Untangle Me (Playing for Keeps 3) - Becka Mack - E-Book

Untangle Me (Playing for Keeps 3) E-Book

Becka Mack

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Beschreibung

Die knisternde Eishockey-Romance, die TikTok im Sturm erobert hat! Wird Star-Torwart Adam mit Rosie die Familie finden, die er sich immer gewünscht hat? Kann sein Traum von einem Happy End wahr werden? Als Single-Mom und Studentin der Veterinärmedizin hat Rosie alle Hände voll zu tun, Stars und Sternchen interessieren sie da herzlich wenig. Dass der Typ, dessen Hund sie über den Haufen rennt, Adam Lockwood – Torwart der Vancouver Vipers – ist, davon hat sie keine Ahnung. Und Zeit, sich mit dem attraktiven Sportler zu verabreden, hat sie erst recht nicht! Aber irgendetwas an Adam bringt sie dazu, nach Langem wieder ihr Herz zu riskieren. Auch wenn sie verletzt werden könnte – Rosie wagt es, sich ihm zu öffnen. Adam jedoch scheint immer eine Maske zu tragen. Und so laufen beide Gefahr, mehr zu verlieren als je zuvor. Unravel Me ist Band 3 der heißen Romance-Serie Playing for Keeps von Becka Mack. Band 1: Consider Me Band 2: Play with Me Band 3: Untangle Me »Becka Mack beweist, dass es tatsächlich immer die leisen Typen sind. Eine weitere wunderbar sinnliche und ehrliche Geschichte über Freundschaft, Familie und Liebe.« Hannah Grace, New York Times Bestseller-Autorin von Icebreaker

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Becka Mack

Untangle Me

Aus dem Englischen von Anika Klüver

Wird Star-Torwart Adam mit Rosie die Familie finden, die er sich immer gewünscht hat? Kann sein Traum von einem Happy End wahr werden?

Als Single-Mom und Studentin der Veterinärmedizin habe ich alle Hände voll zu tun, weshalb mich Stars und Sternchen herzlich wenig interessieren. Als Adam Lockwood – Torwart der Vancouver Vipers – mir zufällig begegnet, erkenne ich ihn deshalb auch nicht. Und Zeit, mich mit ihm zu verabreden, habe ich erst recht nicht! Doch irgendetwas an ihm bringt mich dazu, nach langer Zeit wieder mein Herz zu riskieren. Während ich mich verletzlich mache und mich auf ihn einlasse, scheint Adam jedoch noch immer eine Maske zu tragen. Und wir laufen beide Gefahr, mehr zu verlieren als je zuvor.

Intensiv, mitreißend, emotional - eine Hidden Identity Romance zwischen einem NHL-Star und einer leidenschaftlichen Single-Mom.

Wohin soll es gehen?

Buch lesen

Vorbemerkung

Playlist

Danksagung

Viten

Für Nicole.

Es gibt nur eine Frau, die sich mit Stolz die OG Mrs Lockwood nennen kann, und das bist du.

Danke, dass du von Anfang an für mich da gewesen bist.

Ich hab dich unendlich lieb.

 

Und für unseren wunderschönen Fielding, der sich für einen Schoßhund und nicht für einen sechzig Kilo schweren Berner Sennenhund hielt.

Wir spüren deine Anwesenheit noch immer.

Ruhe in Frieden, Großer.

VORBEMERKUNG

Liebe Leser*innen,

dieser Roman enthält potenziell triggernde Inhalte. Aus diesem Grund befindet sich hier eine Content Note. Am Romanende findest du eine Themenübersicht, die Spoiler enthält.

Entscheide bitte für dich selbst, ob du diese Warnung liest. Gehe während des Lesens achtsam mit dir um. Falls du auf Probleme stößt und/oder betroffen bist, bleibe damit nicht allein. Wende dich an deine Familie und an Freunde, oder suche dir professionelle Hilfe.

Wir wünschen dir alles Gute und das bestmögliche Erlebnis beim Lesen dieser besonderen Geschichte.

Becka und das Carlsen-Team

DIE »UNTANGLE ME«-PLAYLIST

SEARCHINGFOR A FEELING – Thirdstory

IDKYOUYET – Alexander 23

SOUL – Lee Brice

FIRSTDATE – Blink-182

I WANNAREMEMBER – NEEDTOBREATHE ft. Carrie Underwood

STATEOFGRACE (ACOUSTIC, TAYLOR’S VERSION) – Taylor Swift

KISSME – Ed Sheeran

SPEAKTOOSOON – Wild Rivers

BEYOND – Leon Bridges

POWEROVERME (ACOUSTIC) – Dermot Kennedy

SUPPLY & DEMAND – Wilder Woods

DANCEWITHYOU – Brett Young

FEELLIKETHIS – Ingrid Andress

THISISHOWYOUFALLINLOVE – Jeremy Zucker, Chelsea Cutler

AFTERGLOW – Taylor Swift

A FEWTHINGS – JP Saxe, Charlotte Lawrence

SKYISTHELIMIT – Mark Ambor

I WISHYOUWOULD – Ross Ellis

I DON’T NEEDANYONEELSE – Liam Fitzgerald

YOUMAKEMYDREAMS (COVER) – Tim Halperin

MYBOY – Elvie Shane

BESTSHOT (ACOUSTIC) – Jimmie Allen

LOOKINGFORYOU – Chris Young

EINS

DIE TEUFELIN IST AUFERSTANDEN

ADAM

»Ich hab Scheiße gebaut.«

Die verwaschenen Worte graben sich in mein Kissen, in dem sich definitiv keine warme Pfütze aus Sabber sammelt. In meinem Kopf hallt ein gleichmäßiges Pochen wider, und ich drehe mich um und kneife die Augen zu, weil das helle Sonnenlicht wie Laserstrahlen durch mein Schlafzimmerfenster brennt.

Dass ich Scheiße gebaut habe, hängt mit dem Grund für die Kopfschmerzen zusammen, die in meinem Schädel toben: die Menge an Alkohol, die ich gestern Abend zu mir genommen habe. Und Carter.

Der verdammte Carter. Er ist in neunundneunzig Prozent der Fälle der Grund dafür, dass ich Scheiße baue, vor allem wenn dabei Alkohol im Spiel ist.

Daher das Video, das aktuell Gesprächsthema in unserem Eishockey-Gruppenchat namens Puckschlampen ist, wie ich sehe, als ich endlich mein Handy finde.

Was zeigt das Video? Mich, wie ich mich kopfüber an ein Bierfass klammere, während mich meine Mannschaftskollegen Emmett und Garrett an den Beinen festhalten, Jaxon alles filmt und Carter den Zapfhahn in meinen Mund hält und mich mit dämlichen Sprüchen anfeuert weiterzumachen. Und wer sind die Puckschlampen? Offensichtlich wir.

Garrett: Schläfst du noch, Woody?

Woody ist eine Kurzform meines Nachnamens Lockwood. Oh, und, ähm, so nennen sie mich auch, weil mich die Jungs mal dabei erwischt haben, wie ich mir in meinem Hotelzimmer einen runtergeholt habe. Ich bin nicht besonders stolz auf diesen Moment, und sie lassen ihn mich einfach nicht vergessen. Aber hey, ich war damals ungefähr zweieinhalbtausend Kilometer von meiner Freundin entfernt und erst neunzehn. Man kann einem Kerl nicht vorwerfen, dass er sich ein wenig Erleichterung verschafft.

Carter: er schläft seinen rausch aus wie ein winzig kleines baby, genau wie mein winzig kleines mädchen

Er fügt ein Foto von seiner fünf Monate alten Tochter Ireland an, die ebenso süß ist wie ihr Dad nervtötend.

Carter: sogar ollie ist schon auf und sie hat 3 fasshandstände geschafft. reiß dich zusammen.

Das ist nicht fair. Seine Frau Olivia ist eine Meisterin, wenn es ums Trinken geht, auch wenn sie kaum so groß wie der Hundebecher ist, den ich bei Starbucks für Bear hole. Außerdem verdiene ich es, ein wenig Dampf abzulassen. Meine Freunde sind alle in festen Beziehungen, abgesehen von Jaxon, und wir befinden uns nicht mal ansatzweise auf demselben Level. Er hat monatlich mehrere Dates, um sich am Ende flachlegen zu lassen. Ich habe mehrere Dates, um am Ende allein und enttäuscht nach Hause zu gehen. So langsam habe ich wirklich die Nase voll davon, nach einer Person zu suchen, die es da draußen momentan vermutlich gar nicht gibt. Zumindest nicht für mich.

Emmett: Habt ihr heute Morgen Lust auf eine Runde Rollerblades?

Garrett: In 30 Minuten? Jennie plant gerade einen Ausritt.

Carter: ich mach dich fertig.

Garrett: Vorher mach ich deine Schwester fertig.

Carter: ich bring dich um

Emmett: Dad??? Das ist der Moment, in dem du eingreifst.

Ich bin Dad, und meine inoffizielle Aufgabe besteht darin, Carter und Garrett voreinander zu beschützen. Carter muss sich immer noch mit der Tatsache abfinden, dass einer seiner besten Freunde mit seiner kleinen Schwester zusammen ist, und Garrett hat sich in einen streitsüchtigen kleinen Mistkerl verwandelt, der ihm gerne unter die Nase reibt, dass er es regelmäßig mit Jennie treibt. Dass jemand Carter ebenso sehr nervt wie er den Rest von uns, ist total unterhaltsam mit anzusehen, aber ich bin heute körperlich nicht in der Lage, sie beide am Leben zu halten.

