen Aussetzer zu haben. Dass sie diesen besonderen Song gesungen hatte, hatte offenbar etwas in ihr getriggert, eine Tür geöffnet. Erinnerungen versuchten, an die Oberfläche zu steigen, und vermischten sich mit der Realität. Erinnerungen, mit denen sie sich in diesem Moment nicht beschäftigen wollte. Sie zwang sich dazu, sich auf den attraktiven Fremden zu konzentrieren und auf die Züge an ihm, die nicht wie die von Joseph Miller aussahen. Das kräftige Kinn war von Bartstoppeln bedeckt, die volle Unterlippe, die kaum noch sichtbare Narbe, die über eine Augenbraue verlief, die leicht schiefe Nase. Außerdem war Joseph nicht sexy gewesen. Doch dieser Typ hier hatte mehr als genug Sexappeal.

Sie schluckte gegen die Panik an. Er ist es nicht. Er ist es nicht. »Danke dir. Tut mir leid.«

Er runzelte die Stirn. »Wofür entschuldigst du dich?«

Sie blinzelte, und ihre Gedanken überschlugen sich. »Weiß ich nicht.«

»Es gibt nichts, wofür du dich entschuldigen müsstest. Eine Menge Leute haben Lampenfieber«, sagte er mit einer Stimme, die so geschmeidig war wie die Oberfläche eines Findlings. »Soll ich dir ein Wasser holen? Oder einen Shot oder direkt etwas Härteres?«

Ihr gelang ein Lächeln. »Verlockend. Doch ich muss noch fahren. Mir geht es gleich wieder gut. Ich habe eine Flasche Wasser im Wagen. Ich war nur … Es ist lange her, dass ich auf einer Bühne gestanden habe.«

Er lehnte sich mit einer Schulter gegen die Wand und sah aus wie von einem Werbeplakat für Fitnessgeräte. »Wie lange?«

Sie verzog das Gesicht und schlüpfte wieder in ihren Schuh. »Hm, noch nie.«

Sein Lachen klang warm und voll, und als er die Arme verschränkte, schmiegte sich sein Shirt noch enger an seinen Körper und lenkte sie noch mehr ab. »Das erklärt alles. Ich habe früher bei Wettkämpfen mitgemacht … im Schwimmen. Und kurz bevor es losging, ist mir immer schlecht geworden.«

Ein Schwimmer. Nun, das erklärte diesen lächerlich männlichen Körper.

Taryn richtete ihre Aufmerksamkeit auf das Geld, das er ihr gereicht hatte. »Ich kann nicht glauben, dass ich gerade dafür bezahlt wurde, dass ich buchstäblich von der Bühne gerannt bin. Meine Konkurrenz muss echt angefressen sein.«

Einer seiner Mundwinkel hob sich. »Du machst Witze, stimmt’s?«

»Was?«

Er stieß sich von der Wand ab. »Ich meine, ich werde nicht lügen und sagen, dass der Wettbewerb besonders anspruchsvoll war, aber du solltest wissen, dass du wirklich gut singen kannst, hörst du? Du hast das Rennen klar und fair für dich entschieden.«

Sie schüttelte den Kopf und strich sich ihr unkontrollierbares Haar aus dem Gesicht. Die Feuchtigkeit ließ ihre Locken mit jeder Minute wachsen. »Das ist verrückt. Dabei wollte ich mir nur einen James-Spader-Film ansehen.«

Er neigte den Kopf zur Seite. »Hm?«

Sie wedelte mit der Hand. »Ach, nichts. Es ist bloß ein seltsamer Abend gewesen.« Eine weitere abgefahrene Idee kam ihr. Gerade jetzt war sie Jamez mit einem z, nicht Taryn, die nach Hause gehen und Forschungsergebnisse auswerten musste. »Hey, ich weiß gar nicht, wie du heißt.«

»Lucas.«

Sie streckte den Arm aus, um ihm die Hand zu schütteln, und seine große, warme Hand legte sich um ihre und machte, dass sie sich klein und zierlich fühlte – ein unbestritten ungewohntes Gefühl. Der Typ war einfach so … massiv. Der Funke körperlicher Anziehung, den sie mit Doug nicht verspürt hatte, traf sie bei Lucas wie eine Leuchtrakete, und sie fühlte, wie Hitze ihren Arm hinaufschoss. Sie hielt seine Hand einen Moment zu lang. »War wirklich nett, dass du dich auf die Suche nach meinem Schuh gemacht hast. Kann ich dir einen Kaffee oder sonst etwas ausgeben? Es gibt da einen Laden, weiter unten …«

Lucas’ Lippen öffneten sich zu einer Antwort, als schrill ihr Telefon klingelte und den Moment zerstörte.