Ich: Heute werde ich der natürlichen Auslese ihren Lauf lassen.

Garrett: WTF? Wirst du einfach zulassen, dass Carter Jagd auf mich macht?

Jaxon: Weiß nicht, ob ich es schaffe. Ich glaub, ich hab mir die Leiste gezerrt. Ach und: Ruhe in Frieden, Gare-Bear.

Emmett: Wobei?

Jaxon: 😏 du meinst, mit wem

Ächzend schwinge ich die Beine über die Bettkante und setze mich auf. Sofort wird das Pochen in meinem Kopf stärker, weshalb ich die Finger gegen meine Schläfen presse, bevor ich meine nächste Nachricht tippe, die einem Flehen gleichkommt. Heute werde ich erst zu was zu gebrauchen sein, wenn ich so viel gegessen habe, dass man damit eine vierköpfige Familie satt bekommen würde.

Ich: Fuck. Big Macs bitte.

Die Jungs sind ganz wild darauf, aufs Rollerbladen zu verzichten und stattdessen zu McDonald’s zu gehen, also drehe ich die Dusche in meinem Bad auf, um diesen Kater so gut wie möglich wegzuwaschen, bevor ich den Rest in fettigen Burgern und salzigen Fritten ertränke.

Mein Schwanz steht erhobenen Hauptes da, wippt gegen meinen Bauchnabel und fleht förmlich darum, dass ich mich um ihn kümmere. Als ich unter das warme Wasser trete, meine Faust um meine Morgenlatte lege und mich mit der anderen Hand an der marmorierten Wand abstütze, senke ich den Kopf und stöhne. Ich vögele nun schon so lange meine Hand, dass ich mich nicht mal mehr daran erinnere, wie es sich anfühlt, in jemandem zu sein. Und ganz ehrlich? Ich bin es leid. Ich vermisse nicht den Sex, sondern die Verbindung. Die Person an meiner Seite war mein Ein und Alles. Sie stand für mich über dem Eishockey, über allem. Sie war meine Welt.

Und in einem einzigen Augenblick ließ sie diese Welt zersplittern.

Sie nahm so viele Stücke von mir und warf sie vor ihre Füße, um sie unter ihren verflucht spitzen Absätzen zu Staub zu zermahlen.

Ich vermisse sie nicht. Ich vermisse die Liebe, die einst zwischen uns war, den Körper, den ich jede Nacht an meinen geschmiegt gehalten habe, die Art, wie mein Herz gesungen hat, wann immer sie mich anlächelte. Ich vermisse es, wie sie mich geliebt hat, bevor sie …

Damit aufgehört hat.

Sie hat aufgehört, mich zu lieben, und jetzt weiß ich nicht, ob ich jemals eine Person finden werde, die mich um meinetwillen liebt.

Nicht Adam Lockwood, den Star-Torwart. Nicht den Goldjungen der NHL, das Ticket zum Luxus, zu A-Promi-Veranstaltungen, zu Urlaubsanwesen und zu der Tatsache, dass man in seinem ganzen Leben keinen einzigen Tag mehr arbeiten muss.

Einfach nur … mich.

Ich verdränge die Gedanken genau in dem Moment, in dem mir klar wird, dass mein Schwanz schlaff geworden ist. Lachend schnappe ich mir die Seife und wasche mich. Nichts bringt einen Ständer schneller zu Fall als der Gedanke an Courtney.

Als ich aus der Dusche komme, fällt mir auf, dass mein Hund Bear nicht in meinem Schlafzimmer ist. Normalerweise weicht mir dieses gut sechzig Kilo schwere Fellknäuel nicht von der Seite. Und er genießt es immer, wenn ich getrunken habe, denn dann bin ich besonders verschmust. Laut meinem Handy ist es bereits nach zehn, also zieht der arme Kerl gerade vermutlich eine Show ab und markiert in der Küche neben seinem Napf den toten Hund.

Ich ziehe mir ein Paar Boxerbriefs an und laufe die Treppe hinunter. Dabei halte ich nicht inne, als ich in der Küche Geschirr klappern höre. Dass ich am Morgen nach einer Party noch ein paar Mannschaftskameraden in meinem Haus vorfinde, ist typisch. Aber ich rechne nicht mit der langbeinigen Blondine, die durch den Flur direkt auf mich zustolziert kommt. Sie legt gerade pinkfarbenen Lipgloss auf und mustert meinen fast nackten Körper ausgiebig. »Danke für den Spaß, Schöner.« Sie legt eine Hand auf meinen Oberkörper und gibt mir einen langen Kuss auf die Wange, die daraufhin heiß anläuft.

»Ähm …« Mit einer Hand fahre ich durch meine zerzausten Locken. »Wer bist … welcher … Spaß?«

»Na, alles.« Sie zwinkert mir zu, schlüpft in ein Paar rote High Heels und verschwindet. Ich bleibe komplett verwirrt zurück.

Wir haben doch wohl nicht …?

Nein, denn das würde ich niemals tun. Oder? Und falls doch, dann würde ich mich definitiv daran erinnern. Sex mit einer Fremden? So was mache ich nicht, nicht wenn ich bei klarem Verstand bin.

Aber vielleicht war ich nicht bei klarem Verstand.

Ich schüttle den Kopf und seufze, als ich Bear in der Ecke der Küche entdecke. »Da bist du ja, Kumpel.«

Er schaut mich mit seinen schokoladenbraunen Augen an, in denen unmissverständliche Verachtung liegt.

Ich sinke auf die Knie und vergrabe meine Finger in seinem dichten dunklen Fell. »Ich weiß. Tut mir leid. Ich wollte dich nicht aus dem Schlafzimmer aussperren, und ich bin spät dran fürs Frühstück. Ich hab gestern Abend zu viel getrunken. Vergibst du mir?«

Er schnaubt, leckt meine Nase und setzt dann sofort wieder diesen vorwurfsvollen Blick auf.

Allerdings starrt er damit nicht mich an.

Ich folge seinem Blick über meine Schulter, und mir bleibt fast das Herz stehen, als ich die nackten Beine vor meinem Herd sehe. Ich folge den langen Stelzen nach oben bis zu meinem Vipers-T-Shirt, das kaum ihren Hintern bedeckt. Und dann lasse ich den Blick noch weiter nach oben zu dem leuchtend roten Haar wandern, das ihr über den Rücken fällt, während sie in meiner verdammten Küche kocht.

»Er ist heute Morgen total mürrisch«, erklärt mir eine fröhliche Stimme, während sie Speck in die zischende Bratpfanne legt. »Ich hab ihm vor einer Stunde sein Frühstück gegeben, aber er hat es nicht angerührt. Er sieht mich einfach nur an.«

Ich stehe langsam auf, starre den Rücken des feurigen Rotschopfs an und warte darauf, dass sie, oh, keine Ahnung, spontan in Flammen aufgeht? Dann balle ich die Hände zu Fäusten, während das Blut in meinen Ohren rauscht. Bear steht neben mir auf und lässt in seiner Brust ein tiefes Brummeln vernehmen.

»Jetzt knurrt er schon wieder. Du verhätschelst ihn zu sehr, Adam. Das war schon immer so.«

»Verschwinde verdammt noch mal aus meinem Haus.«

Meine Ex-Freundin wirbelt herum und fixiert mich mit herablassenden blauen Augen. Dabei verzieht sie die Lippen zu einem Schmollmund, der mich früher immer schwach werden ließ.

»Ist das eine Art, mit mir zu reden, Liebling?« Sie kommt auf mich zugeschlendert und fährt mit den Fingerspitzen durch mein Brusthaar, bevor sie die flache Hand in meinen Nacken legt. »Es gab einmal eine Zeit, in der das hier auch mein Haus war.«

»Und dann hast du es in meinem Bett mit jemand anderem getrieben.« Ich musste mir eine neue Matratze besorgen, und Carter hat mich überredet, die sündhaft teure zu kaufen, auf der ich jetzt schlafe. So gesehen war es eigentlich eine Win-win-Situation.

Sie schlingt einen Arm um meinen Nacken und schaut mich mit diesen großen blauen Augen an, die ich früher so geliebt habe. »Hättest du mir mehr Aufmerksamkeit entgegengebracht, hätte ich mich nicht anderswo danach umgeschaut. Aber ich bin bereit, das hinter mir zu lassen, wenn du es bist.« Sie beißt sich auf die Unterlippe. »Letzte Nacht schienst du dazu bereit zu sein, als du mich reingelassen hast.«

Als ich sie reingelassen hab? Egal ob betrunken oder nüchtern, ich würde diese Teufelin auf gar keinen Fall in mein Zuhause lassen.

Während ich mich von ihrem Arm befreie, gehe ich die Erinnerungen an die vergangene Nacht durch, doch mein Kopf scheint vollkommen leer zu sein. »Ich hab dich nicht reingelassen.«

»Wie sollte ich dann reingekommen sein, Adam? Warum trage ich dein T-Shirt und bereite in deiner Küche Frühstück zu?«

»Keine Ahnung. Hexen haben alle möglichen Superkräfte, hab ich gehört.« Mit angespanntem Kiefer dränge ich mich an ihr vorbei, schalte den Herd aus und schiebe die Pfanne von der Platte.

Dies ist nicht das stille Mädchen, dessen Hand klamm war, als ich bei unserer ersten Verabredung danach griff. Nicht die Frau, der ich mit siebzehn meine Jungfräulichkeit schenkte. Nicht die Partnerin, mit der ich mir Träume aufbaute und um die herum ich mein Leben formte.

Weiche Hände gleiten langsam an meinem Rücken hinunter, und ich schließe die Augen, als sie die Arme um meine Taille schlingt und dicht an mich herantritt.

»Ich vermisse dich«, flüstert Courtney. »Bitte, Adam. Wir können wieder glücklich sein.« Warme Lippen berühren meine Schulter, und für einen Augenblick sinke ich in die Verbindung.

Ich will gebraucht werden. Geschätzt. Geliebt.

Nein, ich will es nicht nur. Ich sehne mich danach, verdammt noch mal.

Und sie kann mir nichts davon geben.

»Ich verdiene mehr.« Ich drehe mich herum, ziehe ihre Arme von mir weg und umfasse mit einer Hand ihr Kinn, um sie dazu zu zwingen, mir in die Augen zu schauen. Auf diese Weise will ich sicherstellen, dass sie meine Worte auch wirklich versteht. Dies wird das letzte Mal sein, dass ich sie ausspreche. »Ich verdiene mehr als das, was du mir geben kannst, Courtney. Ich verdiene etwas Besseres.«

Und ich werde es finden.

Mit Tränen in den Augen schüttelt sie den Kopf. »Nein. Adam, nein.«

»Doch. Zwischen uns ist nichts mehr übrig. Geh einfach und komm nicht zurück.«

Ich trete vor und dränge sie den Flur entlang, bis sie mit dem Rücken gegen die Eingangstür prallt.

In ihrer Miene liegt der ganze Verrat einer meisterhaften Manipulatorin. »Wie kannst du alles, was wir hatten, einfach wegwerfen? Ich hab dir so viel Zeit gegeben, darüber hinwegzukommen, Adam. Warum kannst du nicht darüber hinwegkommen?«

Kommt man jemals darüber hinweg, seine Freundin dabei zu erwischen, wie sie es im gemeinsamen Bett mit einem anderen Kerl treibt, während der Verlobungsring, den man ihr geben wollte, in der Unterwäscheschublade versteckt ist?

Ich öffne den Garderobenschrank und finde ihre Handtasche und Schuhe vor, die ordentlich darin verstaut sind, als hätte sie bereits beschlossen zu bleiben. Mit Nachdruck dränge ich ihr beides auf und werfe einen Blick auf das T-Shirt, das sie trägt. Ich will gar nicht wissen, wie sie es in die Finger bekommen hat. »Gib mir mein verdammtes Shirt und verschwinde.«

Ihr Blick verfinstert sich, doch sie zieht sich das Teil über den Kopf und wirft es mir vor die Füße.

»Herrgott«, murmle ich, als sie splitterfasernackt vor mir steht.

»Schau genau hin«, schnauzt Courtney und zerrt ein Kleid aus ihrer Handtasche. Sie zieht es sich über den Kopf und schlüpft dann in ihre Unterhose. »Denn das wird das letzte Mal sein, dass du diesen Körper siehst.«

»Hoffentlich.«

Sie schnappt nach Luft und verpasst mir eine Ohrfeige.

Ich reiße die Haustür auf. »Raus hier.«

Neben mir bellt Bear zustimmend, was dafür sorgt, dass Courtney zusammenzuckt.

Sie tritt auf die Veranda hinaus und öffnet den Mund, doch bevor sie etwas sagen kann, schlage ich ihr die Tür vor der Nase zu.

Bear stupst mit seiner feuchten Nase an meinen Oberschenkel. Mit aus dem Maul hängender Zunge lächelt er zu mir hoch, und ich stoße ein bellendes Lachen aus.

»Ich dachte auch, dass es ein Albtraum wäre«, sage ich zu ihm und kraule seine Ohren. Dann kehre ich in die Küche zurück. »Wie sonst sollte Voldemort hier auftauchen?«

Bear schnauft und tänzelt voraus, um sein Frühstück zu verschlingen, während ich die Katastrophe vor mir begutachte. Im Inneren des Hauses sieht es nicht allzu schlimm aus, aber als ich einen Blick in meinen Garten werfe, verziehe ich das Gesicht. Aufblasbare Einhörner treiben auf meinem Pool, und unter ihnen befinden sich zwei riesige aufblasbare Penisse, mit denen Carter und Emmett irgendwann einen Schwertkampf veranstaltet haben. Vielen Dank fürs Mitbringen, Cara. Rote Plastikbecher liegen auf dem Rasen verstreut, und hier und da entdecke ich zurückgebliebene Bikinis, obwohl ich mich nicht daran erinnere, gestern Abend auch nur eine einzige nackte Frau in meinem Pool gesehen zu haben. Tatsächlich war Jaxon der Einzige, der gedroht hat, seine Badehose auszuziehen.

Saubermachen steht auf der Liste der Dinge, die ich gerade tun will, ganz unten. Ich sehne mich verzweifelt nach einem Big Mac oder fünf, also gehe ich nach oben, um mich anzuziehen, und ignoriere das Chaos.

Eine der Schlafzimmertüren öffnet sich, und Jaxon schlüpft heraus. Er zieht sich gerade ein T-Shirt über den Kopf. Dann grinst er und fährt mit den Fingern durch sein Haar, bevor er es unter einer Baseballmütze versteckt. »Wohin bist du gestern Nacht verschwunden?«

»Hä? Verschwunden?«

»Du warst wie vom Erdboden verschluckt, Kumpel. Ich dachte mir, dass du ins Bett gegangen bist. Erinnerst du dich nicht? Diese Bierfasshandstände haben dich ganz schön fertiggemacht, was?«

Ich reibe über meine Schläfe. »Ich hab seit der Highschool keinen Bierfasshandstand mehr gemacht.«

»Und du hast dich von Carter dazu überreden lassen, drei davon zu machen.«

Wenn ich was getrunken habe, lasse ich mich von Carter zu einer Menge Dingen überreden. Weil er die Fähigkeit hat, die meisten Sachen wie geniale Ideen klingen zu lassen. Die letzte Nacht ist offensichtlich davon ausgenommen, denn ich versuche immer noch herauszufinden, wie und wann Courtney hier reingekommen ist.

»Hey, hast du gestern Abend zufällig einen Rotschopf gesehen?« Jaxon hat sich unserer Mannschaft erst letztes Jahr angeschlossen, also hatte er nie das Missvergnügen, Courtney kennenzulernen. Außerdem ist er der einzige andere Single in unserer Truppe, also ist er derjenige, der gestern lange genug hier war, um sie zu bemerken.

»Rotschopf? Ist das die Teufelin, von der du gestern Abend geredet hast?«

»Die … was?«

Er zuckt mit den Schultern. »Ja, wir waren mit ein paar Frauen im Pool, nachdem Carter, Garrett und Em gegangen waren, und da ist ein Schwung neuer Leute aufgetaucht. Plötzlich sind deine Augen ganz groß geworden, und du hast gesagt: ›Heilige Scheiße. Die Teufelin ist auferstanden.‹ Dann bist du aus dem Pool gesprungen, hast verkündet: ›Ich war nie hier‹, und bist davongerannt, als hätte dir jemand Feuer unterm Arsch gemacht.«

Shit. Okay, also war sie definitiv hier. Der Gedanke lässt mich erschaudern, aber wenigstens bin ich mir sicher, dass ich sie nicht noch mal angerührt habe, egal was sie angedeutet hat. Aber was ist mit der Blondine von vorhin? Die, die sich bei mir für den, ähm … Spaß bedankt hat. Hat sie von der Party geredet oder …?

»Du hast nicht zufällig, ähm, gesehen … Ich meine, ich hab nicht, ähm, hab ich« – ich halte mir eine Faust vor den Mund und räuspere mich – »gestern Nacht mit jemandem geschlafen?«

Jaxon zieht kurz die Augenbrauen zusammen und lacht dann laut los. »Alter, woher soll ich das wissen? Ich habe schließlich nicht vor deiner Tür gehockt. Ich war beschäftigt.«

Wie aufs Stichwort landen pinkfarbene Fingernägel auf seinem Oberkörper und gleiten unter sein T-Shirt. Eine kleine Blondine lugt seitlich um ihn herum, und Jaxon flüstert: »Morgen, Baby.« Dann presst er seine Lippen auf ihre.

»Ruf mich an.« Sie drückt ihm einen Zettel in die Hand, lächelt mich an und küsst meine Wange. »Danke für die Party, Aaron.«

»Adam«, murmle ich, als sie an mir vorbeigeht. Ich drehe mich wieder zu Jaxon herum und ziehe die Augenbrauen hoch, als ich sein nervtötendes Grinsen sehe. »Kannst du nicht mal eine einzige Nacht …« Mein Mund klappt auf, als eine Brünette hinter ihm auftaucht. Er nennt sie ebenfalls Baby, als sie ihm ihre Nummer überreicht. Ich schüttle den Kopf. »Nein.«

Er grinst noch breiter. »Doch.«

Unglaublicherweise taucht noch eine dritte Frau hinter ihm auf, ein weiteres »Baby«, eine weitere Nummer. Ich bin mir zu neunundneunzig Prozent sicher, dass er sie nur deshalb Baby nennt, weil er sich nicht an ihre Namen erinnert.