Taryn runzelte die Stirn und senkte den Blick. »Tut mir leid. Lass mich …« Sie wühlte in ihrer Tasche nach ihrem Handy. Dann warf sie einen Blick auf das Display und seufzte laut. »Da muss ich ran.«

Lucas nickte. Sie ging ein paar Schritte zur Seite und drehte ihm den Rücken zu. »Hi, Momma.«

»Hey, Baby, es tut so gut, dich zu hören«, sagte ihre Mutter warm.

»Mir geht’s genauso«, sagte Taryn mit gedämpfter Stimme und versuchte, sich nicht anhören zu lassen, dass die Unterbrechung sie nervte.

Für einen Moment war ihre Mutter still. »Wo bist du? Ich kann Autos hören.«

Taryns Schultern entspannten sich etwas. Zumindest hörte sich ihre Mutter ruhig an. Vielleicht hatte sie einen guten Abend. »Ich habe nur noch ein paar Besorgungen in der Stadt erledigt. Gleich fahre ich nach Hause.«

»Taryn, du solltest wirklich nicht so spät unterwegs sein. Die Straßen sind nass, und ich habe gehört, dass es im Stadtzentrum wieder mehr Raubüberfälle gibt«, sagte ihre Mutter, die sich immer über irgendetwas Sorgen machen musste.

»Mir geht es gut, Momma. Versprochen. Ich habe meine Keule dabei und kenne meine Ninja-Tricks.«

»In Ordnung«, sagte ihre Mutter, ohne überzeugt zu klingen oder als hätte sie den Scherz verstanden. »Ruf mich von zu Hause an, damit ich weiß, dass du heil angekommen bist.«

Taryn schloss die Augen und rieb sich über die Stirn, während sie tief Luft holte. »Es wird spät werden. Ich werde dich aufwecken.«

»Nein, das wirst du nicht. Ich werde ohnehin nicht schlafen können, bevor ich weiß, dass du sicher daheim bist«, sagte ihre Mutter mit angespannter Stimme. »Heute Nachmittag hatte ich einen Albtraum. Dein Wagen ist von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geknallt. Und, Taryn, wenn ich dich verliere …«

»Schon in Ordnung, Momma. Tut mir leid. Ich werde anrufen, okay?« Taryn versuchte locker zu klingen und sich die Furcht nicht anmerken zu lassen, die sie jedes Mal erfüllte, wenn das Gespräch diese Wendung nahm. Es war mit nichts zu vergleichen, sich ständig anhören zu müssen, wie die eigene Mutter sich vorstellte, dass man starb. »Ist Dad zu Hause?«

»Ja. Er ist bei einer seiner geliebten Militärschauen auf dem Sofa eingedöst«, sagte ihre Mutter und klang dabei leicht genervt und ein bisschen mehr wie die Mutter, die Taryn gekannt hatte, bevor sich alles verändert hatte.

»Daddy schläft?« Wenn ihre Mutter einen schlechten Tag gehabt hatte, wunderte Taryn das nicht. Ihr Vater war vermutlich erschöpft, und ihre Mutter kämpfte sich nun wahrscheinlich allein durch eine Angstattacke mit all den finsteren Gedanken, die diese mit sich brachte. Taryn blickte auf ihre Uhr und ergab sich dem Unvermeidlichen. »Hey, soll ich nicht noch auf einen Sprung vorbeischauen, bevor ich nach Hause fahre? Ich werde uns meinen berühmten grünen Tee machen.«

»Oh, eine gute Idee. Das hört sich toll an, Baby.« Die Stimme ihrer Mutter hob sich. »Bis gleich. Sei vorsichtig.«

Sei vorsichtig. Natürlich.

Das war sie ständig.

Doch als sich Taryn umdrehte, um Lucas nach seiner Nummer zu fragen, damit sie später auf den Kaffee zurückkommen konnten, war der Gehweg hinter ihr leer.