Dennoch klappt mein Mund noch weiter auf. »Nein.«

»D–«

»Meine Eltern schlafen in diesem Zimmer, wenn sie mich besuchen! Das ist eine neue Matratze! Ich hab sie gerade erst gekauft!«

»Sie wurde für ihren nächsten Besuch eingeweiht. Deacon und Bev können sich später bei mir bedanken.«

Er folgt mir in mein Zimmer und erzählt mir dabei von seiner wilden Nacht, während ich mir Shorts und ein T-Shirt anziehe. Dieser Mist geht bei mir zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Mit einem Ellbogen stütze ich mich auf meiner Kommode ab und öffne meine Tinder-Inbox. Die knallrote Blase verrät mir, dass ich siebenundneunzig ungelesene Nachrichten habe, was meinen Blutdruck sofort in die Höhe schnellen lässt. Ich ignoriere sie und rufe die dritte auf der Liste auf.

Alessia: Kann es kaum erwarten, dich heute Abend zu sehen. 😘

Das Kuss-Emoji bringt mich völlig aus dem Konzept. Wir sind uns noch gar nicht persönlich begegnet, also fühlt es sich ein wenig aufdringlich an. Carter sagt, dass ich einfach nur altmodisch bin, aber ich weiß nicht so recht.

Ich: Geht mir genauso. Wir sehen uns um sieben. 🙂

Alessia: 😘😘

Ich stecke das Handy weg und versuche, nicht schwarzzumalen. Ich bereue das Date heute Abend bereits, aber um fair zu sein, muss man sagen, dass mein Leben während der letzten fünfzehn Minuten von einer unangenehmen Situation in die nächste übergegangen ist.

Ich schaue zu Bear hinunter. »Essen, dann wandern?«

Er leckt sich über die Nase und stürmt aus dem Zimmer.

Jaxon grinst. »Big Macs?«

»Ja, verdammt, Big Macs.«

ZWEI

ICH WILL NICHT ALS BÄRENFUTTER ENDEN

ROSIE

»Machst du je auch mal einen Tag frei?«

Ich schaue zu Archie, meinem Kollegen, besten Freund und Mitbewohner. Er sitzt hinter der Empfangstheke und trägt einen blauen Kasack mit Welpen und Kätzchen darauf. Er ist gut eins achtzig groß, extrem breit und über und über mit Tattoos bedeckt. Der süße Kasack ist immer der Höhepunkt meines Tages.

»Ich arbeite heute nicht.«

»Klar. Du bist an deinem freien Tag einfach nur so hier und wirst definitiv keine Zeit mit den Tieren verbringen.« Er zieht eine Augenbraue hoch. »Sich freiwillig zu melden, ist das Gleiche wie arbeiten, Rosie.«

Ich verdrehe die Augen und unterschreibe das Besucherformular. »Ist heute schon jemand hier gewesen, um mit Piglet Gassi zu gehen?«

Archie lächelt traurig den Computermonitor an. »Du kennst die Antwort darauf.«

Natürlich kenne ich sie. Piglet ist eine dreißig Kilo schwere Schäferhündin, die ungefähr genauso unruhig und ängstlich ist wie ich. Meiner vollkommen unverblümten und saloppen Therapeutin zufolge ist das eine verdammt große Menge Angst und Unruhe. Sie braucht Zeit, Geduld und Liebe. Die meisten dieser Dinge sind bei den anderen Ehrenamtlern schon nach wenigen Minuten mit ihr nicht mehr vorhanden.

»Und deswegen bin ich an meinem freien Tag hier«, erkläre ich Archie und gehe in Richtung der Zwinger. »Weil Piglet jemanden braucht, der sich um sie kümmert.«

»Wann nimmst du sie endlich mit nach Hause?«, ruft mir Archie hinterher.

»Wenn ich ihr mehr als dreißig Quadratmeter bieten und es mir leisten kann, sie zu ernähren, ohne selbst auf Essen verzichten zu müssen«, erwidere ich.

Momentan haben wir hier im Wildheart Animal Sanctuary acht Hunde, und dem Protokoll zufolge wurden alle bis auf Piglet heute Morgen ausgeführt. Die meisten schauen kaum von ihren Betten auf und sind mit der Aufmerksamkeit und der Auslastung zufrieden, die sie heute bereits erhalten haben, was mich glücklich macht. Aber als mein Blick auf dieser schwarzbraunen Hündin landet, die sich in einer Ecke ihres Zwingers zu einem zitternden Knäuel zusammengekauert hat, wird mir schwer ums Herz.

»Hi, Süße«, murmle ich und gehe in die Hocke. Ihre großen braunen Augen treffen auf meine, und obwohl sie aufleuchten, rührt sie sich nicht vom Fleck, sondern beobachtet mich fiepend aus sicherer Entfernung. Weil sie trotz ihrer großen Angst zu mir kommen und Hallo sagen will.

Vor vier Monaten fand ich sie früh am Morgen draußen vor dem Gebäude, wo sie jemand an eine Bank gebunden hatte. An der Eingangstür klebte ein Zettel, auf dem stand, dass der Verfasser der Worte es leid sei, sich anzuhören, wie schlecht der Besitzer seinen Hund behandele. Wir mussten sie sedieren, um sie durch die Türen zu bekommen, weil sie so schreckliche Angst hatte, dass sie nach jedem schnappte, der ihr zu nah kam. Ich verbrachte den ganzen Tag draußen vor ihrem Zwinger, las ihr vor und redete mit ihr. Seitdem habe ich mich enorm angestrengt, um die Verbindung aufzubauen, die wir jetzt miteinander haben.

Mit einer Menge Geduld lernten wir, dass sie trotz ihrer extremen Angst und Zaghaftigkeit ein wirklich süßes und freundliches Mädchen ist, das liebend gern kuschelt. Das Problem ist, dass ihr Käfig einen Großteil ihrer Nervosität auslöst. Draußen ist sie ein vollkommen anderer Hund – unbekümmerter, neugierig und glücklich. Sie hat nur noch keine Familie gefunden, die sie für immer bei sich aufnimmt.

Ich halte ihre Leine hoch. »Willst du einen Spaziergang machen, Pig?« Sie spitzt die Ohren und legt den Kopf schief. Ich zeige ihr meinen Rucksack und tätschele ihn. »Ich hab Mittagessen eingepackt.«

Langsam steht sie auf. Ihre Beine zittern. Sie klemmt den Schwanz zwischen die Hinterbeine, während sie vorsichtig auf mich zugeschlurft kommt und mich durch das Gitter des Käfigs beschnüffelt. Dann lässt sie die Zunge aus dem Maul hängen, stellt sich ein wenig aufrechter hin und gibt ein leises schnaufendes Bellen von sich.

»Braves Mädchen.« Ich schließe den Zwinger auf und kraule sie hinter den Ohren, bevor ich ihr das Geschirr umlege. »Für Futter würdest du alles tun, nicht wahr?«

Sie leckt meinen Knöchel, stupst den Rucksack an und schaut mich mit hoffnungsvollen Augen an.

»Verdammt.« Ich seufze, öffne den Rucksack und gebe ihr einen der Hundekekse, die sie so sehr liebt. »Du weißt, wie du mich rumkriegst.«

Piglet klebt an meiner Seite, als wir durch die Auffangstation des Tierheims gehen, aber in dem Moment, in dem wir in den heißen Sonnenschein Vancouvers hinaustreten, ist sie frei. Sie prescht drei Schritte vor und springt in die Luft, dreht sich und wackelt mit ihrem süßen Hundehintern, während ihr die Zunge aus dem Maul hängt. Als sie mit allen vier Pfoten zurück auf dem Boden ist, schmiegt sie sich mit der Schnauze an meine Hüfte und macht sich dann daran, den Weg vorzugeben.

Wildheart befindet sich in einer ruhigen Gegend in North Vancouver, fernab des Lärms und der Menschenmengen in Downtown. Die Berge und die endlosen grünen Weiten bilden hier einen wirklich spektakulären Hintergrund, und ich liebe es, jeden Tag mit dem Bus über die Brücke zu fahren und die Stadt hinter mir zu lassen, um direkt in die Natur einzutauchen.

Wie immer führt uns unser Spaziergang irgendwo am Fuße von Mount Fromme entlang. Weiter die Straße hinunter, wo sich die Touristen zum Wandern treffen, befindet sich eine Gruppe Leute. Aber Piglet und ich schleichen uns durch eine kleine Öffnung im hinteren Bereich des Parks und eilen über einen schmalen Trampelpfad, bis wir das untere Ende einer Treppe erreichen.

Die hölzernen Stufen sind alt und klapprig und führen zu unserem liebsten Ort des Friedens. Piglet hat mit dem Aufstieg kein Problem. Sie springt eifrig drei Stufen auf einmal hinauf, während ich Mühe habe mitzuhalten. Das eigentliche Problem wird später der Abstieg darstellen.

Sie genießt die Freiheit, die die Berge mit sich bringen, die Geräusche der Vögel und des fließenden Wassers ganz in der Nähe, den Geruch der frischen Erde und der Kiefern. Hier oben kann man ganz anders atmen – tiefer. Und jeder Atemzug ist neu und erfrischend. Das weckt einen auf und bringt eine Klarheit mit sich, von der man nicht wusste, dass man sie braucht.