Vielleicht hatte er aus irgendeinem Grund wieder hineingehen müssen, doch was für einen Sinn würde es machen, ihm zu folgen? Dieser Abend war abgefahren gewesen und beängstigend und berauschend und seltsam.

Und so ganz und gar nicht wie ihr wirkliches Leben.

Taryn drehte sich wieder zurück und ließ Jamez mit einem z einen schnellen Tod auf diesem Bürgersteig sterben. Sie musste zurück nach Long Acre. Zurück zu ihrer Arbeit. Zurück in die Realität.

Kapitel 3

Shaw Miller bestellte sich einen Kaffee an der Theke des geschäftigen Ladens und holte ein paar Geldscheine aus seiner Brieftasche. Noch immer fühlte es sich seltsam an, alles bar zu bezahlen. Er spürte den Blick und das Lächeln der Kassiererin, als er das Geld herauszog, doch er entschied sich, die Augen nicht zu heben. Er würde mindestens zwei Tassen Kaffee und eine andere Persönlichkeit benötigen, bevor er in der Stimmung für Smalltalk war.

Die hübsche Rothaarige nahm das Geld und sah ihn weiter an. »Hey, kennen wir uns irgendwoher? Ich glaube nicht, dass ich Sie schon mal hier gesehen habe, doch aus irgendeinem Grund kommen Sie mir bekannt vor.«

Er sah kurz hoch und versuchte, lässig zu erscheinen, auch wenn sich ihm der Magen bei ihren Worten verknotete. »Ich glaube nicht. Aber ich höre das öfter, ich scheine eins dieser Gesichter zu haben.«

»Ja, vermutlich. Vielleicht habe ich mir auch nur gewünscht, Ihnen schon mal begegnet zu sein.« Sie schenkte ihm ein vielsagendes Lächeln.

Ihr Flirten prallte an ihm ab wie Hagel von einer Windschutzscheibe. Er stopfte zwei Dollar in das Glas mit dem Trinkgeld. »Wo kann ich auf meinen Kaffee warten?«

Ihr Lächeln verblasste bei seinem teilnahmslosen Ton, doch sie nickte nach rechts. »Dort drüben. Lance wird sich um Sie kümmern. Und hier …« Sie schob eine Rabattkarte über den Tresen. »Nächstes Mal geht es noch schneller, weil wir dann bereits wissen, was Sie haben möchten.«

Er steckte die Karte ein und strich das Café in Gedanken von der Liste der Orte, an die er zurückkehren würde. »Danke.«

»Jederzeit, Darling.«

Sobald er seinen Kaffee in der Hand hatte, eilte Shaw aus dem Laden in den kühlen Morgen hinaus, dessen Kälte ihm den Rücken hinaufkroch. Sie kommen mir vertraut vor. Mit langen Schritten eilte er den Gehweg entlang Richtung Arbeit, und unwillkürlich blickte er über seine Schulter, ob ihm irgendwer folgte – eine alte Angewohnheit, die er nicht ablegen konnte.

Rivers würde behaupten, dass er überreagierte. Er war Shaws bester Freund und hatte ihn überredet, in seine alte Heimat zurückzukommen. Rivers hatte ihm auch versichert, dass seine Ängste, nach Austin zurückzukehren, übertrieben waren. Shaw hatte seinen Namen geändert, sein Aussehen, und er hatte alle Verbindungen zu seinem alten Leben gekappt, soweit das in einer Welt des Internets möglich war. Doch die Frau im Café hatte ihn einen Moment lang angesehen, als ob sie ihn tatsächlich wiedererkannt hätte, und er hatte das Gefühl gehabt, dass ihm das Blut in den Adern zu Eis gefror.

Shaw wollte das Gefühl als Paranoia abtun. Wahrscheinlich hatte die Frau das nur gesagt, um mit ihm zu flirten. Es war nicht das erste Mal, dass er das Gefühl hatte, jemand würde ihn misstrauisch ansehen, und dass er zu viel in die Sache hineininterpretierte. Gestern Abend in der Bar hatte er sogar für eine kurze Schrecksekunde geglaubt, ein Wiedererkennen im Blick der sexy Sängerin zu entdecken, die ihren Schuh verloren hatte. Doch der Umstand, dass Jamez mit einem z ihn fast zu einem Kaffee eingeladen hätte, verriet ihm, dass er damit falschlag.