Bevor Piglet in mein Leben kam, verbrachte ich hier eine Menge Zeit allein, indem ich ziellos durch den Wald wanderte, mich an den Bach setzte, meine Füße ins Wasser hielt und über das Leben nachdachte. Manchmal wünschte ich mir dann, dass das Leben anders wäre, aber ich wusste, dass ich das, was ich nun habe, niemals aufgeben würde, trotz der Einsamkeit, die sich manchmal einschleicht.

Mit diesem Mädchen an meiner Seite fühle ich mich nicht mehr so allein. Es ist nicht das Leben, das ich mir als Kind vorgestellt habe, aber es ist nun mal das, was ich bekommen habe. Ich liebe es für alles, was es ist, und alles, was es mir gegeben hat.

Selbst wenn ich für immer um die Teile trauern werde, die es mir genommen hat.

Piglet und ich bahnen uns einen Weg durch die hoch aufragenden Kiefern, und ich lasse den Blick über den Stamm jedes einzelnen Baums wandern und suche die Rinde nach einem Herzen mit drei Initialen ab, von dem ich weiß, dass es sich irgendwo in diesem Wald befindet. Ich suche es schon seit Jahren, an jedem einzelnen Samstag, seit ich hergezogen bin. Aber ich verlasse den Wald jedes Mal mit einem Loch im Herzen, das irgendwie wieder ein kleines bisschen größer geworden zu sein scheint.

Nach einer Stunde fängt mein Magen an zu knurren, und Piglet wird langsamer und schaut eindringlich zwischen mir und meinem Rucksack hin und her.

Ich verdrehe die Augen. »Du hast den besten Hundeblick in der Geschichte der Menschheit, das weißt du doch, oder, Pig?« Ich kraule ihren Kopf, und sie leckt mein Knie. »Wir haben fast die Brücke erreicht. In fünf Minuten werden wir Mittagspause machen, okay, Mädchen?«

Sie bellt und läuft voraus, hält dann aber an einem Baumstamm inne, um ihn zu beschnüffeln. In der Ferne knackt ein Ast. Gleich darauf folgt Blätterrascheln, und eine tiefe Stimme ruft ein Wort, das niemand, der allein im Wald unterwegs ist, hören will.

»Bär!«

Piglet reißt den Kopf herum und bleibt wie angewurzelt stehen. Ich drücke mich flach gegen die raue Rinde eines breiten Baumstamms und zittere, während sich donnernde Schritte nähern. Irgendetwas Gewaltiges und Schwarzes prescht zwischen den Bäumen hervor, und mir bleibt vor Schreck die Luft weg, als es den Blick auf mich richtet.

Mein ganzes Leben zieht vor meinen Augen vorbei, denn ich bin mir zu neunundneunzig Prozent sicher, dass da ein Bär auf mich zugestürmt kommt.

»Bring dich in Sicherheit, Pig!«, kreische ich und zerre an ihrer Leine, um sie hinter einen Busch zu stoßen. Ich bedecke mein Gesicht und bereite mich auf den Aufprall vor. »Ich bin zu jung, um zu sterben!«

Etwas Massives und Flauschiges prallt gegen meinen Körper und reißt mich zu Boden. Eine feuchte Nase schiebt sich in mein Gesicht und schnüffelt ziemlich aggressiv umher. Und bevor es mich zu seiner nächsten Mahlzeit macht, öffnet das Ding sein Maul und … schleckt mich ab.

Es fährt mit seiner großen, feuchten Zunge von meinem Kiefer aus seitlich an meinem Gesicht entlang nach oben und geht dann zur anderen Seite über, um das Ganze dort zu wiederholen. Das ist recht seltsam, aber vermutlich nicht die schlimmste Art abzutreten.

Ich öffne vorsichtig ein Auge, und jedes bisschen Angst weicht aus meinem Körper, als ich in das fröhlich hechelnde Gesicht schaue, das über mir aufragt.

»Ach, du meine Güte, ich sterbe wirklich!« Ein kräftiger schwarzer Hund starrt mit riesigen schokoladenbraunen Augen auf mich herab, und ich vergrabe meine Hände in seinem weichen, langen Fell, schließe die Augen und gebe mich dem Bad hin, das er mir mit seiner Zunge beschert. »Du bist der schönste, süßeste Hund aller Zeiten, nicht wahr, mein Großer? Ja, das bist du.« Ich drücke ihn fest an mich, während er die Nase in meine Halsbeuge schmiegt und sein Schwanz vor Glückseligkeit fröhlich hin- und herwedelt.

»Bin ich gestorben und in den Himmel gekommen? Wenn das hier der Himmel ist, dann werde ich für immer bleiben.«

Schritte trampeln durch heruntergefallenes Laub und lassen Äste knacken, und eine tiefe Stimme ruft erneut dieses erschreckende Wort.

»Bär!«

Der kräftige Hund dreht sich herum und platziert seinen außergewöhnlich breiten Hintern auf meinen Oberschenkeln, als wäre er ein Schoßhund und kein Tibet Mastiff, der beinahe genauso groß ist wie ich. Er steckt seine Zunge in mein Ohr und lässt sein Kinn auf meiner Schulter ruhen, während ein Berg von einem Mann durchs Dickicht geprescht kommt und den Blick wild hin und her schweifen lässt. Als er uns entdeckt, seufzt er. Sein ganzer Körper scheint in sich zusammenzufallen, während er die Hände in die Hüften stemmt und den Kopf senkt.

»Herrgott«, brummt er und reibt sich die Augen. Er breitet die Arme weit aus und richtet seinen ungläubigen und doch irgendwie amüsierten Blick auf den Hund, der mich möglicherweise als sein Eigentum beansprucht hat. »Du hast mir eine Heidenangst eingejagt, Kumpel!«

Ich kichere, als der Hund seinen großen Kopf dichter an meinen Hals schmiegt. Der Mann schaut zu mir, und unsere Blicke treffen sich. Seine Wangen laufen rot an, als er mich betrachtet. Mir ergeht es ähnlich, als ich ihn ebenfalls mustere.

»Du bist wirklich groß«, platzt es aus mir heraus. »O Gott, das war so unhöflich. Ich meine, also, du bist …« Ich schlucke. »Total groß.«

Er verzieht die Lippen zu einem Grinsen. Es ist so aufrichtig und freundlich, so breit und gänzlich schön, dass es mich vollkommen überrumpelt. Als ein herzhaftes Lachen aus seinem Mund kommt, kuschele ich mich ein wenig dichter an den Hund an meiner Seite, um mein Erröten zu verbergen, während ich den Besitzer des Hundes betrachte.

Er ist … außergewöhnlich. Seine strahlend blauen Augen stellen einen starken Kontrast zu seiner sonnengebräunten goldenen Haut und den dunklen Bartstoppeln dar, die seinen Kiefer bedecken. Als er die Baseballmütze abnimmt, seine dunklen Locken befreit und mit den langen Fingern hindurchfährt, schlucke ich erneut.

Sein graues T-Shirt schmiegt sich an seinen breiten Körper und präsentiert muskulöse Oberarme, Unterarme, bei deren Anblick einem das Wasser im Mund zusammenläuft, und eine schmale Taille. Ich lasse den Blick weiter nach unten zu den eng anliegenden schwarzen Shorts und den breiten Oberschenkeln wandern. Dort entdecke ich ein Tattoo, das an seinem rechten Bein unter dem Saum hervorlugt und beinahe bis zu seiner Kniescheibe reicht. Falls ihr euch je gefragt habt, ob Oberschenkeltattoos heiß sind, die Antwort lautet Ja. So. Verdammt. Heiß.

Wieder schlucke ich, und er hebt den Saum seines T-Shirts an, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Dabei enthüllt er – ach, du liebe Güte, ist das ein verdammtes Tenpack? Gibt es die überhaupt?

Beim Anblick seiner makellosen Bauchmuskeln schnürt sich mir die Kehle zu. Ich brauche dringend Wasser und habe gerade nicht die Sorte dabei, die ich wirklich benötige – Weihwasser –, also greife ich nach dem Rucksack, der sich immer noch auf meinem Rücken befindet. Dafür muss ich den Hund loslassen, wobei ich den Halt und vielleicht auch meinen Verstand verliere und mit einem Quieken vorwärtstaumele, um mit dem Gesicht voran im Dreck zu landen. Der Hund an meiner Seite springt auf die Füße. Piglet winselt aus Richtung des Buschs, hinter dem sie sich immer noch versteckt, und der Mann, vor dem ich mich gerade zum Narren gemacht habe, eilt mir zu Hilfe.

Er legt seine großen Hände um meine Taille und hebt mich einfach vom Boden hoch.

»Ich hab dich«, murmelt er und stapft mit mir in seinen Armen durch den Dreck.

»Ich bin zu schwer …«

»Du willst dich doch gerade nicht wirklich beschweren«, neckt er mich und setzt mich auf einem Felsbrocken ab. Warme Hände bedecken meine Knie und schieben meine Beine auseinander, während er sich zwischen sie kniet und mich mit diesen Augen anschaut, die so tiefblau sind, dass man darin ertrinken könnte. »Ich glaube, mein Hund hat dich gerade zum zweiten Mal umgehauen.«

Ich grinse und muss erneut kichern. Er senkt den Blick auf meinen Mund, und mein Herz pocht mit voller Wucht gegen meinen Brustkorb.

»Fairerweise muss man sagen, dass es beim ersten Mal dein Hund war, aber diesmal war ich einfach nur … abgelenkt.«

»Abgelenkt?«

»Ja, du hast diese Sache mit deinem T-Shirt und deinen Bauchmuskeln gemacht.« Ich räuspere mich. »Das machen heiße Typen in Filmen ständig.«

Belustigung tanzt in seinen Augen. »Ah. Dann müssen wir uns also beide für etwas entschuldigen, was?«

»Ich nehme Entschuldigungen in Form von Eiscreme oder Iced Lattes an. Da bin ich nicht wählerisch.«

Er lacht leise vor sich hin, während sein Hund seinen Hals abschleckt. »Das werden wir im Hinterkopf behalten, wenn wir deinen Entschuldigungskorb zusammenstellen.« Er senkt den Blick und streicht mit dem Daumen behutsam über einen Kratzer an meinem Knie. »Tut mir wirklich leid, dass er dich umgerissen hat. Normalerweise läuft er nie einfach so davon. Es ist, als hätte er deine Witterung aufgenommen und wäre einfach losgerannt.«

»Das war mein Fehler, ehrlich. Ich hab ihn auf mich zurennen sehen und bin in Panik geraten. Ich, ähm … dachte, er wäre ein Bär.«

Der Mann lacht und krault seinem Hund die Ohren. »Hörst du das, Kumpel? Sie hat dich für einen großen, wilden Bären gehalten. Damit wird er den ganzen Tag lang prahlen.« Er lässt den Blick über mich wandern. »Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? Du bist nicht verletzt?«

Ich schüttle den Kopf und wackle mit den Fingern. »Siehst du? Alles in Ordnung.«

Er lacht erneut, und ich bin völlig überrumpelt, als mir klar wird, wie sehr es mir gefällt, der Grund dafür zu sein. »Das war nicht besonders beeindruckend. Für die richtige Bühnenwirkung musst du aufstehen und dich einmal komplett drehen. Verkauf es mir glaubwürdig, wenn du willst, dass ich dich gehen lasse, statt dich zurück zu meinem Haus zu zerren, um dich zu untersuchen.«

Er nimmt meine Hand, steht auf und zieht mich auf die Beine, während ich noch halb darüber nachdenke, einen Knochenbruch vorzutäuschen, weil ich absolut gar nichts dagegen hätte, wenn er mich mit zu sich nach Hause nehmen würde, um mich dort zu untersuchen.

»Aber willst du wissen, was wirklich witzig ist?« Er deutet auf seinen Hund. »Sein Name ist Bear.«

Mit der flachen Hand schlage ich mir auf die Stirn, als plötzlich alles Sinn ergibt. »Oh, natürlich! Ich dachte, du würdest mich vor einem Bären warnen.« Ich versetze ihm einen spielerischen Stoß gegen die Schulter. »Also ist es doch deine Schuld, dass ich im Dreck gelandet bin.«

Er zwinkert. »Komm mit. Gleich da oben ist ein Bach, in dem wir dich waschen können.«

Natürlich weiß ich, wo der Bach ist. Piglet und ich waten jedes Mal nach dem Mittagessen hindurch, wenn wir hier sind. Sie liebt es, darin herumzuplanschen, und durch knöcheltiefes Wasser zu waten, ist meine Art, mich langsam darauf vorzubereiten, hoffentlich eines Tages wieder schwimmen gehen zu können.

Aber ich kenne diesen Mann nicht, und irgendwo in diesen Büschen ist eine Hündin, die sich vor lauter Angst versteckt, weil sie ihn ebenfalls nicht kennt.

»Ich kann nicht mitkommen, aber danke.« Ich finde das Ende von Piglets Leine, das ich in dem ganzen Durcheinander verloren habe. Die Leine führt mich um einen Felsen herum, hinter dem mein süßes Mädchen kauert. »Hi, meine Schöne«, flüstere ich. Ich gehe neben ihr in die Hocke und nehme meinen Rucksack ab. Sie kriecht auf mich zu. Ihr Schwanz klemmt zwischen ihren zitternden Beinen. Ich schaue zu dem Mann hinter mir, der uns neugierig beobachtet. Seine Gesichtszüge werden ganz weich, als sich Piglet an mich schmiegt. »Piglet ist ein Hund aus dem Tierheim, in dem ich arbeite.«

Er schaut auf Bear hinunter. Als ich das Mitgefühl in ihren Blicken sehe, wird mir ganz warm ums Herz. »Haben wir dir Angst eingejagt, Mädchen? Das wollten wir nicht, Kumpel, nicht wahr?«

»Ich hab sie vor ein paar Monaten eines Morgens vor unserem Gebäude angebunden gefunden«, erkläre ich. »Sie war verängstigt und nervös und schnappte nach ein paar von uns. Wir wissen nicht, was ihr zugestoßen ist, aber sie war extrem unterernährt und hatte ein paar angeknackste Rippen.« Ich reibe über die Stelle zwischen ihren Augen, und sie lehnt sich in meine Umarmung. »Sie ist eigentlich total verschmust, aber sie lernt immer noch, Menschen zu vertrauen. Besonders große Angst hat sie vor Männern.«

Er runzelt die Stirn, und Traurigkeit schleicht sich in seine blauen Augen. Er und Bear wechseln einen langen Blick und lassen sich dann hinter mir auf den Boden sinken. Bear legt seinen Kopf auf seine Pfoten und beobachtet Piglet.

»Ich bin übrigens Adam.«

Meine Wangen werden heiß und färben sich zweifellos tiefrot. »Rosie.«

»Rosie«, murmelt er mit seiner tiefen Stimme und lässt den Blick langsam über mein Gesicht wandern, während sein Lächeln zu einem atemberaubenden Grinsen wird. »Der Name gefällt mir.«

Ich verberge mein warmes Gesicht und ein Lächeln, das ebenso scheu wie überdreht ist, und streichle Piglets Fell.

Adam pflückt einen Grashalm und dreht ihn zwischen seinen Fingern hin und her, bevor er Bear damit an der Nase kitzelt. »Gefällt es dir, mit Rosie zu wandern, Piglet? Ich wette, dass du sie nicht einfach umstößt, so wie unser großer, wilder Bear hier, nicht wahr?«

Piglet hebt den Kopf von meinem Schoß und neigt ihn zur Seite, um Adam anzublinzeln.

»Oh, du bist aber ein hübsches Mädchen, und ich wette, dein Herz ist es auch.«

Ich lächle sie an, als sie von mir zu Adam schaut. »Du musst hier nicht mit uns sitzen. Ich weiß, dass es keinen besonders großen Spaß macht. Sie braucht nur ein wenig Geduld.«

»Das macht uns nichts aus.« Er stupst Bear an. »Und wir können ebenfalls geduldig sein, oder, Kumpel? Außer wenn es um Cheeseburger geht.«

Bear gibt ein schnaufendes Bellen von sich, und als ich kichere, bewegt sich Piglet langsam von meinem Schoß herunter und rutscht auf ihrem Bauch ein wenig näher an die Jungs heran. Bear spitzt die Ohren und schaut auf der Suche nach Anweisungen zu Adam.

»Geduld«, erinnert ihn Adam sanft.

Bear legt den Kopf auf die Pfoten und wartet. Im Schneckentempo kriecht Piglet Zentimeter für Zentimeter näher an ihn heran. Ihr Körper schleift über den Boden, und nach jeder Bewegung wirft sie einen Blick zurück zu mir, um sich zu vergewissern, dass ich noch da bin.

»Ich bin bei dir«, versichere ich ihr und versuche, meine Aufregung im Zaum zu halten.

Vorsichtig stellt sich Piglet auf die Füße. Bear liegt immer noch reglos da, während sie um seine Seite herumgeht und an seinem Ohr, seinem Hals und seinem Rücken schnüffelt, bis sie seinen riesigen flauschigen Schwanz erreicht, der vor Glück zuckt. Als sie zu seinem Gesicht zurückkehrt, fängt er an, gleichmäßig mit dem Schwanz zu wedeln, der daraufhin immer wieder auf den Boden schlägt.

Piglet legt sich Nase an Nase vor Bear hin, und sie starren sich mit ihren schokoladenbraunen Augen an. Ich fasse mir an die Brust, weil mein Herz zu platzen droht. Als ich feststelle, dass Adam seine lächelnden Augen auf mich gerichtet hat, erröte ich erneut.

»Du bist gerade so niedlich«, flüstert er und lacht in sich hinein, als ich mit den Händen wedele und wieder zu den Hunden schaue.

»Ich? Die beiden sind niedlich!«

Wie aufs Stichwort öffnet Bear sein Maul, streckt die Zunge heraus und leckt damit direkt über Piglets Nase. Ich bedecke mein Gesicht komplett mit meinen Händen, damit ich nicht versehentlich quieke.

Und dann passiert etwas wirklich Erstaunliches. Meine süße, tapfere Pig steht wieder auf und richtet ihre Aufmerksamkeit auf Adam. Sie senkt für einen Augenblick den Schwanz, aber als er einfach still dasitzt und sich von ihr beschnuppern lässt, hebt sie ihn wieder an. Sie schiebt ihre Nase in sein Gesicht, was ihm ein Lachen entlockt, und das leise Geräusch sorgt dafür, dass sie mit dem Schwanz wedelt und mir damit durchs Gesicht fährt.