Trotzdem hätte er ihre Einladung niemals annehmen können – sosehr er auch versucht gewesen war –, doch die Begegnung bewies ihm, dass er dazu neigte, immer vom Schlimmsten auszugehen. Nachdem er so lange von der Presse verfolgt worden war, vermutete er bei jedem Hintergedanken, fühlte sich ständig wie auf dem Präsentierteller oder unter Beobachtung.

Als er den Hintereingang seines Gym Xtreme aufschloss, das er schon bald eröffnen würde, schlug ihm die chlorgeschwängerte Luft wie Drachenatem ins Gesicht. Er verzog das Gesicht und trank den letzten Schluck Kaffee, bevor er den Becher in einen Mülleimer am Eingang warf. Da Rivers nicht im Büro war, ging Shaw in den vorderen Teil des Gebäudes. Als er den Trainingsbereich betrat, hallten seine Schritte in der höhlenartigen Lagerhalle wider, als befände er sich in einem Horrorfilm, doch Angst war das Letzte, was er fühlte, als er stehen blieb und sich umsah.

Sonnenlicht fiel durch die Dachfenster, die er und Rivers eingebaut hatten, doch die eigentliche Beleuchtung war nicht eingeschaltet. Staubkörner tanzten durch die Luft, und die Reflexion der Schwimmbecken malte blaue Muster auf die entfernte Wand. Trotz der stickigen Atmosphäre und der zu warmen Temperatur lockerte sich die Spannung in Shaws Schultern. Er schloss die Augen und holte tief Luft. Ein ruhiges Sportstudio war für ihn, wie eine Kirche zu betreten. Es war der einzige Ort, wo sein Geist zur Ruhe kam.

Ein Klirren von Metall erklang zu seiner Linken, und Shaw ging um eine Reihe von Geräten herum. Rivers befand sich ein paar Schritte von ihm entfernt und balancierte auf einer Leiter, während er mit den Ringen beschäftigt war, die im Turnbereich von der Decke hingen. Sein dunkles Haar klebte ihm feucht am Kopf, entweder vor Schweiß oder nach einem Sprung in den Pool.

»Wie ist es bei der Zulassungsbehörde gelaufen?«, fragte Rivers, ohne zu unterbrechen, was er gerade tat, doch offensichtlich hatte er Shaws Schritte gehört. »Ich hoffe, es war angenehmer als beim Kraftfahrzeugamt.«

Shaw schnaubte, als er zu ihm hinüberging. »Dagegen war Letzteres eine Party. Doch jetzt ist alles erledigt. Niedergeschrieben und abgehakt für eine lächerlich hohe Gebühr.«

»Großartig.«

Shaw zupfte am Stoff seines Shirts, das bei der Hitze zu kleben begann. »Was ist mit der Klimaanlage passiert? Fühlt sich an wie in einer Sauna hier drin, und es riecht nach Chemie und schmutzigen Sportsocken. Versuchst du bei der Stromrechnung Geld zu sparen?«

Rivers schnüffelte. »Nein, ist keine Absicht. Das System ist eingefroren. Es war schon ein Typ hier, der sie sich angesehen hat. Er hat gesagt, wir sollen alles für ein paar Stunden abstellen, damit es abtauen kann, und wir sollten über eine weitere Klimaanlage nachdenken, damit die ganze Fläche abgedeckt ist. Der Typ hat gesagt, wenn wir erst Leute hier drin haben, wird es sich noch schneller aufheizen, und im Sommer fallen wir dann richtig auf den Arsch damit.«

»Fantastisch. Noch mehr Ausgaben«, nörgelte Shaw. Das Studio fraß Unsummen, und Shaw hatte alle Mühe, die Ausgabenlöcher zu stopfen. Er hatte Rivers dabei geholfen, das Projekt bis zum letzten Penny durchzuplanen, doch das alte Gebäude stellte sie vor Herausforderungen, mit denen sie nicht gerechnet hatten. Der Ausbau war teurer gewesen als ursprünglich gedacht, und die Versicherungsbeiträge schossen durch die Decke. Wenn sie keinen grandiosen Eröffnungsmonat hinlegen konnten, würden sie untergehen, bevor sie auch nur eine Runde im Pool geschwommen waren.