»Darf ich sie streicheln?«, fragt Adam. »Ich kann verstehen, wenn es noch zu früh ist. Ich will deinen Fortschritt mit ihr nicht kaputtmachen.«

Bevor ich antworten kann, fährt Piglet mit der Zunge von Adams Kinn bis zu seiner Stirn, wo seine Locken zum Vorschein kommen, als sie ihm die Mütze vom Kopf schiebt.

»Pig!« Ich kichere und beuge mich vor. »Führ ihn wenigstens zuerst zum Abendessen aus!«

Mein Kichern gerät außer Kontrolle, als Piglet auf Adam klettert, sich rittlings auf seinen Schoß setzt und wie wild sein Gesicht abschleckt, und ich schnaube versehentlich. Sofort presse ich die Hände auf meine Nase, aber Adam ist zu sehr mit Lachen beschäftigt, um es zu bemerken. Eher halbherzig versucht er, die Schäferhündin auf seinem Schoß abzuwehren, die ihn für sich beansprucht zu haben scheint. Das ist der Moment, in dem Bear beschließt, dass wir beide zu kurz kommen.

Er geht um mich herum und stupst gegen meine Schulter und meinen Kopf, bevor er schließlich aufgibt und mich einfach direkt auf Adams Schoß schiebt. Piglet springt von ihm herunter, während ich den Platz für mich beanspruche. Sie wirft sich auf den Rücken und reckt die Pfoten in die Luft, und sie und Bear fangen an, sich herumzurollen.

»Bear!«, schimpft Adam spielerisch und packt meine Handgelenke, während ich versuche, auf seinen Beinen nicht das Gleichgewicht zu verlieren. »Du hast Rosie schon wieder umgestoßen!«

»Tut mir leid«, brabbele ich und hocke mich auf die Knie. Ich packe seinen muskulösen Oberschenkel und befinde mich mit der Hand viel zu nah an der Beule zwischen seinen Beinen. Als mir das klar wird, reiße ich die Augen auf. Meine Hand rutscht ab, und ich falle nach vorn, dabei prallt meine Brust gegen seine, und er fällt nach hinten, während ich auf ihm lande. »Es tut mir so leid, Adam, das schwöre ich.« Ich tatsche an seiner Brust herum und versuche, mich von ihm wegzudrücken, während er einfach nur weiterlacht. Als es mir endlich gelingt, mich aufzusetzen, bin ich knallrot angelaufen und verschwitzt. Und mir wird klar, dass ich rittlings auf einem vollkommen fremden Mann sitze.

Ich schaue auf seinen breiten Körper hinunter. Sein T-Shirt ist hochgerutscht und enthüllt diese perfekt geformten steinharten Bauchmuskeln. Und sind das …? Heilige Scheiße, das sind tatsächlich dicke Venen, die links und rechts an seinem Oberkörper hervortreten und unter dem Bund seiner Shorts verschwinden, den ich allerdings nicht sehen kann, weil ich mit meinem Schritt mitten auf dem Schwanz dieses Mannes sitze.

Ups.

»Ah!«, kreische ich und werfe mich von seinem Schoß. Mein Fuß bleibt an seinem Bein hängen, und ich stolpere, immer noch kreischend, rückwärts und warte auf meinen bevorstehenden Tod durch einen Sturz vom Berg.

Adam greift einfach nur nach oben, packt mein T-Shirt und zieht mich zurück in Sicherheit. Ich lande auf seinem Schoß, habe die Hände auf seiner Brust und atme schwer. Mein Herzschlag wandert zwischen meine Beine, als er mich mit diesen blauen Augen anschaut und flüstert: »Wag es ja nicht, zu sterben, Rosie. Ich bin noch nicht bereit, dich gehen zu lassen. Wir haben uns doch gerade erst kennengelernt.«

Sämtliches Blut in meinem Körper rauscht in mein Gesicht, und mein Mund öffnet und schließt sich fünfhundert Mal, bis Adam endlich Mitleid mit mir hat. Er schiebt mich sanft von seinem Schoß herunter und hilft mir auf die Beine. Dann reicht er mir Piglets Leine und greift selbst nach Bears.

»Hast du etwas dagegen, dass Bear und ich euch beide begleiten?«

»Ähm …« Ich streiche mir meine Ponyfransen aus der Stirn, während sich Adam meinen Rucksack über die Schulter schlingt.

Seine Augenbrauen zucken amüsiert, und er legt den Kopf schief, bevor er vortritt und mir die Entscheidung abnimmt.

»Kommt schon, ihr zwei Hübschen.«

DREI

KNACKPO

ROSIE

Ich habe mich noch nicht in Bewegung gesetzt, nur falls ihr euch das fragt. Ich weiß, dass es einfach ist, einen Fuß vor den anderen zu setzen und so weiter. Aber es ist so, dass mir Adam nun zum ersten Mal seine Rückseite zugedreht hat und, ähm …

Der Mann hat einen Knackpo.

Heilige Muttergottes, er ist umwerfend. Er ist himmlisch. Er ist …

»Kommst du, Rosie?«

Ich zucke zusammen und schüttle die Knackpo-Benommenheit ab. Dann lasse ich mich von Piglet zu Adam und Bear hinüberziehen.

Es ist ein ruhiger, friedlicher Spaziergang. Die Hunde laufen voraus und erkunden die Gegend. Hin und wieder halten sie inne, um an einem heruntergefallenen Ast zu schnüffeln oder sich einen Nasenkuss zu geben. Adams Hand streift meine mehr als einmal, während wir uns einen Weg durch das unebene Terrain bahnen, und als ich über meine eigenen Füße stolpere, stützt er mich, indem er seine langen Finger um meine legt.

In meiner Brust herrscht ein beständiges Pochen, das in meinen Ohren widerhallt und dafür sorgt, dass ich eine Nervosität herunterschlucken muss, die aus dem Nichts gekommen zu sein scheint. Ich kenne ihn nicht. Nicht mal im Entferntesten. Er ist nett und freundlich, und ich bin sofort bereit, ihm vor die Füße zu fallen. Ich muss mich zusammenreißen, also ist es vermutlich am besten, einfach zu schweigen.

Wir erreichen eine Weggabelung. Direkt vor uns liegt eine alte Holzbrücke. Piglet kommt zu uns zurückgetrottet und schnappt spielerisch nach dem Rucksack, der von Adams Schulter hängt. Dann vollführt sie ihren berüchtigten Sprung mit dem Popowackler.

»An der Brücke machen wir immer halt und legen eine Mittagspause ein«, erkläre ich Adam, während uns Piglet zu ihrer Lieblingsstelle führt. »Das ist der Höhepunkt ihres Tages, weil es ums Essen geht.«

»Essen ist auch der Höhepunkt unseres Tages, nicht wahr, Bear?« Adam lacht in sich hinein, während er mir den Rucksack reicht und dabei zuschaut, wie ich mich an den Rand der kleinen Brücke sinken lasse. Beide Hunde wuseln aufgeregt um mich herum, während ich Behälter mit Futter aus dem Rucksack hole.

Ich hebe einen Süßkartoffelchip hoch, während sich Adam neben mir niederlässt. »Darf Bear ein Leckerchen haben? Sie sind gesund und hausgemacht. Ich hab gedörrte Süßkartoffelscheiben mit ein bisschen Zimt und Erdnussbutter-Bananen-Kekse. Ich habe alles erst heute Morgen zubereitet, also ist es besonders frisch.«

Er nickt und beobachtet mich, während ich die Hunde füttere. »Das klingt wirklich gesund. Bist du Tierärztin?«

»Noch nicht, aber hoffentlich nächstes Jahr«, murmle ich und säubere meine Hände, nachdem die Hunde sie abgeleckt haben.

»Ernsthaft? Das ist so cool.«

Ich lächle ihn an, während ich mein Sandwich auspacke und ihm die Hälfte davon hinhalte. »Panini mit gegrilltem Hühnchen und Pesto.«

Sein Magen knurrt. »Ich kann dir nicht die Hälfte deines Mittagessens wegfuttern.«

Ich kichere und drücke es ihm in die Hände. »Dein Magen ist da anderer Meinung.«

Er errötet, nimmt das Sandwich aber dankbar an. »Urteile nicht über mich, aber ich hatte heute schon zwei Big Macs.«

»O Gott.« Ich stöhne. »Ich hatte seit Jahren keinen Big Mac mehr.« Wenn man ein so knappes Budget wie ich hat, weicht man nicht von seiner sorgsam geplanten Einkaufsliste ab, es sei denn, um die Gutscheine einzulösen, die sich in der jeweiligen Woche im Werbeprospekt befinden. Ich bemerke, dass Adam sein Sandwich bereits zur Hälfte verputzt hat, während ich erst beim zweiten Bissen bin. Mit einem Finger stupse ich gegen seinen festen Bauch. »Du siehst wie ein Kerl aus, der immer Hunger hat.« Als mir klar wird, was ich da gerade gesagt habe, werde ich blass und rudere dann schnell zurück. »Weil du so groß bist, meine ich. Ich bin mir nicht sicher, ob ich je einer so großen Person begegnet bin.« Ich schlucke. »Und einer so breiten.« Und sein Hintern. Ich meine, wow.