»Ich weiß. Ist scheiße.« Rivers sah auf ihn hinunter. »Doch es ist, wie es ist. Wir können nicht zulassen, dass uns die Leute in der Hitze umkippen.«

»Wenn es so weitergeht, wird es gar keine Leute geben, weil wir niemals öffnen werden.«

»Es wird sich alles finden.« Rivers lächelte gelassen, was sein natürlicher Gemütszustand war. Rivers widmete sich wieder den Ringen und prüfte ihre Halterung, indem er an ihnen riss. »Der Geruch kommt von den Pools. Ich habe mich mal um die Chemie gekümmert, da hat nichts mehr gestimmt. Jetzt sind sie sauber und bereit für all die Leute, die an unseren Herausforderungen scheitern und fallen.«

Shaw zog eine Grimasse und trat unter die Ringe. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich sie so bewerben würde. Kommen Sie in das Fitnessstudio, das alle ihr sportlichen Ambitionen zerstören wird!«

Rivers schnaubte. »Ambitionen zerstören, um sie wieder aufzubauen, Shaw.« Rivers legte mit dramatischem Gesichtsausdruck eine Hand auf seine Brust. »Wir leisten hier spirituelle Arbeit. Die Menschen brauchen uns.«

»Schon klar, Reverend McGowan.« Shaw blickte zum anderen Teil der Halle hinüber, die hoffentlich einmal Austins erstes Extreme Gym sein würde. Auf der Seite, wo er und Rivers sich befanden, gab es eher herkömmliche Trainingsgeräte zusammen mit einer kompletten Turnerausstattung. Diese Basics waren eine Notwendigkeit, doch erst der andere Teil machte den Ort einzigartig. Dort gab es verrückt schwierige Hindernisse, die Stärke und Gleichgewicht testeten – eine große gebogene Kurve zum Hinauflaufen, felsige Kletterwände mit nahezu unmöglichen Winkeln, Brücken aus rollenden Zylindern, trapezartige Herausforderungen und zwei tiefe Schwimmbecken sowie Schaumgruben, die die Leute auffingen, wenn sie von den Hindernissen stürzten.

Er und Rivers hatten die Idee dazu gehabt, nachdem sie eines Nachts zu viel Bier getrunken und zu viele Folgen von Ninja Warrior Challenge gesehen hatten, als Rivers in die Stadt gekommen war, um ihn zu besuchen. Shaw hatte geglaubt, sein bester Freund würde Witze machen. Sie hatten schon früher als Zimmernachbarn auf dem College verrückte Gespräche wie dieses gehabt. Rivers war von Natur aus ein großer Erfinder und ein ebenso großer Redner. Doch dann, einen Monat später, hatte Rivers mit einem Stapel Papieren vor Shaws Tür in Chicago gestanden. Rivers hatte die Lagerhalle in Austin gepachtet, seinen Job als Ingenieur gekündigt und einen Businessplan entwickelt – einen Plan, für den Shaw zurück nach Austin ziehen sollte, um dort das Sportstudio mit ihm zu betreiben, obwohl er sich geschworen hatte, nie wieder dorthin zurückzukehren.

Shaw hatte sich geweigert. Sein Lebensplan bestand darin, den Ball flach zu halten und nie wieder etwas zu tun, was die Presse auf ihn aufmerksam machen würde. Doch was, wenn es für ihn nicht gut laufen und er wegen seines Rufes, der ihm wie eine Plage folgte, keine anständige Arbeit finden würde? Als Rivers ihm also seinen Plan noch einmal im Detail dargelegt hatte – Shaw würde seinen Namen auf legalem Wege ändern, das Geschäft liefe offiziell auf Rivers, auch wenn sie sich den Gewinn teilten, und Shaw würde sich um die Finanzen kümmern und gleichzeitig Trainer sein –, hatte Shaw schließlich nicht Nein sagen können.

Außer dem dringend benötigten Job hatte ihm sein Freund eine Art von Freiheit in Aussicht gestellt, von der er nicht wusste, ob er sie verdiente, die sich jedoch wie ein Traum anhörte. Ein Neustart. Ein Job in einem Bereich, den er liebte. Sein bester Freund – sein verdammt noch mal einziger Freund –, der im gleichen Gebäude lebte wie er anstatt am anderen Ende des Landes. Der einzige Knackpunkt war, dass es in Austin war, nur eine Straße entfernt vom Schauplatz seiner Albträume, wo seine Welt in Stücke gerissen und zu Asche verbrannt worden war. Wo er nicht nur allgemein, sondern auf eine sehr besondere und persönliche Weise gehasst und gefürchtet wurde.

Er verdiente diesen Hass.

Shaw war trotzdem gekommen, auch wenn er wusste, dass es nur vorübergehend sein würde. Alles in seinem Leben war das. Irgendwo Wurzeln schlagen zu wollen hatte immer Ärger mit sich gebracht. Er hatte kein Recht mehr, sich niederzulassen. Im Stillen hatte Shaw sich geschworen, dem Projekt höchstens ein Jahr zu geben. Er würde ein paar Online-Kurse belegen, um endlich den Abschluss zu machen, den er vor vielen Jahren hatte aufgeben müssen, und als Trainer im Studio arbeiten. Er würde Rivers dabei helfen, das Geschäft ans Laufen zu bringen, und sich selbst ein kleines finanzielles Polster schaffen, sich ein Wohnmobil kaufen, um durchs Land zu fahren, und Rivers dann verlassen, der das Studio allein weiterführen könnte. Rivers hatte er noch nichts von seinen Plänen erzählt. Das würde er tun, wenn es notwendig wurde.

Die Sache in dem Café heute hatte ihm nur bestätigt, wie wichtig sein Plan war. Wahrscheinlich war es diesmal falscher Alarm gewesen, doch das würde es nicht immer sein. Er konnte nur hoffen, dass es ein ganzes Jahr lang gut gehen würde, damit er genug für den Campingbus und einen Notgroschen hatte. Die Uhr tickte bereits. Irgendwann würde ihn jemand wiedererkennen. Jemand würde die Presse informieren. Alles würde wieder von vorn beginnen.

»Werden wir es immer noch schaffen, nächste Woche zu eröffnen?«, fragte Shaw, während er die Arbeit seines Freundes an den Ringen begutachtete.

»Jep.« Rivers stieg von der Leiter und wischte sich mit seinem T-Shirt über das feuchte Gesicht. »Zumindest für die Öffentlichkeit wird es so aussehen. Ich habe uns übrigens für morgen Vormittag bei einer Charityveranstaltung angemeldet.«

»Einer was?«

»Du kommst mit. Versuch nicht, dich herauszureden. Wenn wir viel Aufmerksamkeit bekommen, öffne ich vielleicht am Montag für ein paar Führungen und erste Work-outs. Ich will es nicht ungenutzt verstreichen lassen, wenn positiv über uns berichtet wird. Die Veranstaltung scheint mir sehr typisch Austin zu sein, deshalb wird sich bestimmt auch die Presse dort herumtreiben, die wir dringend brauchen.«

»Eine Charityveranstaltung mit Presse?« Shaw rutschte der Magen in die Kniekehlen. »Niemals. Du weißt, dass ich mich nicht in der Nähe irgendeiner verdammten Kamera zeigen kann.«

Rivers winkte ab. »Das wirst du auch nicht. Ich habe das alles genau durchdacht. Es handelt sich um einen Kostümlauf. Die Läufer werden von Menschen in Kostümen gejagt wie bei einer Art Zombie-Lauf, doch auch an den Verkaufsständen an der Wegstrecke kann man sich verkleiden. Wir werden dafür sorgen, dass du ein gutes Kostüm hast. Du wirst mir lediglich dabei helfen, einen Informationstisch zu besetzen und Flyer für das Studio verteilen. Für die Öffentlichkeit ist Lucas Shaw nur ein Trainer. Es gibt keinen Grund, warum man dir Aufmerksamkeit schenken sollte.«

Shaw atmete kräftig aus. Noch immer klang der Name Lucas seltsam in seinen Ohren. Er hatte sich dafür entschieden, den Shaw-Teil seines echten Namens beizubehalten, Shaw Miller, denn wenn dieser ihm oder Rivers aus Versehen über die Lippen käme, gäbe es so eine einfache Erklärung. Doch sich an einen ganz neuen Vornamen zu gewöhnen würde eine Weile dauern.

»Ich hasse den Gedanken daran, dass die Presse dabei ist«, grummelte er.

»Ich weiß. Doch die Gelegenheit ist zu gut, um sie ungenutzt verstreichen zu lassen«, sagte Rivers.