Adam lacht und nimmt sich einen Apfelkuchenkeks aus dem Behälter, den ich ihm hinhalte. »Ich bin unter meinen Freunden der Größte und hab die meiste Zeit über Hunger.« Er verschlingt den Keks und schluckt. »Aber du solltest mal meine Freunde sehen, Carter und Garrett. Die sind menschliche Müllschlucker. Ich hab zu Hause einen Schrank voller Snacks, den ich nur brauche, wenn sie zu Besuch kommen.«

»Du machst Witze.«

»Nein. Ich muss ihn wöchentlich auffüllen.«

Piglet steht auf und streckt sich, bevor sie sich neben Adam legt und ihren Kopf auf seinem Schoß platziert. Während sie langsam wegdämmert, streichelt Adam sanft die Stelle zwischen ihren Augen, genau so, wie sie es mag. Diese plötzliche Veränderung ihres Verhaltens haut mich immer noch vollkommen um.

»So habe ich sie noch nie zuvor erlebt. Bislang konnte sie sich noch für keinen Mann erwärmen. Die einzige Person, in deren Gegenwart sie sich so entspannt verhält, bin, nun ja … ich.«

»Keine Sorge.« Er stupst meine Schulter mit seiner an. »Ich werde dich nicht ersetzen.«

Ich kichere. »Versprochen?«

»Versprochen.« Er lässt den Blick langsam über mich wandern, und mir wird innerlich ganz heiß. »Weil du unersetzbar bist, nicht wahr, Rosie?«

Ich senke den Blick auf meine Beine und beobachte, wie sie über dem funkelnden Bach unter uns baumeln. Ich kann ihm einfach nicht länger in die Augen schauen. Sein Blick fühlt sich zu intensiv an, als würde er nach etwas suchen. Ich weiß nicht, wonach, aber auf einmal befürchte ich, dass er es nicht finden wird, und hoffe gleichzeitig, dass es ihm nicht gelingt.

Wonach auch immer er sucht, ich werde es ihm wahrscheinlich nicht bieten können. Ich bin immer nur gut darin, jemandes zweite Wahl zu sein.

Finger flattern über meine Wange, und Adam dreht mein Gesicht sanft zu sich herum, damit ich ihn wieder anschaue. Er streicht mir die Ponyfransen aus der Stirn und lächelt, während er eine Strähne meines honigblonden und hellrosafarbenen Haars um seinen Finger wickelt, um sie mir dann hinters Ohr zu schieben.

»Dein Haar gefällt mir«, sagt er leise.

Meine Wangen brennen förmlich, als er einen der unordentlichen rosafarbenen Haarknoten auf meinem Kopf berührt, bevor er die Hand zur unteren Hälfte bewegt, die offen herunterhängt und in widerspenstigen Wellen ein paar Zentimeter oberhalb meiner Schultern endet. »Die Knoten? Oder die Farbe?«

»Die Knoten sind verflucht niedlich. Aber das Rosa gefällt mir wirklich sehr. Es ist irgendwie rosig … genau wie du.«

Ich rümpfe die Nase. »Findest du?«

»Mhmm. Hübsch und einzigartig.«

Seine freundlichen Worte verlangsamen meinen Herzschlag. Normalerweise schwärmen nur Kinder von meinen Haaren. Von Erwachsenen ernte ich hingegen lediglich urteilende Blicke, selbst dann, wenn ich einfach nur im Supermarkt an der Kasse anstehe. Sie scheinen zu denken, dass sich die Lebensentscheidungen einer Person in etwas so Banalem wie ihrer Haarfarbe widerspiegeln. In meinem Leben gab es bisher nicht viel, über das ich die Kontrolle hatte. Dies ist für mich eine Möglichkeit, mir die Kontrolle zurückzuholen, etwas, das ich tue, weil es einzig und allein meine Entscheidung ist.

Also bin ich mir sicher, dass Adam die Wärme spürt, die er in meiner Wange aufkommen lässt, als er sich zurückzieht und sie dabei mit seinen Fingern erneut streift. »Danke«, flüstere ich.

Nach dem Mittagessen waten wir durch den flachen Bach. Das kühle Wasser erfrischt meine nackten Füße. Adam wagt sich ein wenig tiefer hinein, bis ihm das Wasser fast bis zu den Knien reicht. Ich ziehe mich unterdessen an Land zurück, während mein Herz in meiner Brust hämmert.

Ein paar Minuten später schließt er sich mir mit zwei glücklichen, nassen Hunden an und schlendert neben mir her. Spiele ich, während wir zu unserem Ausgangspunkt zurückkehren, mit dem Gedanken, ein paar Umwege zu nehmen und zu behaupten, dass wir uns verlaufen haben, um diesen Tag noch ein wenig in die Länge zu ziehen? Ja. Ja, das tue ich.

Aber bevor ich weiß, wie mir geschieht, befinden wir uns am oberen Ende der alten, klapprigen Treppe, die uns zurück nach unten in die Realität führt.

Adam geht zusammen mit Bear voran, und Piglet tut, was sie immer tut: Sie stemmt ihre Pfoten in den Boden und weigert sich, sich vom Fleck zu bewegen.

»Komm schon, Mädchen«, locke ich sie sanft. »Bei mir bist du sicher. Versprochen.«

Sie winselt und legt sich hin, und ich setze mich auf die oberste Stufe und streichle ihren Kopf.

»Hey, Adam? Geht ohne uns weiter. Piglet hat Angst davor, die Treppe runterzugehen. Normalerweise dauert es eine halbe Stunde, bis sie dazu bereit ist. Ich werde einfach –«

»Hier.« Adam nimmt Piglets Leine in die Hand und gibt mir stattdessen Bears. »Ich kümmere mich um Pig.«

Bevor ich protestieren kann, beugt er sich runter, küsst ihre Stirn und steht dann auf, um seine Brust zu tätscheln. Piglet stellt sich auf die Hinterbeine und legt die Pfoten auf Adams Oberkörper, und er hebt sie in seine Arme.

»Braves Mädchen«, säuselt er, während mein Mund aufklappt. »Geh vor.«

Ich schaue zu Bear hinunter, der den Kopf schief legt, als würde er denken, dass er ebenfalls gern getragen werden würde. »Das kannst du vergessen, Großer.«

Er schnauft und macht sich dann daran, die Stufen hinunterzutrotten. Als wir das Ende der Treppe erreichen, sieht Piglet in Adams Armen ziemlich selbstgefällig und zufrieden aus.

Ich verdrehe die Augen, und sie leckt ihn hinter dem Ohr. »Du kleine Charmeurin.«

Adam setzt Pig ab und nimmt seine Mütze ab, um mit den Fingern durch seine zerzausten Locken zu fahren, bevor er sie wieder bedeckt. »Bist du mit dem Auto hier?«

Ich schüttle den Kopf.

»Brauchst, ähm … brauchst du eine Mitfahrgelegenheit? Ich bin zu Fuß hergelaufen, aber ich wohne nicht weit entfernt. Wir könnten zu mir gehen, und ich könnte dich zurückfahren.«

»Ist schon in Ordnung. Das Tierheim ist nicht weit von hier.«

Adam nickt und wirft einen Blick über seine Schulter. Er kratzt sich am Nacken und deutet hinter sich. »Tja, ich muss da lang.«

Ich deute in die entgegengesetzte Richtung. »Und ich muss da lang.«

Er nickt. »Schätze, dass wir uns dann jetzt verabschieden müssen.«

Nun bin ich diejenige, die nickt. Das Ganze ist so unangenehm. Also mache ich es noch hundertmal unangenehmer, indem ich meine Hand ausstrecke. »War nett, dich kennenzulernen.«

Er starrt meine Hand an und schaut dann wieder zu mir hoch. Dann richtet er den Blick erneut auf meine Hand und schließlich wieder auf mein Gesicht. Er grinst so breit, so amüsiert, so verdammt selbstgefällig. »Ein Händedruck, was? So förmlich.«

Ich ziehe die Brauen zusammen und verschränke die Arme vor der Brust. »Was schlägst du stattdessen vor?«

Er zuckt mit den Schultern, und als er einen Schritt auf mich zu macht, schlägt mir das Herz bis zum Hals.

»Weißt du, Rosie, als ich dir begegnet bin – oder besser gesagt, als mein Hund dich zu Boden gerissen hat –, hatte ich nicht gerade den besten Tag. Aber vielleicht wusste Bear, was er tat. Denn mein Tag ist hundertmal besser geworden, seit du hineingepurzelt bist.«

Er macht einen weiteren Schritt auf mich zu, und in all der Panik, die mich bei dem Gedanken daran überkommt, dass dieser attraktive, freundliche Mann tatsächlich … mit mir flirten könnte, verliere ich die Kontrolle über meinen Körper, verschränke versehentlich meine Knöchel miteinander und falle umgehend über meine eigenen Füße, was dazu führt, dass ich erneut gegen ihn stürze.

Adam lacht in mein Ohr. Es ist ein tiefer und herzlicher Laut, und sein Atem wandert an meinem Hals hinunter, während er mich an sich drückt. »Du bedeutest Ärger, oder?«

Dieses Wort löst etwas in mir aus, etwas Verlorenes und Zerbrochenes, und ich klammere mich an Adam, während er mich für einen Augenblick, der viel zu schnell endet, umarmt.

Er krault Piglet unter dem Kinn, schaut noch ein letztes Mal in meine Richtung und zwinkert mir zu. »Man sieht sich, Ärger.«

VIER

ICH HÄTTE GERN DIE GANZE FLASCHE

ADAM

Ich sterbe.

Natürlich nur im übertragenen Sinne. Vielleicht auch wortwörtlich. Fragt mich in zwei Stunden noch mal.